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Neue Wege des Französischunterrichts

2023
978-3-8233-9477-8
Gunter Narr Verlag 
Lukas Eibensteiner
Amina Kropp
Johannes Müller-Lancé
Claudia Schlaak
10.24053/9783823394778

Angesichts des Wandels hin zu einer digitalen Welt sollten Forschungsrichtungen, die sich mit Sprache/n befassen, mit ihrem jeweiligen Potenzial neu betrachtet und stärker miteinander verknüpft werden. Im Kontext des Fremdsprachenunterrichts kommen fachdidaktische und sprachwissenschaftliche Forschungsrichtungen zusammen, z.B. bei der Verknüpfung von Ansätzen aus der Mehrsprachigkeitsdidaktik und der Linguistic-Landscape-Forschung. Bei beiden nimmt die Sichtbarkeit bzw. Wahrnehmung von Sprache/n eine bedeutende Rolle ein. Der Französischunterricht kann hierbei dadurch profitieren, dass mittels digitaler Medien ein Zugang zur Fremdsprache auch ohne unmittelbaren Kontakt zu einem fremdsprachlichen Gegenüber vermittelt werden kann. Die Beiträge des vorliegenden Bands tragen dazu bei, den Austausch zwischen Fachwissenschaft, Fachdidaktik und der konkreten schulischen Praxis vor dem Hintergrund der Digitalisierung fördern.

Romanistische Fremdsprachenforschung und Unterrichtsentwicklung 23 Lukas Eibensteiner / Amina Kropp / Johannes Müller-Lancé / Claudia Schlaak (Hrsg.) Neue Wege des Französischunterrichts Linguistic Landscaping und Mehrsprachigkeitsdidaktik im digitalen Zeitalter Neue Wege des Französischunterrichts Romanistische Fremdsprachenforschung und Unterrichtsentwicklung Herausgegeben von Daniel Reimann (Berlin) und Andrea Rössler (Hannover) Band 23 Lukas Eibensteiner / Amina Kropp / Johannes Müller-Lancé / Claudia Schlaak (Hrsg.) Neue Wege des Französischunterrichts Linguistic Landscaping und Mehrsprachigkeitsdidaktik im digitalen Zeitalter DOI: https: / / www.doi.org/ 10.24053/ 9783823394778 © 2023 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Überset‐ zungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de CPI books GmbH, Leck ISSN 2197-6384 ISBN 978-3-8233-8477-9 (Print) ISBN 978-3-8233-9477-8 (ePDF) ISBN 978-3-8233-0353-4 (ePub) Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Natio‐ nalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® 7 23 25 75 101 125 143 171 173 199 Inhalt Lukas Eibensteiner / Amina Kropp / Johannes Müller-Lancé / Claudia Schlaak Neue Wege des Französischunterrichts: Linguistic Landscaping und Mehrsprachigkeitsdidaktik im digitalen Zeitalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Teil I: Mehrsprachigkeitsdidaktik im digitalen Zeitalter . . . . . . . . . . . Daniel Reimann Ein mehrdimensional-integrierendes Modell der Mehrsprachenaneignung. Ein Vorschlag zur theoretischen Weiterentwicklung der Mehrsprachigkeitsdidaktik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christoph Gabriel / Jonas Grünke / Claudia Schlaak Using digital tools to foster the acquisition of L3 French prosody in an autonomous learning process. An intervention study with German-Turkish learners . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Elke Höfler Videos der Influencer*innen „lesen“. BookTubes als Unterrichtsressource zwischen Unterhaltung und Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Christian Koch À la recherche des mots d’emprunt. Digital die lexikalischen Spuren des Französischen in den Herkunftssprachen entdecken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Janina Reinhardt Paralleltexte im Französischunterricht. Mehrsprachige Textversionen in realen und digitalen Umgebungsräumen bewusst machen und nutzen . . . . Teil II: Linguistic Landscapes im Fremdsprachenunterricht . . . . . . . . Durk Gorter / Jasone Cenoz Linguistic landscape as a pedagogical tool for language teaching . . . . . . . . Lisa Marie Brinkmann / Sílvia Melo-Pfeifer Linguistic Landscapes in Multilingual Pedagogies. International teachers’ beliefs on the use of linguistic landscapes in the foreign language classroom 227 257 Lukas Eibensteiner Förderung von Sprach(en)bewusstheit durch den Einbezug herkunftsbedingter Mehrsprachigkeit im Französischunterricht: Potenziale der Linguistic-Landscape-Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anja Mitschke Die Sprachlandschaft in Aosta (Italien) als kompetenzerweiternder Input. Das Potential der Place Émile Chanoux für die Sprachenaneignung . . . . . . 6 Inhalt Neue Wege des Französischunterrichts: Linguistic Landscaping und Mehrsprachigkeitsdidaktik im digitalen Zeitalter Lukas Eibensteiner / Amina Kropp / Johannes Müller-Lancé / Claudia Schlaak 1 Der Französischunterricht an der Kreuzung unterschiedlicher Forschungsrichtungen Angesichts des Wandels von der rein analogen zu einer zunehmend digi‐ talen Welt sollten verschiedene Forschungsrichtungen, die sich mit Sprache/ n befassen, mit ihrem jeweiligen Potenzial noch einmal neu und vor allem stärker miteinander verknüpft betrachtet werden. Im Kontext des Fremdspra‐ chenunterrichts kommen nicht nur fachdidaktische, sondern auch unterschied‐ liche sprach-, kultur- und literaturwissenschaftliche Forschungsrichtungen zusammen. So kann für den Bereich der Sprachwissenschaft als Beispiel die Mehrsprachigkeits- und Linguistic Landscape-Forschung angeführt werden. Bei beiden nimmt die Sichtbarkeit bzw. Wahrnehmung von Sprache/ n eine bedeutende Rolle ein. Der Französischunterricht kann inzwischen mittels digitaler Medien den Zugang zur Fremdsprache bzw. zu der sprachlichen Vielfalt im Land der Fremdsprache auch ohne unmittelbaren Kontakt zu einem fremdsprachlichen Gegenüber anhand konkreter Beispiele (Fotos usw.) vermitteln. Daraus ergeben sich Möglichkeiten des Einsatzes von Materialien der Linguistic Landscape-For‐ schung sowohl für die kritische Reflexion von Sprachkontaktsituationen, z.B. im Hinblick auf die sprachliche Situation autochthoner und allochthoner Minder‐ heiten, als auch für die Behandlung interbzw. transkultureller Fragestellungen. Auch für spracherwerbsbezogene Aufgabenstellungen, die mehrsprachige Po‐ tenziale nutzen, wie z.B. im Bereich Grammatik- und Wortschatzerwerb, kann auf Materialien der Linguistic Landscape-Forschung zurückgegriffen werden. 2 „Sprache“ sichtbar machen im digitalen Zeitalter 2.1 Digitalisierung als Motor der Interdisziplinarität Spätestens seit den Corona-bedingten Schulschließungen im März 2020 und dem damit einsetzenden Distanzbzw. später Wechselunterricht sind digitalisierte Lehr- und Lernprozesse zentraler Bestandteil des Unterrichts und bis heute - selbst wenn der Präsenzunterricht in den Schulen wieder vollumfänglich umgesetzt wird - nicht mehr wegzudenken. Eine zukunftsfähige Schule bzw. ein nachhaltiges Bildungssystem kann es sich heute nicht mehr leisten, digitales Lehren und Lernen zu ignorieren - eine regelrechte Zeitenwende, wenn man bedenkt, dass Spiewak noch 2014 feststellte, dass die „digitale Welt […] vor dem Schultor auf[höre]“ (Spiewak 2014, 2). Im Hinblick auf die Lehr- und Lernorganisation hat sich in den letzten Jahren eine Vielzahl an digitalen Anwendungen etabliert. Im Fremdsprachenunterricht selbst lassen sich u.a. interaktive Plattformen, Lernapps oder webbasierte Tools zum Erwerb der Zielsprache finden. Ob kollaborative Schreibprozesse mit Etherpads wie zumpad.zum.de, Vokabellernen mit Vokabellernapps wie Quizlet (https: / / quizlet.com/ latest), monologisches Sprechen mit Online-Tools wie www.voki.com oder auch fremdsprachliche Podcasts und Youtube-Videos im Unterricht zum Einsatz kommen: Die Vielfalt der digitalen Möglichkeiten für den Fremdsprachenunterricht erscheint fast unendlich. Auch für die Kom‐ munikation mit räumlich entfernten Gesprächspartner*innen bzw. Lerngemein‐ schaften, die für den interkulturellen Austausch und die Anwendung der Zielsprache wertvoll ist, waren während der Corona-Pandemie digitale Anwen‐ dungen die einzige Möglichkeit, diese Kontakte aufrechtzuhalten. Wenn man an digitale Implikationen im Lehr- und Lernprozess denkt, fällt allerdings auf, dass innovative Technologien bisher im Unterrichtsprozess selten zum Einsatz kommen. Virtual Reality-Lernszenarien (VR) werden - vermutlich aufgrund technischer und finanzieller Herausforderungen - kaum eingesetzt, obwohl hier für den interaktiven und kollaborativen Austausch beim Fremdsprachenlernen ein enormes Potenzial besteht. So könnten Social-VR-Umgebungen etwa zum Einsatz kommen, um Kontakte mit Lerngemeinschaften zu intensivieren oder gemeinsame Aktivitäten mit Lernenden, die die zu erlernende Zielsprache als Muttersprache beherrschen, in virtuell angelegten „authentischen“ Kommuni‐ kationssituationen zu erleben. Bisher konnte nicht eindeutig empirisch geklärt werden, welchen Effekt digitale Anwendungen auf das Fremdsprachenlernen bzw. konkret auf den Lernerfolg haben. Als Beispiel können die verschiedenen Studien zu Quizlet angeführt werden: So wurden beim Einsatz von Quizlet hinsichtlich eines 8 Lukas Eibensteiner / Amina Kropp / Johannes Müller-Lancé / Claudia Schlaak positiven Effekts beim Vergleich zum analogen Lernen mit Karteikarten keine einheitlichen Resultate festgestellt. Es gab positive Auswirkungen auf den Lerneffekt, aber auch gegenteilige Tendenzen (cf. u.a. Başoğlu / Akdemir 2010; Dizon 2016; Dizon / Tang 2017; Lander 2015 oder Nikoopour / Kazemi 2014). Im Allgemeinen sind allerdings beim Einsatz von digitalen Anwendungen für das Fremdsprachenlernen vor allem positive Tendenzen im Bereich der Motivation und auch bei der Förderung des autonomen Lernens festzustellen (cf. z.B. Anjaniputra / Salsabila 2018; Chien 2015; Schlaak / Vogel 2020 oder Gabriel / Grünke / Schlaak 2022). Obwohl sich in den letzten Jahren hinsichtlich des Einsatzes digitaler An‐ wendungen im Fremdsprachenunterricht enorm viel entwickelt hat, muss auch vor dem Hintergrund der oben angesprochenen nicht einheitlichen Erkennt‐ nislage darauf hingewiesen werden, dass die digitalen Medien nicht nur um ihres medialen Reizes willen eingesetzt werden sollten (cf. Bär 2019, 12-13). Wichtig sind aus der Perspektive des Fremdsprachenunterrichts mit seinen knappen Stundenzumessungen digitale Anwendungen, die sprachlichen Input und Output tatsächlich in den Vordergrund stellen. Darüber hinaus erscheint es nützlich, weitere linguistische Forschungsrichtungen, wie etwa die Linguistic Landscape-Forschung oder die Mehrsprachigkeitsforschung, einzubeziehen, deren digitale Entwicklungen zu berücksichtigen und hierzu vermehrt interdis‐ ziplinäre Forschungen zu betreiben. 2.2 Linguistic Landscape-Forschung Unsere lebensweltliche Umgebung ist von visuellen Zeichen geprägt, die Inhalte auf direkte oder indirekte Art übermitteln (cf. Krompák 2018, 246). Die traditio‐ nelle Linguistic Landscape-Forschung (dt. ‚sprachliche Landschaften‘; fr. paysage linguistique) beschäftigt sich vor allem mit schriftlicher Sprache im öffentlichen Raum (cf. Backhaus 2007; Landry / Bourhis 1997). Aktuell wird allerdings häufig dafür plädiert, alle Zeichen des öffentlichen Raumes (d.h. auch nichtsprachliche Zeichen) zu berücksichtigen (semiotic landscapes; cf. z.B. Jaworski / Thurlow 2010). Eine solch breite Definition schließt auditive Sinneseindrücke (linguistic soundscapes) oder bewegliche Zeichen (z.B. skinscapes wie Tätowierungen) mit ein (cf. Scarvaglieri et al. 2013, 62). Auch eine Ausweitung auf den virtuellen öffentlichen Raum (virtual/ online linguistic landscapes; cf. Malinowski 2018, 877; Kallen et al. 2020) und auf semi-öffentliche Bereiche wie die Schule (schoolscapes; cf. Brown 2012) wird intensiv diskutiert. Unabhängig davon, wie man Linguistic Landscape (LL) definiert, bleibt das Hauptziel dieses Forschungs‐ feldes, die Zeichen des (semi-)öffentlichen Raumes möglichst detailliert zu do‐ 9 Neue Wege des Französischunterrichts kumentieren und so für die Analyse soziolinguistischer, sprach(en)politischer, pädagogisch-didaktischer etc. Fragestellungen nutzbar zu machen. Der Nutzen der LL für den Fremdsprachenunterricht wurde vor allem im Bereich der Englischdidaktik, aber auch von Autor*innen, die sich mit Deutsch als Fremd- und Zweitsprache beschäftigen, diskutiert. In der Literatur werden vor allem Vorteile betont, die sich auf die Erweiterung der Möglichkeiten, Sprache in authentischen Kontexten außerhalb des Klassenzimmers zu lernen, beziehen (cf. z.B. Cenoz / Gorter 2008 und im vorliegenden Band; Gorter 2018; Janíková 2017; Krompák 2018). Dabei ist die Erkundung der LL dank neuer digitaler Medien nicht ausschließlich auf den öffentlichen Raum der realen Welt beschränkt; vielmehr können LL-Spaziergänge auch im virtuellen Raum mithilfe von Applikationen (z.B. die Lingscape- oder LoCALL-App) oder Google Street View durchgeführt werden. Die im Rahmen derartiger LL-Spaziergänge erhobenen Daten (in der realen Welt meist Fotos; im virtu‐ ellen Raum ggf. Screenshots) können als Ausgangspunkt / Impuls für die Förderung zahlreicher Kompetenzen dienen: die interkulturell-kommunikative und die funktional-kommunikative Kompetenz, die Text- und Medienkompe‐ tenz sowie Sprachbewusstheit und Sprachlernkompetenz. Hinsichtlich der funktional-kommunikativen Kompetenz sei beispielsweise darauf hingewiesen, dass es sich bei LL um authentischen Input handelt, der im Sinne eines noticing (cf. Schmidt 1990) bewusst wahrgenommen und u.a. für den Erwerb sprachlicher Mittel herangezogen werden kann (eine unbewusste Aneignung im Sinne von inzidentellem Lernen ist prinzipiell ebenfalls möglich; cf. z.B. Cenoz / Gorter 2008). Auch im Sinne einer Förderung der Sprachlernkompetenz kann die bewusste Nutzung der LL dienlich sein, indem beispielsweise die Verwendung als Sprachlernstrategie vermittelt wird (Eibensteiner im Druck). Neben diesen allgemeinen, in den Bildungsstandards der KMK (2012) genannten Kompetenzbereichen, wurde außerdem darauf hingewiesen, dass die LL zur Förderung der pragmatischen Kompetenz sowie zu einer Verbesserung im Umgang mit multimodalen und mehrsprachigen Zeichen beitragen können (cf. Cenoz / Gorter 2008). Die Analyse der sprachlichen Diversität des öffentlichen Raumes im Rahmen des Fremdsprachenunterrichts kann außerdem zu der Frage führen, wer Teilhabe an der sprachlichen Gestaltung hat/ haben darf und wer ausgeschlossen wird (z.B. sprachliche Diskrimination). Derartige Reflexionen können zur Ausbildung einer critical cultural awareness i.S. Byrams (2021) führen. Obwohl diese und weitere Aspekte für den Einsatz der LL im Unterricht der romanischen Sprachen sprechen, finden sich in der deutschsprachigen fremdsprachendidaktischen Literatur im Bereich der Romanistik bisher kaum 10 Lukas Eibensteiner / Amina Kropp / Johannes Müller-Lancé / Claudia Schlaak einschlägige Arbeiten zu diesem Thema. Der vorliegende Band widmet sich diesem Desiderat. Diesbezüglich sollen insbesondere Möglichkeiten herausge‐ arbeitet werden, wie LL im Französischunterricht eingesetzt werden können, um Mehrsprachigkeit sichtbar zu machen und plurilinguale Kompetenzen bei den Lernenden auszubilden bzw. zu fördern. 2.3 Die Mehrsprachigkeitsforschung und -didaktik Angesichts sprachlich und kulturell heterogener Klassen kommt einem sprachen‐ übergreifenden und -vernetzenden Fremdsprachenunterricht eine zunehmend große Bedeutung zu. Die Nutzung von sprachlichem Vorwissen für den Erwerb neuer sprachlicher Kompetenzen ist auch ein Kerngedanke der Mehrsprachig‐ keitsdidaktik, die seit über 30 Jahren für die Integration von bereits vorhandenen Wissensbeständen und Lernerfahrungen in den Unterricht der (romanischen) Schulfremdsprachen plädiert (cf. Meißner / Reinfried 1998; Meißner 2007; 2010). Im Sinne einer „Transferdidaktik“ (Meißner 2007, 90) lassen sich vor allem die Ver‐ wandtschaftsbeziehungen und die damit einhergehenden zwischensprachlichen Ähnlichkeiten im Rahmen des Fremdsprachenerwerbs fruchtbar machen, wie sie etwa für Sprachfamilien gegeben sind. Entsprechend stellen die romanischen Sprachen ein großes Potenzial für den Aufbau weiterer sprachlicher Kompetenzen bereit. Dieses Potenzial muss aber auch „sichtbar“ gemacht werden, damit der Transfer als Strategie tatsächlich angewandt wird (cf. Gabriel et al. 2015, 89). Dabei hat das Französische eine besondere Rolle inne: Zunächst einmal bildet es aufgrund seines curricularen Stellenwerts besonders häufig eine Brücke in weitere romanische Sprachen (cf. Klein 2002; Schädlich 2019, 425). Diese Brücke besteht allerdings häufig nur auf dem Papier, nämlich in der Orthographie. Lautlich hingegen hat das Französische sich so weit vom Lateinischen und seinen romanischen Schwestersprachen entfernt, dass die Zusammenhänge oft nur schwer erkennbar sind (cf. Müller-Lancé 2019a, 171). Dies legt es nahe, auch schriftliche Texte in angemessener Weise zu berücksichtigen (cf. Müller-Lancé 2019b, 319), und genau diese liefert uns lebensnah die LL-Forschung. Weiterhin bietet das Französische als internationale Bildungssprache lexikalische Zugänge zu zahlreichen Lehnwörtern in den in Deutschland dominierenden Herkunfts‐ sprachen und daneben phonetische Parallelen zum Türkischen und Chinesischen (cf. Kropp / Müller-Lancé im Druck). Ein besonderes Augenmerk der traditionellen Mehrsprachigkeitsdidaktik liegt entsprechend auf der Interkomprehension, die primär rezeptive Transfer‐ kompetenzen in den Fokus rückt und sich als „Kernstück der Mehrsprachig‐ keitsdidaktik“ (Doyé / Meißner 2010, o.S.) versteht (cf. auch Klein / Stegmann 2000). Im Interkomprehensionsunterricht kann die gezielte Nutzung von indi‐ 11 Neue Wege des Französischunterrichts viduellem sprachlichem Vorwissen auf Seiten der Lernenden nicht nur lern‐ ökonomische Effekte zeigen, sondern zugleich zu einer höheren Motivation und Lernerautonomie beitragen (cf. z.B. Behr 2007; Bär 2009; die Beiträge in Doyé / Meißner 2010); dies steht im Einklang mit den Prinzipien des neokommunikativen Unterrichts, der im Sinne von Lernerzentrierung und Ganzheitlichkeit die Aspekte Interkulturalität und Mehrsprachigkeitsdidaktik in den Vordergrund rückt (cf. Meißner / Reinfried 2001). Darüber hinaus entsprechen Sprachenvernetzung und Sprachenvergleich einem auf language awareness ausgerichteten Fremdsprachenunterricht, der auf metasprachliche, -kognitive und -kommunikative sowie soziolinguistische Kompetenzen abzielt und entsprechend zwischensprachliche Reflexion auf unterschiedlichen sprach‐ bezogenen Ebenen fördert (cf. Gnutzmann 2017). Nicht zuletzt liegen auch im Hinblick auf den Zugewinn (meta)sprachlicher Kompetenzen in der Zielsprache neuere empirisch ausgerichtete Studien zu mehrsprachigkeitsdidaktischen In‐ terventionen vor (z.B. Eibensteiner / Kropp / Müller-Lancé im Druck; Kropp / Müller-Lancé / Eibensteiner 2022). In den letzten Jahren hat sich die romanistische Mehrsprachigkeitsdidaktik dahingehend zu einer „aufgeklärten Mehrsprachigkeit“ weiterentwickelt, dass sie u.a. die Berücksichtigung von Familienbzw. Herkunftssprachen und schu‐ lischer Fremdsprachen wie dem Englischen sowie die „(Re-)Integration der pro‐ duktiven Fertigkeiten“ (Reimann 2016, 18) und die Entwicklung transkultureller kommunikativer Kompetenz in den Vordergrund rückt (cf. auch Reimann 2015 und im vorliegenden Band). Mit diesem erweiterten, integrierenden Paradigma wird sowohl der zunehmenden sprachlich-kulturellen Heterogenität der Lern‐ ergruppen Rechnung getragen als auch die lange vorherrschende Fokussierung auf rezeptive Kompetenzen und die Nutzung schulischer Fremdsprachen als primäre Brückenbzw. Transfersprachen aufgebrochen. Multipler Sprachenerwerb bzw. Sprachenentwicklung stehen auch im Fokus neuerer Ansätze innerhalb der Tertiärsprachenforschung, die sich auf dyna‐ misch-komplexe Sichtweisen von Mehrsprachigkeit beziehen und die Vernet‐ zung der Sprachen als Spezifikum von Mehrsprachigen modellieren (cf. z.B. Herdina / Jessner 2002; Jessner / Allgäuer-Hackl 2015). Aus dieser Interaktion der Sprachen resultiert die besondere „multicompetence“ (Cook 1992, 580) Mehrsprachiger, die sich z.B. „in terms of metalinguistic awareness“ (Cook 1992, 564) von der Kompetenz Einsprachiger unterscheidet. Entsprechend gehen diese Ansätze von „additive effects of bilingualism“ (Cenoz 2003, 71) aus, d.h. von Vorteilen mehrsprachiger Lernender für den Erwerb weiterer Sprachen. Als neuerer Zugang zum sprachenübergreifenden Sprachenerwerb kann nicht zuletzt auch das didaktisch-kommunikative Prinzip des translanguaging gelten, 12 Lukas Eibensteiner / Amina Kropp / Johannes Müller-Lancé / Claudia Schlaak über welches die fluide Sprachpraxis mehrsprachiger Individuen Eingang in den Unterricht finden soll (cf. García 2009, 304-308; García / Wei 2014, 51-53). Die Etablierung multilingualer Sprechpraktiken ermöglicht dabei nicht nur, die Normalität von Sprachmischungen anzuerkennen, sondern vor allem sämtliche verfügbare sprachliche Ressourcen für die Konstruktion sprachlichen Wissens auszuschöpfen (cf. auch Cenoz / Gorter 2017; Dietrich-Grappin 2017). Die Digitalisierung bietet im Zusammenhang mit Mehrsprachigkeitsdidaktik und multiplem Sprachenerwerb insofern neue Spielräume, als sie etwa die Nutzung mehrsprachiger Medien und Erstellung sprachübergreifender Unter‐ richtsmaterialien wesentlich vereinfacht (cf. Bastian / Aufenanger 2017; Larbig / Spang 2017) und die Dokumentation der Mehrsprachigkeit mittels authentischer Eindrücke aus dem zielsprachlichen Land, z.B. durch die vergleichende Ana‐ lyse von Blogs oder Instagram-Profilen, näher an die Lernenden heranholt. Ebenso lassen sich authentische Sprachkontaktsituationen anhand digitaler Linguistic Landscapes (etwa über Google Street View oder spezielle Apps wie Lingscape) zum Gegenstand eines sprachenvernetzenden und -reflektierenden Unterrichts machen (s.o.). Nicht zuletzt ermöglichen digitale Anwendungen, den sprachenvernetzenden Sprachenerwerb aktiv zu begleiten und / oder auto‐ nome Lernphasen zu unterstützen (zum Erwerb der französischen Prosodie durch türkisch-deutsche Bilinguale mittels unterschiedlicher digitaler Formate s. Gabriel / Grünke / Schlaak im vorliegenden Band). Einen besonders vielver‐ sprechenden Ansatz im Zusammenhang mit Mehrsprachigkeit stellen dabei VR-Lernszenarien dar, weil sie die Möglichkeit eröffnen, mittels 360°-Videos authentische mehrsprachige Lernumgebungen zur Verfügung zu stellen, in die Lernende visuell und auditiv eintauchen können (s.o.). 3 Ziele des Sammelbandes und aktuelle Beiträge Der vorliegende Band möchte sich - wie beschrieben - sowohl linguistischen wie auch fachdidaktischen und explizit praxisorientierten Fragestellungen widmen und den Austausch zwischen Fachwissenschaft, Fachdidaktik und der konkreten schulischen Praxis im Kontext digitaler Zusammenhänge fördern. Für die Beiträge ergeben sich daher unter anderem folgende übergreifende Themenschwerpunkte bzw. Fragestellungen: ● Welche Chancen bietet die Digitalisierung zur Verknüpfung der unter‐ schiedlichen Forschungsrichtungen? ● Wie kann die Zusammenarbeit zwischen Mehrsprachigkeitsdidaktiker*innen und Linguistic Landscape-Forscher*innen im Zeitalter der Digitalisierung mit ihren Möglichkeiten und Werkzeugen produktiv gestaltet werden? 13 Neue Wege des Französischunterrichts ● Welche Möglichkeiten der Sprachvernetzung im Französischunterricht (so‐ wohl schulische als auch herkunftsbedingte Mehrsprachigkeit) ergeben sich durch die Digitalisierung? ● Welche Veränderungen zeigen sich durch die Digitalisierung im Bereich der Zweit- und Drittspracherwerbsforschung? ● Wie verändert sich die Linguistic Landscape-Forschung (sowohl aus einer fachwissenschaftlichen als auch aus einer fachdidaktischen Perspektive) durch die digitale Welt? ● Inwiefern kann der Französischunterricht durch Erkenntnisse der Linguis‐ tic Landscape-Forschung „authentischer“ gestaltet werden? Wie werden Sprachkontaktsituationen im Französischunterricht dadurch zugänglicher gemacht (z.B. mithilfe digitaler Anwendungen)? ● Wie kann die Nutzung neuer Medien als Werkzeug eines authentischen Französischunterrichts konkret aussehen? Inwiefern können z.B. Soziale Medien eingesetzt werden, um eine plurilinguale Kompetenz zu fördern? ● Inwiefern können Mehrsprachigkeitsdidaktik und die Verwendung von Linguistic Landscapes im Kontext des inklusiven Lehrens und Lernens von der Digitalisierung profitieren? Der Sammelband ist in zwei Teile gegliedert: Während sich der erste Block der Mehrsprachigkeitsdidaktik im digitalen Zeitalter widmet, wird im zweiten Block ein Schwerpunkt auf Linguistic Landscape-Aspekte im Fremdsprachenun‐ terricht gelegt. Der Band wird eröffnet von Daniel Reimann mit seinem Überblicksartikel „Ein mehrdimensional-integrierendes Modell der Mehrsprachenaneignung als Vorschlag zur theoretischen Weiterentwicklung der Mehrsprachigkeitsdi‐ daktik“, in dem er die seit den 1990er Jahren bekannten Konzepte der Mehr‐ sprachigkeitsdidaktik zusammenfasst und deren Ansätze bzw. Grundideen in ein mehrdimensional-integrierendes Modell fremdsprachenunterrichtlich beförderter Mehrsprachenaneignung in deutschen Schulsystemen (MiMfM) überführt. Hierbei strebt Reimann an, die schulische Mehrsprachenaneignung zu systematisieren und ihre Potenziale für einen zunehmend digitalisierten Fremdsprachenunterricht zu nutzen. Hierauf folgt der Beitrag von Christoph Gabriel, Jonas Grünke und Claudia Schlaak „Using digital tools to foster the acquisition of L3 French prosody in an autonomous learning process: An intervention study with German-Turkish learners“, in dem Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie digitale Programme dazu genutzt werden können, das häufig ungenutzte Potenzial mehrsprachiger Schüler*innen für den Französischunterricht fruchtbar zu machen. Hierzu zeigen sie zunächst prosodische Parallelen zwischen dem Türkischen und dem 14 Lukas Eibensteiner / Amina Kropp / Johannes Müller-Lancé / Claudia Schlaak Französischen auf (Intonation, Rhythmus) und veranschaulichen dann mithilfe einer Interventionsstudie mit deutsch-türkischen Lerner*innen, inwieweit sich bei der Auseinandersetzung mit entsprechenden digitalen Materialien meta‐ sprachliche Erkenntnisse ausbilden, die sich positiv auf Lernmotivation und Transfer beim Französischlernen auswirken. Im Weiteren erläutert Elke Höfler in ihrem Artikel „Videos der Influ‐ encer*innen ‚lesen‘: BookTubes als Unterrichtsressource zwischen Unterhal‐ tung und Information“, wie das Potenzial von YouTube für das Lehren und Lernen von Sprachen nach dem kompetenzorientierten Ansatz im 21. Jahrhun‐ dert genutzt werden kann. Insbesondere versucht sie, den vierfachen Schrift‐ sinn der christlichen Bibelinterpretation als Grundlage für die Analyse von YouTube-Videos anzuwenden, um so die Videos kritisch zu hinterfragen und hinsichtlich verschiedener Verständnis- und Leseebenen zu analysieren. Dies veranschaulicht sie anhand der Analyse eines BookTube-Videos der französi‐ schen YouTuberin Bulledop. Der Beitrag „À la recherche des mots d’emprunt: Digital die lexikalischen Spuren des Französischen in den Herkunftssprachen entdecken“ von Christian Koch zeigt, wie Lernende Zugang zu unterschiedlichen Sprachen finden und aufgrund ihrer eigenen sprachlichen Kenntnisse einen Transfer zwischen den verschiedenen Sprachen herstellen können. Hierbei wird ein Schwerpunkt auf lexikalische Aspekte gelegt, wobei z.B. die Bedeutung des Türkischen, Russischen, Persischen und Vietnamesischen für das Französische betrachtet wird. Neben der Vorstellung verschiedener digitaler Tools, die dabei helfen, Lehnwörter leichter zu erschließen, werden u.a. auch digitale Anwendungen zur Erkennung und Transliteration erfasst. Koch schließt den Beitrag mit verschie‐ denen didaktischen Handlungsempfehlungen für unterschiedliche Lernniveaus. Im letzten Artikel des ersten Blocks beschäftigt sich Janina Reinhardt in ihrem Beitrag „Paralleltexte im Französischunterricht: Mehrsprachige Textversionen in realen und digitalen Umgebungsräumen bewusst machen und nutzen“ mit Di‐ daktisierungsmöglichkeiten von Paralleltexten, die sich z.B. in realen und virtu‐ ellen Linguistic Landscapes finden. Anhand konkreter Beispiele zeigt sie auf, wie durch die Integration öffentlich zugänglicher Paralleltexte in den Fremdspra‐ chenunterricht Sprachressourcen erschlossen, Sprachpolitik sichtbar gemacht sowie Sprachbewusstsein und Lernautonomie gefördert werden können. Dies‐ bezüglich stellt sie zwei Aufgabenbeispiele für den Französischunterricht vor und diskutiert diese. Im zweiten Block des Bandes wird der Schwerpunkt auf die Verbindung von Mehrsprachigkeitsdidaktik und Linguistic Landscape-Forschung gelegt. Durk Gorter und Jasone Cenoz geben in ihrem Beitrag „Linguistic landscape as a 15 Neue Wege des Französischunterrichts pedagogical tool for language teaching“ einen Überblick über Ausprägungen der florierenden Linguistic Landscape-Forschung und machen am Beispiel verschiedener mehrsprachiger Gebiete mit Französisch als dominanter oder als Nachbarsprache deutlich, wie der Unterricht von Französisch als Fremd- oder Zweitsprache von authentischem Sprachmaterial profitieren kann, das die Sprachlandschaften zur Verfügung stellen, insbesondere wenn Text und Bild kombiniert werden. Dieser Mehrwert betrifft einerseits das Sprach(en)bewusst‐ sein, andererseits aber auch sprachliche Ebenen wie Orthographie, Morphologie und Syntax. Anschließend analysieren Lisa Marie Brinkmann und Sílvia Melo-Pfeifer mit ihren Ausführungen zu „Linguistic Landscapes in Multilingual Pedagogies: International teachers’ beliefs on the use of linguistic landscapes in the foreign language classroom“ die Überzeugungen (beliefs) von Lehrer*innen hinsichtlich der Verwendung von Linguistic Landscapes im Fremdsprachenunterricht als Mittel zur Förderung von Mehrsprachigkeit. Dazu werten sie Daten mithilfe der Qualitativen Inhaltsanalyse aus, die im Rahmen von mehrsprachigen On‐ line-Diskussionsgruppen während einer Lehrerfortbildung zu Linguistic Land‐ scapes erhoben wurden. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Lehrkräfte das Potenzial von Linguistic Landscapes für den Fremdsprachenunterricht er‐ kennen und Mehrsprachigkeit im Allgemeinen als wertvolle Ressource wahr‐ nehmen. Lukas Eibensteiner beschäftigt sich in seinem Beitrag „Förderung von Sprach(en)bewusstheit durch den Einbezug herkunftsbedingter Mehrsprachig‐ keit im Französischunterricht: Potenziale der Linguistic-Landscape-Forschung“ mit der Verzahnung von Linguistic-Landscape-Forschung und Fremdsprachen‐ didaktik im Hinblick auf die Integration von herkunftsbedingter Mehrsprachig‐ keit in den schulischen Französischunterricht. Anhand ausgewählter Beispiele, die im Rahmen von Linguistic-Landscape-Spaziergängen durch die Stadt Mann‐ heim erhoben und didaktisch-methodisch aufbereitet wurden, wird aufgezeigt, wie sich Sprachlandschaftsdaten für die Thematisierung und Reflexion von herkunftsbedingter Mehrsprachigkeit und die Förderung von Sprach(en)be‐ wusstheit fruchtbar machen lassen. Der zweite Block und damit auch der Sammelband schließt mit dem Artikel von Anja Mitschke „Der kompetenzerweiternde Input der Sprachlandschaft in Aosta (Italien): Das Potenzial der Place Émile Chanoux für die Sprachen‐ aneignung“. Aus einer primär sprachwissenschaftlichen Perspektive wird am Beispiel der Place Émile Chanoux (Aosta) das große Potenzial von Linguistic Landscapes für die Aneignung multilingualer und kultureller Kompetenzen im schulischen Fremdsprachenunterricht aufgezeigt. Mit Blick auf die Nutzung 16 Lukas Eibensteiner / Amina Kropp / Johannes Müller-Lancé / Claudia Schlaak von authentischem Sprachmaterial stellt der Beitrag diese besondere von der Kopräsenz des Italienischen und Französischen geprägte Sprachenlandschaft vor und ordnet sie soziolinguistisch in den Sprachminderheitenkontext des Aostatals (Französisch, Frankoprovenzalisch) ein. Die Analyse der Sprachland‐ schaftsdaten fokussiert die vielfältigen soziolinguistischen, thematischen und sprachstrukturellen Inhalte, auf welche die Aufmerksamkeit der Lernenden gezielt gelenkt werden kann, um eine differenzierte Vorstellung etwa von Mehrsprachigkeit oder Frankophonie sowie sprachliche Kompetenzen auf ver‐ schiedenen Niveaustufen zu vermitteln. Abschließend sei an dieser Stelle unseren Beiträger*innen und den Mitar‐ beiter*innen des Verlages gedankt. Auch möchten wir uns bei den Reihenher‐ ausgeber*innen Andrea Rössler und Daniel Reimann für die Publikation in der Reihe Romanistische Fremdsprachenforschung und Unterrichtsentwicklung sowie bei unseren Hilfskräften Melanie Gellrich, Clarissa Hetzler, Marlen Wernecke und Nathalie Zimmermann für die Unterstützung bei der Publikation und die produktive Zusammenarbeit bedanken. 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The contribution refers explicitly to the context of the German school systems and adopts a perspective on Romance languages, but could possibly also be adapted in other German-language school systems and by other (foreign) language subjects. 1 Zielsetzung und Aufbau des Beitrags Der Beitrag stellt den Versuch dar, bisherige Konzepte zur Mehrsprachig‐ keitsdidaktik, wie sie verstärkt seit den 1990er Jahren entwickelt wurden, mit Blick auf aktuellen Entwicklungen der Mehrsprachigkeitsdidaktik im traditionellen Sinn (Vernetzung von Schulfremdsprachen) und mit Blick auf die veränderte Situation sprachlich zunehmend heterogener Klassenzimmer weiterzuentwickeln, zu ergänzen und in ein zusammenhängendes Modell der Mehrsprachigkeitsdidaktik zu überführen. Dabei werden auch aktuelle Aspekte der Mediennutzung im Alltag und der Mediendidaktik in Zeiten zunehmender Digitalisierung reflektiert. Die Untersuchung bezieht sich dabei zunächst explizit auf den Kontext der deutschen Schulsysteme und nimmt eine romanistische Perspektive ein, könnte aber ggf. auch in anderen deutschspra‐ chigen Schulsystemen und von anderen (Fremd-)Sprachenfächern adaptiert 1 Zur (Vor-)Geschichte mehrsprachigen Fremdsprachenlernens und zur Geschichte der Mehrsprachigkeitsdidaktik cf. einführend z.B. Schröder 2001a, b, c; Meißner 2010; Glück / Häberlein / Schröder 2013; Reimann 2018a, 45sq. und aus romanistischer Perspektive insbesondere auch Reinfried 2019. Der folgende Abschnitt 2 beruht auf den von mir verfassten Abschnitten in García García / Reimann 2020 (bes. 11-16), die für die vorliegende Publikation überarbeitet, ergänzt und aktualisiert wurden. werden. Im vorliegenden Aufsatz wird erstmals versucht, den skizzenartig schon länger vorliegenden Entwurf eines umfassenden Modells schulischer Mehrsprachenaneignung zu systematisieren. Im ersten Teil des Beitrags erfolgt mit wissenschaftshistorischer Perspektivierung ein Forschungsbericht über die Entwicklung der Mehrsprachigkeitsdidaktik seit den 1990er Jahren (Abschnitt 2), bevor - nunmehr in (wissenschafts-)theoretischer Perspektivierung - Di‐ mensionen der mehrsprachigkeitsdidaktischen Bemühungen vor allem seit den 2000er Jahren betrachtet werden und mit der „aufgeklärten Mehrsprachigkeit“ ein jüngerer theoretischer Ansatz vorgestellt wird (Abschnitt 3). Im Anschluss werden ausgewählte und für den schulischen Bereich relevante Modelle der Mehrsprachigkeit diskutiert (Abschnitt 4), bevor in Abschnitt 5 das hier vorge‐ schlagene mehrdimensional-integrierende Modell fremdsprachenunterrichtlich beförderter Mehrsprachenaneignung in deutschen Schulsystemen (MiMfM) eingeführt wird. Dazu werden zunächst verständnisrelevante Grundbegriffe geklärt (Abschnitt 5.2), bevor das Modell als solches vorgestellt wird (Abschnitt 5.3). Abschließend wird die Bedeutung des Modells im Kontext eines zunehmend digitalisierten Fremdsprachenunterrichts reflektiert (Abschnitt 6). 2 Wissenschaftshistorische Perspektivierungen: Mehrsprachigkeit im Unterricht der romanischen Sprachen (Schwerpunkt seit den 1990er Jahren) 1 Mehrsprachigkeit ist seit Jahrzehnten eines der zentralen sprachen- und bil‐ dungspolitischen Anliegen der Europäischen Gemeinschaft bzw. der Europäi‐ schen Union, Mehrsprachigkeitsdidaktik seit nunmehr beinahe drei Jahrzehnten eines der zentralen Forschungsfelder der deutschsprachigen Fremdsprachendi‐ daktik (einführend z.B. Reimann 2018a, bes. 29, 39-46). Der romanistischen Fremdsprachendidaktik kam bei der Entwicklung mehrsprachigkeitsdidakti‐ scher Ansätze bezogen auf schulischen Fremdsprachenunterricht insofern eine Vorreiterrolle zu, als die romanischen Sprachen - von wenigen Ausnahmen im Bereich der slavischen Sprachen sowie den aufgrund der Sprachverwandtschaft der jeweiligen Zielsprachen mit dem Deutschen nicht unmittelbar vergleich‐ baren Konstellationen des Niederländisch- und Dänischunterrichts abgesehen - 26 Daniel Reimann die einzige Sprachenfamilie darstellen, aus der regelmäßig mehr als eine Fremd‐ sprache im Laufe einer Schullaufbahn erlernt werden kann (z.B. Französisch als zweite und Italienisch oder Spanisch als dritte Fremdsprache) (cf. Reimann 2020a, 535). Zugleich wird immer wieder festgestellt, dass die Anliegen der Mehrspra‐ chigkeitsdidaktik noch immer zu wenig Eingang in die (Schul-)Praxis gefunden haben. Allerdings wird sich Schule in zunehmendem Maße auch an der Um‐ setzung mehrsprachigkeitsdidaktischer Ansätze messen lassen müssen, nicht zuletzt, seit durch Aufnahme der Bereiche Sprachbewusstheit und Sprach‐ lernkompetenz in die Bildungsstandards für die Allgemeine Hochschulreife (KMK 2012, 11, 23sqq.) grundlegende Bausteine der Mehrsprachigkeitsdidaktik zu Kompetenzzielen des Fremdsprachenunterrichts in der Oberstufe erhoben wurden (zur Verbindung der Konzepte cf. Morkötter 2005). In den letzten Jahren haben sich zahlreiche Veränderungen in der Schüler- (und Lehrer-)schaft ergeben, aufgrund derer Mehrsprachigkeitsdidaktik „neu gedacht“, d.h. theoretisch und konzeptionell weiterentwickelt, weiter beforscht und unterrichtspraktisch ausgestaltet werden muss. Insbesondere ist hier auch die sprachliche Heterogenität der Schülerschaft zu nennen, welche die Lernvo‐ raussetzungen im Fremdsprachenunterricht mit bedingt (z.B. Hu 2003; Volgger 2012) und in der Lehrerausbildung mitberücksichtigt werden muss (cf. z.B. Benholz et al. 2017; Reimann et al. 2018; Strobl et al. 2019; Reimann / Cantone 2021). Mehrsprachigkeitsdidaktik kann sich also nicht mehr nur auf Vernetzung von Schulfremdsprachen untereinander beziehen, sondern muss die Herkunfts‐ sprachen der Schülerinnen und Schüler integrieren (z.B. Schmelter 2015). Eine besondere Konstellation besteht, wenn als Fremdsprache eine Herkunftssprache gewählt wird (vulgo: „Muttersprachler/ innen“ im Fremdsprachenunterricht, cf. grundlegend z.B. bezogen auf das Italienische Cantone 2020a; bezogen auf junge Erwachsene ab 20 Jahre cf. auch Kittler 2015; mit Blick auf schulische Kontexte Cantone 2020b; Reimann 2020b und 2021 sowie im Druck). Im Folgenden soll der Versuch unternommen werden, einen Überblick über die neuere Geschichte der Mehrsprachigkeitsdidaktik aus romanistischer Per‐ spektive zu geben. Insgesamt hat sich die jüngere Mehrsprachigkeitsdidaktik im weiteren Sinne im deutschsprachigen Raum seit den 1990er Jahren intensiv entwickelt. Ausgehend von vereinzelten Vorläufern wie beispielsweise den Beiträgen Abel (175), Barrera-Vidal (1972), Oehler (1972), Ernst (1975) und Zapp (1979 sowie 1983), zeichnet sich in den 1980er Jahren ein verstärktes Interesse für Spezifika des Lernens und Lehrens dritter und spät beginnender Fremdspra‐ chen ab (z.B. Christ 1985), das im sog. Bochumer Tertiärsprachenprojekt, in dem Spezifika des Italienisch- und Spanischunterrichts zu ergründen versucht 27 Ein mehrdimensional-integrierendes Modell der Mehrsprachenaneignung werden, kulminiert (cf. die zusammenfassende Ergebnisdarstellung in Bahr et al. 1991). In den 1990er Jahren legen insbesondere Franz-Joseph Meißner und Marcus Reinfried die Grundlagen für die Entwicklung einer „Didaktik der romanischen Mehrsprachigkeit“ (cf. z.B. Meißner 1991 und 1993; Meißner / Reinfried 1998; weiterhin z.B. Martinez / Reinfried 2006; einführend z.B. Meißner 2008). Weitere Veröffentlichungen reflektieren Potenziale und Erträge der Mehrsprachigkeits‐ didaktik aus schulpraktischer Sicht und mit Blick auf die Lehrerbildung (z.B. Hildenbrand / Martin / Vences 2012). Parallel entwickelt sich im Kontext der Didaktik des Deutschen als Fremdsprache die sogenannte „Tertiärsprachendi‐ daktik“ weiter, die insbesondere die Sprachenfolge „Deutsch nach Englisch“ und ihre didaktisch-methodischen Implikationen untersucht (z.B. Hufeisen 1991; Hufeisen / Lindemann 1998). In den späten 1990er und in den 2000er Jahren konzentriert sich die Forschung vor allem auf den Bereich der Interkomprehension (cf. z.B. Meißner 2005), also die Entwicklung rezeptiver Kompetenzen (v.a. Leseverstehen) auf der Grundlage umfassenderer Kompetenzen in anderen (hier v.a. romanischen) Sprachen. Ausgangs- und Referenzpunkt ist das Frankfurter Projekt EuroCom (cf. Klein / Stegmann 2000), das entsprechende Pendants in romanophonen Kontexten kennt (z.B. Galatea; Galanet; EuRom 4 / EuRom 5; Interlat; InterRom; für eine Übersicht cf. Caddéo / Jamet 2013, bes. 141-181; cf. exemplarisch Bonvino 2011) und trotz seiner hochschuldidaktischen Konzeption auch in den schulischen Bereich zu transferieren versucht wurde (z.B. Klein 2004). Es entstanden in der deutschsprachigen Fremdsprachenforschung mehrere umfassende empi‐ rische romanistisch-interkomprehensionsdidaktische Studien (z.B. Bär 2009; Mordellet-Roggenbuck 2011). Zugleich gab es, ausgehend von EuroCom, ent‐ sprechende Parallelprojekte im Bereich der germanischen und der slavischen Sprachen. Eine aktuelle Perspektivierung der Interkomprehensionsdidaktik, auch mit Blick auf jüngere Entwicklungen, u.a. im Bereich der Evaluation von Interkomprehensionskompetenz, bietet etwa der Band Hülsmann / Ollivier / Strasser 2020. Mitunter wird auch - über die o.g. interkomprehensionsdidakti‐ schen Arbeiten im engeren Sinne hinaus - die Perspektive von Schülerinnen und Schülern empirisch erfasst (z.B. Reimann 2002; Neveling 2017). Im Gießener Interkomprehensionsbzw. Mehrsprachenverarbeitungsmodell spielt die Annahme eines Didaktischen (Mehrsprachen-)Monitors eine zentrale Rolle (z.B. Meißner 2004). Darin wird davon ausgegangen, dass bei jeder Begegnung mit verwandten oder typologisch nahen Sprachen spontane inter‐ komprehensive Prozesse und Hypothesen über Sprachzusammenhänge möglich sind, die als Spontan- oder Hypothesengrammatik bezeichnet werden (Ebene 28 Daniel Reimann des Kurzzeitgedächtnisses). Auf diese Weise generiertes Mehrsprachen-Wissen wird in diesem psycholinguistischen Ansatz in einen Mehrsprachenspeicher des Langzeitgedächtnisses überführt. Um eine langfristige Speicherung und regelmäßige Aktivierung entsprechender Sprachverarbeitungsstrategien zu er‐ möglichen, werden gezielte interkomprehensionsdidaktische Interventionen im Unterricht als unabdinglich erachtet. Diese sollen zur Entwicklung eines Didaktischen Monitors führen. Tatsächlich konnte schon Marx belegen, dass explizites mehrsprachenbezogenes Training entsprechende Prozesse begüns‐ tigen kann (z.B. Marx 2005; 2008). Auch jüngere Studien konnten den Wert mehrsprachigkeitsdidaktischer Interventionen auch jenseits der inzwischen historischen Gießener Modellbildung bestätigen (z.B. Eibensteiner 2021). In der Tat scheint die Interkomprehensionsdidaktik vor allem für den seinerzeit auch überwiegend beschriebenen Anfangsunterricht sinnvoll nutzbar zu machen sein. In einer umfassenden Studie konnte etwa Christian Koch u.a. aufgrund von Sprachdaten romanophon polyglotter Sprecherinnen und Sprecher zuletzt zu dem Ergebnis gelangen, dass Phänomene des Transfers mit zunehmender Sprachkompetenz in den einzelnen Sprachen eines Individuums weniger be‐ deutend zu werden scheinen und dass die Sprachen eines Individuums mit zunehmender Sprachkompetenz voneinander autonom zu werden scheinen (Koch 2020, bes. 433-437). Seit den 2010er Jahren zeichnet sich eine zunehmende Öffnung der traditio‐ nellen romanistischen Mehrsprachigkeitsdidaktik auch zum Englischen hin ab (z.B. Leitzke-Ungerer / Blell / Vences 2012; Bär 2012; Schöpp 2015; zahlreiche Beiträge von Eva Leitzke-Ungerer, z.B. Leitzke-Ungerer 2015). Der Englischun‐ terricht nimmt seinerseits seine Verantwortung als inzwischen überwiegend erste Fremdsprache, die Zugänge zum Erlernen weiterer Fremdsprachen er‐ öffnen kann und soll, wahr und die Englischdidaktik beginnt, diesen Aspekt empirisch zu beforschen (z.B. Jakisch 2015). In der Schweiz wurde u.a. das Trans‐ ferpotenzial vom Englischen zur zweiten Fremdsprache Französisch in deutsch‐ sprachigen Kantonen in einem umfassenden empirischen Projekt untersucht (cf. z.B. Manno / Egli Cuenat 2020 sowie die abschließende Veröffentlichung Manno et al. 2020). Die Lateindidaktik leistet ihrerseits einen Beitrag zur Mehrsprachig‐ keitsdidaktik, indem sie über traditionelle, exemplarische Unterrichtsmodelle zur Vernetzung der alten und der modernen Fremdsprachen hinausgehend (z.B. Einzelbeiträge wie Fischbach 1981; Knittel 1981; Metzger / Ulrich 1995; cf. auch den Band Nagel 1997 sowie Themenhefte wie Der Altsprachliche Unterricht 4, 2005: Latein und Romanische Sprachen, 1, 2016: Latein und Spanisch) fundierte Studien mit Blick auf das Vernetzungspotenzial zwischen Sprachen vorlegt (z.B. Siebel 2017) und das Potenzial des Lateinunterrichts zur Sprachför‐ 29 Ein mehrdimensional-integrierendes Modell der Mehrsprachenaneignung derung insgesamt, gerade auch für mehrsprachige Schülerinnen und Schüler, beforscht (z.B. Kipf 2014; Große 2017). Punktuell wurde auch aus romanistischer Perspektive die Bedeutung des Lateinischen für mehrsprachigkeitsdidaktische Ansätze unterstrichen (z.B. Müller-Lancé 2001; 2004). Tatsächlich konnte bereits Müller-Lancé 2003 ( 2 2006) an studentischen Probanden zeigen, dass insbeson‐ dere auch fundiertere Lateinkenntnisse zu einem erhöhten Transfer aus dem Lateinischen führen (z.B. Müller-Lancé 2006, 266) - was als ein Argument für Latein als erste Fremdsprache herangezogen werden kann (cf. Müller-Lancé 2006, 468). Neben zahlreichen vereinzelten Unterrichtsvorschlägen vor allem in Zeit‐ schriften für die Unterrichtspraxis und punktuellen Aktivitäten in den meisten Lehrwerken der letzten Generationen haben inzwischen einige wenige große Entwicklungsprojekte zu ganzen Lehrwerken geführt, die Erkenntnisse der Mehrsprachigkeitsdidaktik systematisch in Sprachlehrgänge zu integrieren versuchen. Mit Blick auf den Brückenschlag von altsprachlichem Unterricht zu den romanischen Sprachen ist für den schulischen Bereich hier die Baseler Lehr‐ werkreihe Aurea bulla zu nennen (Müller et al. 2016sqq.; cf. Wesselmann 2020). Für den Transfer innerhalb der romanischen Sprachen wurde in Österreich die Serie paralleler Lehrwerke Descubramos el español / Découvrons le français / Scopriamo l’italiano vorgelegt, die jeweils für das Erlernen einer romanischen Sprache v.a. als zweiter oder dritter Fremdsprache (Oberstufe) unter systemati‐ schem Rückgriff auf Vorkenntnisse in einer der beiden anderen romanischen Sprachen konzipiert sind (Holzinger et al. 2012; Rückl et al. 2012 und 2013) und punktuell über den rezeptiven Ansatz der Interkomprehensionsdidaktik hinaus‐ gehen (cf. Reimann 2016, 18f). Einen neuen Meilenstein für die romanistische Mehrsprachigkeitsdidaktik stellt auch die Erstellung des Kernwortschatzes der romanischen Mehrsprachigkeitsdidaktik (KRM) durch Franz-Joseph Meißner dar (z.B. Meißner 2016; 2018). Ebenfalls verstärkt seit den 2010er Jahren zeichnet sich sichtbar eine Erwei‐ terung mehrsprachigkeitsdidaktischer Ansätze um eine grundlegend zweite Dimension neben der Vernetzung von Schulfremdsprachen untereinander ab, namentlich die oben bereits erwähnte Berücksichtigung sogenannter Herkunftssprachen lebensweltlich bedingt mehrsprachiger Schülerinnen und Schüler im Fremdsprachenunterricht (zu diesem Paradigmenwechsel cf. z.B. Reimann 2018a, bes. 29sqq.; 2019a). Grundlegend zu Herkunftssprachen als Sprachlernvoraussetzung kann auf den Beitrag Baur / Chlosta 2010 verwiesen werden. Einschlägige Forschungsergebnisse zu herkunftsbedingter Mehrspra‐ chigkeit wurden in mehreren Studien vorgelegt (cf. z.B. Hu 2003; Volgger 2012; Méron-Minuth 2018) und einzelne Fragestellungen in thematischen Sam‐ 30 Daniel Reimann 2 https: / / www.romanistik.uni-wuppertal.de/ de/ personal/ fachdidaktik/ prof-dr-phil-larsschmelter/ forschung/ franzimo-franzoesisch-als-2-fremdsprache-interkulturell-und-m ehrsprachigkeitsorientiert.html, 17.11.2021. melbänden (z.B. Fernández Ammann / Kropp / Müller-Lancé 2015; Schlaak / Thiele 2017; Willems / Thiele / Kramer 2019) oder in Zeitschriftenbeiträgen vertieft (z.B. zum Spanischen z.B. Granados / Siems 2014; Reimann / Siems 2015; Reimann 2017a; zum Französischen Thiele 2015; Reimann / Tziotzios 2018). Auch ein großes, laufendes, DFG-gefördertes Projekt widmet sich dieser Frage‐ stellung, namentlich Franzimo - Französisch als 2. Fremdsprache: interkulturell und mehrsprachigkeitsorientiert  2 (cf. z.B. Schmelter 2015; Göbel et al. 2021). Der Sonderfall von Schülerinnen und Schülern, deren Herkunftssprache zugleich die Zielsprache des Fremdsprachenunterrichts ist, wurde in der deutschsprachigen Fremdsprachenforschung bislang nur in der slavistischen Fachdidaktik vertieft untersucht (einführend z.B. Brehmer / Mehlhorn / Yastrebova 2017). Zu einem romanistischen Pilotprojekt cf. die Beiträge Reimann 2020a sowie García García (2019; 2020 und im Druck) für den besonderen Kontext des Bilingualen Unter‐ richts. Herkunftssprachlicher Unterricht in den romanischen Sprachen selbst ist hingegen in Deutschland bisher nur unzureichend erforscht, am umfassendsten ist noch das Bild, das sich aus den Beiträgen des Bandes Melo-Pfeifer 2016 zum Portugiesischen ergibt. Auch die Perspektive von Lehrkräften wird zunehmend als grundlegender Baustein einer Weiterentwicklung der Mehrsprachigkeitsdidaktik beforscht. Im Bereich der romanistischen Fremdsprachenforschung wird hier neben der Gruppe der Lehrkräfte in Ausbildung (s.o., Reimann et al. 2018; Reimann / Cantone 2021) z.B. in den Beiträgen Neveling 2012 und 2013 (Fokus Schulfremd‐ sprachen) sowie Heyder / Schädlich 2014 und 2015 (Fokus Herkunftssprachen) auch die Sicht bereits praktizierender Lehrkräfte untersucht (cf. Kropp 2020). Immer wieder wurde versucht, mehrsprachigkeitsdidaktische Ansätze in um‐ fassendere Entwürfe zu bündeln. Im Rahmen dieses einleitenden Forschungs‐ berichts können etwa erwähnt werden: der schweizerische Ansatz einer in‐ tegrativen bzw. integrierten Sprachendidaktik seit 1998 (cf. das Themenheft Babylonia 4, 1998: Gesamtsprachenkonzept; zu mehrsprachigkeitsdidaktischen Ansätzen aus der Schweiz aus der Außenperspektive einführend cf. Morkötter / Schröder-Sura 2019; aus der Innenperspektive jüngst z.B. Manno / Egli Cuenat 2018 und 2020; Manno / Egli Cuenat / Le Pape Racine / Brühwiler 2020), das Gesamtsprachencurriculum von Hufeisen seit 2005 (cf. Hufeisen 2005), das österreichische „Curriculum Mehrsprachigkeit“ von Reich / Krumm 2013 sowie weitere, sprachsensiblen Unterricht in allen Fächern fokussierende Ansätze wie etwa das Projekt PlurCur des Europäischen Fremdsprachenzentrums des 31 Ein mehrdimensional-integrierendes Modell der Mehrsprachenaneignung Europarats (cf. Allgäuer-Hackl et al. 2015; einführend zu übergreifenden mehr‐ sprachigkeitsdidaktischen Ansätzen cf. Hufeisen 2018; Meißner 2020). Ein auf europäischer Ebene bedeutender Ansatz, der verschiedene mehrsprachigkeits‐ didaktisch relevante Forschungs- und Handlungsfelder vereint, ist das Konzept der „Pluralen Ansätze zu Sprachen und Kulturen“ des Europäischen Fremd‐ sprachenzentrums des Europarats (cf. Melo-Pfeifer / Reimann 2018a; weiterhin einführend z.B. Candelier 2008 und das Themenheft Babylonia 2, 2015: Les approches plurielles des langues et des cultures). Mit den „Pluralen Ansätzen“ wurde seit etwa 2005 ein Modell geschaffen, das versucht, verschiedene Ansätze des sprachsensiblen und sprachenübergreifenden Unterrichtens und einer inter- und transkulturellen Sensibilisierung in ein Gesamtkonzept mehrsprachiger und mehrkultureller Bildung zu integrieren (cf. Melo-Pfeifer / Reimann 2018b, 15). Dabei werden im engeren Sinne vier „Plurale Ansätze“ unterschieden: Éveil aux langues u.a. im Sinne der Entwicklung von (früher) Sprachbewusst‐ heit, gerade auch im Primarbereich und der Nutzung der herkunftsbedingten Mehrsprachigkeit innerhalb der Lerngruppen, Interkomprehension, integrative Sprachendidaktik und interkulturelles Lernen. Die Arbeiten des Europäischen Fremdsprachenzentrums des Europarats sind u.a. im Referenzrahmen für Plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen (RePA) gebündelt worden (einführend z.B. Schröder-Sura 2018; Schröder-Sura 2020). Aus diesem kurzen Forschungsüberblick wird deutlich, dass eine Vielzahl von Konzepten und Entwicklungen nebeneinander existieren. Mit Blick auch über die romanischen Sprachen hinaus wird in Fäcke / Meißner 2019 in einer großen Zahl von Einzelbeiträgen versucht, dem weiten Spektrum der Didaktik der Mehrkulturalität und der Mehrsprachigkeit mosaikartig Rechnung zu tragen. Etwas grundlegender und systematischer, jedoch weitgehend ohne romanisti‐ sche Beteiligung und ebenfalls mit heterogener Qualität der Beiträge, verhandelt das kurze Zeit später erschienene Handbuch Mehrsprachigkeit und Bildung (Gogolin et al. 2020) Konzepte und Perspektiven auf Mehrsprachigkeit in Bil‐ dungskontexten u.a. in den Abschnitten „Grundlegende Begriffe und Konzepte“, „Theorien und Modelle zur Mehrsprachigkeit - disziplinäre Perspektiven“, „Einflüsse und Effekte von Mehrsprachigkeit“ sowie „Mehrsprachigkeit im Kontext von Lehren und Lernen“ (cf. Gogolin et al. 2020, V-IX). 32 Daniel Reimann 3 Wissenschaftstheoretische Perspektivierungen: Dimensionen der Mehrsprachigkeitsdidaktik und neuere theoretische Ansätze 3.1 Dimensionen der Mehrsprachigkeitsdidaktik Ein Befund, der oben bereits in historischer Perspektive beschrieben wurde, soll an dieser Stelle noch aus einem theoretischen Blickwinkel betrachtet werden: Der schulische Fremdsprachenunterricht in Deutschland findet, nicht erst, aber verstärkt durch die aktuellen Migrationsbewegungen, in zunehmend auch sprachlich heterogenen Lerngruppen statt. War Mehrsprachigkeitsdidaktik in ihren Anfängen v.a. in den 1990er Jahren vor allem auf die Vernetzung von Schulfremdsprachen ausgerichtet, so nimmt sie verstärkt seit 2010 zusätzlich auch die Dimension der Herkunftsbzw. Familiensprachen mit in den Blick. Eine Vorreiterrolle nahm diesbezüglich die Studie Hu 2003 ein. Dieser Paradig‐ menwechsel in der Mehrsprachigkeitsdidaktik (dazu z.B. Reimann 2015; 2016) kann graphisch wie folgt veranschaulicht werden: Abb. 1: Dimensionen der Mehrsprachigkeitsdidaktik 3.2 Neuere theoretische Ansätze: Aufgeklärte Mehrsprachigkeit und Mehrsprachigkeit als mediatorisches Handeln In Hinblick auf die Entwicklung der schulbezogenen Fremdsprachenforschung und des Fremdsprachenunterrichts wurde in jüngerer Zeit mit der Denkfigur „aufgeklärte Mehrsprachigkeit“ ein integrierender Ansatz bezeichnet, der für die künftige Mehrsprachigkeitsdidaktik relevante Forschungs- und unterricht‐ liche Handlungsfelder konzentriert in den Blick nimmt (bes. Reimann 2016). Bei der Untersuchung der jüngeren Entwicklungen der Mehrsprachigkeitsdidaktik konnte festgestellt werden, dass diese bei ihrer, gerade auch in der romanistischen Fremdsprachenforschung intensiv vorangetriebenen, theoretischen Begründung in den 1990er Jahren durchaus weit gedacht war und sowohl den 33 Ein mehrdimensional-integrierendes Modell der Mehrsprachenaneignung 3 Unabhängig davon und ohne Rückführung auf Butzkamm verwendet Roche (2013, 167) den Begriff kurz und ohne weitere Vertiefung, um kommunikative Praxen zu bezeichnen, die hier mit den Begriffen Interkomprehension und Interproduktion bezeichnet werden, sowie für didaktische Verfahren der mehrsprachigen Vermittlung wie z.B. Diglott Weave Method. Bereich des Sprachverstehens (Rezeption) als auch die produktiven Fertigkeiten und Teilkompetenzen im Blick hatte; auch war kulturelle Bildung im Sinne von „Mehrkulturalität“ impliziert (cf. Christ 2011; 2015; in Ansätzen auch Schädlich 2013). Etwa während des ersten Jahrzehnts des neuen Jahrtausends konzen‐ trierten sich die Bemühungen der Forschung v.a. auf eine vertiefte Ergründung der rezeptiven Fertigkeiten (und hier insbesondere der schriftlichen Rezeption) im Rahmen der sogenannten Interkomprehensionsdidaktik (s.o. Abschnitt 2). Dies schien, bei allen Verdiensten dieses Ansatzes, einer gewissen Verengung der Sicht auf Mehrsprachigkeit im Fremdsprachenunterricht gleichzukommen. Seit etwa 2010 lassen sich verstärkt Veröffentlichungen feststellen, welche sowohl die Produktion als auch die kulturelle Bildung weiterer Fremdsprachen und neue Aspekte wieder bzw. neu ins Visier nehmen. Nicht zuletzt angesichts der zunehmenden sprachlichen Heterogenität unserer Lerngruppen sind z.B. auch weitere Sprachen als die klassischen Schulfremdsprachen in mehrspra‐ chige Lehr-/ Lernprozesse mit einzubinden, dem Deutschen kommt nunmehr eine veränderte Stellung zu. Insgesamt bin ich zu der Einsicht gelangt, dass Mehrsprachigkeitsdidaktik, wie sie etwa bis 2010 verstanden wurde, um sieben Diskurs- und Handlungsfelder erweitert wurde oder werden sollte. Dies habe ich - in Anlehnung an Butzkamms Konzept der „aufgeklärten Einsprachigkeit“ (cf. Butzkamm 1973), als „aufgeklärte Mehrsprachigkeit“ zu bezeichnen vorge‐ schlagen (cf. Reimann 2015). 3 Die sieben Diskurs- und Handlungsfelder einer „aufgeklärten Mehrsprachigkeit“ sind demnach: ● eine stärkere Berücksichtigung der Entwicklung produktiver Fertigkeiten, ● die Integration weiterer Schulfremdsprachen neben den romanischen Spra‐ chen (einschließlich der alten Sprachen), ● die Berücksichtigung des Deutschen als Mutter-, Zweit- und Fremdsprache („Deutsch als Zielsprache“), ● die Berücksichtigung der bereits genannten Herkunfts- und Familienspra‐ chen, ● die Entwicklung rezeptiver Varietätenkompetenzen in der Zielsprache, ● die Förderung multilingualen Sachfachunterrichts sowie ● die Entwicklung transkultureller kommunikativer Kompetenz. 34 Daniel Reimann Die Entwicklung kann wie folgt veranschaulicht werden: Abb. 2: Phasen der jüngeren romanistisch-mehrsprachigkeitsdidaktischen Forschung (Reimann 2016, 17) Eine weitere Denkfigur, die weniger Felder der Mehrsprachigkeit auf einer Makroebene als vielmehr unterrichtliche Ereignisse bzw. „mehrsprachig[e] Interaktionsprozesse“ (Schädlich 2020a, 31) im Unterricht zu beschreiben versucht, hat Birgit Schädlich 2020a mit dem Konzept des „mediatorischen Handelns“ vorgeschlagen: Mit den Begriffen „reflektierte Mehrsprachigkeit“ bzw. „reflektiertes mehrsprachiges Handeln“ bezeichnet sie lehrerseitiges Han‐ deln, das Schulfremdsprachen und sprachliche Heterogenität der Lerngruppe zu integrieren versucht (Schädlich 2020a, 31, 37). In diesem Zusammenhang beschreibt sie „mediatorisches Handeln“ als ein bevorzugtes Handlungsfeld solcher reflektierter Mehrsprachigkeit im Unterricht. „Mediatorisches Handeln“ ist auf der Ebene von Unterrichtssettings als eine Art Kompromiss zwischen Sprachmittlung im engeren Sinn und translanguaging zu verstehen (Schädlich 2020a, 38-43): Mit dem Ziel einer Akzentuierung von Subjekt- und Situationsbezug sprachlicher Aushandlungsprozesse in unterrichtlichen Kontexten integriert das Konzept des „Mediatorischen Handelns“ sowohl sprachreflexive Komponenten des Sprechens über Sprache wie auch mehrsprachiges Aushandeln von Bedeutungen im Rückgriff auf Ressourcen, die den Lernenden in der Situation des Fremdsprachenunterrichts zur Verfügung stehen. (Schädlich 2020b, 10) 35 Ein mehrdimensional-integrierendes Modell der Mehrsprachenaneignung 4 Modelle der Mehrsprachigkeit In der Vergangenheit sind zahlreiche Modelle der Mehrsprachigkeit vorgelegt worden. Die meisten dieser Modelle sind nicht primär auf die Aneignung mehrerer Fremdsprachen in schulischem Kontext und nicht konkret auf die Situation in den deutschen Schulsystemen bezogen. Daher können hier nur drei für diesen Zusammenhang dennoch relevante Modelle gewürdigt werden, und zwar die Ansätze von Herdina und Jessner, von Aronin und Ó Laoire sowie von Hufeisen. 4.1 Modellbegriff (mit besonderem Bezug auf die Mehrsprachenaneignung) Modellen werden im Allgemeinen in Anlehnung an Stachowiak drei grund‐ legende Merkmalsdimensionen zugeschrieben, namentlich ein Abbildungs-, ein Verkürzungs- und ein pragmatischer Charakter. Modelle stellen also eine verkürzte bzw. vereinfachende Abbildung eines Originals, z.B. eines Gegen‐ stands oder Sachverhalts, dar, die in einem bestimmten Kontext für bestimmte Zielgruppen bestimmte Funktionen wahrnehmen können (cf. Stachowiak 1973, 131-133). In Anlehnung an Thomas S. Kuhns Konzept des Paradigmenbegriffs (cf. Kuhn 1976) kann ein Modell darüber hinaus als heuristische Analogie oder Metapher verstanden werden: Die heuristischen Analogien und Metaphern dienen dazu, einen abstrakten Gegen‐ standsbereich zu veranschaulichen oder durch Analogieschlüsse neue akzeptable Lösungsansätze zu finden. (Kornmesser / Büttemeyer 2020, 87) Innerhalb der Fremdsprachenforschung setzt sich etwa Michael K. Legutke im Kontext einer Darstellung der theoretischen Forschung mit dem Konzept der „Modellbildung“ auseinander (Legutke 2016) und formuliert prägnant wie folgt: Die Entwicklung und kritische Erörterung von Modellen gehört zu den zentralen Aufgaben theoretischer Forschung, denn Modelle haben die Funktion, komplexe Zusammenhänge und Abläufe verständlich zu machen - sie sind ein notwendiger Teil von Theoriebildung, die deshalb auch ohne Modelle nicht vorstellbar ist. (Legutke 2016, 41) 36 Daniel Reimann Mit konkretem Bezug auf Modelle zur Mehrsprachenaneignung führt Britta Hufeisen zuletzt folgende Reflexionen aus: Vorgelegte Mehrsprachenlernmodelle stammen meist aus den unterschiedlichen Forschungsrichtungen Soziolinguistik (Fokus: gesellschaftliche Mehrsprachigkeit), Psycholinguistik (Fokus: sprachenerwerbendes bzw. -lernendes Individuum) und Angewandte Linguistik (Fokus: Mehrsprachenlehrlernforschung in institutionellen Zusammenhängen), weswegen sie auch unterschiedliche Formen von Mehrsprachen‐ lernen abbilden. (Hufeisen 2020, 76) Sie argumentiert, dass Mehrsprachenlernprozesse zu komplex seien, um in einem Modell abgebildet werden zu können: Das Erwerben und Lernen von Sprachen ist mit einer Fülle an individuell und kontextuell spezifischen Variablen versehen, dass es kaum möglich ist, mit einem einzigen Modell alle Formen der Mehrsprachigkeit und des Mehrsprachenlernens abzubilden, ohne zwangsweise so allumfassend zu werden, dass es keine heuristische Aussagekraft mehr hat. (Hufeisen 2020, 76) Ferner gelangt sie zu der wichtigen und treffenden Aussage, dass im Bereich der „Mehrsprachenlehrlernforschung“ (z.B. Hufeisen 2020, 76) im Grunde keine Theoriebildung, sondern bisher immer nur Modelle entwickelt werden konnten und können: Aufgrund dieser Komplexität werden die Mehrsprachenmodelle ausschließlich als Modelle bezeichnet, nie als Theorien, um den vorläufigen Charakter dessen zu betonen, was bisher über das Mehrsprachenlernen bekannt ist. Mit jeder neuen Erkenntnis müssen die Modelle aktualisiert und präzisiert werden […]. (Hufeisen 2020, 76) 4.2 Die Modelle von Herdina / Jessner und Aronin / Ó Laoire Unter den zahlreichen Modellen zum Mehrsprachenerwerb und -lernen (einfüh‐ rend und vergleichend z.B. Hufeisen 2003) sind meines Erachtens die folgenden beiden für das schulische Fremdsprachenlernen besonders interessant: Das eher psycholinguistische dynamische Modell von Jessner 1997 und Herdina / Jessner 2002 (Dynamic Model of Multilingualism, kurz: DMM) unterstreicht die Bedeutung verschiedener Faktoren, die beim Mehrsprachenlernen miteinander interagieren, u.a. (Mehr-)Sprach(en)lernfähigkeit („(multi)language aptitude / metalinguistic abilities“, s.u.), Lernfortschritt („language acquisition process“), selbst wahrgenommene Sprachkompetenz („perceived language competence“), Selbstbewusstsein („self-esteem“), Ängstlichkeit / Angst („anxiety“) und Motiva‐ tion („motivation“) (Herdina / Jessner 2002, bes. 135-140). Die metasprachlichen 37 Ein mehrdimensional-integrierendes Modell der Mehrsprachenaneignung Fertigkeiten und ein Mehrsprachen-Monitor (nicht zu verwechseln mit dem Gießener Didaktischen (Mehrsprachen-)Monitor, cf. Abschnitt 2.) spielen eine zentrale Rolle beim mehrsprachigen Lernfortschritt. Sie führen das Konzept der Mehrsprachenlernfähigkeit ein (im Original „multilanguage aptitude“) und einen M-Faktor („M-factor“), in dem sie davon ausgehen, dass sich Mehrsprachenlernen ab einer dritten Sprache qualitativ grundlegend verändert (Herdina / Jessner 2002, 117 u.ö., 129sqq.). Zentrale Bedingungsgrößen des M-Faktors sind das multilinguale Bewusstsein und ein Mehrsprachen-Monitor. Das multilinguale Bewusstsein - gerade in jüngeren Veröffentlichungen als „MLA“ beinahe mit der „multilanguage aptitude“ gleichgesetzt - besteht einerseits aus metalinguisti‐ schem Bewusstsein („metalinguistic awareness“), andererseits aus „sprachenüber‐ greifende[m] oder zwischensprachliche[m] Bewusstsein“ („crosslinguistic aware‐ ness“) (Jessner-Schmid / Allgäuer-Hackl 2020, 82). Der mehrsprachige Monitor hat die Aufgabe, „u.a. das Management mehrerer Sprachen [zu] überwach[en]“ (Jessner-Schmid / Allgäuer-Hackl 2020, 82). Sprachenmanagement wird dabei wie folgt beschrieben: Sprachenmanagement bezieht sich auf Fähigkeiten, die eine erfolgreiche mehrspra‐ chige Kommunikation ermöglichen: sich bewusst zu sein, wann einbzw. mehrspra‐ chige Kommunikation sinnvoll ist; Transfermöglichkeiten und die Fähigkeit, alle sprachlichen Mittel für eine erfolgreiche mehrsprachige Kommunikation kreativ einzusetzen; flexibel von einer Sprache in die andere zu wechseln; zwischen Sprecher/ innen unterschiedlicher Sprachen zu vermitteln. ( Jessner-Schmid / All‐ gäuer-Hackl 2020, 84) Darüber hinaus spielen kommunikative Bedürfnisse - differenziert betrachtet als tatsächliche und wahrgenommene kommunikative Bedürfnisse - eine be‐ deutende Rolle („effective communicative needs“, „perceived communicative needs“, Herdina / Jessner 2002, 135-137) für die mehrsprachige Entwicklung. Jessner-Schmid / Allgäuer-Hackl 2020 beschreiben das dynamische Zusammen‐ spiel verschiedener Sprachsysteme in einem mehrsprachigen Individuum prä‐ gnant wie folgt: […] die mehrsprachige Entwicklung bzw. Mehrsprachigkeit an sich [ist] als kom‐ plexes, adaptives und nichtlineares System zu sehen. Die einzelnen Sprachsysteme sind nicht autonom, sondern beeinflussen sich gegenseitig, verändern sich und ändern damit das Gesamtsystem. Dieses interagiert auch mit internen (z.B. persönlichen) und externen Faktoren (wie dem Prestige der Sprachen, der Sprachenpolitik eines Landes oder dem sozioökonomischen Status der Sprecher/ innen). […] [Der] kontinuierliche Prozess von Spracherwerb und Sprachverlust betrifft alle Sprachen eines Individuums und hängt von den wahrgenommenen kommunikativen Bedürfnissen (perceived com‐ 38 Daniel Reimann municative needs) der Sprechenden ebenso ab wie von psychologisch und soziologisch verankerten Faktoren. Lernen bzw. Veränderungen im sprachlichen System sind somit sowohl individuell als auch sozial bedingt. Sprachen, die nicht benutzt werden, bilden sich zurück. Daher ist auch Spracherhalt ein zentrales Thema des DMM-basierten Unterrichts. ( Jessner-Schmid / Allgäuer-Hackl 2020, 81sq.) In letzter Instanz sind im dynamischen Modell der Mehrsprachigkeit zwei Größen für Sprachaneignung und Spracherhalt verantwortlich: „das multi‐ linguale Bewusstsein (MLA) und die Sprachverwendung (language use).“ ( Jessner-Schmid / Allgäuer-Hackl 2020, 84). Möglicherweise entwickeln mehr‐ sprachige Sprecherinnen und Sprecher eine erhöhte pragmatische Sensibilität (interactional competence, pragmatic sensitivity, z.B. Jessner 1997, 22sq.; cf. Hufeisen 2003, 104). Dabei kommt der Sprachverwendung „in vielfältigen, persönlich bedeutsamen Kontexten (in der Bildungsinstitution sowie außer‐ halb)“ besondere Bedeutung zu ( Jessner-Schmid / Allgäuer-Hackl 2020, 84). In Abgrenzung etwa zum Faktorenmodell Hufeisens oder etwa auch dem Modell Meißners integriert das DMM sowohl institutionelle als auch informelle, außer‐ unterrichtliche Fremdsprachenaneignung (cf. Jessner-Schmid / Allgäuer-Hackl 2020, 84sq.). Das eher soziolinguistisch orientierte ökologisch-biotische Modell von Aronin / Ó Laoire 2004 (z.B. 12; 19sq., 24) nimmt die Denkfigur der Identität als Ausgangspunkt (z.B. Aronin / Ó Laoire 2004, 11, 25) und stellt folglich die individuelle Aushandlung der Bedürfnisse eines/ r Lernenden in den Berei‐ chen Identität, Umwelt und (sprachlichen) Interessen in den Vordergrund. Dabei können für das mehrsprachige Individuum verschiedene Erfordernisse in verschiedenen Sprachen zu einer jeweils unterschiedlichen Kompetenzent‐ wicklung (einschließlich Kompetenzverlust) führen, die u.a. in Transfers und Code-Wechseln münden können (cf. Reimann 2018a, 38sq.). Damit wird der Aspekt der dynamischen Entwicklung individueller Mehrsprachigkeit aus dem dynamischen Modell aufgegriffen, jedoch weniger dessen individuell-psycho‐ linguistische Komponente als vielmehr der Kontext betont. Denn grundlegend ist in diesem Modell die sozio-kulturelle Bedingtheit der individuellen Bedürf‐ nisse (z.B. Aronin / Ó Laoire 2004, 24): in einer gegebenen Umgebung übliche (Mehr-)Sprachen-Konstellationen, so genannte „Dominant Language Constel‐ lations“ (DLC), prägen auch die individuell wahrgenommenen Bedürfnisse (cf. Aronin / Ó Laoire 2004, 19). Aronin / Ó Laoire betonen - unter Rückgriff auf Hamers 1981 und Hamers / Blanc 1983 - einen Unterschied zwischen gesellschaftlicher und individueller Mehrsprachigkeit, indem sie in Analogie zum Begriffspaar „Bilingu(al)ismus“ (bilingualism) (gesellschaftlich) und „Bilingualität“ (bilinguality) (individuell) 39 Ein mehrdimensional-integrierendes Modell der Mehrsprachenaneignung die Dichotomie „Multilingu(al)ismus“ (multilingualism) und „Multilingualität“ (multilinguality) einführen (Aronin / Ó Laoire 2004, 13-16). Es ist meines Erach‐ tens überlegenswert, den Begriff „Multilingualität“ zusätzlich zu individueller Mehrsprachigkeit zu übernehmen, insofern er sich nicht nur auf das indivi‐ duelle Sprachenrepertoire, sondern auch auf die im Modell im Vordergrund stehenden Aspekte der Identität und einer damit verbundenen multilingualen „Gesinnung“, eines sprachsystemunabhängigen (Mehr-)Sprachenbewusstseins und auf besondere Sprachlernstrategien bezieht. Ganz allgemein definieren Aronin und Ó Laoire „Multilingualität“ wie folgt: Thus, multilinguality is the inherent, intrinsic characteristic of the multilingual. We define it as an individual´s store of languages at any level of proficiency, including partial competence and incomplete fluency, as well as metalinguistic awareness, learning strategies and opinions, preferences and passive or active knowledge on languages, language use and language learning / acquisition. (Aronin / Ó Laoire 2004, 17sq.) Die Abgrenzung von dem eher sprachsystembezogenen Begriff „Multilingua‐ lismus“ präzisieren sie wie folgt: Multilinguality is far from being strictly language-related. It is intertwined with many, if not all the aspects of identity - for example emotions, attitudes, preferences, anxiety, cognitive aspect, personality type, social ties and influences and reference groups. Multilinguality, in our view, is a notion which is more connected to personality and intrapersonal dynamics, while “individual trilingualism” places emphasis on language systems and language codes in use by an individual in a ‘languages in contact’ situation […]. Multilinguality, therefore, is also about abilities and resources, while individual multilingualism is referred to only as the process and the result of third language acquisition. (Aronin / Ó Laoire 2004, 18) Sie formulieren sodann - allerdings eher vage und sich teilweise überschnei‐ dende - neun Eigenschaften der Multilingualität, die im Wesentlichen die einleitend beschriebene Variabilität des mehrsprachigen Repertoires eines Indi‐ viduums, das sich über die Lebensspanne entsprechend des jeweiligen kommu‐ nikativen Kontexts und der daraus hervorgehenden sprachlichen Bedürfnisse verändern kann, aufgreift. Damit werden im ökologisch-biotischen Modell unter soziolinguistischen Vorzeichen zahlreiche Aspekte aufgegriffen, die auch im dynamischen Modell entwickelt wurden. Die neun von Aronin und Ó Laoire genannten Eigenschaften der Multilingualität sind die folgenden: Komplexität (complexity) - des gesamten Repertoires und der Identität -, Verwobenheit (interrelatedness) - der einzelnen Sprachen innerhalb eines individuellen Reper‐ toires -, Fluktuation sowie Variation und Inkonsistenz (fluctuation, variation 40 Daniel Reimann and inconsitency) - der Sprachkompetenz und der Identität, Multifunktionalität (multifunctionality) und Ungleichheit der Funktionen (inequality of function) - verschiedene Sprachen im Repertoire erfüllen verschiedene Funktionen -, Selbstregulierung im Sinne von (Teil-)Verlusten im Repertoire (cf. attrition) und Eigenantrieb zur Erweiterung des Repertoires (self-balance bzw. self-extension) sowie Individualität der Bedürfnisse und des jeweiligen mehrsprachigen Reper‐ toires (non-replication) (cf. Aronin / Ó Laoire 2004, 20-24) Abb. 3: Modelle des Mehrsprachenerwerbs (Reimann 2018a, 39) 4.3 Das Faktorenmodell (2.0) von Hufeisen Das Faktorenmodell von Britta Hufeisen lässt sich bis 1998 zurückverfolgen (cf. Hufeisen 1998, bes. 171sq.) und wurde insbesondere ab 2000 ausdifferenziert (z.B. Hufeisen 2000). Im Folgenden wird das überarbeitete „Faktorenmodell 2.0“ aus dem Jahr 2010 (cf. Hufeisen 2010) „in seiner jüngsten Entwicklungsstufe“ kurz vorgestellt (Hufeisen 2020). Britta Hufeisen bezeichnet ihren Entwurf selbst als angewandt-linguistisches Modell (cf. Hufeisen 2003, 98; 2020, 77). Das vierstufige Modell zeigt Unterschiede zwischen den Lernprozessen in der L1, einer ersten Fremdsprache („L2“), einer weiteren Fremdsprache („L3“) und auf 41 Ein mehrdimensional-integrierendes Modell der Mehrsprachenaneignung diese folgenden weiteren Fremdsprachen („n-te Fremdsprache“). Insbesondere zielt es darauf ab, den quantitativen und qualitativen Unterschied zwischen dem Erlernen einer ersten und weiterer Fremdsprachen zu verdeutlichen (cf. z.B. Hufeisen 2010, 201), der insbesondere in den „individuelle[n] Fremdsprachenler‐ nerfahrungen und Fremdsprachenlernstrategien (z.B. interlinguale Vergleichs-, Transfer und Rückbezugsfähigkeit), Interlanguages der vorgängigen Fremd‐ sprachen, Interlanguage der Zielsprache, …“ (Hufeisen 2020, 78), aber natürlich auch in „sprachenspezifischen Faktoren“ der L1 sowie der vorgelernten und der nunmehr zu erlernenden Sprachen besteht (cf. Hufeisen 2020, 78). Graphisch wird dies wie folgt veranschaulicht: 42 Daniel Reimann Neurophysiologische Faktoren : Generelle Spracherwerbsfähigkeit, Alter, ... Lernerexterne Faktoren : Lernumwelt(en), Art und Umfang des Inputs, ... L1 Erwerb von L1 Lernen einer ersten Fremdsprache L2 Neurophysiologische Faktoren: Generelle Spracherwerbsfähigkeit, Alter, ... Lernerexterne Faktoren: Lernumwelt(en), Art und Umfang des Inputs, L1-Lerntradition(en), kulturelles Erbe, Lernziele, Status und Rolle des Lehrenden, ... Emotionale Faktoren: Motivation (Lern)Angst, Einschätzung der eigenen Sprachliteralität, empfundene Nähe/ Distanz zwischen den Sprachen, Einstellung(en) zu den Sprachen, zu den zielsprachigen Kulturen, zum Sprachenlernen (nötiger Zeit- und Energieaufwand), individuelle Lebenserfahrungen, Lerntyp, ... Kognitive Faktoren: Sprachbewusstsein, metalinguistische Bewusstheit, Lernbewusstheit, Lerntyp, Wissen um den eigenen Lerntyp, Lernstrategien, individuelle Lernerfahrungen, ... Sprachenspezifische Faktoren: L1 L2 Abb. 4a: Faktorenmodell 2.0 (nach Hufeisen 2020, 77sq.) 43 Ein mehrdimensional-integrierendes Modell der Mehrsprachenaneignung Neurophysiologische Faktoren: Generelle Spracherwerbsfähigkeit, Alter, ... Lernerexterne Faktoren: Lernumwelt(en), Art und Umfang des Inputs, L1-Lerntradition(en), kulturelles Erbe, L2-Lerntradition(en), Lernziele, Status und Rolle des Lehrenden, ... Emotionale Faktoren: Motivation (Lern)Angst, Einschätzung der eigenen Sprachliteralität, empfundene Nähe/ Distanz zwischen den Sprachen, Einstellung(en) zu den Sprachen, zu den zielsprachigen Kulturen, zum Sprachenlernen (nötiger Zeit- und Energieaufwand), individuelle Lebenserfahrungen, Lerntyp, ... Kognitive Faktoren: Sprachbewusstsein, metalinguistische Bewusstheit, Lernbewusstheit, Lerntyp, Wissen um den eigenen Lerntyp, Lernstrategien, individuelle Lernerfahrungen, ... Fremdsprachenspezifische Faktoren: Individuelle Fremdsprachenlernerfahrungen und Fremdsprachenlernstrategien (z.B. interlinguale Vergleichs-, Transfer- und Rückbezugsfähigkeit), Interlanguages der vorgängigen Fremdsprachen, Interlanguages der jeweiligen Zielfremdsprache, ... Sprachenspezifische Faktoren: L1, L2 L3 Lernen einer zweiten Fremdsprache L3 Lernen einer n-ten Fremdsprache (n > 2) Neurophysiologische Faktoren: Generelle Spracherwerbsfähigkeit, Alter, ... Lernerexterne Faktoren: Lernumwelt(en), Art und Umfang des Inputs, L1-Lerntradition(en), kulturelles Erbe, L2-Lerntradition(en), Lernziele, Status und Rolle des Lehrenden, ... Emotionale Faktoren: Motivation (Lern)Angst, Einschätzung der eigenen Sprachliteralität, empfundene Nähe/ Distanz zwischen den Sprachen, Einstellung(en) zu den Sprachen, zu den zielsprachigen Kulturen, zum Sprachenlernen (nötiger Zeit- und Energieaufwand), individuelle Lebenserfahrungen, Lerntyp, ... Kognitive Faktoren: Sprachbewusstsein, metalinguistische Bewusstheit, Lernbewusstheit, Lerntyp, Wissen um den eigenen Lerntyp, Lernstrategien, individuelle Lernerfahrungen, ... Fremdsprachenspezifische Faktoren: Individuelle Fremdsprachenlernerfahrungen und Fremdsprachenlernstrategien (z.B. interlinguale Vergleichs-, Transfer- und Rückbezugsfähigkeit), Interlanguages der vorgängigen Fremdsprachen, Interlanguages der jeweiligen Zielfremdsprache, ... Sprachenspezifische Faktoren: L1, L2, Ln ... L2 (n>2) Abb. 4b: Faktorenmodell 2.0 (nach Hufeisen 2020, 77sq.) Den „Quantensprung“ zwischen einer ersten und der zweiten Fremdsprache hat beispielsweise auch Jessner (1999, 203) festgestellt. Das große Verdienst dieses Ansatzes besteht darin, in einer Zeit, als sich die Mehrsprachigkeitsdidaktik erst konstituierte (1990er Jahre), den Versuch unternommen zu haben, Spezifika der Aneignung einer zweiten (L3) und weiterer Fremdsprache(n) in Abgrenzung zum Erlernen einer ersten Fremdsprache zu modellieren. Weiterhin besteht sein Wert darin, dass die genannten Faktoren weitgehend empirisch belegt 44 Daniel Reimann sind und von der Autorin fortlaufend neue Erkenntnisse in Form neuer oder modifizierter Faktoren eingearbeitet werden (cf. z.B. Hufeisen 2010, 200sq.; 2020, 79). Allerdings scheint mir, trotz der o.g. Einschränkungen weitergreifender Modelle und der Reduktion als grundlegender Eigenschaft von Modellen, das Faktorenmodell (2.0) als zu reduktionistisch, um bezogen auf schulische Mehrsprachenaneignungskonzepte in der heutigen Zeit tatsächlich mehr als hinlänglich bekannte Aspekte hervorzuheben. 5 Theoretische Weiterentwicklungen der Mehrsprachigkeits‐ didaktik: Ein mehrdimensional-integrierendes Modell der Mehrsprachenaneignung im Kontext deutscher Schulsysteme 5.1 Vorbemerkungen An dieser Stelle soll der Versuch unternommen zu werden, ein Modell zu entwi‐ ckeln, das dazu dienen soll, Bedingungsfaktoren, Koordinaten und Prozesse der Mehrsprachenaneignung im Kontext der deutschen Schulsysteme abzubilden. Das im Folgenden vorzustellende Modell der Mehrsprachenaneignung zeichnet sich in seinem Abbildungscharakter dadurch aus, dass es Erkenntnisse, Ansätze und Modelle u.a. aus den verschiedenen genannten Forschungsrichtungen sowie die Dimensionen der individuellen und gesellschaftlich bedingten sowie der schulisch beförderten Mehrsprachigkeit zu integrieren versucht. In seinem pragmatischen Charakter hebt es sich von bisher vorgelegten Modellen dadurch ab, dass es sich aus der Perspektive der Fremdsprachendidaktik konkret auf die deutschen Schulsysteme bezieht, dabei aber auch weitere Dimensionen wie die oben erwähnte gesellschaftlich bedingte individuelle Mehrsprachigkeit sowie eine Faktorenkomplexion der Mehrsprachenaneignung zu berücksich‐ tigen versucht. Gleichwohl kann auch dieses Modell nicht den Anspruch auf Vollständigkeit bzw. erschöpfende Abbildung der komplexen Ausprägungen fremdsprachenunterrichtlich beförderter Mehrsprachenaneignung erheben. 5.2 Grundbegriffe zur Weiterentwicklung der „aufgeklärten Mehrsprachigkeit“ im Sinne einer Modellbildung Der im Folgenden vorgestellte theoretische Entwurf setzt am Konzept der aufgeklärten Mehrsprachigkeit (cf. Abschnitt 3.2) an, entwickelt dieses aber in wissenschaftstheoretischer Perspektive insofern mehrdimensional und inte‐ grierend in einem Modell weiter, als es nicht mehr nur Handlungsfelder mehrsprachigkeitsorientierten Fremdsprachenunterrichts beschreibt (cf. Reimann 2016; 2018), sondern die unterrichtliche Ebene um 45 Ein mehrdimensional-integrierendes Modell der Mehrsprachenaneignung ● eine Faktorenkomplexion der Mehrsprachenaneignung ● die Konzepte der Inter- und Transproduktion ● Herkunftssprachen einschließlich Herkunftssprachen als Zielsprachen eines Fremdsprachenunterrichts als Zieldimensionen von Fremdsprachen‐ unterricht ● die Ebene der über Erst-, Herkunfts- und Schulsprachen hinaus individuell ausgeprägten Mehrsprachigkeit ● Bezugsdisziplinen der Mehrsprachigkeitsdidaktik erweitert. Dadurch können die Dimensionen der individuellen Mehrsprachen‐ aneignung, des gesellschaftlichen Kontexts und des unterrichtlichen Handelns miteinander in Bezug gesetzt werden. Die genannten fünf Aspekte einschließ‐ lich des grundlegenden Konzepts der „Mehrsprachenaneignung“ und der neu eingeführten Begrifflichkeiten „Faktorenkomplexion der Mehrsprachigkeit“, „Interproduktion“ und „Transproduktion“ sollen im Folgenden definiert und beschrieben werden. Mehrsprachenaneignung: Im vorliegenden Beitrag wird davon ausgegangen, dass die Dichotomie von Lernen und Erwerben nicht mehr haltbar ist. Dies gilt insbesondere für Prozesse der Entwicklung mehrsprachiger Biographien. Daher wird grundsätzlich in Anlehnung z.B. an Königs 2016a und b bevorzugt der neutrale Begriff der (Fremd-)Sprachen-Aneignung verwendet, der im vorliegenden Entwurf als „Mehrsprachenaneignung“ konkretisiert wird. Faktorenkomplexion der Mehrsprachenaneignung: Die Erkenntnis von der „Faktorenkomplexion“ des Fremdsprachenlernens war im Kontext der sog. Sprachlehrforschung seit den 1970er / 1980er Jahren zentral (z.B. Edmondson 1984). Gemeint ist, dass gleichzeitig immer mehrere Faktoren auf das Gelingen fremdsprachlicher Aneignungsprozesse einwirken, wie etwa Lerner, Lehrer, individuelle Lernervariablen usw. (z.B. Hallet / Königs 2013, 13). Die Bekenntnis zur Faktorenkomplexion wurde letztlich beinahe zu einem Merkmal der (Selbst-)Definition dieser jungen Disziplin, die fremdsprachliche Lern-/ Lehrprozesse systematisch empirisch zu erforschen begann (cf. z.B. Bausch / Christ / Krumm 2003, 3). Frank G. Königs definiert „Faktorenkomple‐ xion“ prägnant wie folgt: „[Faktorenkomplexion] bezeichnet die Summe und das Interagieren all derjenigen Variablen, die unterrichtliches Lernen ausmachen.“ (Königs 2010, 78). In Anknüpfung an diese Zentralität der Faktorenkomplexion für die Beschreibung und Erforschung fremdsprachlicher Lehr-/ Lernprozesse 46 Daniel Reimann insgesamt wird im vorliegenden Modell von einer spezifischen Faktorenkom‐ plexion der Mehrsprachenaneignung gesprochen. Im Einzelnen werden in diesem Modell folgende Aspekte für die Faktoren‐ komplexion der Mehrsprachenaneignung als relevant erachtet: Zum einen werden individuelle Lernervariablen berücksichtigt, wie sie von der Sprachlehr‐ forschung für Fremdsprachenlernen insgesamt erarbeitet wurden - und zwar in teilweise ergänzter, aktualisierter und spezifisch auf Mehrsprachenaneignung bezogener Form (cf. Edmondson / House 2006, 171-212; bezogen auf Mehrspra‐ chenaneignung z.B. Reimann 2018a, 40sq.). Hier ist zum einen der biologische Faktor Alter in hohem Maße relevant (einführend z.B. Edmondson / House 2006, 173-186; bezogen auf mehrsprachige Aneignung und aus neurowissen‐ schaftlicher Perspektive z.B. Fabbro 2004, bes. 76-99; Friederici 2017, 145-162; bezogen auf die Verhaltensebene in mehrsprachigkeitsorientierten Unterrichts‐ settings z.B. Bär 2009, 507). Weiterhin sind soziokulturelle Faktoren, auch in ihren sprachbezogenen (Welche Umgebungs- und Verkehrssprachen wirken auf ein Kind oder eine/ n Jugendliche/ n ein? ) und sprachlernbezogenen (Welchen Stellenwert haben (Fremd-)Sprachen und Sprachenlernen im Umfeld des Kindes bzw. des / der Jugendlichen? ) Implikationen, für die Mehrsprachenaneignung relevant (cf. Reimann 2018, 40). Für jegliches Fremdsprachenlernen relevante kognitive Faktoren wie Intelligenz, aber auch das nicht ganz unumstrittene Kon‐ strukt Sprachlerneignung, werden z.B. von Edmondson / House (2006, 187-195) einführend beschrieben (zur Sprachlerneignung cf. z.B. Schlak 2008). Der Aspekt der „Mehrsprachenlernfähigkeit“ wurde insbesondere im Dynamischen Modell der Mehrsprachigkeit von Jessner 1997 bzw. Herdina / Jessner 2002 hervorge‐ hoben. Auch Persönlichkeitsfaktoren wie Extrovertiertheit oder Ängstlichkeit, sowie sozio-affektive Faktoren wie Motivation und Einstellung sind für jegli‐ ches Fremdsprachenlernen relevant (einführend cf. z.B. Edmondson / House 2006, 198-206; zur Mehrsprachigkeit cf. Herdina / Jessner 2002), kennen aber spezifisch mehrsprachenaneignungsbezogenen Ausformungen (z.B. Herdina / Jessner 2002; Aronin / Ó Laoire 2004). Sprachenbiographische Faktoren wie weitere Erst- und Zweitsprachen, Familiensprachen sowie vorgelernte Sprachen stellen natürlich einen grundlegenden Einflussfaktor auf die Aneignung wei‐ terer Sprachen dar (cf. ansatzweise bereits Hufeisen 1998; zuletzt Hufeisen 2020). Spezifisch mehrsprachenaneignungsbezogene Einflussfaktoren sind die selbst wahrgenommene Sprach(en)kompetenz (cf. Herdina / Jessner 2002) sowie die lange kaum beachtete Entwicklung und Variabilität der individuellen sprachlichen Bedürfnisse und Interessen (cf. Aronin / Ó Laoire 2004). Auch das metasprachliche Wissen ist in Anlehnung an Herdina / Jessner 2002 ein zentraler Faktor für die Entwicklung von Mehrsprachigkeit. Es soll in 47 Ein mehrdimensional-integrierendes Modell der Mehrsprachenaneignung diesem Modell spezifizierend um Sprach- und metasprachliche Bewusstheit (hierzu cf. auch Hufeisen 2020; Jessner / Allgäuer-Hackl 2020, 82), aber auch Varietäten-, Sprachlern- und Mehrsprachenlernbewusstheit ergänzt werden. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass sich ein Mehrsprachen-Monitor entwickelt (cf. Herdina / Jessner 2002), und dass die Fähigkeit zum interlingu‐ alen Vergleich und Transfer (cf. Hufeisen 2020) eine zentrale Teilkompetenz darstellt, die Mehrsprachenaneignung begünstigt. Insgesamt können Mehrspra‐ chenlernstrategien als ein Faktor verstanden werden, der schulisch gestützte Mehrsprachenaneignungsprozesse fördert (cf. die Bedeutung von besonderen Sprachlernstrategien ab der 2. / 3. Fremdsprache z.B. im dynamischen, im ökologisch-biotischen und im Faktorenmodell der Mehrsprachigkeit, s.o. und Hufeisen 2003, 104). Aus verschiedenen Studien geht weiterhin hervor, dass die tatsächliche Sprachkompetenz und / oder die aktuelle mentale Verfügbar‐ keit möglicher Brücken- oder Transfersprachen eine bedeutende Rolle bei der tatsächlichen Nutzung von Transferpotenzial spielen (cf. die Konzepte proficiency und recency, grundlegend Williams / Hammarberg 1998; einführend Hufeisen 2003, 100sq.; exemplarisch cf. z.B. Müller-Lancé 2006, 266; Bär 2009, 507; cf. weiterhin Eibensteiner / Müller-Lancé 2020; Eibensteiner 2021). An der Schnittstelle zwischen individuellen mehrsprachenaneignungsbezogenen Faktoren und sprachbezogenen Faktoren bewegt sich das als „Psychotypologie“ bezeichnete Phänomen, namentlich die seitens der Lernenden wahrgenommene (typologische) Nähe von Sprachen, die Transfer begünstigen kann (cf. einfüh‐ rend Cenoz 2001; Ringbom 2007). Grundlegend sind darüber hinaus sprachspezifische Faktoren, insbesondere mit Blick auf typologische Nähe und Distanz der in einer Sprachenbiographie interagierenden Sprachen. Nähe kann durch die Verwandtschaft von Sprachen bedingt sein und insbesondere auch einen erleichterten Zugang zu nachge‐ lernten Sprachen ermöglichen - dies ist Grundlage der Mehrsprachigkeitsdi‐ daktik, wie sie z.B. im Bereich der romanistischen Fachdidaktik seit den 1990er Jahren entwickelt wurde (z.B. Meißner 1991; 1993; Meißner / Reinfried 1998). Zur typologischen Distanz beim (Mehr-)Sprachenlernen und zum Konzept der „distanten Fremdsprachen“ (in Abgrenzung zu „affinen Fremdsprachen“ cf. am Beispiel des Chinesischen Guder 2005, bes. 66sq.; 2006). Darüber hinaus können Status und Prestige der jeweiligen Zielsprache ein bedeutender Faktor mit Blick auf die Sprachlernprozesse werden (cf. z.B. Jessner 1999; Cenoz 2001; Hufeisen 2003, 106). Weiterhin sind mit Blick auf die fremdsprachenunterrichtlich unterstützte Mehrsprachenaneignung unterrichtsbezogene Faktoren, die sich in der mehr‐ sprachigkeitsorientierten Qualität des Unterrichts widerspiegeln, zu nennen. 48 Daniel Reimann Diese wird grundlegend durch die mehrsprachigkeitsbezogene Qualifikation und mehrsprachigkeitsbezogene Einstellungen der Lehrkraft mitbestimmt (cf. z.B. Heyder / Schädlich 2014sq.; Reimann et al. 2018; Reimann / Cantone 2021), aber auch durch die Mehrsprachigkeitsorientierung der Lehr-/ Lernmaterialien und der unterrichtlichen Aktivitäten (z.B. Marx 2005; 2008; Rückl 2018; Kropp 2020). Inter- und Transproduktion: Um hervorzuheben, dass im Kontext mehrsprachigkeitsdidaktischer Bemü‐ hungen letztlich auch produktive Fertigkeiten angestrebt werden sollten, werden in dem Modell der Begriff der Interproduktion aufgegriffen und der Begriff der Transproduktion neu eingeführt. Die Begriffe werden dabei wie folgt definiert: ● Interproduktion ist Teil der auf Interkomprehension basierenden Interak‐ tion in mehreren Sprachen, bei der auf eine z.B. interkomprehensiv verstan‐ dene Äußerung in einer anderen Sprache im Sinne einer mehrsprachigen Interaktion, „interaktionalen Interkomprehension“ oder „intéraction pluri‐ lingue“ eingegangen wird (zur Definition cf. Strasser / Hülsmann 2020, 62; Ollivier / Capucho / Araújo e Sá 2020; zur Exemplifizierung des Phänomens z.B. Melo-Pfeifer 2015; 2017). Sie ist nur bedingt Ziel von Fremdsprachen‐ unterricht. ● Transproduktion wird hingegen definiert als die Produktion in einer Fremd‐ sprache, die auf in Produktion überführten interkomprehensiven Prozessen basiert und insbesondere auch zur Produktion sprachlicher Äußerungen führt, die noch nicht explizit vermittelt und angeeignet wurden (also z.B. im Italienischen als 3. Fremdsprache nach Französisch die Verwendung von preoccupazione auf der Grundlage préoccupation, ohne dass das Lexem bereits explizit vermittelt und angeeignet wurde). Dabei ist es - gerade bei mehrsprachenerfahrenen Lernenden - durchaus denkbar, dass eine solche Bildung auch spontan ohne explizite mehrsprachigkeitsdidaktische Intervention erfolgt, sie kann aber gerade auch durch mehrsprachigkeitso‐ rientierte Aktivitäten im Unterricht befördert werden. Produktionstransfer wurde bislang insbesondere auch im Kontext des SNF-Projekts „Schulischer Mehrsprachenerwerb am Übergang zwischen Primarstufe und Sekundar‐ stufe I“ (2014-2017) mit untersucht (cf. z.B. Manno / Egli Cuenat 2020; Manno et al. 2020). 49 Ein mehrdimensional-integrierendes Modell der Mehrsprachenaneignung Herkunftssprachen einschließlich Herkunftssprachen als Zielsprachen eines Fremdsprachenunterrichts als Zieldimensionen von Fremd‐ sprachenunterricht: Die Integration von Herkunftssprachen, die nicht Zielsprache des jeweiligen Fremdsprachenunterrichts ist, wird in dem Modell insofern integriert, als einerseits auf der Grundlage z.B. etymologischer oder typologischer Nähe bzw. wahrgenommener, psychotypologischer Nähe interkomprehensive und transp‐ roduktive Prozesse befördert werden können, andererseits die wertschätzende Aktivierung von Herkunftssprachen im Sinne des ökonomischen Modells von Aronin / Ó Laoire zum Spracherhalt beitragen kann. Insbesondere integriert das Modell auch den Sonderfall, in dem eine Herkunftssprache als Zielsprache eines Fremdsprachenunterrichts gewählt wurde. Hier kommt der Förderung des Spracherhalts und der Literalitätsentwicklung eine besondere Rolle zu (cf. z.B. Reimann 2020b; 2021 und im Druck). Abb. 5: Situierung des Forschungs-, Entwicklungs- und Handlungsfeldes „Schülerinnen und Schüler mit zielsprachlichem Hintergrund im Fremdsprachenunterricht“ innerhalb der Mehrsprachigkeitsdidaktik Weitere individuell angeeignete Sprachen: In schulischen Lehr-/ Lernszenarien sind über Erst-, Herkunfts- und Schulspra‐ chen hinaus weitere individuell angeeignete Sprachen zu berücksichtigen. Dies 50 Daniel Reimann können z.B. Sprachen sein, die im Kontext des Phänomens der Transmigration (cf. z.B. Gogolin 2006; Reimann 2018b, 253sq.) angeeignet wurden (nicht selten sind dies Sprachen wie Italienisch, Spanisch oder Portugiesisch), aber auch auf‐ grund beruflich bedingter Auslandsaufenthalte der Eltern angeeignete Sprachen (also im Kontext temporärer Migration), aufgrund eigener Auslandsaufenthalte oder aufgrund eigener Interessen etwa im Selbststudium - in jüngerer Zeit durch so genannte Sprachlern-Apps teilweise recht niederschwellig möglich - oder an Volkshochschulen erlernte Sprachen. Abb. 6: Exemplarische Aneignungskontexte weiterer individuell angeeigneter Sprachen Bezugsdisziplinen der Mehrsprachigkeitsdidaktik: Als wesentliche Bezugsdisziplinen der Mehrsprachigkeitsdidaktik, aus denen bedeutende Erkenntnisse bereits hervorgegangen sind bzw. zu erwarten wären, werden in dieses Modell auf der Ebene der Forschung und Entwicklung im mehrsprachigkeitsdidaktischen Bereich folgende Disziplinen angesehen, die vor allem im Bereich der kognitiven Neurowissenschaften als Grundlagen‐ disziplin(en) und der Linguistik, aber auch der Kulturwissenschaft verortet sind. Die Neurolinguistik hat Grundlagenforschung zu Mehrsprachenerwerb und -aneignung vorgelegt und sollte diese vertiefen (exemplarisch mit Fokus auf unterrichtliche beförderte Sprachenaneignung z.B. Paradis 2004; Fabbro 2004; Fabbro / Cargnelutti 2018), die zur Modellierung weiterer kognitiv-lin‐ guistischer bzw. psycholinguistischer Modelle (z.B. De Bot 1992; weiterhin 51 Ein mehrdimensional-integrierendes Modell der Mehrsprachenaneignung z.B. Jessner 1997; Herdina / Jessner 2002, s.o.) führen könnten. Des Weiteren interagieren im Bereich der Mehrsprachigkeitsforschung selbstverständlich die traditionellen Disziplinen der Spracherwerbs- und Zweitspracherwerbsfor‐ schung (z.B. Müller / Kupisch / Schmitz / Cantone 2011; Arnaus Gil / Müller 2019) mit der Fremdsprachendidaktik bzw. Fremdsprachenforschung als über‐ geordneter Disziplin und mit den einzelsprachlichen Fachdidaktiken. Um die sprachlichen Grundlagen für die Mehrsprachenaneignung in schulischen Kon‐ texten zu modellieren, bedarf es selbstverständlich entsprechender Beschrei‐ bungen der sprachlichen Grundlagen, mithin für diesen Bereich einschlägiger linguistischer Grundlagenforschung. Diese erfolgt insbesondere im Bereich der deskriptiven Linguistik (Beschreibung der anzueignenden Sprachsysteme) (bezogen auf die romanischen Sprachen cf. z.B. die einschlägigen (Teil-)Bände des Lexikons der Romanistischen Linguistik (LRL) (1988-2005) und der Manuals of Romance Linguistics (2014sqq.)). Um die Bezüge zwischen den Sprachen, auf die mehrsprachigkeitsorientierte Unterrichtsszenarien zurückgreifen sollten, herauszuarbeiten, sind Erkenntnisse der historisch-vergleichenden Linguistik (bes. bei etymologisch verwandten Sprachen) (exemplarisch mit Blick auf die romanischen Sprachen z.B. Ernst et al. 2003-2008, v.a. 2008; sowie wiederum die einschlägigen Artikel in LRL und Manuals), aber auch der Sprachtypologie (einführend exemplarisch etwa Roelcke 2003; Heinz / Filipponio / Hinzelin i.Vb.; in fremdsprachendidaktischer Perspektivierung cf. Giacalone Ramat 1994) von grundlegender Relevanz. Nicht zuletzt spielt im Rahmen eines varietäten‐ sensiblen Fremdsprachenunterrichts, der als Bestandteil eines umfassenden Mehrsprachigkeitskonzepts angesehen werden kann, die Varietätenlinguistik eine besondere Rolle (einführend aus linguistischer Perspektive wiederum die einschlägigen Beiträge in LRL und Manuals; aus fachdidaktischer Perspektive v.a. mit Blick auf diatopische und areale Dimensionen cf. Reimann 2011 (zum Französischen); 2016, bes. 24-26 (zur Kontextualisierung innerhalb der „aufge‐ klärten Mehrsprachigkeit“, exemplifiziert am Französischen und Spanischen); 2017b (zum Spanischen); 2019b, bes. 163-166 (zum Italienischen); Koch / Rei‐ mann 2019a (zum Portugiesischen)). Mit Blick auf die inter- und transkulturell adäquate Sprachverwendung werden sodann Erkenntnisse der (kontrastiven) Pragmatik und der Kulturwissenschaften relevant (cf. z.B. Reimann / Robles i Sabater / Sánchez Prieto 2019 bzw. Reimann 2014). Grundsätzlich können für die mehrsprachigkeitsdidaktische Grundlagenforschung bezogen auf einzelne Faktoren auch weitere, v.a. linguistische, Teildisziplinen relevant werden, so etwa die Soziolinguistik mit Blick auf Status und Prestige von Sprachen oder die Laienlinguistik mit Blick auf die Psychotypologie. 52 Daniel Reimann 5.3 Das mehrdimensional-integrierende Modell der Mehrsprachenaneignung im Kontext deutscher Schulsysteme Das mehrdimensional-integrierende Modell der fremdsprachenunterrichtlich beförderten Mehrsprachenaneignung im Kontext deutschsprachiger Schulsys‐ teme geht vor dem Hintergrund dieser Begriffsverständnisse davon aus, dass Mehrsprachigkeit und Transkulturalität im Regelfall gegebene Lernvorausset‐ zungen, eine weiterentwickelte Mehrsprachigkeit und transkulturelle kommu‐ nikative Kompetenz (cf. z.B. Reimann 2017c) zentrale Lern- und Kompetenzziele des Fremdsprachenunterrichts sind. Als in Prozessen der fremdsprachenunterrichtlich gestützten Mehrsprachen‐ aneignung interagierenden Sprachen, die mithin Bezugssprachen eines jeden Fremdsprachenunterrichts sind, dürfen in einem ersten Schritt das Deutsche als Erst-, Zweitbzw. ggf. - gerade im Falle neu zugewanderter Schülerinnen und Schüler - Fremdsprache, ggf. weitere Herkunftssprachen und andere Schulfremdsprachen gelten. Darüber hinaus ist nicht zu vergessen, dass bei einzelnen Schülerinnen und Schülern weitere individuell angeeignete Sprachen vorliegen können, seien es im Kontext von (Trans-)Migration, seien es im Selbststudium oder bei außerschulischen Sprachkursanbietern (z.B. Volkshoch‐ schulen) angeeignete weitere Sprachen. Einen Sonderfall stellt die Konstellation dar, in der eine Herkunftssprache als Fremdsprache gewählt wird, bzw. Schü‐ lerinnen und Schüler im weiteren Sinne zielsprachlichem Hintergrund den Fremdsprachenunterricht besuchen. Dies ist gerade im Bereich der romanischen Sprachen keine Seltenheit (cf. Reimann 2020b; 2021 und im Druck). Diese Sprachen sind dabei immer auch in ihren varietalen, gerade auch diatopischen, Dimensionen zu denken. Das Verfügen über Varietäten in der Erstsprache darf als Ansatzpunkt für die Annahme von Mehrsprachigkeit als Lernvoraussetzung gelten (von Wandruszka prägnant als „muttersprachliche Mehrsprachigkeit“ bezeichnet (Wandruszka 1979, 13, u.ö.; insgesamt cf. Wand‐ ruszka 1971, 1979)). Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass - gerade bei plurizentrischen Sprachen wie Französisch, Spanisch und Portugiesisch - die räumliche Variation mit Blick auf die Entwicklung einer rezeptiven Varietäten‐ kompetenz (Reimann 2017b) eine bedeutende Lern- und Kompetenzzieldimen‐ sion des Fremdsprachenunterrichts darstellt (cf. weiterhin z.B. Reimann 2011; 2016; 2019b; i.Vb.). Eine grundlegende Dimension des Modells betrifft Gelingensbedingungen und Voraussetzungen für Mehrsprachenaneignung im schulischen Fremdspra‐ chenunterricht. Diese werden durch die Faktorenkomplexion der Mehrspra‐ chenaneignung abgebildet. Dabei sind Faktoren zu berücksichtigen, die auch die Aneignung einer ersten Fremdsprache betreffen, aber auch Faktoren, die 53 Ein mehrdimensional-integrierendes Modell der Mehrsprachenaneignung erst bei der zweiten Fremdsprache hinzutreten, sowie zusätzliche Faktoren, die jeweils bei einer dritten, vierten usw. Fremdsprache hinzutreten (cf. Hufeisen 1998; 2000; 2003; 2010; 2020). Es werden dabei insgesamt folgende Faktoren - über den Ansatz von Britta Hufeisen hinaus - als für die schulisch-fremdspra‐ chenunterrichtlich gestützte Mehrsprachenaneignung als relevant erachtet: ● biologische Faktoren, v.a. Alter ● soziokulturelle Faktoren: Eltern / Familie, gesellschaftlicher Kontext ● kognitive Faktoren: Intelligenz, Sprachlerneignung, Mehrsprachenlernfä‐ higkeit ● sozio-affektive Faktoren: v.a. Motivation, Einstellung, Persönlichkeitsfak‐ toren ● sprachenbiographische Faktoren: Familiensprache(n), vorgelernte Sprachen ● (mehr)sprachenaneignungsbezogene Faktoren: ● Entwicklung und Variabilität der individuellen sprachlichen Bedürfnisse ● selbst wahrgenommene Sprach(en)kompetenz ● metasprachliches Wissen, Sprach-, Varietäten- und Sprachlern- / Mehrspra‐ chenaneignungsbewusstheit ● Mehrsprachen-Monitor, Fähigkeit zum interlingualen Vergleich und Transfer, Mehrsprachenaneignungsstrategien ● Sprachkompetenz und mentale Verfügbarkeit in / von vorgelernten Spra‐ chen, Psychotypologie ● sprachbezogene Faktoren: Sprachfamilien / etymologische Verwandtschaft, typologische Distanz, Status / Prestige ● unterrichtsbezogene Faktoren: mehrsprachigkeitsorientierte Qualität des Unterrichts, ● einschließlich mehrsprachigkeitsbezogene Qualifikation und Einstellungen der Lehrkraft, ● Mehrsprachigkeitsorientierung der Lehr-/ Lernmaterialien und der unter‐ richtlichen Aktivitäten Eine weitere Ebene dieses Modells stellen die neuronalen Korrelate von Mehr‐ sprachigkeit, die durch sie bedingten kognitiven Prozesse und die sprachliche Verhaltensebene (Sprachrezeption und -produktion) dar, sowie deren Beeinflus‐ sung durch mehrsprachigkeitsdidaktische bzw. allgemein mehrsprachigkeitso‐ rientierte unterrichtliche Interventionen. Letztere können auch im Kontext eines multilingualen Sachfachunterrichts (cf. Reimann 2016) oder im Rahmen einer Sprachbildung in allen Fächern (z.B. Beese et al. 2014; Benholz / Frank / Gürsoy 2016) erfolgen. Besondere Beachtung wird dabei der kognitiven Hand‐ lungsdimension seitens der Lernenden geschenkt. Darüber hinaus wird jedoch 54 Daniel Reimann auch eine diese betreffende affektive Dimension berücksichtigt. Dieser Bereich ist nach der Faktorenkomplexion der Mehrsprachenaneignung zugleich ein zweites Kernstück des vorliegenden mehrsprachigkeitsdidaktischen Modells. Grundlegend ist diesbezüglich, dass es bei Verwandtschaft und / oder typolo‐ gischer Nähe von Sprachen in der Regel spontan zu Prozessen der Interkompre‐ hension kommen kann, die als „die Fähigkeit, fremde Sprachen oder Varietäten zu verstehen, ohne sie in ihrer natürlichen Umgebung erworben oder formal erlernt zu haben“ definiert werden kann (Meißner 2017, 146). Diese spontane Form der Interkomprehension wird im Modell als „Interkomprehension (1)“ bezeichnet. Es wird davon ausgegangen, dass es auch ohne unterrichtliche Inter‐ vention zur Überführung von Interkomprehension in zielsprachliche Produk‐ tion kommen kann. Dies wird in der graphischen Darstellung des Modells durch den direkten senkrechten Pfeil von „Interkomprehension (1)“ zu „Transpro‐ duktion“ veranschaulicht. Grundsätzlich kann durch Interkomprehension (1) unter Umständen auch Interproduktion entstehen, bei der interkomprehensiv verstanden, aber in einer anderen Sprache geantwortet wird (zur Definition von Inter- und Transproduktion s.o.). Dies wird im Modell durch den vom beschriebenen senkrechten Pfeil abzweigenden gestrichelten Pfeil angedeutet. In vielen Fällen wird jedoch aufgrund einer ersten, spontanen Interkompre‐ hension (1) durch unterrichtliche, mehrsprachigkeitsdidaktische Aktivitäten eine vertiefte Interkomprehension (2) erst möglich (s.o., cf. z.B. Meißner 2004; Marx 2005; 2008; Kropp 2020). Diese kann wiederum in Interproduktion oder, insbesondere durch unterrichtlich beförderte Entwicklung von (produktiven) Transferstrategien, in Transproduktion münden (cf. die entsprechenden, vom Bereich „mehrsprachigkeitsdidaktische / mehrsprachigkeitsorientierte Unter‐ richtsdesigns, -techniken und Aktivitäten“ ausgehenden drei Pfeile im Modell). Da Interproduktion nicht als primäres Ziel von Fremdsprachenunterricht ange‐ sehen wird, ist sie in der graphischen Darstellung des Modells nur gestrichelt umrandet. Der affektiven Dimension wird insofern Rechnung getragen, als in dem Modell davon ausgegangen wird, dass die Einstellung zu Mehrsprachigkeit und zur Mehrsprachenaneignung eine zentrale Rolle spielt (cf. Faktorenkomplexion der Mehrsprachenaneignung), und dass diese von den Lernenden mit in den Unterricht eingebracht (cf. z.B. Reimann / Cantone 2021) und durch diesen positiv oder negativ beeinflusst werden kann (cf. z.B. Bär 2009; Göbel et al. 2021). Flankierend und im Hintergrund benennt das Modell auch Bezugsdisziplinen, die für die Weiterentwicklung der Bemühungen um fremdsprachenunterrichtlich beförderte Mehrsprachenaneignung bisher relevant waren und / oder in Zukunft neue Erkenntnisse erwarten lassen. Es sind dies insbesondere die Neurolinguistik, 55 Ein mehrdimensional-integrierendes Modell der Mehrsprachenaneignung deren Erkenntnisse durch die kognitive Linguistik weiter modelliert werden, die Spracherwerbsforschung, die Zweitspracherwerbsforschung, die Fremdsprachen‐ forschung und die einzelsprachlichen Fachdidaktiken. Im Hintergrund wirken weiterhin die deskriptive Linguistik im Sinne einer Beschreibung der in verschie‐ denen Konstellationen relevanten Sprachsysteme, die Sprachtypologie sowie im Falle verwandter Sprachen wie der romanischen Sprachen auch die histo‐ risch-vergleichende Sprachwissenschaft. Aufgrund der besonderen Bedeutung der Varietätenkompetenz im vorgestellten Modell (s.o.) kommt auch der Varietä‐ tenlinguistik eine zentrale Rolle zu, angesichts der Bedeutung der kommunika‐ tiven Kompetenz in der aktuellen Ausrichtung des Fremdsprachenunterrichts - im Modell konkretisiert als transkulturelle kommunikative Kompetenz - auch der linguistischen Pragmatik. Eben mit Blick auf die Entwicklung inter- und transkul‐ tureller Kompetenz in mehreren Sprachen kommt auch den Kulturwissenschaften im Hintergrund die Funktion einer Bezugsdisziplin zu. Darüber hinaus können punktuell weitere Disziplinen wie z.B. Soziolinguistik oder Laienlinguistik zu einschlägigen Bezugsdisziplinen werden (s.o.). Graphisch kann das Modell wie folgt veranschaulicht werden: 56 Daniel Reimann Mehrsprachigkeit und transkulturelle kommunikative Kompetenz als Lernziele Mehrsprachigkeit und Transkulturalität als Lernvoraussetzungen Akzeptanz / Ablehnung von Mehrsprachigkeit und Mehrsprachenaneignung Akzeptanz / Ablehnung von Mehrsprachigkeit und Mehrsprachenaneignung interagierende Sprachen / Bezugssprachen neuronale Repräsentationen, kognitive Prozesse und Sprachproduktion unterrichtliche Intervention neuronale Repräsentationen, kognitive Prozesse und Sprachrezeption Gelingensbedingungen der Mehrsprachenaneignung zentrale Bezugsdisziplinen Schulfremdsprachen Herkunftssprachen Deutsch als Erst-/ Zweit-/ Fremdsprache Herkunftssprachen als Zielsprachen des Fremdsprachenunterrichts weitere individuell angeeignete Sprachen (z.B. Selbststudium, (Trans-) Migration) und ihre Varietäten („SuS mit zielsprachlichem Hintergrund“) Neurolinguistik kognitive Linguistik Spracherwerbsforschung Zweitspracherwerbsforschung Fremdsprachenforschung einzelsprachliche Fachdidaktiken deskriptive Linguistik Sprachtypologie, histor.-vergl. Linguistik Pragmatik Soziolinguistik, Laienlinguistik Kulturwissenschaften Varietätenlinguistik biologische Faktoren, v.a. Alter soziokulturelle Faktoren: Eltern / Familie, gesellschaftlicher Kontext kognitive Faktoren: Intelligenz, Sprachlerneignung, Mehrsprachenlernfähigkeit sozio-affektive Faktoren: v.a. Motivation, Einstellung, Persönlichkeitsfaktoren sprachenbiographische Faktoren: Familiensprache(n), vorgelernte Sprachen - (mehr)sprachenaneignungsbezogene Faktoren: -- Entwicklung und Variabilität der individuellen sprachlichen Bedürfnisse -selbst wahrgenommene Sprach(en)kompetenz -metasprachliches Wissen, Sprach-, Varietäten- und Sprachlern- / Mehrsprachenaneignungsbewusstheit -- Mehrsprachen-Monitor, Fähigkeit zum interlingualen Vergleich und Transfer, Mehrsprachenaneignungsstrategien -- Sprachkompetenz und mentale Verfügbarkeit in / von vorgelernten Sprachen, Psychotypologie sprachbezogene Faktoren: Sprachfamilien / etymologische Verwandtschaft, typologische Distanz, Status / Prestige unterrichtsbezogene Faktoren: mehrsprachigkeitsorientierte Qualität des Unterrichts, -einschließlich mehrsprachigkeitsbezogene Qualifikation und Einstellungen der Lehrkraft, -- Mehrsprachigkeitsorientierung der Lehr-/ Lernmaterialien und der unterrichtlichen Aktivitäten Faktorenkomplexion der Mehrsprachenaneignung Interproduktion Transproduktion Interkomprehension (1) Interkomprehension (2) mehrsprachigkeitsdidaktische / mehrsprachigkeitsorientierte Unterrichtsdesigns, -techniken und Aktivitäten Abb. 7: Graphische Darstellung des mehrdimensional-integrierenden Modells der fremd‐ sprachenunterrichtlich beförderten Mehrsprachenaneignung im Kontext deutscher Schulsysteme 57 Ein mehrdimensional-integrierendes Modell der Mehrsprachenaneignung 6 Perspektiven für die Praxis - Relevanz des mehrdimensionalintegrierenden Modells der Mehrsprachigkeitsdidaktik für einen digital geprägten Fremdsprachenunterricht Mit Blick auf die Praxis soll in einem abschließenden Ausblick die Frage reflek‐ tiert werden, welche Relevanz und welche Potenziale Mehrsprachenaneignung in einem Fremdsprachenunterricht, der zunehmend - pandemiebedingt ab dem Jahr 2020 spürbar katalysiert - dem Postulat der Digitalisierung Rechnung tragen soll, haben kann. Grundsätzlich ist festzustellen, dass Kontakt zu (mehreren) Fremdsprachen, auch in unmittelbar zeitlichem Zusammenhang, durch digitale Medien spürbar erleichtert hergestellt werden kann. Viele Schülerinnen und Schüler dürften auch im Alltag mehr mediale Inhalte in fremden Sprachen rezipieren als früher. Digital ermöglichte (sprachliche) Kontaktsituationen werden aber nicht nur von vielen Schülerinnen und Schülern in ihrer Freizeit intuitiv genutzt, sondern können auch von Lehrkräften für den Fremdsprachenunterricht gezielt geschaffen werden. Solche Möglichkeiten sollen im folgenden Ausblick entlang zweier Serien von Kategorisierungen kurz sondiert werden, und zwar einerseits mit Blick auf Modi der Sprachverwendung, hier Rezeption, Produktion und Interaktion, an‐ dererseits mit Blick auf die Frage, ob eher die individuelle oder die unterrichtlich gestützte Mehrsprachenaneignung betroffen ist. Mündliche wie schriftliche Rezeption in fremden Sprachen, mitunter auch mehrerer Sprachen in unmittelbarem Zusammenhang, ist durch digitale Medien massiv erleichtert und wird von vielen Schülerinnen und Schülern im Alltag gelebt. Hier kann z.B. an eingebettete Inhalte in verschiedenen Web-Anwen‐ dungen gedacht werden, die in Originalsprache wiedergegeben werden, wo‐ durch mehrsprachige Texte entstehen und von den Schülerinnen und Schülern rezipiert werden, aber auch an die selektive Rezeption etwa von Musikvideoclips in verschiedenen Sprachen, am Folgen verschiedener Social-Media-Kanäle in mehreren Sprachen usw. Mehrsprachigkeit wird damit für alle Schülerinnen und Schüler greifbar und somit letztlich nicht nur zum Lernziel, sondern auch zur Lernvoraussetzung für den Fremdsprachenunterricht. Die Existenz zahlreicher sprachbezogener Apps - auch expliziter Sprach‐ lern-Apps - trägt weiter dazu bei, dass Schülerinnen und Schüler in Selbstlern‐ phasen bei der Mehrsprachenaneignung unterstützt werden können. Nicht zuletzt können sich Schülerinnen und Schüler bei Interesse auch über reguläre Sprachkurse hinaus mit Hilfe solcher Sprachlern-Apps Grundkenntnisse in weiteren Sprachen aneignen. 58 Daniel Reimann Mehrsprachige Kontaktsituationen, die zu interaktiver Sprachverwendung führen, können unter den Vorzeichen der Digitalisierung erleichtert entstehen bzw. hergestellt werden - sei es durch (mehrsprachige) Foren, Chats usw. (v.a. schriftliche Sprachverwendung), sei es durch Videokonferenztools (v.a. mündliche, unter Nutzung aller Funktionen teilweise multimodale Interaktion). Mit Blick auf die unterrichtliche Unterstützung von Mehrsprachenaneig‐ nung sind z.B. gelenkte Recherchen oder Unterrichtssettings wie WebQuests denkbar, in denen gezielt Quellen in mehreren Sprachen rezipiert werden sollen, nach für die Mehrsprachenaneignung relevanten Phänomenen recherchiert werden soll (z.B. Lehnwörter in einer Sprache x) oder auf Fotos Phänomene des Sprachkontakts und der Mehrsprachigkeit analysiert werden sollen (Stich‐ wort: linguistic landscape als fachdidaktische Metapher). Ggf. können diese Aktivitäten in (mehrsprachige) Produktionen überführt werden, die durch digitale Unterstützung z.B. auch mündlich erfolgen, aufgenommen und bei der Lehrkraft eingereicht werden können („mündliche (Haus-)Aufgabe“). Für die mündliche Produktion - Interproduktion und Transproduktion - und Interak‐ tion bestehen darüber hinaus insbesondere durch die in den letzten Jahren pandemiebedingt beinahe flächendeckend in den Schulen angekommenen Möglichkeiten der Videotelefonie bzw. der Videokonferenzen ganz neue Poten‐ ziale des virtuellen Austauschs in Fremdsprachen bzw. in mehreren Sprachen. Weiterhin ist die Schaffung spezieller digitaler Sprachlerntools bzw. Apps für bestimmte Zielgruppen und bestimmte Konstellationen der Mehrsprachenan‐ eignung denkbar, z.B. für die Schulung einzelner sprachlicher Phänomene für bestimmte Zielgruppen (z.B. Gruppen mit bestimmten Fremdsprachenfolgen, bestimmte Gruppen von Herkunftssprecher/ innen, usw.). Vereinfacht können Möglichkeiten der digitalen Unterstützung von Mehrsprachenaneignung wie folgt graphisch veranschaulicht werden: Beispiele digital ge‐ stützter Mehrsprachen‐ aneignung individuelle Mehrspra‐ chenaneignung unterrichtlich beförderte Mehrsprachenaneignung rezeptiv - Sprachlern-Apps - Web 2.0-Anwen‐ dungen, Social Media - spezielle Fremdspra‐ chen-Apps (z.B. Aus‐ sprache, Grammatik) - digitale Unterrichtsset‐ tings wie gelenkte Re‐ cherchen, WebQuests produktiv - Sprachlern-Apps - Social Media - digitale Unterrichtsset‐ tings wie WebQuests - mehrsprachige Aus‐ tauschplattformen 59 Ein mehrdimensional-integrierendes Modell der Mehrsprachenaneignung Beispiele digital ge‐ stützter Mehrsprachen‐ aneignung individuelle Mehrspra‐ chenaneignung unterrichtlich beförderte Mehrsprachenaneignung interaktiv - Social Media - Videotelefonie - mehrsprachige Aus‐ tauschplattformen - Videokonferenzen Abb. 8: Vereinfachte Typologie und Exemplifizierung der Mehrsprachenaneignung durch Digitalisierung Es kann mithin festgehalten werden, dass zentrale Aspekte des mehrdimen‐ sional-integrierenden Modells der Mehrsprachenaneignung auch digital umge‐ setzt werden können. Das betrifft zum einen die Vernetzung von Deutsch, Schul-, Herkunfts- und weiteren individuell angeeigneten Sprachen, und damit verbunden die Akzeptanz von Mehrsprachigkeit und Mehrsprachenaneignung. Zum anderen können Prozesse der Mehrsprachenaneignung im Unterricht digital gestützt werden, wie oben angedeutet wurde. Nicht zuletzt können einzelne Faktoren der Mehrsprachenaneignung durch die Nutzung digitaler Tools positiv beeinflusst werden. Exemplarisch können die Entwicklung meta‐ sprachlichen Wissens und metasprachlicher Fähigkeiten, die Entwicklung von Sprach-, Varietäten-, Sprachlern- und Mehrsprachenaneignungsbewusstheit, die Entwicklung von Mehrsprachenaneignungsstrategien, Erkenntnisse über Sprachverwandtschaft und typologische Nähe durch gezielte Recherchen und Nutzung entsprechender Tools usw. genannt werden. Die Existenz und Nutzung digitaler Medien kann darüber hinaus zu einem motivierenden Faktor mit Blick auf (Mehr-)Sprachenaneignung werden und stellt nicht zuletzt auch einen grundlegenden soziokulturellen Faktor der Mehrsprachenaneignung dar, durch den Mehrsprachigkeit für Schülerinnen und Schüler leicht und niederschwellig erlebbar wird. Literatur Abel, Fritz. 1971. „Die Vermittlung passiver Spanisch- und Italienischkenntnisse im Rahmen des Französisch-Unterrichts“, in: Die Neueren Sprachen, 70, 355-359. Allgäuer-Hackl, Elisabeth / Brogan, Kristin / Henning, Ute / Hufeisen, Britta / Schlabach, Joachim. 2015. MehrSprachen? - PlurCur! Berichte aus Forschung und Praxis zu Gesamt‐ sprachencurricula. Baltmannsweiler: Schneider Hohengehren. Arnaus Gil, Laia / Müller, Natascha et al. 2019. Frühkindlicher Trilinguismus. Französisch, Spanisch, Deutsch. 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Cela s’applique en particulier au niveau prosodique dont l’ensei‐ gnement est négligé par la plupart des enseignants en raison des contraintes de temps et du manque de connaissances appropriées. En plus, les matériaux existants qui en tiennent compte ne semblent pas convenir aux enseignants ou ne sont même pas connus de ceux-ci. L’objectif de cette contribution est de montrer comment les apprenants germano-turcs peuvent améliorer leurs compétences de prononciation en français au niveau intonatif grâce à un processus d’apprentissage autonome et numérique. Notre analyse des contours F0 produits par sept apprenants germano-turcs avant, pendant et après une intervention indique que ce groupe de personnes bénéficie de mesures appropriées. De plus, l’analyse des entretiens semi-directifs menés avec tous les apprenants montre que la participation à l’intervention a entraîné une augmentation mesurable de leur motivation à apprendre le français. 1 Introduction The opportunities of digitalization are currently quite prevalent in debates about the design of foreign language teaching. The new possibilities include, among other things, apps, interactive platforms, podcasts, and digital tools for autonomous learning. It thus seems reasonable to consider how the potential of digital means can be used more widely, in particular to support inclusive teaching and to integrate didactic sequences that address multilingual learning in the regular lessons. Recent studies have shown that multilingual potentials - especially those that relate to the acquisition of segmental and prosodic aspects of pronunciation - are rarely taken into account in foreign language teaching: explicit pronunciation training hardly ever takes place in class, either because of a lack of time or because the few teaching materials that explicitly refer to the phonological level do not seem suitable to the teachers or they simply do not know them (Gabriel / Thiele 2017; Reimann 2017; Abel 2018; Horvath et al. 2019). The insufficient consideration of pronunciation skills in German foreign language classrooms is incomprehensible in view of the fact that even advanced students tend to retain their foreign accent and have serious problems in oral communication (Hirschfeld 2016, 126). Consequently, the question arises as to how both pronunciation training and the inclusion of the learners’ multilingual resources can be fostered in foreign language classes by making use of digital formats and the various possibilities they offer. The aim of this article is to determine whether German-Turkish learners can be supported in the production of intonational contours in French as a foreign language using digital tools in an autonomous learning process. Our contribution is based on earlier findings revealing that the striking similarities French shares with Turkish at the prosodic level (cf. Section 2.2) hardly have a positive effect on the learning of French suprasegmentals in learners who speak Turkish as a heritage language along with German: as shown by Gabriel / Grünke (2021), Gabriel / Grünke / Karsten (2022) and Grünke / Gabriel (2022) both German-Turkish and monolingual German learners negatively transfer the intonational system of German to the foreign language, which reinforces the perception of a non-native accent. This is in sharp contrast to what might be expected based on earlier findings on segmental learning, which showed that German-Turkish bilingual learners of French are more successful in avoiding negative transfer from German with respect to the production of both word-initial (non-aspirated) voiceless stop consonants and syllable-final voiced stops and fricatives as compared to their monolingually raised peers (Gabriel / Krause / Dittmers 2018; Özaslan / Gabriel 2019). 76 Christoph Gabriel / Jonas Grünke / Claudia Schlaak Our contribution is structured as follows: we first give an overview of recent studies on the acquisition of French pronunciation by German-Turkish bilinguals (Section 2). In Section 3, we describe our empirical study, carried out with seven German-Turkish learners of French within the scope of a project aiming to foster prosodic learning by means of digital tools. Then we present and discuss the respective results. Section 4, finally, summarizes the main findings and presents desiderata for further research. 2 German, French, and Turkish in comparison: acquisition of French pronunciation in German-Turkish learners In the past 20 years, research activities in the field of third language (L3) acquisition of pronunciation have increased; see Cabrelli Amaro / Wrembel (2016) for a recent overview. Nevertheless, research on foreign language learn‐ ing against the backdrop of migration-induced multilingualism still leads a shadowy existence. This insufficient attention to the issue is reflected in the fact that many foreign language teachers to this day hardly make use of their students’ multilingual potentials (Hu 2003, 2011; Fernández Amman / Kropp / Müller-Lancé 2015). Moreover, studies on the L3 acquisition of pronunciation in the context of heritage bilingualism have only been conducted since the end of the second decade of the 21 st century (Llama / López-Morelos 2016; Gabriel / Krause / Dittmers 2018). Turkish as a heritage language in the context of the acquisition of French in Germany has so far been discussed primarily regarding lexical aspects (Gürel 2017). By contrast, data on the promotion of French pronunciation skills with the help of the heritage language Turkish are hardly available. However, Reimann (2017, 151-153) in his data-rich study on the importance of pronunciation in the classroom explicitly points out that potential advantages of German-Turkish bilinguals in the acquisition of pronunciation are recognized by a few French-language teachers (Reimann 2017, 120). In the following two subsections, we will explain similarities and differences between French, German, and Turkish at the segmental and suprasegmental levels and summarize relevant previous studies on the acquisition of L3 French by German-Turkish bilinguals. 2.1 Segmental phonology With regard to stop consonants, the three languages of our sample - German, French, and Turkish - all show a phonological [± voiced] contrast, i.e., voiced or 77 Using digital tools to foster the acquisition of L3 French prosody 1 The terms lenis and fortis refer to the pronunciation of obstruent consonants with relatively lesser or greater energy. The advantage of this terminology is that it also includes languages such as German, where the phonetic realization of the binary contrast does not involve voicing (i.e., vibration of the vocal folds). Details are provided below. lenis / b d ɡ/ vs. voiceless or fortis / p t k/ . 1 The respective phonemes, however, display different phonetic surface realizations, i.e., the contrast between / b d ɡ/ and / p t k/ is realized differently at the phonetic level depending on the language: in French, the lenis plosives / b d ɡ/ are produced as fully or pre-voiced consonants, which results from the fact that the vibration of the vocal folds starts before the closure of the stop is released. This can be expressed through the so-called Voice Onset Time (VOT), which refers to the time span elapsing between the release of a plosive and the onset of voicing. In French, / b d ɡ/ thus show negative VOT values, i.e., voicing starts before the release of the stop: depending on the study and the place of articulation, VOT values range between -40 and -91 milliseconds (ms) for French voiced plosives (see Gabriel / Krause / Dittmers 2018, 64 and Lein / Kupisch / van de Weijer 2016 for an overview). Voiceless or fortis plosives, by contrast, are realized in French with short positive VOT values of between 15 and 50 ms. German differs from French in that the voiced plosives are realized with short positive VOT values of approximately 15-30 ms, which roughly corresponds to the phonetic surface realization of the French fortis plosives. Given the virtually identical phonetic realization of French / p t k/ and German / b d ɡ/ , a French target item such as bon / bɔ̃ / ‘good’, pronounced with a typical German accent, i.e., with a devoiced initial / b/ ([b̥ ɔ̃ ]) , is likely to be misinterpreted as an intended production of the word pont / pɔ̃ / ‘bridge’ by French listeners. German / p t k/ , in turn, are produced with longer positive VOT values of about 70 ms and more, which is perceived as aspiration (for an exemplary illustration of the acoustic difference see Gabriel 2013, 61-62, who confront spectrograms of Spanish and German plosives). Turkish, finally, occupies an intermediate position between the two languages: regarding the lenis plosives, it shares full voicing with the target language French (Öğüt et al. 2006), while the positive VOT values of the fortis plosives are located between those of French and German. Gabriel / Krause / Dittmers (2018) have investigated the realization of initial plosives in French as a foreign language by Turkish-German (and also Russian-German) bilingual learners in contrast with monolingually raised German learners and found that the multilingual learners achieved more target-like VOT values regarding / p t k/ as compared to the monolinguals. The authors interpreted their findings as a case of positive transfer from the respective heritage language to L3 French. Regarding the lenis plosives / b d ɡ/ , however, such positive transfer did not occur in either group. In the case of the German-Turkish learners, this was not 78 Christoph Gabriel / Jonas Grünke / Claudia Schlaak 2 Note that agreement errors of this type are also likely to occur in written data produced by German learners, given that German predicative adjectives do not agree in number and gender with the subject. Regarding the graphical representation of erroneous final devoicing in French texts produced by German-Turkish and German learners see Gabriel (2021). 3 German-accented speech has also been represented in French literature. A famous example is the pronunciation of the German musician Wilhelm Schmucke from Balzac’s Le cousin Pons (1863, 535), which is rendered by using several misspellings that evoke German-accented speech, e.g., pien instead of bien ‘well’, which signals devoicing of word-initial / b/ , or bêtisse instead of bêtise ‘(act of) stupidity’, which, according to the French phoneme-grapheme correspondences, represents erroneous transfer of final devoicing (*bêti[s] instead of bêti[z]). For the representation of German-accented speech in the French comic series Astérix see Marxgut (1988). surprising, as their heritage Turkish had adopted the VOT values of their dominant language German (for voiced plosives). A further segmental phenomenon which exemplifies the intermediate posi‐ tion of Turkish phonology between the sound systems of German and French is the realization of syllable-final obstruents (i.e., both plosives and frica‐ tives): whereas in German all underlyingly voiced obstruents occurring in coda position undergo devoicing (German Auslautverhärtung), such a devoicing rule is absent from the phonological system of French. If final devoicing is erroneously transferred from German to French, both lexical misunderstandings and grammatical errors can result. For instance, bague [baɡ] ‘ring’, pronounced as [bak], is likely to be interpreted as bac ‘ferry’ or ‘baccalauréat’ (French school qualification) by French listeners, and elle est juive [ɛlɛʒɥiv] ‘she is Jewish’, pronounced with a final voiceless [f] is necessarily perceived as a grammatical error (missing gender agreement as in *elle est juif). 2 In addition to the fact that such pronunciations have a negative effect on intelligibility (Levis 2018, 193), they crucially contribute to the perception of a foreign accent. 3 The potential advantage of German-Turkish learners of French is that Turkish exhibits final devoicing in plosives, which thus patterns with German, whereas voiced fricatives usually surface as voiced segments also in coda position, which, in turn, corresponds to French. Concerning French and English as foreign languages, Özaslan / Gabriel (2019) have shown that German-Turkish bilinguals largely succeed in avoiding negative transfer of the final devoicing rule from their background languages to French, while more non-target-like devoiced realizations were found in the data produced by the monolinguals. The fact that this particularly holds true for final fricatives may be interpreted as an indicator of positive transfer from Turkish. 79 Using digital tools to foster the acquisition of L3 French prosody A typical feature of German that does not occur in either Turkish or French is the vocalization of coda rhotics. This phonological rule requires that under‐ lying / ʁ/ must be realized as a vocalic segment in the syllable coda, as can be seen in, e.g., German Kultur [kʊl.ˈtuːɐ̯] ‘culture’ (vs. Kulturen [kʊl.ˈtuː.ʁən] ‘cultures’), where the final rhotic surfaces as a lower mid vowel, phonetically transcribed as [ɐ]. In the French and Turkish cognate words, by contrast, the coda rhotic surfaces as a consonantal segment, i.e., as a uvular fricative in French (culture [kyl.tyʁ]) and as an alveolar tap in Turkish (kültür [kyl.tyɾ̥]). Non-target transfer of r vocalization from German to French is typical of German-accented speech and, as a matter of fact, occurs to a lesser degree in German-Turkish bilingual learners (Gabriel / Grünke / Karsten 2022). 2.2 Suprasegmental phonology Suprasegmental phonology - also referred to as prosody - relates to the systematic properties of a given language that go beyond single segments, including duration-based characteristics, i.e., speech rhythm, and the systematic use of pitch height or fundamental frequency (F0), i.e., intonation. Until the turn of the millennium, the acquisition of French prosody has only received little attention in the German educational context. This holds true for both the concrete teaching practice and the linguistic research on the corresponding acquisition processes (Michler 2017; Abel 2020). It should be noted, however, that in the supplementary volume to the Common European Framework of Reference (CEFR), published in 2018, prosody - especially in the pragmatic context - is given a higher status than it was previously the case (Council of Europe 2018, 134-136). It remains open how this revaluation will affect pronunciation training in actual teaching. Looking first at the rhythmic properties of the three languages addressed in our contribution, both French and Turkish are considered prototypical syllable-timed languages, which, as compared to stress-timed German, present a stronger tendency towards isochrony based on vocalic intervals. This means that in French and Turkish, vocalic segments are approximately of the same length, while in German, long vowels alternate with short and reduced ones (Ramus / Nespor / Mehler 1999; Gabriel / Stahnke / Thulke 2015; Payne 2022). Regarding the durational properties of French as a foreign language, Gabriel et al. (2015) and Gabriel / Grünke / Karsten (2022) have shown that German-Turk‐ ish learners tend to produce the speech rhythm of the target language French in a more target-like manner than monolingually raised German learners do. Concerning intonation, Turkish occupies an intermediate position between German and French and is therefore suitable to take over a bridging function in 80 Christoph Gabriel / Jonas Grünke / Claudia Schlaak 4 Stress syllables are highlighted by capitalizing. the acquisition process. German has a word-based intonation system, which is essentially determined by metrically strong (i.e., stressed) syllables and the pitch accents realized on these, as well as by prosodic boundaries dividing the speech continuum into smaller chunks (cf. Féry 1993). The prosodic system of French, by contrast, is not oriented towards the individual word but is rather based on groups of words (phrases), called groupes rythmiques or mots prosodiques in French. Recent accounts of this phrase-based intonation system of French claim that its basic unit is the Accentual Phrase (AP), which underlyingly maps to a tonal pattern consisting of two rising pitch movements that mark the beginning and the end of the phrase (cf. Jun / Fougeron 2000; Delais-Roussarie et al. 2015). While intonation in French thus has a primarily demarcative function, stress-related lexical contrasts, such as those found in German (UMfahren ‘to run over’ vs. umFAHren ‘to circumvent’) 4 or English (CONtent vs. conTENT), are inexistent in French, which is why the language has even been characterized as a langue sans accent, i.e., as a stress-less language (Rossi 1980). The intermediate position of Turkish between German and French is mani‐ fested in the fact that Turkish words usually bear ultimate stress, regardless of whether the last syllable is part of the lexical item or belongs to a suffix attached to it (Kamalı 2011; İpek / Jun 2013). Göksel / Kerslake speak of “regular roots” with ultimate stress (2005, 26), which make up the largest part of the Turkish vocabulary (cf. also Kabak / Vogel 2001). This striking similarity regarding the edge-based prosody of the French AP on the one hand and the “regular roots” of Turkish on the other is exemplified in Table 1. French Turkish culte [kylt] kültür [kylˈtyɾ̥] ‘cult, worship’ ‘culture’ culture [kylˈtyʁ] kültürsüz [kyltyɾˈsyz] ‘culture’ ‘uncultured’ culturel [kyltyˈʁɛl] kültürsüzlük [kyltyɾsyzˈlyk] ‘cultural’ ‘lack of culture’ culturellement [kyltyʁɛlˈmɑ̃] kültürsüzlüğümüz [kyltyɾsyzlyːˈmyz] ‘culturally’ ‘our lack of culture’ 81 Using digital tools to foster the acquisition of L3 French prosody French Turkish culturellement actif [kyltyʁɛlmɑ̃akˈtif] kültürsüzlüğü‐ müzden [kyltyɾsyzlyːmyzˈdɛn] ‘culturally active’ ‘from our lack of culture’ Tab. 1: Stress placement at the right edge of French Accentual Phrases and Turkish phonological words containing “regular roots”. In addition, Turkish shows a well-defined set of exceptions to this general pattern, which follow the “German-like” model of word-based intonation. These are, e.g., place names such as Ankara (bearing antepenultimate stress, viz. [ˈaŋkaɾa]), certain loan words such as banka ‘bank’ (derived from Italian banca and preserving the penultimate stress pattern of the source language) or verb forms such as kal[ N E G ma]yacağım ‘I won’t stay’, which is stressed on the verbal root, viz. [ˈkaɫmajaʤaːɯ̯m], given that the negative suffix -mE- (here spelled out as -madue to vowel harmony) blocks stress assignment to the right edge of the prosodic word. Exceptions of this type even allow semantic and grammatical contrasts to be expressed via different stress patterns as in, for instance, orDU ‘army’ vs. ORdu (place name) or beNİM ‘my’ (ben ‘I’ + possessive suffix) vs. BEnim ‘it’s me’ (ben ‘I’ + copular suffix). As already pointed out, such stress-based contrasts are absent from French but do occur in German. Although the intermediate position of Turkish between the word-based system of German and the phrase-based one of French suggests that German-Turkish bilinguals should have advantages in the acquisition of French intonation, the studies by Gabriel / Grünke / Karsten (2022) and Grünke / Gabriel (2022) showed that the melodic contours produced by bilingual learners only accidentally get closer to the French target contours than those produced by monolingual German learners. The reason for this is presumably the fact that in the German school context French is primarily acquired through the lens of the language of schooling, i.e., German. However, activation of prosodic knowledge from the heritage language, Turkish, probably requires specific support, which, is hardly provided in regular classrooms. This shortcoming represents the starting point of our study: in the following section, we outline a project aiming to foster the acquisition of French prosody in German-Turkish learners and discuss the results achieved by an intonational analysis performed on the data gathered in the respective context. 82 Christoph Gabriel / Jonas Grünke / Claudia Schlaak 3 Acquiring French prosody through digital media: a project with German-Turkish learners Based on the outcomes of the studies on the acquisition of French prosody by German-Turkish learners discussed in Section 2.2, a learning module consisting of seven units was developed to support German-Turkish adolescents in the acquisition of French prosody. For this purpose, various digital formats such as the interactive online pronunciation dictionary Forvo (https: / / de.forvo.com/ ), several audio files and podcasts available at the online video sharing platform YouTube as well as the digital audio workstation Audacity and the messenger service WhatsApp were used to improve the learners’ pronunciation skills at the intonational level in an autonomous and digitally based learning process. The individual learning units were designed in such a way that they could be used independently, i.e., detached from the regular lessons and without the teachers’ intervention. The aim was to sensitize German-Turkish students to the similarities between their heritage language, Turkish, and the target language, French. The module was carried out as an intervention study with a first recording of read speech made before and a second one made after the participants had completed the individual learning units. In addition, individual semi-guided interviews were conducted with the participants to collect qualitative data on their phonological and metalinguistic awareness as well as on their attitudes towards the target language. An overall goal of the study consisted in determining in how far the inclusion of the learners’ heritage language into the learning process affects their speech production on the one hand and their motivation to learn French on the other. 3.1 Methodological approach In the following, the reader is first provided with the relevant information on the participants of our study and on the methodology of the phonetic measurements performed on the speech data. In a second step, we briefly outline the seven learning units used in the intervention study as well as the guidelines for the interviews we conducted with each learner after carrying out the data collection. 3.1.1 Participants and data collection Seven German-Turkish learners were included in the study, two males and five females, aged between 15 and 17 years. All participants were born in Germany and had at least one parent born in Turkey, which made them second generation immigrants. The adolescents were 10 th and 12 th graders at a Berlin senior high school. At the time of data collection, they had been studying French as a second 83 Using digital tools to foster the acquisition of L3 French prosody foreign language for either four (6 participants: S1, S2, S4-S7) or six years (participant S3). They all had learned English as a first foreign language before; three of them also had enjoyed formal instruction in Turkish on a voluntary basis for a period of 1-6 years (participants S1-3). Equally three stated that they used only Turkish in the familial domain (participants S2, S4, S6); the remaining four participants (S1, S3, S5, S7) reported speaking both German and Turkish at home. The data collection was carried out at the beginning of 2020 and included a first recording of read speech made prior to the intervention and a second one after it as well as a semi-guided interview conducted with each learner. Table 2 provides an overview of the background information on the participants. S1 S2 S3 S4 S5 S6 S7 Gender f f f f f m m Age 15 15 17 15 15 15 15 Grade 10 10 12 10 10 10 10 Years of study of French 4 4 6 4 4 4 4 Years of study of Turkish (as a school subject) 2 1 6 0 0 0 0 Languages used at home G+T T G+T T G+T T G+T Tab. 2: Information on the participants (G = German; T = Turkish; f = female; m = male). To determine whether the learners’ prosody had improved as a function of their participation in the intervention, they were asked before and after the intervention to read the short story Amandine fait du sport (147 words), taken from a widely used French textbook for the first year of learning ( Jouvet 2006; see Appendix). They were given sufficient time before the recording to familiarize themselves with the text. In addition, they had the opportunity to enquire about vocabulary to ensure that they understood the text. The aim was to get a fluent recording from each learner; participants were thus asked to re-read passages that were not read fluently on the first trial. The same text had already been recorded in 2018 by a native control group, consisting of three monolingually raised female speakers from Northern France (aged 21-23). At the time of data collection, they were exchange students at the University of Mainz and had received formal instruction in English for eight years. They had no advanced knowledge of additional foreign languages; as their command of 84 Christoph Gabriel / Jonas Grünke / Claudia Schlaak German was low, the instructions during the recording sessions were given in French. 3.1.2 Phonetic data analysis All recordings were first transcribed orthographically. Since prosodic analyses require fluently produced stretches of speech, all passages characterized by hesitation phenomena were discarded. We thus ended up with a reduced subsample of data, containing the same five sentences produced in a fluent way by both the learners and the native controls (see appendix). The reduced data subset was segmented using the tool EasyAlign (Goldman 2011), a plugin for the computer program Praat (Boersma / Weenink 2020). In a next step, the fundamental frequency (F0) as the phonetic correlate of pitch height and thus of intonation was measured for each voiced sound segment at three positions (beginning, middle, end) with the help of a Praat script. The obtained Hertz (Hz) values were checked for plausibility and manually corrected if necessary to eliminate obvious measurement errors, which can result from the speakers’ individual voice quality (e.g., in segments produced with creaky voice). Then average values were calculated per segment and per sentence. The average F0 values were normalized across each sentence following Kaminskaïa (2009) to allow for a comparison of pitch movements across speakers independently of the individually used pitch height. In a last step, the (averaged and normalized) values obtained from the analysis performed on the learner data were compared with those of the native control group, i.e., a deviation value was calculated for each sentence. A lowering of the deviation scores obtained from the analysis performed on the data gathered in the second recording was interpreted as an indication that the learner intonation had improved as a result of having participated in the intervention. 3.1.3 The learning arrangement: seven learning units During the intervention, the participants were provided with seven learning units which they were asked to work on individually and outside the classroom in addition to their regular French classes (Gabriel / Grünke / Schlaak 2020). The structure of the learning arrangement is summarized in Table 3. Note that the first learning unit links to lexical similarities between French and Turkish, which learners are usually aware of even without prior awareness. Unit Title Digital formats Learning content 1 Les mots en français et en turc Forvo Phonetic and graphic simi‐ larities 85 Using digital tools to foster the acquisition of L3 French prosody 5 The learning materials are published in Gabriel / Grünke / Schlaak (2020) and can be accessed at https: / / fapf.de/ vdf/ wp-content/ uploads/ 2020/ 07/ fdt-1-7.pdf. Unit Title Digital formats Learning content 2 Les sons en français et en turc Forvo, audio files Phonetic and graphic simi‐ larities 3 Le rythme Audio files Speech rhythm 4 Un peu de théorie - Intonation and phrasing 5 Écouter un podcast - La famille Podcast, smartphone Intonation and phrasing (+ practical training) 6 Il était une fois… Audio files Intonation and phrasing (+ practical training) 7 Enregistrer un texte Audio files, digital audio workstation (Audacity) Intonation and phrasing (+ practical training) Tab. 3: Structure of the learning arrangement. 5 The learners had the option of directing questions to the study directors at any time via e-mail or the messaging service WhatsApp. The tasks were given and processed in German. This was done to avoid problems with understanding the tasks in the absence of direct personal contact between the learners and the study directors. From the second unit onwards, different methods were used at the beginning of each unit to refer to a previously treated topic in order to reactivate the learners’ already acquired knowledge. All seven units were designed to be completed within a time frame of 10 to a maximum of 20 minutes. They included various task formats and required the used of different digital media. The structure of the entire learning arrangement was designed to ensure that the learners could easily deal with the particularities mentioned in the following: in a first phase (units 1 and 2), participants were made aware of the numerous French and Turkish words presenting orthographic and phonetic similarities (e.g., French ascenceur / Turkish asansör ‘lift’, French surprise / Turkish sürpriz ‘surprise’) to activate their existing knowledge and to enable them to establish connections between the two languages by themselves. In the next phase (unit 3), the learners were asked to familiarize themselves with the duration-based features of consonantal and vocalic intervals in French, German, and Turkish, which are decisive for the speech rhythm of the three languages (cf. 86 Christoph Gabriel / Jonas Grünke / Claudia Schlaak Section 2.2). To this end, they received recordings with associated graphs and were asked to assign them to one another. From unit 4 onwards, the intonation of French was brought into the learning focus. Based on comparisons with German and Turkish, which aimed at highlighting similarities and differences between the languages, French intonation should first be captured at a theoretical level (unit 4) and then practiced (units 5 to 7). A podcast on the topic “family life in France” as well as audio recordings of the fairy tale Le Petit Chaperon rouge ‘Little Red Riding Hood’, and a short biographical narrative were used to support these learning steps. In this context, the learners were asked to listen to the recordings (made with native speakers), complete a certain number of exercises, e.g., with regard to recognizing stressed syllables, and then deal with the phrase-based intonation of French in a variety of ways including different task formats. Attention was paid to a constant alternation between tasks of listening to native speakers and own production sequences in the foreign language: in unit 5, for instance, a text had to be read aloud and recorded to be compared with a recording made by a native speaker. In unit 7, finally, participants were asked to record themselves while listening to a native speaker’s recording of the same text. The units were designed in such a way that the learners were encouraged to reflect on their perception of the exercises and their learning progress in an open (written) form, e.g., by completing sentences starting with “I have noticed that …”. This enabled us to test whether the respective learning objective had been achieved. To provide the participants with a varied learning arrangement, a wide range of digital formats and media were offered, ranging from pronunciation tools such as Forvo and video podcasts to messaging services such as WhatsApp, free audio programs such as Audacity, and various auditory stimuli (single words and phrases, short stories, and narratives). This array of materials aimed to support autonomous learning and to address the individual needs of different types of learners. The participants were not given precise time frames for completing the tasks but could set their own pace. However, they were asked to work themselves through each unit within a week. They had the opportunity to contact those responsible for the data collection at any time if they had any questions. 3.1.4 Interview data To measure the participants’ attitudes towards (1) the learning process in general, (2) the learning arrangement as a whole, and (3) the individual learning units, their comments were collected throughout the project. Furthermore, a semi-guided in-depth interview was conducted with each learner after the intervention. In this context, questions were asked regarding the contents and 87 Using digital tools to foster the acquisition of L3 French prosody individual tasks of the intervention, the role Turkish plays in classroom lessons, and students’ attitudes towards (their) languages. Furthermore, participants were asked to assess the autonomous and digital learning process and, finally, to evaluate the role pronunciation acquisition had played in their French lessons so far. The interviews were transcribed and coded using the software MAXQDA (Kuckartz 2014, 123-154). The main codes referred to the role of Turkish in their French lessons, to language diversity in the classroom, to the status of pronunciation in the language acquisition process, and to the importance of working with autonomous learning units (see Table 6 in Section 3.2.3). We conducted a qualitative content analysis of all passages referring to comparisons between French and Turkish made in the classroom, their awareness of differences and similarities between French and their background languages at the level of pronunciation, and, finally, their attitudes towards the French and their personal motivation to learn the language. 3.2 Results In the following, we present the results of the phonetic measurements performed on the speech data as well as the outcomes of the participants’ processing of the worksheets and the information gathered in the final interviews conducted with them. 3.2.1 Phonetic measurements Table 4 shows the quantities by which the learners’ (S1-7) deviation values for the five target sentences (Sent. 1-5) read before and after the intervention differ. Negative values indicate that the deviation was lower in the second reading, i.e., that the realization was more target-like after the intervention. As can be seen, there was only a slight improvement in individual sentences for all students. However, the opposite is also true for many sentences. Overall, it must be stated that the changes - whether positive or negative - are only minor and never reach statistical significance. Sentence 1 Sentence 2 Sentence 3 Sentence 4 Sentence 5 Average S1 0.231 −0.006 −0.070 0.340 −0.102 0.079 S2 0.195 0.088 −0.082 0.093 −0.188 0.021 S3 0.052 −0.025 0.131 −0.246 0.071 −0.003 S4 0.266 −0.015 0.017 −0.005 −0.069 0.039 S5 0.009 0.071 0.110 0.130 −0.095 0.045 88 Christoph Gabriel / Jonas Grünke / Claudia Schlaak Sentence 1 Sentence 2 Sentence 3 Sentence 4 Sentence 5 Average S6 0.076 0.062 −0.063 −0.333 −0.049 −0.061 S7 −0.088 0.104 −0.153 0.490 −0.102 0.050 Tab. 4: Amount by which the learners’ (S1-7) deviation from the native control group differs before and after the intervention module for five target sentences. A clearly measurable overall improvement in the learners’ reading intonation can thus not be observed. Obviously, the learners do not immediately succeed in applying the knowledge of French intonation acquired during the interven‐ tion in their reading pronunciation. The fundamental problem - namely the non-target-like transfer of the German word accent to French - persists despite the sensitization for the stronger similarity of the phrase-based intonation of French with that of their heritage language, Turkish. Figure 1 depicts the normalized F0 contours of Sentence 2 Elle fait souvent du sport le dimanche soir ‘She [the cat Amandine] often does sports on Sunday evenings’, produced by learner S1 (female, 15 years old, three years of formal instruction in French) before and after the intervention as well as by the monolingual controls (average values). As can be seen from the graph, the learner places a tonal excursion on the final syllable of three lexical items (elle FAIT, du SPORT, diMANCHE), whereas the native speakers phrase the sentence in two larger chunks, with only one rising pitch movement placed on souVENT. Fig. 1: Normalized F0 contours for Sentence 2 produced by learner S1 before (gray dotted line) and after (gray solid line) the intervention and by the native controls (black solid line). 89 Using digital tools to foster the acquisition of L3 French prosody Since all learners were dealing with prosody for the first time, it can be assumed that the automatization of the newly acquired skills requires more time and further practice. Furthermore, it is likely that the assessment of the learning progress in terms of speech recordings was perceived as a stressful situation by the participants. Interestingly, as opposed to the final assessment, the results achieved by the learners in the individual units paint a much more positive picture: in unit 7, the task was to first listen to a podcast recorded by a native speaker of French and then read aloud the podcast text in parallel with the respective recording. For this, the students prepared and made a first recording of the text on their own. Then they were asked to listen to the podcast and to read the text out loud several times while listening simultaneously to the native speaker’s recording through headphones. To achieve a satisfactory result, the participants needed to use the same pace, pauses, phrases, and intonations as the native role model they were listening to. By comparing their first and second recording, the learners were told to spot the differences between their performances. Through this task, which was to be executed at home alone, it could be determined that at least some of the learners performed better in their familiar surroundings than in the test situation at the end of the project. This can be seen from the deviation scores given in Table 5, calculated on the basis of the second recording made in unit 7 and applying the same methodology as for the analyses performed on the initial and final assessments. Sentence S1 S2 S3 S4 S5 S6 S7 1 0.43 0.83 0.48 0.48 0.99 0.56 1.30 2 0.72 0.72 0.39 0.53 0.74 1.21 0.74 3 0.61 0.89 0.39 0.61 1.02 1.29 1.18 Average 0.59 0.81 0.42 0.54 0.91 1.02 1.07 Amandine data (final assess‐ ment) 0.73 0.72 0.63 0.67 0.73 0.76 0.90 Tab. 5: Deviation from the native target for the second recordings made in unit 7 for the seven participants (S1-7) and comparison with the scores obtained from the analysis of the final Amandine recording (bottom line). 3.2.2 Learning units In all units in which similarities and differences between French, Turkish, and German at different linguistic levels (vocabulary, segmental phonology) were 90 Christoph Gabriel / Jonas Grünke / Claudia Schlaak pointed out to them, the participants recognized these correctly and solved the corresponding tasks fairly well. Their individual achievements are shown in Figure 2, below. Fig. 2: Results of all learning units (percentage of correct answers) for the seven participants (S1-7). All in all, the tasks were understood well by the learners, who completed them correctly to an extent of at least 65%. For example, test persons S3 and S6 achieved 75% and 82% of correct answers in the theoretical part, respectively, (Figure 2) and showed a positive trend in the phonetic measurement data (S3: −0.003; S6: −0.061; Table 4). They thus attained relatively good results in both theory and practice. It is noticeable, however, that there is not always a clear correspondence between the phonetic measurements and the development of theoretical skills in the learning units as some participants are only good at theory - despite the practical exercises and tasks offered in the learning units. Obviously, they failed in putting their knowledge into practice. This holds true for, e.g., test person S1, who did not improve her pronunciation in terms of the phonetic data (Tables 4 and 5) but attained a high score (81%) when processing the various written tasks. 91 Using digital tools to foster the acquisition of L3 French prosody 3.2.3 Final interviews As already noted, the test persons generally understood the theoretical founda‐ tions of French prosody quite well. All participants thus experienced a positive development. It is remarkable that they actively included their heritage language in the learning process of French, which they had not done before taking part in the project. As the evaluation of the final interviews with MAXQDA shows, all of them clearly stated in their final feedback that this was the case. The learners furthermore confirmed - as is also known from previous studies (see Section 1) - that pronunciation in French lessons is only a marginal issue and that their heritage language, Turkish, plays no role at all in the foreign language classroom (see Figure 3). Fig. 3: Aspects addressed by the participants in the final interview regarding the topic “pronunciation”. Percentages relate to the sum of the coded segments of all documents. The participants were surprised by the large array of distinct features that turned out to be crucial for achieving a good pronunciation when getting through the tasks. In this context, they also commented on aspects of French pronunciation they considered difficult. Test person S2, for instance, stated in the final interview: “Und ja, was mir bei der Aussprache ähm schwerfällt, sind die Endungen. Also ich spreche die meistens mit, obwohl man die im Französisch ja nicht mitspricht” (‘And well, what’s difficult for me with regard to pronunciation is the endings. I mean, I usually pronounce them, even though they are not pronounced in French’). However, the difficulties mentioned by the learner do not refer to difficulties in phonetic production but rather result from the complex phoneme-grapheme correspondences. In other words: the learner’s difficulty does not consist in not producing a final consonant such as [t] in, e.g., 92 Christoph Gabriel / Jonas Grünke / Claudia Schlaak 6 As shown by Gabriel / Thiele (2017), this misjudgment also occurs with teachers of French as a foreign language. j’ai fait [ʒefɛ(*t)] ‘I have done’ but in knowing that French orthography includes many graphemes that have no correspondence at the level of pronunciation. 6 Only some of the participants mentioned the importance of having a good pronunciation, for example test person S7: “Um einfach den jeweiligen zu verstehen, besser zu verstehen. Wenn man so einen anderen Akzent hat, dann ist es für den Gegenüberliegenden nicht leicht zu verstehen.” (‘Simply to better understand the respective dialogue partner. If one has a different accent, it’s not easy to understand for the person opposite’). To better interpret our results, we split up the learners into subgroups of “high” and “low” performers based on additional measurement data taken from the recordings made in learning unit 7 (cf. Table 5, above): the three learners who showed the least deviation from the native target (S1, S3, S4) were assigned to the group of “high” performers and the remaining four learners (S2, S5, S6, S7) were identified as “low” performers. The “high” performers’ final interviews show that they make more specific comparisons between languages. They also state that the learning environment and the learning conditions are decisive for their learning success, i.e., they appreciated the fact that they were given the opportunity to work autonomously at home. This was perceived as an advantage over regular lessons taking place at school, where many disturbing factors may negatively influence the learning process. Participant S3 explains: “Aber es hatte auch was mit der Stimmung der Stunde zu tun, dass nicht wirklich jeder daran interessiert ist, dass es laut ist und dass man sich nicht intensiv damit beschäftigt oder sich alleine damit auseinandersetzt wie bei den Aufgaben” (‘But it also had something to do with the atmosphere during the lesson, not really everyone was interested in it, it was noisy, and one could not engage with it intensively or deal with it alone as with the tasks [= the learning module].’). As can also be seen in Table 6, all participants rather complain that neither their heritage language, Turkish, nor pronunciation are considered in the foreign language classroom to a sufficient extent. 93 Using digital tools to foster the acquisition of L3 French prosody “low” n = 4 “high” n = 3 Turkish ● … plays no role in lessons. 20.0% 13.6% ● … is important to me. 6.7% 13.6% In the classroom, we make comparisons between French and Turkish ● … concerning vocabulary. 13.3% 9.1% ● … concerning pronunciation 0.0% 13.6% Pronunciation ● … plays no role in lessons. 13.3% 9.1% ● … is important for foreign language learning. 13.3% 9.1% ● … is difficult to learn. 20.0% 4.5% ● … benefits from cross-linguistic comparison. 6.7% 4.5% Autonomous learning units ● … are important for foreign language learning. 6.7% 13.6% ● … are motivating and support the learning process. 0.0% 9.1% 100% 100% Tab. 6: Topics addressed by “low” vs. “high” performers in the final interviews. Percen‐ tages relate to the sum of the coded segments in each group. 4 Summary and Outlook In the present contribution, we have presented the results of an intervention study carried out with a group of German-Turkish bilingual learners of French using an extra-curricular digital learning module, which consisted of seven units designed to foster the acquisition of French prosody. It was shown that the module helped the test persons recognize parallels between their heritage language, Turkish, and the foreign language, French. At least in part, they also succeeded in putting their newly acquired metalinguistic knowledge into prac‐ tice. Although a clear improvement of their intonation was not measurable in the recordings made after the intervention, all test persons positively emphasized that the training materials enabled them to better intertwine their languages. 94 Christoph Gabriel / Jonas Grünke / Claudia Schlaak A significant increase in motivation was reported by the “high” performers. The learners enjoyed working on the supplementary tasks alongside the regular French lessons, first and foremost because they could work independently and second because they could learn with the help of new (digital) formats that are rarely used in their everyday school life. In addition, through the strong integration of their native language Turkish, they did not only experience an appreciation of their bilingualism in itself but also recognized its concrete benefits for school learning. Despite this perceived progress, which is clearly reflected in the results of their processing of the different learning units, a direct comparison of their reading of the same text before and after the intervention showed little or no approximation to the native role model. This can be related to a series of different factors: on the one hand, it is possible that the (perceived) pressure to perform well resulting from the recording situation may have falsified the results of the reading task. Hence, the question arises of whether such a reading test can be regarded as a suitable means for assessing learning progress. On the other hand, it is questionable whether an immediate improvement of the learners’ intonation can be expected immediately after the completion of the learning module or whether this requires more time and a more complex learning process. Since the participants’ French lessons at school have not yet seen any notable picking up of topics such as foreign language prosody, they first needed to familiarize themselves with the respective field and to understand how both the target language and their heritage language works in this regard. In addition to the analyses performed on the speech data, the worksheets and the interviews, the way of evaluating the learning progress must be reconsidered in the future and a long-term perspective should be created for consolidating the newly gained knowledge after the completion of the learning module. A simple possibility could be to establish a stronger connection with school lessons to increase the positive effects of the learning module through a deeper entrenchment. Then, again, it might be better to further promote independent learning - as was also the aim of the learning arrangement used in the present study - and offer more digital learning units that can be dealt with autonomously. In conclusion, the improvements regarding both the motivation and in some cases also the actual language skills of the learners that were achieved though the activation of the heritage language underline the need for a greater involvement of these languages in foreign language teaching in schools - and hence also in teacher training. Associated with this is the need to devise appropriate learning materials and to make them available to teachers. 95 Using digital tools to foster the acquisition of L3 French prosody References Abel, Clémentine. 2018. Ausspracheschulung. Erhebung der Kompetenzen, Überzeugungen und Praktiken von Französischlehrkräften. Tübingen: Narr. Abel, Clémentine. 2020. “Suprasegmentalia im Französischunterricht. 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[4] Mais elle fait du sport le dimanche soir. La famille Carbonne est devant la télé le dimanche soir, et ils ne jouent pas avec Amandine. [5] Elle n’aime pas ça ! Alors elle grimpe sur la télé. Alors maman va à la cuisine et Amandine va aussi à la cuisine. Après, Amandine grimpe sur les genoux de papa et de maman, puis elle grimpe encore sur la télé, puis sur les étagères et sur la table. Et comme ça, Amandine fait du sport le dimanche soir. 100 Christoph Gabriel / Jonas Grünke / Claudia Schlaak Videos der Influencer*innen „lesen“ BookTubes als Unterrichtsressource zwischen Unterhaltung und Information Elke Höfler Les processus d’apprentissage nous accompagnent tout au long de la vie. Les structures d’interaction et de participation de notre société, appelée société de la connaissance et de l’information, nous offrent, par des ressources authentiques facilement accessibles, de nombreuses occasions d’intégrer le monde des jeunes dans l’enseignement des langues. Dans cette contribution, nous mettrons en évidence le potentiel de YouTube et de ses YouTubers pour l’enseignement-apprentissage des langues selon l’approche par compétences au 21ème siècle. Puis, le modèle classique du quadruple sens de l’écriture sera présenté comme système de tiroirs, servant de socle à l’analyse des vidéos des YouTubers et interrogeant les médias dans une perspective critique et à des niveaux de compréhension et de lecture différents, une vidéo BookTube sera prise en exemple. 1 Einleitung Wenngleich die OECD, die die Reading Literacy in der von ihr alle neun Jahre herausgegebenen PISA-Studie schwerpunktmäßig evaluiert, diese als Basiskompetenz und Voraussetzung für eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sieht (cf. OECD 2019, 14) und ihre Definition in den letzten Jahren durch den Wegfall der Limitierung der Testung auf geschriebene Texte (cf. ibid., 27-29) angepasst hat, schließt sie multimodale Texte weiterhin aus. Hinzu kommt der verbreitete Mythos, dass junge Menschen immer weniger lesen würden (cf. De Bruyckere et al. 2015c). Dabei wird jedoch von einem sehr einseitigen Verständnis von Lesekompetenz, nämlich dem Lesen gedruckter und geschriebener Texte, ausgegangen, die in der Lebenswelt der Jugendlichen zudem nach wie vor einen großen Stellenwert einnimmt und in der Schule gezielt gefördert werden muss und kann. Dass Jugendliche aber auch abseits von gedruckten Büchern lesen, soll im weiteren Verlauf des Beitrags gezeigt werden. Im vorliegenden Artikel wird zunächst auf die Veränderung des Verständ‐ nisses der Kompetenz Lesen in der aktuellen Informationsgesellschaft vom monozum multimodalen Lesen eingegangen, bevor einzelne Annäherungs‐ möglichkeiten an Texte vorgestellt werden. Als einfachen Zugang zum multimo‐ dalen Lesen wird anschließend auf das Lesen nach dem vierfachen Schriftsinn (cf. Kablitz 2004, 9-11) eingegangen, das aufgrund seiner Flexibilität verschie‐ dene Lesetiefen - je nach Lernziel - erlaubt. Dieses wird schließlich am Beispiel eines französischen BookTubes, d.h. einer Buchrezension in Form eines YouTube-Videos, als Methode für den Französischunterricht in der Sekundar‐ stufe II praktisch umgesetzt. Ziel des Beitrags ist es, zu zeigen, dass klassische Texterschließungsstrategien, die ursprünglich für geschriebene und monomo‐ dale Texte konzipiert worden sind, auch auf multimodale Texte angewendet und für den Sprachenunterricht lernzielorientiert fruchtbar gemacht werden können. 2 Reading Skills im 21. Jahrhundert In der von der OECD seit 2000 durchgeführten PISA-Studie wird die Reading Literacy in einem Dreijahresrhythmus erhoben. Unter Reading Literacy wird dabei Folgendes verstanden: „An individual’s capacity to understand, use, evaluate, reflect on and engage with texts in order to achieve one’s goals, develop one’s knowledge and potential, and participate in society.“ (OECD 2019, 14). Die Reading Literacy ist somit als eine Basiskompetenz zu sehen, die den Menschen dabei hilft, Ziele zu erreichen, sich zu entwickeln und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Die (unter-)durchschnittlichen Leseleistungen der österreichischen Schüler*innen in den Erhebungen mit dem Schwerpunkt Lesen (2000 und 2009) haben in Österreich zum Grundsatzerlass Leseerziehung (cf. BMB 2016) und zur Erarbeitung des Österreichischen Rahmenleseplans (cf. Aspalter / Jörgl 2017) geführt. Im Gegensatz zur aktuellen Definition von Reading Literacy der OECD (2019, 28), die zwar das Attribut „written“ nicht mehr einschränkend verwendet, aber dennoch multimodale Texte ausschließt, wird im Grundsatzerlass Leseer‐ ziehung Multimodalität berücksichtigt: Lesekompetenz bezieht sich auf analoge und digitale Informations- und Kommuni‐ kationstechnologien und die Sprecherziehung, den Schriftspracherwerb und den 102 Elke Höfler umfassenden Bereich von Literalität besonders für Lernende in einer zunehmend digitalen Gesellschaft und Vielfalt der Informationsvermittlung. (BMB 2016, 6) Dieser Anspruch erscheint gerade in unserer zunehmend digitalen Gesellschaft, die auch als Wissens- oder Informationsgesellschaft (cf. De Bruyckere et al. 2015a) bezeichnet wird, zentral. Mit der Entwicklung und zunehmenden Verbreitung des - damals so bezeichneten - Web 2.0. am Ende des 20. Jahrhunderts haben sich Qualität und Quantität der Informationsproduktion und -rezeption verändert (cf. De Bruyckere et al. 2015a, b) und auch das Lernen gewandelt: Informal learning is a significant aspect of our learning experience. Formal education no longer comprises the majority of our learning. Learning now occurs in a variety of ways […]. (Siemens 2005, 3) Lernen ist demnach ein kontinuierlicher, individueller und vor allem außerschu‐ lischer Prozess und erfordert spezifische Kompetenzen, die insbesondere das informelle und lebenslange Lernen ermöglichen. Auch die OECD (2019, 21) erkennt diese Entwicklung und trägt ihr im Kontext der Evaluierung der Reading Literacy Rechnung, wenn sie fordert: The PISA framework for assessing the reading literacy of students towards the end of compulsory education, therefore, must focus on reading literacy skills that include finding, selecting, interpreting and evaluating information from the full range of texts associated with situations that reach beyond the classroom. Die durch digitale Medien eröffneten Lese- und folglich Lernmöglichkeiten sind zahlreich und reichen von kursähnlichen gemeinschaftlichen Settings, wie Massive Open Online Courses (MOOCs) oder Webinaren, bis zum individuellen Ansehen eines Videos, beispielsweise eines Tutorials oder eines Videoblogs (kurz: Vlog), oder vom Hören eines Podcasts bis zum Lesen von Blogbeiträgen. Dem gegenüber steht der Mythos, dass gerade junge Menschen in der heu‐ tigen Zeit zunehmend weniger lesen (cf. De Bruyckere et al. 2015c). In aktuellen Studien zum Mediennutzungsverhalten Jugendlicher, wie der vom Medienpä‐ dagogischen Forschungsverbund Südwest (mpfs) jährlich herausgegebenen Jugend-Information-Medien-Studie ( JIM) (2021), wird jedoch nicht das generelle Leseverhalten erhoben, sondern das Lesen (gedruckter) Bücher und E-Books (cf. mpfs 2021, 20-23). Die Ergebnisse der letzten zehn Jahre zeigen in diesem Bereich eine relative Konstanz; hinzu kommen jedoch auch Leseerfahrungen in digitalen Medien, wie beispielsweise Social-Media-Kanälen. Das Lesen auf gedruckte Bücher zu reduzieren, erscheint nicht nur zu eng gedacht, sondern auch nicht mehr zeitgemäß, zumal die Medienbeschäftigung der Jugendlichen allgemein ein heterogenes Bild ergibt: 103 Videos der Influencer*innen „lesen“ Abb. 1: Medienbeschäftigung in der Freizeit 2021 - Vergleich 2020 (mpfs 2021, 14) Liest man Abbildung 1 mit Michael Kerres (2018, 138) Ansatz der Medienmi‐ schung, ergibt sich ein vielfältiges Bild. Er meint damit, dass sich die scharfen Trennlinien zwischen einzelnen Medien auflösen. Das Abrufen der E-Mails ist am Fernseher möglich, das Ansehen der aktuellen Nachrichtensendung im Live-Stream am Smartphone, die Enzyklopädie wird online im Internet konsultiert. Lesen ist somit ein ubiquitärer Prozess; man liest Hinweise in digitalen Spielen, die Kommentare unter Videos auf YouTube, den Duden online etc. Gleichzeitig verschwimmen zunehmend die Grenzen zwischen Konsumie‐ renden, Produzierenden und Distribuierenden (von - multimodalen - Texten) (cf. Kerres 2018, 214sqq.). Wer ein Video auf YouTube hochlädt, ist Broad‐ caster*in oder Verleger*in, ist das Video selbst erstellt, ebenfalls Autor*in. Konsumiert man ein Video, ist man Leser*in, partizipiert über die Kommentar- oder Like-Funktion als Autor*in jedoch mit den anderen Konsumierenden. Da es nun nicht mehr einigen Wenigen, die in ein redaktionelles System und somit in eine inhärente Qualitätsüberprüfung eingebunden sind, vorbe‐ halten ist, Texte online zu generieren, publizieren und distribuieren, müssen 104 Elke Höfler die vorhandenen und in unterschiedlichen Medien vorgefundenen Texte auf Qualitätskriterien, wie Reliabilität, Validität und Faktizität, untersucht und beurteilt werden. Umso wichtiger scheint es, Lernenden neben Lernstrategien auch strategisches Wissen auf Ebene der Medienkompetenz zu vermitteln. Dabei sollte, in Anlehnung an Baackes (2001) Vier-Dimensionen-Modell, neben dem Umgang mit Medien auch die Reflexion über Medien und im Sinne einer Medienkritik nicht nur der Form, sondern auch des Inhalts erfolgen. Hier schließt die zentrale Rolle der Lesekompetenz an, wie im Grundsatzerlass Leseerziehung (BMB 2016) betont wird. Lesekompetenz bezeichnet die Fähigkeit, sowohl geschriebene als auch multimodal repräsentierte Texte ● in ihren Aussichten, Absichten und ihrer formalen Struktur zu verstehen, ● in einen größeren sinnstiftenden Zusammenhang einzuordnen, ● für verschiedene Zwecke sachgerecht und zielgerichtet zu nutzen, ● hinsichtlich ihrer Entstehung kritisch zu hinterfragen, über sie zu reflektieren und sie zu produzieren und zu reproduzieren. (BMB 2016, 6) Eine ausgeprägte Lesekompetenz ist Basis für die von Baacke (2001) genannten Dimensionen der Medienkompetenz: Medienkritik, Medienkunde, Mediennut‐ zung und Mediengestaltung. Wer Lesekompetenz besitzt, kann sowohl als Kon‐ sument*in als auch als Produzent*in medienkompetent agieren. Nicht das sich ständig erweiternde Textangebot steht im Fokus des Lernens, sondern Strategien, die helfen, Informationen auf ihre Relevanz, Faktizität, Reliabilität und Validität zu überprüfen, sie zu analysieren, vergleichen und bewerten zu können. Die Ausbildung einer Multiliteralität, die neben der klassischen auf das Lesen und Schreiben fokussierten Literalität u.a. die digital literacy und die visual literacy berücksichtigt, erscheint in einer sich stetig verändernden, zunehmend digitalen Gesellschaft zentral, um zu einer „aktiven Teilhabe an Kultur und Gesellschaft“ (Brune 2020, 207) befähigt zu sein. (cf. ibid., 195-235; Hallet 2007b) 2.1 Das Lesen (multimodaler) Texte Der Akt des Lesens und seine Geschichte sind in den letzten Jahren häufig Gegenstand wissenschaftlicher Beschäftigung. Swantje Ehlers (2007) gibt in ihrem Beitrag Lesetheorien, Lesekompetenz und Narrative einen kompakten historischen und interdisziplinären Überblick über die Annäherung an das Lesen und die Ausbildung und Festigung der Lesekompetenz. Sie benennt vor allem auch Selektionsprozesse, die jede*r während des Lesens vornimmt. Diese sind durch unterschiedliche bewusste und unbewusste Entscheidungen, 105 Videos der Influencer*innen „lesen“ die u.a. durch Vorerfahrung, Vorwissen, Interesse, Motivation, Emotion und Identifikation geprägt sind, gekennzeichnet. Helene Decke-Cornill und Ulrich Gebhard (2007, 13) machen die literari‐ sche Lesekompetenz an acht Punkten fest, die sie „Acht-Punkte-Liste literari‐ scher Kompetenzen“ nennen, wobei mit dem Lesen sprachliche ebenso wie (inter-)kulturelle, pragmatische oder medienkritische Ziele verfolgt werden können, und unterschiedliche Lesetiefen vorausgesetzt werden müssen: 1) Fiktionalitätsverständnis und 2) Empathiefähigkeit sind auf den Text an sich bezogen und bezeichnen das Erkennen literarischer Formen und literarischer Sprache bzw. das Einfühlen in eine literarische Figur; 3) Anschlusskommuni‐ kation ist extra-textuell zu verstehen und bedeutet u.a. über Leseerfahrungen sprechen zu können; 4) Differenzierungsbereitschaft und Ambigitätstoleranz beziehen sich auf das Sich-Einlassen auf einen Text; 5) Informationsbereitschaft und 6) Bezugskompetenz sind intertextuelle Kompetenzen und meinen, sich extra-textuelle Informationen zum besseren Textverständnis zu organisieren oder Bezüge zu anderen Texten, zum eigenen Ich oder auch zum soziokulturellen und historischen Entstehungskontext eines Textes herstellen zu können; 7) „die Fähigkeit, den eigenen Bedürfnissen entsprechende Autor/ innen, Text und Textsorten auszuwählen“ und 8) „die Fähigkeit zum Genuss, zur Leselust“ (ibid.) betreffen das lesende Individuum. Diese acht Punkte sind demnach sowohl auf textueller als auch intra-, inter- und extra-textueller Ebene zu verorten und nicht nur auf literarische Texte zu beziehen. Sie lassen sich ebenso auf multimodale Texte im weiten Begriffsverständnis umlegen. Wolfgang Hallet (2007b) betont in seiner kulturwissenschaftlichen Annä‐ herung an Texte eine für die individuelle und gesellschaftlich-partizipative Handlungsfähigkeit zentrale Funktion, da Lerner*innen „durch Literatur (und Film) in ihrem eigenen Verständnis von sozialem, kulturellem und ethischem Handeln herausgefordert“ (ibid., 45) werden. Hallet (2007a; 2015) nimmt in seinen Überlegungen einen weiten Literatur- und auch Textbegriff an, der multimodale Ausprägungen einschließt, unter‐ schiedliche Lesarten (multimodaler) Texte ermöglicht sowie verschiedene Lite‐ ralitäten auf zumindest visueller und auditiver Ebene erfordert (cf. Hallet 2007a). Diesen Literalitäten wird unter anderem auch im Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (Council of Europe 2018) durch die Auflösung der strengen Trennung von Lesen, Schreiben, Hören sowie monologischem und dialogischem Sprechen und folglich einer Neustrukturierung der Kompetenz‐ bereiche in Reception und Production und durch das Hinzufügen der Kategorie Audio-Visual Comprehension Rechnung getragen. 106 Elke Höfler 2.2 Vier Lesetiefen In jeder Lektüre lassen sich verschiedene Lesetiefen zur Erreichung der Lernziele auf Ebene des Textverständnisses unterscheiden. So spricht man im VERA-8-Test beispielsweise vom globalen, detaillierten, gezielten und infe‐ rierenden Leseverstehen (cf. Emmrich / Wurster / Wenger 2012, 10). Diese Lesetiefen sind mit unterschiedlichen Lernzielen verknüpft. Tabelle 1 gibt beispielhaft einzelne Lernziele an: Leseverstehen Lernziel (beispielhaft) global Thema erkennen Kernaussage identifizieren detailliert Personen und Objekte beschreiben Ursachen und Wirkungen erkennen Haupt- und Nebenaussagen benennen selektiv Gezieltes Identifizieren spezifischer Informationen inferierend Intention eines Textes bzw. Autors/ Autorin erkennen Bezüge (zur eigenen Lebenswelt, zu anderen Werken, zum soziokulturellen oder historischen Hintergrund) herstellen Implizite Informationen identifizieren Gelesenes interpretieren Tab. 1: Ebenen des Leseverstehens und Lernziele (eigene Darstellung in Anlehnung an Emmrich / Wurster / Wenger 2012, 10) Die Ebenen des Leserverstehens beziehen sich zum einen auf den Text selbst, seine Figuren und auch Strukturen, Formen oder die Sprache; zum anderen sollen Verbindungen zu anderen Texten, zum Weltwissen oder auch zur Er‐ fahrungswelt des lesenden Subjekts hergestellt werden. Lesen fördert das Ausbilden und Stärken von Werten und Einstellungen, aber auch das Erkennen von Beeinflussungen und Manipulationen, sofern kognitive Dispositionen aus‐ reichend ausgebildet sind (cf. Hallet 2007a, 34sq.). Hierfür ist gleichzeitig ein Anknüpfen an die und ein Hinterfragen der lebensweltlichen Erfahrungen der Lesenden wichtig, um auch das kulturelle Handeln einer kritischen Überprüfung zu unterziehen (cf. Hallet 2015, 32sq.). 2.3 Der vierfache Schriftsinn als Schublade für medienkritische Frageschablonen Beziehen sich Decke-Cornill und Gebhard (2007) primär auf literarische Texte, so fokussieren die Ebenen des Leseverstehens, wie sie in den VERA-8-Testungen angewendet werden, eine Überprüfbarkeit der Lesekompetenz. Im Folgenden 107 Videos der Influencer*innen „lesen“ soll nun eine weitere mögliche Herangehensweise an Texte vorgeschlagen werden, die die Stärken der beiden o.g. Herangehensweisen vereint. Die verschiedenen Auseinandersetzungstiefen, die beim Lesen eingeschlagen werden können, sind bereits seit dem Mittelalter und der Bibelexegese im Kontext einer intensiven Lektürepraxis als Ansatz des vierfachen Schriftsinns bekannt (cf. Höfler 2020a; Kablitz 2004). Ihm zufolge können religiöse Texte auf vier Ebenen, nämlich unter Bezug auf den literalen, allegorischen, moralischen und anagogischen Schriftsinn, gelesen werden. Die Stärke des vierfachen Schriftsinns ist die Annäherung an einen Text über verschiedene Lesetiefen: Nähert man sich Texten über diese vier Etappen oder Lektüretiefen strategisch an, so kann von einer naiven Lektüre zu einer medienkritischen Lektüre - und in weiterer Folge Ausbildung eines medienkompetenten Methodenrepertoires (cf. Baacke 2001) - übergegangen werden. In diesen Lektüretiefen können die unterschiedlichen Modalitäten einzeln und / oder in ihrer Symmedialität dekodiert werden. Wird beispielsweise die Bildebene allegorisch gelesen, kann die sprachliche Ebene auf Stufe der Literalität behandelt werden (siehe unten). Dies erleichtert den Zugang auch für niedrigere (lerner-)sprachliche Niveaus. Auf einer fortgeschrittenen Ebene, wenn auch entsprechende kognitive Voraus‐ setzungen vorhanden sind, können Bild- und Sprachebene symmedial zusam‐ mengeführt werden. Tabelle 2 zeigt die erste Engführung der Ansätze von Decke-Cornill und Gebhard (2007) und VERA-8 mit den vier Annäherungsmöglichkeiten im Sinne des vierfachen Schriftsinns an einen Text: Schriftsinn Decke-Cornill & Gebhard (2007, 13) VERA-8 literal die Fähigkeit zum Genuss, zur Leselust Fiktionalitätsverständnis global selektiv detailliert allegorisch Anschlusskommunikation Differenzierungsbereitschaft Ambigitätstoleranz Informationsbereitschaft Bezugskompetenz inferierend moralisch Fiktionalitätsverständnis Bezugskompetenz die Fähigkeit, den eigenen Bedürfnissen entspre‐ chende Autor/ innen, Text und Textsorten auszu‐ wählen inferierend anagogisch inferierend Tab. 2: Annäherungsmöglichkeiten an einen Text (eigene Darstellung) 108 Elke Höfler Beim literalen Schriftsinn erfolgt das Lesen auf einer wortwörtlichen oder buchstäblichen Ebene, die auf konkrete (historische oder gesellschaftliche) Aus‐ sagen referenziert, die wiederum auf ihre Faktizität überprüft werden können, aber nicht müssen, da das Lesen im Sinne einer, nicht ausschließlichen, naiven Genusslektüre erfolgt. Die Analyse erfolgt textimmanent; Bezüge zum Kontext der Entstehungsgeschichte oder zur Biographie der Autor*innen werden nicht hergestellt. Der allegorische Schriftsinn entspricht dem Lesen auf übertragene Bedeu‐ tungen hin, also Leerstellen, die innerhalb eines Textes durch das lesende Subjekt gefüllt, und Interpretationen, die geleistet werden müssen. Blickt man tiefer in einen Text, werden Bezüge zum Weltwissen hergestellt: Anspielungen auf andere mediale Artefakte und Hinweise auf den tieferliegenden Sinn einer Aussage müssen identifiziert und decodiert werden. Dabei werden auch die Entscheidungen, die ein*e Autor*in trifft, beobachtet und hinterfragt. Inter-, intra- und transkulturelle Bezüge werden ebenso hergestellt wie metasprachli‐ ches Wissen eingebracht. Sprachspiele, Anspielungen und Wortwitze werden nicht einfach nur gelesen, sondern als solche erkannt und in eine subjektivinterpretatorische Deutungsleistung integriert. Das lesende Subjekt und sein konstruktivistisch zu sehendes Umfeld bilden die Basis der Interpretation. Auf der Ebene des moralischen Schriftsinns identifizieren die Leser*innen die Botschaft, die auf eine Handlungsanweisung oder -anleitung zielt. Hierfür sind Bezüge zu Bezugssystemen wie der Religion, der Wirtschaft, der Wissen‐ schaft oder auch der Kunst herzustellen. Darüber hinaus sind auch soziopoliti‐ sche, sozioökonomische und soziokulturelle Einbettungen notwendig, um die Botschaften und Intentionen, die sich hinter oder in einem Text - im weitesten Sinne - verstecken, decodieren und verinnerlichen zu können. Der anagogische Schriftsinn als vierter Schriftsinn weist auf eine eschato‐ logische Auslegung hin, die religiösen Texten inhärent ist. Er spielt in nichtreligiösen Texten eine untergeordnete Rolle, meint aber - vom wortwörtlichen Sinn ausgehend - die Suche nach impliziten Anspielungen auf das Höhere, das Göttliche, beispielsweise wenn irdische Elemente das Göttliche darstellen. 3 Sprachenlernen im 21. Jahrhundert Strategisches Wissen ist beim Sprechen und Sprachhandeln und beim Sprachen‐ lernen von zentraler Bedeutung (cf. Edmondson / House 2011, 236-242). Wolf‐ gang Tönshoff (1995, 5) beschreibt die Funktion von Kommunikationsstrategien und stellt das Modell des/ der Fremdsprachenlernenden als Hypothesentester*in vor (1995, 6sq.). Der Sprachlernprozess ist dabei ein kontinuierlicher, der sowohl 109 Videos der Influencer*innen „lesen“ auf Input als auch Interaktion und Output angewiesen ist. Zum Generieren aber auch zum Testen der Hypothesen ist zielsprachliches Material notwendig. Ein Gutteil dieses Materials wird in der Schule gezielt während des Unterrichts angeboten, wobei auf eine Vielzahl an Kompetenzen, die es zu vermitteln gilt, geachtet wird: Als interdisziplinärer Prozess verlangt das Sprachenlernen nicht nur die Ausbildung sprachlicher Kompetenzen, sondern berücksichtigt auch Kompetenzen aus der literatur- und kulturwissenschaftlichen Disziplin sowie auf interkultureller Ebene (cf. Wilden / Rossa 2019). Der Mensch als sozial han‐ delndes Wesen muss, um kommunikative Ziele erreichen zu können, nicht nur über sprachliche und nichtsprachliche, d.h. nonverbale und paraverbale, Mittel verfügen, sondern auch den kulturellen, geschichtlichen und Wertekontext der Zielsprache kennen. Durch den Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen (GERS) hat der (schulische) Sprachunterricht eine starke Fokussierung auf die Hand‐ lungs- und auch Kompetenzorientierung erfahren (cf. Brune 2020; Hallet 2015). Um den Kompetenzerwerb im Kontext einer Multiliteratilität zu unterstützen, muss der schulische Kanon jedoch einer kritischen Überprüfung u.a. auf Text‐ sorten, literarische Genres und Kommunikationsformen unterzogen werden, da Literatur „immer auch als ein Brennglas für den kritisch-distanzierten Blick auf angeblich und vermeintlich unumstößliche kulturelle Gegebenheiten und gesellschaftliche Verhältnisse“ (ibid., 16) dient und „literarische Texte lebensweltliche Erfahrungen modellieren, die vor dem Hintergrund der eigenen gelesen werden, und diese so bestätigen, relativieren oder auch neue Perspek‐ tiven eröffnen“ (Brune 2020, 224). Wolfgang Hallet (2015, 13) spricht sich folglich für eine Öffnung des in der Schule behandelten Kanons auf aktuelle lebensweltlich literarisch-ästheti‐ sche Formen, wie „TV sitcoms, Comics und graphic novels, Videoclips und Pop-Songs, natürlich auch Spielfilme“ sowie die Berücksichtigung der Expertise der Schüler*innen aus, weshalb der Literaturunterricht im weitesten Sinne „an diese oft verdeckten literarisch-ästhetischen, oft jugend- und populärkul‐ turellen Erfahrungen und Praktiken anknüpfen“ (ibid.) kann und soll. Der Rückgriff auf die Expertise und Erfahrungen der Lerner*innen könne zur Ausbildung ihrer strategisch-reflexiven Handlungskompetenz förderlich sein, da Schüler*innen „über literarisch-ästhetisches Wissen und Können verfügen, das sie beim Verstehen neuer Formen aktivieren und nutzen können“ (ibid., 14). Die Schüler*innen greifen auf ihre (auch außerschulisch erworbenen) Vorerfahrungen zurück und können Neues kognitiv leichter verarbeiten. Die Möglichkeiten, authentische Ressourcen zu konsumieren, sind durch die partizipativen und interaktiven Strukturen der Wissensgesellschaft - Social 110 Elke Höfler Media seien als Teil der jugendlichen Lebenswelt und Alltagsrealität genannt - stark angewachsen. So ist heute eine Live-Diskussion mit Native Speakers in jeder Erstsprache auf Plattformen wie Twitter (schriftlich) oder Clubhouse (mündlich) möglich. YouTube bietet die Möglichkeit, sich zielsprachliche Videos nicht nur anzusehen, sondern in den Kommentaren, gegebenenfalls in der Zielsprache, auch mit anderen Konsumierenden zu interagieren. Die Teilnahme an Challenges auf TikTok macht Sprachlerner*innen von passiven Konsumie‐ renden zu aktiven Produzierenden, wobei auch das scheinbar passive Konsu‐ mieren zum Lernprozess beitragen kann: Die Rezeption von medialen Inhalten wird häufig verkürzt als Unterhaltung oder einfacher Konsum von Medien verkannt. Wenn informelles Lernen als kulturelle Ressource ernst genommen wird, gilt es dies stärker zu hinterfragen. (Burgfeld-Meise 2020, 76) Bereits das Anklicken eines Beitrags in Social Media ist ein bewusster Prozess, der neben Unterhaltung auch Informationen in Form sprachlichen (mündlichen oder schriftlichen) Inputs mit sich bringt. Die Grenze zwischen Unterhaltung und Information verschwimmt, wenn sich Lernende ein Video oder eine Serie in der Originalsprache auf einem der zahlreichen Streaming-Dienste ansehen. Die intrinsische Motivation, den Inhalt verstehen zu wollen, ist hoch, womit ein wichtiger Faktor beim Sprachenlernen erfüllt ist (cf. De Florio-Hansen 2015). Ist bei Serien die Qualität des sprachlichen und kulturellen Inputs durch ein redaktionelles System gegeben, bleibt diese Qualitätssicherung bei YouTube-Videos aus. Burgfeld-Meise (2020) streicht jedoch in ihrem Beitrag zum Wandel der (Medien-)Bildungskulturen die hohe lebensweltliche Relevanz von YouTube und das damit einhergehende wissenschaftliche Interesse an dieser Plattform heraus. 111 Videos der Influencer*innen „lesen“ Auch die JIM-Studie (mpfs 2021, 40) beweist den hohen Stellenwert von YouTube für Jugendliche, wie Abbildung 2 zeigt: Abb. 2: Nutzungsmotive einzelner Social Media-Angebote (mpfs 2021, 40) Jugendliche verwenden mehrheitlich YouTube, um sich zu unterhalten, wie die ersten beiden Säulen im Diagramm zeigen. Danach folgt YouTube als Inspirationsquelle, Trendbarometer und auch Informationsquelle. Diese Hybridisie‐ rung von YouTube als Informations- und Unterhaltungsplattform spiegelt auch die in Abbildung 3 gezeigte Liste der auf YouTube primär betrachteten Video‐ formate wider: 112 Elke Höfler Abb. 3: YouTube-Nutzung 2021 (mpfs 2021, 48) Ursprünglich als Plattform für Musikvideos gedacht, finden sich auf YouTube mittlerweile nicht nur diese, sondern viele weitere Videoformate. Hinter Mu‐ sikvideos folgen auf dem zweiten Platz Videos von YouTuber*innen / Influ‐ encer*innen als nicht näher definierte Kategorie, zu denen beispielsweise Pro‐ dukttests, Beauty- und Modevideos, Unboxing Videos, Tutorials, Haul-Videos oder BookTubes zählen. Die Heterogenität dieser Kategorie führt dazu, dass die Videos sowohl der Unterhaltung als auch der Information zugerechnet werden können. Die Grenze zwischen Unterhaltung und Information ist nicht eindeutig. Wenn auch die Intention, ein Video zu sehen, in der Unterhaltung liegt, heißt das nicht, dass es nicht auch der Information dient und umgekehrt. Deutlich zeigt sich in der in Abbildung 3 gegebenen Übersicht die Rolle, die YouTuber*innen im Videokonsum bzw. Alltag der Jugendlichen einnehmen: Ihre Videos sind auf Platz zwei explizit genannt, in anderen Kategorien sind sie mitgemeint, vor allem Let’s-Play- und Prankvideos. Für das Sprachenlernen zeigt sich bei YouTube-Videos ein hohes Potenzial, sind sie für die Jugendlichen doch, wie die JIM-Studie 2020 zeigt, Teil der Lebenswelt: 113 Videos der Influencer*innen „lesen“ Die Nutzung fremdsprachiger Videos bei YouTube gehört zum Alltag der Jugendli‐ chen. 43 Prozent sehen sich mindestens mehrmals pro Woche Bewegtbild bei YouTube in einer anderen Sprache - meist Englisch - an. (mpfs 2020, 48) Dieser Aspekt ist in der aktuellen Ausgabe (cf. mpfs 2021) nicht erhoben, es ist jedoch davon auszugehen, dass er nach wie vor Gültigkeit besitzt. Englisch wird somit über YouTube-Videos auch außerhalb der Schule regelmäßig konsumiert. Für die romanischen Sprachen liegen keine Zahlen vor; es bleibt zu vermuten, dass der Kontakt zu anderen Sprachen im Vergleich zum Englischen geringer ist, da zahlreiche YouTuber*innen ihre Videos - wegen der höheren Reichweite - auf Englisch gestalten und - ähnlich wie in der Musikwelt - englischspra‐ chige YouTuber*innen folglich größere internationale Bekanntheit haben als beispielsweise französisch- oder italienischsprachige. 4 YouTuber*innen und ihre Videos 4.1 YouTuber*in als Profession Als Charlie McDonnell im April 2007 seinen YouTube-Kanal Charlieissocool‐ like (https: / / www.youtube.com/ charlie) eröffnet, rechnet er wohl kaum mit großem Erfolg. Binnen kürzester Zeit jedoch steigt die Zahl der Abonnent*innen stark an und der junge Brite ist einer der ersten YouTuber. Im April 2010 eröffnet PewDiePie (https: / / www.youtube.com/ user/ PewDiePie) seinen Kanal und wird mit seinen regelmäßig erscheinenden, anfänglich ausschließlich Let’s-Play-Vi‐ deos zum erfolgreichsten YouTuber aller Zeiten: 111 Millionen haben seinen Kanal aktuell abonniert, knapp 28,1 Milliarden Aufrufe zählt sein Kanal (Stand: Jänner 2022). Seither hat sich der Beruf YouTuber*in zu einem Berufswunsch vieler Jugendlicher entwickelt. Das Phänomen YouTuber*in lässt sich als serielle Bereitstellung von Videos zu unterschiedlichen Themen durch eine bestimmte Person beschreiben. In einem mehr oder minder fixen Rhythmus, der individuell variieren kann, werden in einem Kanal kurze Videos hochgeladen. Durch ihre Nähe zu geschriebenen Blogeinträgen nennt man sie auch Videoblogs (kurz: Vlogs). Die thematische Ausrichtung ist von YouTuber zu YouTuberin unterschiedlich und meist stabil, kann aber durch weitere Video-Formate ergänzt werden: Liegt bei PewDiePie der Schwerpunkt anfänglich auf Let’s-Play-Videos, unterhält Charlie McDon‐ nell mit einer humorvollen Darstellung britischer Gewohnheiten (z.B. die korrekte Teezubereitung oder der britische Akzent); die erfolgreichste deutsche YouTuberin Bibi nimmt den Namen ihres Kanals BibisBeautyPalace (https: / / ww w.youtube.com/ user/ BibisBeautyPalace) zum Programm und richtet sich mit 114 Elke Höfler ihren Lifestyle-, Fashion- und Beziehungstipps an ein vornehmlich weibliches Publikum. Der bekannteste frankophone YouTuber ist Squeezie (https: / / www.y outube.com/ c/ aMOODIEsqueezie) mit aktuell 16,7 Millionen Abonnent*innen - seit 2011 befüllt er seinen Kanal primär mit Let’s-Play-Videos, aber auch Koch- und Reisevideos sind beispielsweise zu finden. YouTuber*innen sind zu Influencer*innen geworden, da sie ihr Publikum durch ihre Videos bewusst oder unbewusst beeinflussen und ihren Lebensun‐ terhalt durch Product Placement, Werbepartnerschaften und die Anzahl der Klicks, die sie für die Videos erhalten, verdienen: Mit 93 Prozent ist fast allen Jugendlichen schon einmal eine werbliche Produktdar‐ stellung bei YouTubern aufgefallen. Jeder Fünfte gibt an, daraufhin auch schon einmal ein bestimmtes Produkt gekauft zu haben. (mpfs 2018, 51) Interessant erscheinen diese Zahlen, die seit der JIM-Studie 2018 nicht mehr erhoben worden sind, insofern, als hier nur bewusste Kaufentscheidungen genannt werden, unbewusste Beeinflussung jedoch schwer zu erheben ist. Sind im Video beinahe beiläufig im Hintergrund Gegenstände, wie Dekorationsele‐ mente, Bekleidung, Lebensmittel, zu sehen, können diese vielfach ebenfalls zum Kauf anregen (cf. Höfler 2019). 4.2 Charakteristika der Videos von YouTuber*innen Aufgrund der unterschiedlichen Videoformate erscheint es schwierig, allge‐ meingültige Charakteristika zu benennen: Sie differieren u.a. in Länge, Schnitt, Kameraeinstellung und Perspektive. Dennoch lassen sich einige Gemeinsam‐ keiten benennen. Die Videos werden seriell und in regelmäßigen Abständen veröffentlicht und weisen einen einheitlichen Vor- und Abspann auf, der vielfach aus einer Begrüßung bzw. Verabschiedung vom Publikum besteht. In der Verabschiedung wird auf weitere Videos und damit auf ihre Serialität hingewiesen. Das Publikum wird in den Videos direkt angesprochen, auch die Blickführung über die Kamera aus den vermeintlich eigenen vier Wänden erfolgt auf Augenhöhe: Die YouTuber*innen sprechen zu ihrem Publikum, sehen dieses beim Erzählen an, nutzen Imperative und simulieren damit sowohl ein Näheverhältnis als auch In‐ teraktion. Sie fordern ihr Publikum dazu auf, Fragen zu stellen und beantworten diese in ihren teilweise eigens erstellten Frage-Videos. Dabei benutzen sie eine dem Publikum angepasste, authentische, kolloquiale Sprache konzeptionell mündlichen Charakters (cf. Koch / Oesterreicher 1985) und verweisen auf die unterschiedlichen Kanäle, auf denen man sie findet - z.B. Instagram, TikTok, 115 Videos der Influencer*innen „lesen“ Twitch - und die allesamt der jugendlichen Mediennutzung entsprechen (cf. mpfs 2021, 34, 38). Durch die Selbstinszenierung der YouTuber*innen verschwimmen die Grenzen von Fiktionalität und Realität, was sowohl die Lesart eines Sachals auch eines literarischen Textes ermöglicht (cf. Hallet 2007a, 45). Die bewusste Entscheidung für Kleidung, Raum und Zeit spielt in der Perzeption der Protago‐ nist*innen eine zentrale Rolle: Mimetische Aspekte, wie beispielsweise das Auf‐ treten in den vermeintlich eigenen vier Wänden, eine konzeptionell mündliche Jugendsprache und das diegetische Erzählen aus dem eigenen Erleben machen die Trennung von Fakt und Fiktion - wie auch bei der klassischen Gattung der Autobiographie - schwierig. Eine Überprüfbarkeit der Echtheit der erzählten Erlebnisse, beispielsweise des ersten Kusses oder der Shopping-Erlebnisse, ist nicht einfach möglich. Mit ihren Vlogs stellen die YouTuber*innen Inhalte zur Verfügung, die „für die jungen Menschen zunehmend Modelle für realweltliches Auftreten und Verhalten bereitstellen“ (Hallet 2007a, 46). Eine alternative (faktische oder fik‐ tionale) Realität wird somit nicht nur gezeigt, sondern auch erzeugt. Es erscheint demnach zentral, Medienbildung und im o.g. Sinne des Grundsatzerlasses (cf. BMB 2016, 6) (multimodale) Leseerziehung zu betreiben, indem man „die jungen Menschen in die Lage versetzt, den Inszenierungsgrad verschiedener Wirklichkeitsebenen und die durch sie erzeugten kulturellen Bedeutungen zu verstehen“ (Hallet 2007a, 46); dies gilt umso mehr, wenn durch die Performance eine unerreichbare Realität kreiert wird oder eigene Interpretationen der Welt geliefert werden. Diese Strategien der Inszenierung und Mechanismen der Be‐ einflussung gilt es zu erkennen, decodieren und verstehen. Die vier Schriftsinne können hier als Schubladen für medienkritische Frageschablonen dienen, wie im Folgenden am Beispiel eines BookTubes gezeigt wird. 5 Ein BookTube und seine vier Lesetiefen im Kontext des vierfachen Schriftsinns Als BookTube werden Videos bezeichnet, in denen YouTuber*innen - in diesem konkreten Fall auch BookTuber*innen genannt - über ihre Lektüreerfahrungen sprechen und einem oder einer Literaturkritiker*in gleich Bücher besprechen und (nicht) empfehlen (cf. Höfler 2020b). Das Setting ist dabei oftmals klassisch und soll anhand des Videos Conseils Lectures | en période de confinement (https: / / youtu.be/ 58NpWZuQzUs) der bekannten französischen BookTuberin Bulledop gezeigt werden, wobei eine Darstellung des Videos nach dem in Kapitel 2.3 diskutierten vierfachen Schriftsinn erfolgt. 116 Elke Höfler 5.1 Literaler Schriftsinn: Was wird gesehen und gehört? Bulledop steht - in Hinblick auf die Inszenierung des Ortes - vor einem vollen, sortierten Bücherregal, begrüßt ihr Publikum direkt und verweist gleich zu Beginn zum einen auf ihre Multikanalität (z.B. Erwähnung der Kanäle Twitch oder TikTok) und zum anderen auf den Umstand, dass das Publikum über das Videothema abgestimmt hat. Der Beziehungsaufbau geschieht somit einerseits durch die direkte Ansprache und andererseits durch den Hinweis auf die Interaktion mit dem Publikum, das wahr- und dessen Wahl ernst genommen wird. Bevor sie jedoch mit der Vorstellung der drei von ihr gewählten Romane beginnt, weist sie das Publikum auf die prekäre Situation der kleinen Buchläden (im Gegensatz zu Buchhandelsriesen, vor allem „le grand A“, das für den amerikanischen Konzern Amazon steht) hin, die in der Phase des Lockdowns, in dem das Video am 21. März 2020 entstanden ist, geschlossen sind. Die Romanauswahl sei folglich auch in Hinblick auf die Verfügbarkeit der Bücher erfolgt. Bulledop fordert ihr Publikum dabei direkt auf, beim Buchkauf auf Regionalität zu setzen. Die vorgestellten Bücher entspringen der Public Domain, auf die die BookTuberin explizit hinweist und dabei auch eine Erklärung der urheberrechtlichen Situation - Auslaufen des Urheberrechts 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers bzw. der Urheberin - liefert. Außerdem sind die vorgestellten Klassiker, so Bulledop, Lieblingsbücher, was eine emotionale Bindung ermög‐ licht. Die Buchvorstellungen folgen dem gleichen Muster: Buchcover, Titel und Autor*in werden rechts oder links im Video eingeblendet. Anschließend erklärt Bulledop den Inhalt in Kurzform und endet mit einem Plädoyer für das Buch und für die Literaturvermittlung (primär auf Netflix). In die Vorstellung wird dabei immer wieder die Aufforderung eingebaut, in den Kommentaren unter dem Video in Interaktion zu treten und das Video zu kommentieren (sowohl auf inhaltlicher als auch auf formaler Ebene). Die Sprache weist trotz ihrer konzeptionellen Schriftlichkeit (cf. Koch / Oester‐ reicher 1985) zahlreiche Charakteristika konzeptioneller Mündlichkeit auf, darunter kolloquiale Elemente und geläufige Anglizismen, die die aktuelle Sprachverwendung reflektieren. Sie ist spontan, voller Emotion, wirkt privat und weist eine Vertrautheit der Gesprächspartner*innen auf, die in weiterer Folge zu einer inszenierten Dialogizität und Interaktivität mit dem Publikum führt. Mimik und Gestik wirken auf den ersten Blick natürlich, sind jedoch - wie die Sprache - einstudiert, d.h. inszeniert. Am Ende des Videos weist die BookTuberin auf weitere Videos zum Thema hin, wiederholt ihr Plädoyer für den regionalen Buchkauf und digitale Aus‐ gaben, die bei regionalen Händler*innen erhältlich sind, und verabschiedet sich mit einem Küsschen bei ihrem Publikum. 117 Videos der Influencer*innen „lesen“ 5.2 Allegorischer Schriftsinn: Warum hat die BookTuberin ihr Video so (und nicht anders) gestaltet? Neben dieser textimmanenten, wortwörtlichen Lesart, die auf eine sprachlich- und visuell-beschreibende Ebene fokussiert sein kann, ist die allegorische Lektü‐ reebene in diesem Video schwach ausgeprägt, da die BookTuberin sehr explizit agiert und ihre Botschaften klar ausformuliert. Auf der Ebene der Inszenierung kann jedoch die Frage nach dem Warum? gestellt werden. Warum inszeniert sich Bulledop vor einem Bücherregal? Welche Bücher und Elemente finden sich im Regal? Welche Rückschlüsse erlaubt die Inszenierung? Warum spricht Bulledop von „le grand A“ (im Video bei 01: 32) und nennt das dahinterliegende Unter‐ nehmen, nämlich Amazon, nicht beim vollständigen Namen? Wieso werden weitere Kanäle, wie Netflix, Twitch und TikTok, genannt? Welche Rolle spielen diese Kanäle im Leben der Jugendlichen? Welche Wirkung erzielen Schnitt und Kameraführung? Eine Beantwortung dieser Fragen ist unter Rückgriff auf ein aktuelles, soziokulturelles, -ökonomisches und -politisches Wissen möglich, wobei - wie sich beispielsweise an der Anspielung auf „le grand A“ zeigt - eine westliche und/ oder europäische Kontextualisierung als Basis anzusehen ist. 5.3 Moralischer Schriftsinn: Was will die BookTuberin erreichen? Auf einer moralischen Ebene könnte zum einen das explizite Plädoyer für den Buchkauf bei regionalen Händler*innen näher betrachtet werden. Zum anderen könnte die implizite Werbung näher untersucht werden: Die Buchcover zeigen einen spezifischen Verlag, für den - ohne Namensnennung - Werbung gemacht wird. Handelt es sich hierbei um eine Handlungsanweisung, das Buch bei diesem Verlag zu kaufen und kann die Verfilmung auch bei einem anderen Anbieter als Netflix gesehen und gefunden werden? Warum wird Netflix explizit genannt? Implizite Werbung wird auch durch die Gegenstände im Regal, das heißt: im Hintergrund, gemacht. Sie werden nicht explizit genannt, sind jedoch immer im Blickfeld - beispielsweise eine weiße Buchstütze eines großen schwedischen Möbelhauses. Eine weitere Frage ist die Authentizität der BookTuberin: Welche Emotionen werden geweckt? Welche Anschlusskommunikationen werden er‐ möglicht? 5.4 Mögliche Fragestellungen und didaktische Annäherungen Die Sprachlerner*innen sind, aus ihrer alltäglichen Medienrezeption und ihrer YouTube-Erfahrung, vielfach Expert*innen im Bereich des Videoformats. Sie können Brüche und Regelverstöße, die innerhalb der Community festgelegt sind, erkennen und benennen. Neben einer beschreibenden (literalen) Video‐ analyse lässt sich auch eine interpretatorisch (allegorische) durchführen und 118 Elke Höfler nach den versteckten Botschaften und (moralischen) Handlungsaufforderungen suchen. Dies kann sowohl auf einer sprachlichen als auch visuellen Ebene erfolgen. In einer ersten Lektüre könnte demnach das Video ohne Ton angesehen werden, um den Blick auf das beschreibende Moment zu lenken: Was wird gesehen? (literal) Welche Bedeutung hat die visuelle Gestaltung? (allegorisch) Welche Botschaft lässt sich erkennen? (moralisch) In einem zweiten Schritt wird das Video mit Ton angesehen und - von einem globalen zu einem gezielten - Textverständnis übergegangen. Dabei werden beschreibend Merkmale fest‐ gehalten, die durch gezielte Frageschablonen auf Ebene der unterschiedlichen Lesarten vertieft werden können. Das Ohr kann dabei auch auf die konzeptio‐ nelle Schriftlichkeit gelenkt werden, die durch das Ablesen des Textes durch Bulledop im Video auch erkennbar ist (man denke hier an das Lesen von einem Teleprompter). Ziel ist ein medienkritisches Konsumverhalten, das die Schüler*innen auch auf andere, in ihrer Freizeit genossene Videos übertragen und dabei versteckte Mechanismen und Strategien der Beeinflussung durch Influencer*innen, so‐ wohl was das Konsumverhalten als auch die Meinungsbildung betrifft, aufde‐ cken. Hierfür ist eine Lektüre, die über die wortwörtliche Ebene hinausgeht und eine interpretatorische Leistung mitmeint, gefordert. Die Jugendlichen bringen ihre Expertise in der Analyse des authentischen Materials ein, knüpfen an ihr Vorwissen an und entwickeln sowohl sprachliche als auch medienkritische Kompetenzen. Gleichzeitig lernen sie zielsprachliche YouTuber*innen als Res‐ source kennen. Eine didaktische Umsetzung richtet sich dabei nach den Lernzielen. Sollen die Lerner*innen den BookTube als eine Möglichkeit der medialen und mul‐ timodalen Umsetzung einer klassischen Buchpräsentation kennenlernen, un‐ terscheiden sich die zu erreichenden Lernziele von einem Setting, in dem die Schüler*innen eine Buchpräsentation als Video - d.h. als BookTube - erstellen müssen (konsumieren vs. produzieren). Zu den sprachlichen und analytischen Kompetenzzielen, die die klassische Vorstellung eines Buches erfordert, kommen digitale, (multi-)mediale Lernziele hinzu (Fragen der Medi‐ engestaltung, der Medienkritik, der Mediennutzung und der Medienkunde). Sollen die Schüler*innen die Videos auf inhärente, latente, implizite oder mehr oder weniger explizite Botschaften überprüfen, die über die klassische Präsentation eines Buchinhalts hinausgehen, wird die sprachliche Ebene um eine - in Baackes (2001) Sinne - medienkritische Perspektive ergänzt. Die Videos von YouTuber*innen bieten Möglichkeiten, zahlreiche Lesetiefen und in diesem Zusammenhang auch interpretatorische Tiefen in den Unterricht und 119 Videos der Influencer*innen „lesen“ den Lernprozess zu integrieren. Die gesetzten Lernziele weisen den Weg der methodischen Umsetzung. 6 Fazit In einer schnelllebigen Informations- oder Wissensgesellschaft ist die omni‐ präsente Verfügbarkeit von Informationen sowohl Chance als auch Heraus‐ forderung. Durch die fehlende Stützung durch redaktionelle Systeme ist die Trennung von Fakt und Fiktion manchmal ebenso schwierig wie die Identi‐ fikation versteckter Strategien der Manipulation und Beeinflussung. Umso wichtiger erscheint es, derartige Strategien und Mechanismen zu identifizieren und bewusst wahrzunehmen. Die Videos der YouTuber*innen begleiten jugendliche Lerner*innen in ihrem Alltag und sind Teil ihrer Lebenswelt. Es erscheint demnach zentral, diese Informations- und gleichzeitig Unterhaltungsquelle - Vlogs werden für beide Zielsetzungen genutzt - kritisch zu konsumieren und zu reflektieren. Im Sprachunterricht können sie sowohl als Beispiel aktueller und authentischer Sprachverwendung gesehen als auch medienkritisch zur Ausbildung einer Multiliteralität genutzt werden. Das Modell des vierfachen Schriftsinns kann dabei eine Annäherungsmöglichkeit - unter vielen - bieten, die durch das gezielte Nutzen von Fragestrategien und -schablonen auf den jeweiligen Schrift‐ sinnebenen vom Augenscheinlichen ins Versteckte bzw. vom Expliziten und Bewussten zum Impliziten und Unbewussten führt und sowohl auf einer visuellen als auch auditiven Ebene Anwendung finden kann. Am Beispiel eines BookTubes wurde gezeigt, wie eine Annäherung nach dem vierfachen Schriftsinn erfolgen kann und welche Fragen gestellt werden können. Das Ansehen eines Videos kann sowohl der Unterhaltung als auch der Information dienen; eine interpretatorische Leistung sollte folglich von einer beschreibenden Leistung getrennt werden. Wird das Video als Unterhaltung angesehen, ist die Annäherung eher oberflächlich und die Lernziele gehen über das Beschreiben nicht hinaus. Werden Videos zur Information gesehen, werden Zusammenhänge hergestellt und Informationen kritisch hinterfragt. Literatur Aspalter, Christian / Jörgl, Stefanie. 2017. ÖRLP. Österreichischer Rahmenleseplan. Wien: edition Buch.Zeit. Baacke, Dieter. 2001. „Medienkompetenz als pädagogisches Konzept“, in: Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) (ed.): Medienkompetenz in 120 Elke Höfler Theorie und Praxis. Broschüre im Rahmen des Projekts „Mediageneration - kompetent in die Medienzukunft“. Brune, Carlo. 2020. Literar-ästhetische Literalität. Literaturvermittlung im Spannungsfeld von Kompetenzorientierung und Bildungsidea. Bielefeld: transcript. 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The use of these words in a real-language context will be examined and illustrated in a further step by means of visual embeddings, i.e. in particular in the form of linguistic landscape. Considering non-Latin scripts of different heritage languages, the implementation of digital tools for the recognition and transliteration of scripts for the exchange of results as well as for non-literate heritage speakers also gets a mention in this context. The article concludes with some didactic specifications and variants for different learning levels. 1 Einleitung Der herkunftssprachensensible Fremdsprachenunterricht stellt sich der Her‐ ausforderung, die sprachliche Vielfalt der Schüler*innen zu berücksichtigen und vorhandenes Vorwissen, das aus diesen Sprachen mitgebracht wird, beim Erlernen der Fremdsprache als Ressource zu verstehen (cf. Kropp 2017; 2020) und das bestehende Sprachpotenzial im Hinblick auf eine potenzialorientierte Förderung zu nutzen (cf. Schlaak 2019, 211sq.). Vor allem die Lexik hat sich als ein Bereich erwiesen, in dem relativ leicht Zusammenhänge zwischen verschiedenen Sprachen aufgezeigt werden können. Das gilt im Falle der Zielsprache Französisch insbesondere für innerromanische Transferbasen, wie sie in der romanischen Mehrsprachigkeitsdidaktik untersucht worden sind (z.B. Meißner 1998; Müller-Lancé 2017), sowie für lexikalische Zusammenhänge zum Deutschen und Englischen als Sprachen mit intensivem Kontakt zum Französischen, was gleichzeitig das sprachliche Repertoire eines Großteils der Schülerschaft abdeckt. Unter den im deutschen Schulsystem verbreiteten Her‐ kunftssprachen ist wiederholt das Türkische betrachtet worden (z.B. Brüser / Wojatzke 2013; Schöpp 2015; Thiele 2015), da hier in der Tat einige Tausend aus dem Französischen entlehnte Wörter aktiviert werden könnten. Sprachhistori‐ scher Hintergrund ist in diesem Fall, dass Französisch als Kulturadstrat starken Einfluss im Zuge der Europäisierung der Türkei im 20. Jahrhundert genommen hat. Doch auch in anderen frequenten Herkunftssprachen wie etwa Russisch, Persisch und Vietnamesisch hat die Sprache lexikalische Spuren hinterlassen, was manch einer Französischlehrkraft gar nicht bekannt sein mag. Dieser Beitrag setzt bei Hallet (2015, 43) an: „Eines der zentralen Felder der mehrsprachigen Lehrerausbildung muss die Aufgaben- und Materialent‐ wicklung sein.“ Entsprechend wird versucht, anhand von grundlegenden Un‐ terrichtsvorschlägen Französischlehrkräften Ideen an die Hand zu geben, um möglichst alle Herkunftssprachen der Lernenden in der Wortschatzarbeit zu berücksichtigen. Es geht darum, Gallizismen (oder Französismen) in beliebigen Sprachen der Welt mithilfe digitaler Ressourcen zu erkunden und sichtbar zu machen. Dies stellt einen Unterrichtsbaustein dar, der an verschiedenen Stellen im Französischunterricht eingesetzt werden kann. Spezifischer skizziert wird die Einbettung einer solchen Recherche für eine Kurzeinheit, die etwa ab dem 4. Lernjahr denkbar, in variierter Form jedoch auch schon früher einsetzbar ist. Primär ist der Ansatz für die Betrachtung von Herkunftssprachen gedacht, kann aber auch die anderen Schüler*innen einbeziehen, etwa indem sie in zusätzlichen, vielleicht sogar für alle Beteiligten ganz unbekannten Sprachen weitere Wörter suchen. Zunächst wird es um den sprachwissenschaftlichen Hintergrund im Bereich der Lehnwortforschung gehen. Anschließend wird als wesentliches Tool das Wiktionary eingehender beschrieben, das als Ausgangspunkt für eine lexika‐ lisch-visuelle Recherche von Belegstellen in Form von Linguistic Landscapes dient. Anhand einzelner Beispiele erfolgt eine Erklärung über mögliche Recher‐ chewege und die Nutzbarmachung verschiedener Ressourcen, um in der zweiten 126 Christian Koch 1 Zum Überblick zu Vietnamesisch als Herkunftssprache cf. auch Koch / Tran (2021). Hälfte des Beitrags die Umsetzung im Französischunterricht eingehender zu skizzieren und didaktisch zu begründen. 2 Gallizismen in den Sprachen der Welt 2.1 Zur Quellenlage der Lehnwortforschung über Gallizismen in anderen Sprachen Der wissenschaftliche Hintergrund des Lerngegenstands ist in der Lexikologie und dort insbesondere in der Lehnwortforschung zu verorten. Während die Zu‐ sammensetzung des französischen Wortschatzes im Hinblick auf die Herkunft der einzelnen Lexeme als Gegenstand der Romanistik gut erforscht ist (cf. z.B. Gadet / Ludwig 2015), liegt die Beschäftigung damit, wie das Französische insbesondere als Kultursowie als Kolonial- und Postkolonialsprache auch jenseits der Romania continua Spuren hinterlassen hat, - abgesehen vom Gebiet der Kreolsprachen - außerhalb des eigentlichen Kompetenzfeldes der traditio‐ nellen Romanistik. Die lexikologische Erforschung des französischen Lehnwort‐ schatzes ist eher Gegenstand der Philologien von jenen Sprachen, welche die Wörter aufgenommen haben. Zur Integration von Herkunftssprachen in den Fremdsprachenunterricht wäre jedoch gerade interessant, diese Spuren des Französischen in verschiedensten Sprachen zu ergründen, um Schüler*innen Einblicke in die Vernetzung von Sprachen zu geben und in manchen Fällen sogar Transferpotenziale aufzuzeigen. Als Ressource für die verschiedenen Herkunftssprachen könnten zunächst lexikologische Studien zu einzelnen Sprachen dienen, in denen jeweils die Zusammensetzung des Wortschatzes bezüglich seiner Herkunft und damit der Anteil an Gallizismen ausgewiesen ist (cf. z.B. Haspelmath / Tadmor 2009). Neben dieser eher mühsamen und notgedrungen sehr lückenhaften Darstellung sind Einzelstudien zu nennen, die spezifisch französische Lehnwörter in einer Sprache systematisierend betrachten wollen, so z.B. für das Vietnamesische bei Haarmann (1986), Huynh (2010) und Scholvin / Meinschaefer (2018). 1 Ganz und gar selten sind schließlich die Versuche, das Französische als Ausgangspunkt für Entlehnungen möglichst vieler Sprachen zu betrachten. Hierfür ist etwa der Handbuchartikel von Rettig (2006) zu nennen, in dem zum einen die sprachexternen Gründe für die Vielfalt der Entlehnung aus dem Französischen sowie zum anderen in einer Art Metaanalyse eine tour de force durch eine Vielzahl von einzelsprachlichen Studien unternommen wird. 127 À la recherche des mots d’emprunt 2 Möglichkeiten der mentalen Vernetzungen machen auch die Berücksichtigung von Internationalismen (z.B. internet) oder gar von sogenannten Schüsselwörtern denkbar, die zwar klanglich ähnlich sind, aber keine etymologische Beziehung zueinander haben. Das konventionelle Feld wissenschaftlicher Printpublikationen ist zwar als solide Grundlage der lexikologischen Forschung bezüglich der Fragen zu his‐ torischen Zusammenhängen, Mechanismen formaler Adaptation, Bedeutungs‐ modifikationen sowie zu Vitalität und Verwendungsweisen von Lehnwörtern in den verschiedenen Sprachen unabdingbar, eignet sich jedoch kaum zur beabsichtigten individuellen Recherche im schulischen Kontext, für die in Abschnitt 3.1 das Wiktionary als digitales Hilfsmittel zu Rate gezogen wird. 2.2 Engere und weitere Begriffsauffassungen von Gallizismus Im Hinblick auf den didaktischen Anspruch des Erkennens von Zusammen‐ hängen zwischen Herkunftssprachen und der Zielsprache Französisch mag man sich die Frage nach dem Purismus des Ansatzes stellen, d.h. sollen nur jene Lexeme als Lehnwörter bezeichnet werden, die im strengen linguistischen Sinne als Gallizismen, also als nachweislich aus dem Französischen stammende Lexeme, gelten können? Zum einen gibt es französische Lehnwörter, die über eine dritte Sprache importiert worden sind - so gelten z.B. Gallizismen im Kroatischen überwiegend als Importe aus dem Deutschen (cf. Rettig 2006, 1814). Zum anderen gibt es Lehnwörter, die formale Ähnlichkeit zu französischen Le‐ xemen aufweisen, aber tatsächlich auf eine andere, zumeist romanische Sprache zurückzuführen sind und als Romanismen mitberücksichtigt werden könnten. Beim Französischen als lautlich exzentrischer Sprache innerhalb der Romania (cf. Koch 2019, 131) sind Entlehnungen zumeist von starken Modifikationen im Schriftbild gekennzeichnet, sofern vornehmlich die Lautstruktur adaptiert wird. Dies ist in vielen Sprachen der Fall, nicht so sehr jedoch etwa im Englischen, wo eher die Aussprache modifiziert, oder im Deutschen, wo Anpassungen der Schreibweise (z.B. <Majonäse> statt <Mayonnaise>) nur sehr begrenzt und nicht frei von Widerstand erfolgen. Die im Folgenden vorgestellte lexikalische Recherche mittels Wiktionary impliziert eine eher enge Auffassung von Entlehnungen aus dem Französischen. Inwieweit Öffnungen auf weitere romanische Sprachen oder auch auf generelle lexikalische Ähnlichkeiten zwischen Herkunftssprachen und der Zielsprache Französisch ins Auge gefasst werden sollten, hängt letztlich von der didakti‐ schen Intention ab: Liegt der Schwerpunkt in der Arbeit auf sprachhistorischen Zusammenhängen, ist der Rahmen enger zu fassen als etwa bei Brückenschlägen zwischen den Sprachen im Sinne mehrsprachigkeitsdidaktischer Lerntheorie, in der alle potenziellen Vernetzungen der Sprachen willkommen sein könnten. 2 128 Christian Koch Zur Diskussion von Schlüsselwörtern und etymologischem Wortschatzlernen cf. auch Koch (2020, 177, 416-423). 3 Ein Beispiel hierfür ist das an der LMU München angesiedelte Projekt VerbaAlpina, in dem Wikidata als mehrsprachige Vernetzungsgrundlage der Daten genutzt wird (cf. Krefeld et al. 2020). 4 URL: https: / / en.wiktionary.org/ wiki/ Category: Terms_derived_from_French (04.09.2022). Innerhalb der Kategorie „Terms derived from…“ wird noch zwischen „Terms borrowed from…“ und „Terms inherited from…“ unterschieden. Gleichwohl die Differenzierung von Erb- und Lehnwörtern gerade in der Romania anhand von lexikalischen Doubletten lateinischer Etyma leicht begreifbar gemacht werden kann, ist die Abgrenzung von Erbwörtern für die hier anvisierte Recherche von geringerer Relevanz. In der Kategorie „Terms inherited from French“ sind zudem zurzeit nur Kreolsprachen verzeichnet. Eine bewusste Öffnung des im Folgenden vorgestellten Ansatzes kann etwa auch dann erfolgen, wenn klar ist, dass eine Herkunftssprache zwar kaum durch das Französische, wohl aber durch andere romanische Sprachen - z.B. Portugiesisch für die Sprachen Indiens oder Spanisch für die Sprachen der Philippinen - geprägt ist. 3 Digitale Tools zur Recherche von Lehnwörtern 3.1 Wiktionary Als Bestandteil der Wikipedia-Enzyklopädie haben auch gegenüber dem lexi‐ kographischen Wert des Wiktionary die gleichen Vorbehalte zu gelten, nämlich dass die Inhalte nicht durch fachliche Expertise, sondern durch editorische Ak‐ tivität und durch eine zu 90% männliche Autorschaft geprägt sind (cf. Wampfler 2020, 79). Dennoch hat ebenso wie die Enzyklopädie auch das Wörterbuch eine uneinholbare Informationsfülle entwickelt, die es unlängst auch zu einem Hilfsmittel der sprachwissenschaftlichen Forschung gemacht hat. 3 Besonders interessant für den hier verfolgten Zweck ist die Verknüpfung von Sprachen in einem polyglotten Wörterbuch. Dieses ist allerdings vollumfänglich nur in der englischen Version, d.h. mit Englisch als Sprache der Nutzeroberfläche, brauchbar. Zwar sind auch Versionen auf Deutsch und Französisch sowie in vielen anderen Sprachen vorhanden, diese sind jedoch zurzeit bei Weitem nicht so umfangreich. Ausgangspunkt ist die Seite „Terms derived from French“ 4 , von wo aus Listen zu über 250 Sprachen und Varietäten aufgerufen werden können. Alternativ sind von der jeweiligen Sprache aus über die Kategorie „Terms by etymology > Terms derived from other languages“ Lehnwörter aus verschie‐ denen Sprachen einzusehen, wobei die letztlich erscheinenden Listen von beiden Suchrichtungen aus dieselben sind. Neben formal übernommenen Lexemen 129 À la recherche des mots d’emprunt 5 Beispiele: bûrs (bourse, ‘Stipendium’), deterjan (détergent, ‘Waschmittel’), ekîb (équipe, ‘Team’), kartpostal (carte postale, ‘Postkarte’), klavye (clavier, ‘Tastatur’). sind auch Lehnbildungen verzeichnet, die über die Kategorie „Terms calqued from…“ gesondert aufrufbar sind. In nicht-indoeuropäischen Sprachen haben die meisten Einträge Türkisch (1934), Indonesisch (923), Vietnamesisch (596) und Georgisch (507), sofern man Kreol- und Plansprachen ausklammert (Stand: September 2022). Jeder Eintrag benennt das französische Etymon, verweist ggf. auf Umwege und Unsicherheiten der Entlehnung und nennt Belegstellen durch externe Verweise auf Wörterbücher der jeweiligen Sprache. Zur qualitativen Einschätzung aus linguistischer Sicht ist hervorzuheben, dass die vorhandenen Einträge überwiegend plausibel erscheinen, wenngleich auch Eigennamen verzeichnet sind, die für die Lehnwortsuche weniger interes‐ sant, aber beispielsweise im Chinesischen als Verzeichnis der entsprechenden Logogramme von großer Bedeutung sind. Hauptproblem ist, dass die Informa‐ tionen zu einzelnen Sprachen sehr unvollständig sind. So sind beispielsweise für das Kurdische (Kurmancî bzw. im Wiktionary: „Northern Kurdish“) nur zehn Einträge vorhanden, während im Kurdisch Grundwortschatz von Bêrîvan (2015) über hundert Gallizismen verzeichnet sind. 5 Das Wiktionary stellt also ein zwar umfangreiches, aber keineswegs vollständiges lexikographisches Bild des französischen Wortschatzes in anderen Sprachen dar. Insofern kann es nur begrenzt für Konsultationen dienen, die notwendig sein könnten, wenn Schüler*innen Vermutungen über Lehnwörter, die sie aus ihrem sprachlichen Vorwissen herleiten, überprüfen wollen. Hier wäre ein gutes einsprachiges Wörterbuch der Herkunftssprache nach wie vor die solidere Quelle, zumal das Wiktionary nur begrenzt kennzeichnet, wie gebräuchlich die jeweiligen Lehnwörter sind und inwieweit sie in Konkurrenz zu Urwörtern oder zu anderen Lehnwörtern stehen. Das Potenzial des Wiktionary liegt also vornehmlich darin, neue Wörter zu entdecken. Daraus leitet sich die qualitative Einschätzung aus didaktischer Sicht ab: Die Schüler*innen können auf Grundlage der Vertrautheit mit anderen Wiki-Struk‐ turen dieses Tool leicht bedienen und nach Wörtern suchen. Je nach Kenntnis‐ stand der eigenen Herkunftssprache und der Bewusstheit über die Bezüge zum Französischen stoßen sie auf Bekanntes und Neues. Eine mögliche Hürde stellen dabei jene Sprachen dar, die nicht mit Buchstaben des lateinischen Alphabets verschriftet werden, da Schüler*innen mit herkunftssprachlichem Hintergrund nicht selbstverständlich auch in diesen Sprachen über ausreichende literacy verfügen. Daher sind eventuell weitere Tools notwendig, die im folgenden Abschnitt thematisiert werden. 130 Christian Koch 6 URL: https: / / translate.google.de/ (04.09.2022). 7 So wird z.B. der arabische Buchstabe Alif (ا), der je nach Kontext entweder als langer Vokal ā oder als Trägerbuchstabe für andere Vokale dient, isoliert als Apostroph ‘ wiedergegeben. Die automatische Transliteration bei Google Translate kann hochara‐ bische Texte vokalisieren und damit für Menschen, die die Sprache nicht beherrschen, lesbar machen. Für einige andere Schriftsysteme (z.B. Thailändisch) generiert die Soft‐ ware hingegen keine intuitiv lesbare lateinische Umschrift. 3.2 Weitere Tools Die weiteren Tools, die für das Vorhaben der Lehnwortrecherche zum Einsatz kommen, müssen wohl nicht genauer in ihrer Funktion erklärt werden, da sie gemeinhin bekannt sein sollten. Sofern eine fremde Schrift eine Schwierigkeit darstellt, können etwa beim Google Übersetzer (Alternativbezeichnung: Google Translate) 6 einzelne Wörter oder auch ganze Webseiten übersetzt werden, ggf. werden auch Transliterationen in lateinischer Schrift angezeigt. Diese sind jedoch als technisch erzeugte Produkte - im Gegensatz zu den Transkriptionen bei Wiktionary - nicht immer intuitiv lesbar. 7 Außerdem besteht für viele Sprachen die Möglichkeit, den eingegebenen Text vorlesen zu lassen. Mithilfe des Smartphones ermöglicht der Google Übersetzer auch die Schrifterkennung, was gerade für die Bearbeitung von Linguistic Landscapes hilfreich ist, wenn schriftliche Elemente nicht digital abrufbar sind und daher nicht als Text kopiert werden können. Für die Suche nach Belegstellen in Form von graphischen Darstellungen empfiehlt sich intuitiv die Bildersuche von Google. Eventuell ist es hilfreich, bei der Suche in den Einstellungen die jeweilige Herkunftssprache auszuwählen. Insbesondere wenn die entsprechenden Lehnwörter nicht eindeutig dieser Sprache zuzuordnen sind, kann durch die Spracheinstellung gezielter gesucht werden. 4 Funktionen von Linguistic Landscapes Linguistic Landscapes haben sich zu einem populären Forschungsfeld der Sprachwissenschaft entwickelt (z.B. Ziegler et al. 2018; Moser 2020). Der Gegenstand ist auch für den Einsatz im Fremdsprachenunterricht diskutiert worden (cf. Muth 2018, 224-230 sowie Gorter / Cenoz in diesem Band). Wie erwähnt, sollen Linguistic Landscapes bei der Recherche nach Gallizismen zunächst als eine Art Lieferant für Belegstellen dienen, denn das Verzeichnis eines Lehnworts im Wiktionary allein gibt noch keinen deutlichen Hinweis darüber, ob das Wort in der Sprache (noch) in Gebrauch ist. Eine multimodale Darstellung, in der das Wort in einen außersprachlichen Kontext eingebettet 131 À la recherche des mots d’emprunt 8 Scollon / Scollon (2003, 4) definieren einleitend: „We are calling this theoretical frame‐ work geosemiotics to make reference to the social meaning of the material placement of signs (semiosis, to use Peirce’s term) particularly in reference to the material world of the users of signs.“ ist, kann einen solchen Beleg liefern. Dafür würde zwar auch in traditioneller Herangehensweise ein rein sprachlicher Beleg in einem Textkorpus ausreichen, allerdings hat dieser gegenüber der Darstellung in der realen Sprachlandschaft die Schwierigkeit der komplexeren semantischen Einbettung, die zwar für die jeweiligen Herkunftssprecher*innen nachvollziehbar sein kann, aber weniger zum Austausch in der Lerngruppe einlädt, was in Abschnitt 5.2 noch genauer beschrieben wird. Im Sinne der Geosemiotik nach Scollon / Scollon (2003) 8 wird durch die räum‐ liche Einbettung der sprachlichen Zeichen verständlich, was diese ausdrücken. Im besten Falle dienen die gefundenen Darstellungen daher nicht nur zum Beleg für die Vitalität eines Lehnworts, sondern sind über den von der jeweiligen Sprache unabhängigen Bildkontext in Verbindung mit einem Lehnwort, das mithilfe von Französischkenntnissen hergeleitet werden kann, auch für die Mitschüler*innen verständlich. Anders als etwa bei Untersuchungen von Linguistic Landscapes im Zusam‐ menhang mit Fragen der Sprachpolitik und / oder Kommunikation im öffent‐ lichen Raum geht es bei der hier anvisierten virtuellen Recherche sicherlich weniger um die exakte geographische Lokalisierung von Abbildungen, dafür kommen jedoch auch Abbildungen in Betracht, die typischerweise nicht im Feld der Linguistic Landscapes berücksichtigt werden. So würde sich etwa eine Studie zu Linguistic Landscapes in einem Supermarkt vermutlich eher auf die Beschilderung konzentrieren, nicht aber auf die einzelnen Produkte in den Regalen, wenn diese nicht fixiert und exakt lokalisierbar sind. Als Belegstelle für ein Lehnwort kann eine solche Produktabbildung jedoch sehr wohl dienen. Je nach Lehnwort kann die Suche einer illustrativ bereichernden Abbildung unterschiedlich schwierig ausfallen. Das kann zum einen mit der Beschaffen‐ heit des Wortes zu tun haben, d.h. Abstrakta erscheinen vielleicht seltener in multimodaler Form geschrieben, oder die Bildersuche zu einem Wort mit konkretem Referenzobjekt führt zu zahlreichen Abbildungen des Gegenstands, ohne dass der Schriftzug des Wortes abgebildet ist. Zum anderen kann die fehlende Sichtbarkeit einzelner Sprachen ein Problem darstellen. Dies betrifft z.B. zahlreiche afrikanische Sprachen oder auch das oben genannte Kurdische, also Sprachen, die sich als Vernakularsprachen bzw. low varieties in einer diglossischen Konstellation befinden. Für die Verwendung des im Folgenden 132 Christian Koch skizzierten Unterrichtsbausteins zur Lehnwortrecherche sollte sich die Lehr‐ kraft dieser Schwierigkeiten bewusst sein. 5 Unterrichtsvorschläge Wie in der Einleitung erwähnt, soll an dieser Stelle eine unterrichtliche Konkre‐ tisierung erfolgen, die ab dem 4. Lernjahr möglich ist (gedacht für Französisch als 2. Fremdsprache an Sekundarschulen). Im Anschluss wird in Abschnitt 5.4 aber auch eine Variante vorgeschlagen, bei der die Lehnwortrecherche bereits früher eingesetzt werden kann. Einzubetten ist die Einheit etwa in die Thematik der Frankophonie, die ab dem 3. Lernjahr vermehrt in den Lehrwerken behandelt und auch in der Sekundarstufe II häufig aufgegriffen wird. Nicht erwähnt zu werden braucht wohl, dass der Unterricht computerunterstützt erfolgen muss, also im Computerraum, mit Laptops oder Tablets oder von zu Hause. Ausschließlich mithilfe des Smartphones mag die Ausführung hingegen schwierig sein. 5.1 Einstieg und Erarbeitung Als Einstieg dient ein Bildimpuls, bei dem ein französisches Lehnwort in einer anderen Sprache in einen außersprachlichen Kontext eingebettet ist (z.B. Fig. 2). Die Schüler*innen erschließen die Bedeutung und schildern im Sinne der Aktivierung von Vorwissen eigene Kenntnisse über Gallizismen in anderen Sprachen, insbesondere in den im Klassenraum präsenten Herkunftssprachen. Für Schüler*innen ohne herkunftsbedingte Mehrsprachigkeit bietet es sich an, eine ihnen unbekannte Sprache zu erkunden. Unter den gallizismenreichen Sprachen sind v.a. Türkisch, Vietnamesisch und slavische Sprachen mit lateini‐ scher Schrift wie Polnisch oder Kroatisch gut zugänglich. Die Aufgabe zur Recherche kann folgendermaßen lauten: La langue française a laissé beaucoup de traces dans le monde entier. Cherche des mots empruntés du français dans d’autres langues (p.ex. ta langue d’origine) à l’aide de la version anglaise du Wiktionary. Cherche ensuite des images où ces mots soient employés dans un contexte réel. Remplie une fiche de documentation pour chaque mot que tu trouves. Lien au Wiktionary : https: / / en.wiktionary.org/ wiki/ Category: Terms_derived_from_French 133 À la recherche des mots d’emprunt Die fiche de documentation beinhaltet neben der Abbildung notwendige Informationen zum Verständnis des Lehnwortes sowie die Angabe der Quelle, die bei einer Bildrecherche leicht vergessen wird: Abb. 1: Dokumentationsschema Zum besseren Verständnis der Aufgabe wird der Bildimpuls aus dem Einstieg in das Schema eingefügt: Abb. 2: Beispiel 1 (gara ô tô, vietnamesisch) 134 Christian Koch Ein Beispiel aus dem Russischen soll zeigen, wie eine andere Schrift in das Schema eingefügt wird: Abb. 3: Beispiel 2 (консьерж, russisch) Als drittes und letztes Beispiel noch ein Wort aus dem Chinesischen, das sich generell wenig aufnahmebereit für Lehnwörter zeigt (cf. Rettig 2006, 1817). Wie oben bereits erwähnt, verzeichnet das Wiktionary für Chinesisch v.a. die logographische Wiedergabe frankophoner Eigennamen. Eines der echten Lehn‐ wörter, auf das man bei der Recherche im Wiktionary stößt, ist die Bezeichnung für brioche: 135 À la recherche des mots d’emprunt Abb. 4: Beispiel 3 ( 布莉歐 , chinesisch) 5.2 Austausch und Analyse Nachdem die Schüler*innen individuell eine Reihe von Beispielen gefunden haben, sollte ein Austausch stattfinden. Die gegenseitige Erkundung kann in Form eines Galeriegangs durchgeführt werden, in virtueller Form z.B. an der virtuellen Pinnwand in der Anwendung Padlet (cf. Wampfler 2020, 80sq.). Bevor jedoch die vollständigen Dokumentationsschemata präsentiert werden, bietet es sich an, ein Quiz vorzuschalten, in dem die Mitschüler*innen anhand der Abbildung erraten, um welches Wort es gehen könnte. Der Überblick über Lehnwörter in verschiedenen Sprachen lädt zum Ver‐ gleich ein. Gibt es irgendwo die gleichen Lehnwörter? Schüler*innen mit Herkunftssprachen können verifizieren, ob die von den anderen recherchierten Wörter auch in ihren Sprachen vorhanden sind. Auch das Deutsche kann hier herangezogen werden, um festzustellen, dass die oben genannten Beispielle‐ xeme als Garage, Concierge und Brioche ebenso existieren. Auf noch formalerer Ebene kann man die Lehnwörter im Hinblick auf Unterschiede in Klang und Schreibweise vergleichen. Für die Schüler*innen mit Herkunftssprachen ist auch noch interessant zu betrachten, ob sie neue Wörter entdeckt haben, die sie noch nicht kannten oder bei denen sie noch nicht wussten, dass sie aus dem Französischen stammen. Generell kann sich hier die individuelle Diskussion 136 Christian Koch 9 Die Bewusstheit über Lehnwörter und deren Herkunft ist auch in der Sprachwissen‐ schaft ein komplexes Arbeitsfeld (z.B. Scholvin / Meinschaefer 2018, 160). Zwar gibt es lautliche Indizien - z.B. nasalierte Vokale und der Laut [ʒ] bei Gallizismen im Deutschen, fehlende Vokalharmonie bei Gallizismen im Türkischen oder Mehrsilbigkeit bei Gallizismen im Vietnamesischen, jedoch sind dies keine durchgehend auftretenden Merkmale. 10 Dieses Wort stammt von der veralteten bzw. eher in der Schweiz geläufigen Bezeich‐ nung perron für ‚Bahnsteig‘. Weitere Gallizismen in dem Umfeld, die vielleicht weniger über Linguistic Landscapes aufzuspüren sind, wären z.B. culoar (couloir, ‚Gang‘), cușetă (couchette, ‚Schlafwagen(platz)‘) oder compartiment (compartiment, ‚Abteil‘) (cf. Palcu 2014, 73sq.). darüber anschließen, wie bewusst Lehnwörter aus dem Französischen als solche wahrgenommen werden. 9 5.3 Vertiefung Nach dem Einblick in die Entlehnung von Wörtern aus dem Französischen in verschiedenen Sprachen schließt sich die Frage an, warum sich diese Wörter ausgebildet haben. Die Feststellung etwa, dass ein Land einmal französische Kolonie war, erklärt zwar schon an sich ein höheres Aufkommen an Gallizismen, es bietet sich aber auch an, genauer hinzuschauen und zu untersuchen, inwie‐ weit die Wörter mit der Präsenz der Franzosen zu tun haben. Auch in anderen Gegenden, in denen Französisch nicht als Kolonial-, sondern ausschließlich als Kultursprache gewirkt hat, ist durch weitere thematische Recherchen zu betrachten, warum bestimmte lexikalische Felder wie Wissenschaft und Technik oder Kulinarik frankophon geprägt sind. Über diesen zunächst sehr sprachfo‐ kussierten Ansatz ist es also möglich, das Rahmenthema Frankophonie über die Grenzen der französischsprachigen Länder hinweg zu behandeln. 5.4 Varianten Thematische Eingrenzung Die vorgestellte Recherche nach französischen Lehnwörtern in den Sprachen der Welt ist maximal offen gestellt, da sie keine thematischen oder sprachlichen Einschränkungen vorsieht. Genau dies wäre aber natürlich denkbar, wenn dieser Unterrichtsbaustein einen Sprachraum oder ein Wortschatzfeld fokus‐ sierter behandeln soll. Z.B. könnte man einen rumänischen Bahnhof (gară) erkunden und auf diverse Gallizismen wie tren, peron  10 , bagaje und ghișeu de bilete stoßen. 137 À la recherche des mots d’emprunt Anfangsunterricht Besteht die Hauptintention des Aufzeigens von Gallizismen darin, Brücken zwischen den Herkunftssprachen der Schüler*innen und der Zielsprache Fran‐ zösisch aufzubauen, so sollte dies eigentlich eher frühzeitig passieren, etwa so wie deutschsprachige Lehrwerke in der Initiationsphase mithilfe einiger transparenter Wörter wie croissant, baguette oder parfum bereits Bekanntes aufzeigen und damit eine gewisse Hürde des scheinbar ganz und gar Fremden nehmen. Allerdings sind sowohl der Umgang mit noch unbekannten französi‐ schen Vokabeln als auch die begrenzte kommunikative Auseinandersetzung, die in der Zielsprache möglich wäre, Gründe, die gegen den frühen Einsatz der Recherche sprechen. Auch die technischen Anforderungen zur eigenstän‐ digen dokumentierenden Recherche, zudem mit englischer Benutzeroberfläche, mögen für die Klassenstufen 6 oder 7 noch zu anspruchsvoll sein. Alternativ könnte daher auch die Lehrkraft selbst tätig werden, die Herkunftssprachen in der Klasse erfassen - was im Sinne der Aufgeklärten Mehrsprachigkeit (cf. Reimann 2017 sowie Reimann in diesem Band) ohnehin ein wichtiges Element des mehrsprachigkeitssensiblen Fremdsprachenunterrichts ist - und selbst re‐ cherchieren, um dann den Schüler*innen individuell einige Transferpotenziale aufzuzeigen und auch als Lehrkraft selbst Bewusstheit über solche Potenziale der in der Lerngruppe vertretenen Herkunftssprachen zu entwickeln. Gegenseitige Entlehnungen Wenngleich in diesem Beitrag das Augenmerk auf den Wörtern liegt, die aus dem Französischen in andere Sprachen entlehnt worden sind, ist es sicher loh‐ nenswert, im Gegenzug auch Lexeme zu betrachten, die aus anderen Sprachen ins Französische entlehnt worden sind. Zwar ist die Zahl der Entlehnungen ins Französische zumeist geringer, aber eventuell können Schüler*innen mit Herkunftssprachen auch in dieser Perspektive ihnen noch unbekannte Zusam‐ menhänge entdecken. Besonderes Potenzial haben jenseits der Romania u.a. Sprachen wie Arabisch, Russisch oder auch Japanisch. Das Wiktionary gibt über die Kategorie „French borrowed terms“ einige Hinweise. 6 Fazit Dieser Beitrag hat den Versuch unternommen, die lexikalische Recherche von französischstämmigen Lehnwörtern in verschiedenen Sprachen der Welt zu einem Unterrichtsgegenstand zu machen, dadurch Brücken zu Herkunftsspra‐ chen zu schlagen und ganz allgemein lexikalische Spuren der Frankophonie aufzuzeigen. Von sprachwissenschaftlichen Ansätzen der Lehnwortforschung 138 Christian Koch sowie der Untersuchung von Linguistic Landscapes ausgehend, sind konzeptu‐ elle Unterrichtsvorschläge und mögliche Varianten aufgezeigt worden, die als Grundlage für die Konkretisierung in realen Lernsituationen zu verstehen sind. Sich auf Herkunftssprachen und damit auf zumeist unbekannte Strukturen einzulassen, ist kein einfaches Unterfangen und stellt die Lehrkräfte vor große Herausforderungen. Gerade die digitalen Ressourcen, die heute mehr Möglich‐ keiten bieten als je zuvor, stellen jedoch eine Chance dar, zwischen diesen Medien und den Lernenden kompetent zu vermitteln. Die Beschäftigung mit Wortschatz kann als konstruktiver Einstieg verstanden werden, um anhand einer relativ leicht zugänglichen sprachlichen Kategorie, und hier zudem unter‐ stützt durch die Kraft von Bildern, Herkunftssprachen in den Französischunter‐ richt einzubinden. Andere sprachliche Bereiche wie Phonetik, Grammatik und Pragmatik verdienen in einem herkunftssprachensensiblen Fremdsprachenun‐ terricht jedoch ebenso Berücksichtigung und stellen damit weitere Arbeitsfelder dar, die in der modernen Aus- und Fortbildung von Fremdsprachenlehrkräften verfolgt werden müssen. Die Symbiose aus Sprachwissenschaft und Didaktik, wie sie in diesem Beitrag demonstriert werden sollte, wird dabei in vielerlei Hinsicht behilflich sein. Literatur Bêrîvan, Isabella. 2015. Kurdisch Grundwortschatz. Kurdî, bingeha xezîne ya bêjeyan. Wiesbaden: Reichert. Brüser, Babett / Wojatzke, Julia. 2013. „Das Türkische als ‚Brücke‘ zum Wortschatzerwerb im Französischen. Eine empirische Studie mit Berliner Schülerinnen und Schülern des Jahrgangs 10“, in: Fremdsprachen Lehren und Lernen, 42/ 1, 121-130. Fernández Ammann, Eva Maria / Kropp, Amina / Müller-Lancé, Johannes (ed.). 2015. Herkunftsbedingte Mehrsprachigkeit im Unterricht der romanischen Sprachen. Berlin: Frank & Timme. 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In this paper, the two notions of parallel texts and linguistic landscapes (i.e., the totality of all publicly displayed linguistic occurrences in given places) are brought together and made useful for language didactics. The aim of this paper is to show the pedagogical potential and use of language versions in real and digital linguistic landscapes. By integrating publicly displayed parallel texts into foreign language classes, language resources can be acquired, language policies can be made visible, and language awareness and learning autonomy can be promoted. To concretize these ideas, two examples of tasks for French as a Foreign Language lessons are presented: one for the first years of learning and one for the gymnasiale Oberstufe (i.e. German upper secondary school). 1 Einführung Das Französische ist auch in deutschsprachigen Räumen weit verbreitet: Ob auf Etiketten von Saftflaschen, in der Packungsbeilage von Kontaktlinsen, in den Spracheinstellungen des Smartphones oder in den auswählbaren Tonspuren und Untertiteln von Filmen und Serien - la langue française se cache un peu partout. 1 In der Literatur- (bzw. Lese-/ Schreib-)Didaktik können auch inhaltliche Varianten als Paralleltexte bezeichnet werden. In diesem Fall produzieren Lernende „thematische Varianten in analoger Form“ (LfSuW 2001, 138), z.B. indem sie eine neue Strophe für ein Gedicht schreiben. Für den hier vorgestellten Ansatz spielt diese Bedeutungsvariante jedoch keine Rolle. Diese Alltagspräsenz von nicht-dominanten (d.h. aus frequenzbzw. macht‐ bezogener Sicht nicht vorherrschenden) Sprachen gilt es, für den schulischen Fremdsprachenerwerb zu nutzen: Lernende können so nicht nur für sprachliche Vielfalt sensibilisiert, sondern auch an explorative Sprachforschung (cf. entdeckendes Lernen, Mehlhorn 2012; Schädlich 2017) herangeführt werden. Das Französische soll dabei direkt erfahr- und erforschbar gemacht werden. Ziel dieses Beitrags ist, das didaktisch-methodische Potenzial von Parallel‐ texten als mehrsprachigen Textversionen in realen und digitalen Sprachland‐ schaften herauszuarbeiten (s. Kap. 3) und dessen Umsetzungsmöglichkeiten anhand von Unterrichtsbeispielen zu illustrieren (s. Kap. 4). Um hierfür eine Basis zu schaffen, werden zuvor noch die Begriffe Paralleltext (s. Kap. 1.1) und Sprachlandschaft (s. Kap. 1.2) definiert und mit den Zielen des Fremdspra‐ chenunterrichts in Bezug gesetzt, sowie Beispiele für zielsprachige Räume (s. Kap. 2.1) und die eigene, d.h. schülernahe, Umgebung (s. Kap. 2.2) vorgestellt. 1.1 Paralleltexte (textes parallèles) Eine Möglichkeit, das Französische entdecken und erforschen zu lassen, stellt - wie bereits von Maik Böing (2019) vorgeschlagen - die Untersuchung von mehrsprachigen Texten dar. Als Text wird hier, gemäß dem erweiterten Textbegriff (cf. z.B. Ministerium BW 2016, 5), eine kommunikative inhaltliche Einheit verstanden, welche aus verschiedenen (verbalen und nonverbalen) Zeichensystemen bestehen kann, wobei das Kriterium des Umfangs (cf. Glück / Rödel 2016, s.v. Text) keine Rolle spielt. Im Rahmen des vorliegenden Beitrags soll eine spezielle Form mehrsprachiger Texte in den Fokus gerückt werden: Paralleltexte. Von Paralleltexten spricht man, wenn ein und derselbe Text in mehreren Sprachversionen vorliegt. Es wird somit nicht nur ein französischer Text, sondern „the same text in several languages“ (Aijmer 2008, 275) betrachtet. Während Malloggi (2020, 447) unter Paralleltexten sämtliche Texte versteht, „die […] dieselbe Textsortenzugehörigkeit, denselben Themenbereich und einen gut vergleichbaren Textaufbau aufweisen“, handelt es sich bei Paralleltexten im engeren Sinn um einen Originaltext sowie eine oder mehrere Übersetzungen. 1 Da letztere Begriffsbestimmung jedoch bei Texten, bei denen nicht zweifelsfrei bestimmt werden kann, welche Textversion den Ausgangstext darstellt, proble‐ matisch ist, wird bei der folgenden Definition der Ausdruck Übersetzung - der 144 Janina Reinhardt eine Ausgangs- und eine Zielsprache impliziert - durch den richtungsneutralen Begriff der Sprachversion ersetzt. Paralleltexte sind inhaltlich und funktional äquivalente Textvarianten, d.h. ein Text liegt in mehreren Sprachversionen vor. Die Beforschung von Sammlungen solcher Paralleltexte, sog. Parallelkorpora, ist ein wohl etabliertes Forschungsfeld der kontrastiven Linguistik (cf. z.B. Doval Reixa / Sánchez Nieto 2019 für einen historischen Überblick zum Einsatz von Parallelkorpora; Nádvorníková 2010 für eine Vorstellung von Parallelkorpora als outil de recherche; Kraif 2014 für eine Habilitation zum Unterschied zwischen corpus parallèles und corpus comparables und Zimmermann / Kaiser 2020 für eine Parallelkorpus-Studie zum Altfranzösischen). Im Bereich der Fremdsprachendi‐ daktik stellt die Verwendung von Paralleltexten und -korpora dagegen bislang eher die Ausnahme dar. Dies mag überraschen, haben mehrsprachigkeitsdidak‐ tische Ansätze und die Förderung von Sprach(en)bewusstheit in den letzten Jahren doch an Zuspruch gewonnen (cf. Reimann in diesem Band). Will man - wie im Referenzrahmen für plurale Ansätze zu Sprachen und Kulturen vorgesehen - eine Sensibilisierung für sprachliche Vielfalt erreichen, das Vertrauen in die eigenen Mediationsfertigkeiten stärken und Fähigkeiten wie die Beobachtung / Analyse sprachlicher Elemente schulen (cf. Europarat 2012, 38-39, 89, 49), bietet sich der Einsatz von Paralleltexten durchaus an, da hier mehrsprachige Textvorkommnisse, interlinguale Mediationsformen und sprachliche Vergleiche dezidiert in den Fokus genommen werden. Lernende können so erfahren, wie sie die Sprachversionen eines Textes nutzen können, um ihre Französischkennt‐ nisse (auch selbstständig) zu erweitern. Um dies schüler- und unterrichtsnah zu illustrieren, werden in Tabelle 1 die ersten Zeilen von Harry Potter im englischen Original der deutschen und französischen Übersetzung gegenübergestellt. 145 Paralleltexte im Französischunterricht 2 Textquellen: eBook-Ausgaben von Kindle (für genaue Angabe cf. Rowling 2015a, 2015b und 2017 im Literaturverzeichnis). 3 Auch mangelhafte Übersetzungen, wie sie insbesondere von Laien oder Maschinen produziert werden, können aus didaktischer Sicht sehr wertvoll sein, um Fehlerquellen bewusst zu machen und Strategien der Fehlervermeidung zu erlernen. Der Fokus dieses Artikels soll jedoch auf qualitativ hochwertigen Paralleltexten liegen. Deutsch (übersetzte Version) English (original version) Français (version traduite) Ein Junge überlebt THE BOY WHO LIVED LE SURVIVANT Mr und Mrs Dursley im Ligusterweg Nummer 4 waren stolz darauf, ganz und gar normal zu sein, sehr stolz sogar. Mr and Mrs Dursley, of number four, Privet Drive, were proud to say that they were perfectly normal, thank you very much. Mr et Mrs Dursley, qui ha‐ bitaient au 4, Privet Drive, avaient toujours affirmé avec la plus grande fierté qu’ils étaient parfaitement normaux, merci pour eux. Tab. 1: Anfang des ersten Kapitels aus dem ersten Band von Harry Potter  2 Eine mögliche Nutzung von Paralleltexten besteht darin, die Lernenden wie in einem Wörterbuch einzelne Begriffsäquivalente heraussuchen oder grammati‐ sche Konstruktionen vergleichen zu lassen. Darüber hinaus kann bei verschie‐ denen Textversionen auch die inhaltliche Abänderung und die konkrete Formu‐ lierungswahl untersucht werden. Dementsprechend können Paralleltexte im Fremdsprachenunterricht unterschiedlich eingesetzt werden: für die Suche nach Wortentsprechungen bzw. als Hilfsgerüst für die Bedeutungserschließung neuer Wörter und Strukturen (z.B. en. perfectly normal = fr. parfaitement normaux, cf. Verfügen über sprachliche Mittel und Sprachlernkompetenz in KMK 2012, 18, 22), für die Erarbeitung von Textsortenmerkmalen (z.B. Überschriften von Romankapiteln oder Formulierung von narrativen Eröffnungssätzen, cf. Text- und Medienkompetenz in KMK 2012, 20) oder für die Bewusstmachung von Praktiken des Übersetzens (z.B. Beibehaltung der Personennamen im Deutschen und im Französischen, aber Beibehaltung des Straßennamens ohne Überset‐ zung nur im Französischen, cf. Sprachmittlung in KMK 2012, 18). 3 Gemein ist allen didaktischen Einsatzmöglichkeiten, dass sie Sprach(en)bewusstheit durch „Einsichten in Struktur und Gebrauch der Zielsprache und anderer Sprachen“ (KMK 2012, 21) fördern und eine Zuordnung von Textteilen (Alinierung) der Sprachvarianten und deren kontrastive Analyse voraussetzen, welche zunächst als Strategie erarbeitet und eingeübt werden sollte. Mögliche Hilfsmittel sind hierbei visuelle Markierungen wie Farben oder Unterstreichungen und gegen‐ überstellende Anordnungen wie eine satzweise Übertragung in eine Tabelle. 146 Janina Reinhardt Der Einsatz von Paralleltexten ist aber nicht nur aus methodischer Sicht sinnvoll, er entspricht auch unserer mehrsprachigen Lebenswelt. In einer Welt, in der Migration, Mobilität und digitale Medien eine zunehmend große Rolle spielen, haben sich auch die alltäglichen Vorkommnisse von Sprachversionen vervielfältigt: Wie im Folgenden gezeigt wird, haben Fremdsprachenlernende sowohl in realen als auch in virtuellen Räumen verstärkt Zugriff auf Textver‐ sionen in mehreren Sprachen. Diese lebensweltliche (analoge und digitale) Mehrsprachigkeit gilt es bewusst und nutzbar zu machen. 1.2 Sprachlandschaften (paysages linguistiques) Für die Entdeckung und Erforschung lebensweltlicher Mehrsprachigkeit kann wiederum der Linguistic-Landscape-Ansatz (cf. Gorter / Cenoz in diesem Band) als Ausgangspunkt genommen werden. Dieser Ansatz besteht in einer Untersu‐ chung von „languages displayed in public spaces […] for functional and/ or sym‐ bolic purposes“ (Shohamy 2018, 25), d.h., sprachliche Zeichen im öffentlichen Raum werden (i.d.R. mittels Bildaufnahmen) gesammelt und ausgewertet. Der Terminus Linguistic Landscape (LL, dt. Sprachlandschaft, fr. paysage linguistique) bezieht sich demzufolge auf die Gesamtheit aller öffentlich zur Schau gestellten sprachlichen Vorkommnisse an einem bestimmten Ort: The language of public road signs, advertising billboards, street names, place names, commercial shop signs, and public signs on government buildings combines to form the linguistic landscape of a given territory, region, or urban agglomeration. (Landry / Bourhis 1997, 25) Typischerweise konzentriert sich der LL-Ansatz auf schriftliche Manifestie‐ rungen von Sprache(n) an realen, geografisch bestimmbaren und allgemein zugänglichen Orten wie z.B. in den Straßen rund um die Haltestellen einer Bahn‐ linie in Tokyo (Backhaus 2006) oder auf den Ladenschildern im Stadtzentrum von Straßburg (Bogatto / Bothorel-Witz 2013). Dieser klassische Ansatz wird auch aktuell noch praktiziert (cf. z.B. Kelleher 2017; Mensel / Vandenbrouke / Blackwood 2017; Mourlhon-Dallies 2020). Mittlerweile wurde dieses Grundkon‐ zept jedoch vielseitig erweitert und es werden auch weitere Text-/ Kommunika‐ tionsformen wie Geräusche, Tätowierungen oder Bild-Schriftkombinationen auf Demonstrationsbannern (cf. Shahomy 2018, 27) und selbst nicht-öffentliche Bereiche (cf. Gorter 2018 für den schulischen und Krompák 2018, 257 für den privaten Raum) einbezogen. Ebenso lässt sich die Grundidee nicht nur auf reale, sondern auch auf digitale / virtuelle Räume anwenden (cf. Androut‐ sopoulos 2014 und Halonen 2015). Hier stellt sich jedoch die Frage, welche sprachlichen Manifestierungen im Internet als „öffentlich zur Schau gestellt“ (s. 147 Paralleltexte im Französischunterricht oben) gelten sollen. Eine Möglichkeit besteht darin, sich auf die sprachlichen Darstellungsoptionen zu beschränken, da die Verfügbarkeit und Anordnung von Sprachversionen Rückschlüsse über die sprachpolitische Positionierung der für die Webseite verantwortlichen Personen bzw. Institutionen zulassen: OLL [Online Linguistic Landscape] resides not in the content of websites, comments, and messages, but in the linguistic features and affordances of these online spaces that can be harnessed by both users and web developers for the purpose of language display and enregisterment. In setting this boundary, we are influenced by notions such as Eastman and Stein’s (1993: 187) definition of language display as “an attempt to inform others of who one is, or would like to be in the world.” (Kallen et al. 2020, 99) Während die Sprachoptionen (bzw. die Hinweise auf weitere Sprachversionen und das Layout des Menüs) einer Webseite also Teil der Online-Sprachlandschaft sind, gehören die Inhalte selbst eigentlich nicht dazu. In der inhaltsorientierten Unterrichtspraxis stellt sich eine solche Unterscheidung allerdings als neben‐ sächlich heraus: Da der moderne Französischunterricht inhalts- und outputori‐ entiert erfolgt, darf der LL-Ansatz nicht für sich allein stehen bleiben, sondern lediglich ein Mittel zum Kompetenzerwerb darstellen. Dementsprechend setzt man ihn im Fremdsprachenunterricht auch flexibel und nicht isoliert ein, und es können - neben der OLL im engeren Sinne - auch die verschiedenen Sprachversionen selbst als Paralleltexte genutzt werden. Aus diesem Grund wird der Begriff der Sprachlandschaft im Rahmen dieses Beitrags auch sehr weit gefasst: Er steht für die sprachlichen Manifestierungen einer spezifischen Lokalität und deren Verortung in dieser. Ob dieser Raum öffentlich vs. privat oder real vs. virtuell ist, wird dabei bewusst offengelassen. Selbst das Kriterium der Zur-Schau-Stellung für einen funktionalen und/ oder symbolischen Zweck soll nicht dazu führen, sprachlich interessantes Material von der Analyse auszuschließen. Wichtig ist lediglich, dass der Ort eindeutig bestimmbar und den Schülerinnen und Schülern (direkt) zugänglich ist (oder zumindest medial erschlossen werden kann). Eine Sprachlandschaft bezeichnet die Gesamtheit und Verortung aller (insbe‐ sondere vordergründig wahrnehmbaren) Repräsentationen von Sprache(n) in einem bestimmten Raum. Sprachlandschaften stellen reichhaltige soziolinguistische Informationsquellen dar, die für das Erlernen neuer Sprachen und Kulturen sehr hilfreich sein können (cf. Shohamy 2018, 25). Wenn Lernende Sprachlandschaften untersu‐ chen, erfassen sie konkrete, ortsgebundene Ausprägungen von Kommunikation, 148 Janina Reinhardt sodass die zugrundeliegenden soziokulturellen und sprachlichen Praktiken be‐ schrieben werden und auf Sprachwahl, Sprachvariation und Machtverhältnisse eingegangen werden kann. Aus didaktischer Sicht ist dieser Ansatz gut geeignet, um sprachliche Strukturen bzw. deren kontextuellen Gebrauch zu analysieren und Mehrsprachigkeit sichtbar zu machen. Es geht letztendlich darum, „ein übergreifendes Bewusstsein für Sprache(n) und Kultur(en) zu entwickeln und zu fördern“ ( Janíková 2018, 137). Schülerinnen und Schüler, lernen so, „wichtige Beziehungen zwischen Sprach- und Kulturphänomenen […] [sowie] Gemein‐ samkeiten, Unterschiede und Beziehungen zwischen Sprachen“ (Förderung der Sprachbewusstheit, KMK 2012, 21) zu reflektieren und „Begegnungen in der Fremdsprache für das eigene Sprachenlernen [zu] nutzen“ (Förderung der Sprachlernkompetenz, KMK 2012, 22). Letztendlich soll es also darum gehen, Sprache(n) sowohl in zielsprachigen Räumen als auch in der eigenen Umgebung wahrzunehmen und für den sprachlichen und kulturellen Erkenntniszuwachs verwenden zu können. Der Linguistic-Landscape-Ansatz hat bereits vielfach Einzug in die Fremd‐ sprachendidaktik gehalten (cf. z.B. Badstübner-Kizik / Janíková 2018a und Malinowski et al. 2020). Bereits im Jahr 2009 wurde eine YouTube-Serie namens Walk, Talk and Learn French (cf. Radio Lingua Ltd 2009) veröffentlicht, in der pro Folge immer ein Element der Pariser Sprachlandschaft (Werbeplakat, Schild oder Aushang) gezeigt und erläutert wird. In diesen Videos werden allerdings eher le‐ xikalische und grammatikalische Phänomene fokussiert (cf. Badstübner-Kizik / Janíková 2018b, 8), und der dem LL-Ansatz inhärente Aspekt der Forschung wird - anders als in zahlreichen anderen Didaktisierungsvorschlägen (cf. z.B. Bruzos Moro 2020 und Sayer 2020) - nicht auf den Unterricht übertragen. Auch soziolinguistische Aspekte bleiben unberücksichtigt und Paralleltexte werden bewusst weggelassen (s. 2. Episode). Genau hier setzt der vorliegende Beitrag an, indem ein Zusammenhang zwischen Sprachlandschaften und Paralleltexten für den Einsatz im Französischunterricht herausgearbeitet wird. Im Folgenden werden dementsprechend ortsgebundene Sprachversionen, d.h. Paralleltexte in verschiedenen Sprachlandschaften, thematisiert und eine Entdeckung und Erforschung dieser durch die Lernenden selbst vorgeschlagen. 2 Paralleltexte in verschiedenen Sprachlandschaften Sprachlandschaften beinhalten oftmals mehrere Sprachen. Manchmal werden Fremdsprachen an bestimmten Stellen eingesetzt (z.B. chinesische Schriftzei‐ chen für den Namen eines Restaurants oder englische Slogans in Graffiti), Mehrheits- und Minderheiten-(bzw. Regional-/ Fremd-)Sprachen werden aus sti‐ 149 Paralleltexte im Französischunterricht 4 Eigene Fotos wurden CC-BY-SA-lizenziert veröffentlicht, cf. https: / / flic.kr/ s/ aHsmWrv aH2 (11.08.2021). listischen Gründen gemischt (z.B. bei humoristischen Sprüchen oder Werbung) oder Informationen werden für verschiedene Adressaten aufbereitet (z.B. bei Instruktionen oder der Ausschilderung von Wegen). Im Folgenden soll v.a. die letztere Art mehrsprachiger Versprachlichungen in den Fokus gerückt werden: Es geht also um jene sprachlichen Repräsentationen, die Textversionen in mehreren Sprachen beinhalten. 2.1 Paralleltexte in zielsprachigen Räumen Auch in Räumen, in denen Französisch die (oder eine) dominante Sprache (d.h. Mehrheits- oder Prestigesprache) ist, findet man mehrsprachige Texte (für ent‐ sprechende LL-Studien zum frankophonen Raum cf. z.B. Bogatto / Bothorel-Witz 2012 zu Straßburg, Kailuweit 2019 zu Südfrankreich und Mettewie et al. 2012 zu Montreal und Brüssel). Selbst Paralleltexte sind keine Seltenheit. Ein Beispiel dafür ist die mur des « je t’aime », ein Straßenkunstwerk im Pariser Viertel Montmartre, auf der in über 300 Sprachen ‚Ich liebe dich‘ steht (s. Abb. 1). Abb. 1: Eigene Aufnahme der mur des « je t’aime » in Paris (12/ 2014) 4 150 Janina Reinhardt Paralleltexte in Kunstwerken dürften jedoch eher die Ausnahme darstellen, da Übersetzungsvarianten meist der Anweisung oder Informationsbeschaffung dienen. Dementsprechend findet man Texte in mehreren Sprachversionen v.a. auf Bannern, Plakaten und Schildern. Typische Beispiele hierfür sind Ausschil‐ derungen von Wegen wie die Indikation verschiedener Bahnhofsausgänge (s. Abb. 2) und Beschreibungen von Monumenten wie der Basilika Sacré-Cœur (s. Abb. 3). Abb. 2: Eigene Aufnahme der Ausschilderung der Ausgänge der Gare de Marne-la-Vallée / Chessy (07/ 2016) Abb. 3: Eigene Aufnahme der Basilika Sacré-Cœur de Montmartre (12/ 2014) 151 Paralleltexte im Französischunterricht 5 „Ganz grundlegend lässt sich symbolische Kompetenz bestimmen als die Fähigkeit, symbolische Systeme zu manipulieren, Zeichen und ihre vielfältigen Beziehungen zu anderen Zeichen zu interpretieren, semiotische Praktiken zu nutzen, um Bedeutung zu produzieren und zu vermitteln und um sich selbstbestimmt im alltäglichen Machtspiel zu positionieren (Bourdieu 1991).“ (Kramsch 2018, 193) Interessant ist hierbei, welcher Raum den einzelnen Sprachen jeweils gegeben wird. Layout und Positionierung der sprachlichen Repräsentationen können dabei als Indikatoren für die Machtverhältnisse von Sprachen, intendierte Adressatenorientierung oder ästhetische Prinzipien gedeutet werden, wobei grundsätzlich ein gewisser Deutungsspielraum erhalten bleibt. Gerade durch die Offenheit der Interpretation lassen sich hier aus fachdidaktischer Sicht äußerst interessante Sprechanlässe schaffen: So können Zeichen und Interpretations‐ möglichkeiten gesammelt und diskutiert werden. Durch ein solches Vorgehen lässt sich symbolische Kompetenz (cf. Kramsch 2018) 5 fördern, d.h. die Lernenden werden einerseits darauf aufmerksam gemacht, dass selbst die Gestaltung von Schrift Bedeutung tragen kann, und sie erfahren andererseits, dass solche Deutungen keinen absoluten Wahrheitsanspruch erheben können. Beispielsweise wird bei der Ausschilderung der verschiedenen Ausgänge (s. Abb. 2) das französische sortie deutlich größer und an oberer Position abgebildet, wohingegen das englische (exit) und deutsche (Ausgang) Äquiva‐ lent beide nebeneinander unter dem dominanteren Ausdruck stehen. Es liegt daher nahe, dass dem Französischen als Staatssprache Frankreichs eine über‐ geordnete Rolle zugeschrieben wird und davon ausgegangen wird, dass die Mehrheit der Lesenden Französisch versteht. Im Kontrast dazu wird an der Montmartre-Fassade auf den beiden Bannern, die Hinweise zur Gebetspraktik enthalten, nicht nur derselbe Inhalt, sondern auch dasselbe Layout für die französische und die englische Variante gewählt (s. Abb. 3). Zudem werden beide Banner auf gleicher Höhe positioniert, wobei sie den (ausschließlich auf Französisch dargebotenen) Beinamen der Kirche sozusagen rahmen. Hier dürften ästhetische Gesichtspunkte eine wichtige Rolle spielen, aber auch die Anpassung an ein multikulturelles Publikum und eine Vorrangstellung des Französischen lassen sich erkennen: Durch die Präsentation einer englischen Textversion wird die Information auch für Touristen verständlich gemacht, und aufgrund der Leserichtung kann man dem Französischen eine geringfügig dominantere Rolle zuschreiben (das Französische steht links und wird somit potenziell zuerst gelesen). Dementsprechend könnte man auch schlussfolgern, dass das nachfolgende Straßenschild in Kanada sowohl die sprachpolitische Parität der beiden Amtssprachen als auch die frequenzbasierte Dominanz des Englischen abbildet: 152 Janina Reinhardt Abb. 4: Straßenschild in Kanada, 7 Nov. 2020. Britannica Academic, Encyclopædia Britannica (academic.eb.com/ levels/ collegiate/ assembly/ view/ 221925, 20.01.21) Die englische und die französische Textvariante werden zwar gleich groß und nebeneinander gedruckt, aber das Englische steht links und das Französische rechts (s. Abb. 4). Aufgrund der Leserichtung kann somit (im Gegensatz zu Abb. 3) eine Priorisierung des Englischen angenommen werden. Eine ähnliche Situation zeigt sich bzgl. der Regionalsprachen im folgenden Bild: Abb. 5: Straßenschild in der Bretagne. Lingscape (https: / / lingscape-app.uni.lu/ media/ pi ctures_cropped/ IMG_crop_20191005_173705.jpg, 23.01.21) 153 Paralleltexte im Französischunterricht So wird in der Bretagne beispielsweise darauf geachtet, das Bretonische abzu‐ bilden, wobei auch hier das Französische als Staatssprache zuerst genannt wird (s. Abb. 5): Bei der Angabe der Distanzen zu den nächsten Städten wird dort in der Regel an oberer Stelle der französische Ortsname gezeigt und erst darunter (und zudem kursiv) das bretonische Äquivalent. Somit ließe sich beispielsweise schließen, dass zwar auf die Symmetrie der Textvarianten geachtet wird, um ein ausgeglichenes Machtverhältnis zu suggerieren, letztendlich aber dennoch dem Französischen Vorrang gegeben wird (für die Interpretation von Schriftanord‐ nung und -größe bei mehrsprachigen Texten, cf. Backhaus 2006, 103 und Cenoz / Gorter 2006, 74sq.). Ob diese Vorrangstellung auf sprachpolitische Normen oder auf die Ausrichtung auf ein bestimmtes Zielpublikum zurückzuführen ist, bleibt dagegen offen. 2.2 Paralleltexte in der eigenen Umgebung In der unmittelbaren Umgebung in Deutschland lebender Schülerinnen und Schüler gibt es ebenfalls zahlreiche Texte in mehreren Sprachversionen. So werden Reisenden in öffentlichen Verkehrsmitteln und Besuchern kultureller Einrichtungen vielerorts Informationen in mehreren Sprachen zur Verfügung gestellt - beispielsweise durch Hinweise an Zugtüren (s. Abb. 6) oder Erläute‐ rungen zu Ausstellungsstücken in Museen (s. Abb. 7). Auch hier lassen die Auswahl sowie die Anordnung der Textvarianten Rückschlüsse auf den Status der Sprachen und die intendierten Adressaten zu: Während Informationen in (grenzüberschreitenden Fern-)Zügen nicht nur auf Deutsch, Englisch und Fran‐ zösisch, sondern - vermutlich aufgrund der geografischen Nähe zur Schweiz - auch noch auf Italienisch zur Verfügung gestellt werden, werden Informationen im Detmolder Freilichtmuseum nur in den drei in Europa verbreitetsten Spra‐ chen (i.e. Deutsch, Englisch und Französisch, s. Bundesregierung 2013) und zudem in den beiden weniger dominanten Sprachen auch nur stark reduziert dargeboten. 154 Janina Reinhardt Abb. 6: Eigene Aufnahme der Tür eines Zugs v. Konstanz n. Stuttgart (08/ 20) Abb. 7: Eigene Aufnahme im LWL-Freilichtmuseum Detmold (10/ 20) 155 Paralleltexte im Französischunterricht 6 Hierzu zählen u.a. Shoppingportale und amtliche sowie touristische Informationsseiten. Wikipedia stellt hier einen Sonderfall dar, da Stichworte zwar verlinkt sind, es sich jedoch nicht um Paralleltexte im engeren Sinn handelt. 7 Diese Metapher wird oftmals im Kontext von Immersion (cf. Zydatiß 2017) verwendet und verbildlicht die Idee, dass man sich mit sprachlichem Input umgibt, also in die Sprache „eintaucht“. Auch in unserer digitalen Umgebung sind französische Paralleltexte äußerst präsent: Nicht nur beim Fernsehsender ARTE, sondern auch auf vielen DVDs und Video-on-Demand-Plattformen lassen sich Sendungen sowohl auf Deutsch als auch Französisch ansehen, einige Webseiten 6 sind in mehreren Sprachversi‐ onen verfügbar und viele Geräte bzw. Programme lassen sich auf Französisch umstellen. Prinzipiell kann man sich also auch in Deutschland einem Sprachbad 7 aussetzen - durch Transkriptionen bzw. Screenshots lässt sich diese Erfahrung zudem problemlos protokollieren (s. Abb. 8). Abb. 8: Screenshot vom 08.05.2022 der Webpräsenz von ARTE 3 Das didaktisch-methodische Potenzial von ortsgebundenen Paralleltexten Im Fremdsprachenunterricht können Paralleltexte sowohl literaturdidaktisch (cf. Reinhardt 2021) als auch sprachdidaktisch (cf. Böing 2019; Malloggi 2020) eingesetzt werden. In letzterem Fall können sie nicht nur dazu verwendet werden, lexikalische und grammatische Strukturen zu erarbeiten, sondern sie können auch dazu dienen, die räumliche Verbreitung von Sprachen näher zu untersuchen und erfahrbar zu machen. Dass das Französische (nach dem Englischen und dem Deutschen) die dritthäufigst gesprochene Sprache der EU ist (Bundesregierung 2013), wird durch die Suche französischer Paralleltexte 156 Janina Reinhardt greifbar und bleibt keine abstrakte - und demzufolge auch wieder schnell vergessene - statistische Aussage. So werden Lernende für sprachliche Vielfalt allgemein und das Französische im Speziellen sensibilisiert, und es ist zu erwarten, dass sie zukünftig mehr auf Vorkommnisse des Französischen (und anderer Sprachen) achten. Diese Bewusstmachung und die damit einhergehende Anbahnung von Sprachbewusstheit (cf. auch James / Garrett 1991) ist gemäß den Bildungsstan‐ dards (KMK 2012) eine der angestrebten Zielkompetenzen des Fremdsprachen‐ unterrichts. Dort heißt es u.a., dass Schülerinnen und Schüler lernen sollen, „Gemeinsamkeiten, Unterschiede und Beziehungen zwischen Sprachen [zu] er‐ kennen und [zu] reflektieren“ (ibid., 21). Genau dies wird durch die Analyse von mehrsprachigen Textversionen trainiert: Analogien, Kontraste und Zusammen‐ hänge werden hier sichtbar gemacht. Gleichzeitig werden so auch Forderungen nach dem Ausbau von Mehrsprachigkeit und Sprachvernetzung umgesetzt, und selbst Herkunftssprachen können unkompliziert mitberücksichtigt werden (cf. Reimann in diesem Band) - insbesondere, wenn Lernende eigene Texte in den Unterricht mitbringen. Lässt man mehrsprachige Textversionen direkt von den Schülerinnen und Schülern zusammentragen und analysieren, kommt man zudem auch dem Prinzip der Handlungsorientierung (l’approche actionnelle, cf. Europarat 2018; Lütge 2017a; 2017b) nach: Die Lernenden erweitern ihre Sprachkenntnisse, indem sie selbst forschend aktiv werden. Somit gestalten sie ihren eigenen Sprachlernprozess mit und werden auf lange Sicht dazu befähigt, sprachlichen Input für den eigenen Lernfortschritt selbstständig zu nutzen. Bei dieser Art von entdeckendem Lernen (cf. Mehlhorn 2012; Schädlich 2017) durch die Erstellung und Analyse von Korpora handelt es sich zudem um gängige wissenschaftliche Datenerhebungs- und auswertungsverfahren, die u.a. für die Übersetzungswissenschaft und Korpuslinguistik propädeutisch sind und daher einen entscheidenden Schritt für die allgemeine Hochschulreife - wie sie in den Bildungsstandards (cf. KMK 2012, 5, 12) definiert wird - darstellen können. Insbesondere Hypothesenbildung und -prüfung werden eingeübt, sodass nicht nur eine Einführung in sprachanalytische Praktiken statt‐ findet, sondern auch Empirie als generelles Verfahren der Erkenntnisgewinnung ausprobiert wird (zu den Prozessen des Hypothesenbildens und -testens cf. auch Neveling 2020, 216). Selbst über die Einführung in empirische Forschung hinaus stellt die Samm‐ lung und Analyse von Paralleltexten einen Gewinn dar: Letztendlich kann so authentisches und lebensweltlich relevantes Sprachmaterial in den Unter‐ richt einbezogen werden. Dabei geht es zum einen darum, Lernenden Zugang zu neuen Räumen zu verschaffen, d.h. ihnen bislang unbekannte Sprachland‐ 157 Paralleltexte im Französischunterricht 8 Selbstverständlich sollte man sich hier nicht auf mehrsprachige Sprachvorkommnisse beschränken - einzelsprachige Aufnahmen können auch sehr bereichernd sein. Beim Thema Jugendkultur können Fotos aus dem Bereich der Graffitiscape und beim Thema Migration können Fotos einer Refugeescape sehr eindrücklich sein. 9 Das erwähnte Beispiel stammt von Peter Schildhauer. schaften zu zeigen, die ihnen sonst verborgen blieben. Zum anderen sollen ihnen neue Zugänge zu bereits bekannten Räumen ermöglicht werden, d.h. sie werden dazu gebracht, die französische Sprache in ihrem Umfeld wahrzunehmen, deren Struktur und Gebrauch zu deuten und aktiv für ihren Lernfortschritt zu nutzen. Lehrkraft und Lernarrangement können hier einerseits bei der Erschließung fremdsprachiger Räume helfen (s. 3.1) und andererseits den Schlüssel für neue Perspektiven auf die eigene Umgebung liefern (s. 3.2). 3.1 … in zielsprachigen Räumen Durch authentische Dokumente wird der zielkulturelle Raum erfahrbar gemacht. Dort, wo kein unmittelbarer Lebensweltbezug (wie z.B. durch einen Austausch oder eine Klassenfahrt) möglich ist, kann der fremdsprachige Raum zumindest über Medien wie Fotos, Videos und das Internet ins Klassenzimmer (oder auch nach Hause) geholt werden. Natürlich kann man als Lehrkraft eigene Fotos mitbringen, aber auch Lehr‐ werke und das Internet liefern interessante Textbeispiele. 8 Ebenso können Paralleltexte literarischer Werke wie Romane, Theaterstücke sowie Filme und Serien zum Unterrichtsgegenstand gemacht werden (für ein konkreteres Bei‐ spiel zu Remakes, cf. Reinhardt / Sauer 2022). Für die Suche und Auswertung von Paralleltexten eignet sich auch eine digitale Version des Linguistic-Landscape-Ansatzes: So kann man beispielsweise die Streetview-Ansicht von Google Maps verwenden, um sich während eines virtuellen Spaziergangs auf die Suche nach sprachlichen Repräsentationen im öffentlichen Raum zu begeben (cf. ibid.) 9 , oder die per Crowdsourcing gesammelten und auf einer Landkarte verorteten Fotos des Lingscape-Projekts können online eingesehen werden (www.lingscape.uni.lu/ , cf. Mourlhon-Dal‐ lies 2020). Bei beiden Varianten wäre es auch denkbar, dass sich die Lernenden selbst auf die Suche nach Paralleltexten begeben und sich z.B. eine Aufnahme heraussuchen, die sie dann analysieren und vorstellen. Besonders gut dürfte dieser Ansatz funktionieren, wenn Orte herausgesucht werden, in denen verstärkt Mehrsprachigkeit zu beobachten ist (cf. Caillis-Bonet 2013; Dagenais / Moore / Sabatier 2013; Gorter / Cenoz 2017): So eignen sich frankophone Länder mit mehreren Amts-/ Nationalsprachen wie die Schweiz, Belgien oder Kanada, régions mit Dialekten (z.B. Les Hauts-de-France mit chti) 158 Janina Reinhardt und Regionalsprachen (z.B. die Bretagne mit Bretonisch) oder touristische Plätze wie das Versailler Schloss oder ein Pariser Bahnhof, in denen internationale Sprachen (insbesondere Englisch, aber auch Deutsch und Spanisch) vertreten sind. In diesem Fall kann man Lernende im wahrsten Sinne des Wortes auf Sprachen und sprachliche Vielfalt aufmerksam machen (cf. éveil aux langues, Candelier 2003; Mertens 2018). 3.2 … der eigenen Umgebung Auch in der eigenen Umgebung soll sprachliche Vielfalt und insbesondere die Verbreitung der französischen Sprache sichtbar gemacht werden. Der erste Schritt hierfür ist, die umgebende Sprachlandschaft bewusst wahrzunehmen: Wie in 2.2 dargelegt wurde, ist das Französische in deutschen Alltagsumge‐ bungen keineswegs abwesend. Die Schülerinnen und Schüler sollen daher auf die Vorkommnisse der französischen Sprache (sowie weiterer Sprachen) aufmerksam gemacht werden - sie sollen sozusagen lernen, mit offenen Augen durchs Leben zu gehen. Wie Kuntz (2008) aufzeigt, können frei verfügbare Paralleltexte zu Sehens‐ würdigkeiten der direkten Umgebung genutzt werden, um mittels Sprachver‐ gleich Sprachbewusstheit zu fördern. Im Französischunterricht können Paral‐ leltexte jedoch nicht nur analysiert, sondern auch aktiv für die Rezeption (cf. hierzu Malloggi 2020) oder Produktion von Texten eingesetzt werden. So wäre es beispielsweise denkbar, sie bei (für die Lernenden möglichst bedeutsamen) Sprachmittlungsaufgaben wie der Übertragung von Beschreibungen eines ört‐ lichen Denkmals oder der eigenen Schule ins Französische zu nutzen, indem der entsprechende Wortschatz (und Nachschlageverfahren), Textsortenmerkmale sowie typische sprachliche Unterschiede anhand von mehrsprachig verfügbaren Modelltexten erarbeitet werden. Insbesondere in digitalen Umgebungen kann man die französische Sprache entdecken: Ob in den Tonspuren von Videos, der Sprachführung in Programmen und Apps oder den Einstellungen von Endgeräten - die eigene sprachliche Umgebung lässt sich heutzutage leicht so umgestalten, dass man sich einem digitalen Sprachbad aussetzt. Durch Screenshots können so auch die Bezeich‐ nungen einzelner Funktionen von Smartphones (s. Abb. 8) oder Videokonfe‐ renzsystemen untersucht werden. Die Erarbeitung entsprechender sprachlicher Mittel könnte beispielsweise im Rahmen von Distanzlehre (z.B. Einarbeitung in neue digitale Tools), eines virtuellen Austauschprojekts (z.B. mehrsprachige Be‐ zeichnungen der Funktionen einer Lernplattform wie Moodle oder TwinSpace) oder einer Unterrichtsreihe zu medialen Gewohnheiten (z.B. Tagebuch zur Handynutzung) erfolgen. 159 Paralleltexte im Französischunterricht 10 Diese Shoppingportale sind so große Global Players, dass sie in vielen weiteren Sprachen wie Türkisch, Russisch und Arabisch verfügbar sind und somit auch Her‐ kunftssprachen und weitere Fremdsprachen herangezogen werden können (cf. z.B. https: / / www.hm.com/ entrance.ahtml). 11 Für die Konzeption sprachübergreifender Aktivitäten kann Neveling (2020) als Orien‐ tierungsrahmen herangezogen werden. Zudem können thematisch passende Paralleltexte wie solche der Foodscape beim Thema Essen und Trinken, Anweisungen von Navigationssystemen im Kontext von Wegbeschreibungen oder Produktbeschreibungen bei Konsumar‐ tikeln aus verschiedensten Bereichen (z.B. Zahnpasta, Möbelstücke, Kleidung, elektronische Geräte, …) in den Unterricht integriert werden - beispielsweise auch als Einstiegsritual, um neue Wörter und grammatische Strukturen, die nachfolgend in der jeweiligen Unterrichtsstunde eine Rolle spielen, entdecken zu lassen. Besonders reizvoll kann die explorative Suche nach neuen (und per‐ sönlich bedeutsamen) Wörtern auf mehrsprachigen Webseiten sein, wie etwa bei der Erarbeitung des Kleidungswortschatzes mithilfe der Sprachversionen internationaler Mode-Shoppingportale (z.B. H&M, Esprit oder Zara) 10 . Hier bieten sich auch Chancen zur Individualisierung und Autonomieförderung: Zum einen können Lernende bei dieser Art der Erarbeitung selbst entscheiden, durch welche besonderen Kleidungsstücke (z.B. fr. combinaison = dt. Jumpsuit oder fr. short de bain à rayures = dt. Badeshorts mit Streifen) sie ihre Vokabelliste ergänzen wollen, und zum anderen erlernen sie eine Strategie, wie sie sich einen thematischen Wortschatz selbstständig erarbeiten können. Die Nutzung von Sprachversionen hat im Rahmen der Digitalisierung wohl generell an Bedeutung gewonnen. Online-Wörterbücher wie www.linguee.fr liefern durch Paralleltexte Belegbeispiele für Suchbegriffe und künstliche Intel‐ ligenzen verbessern ihre Sprachkenntnisse durch die Durchsuchung mehrspra‐ chiger Dokumente. Die Behandlung von mehrsprachigen Textversionen kann dementsprechend auch bewusst dazu genutzt werden, um Medienkompetenz zu fördern: Schülerinnen und Schüler sollten entsprechende digitale Tools kennen, nutzen können und (auch automatisiert gewonnene) Belegbeispiele kritisch hinterfragen. 4 Konkrete Aufgabenbeispiele für den Französischunterricht Um die zuvor erläuterten Ansätze für die Unterrichtspraxis zu konkretisieren, werden nun noch zwei Lernaufgaben für den Französischunterricht an wei‐ terführenden Schulen skizziert. 11 Während das erste Beispiel nur geringe Vor‐ kenntnisse erfordert und somit bereits ab dem Ende des ersten Lernjahres 160 Janina Reinhardt durchgeführt werden könnte (s. 4.1), richtet sich die zweite Aufgabe an stark fortgeschrittene Lernende, die zudem bereits über ausgeprägte Recherchekom‐ petenzen verfügen sollten (s. 4.2). 4.1 Beispiel für den Anfangsunterricht (ab ca. 2. Lernjahr, 7. Klasse) Der erste Unterrichtsvorschlag stellt eine Umsetzung des klassischen Lingu‐ istic-Landscape-Ansatzes (cf. Gorter / Cenoz in diesem Band) dar, d.h., die Lernenden sollen Fotos von Paralleltexten aus ihrer Umgebung aufnehmen. Er umfasst mindestens eine Vorbereitungsstunde, eine asynchrone Durchfüh‐ rungsphase (s. „Hausaufgabe“ weiter unten) und eine Unterrichtsstunde zur Auswertung. In der ersten Stunde soll in die Methode eingeführt werden: Zwei bis drei Beispiele für Paralleltexte (z.B. Abb. 6 und 7) werden gezeigt und gemeinsam analysiert. Es bietet sich an, ein Beispiel im Lehrervortrag vorzugeben und dann ein bis zwei weitere Beispiele in Partnerarbeit analysieren zu lassen. Damit die Analyse trotz des geringen Niveaus zumindest teilweise auf Französisch erfolgen kann, wird hier ein support linguistique mit deutscher Übersetzung - also mit Paralleltext - gegeben: Où est-ce que cette photo a été prise ? Wo wurde dieses Foto aufgenommen? → À la maison Zu Hause → Dans la rue Auf der Straße → Dans un moyen de transport In einem Verkehrsmittel → Ailleurs woanders Dans quelles langues est-ce que le texte est écrit ? In welchen Sprachen ist der Text geschrieben? → En allemand, anglais, français, espagnol, turc, … Auf Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Türkisch, … Quelles expressions est-ce qu’on apprend ? Welche Ausdrücke lernt man? → En français, on dit [ne pas ouvrir] pour [nicht öffnen]. Auf Französisch sagt man [ne pas ouvrir] für [nicht öffnen]. 161 Paralleltexte im Französischunterricht 12 Hier empfiehlt es sich, ein paar Ersatzbilder für diejenigen mitzubringen, die sonst kein Foto zur Hand hätten. Außerdem ist es ratsam, die hochgeladenen Paralleltexte vorab auf ihre Qualität zu prüfen und Übersetzungsfehler (wie sie z.B. auf vielen Speisekarten zu finden sind) zu markieren. Leistungsstarke Gruppen könnten zudem den Auftrag erhalten, Fehler (z.B. mit Hilfe eines Wörterbuchs oder eines Online-Übersetzers) zu verbessern. Bei der Besprechung sollten Farben für die Sichtbarmachung von Ausdrucks‐ äquivalenzen (und Wortstellung) verwendet werden. Anschließend kann die Sprachreflexion noch vertieft werden, und es können weitere Ideen auf Deutsch gesammelt werden: 1. Zu sprachlichen Strukturen: Was ist in den Sprachen gleich/ anders? 2. Zur Funktion der Sprachen: Warum sind bei diesen Beispielen Texte in mehreren Sprachen vorhanden? 3. An welchen konkreten Orten könnte man noch weitere Paralleltexte finden? Zuletzt wird die Hausaufgabe gestellt (s. Abb. 9). Idealerweise laden die Ler‐ nenden ihr Bild vorab auf die von der Schule genutzte Lernplattform, sodass sich die Lehrperson bereits einen Überblick verschaffen kann, welche Textsorten (z.B. instruction, description, …) vorkommen und welche sprachlichen Phäno‐ mene sich hier entdecken lassen. Abb. 9: Screenshot vom 20.01.21 einer Arbeitsanweisung (mit eigenem Foto) In der folgenden Stunde werden die jeweiligen Fotos dann in Partner- oder Gruppenarbeit nach dem Schema der letzten Stunde analysiert. 12 Abschließend stellen sich die Schülerinnen und Schüler ihre Ergebnisse noch gegenseitig im Omniumkontakt (cf. Nieweler 2019, 122) vor: ● Voici ma photo ! C’est [une instruction]. ● Tu l’as prise où ? ● Je l’ai prise [dans un train]. ● Et qu’est-ce que tu as appris ? 162 Janina Reinhardt 13 Sprachkürzel nach ISO 639-1, Reihenfolge der Sprachen wie auf der Webseite präsen‐ tiert. ● J’ai appris l’expression [ne pas ouvrir], ça veut dire ‘nicht öffnen’. Et toi ? Am Ende der Sequenz könnte zusätzlich noch ein ausstellbares Lernprodukt stehen, z.B. indem man die Fotos nach Kategorien sortiert und Plakate, ein eBook oder eine Seite für die Schulhomepage gestalten lässt. 4.2 Beispiel für die Oberstufe (ab ca. 5. Lernjahr, 10. Klasse) In der Oberstufe wird der Frankophonie in vielen Lehrplänen eine wichtige Rolle beigemessen. Da jedoch nur einzelne Länder vertieft durchgenommen werden, sollten sich die Schülerinnen und Schüler im Rahmen einer Unterrichtsreihe zur Frankophonie auch einen Überblick über die Vielfalt französischsprachiger Gebiete verschaffen. Eine recht einfache Möglichkeit ist hier, den zielsprachigen Internetraum zu erkunden und arbeitsteilig die offiziellen Internetauftritte verschiedener Länder (s. Tab. 2) zu erarbeiten. Land Auf der Webseite verfüg‐ bare Sprachen 13 URL Äquatorialguinea en, es, fr, pt www.guineaecuatorialpress.com Belgien nl, fr, de, en www.belgium.be Burkina Faso fr www.gouvernement.gov.bf Dem. Rep. Kongo fr www.congo.gouv.cd Elfenbeinküste fr www.gouv.ci Frankreich fr, en www.gouvernement.fr Kanada en, fr www.canada.ca Neukaledonien fr www.gouv.nc Republik Kongo fr www.gouvernement.cg Schweiz de, fr, it, rm, en www.ch.ch Tab. 2: Offizielle Webseiten zehn frankophoner Länder Eine solche Aufgabe ließe sich beispielsweise auch im Rahmen einer Einfüh‐ rungsdoppelstunde in das Thema der Frankophonie integrieren. Nachdem der Begriff der Francophonie eingeführt wurde, erhalten die Lernenden den 163 Paralleltexte im Französischunterricht Auftrag, sich in Partner- oder Kleingruppenarbeit den Internetauftritt eines französischsprachigen Landes anzusehen. Hierbei sollten nicht nur Elemente der OLL im engeren Sinne (s. 1.2), sondern auch der Inhalt der Webseiten sowie weitere Internetrecherchemöglichkeiten einbezogen werden. Während der ca. 30-45-minütigen Freiarbeitsphase könnten beispielsweise folgende Fragen be‐ antwortet und die Ergebnisse für eine kurze Präsentation im Plenum aufbereitet werden: La position géographique : Regardez le site : Est-ce qu’on y trouve des informations ? Faites une recherche : Où se trouve ce pays ? Réfléchissez : Pourquoi (n’)a-t-on (pas) présenté ces infos sur le site ? Les actualités : Regardez le site : Quelles informations sont présentées ? Faites une recherche : Qu’est-ce qui s’est récemment passé dans ce pays ? Réfléchissez : Pourquoi a-t-on choisi ces actualités pour le site ? Les langues : Regardez le site : Quelles langues sont disponibles ? Faites une recherche : Quelles langues parle-t-on dans ce pays ? Réfléchissez : Pourquoi a-t-on choisi cette/ ces langue/ -s pour le site ? Die sprachlich bzw. sprachpolitisch interessantesten Webseiten dürften wohl die fünf mehrsprachigen Webseiten sein, aber auch die Sprachauswahl einspra‐ chiger Webseiten kann durch weitere Rechercheergebnisse (über die Koloniali‐ sierung sowie noch heute vertretene indigene Sprachen) neu beleuchtet werden. In diesem Rahmen bietet es sich an, die Mehrsprachigkeit - und natürlich die Verlässlichkeit - der Informationsquelle Wikipedia zu hinterfragen: Obwohl man hier vermeintlich die Sprache vieler Artikel auswählen kann, handelt es sich nicht um Paralleltexte im engeren Sinn, sondern nur um verlinkte Artikel zum selben oder einem ähnlichen Thema. Der Informationsgehalt wird somit abweichen bzw. die Informationen können sich sogar widersprechen, wodurch eine aktive Auseinandersetzung mit den Informationen gefördert und eine Thematisierung der Quellenauswahl initiiert wird. Nach der Präsentation der Arbeitsergebnisse kann darüber hinaus noch das Potenzial der parallelen Texte für die eigenständige Erarbeitung von Aus‐ drücken herausgestellt werden. Als Hausaufgabe könnten die Schülerinnen und Schüler dann beispielsweise den Auftrag erhalten, auf Basis der bereits konsultierten Internetseiten sowie der Seite der Organisation Internationale de la Francophonie (www.francophonie.org/ ) ein - gerne auch mehrsprachiges - 164 Janina Reinhardt Wörternetz bzw. eine Infografik zum Thema „Länder der Frankophonie“ zu erstellen. 5 Fazit In der direkten Umgebung von Schülerinnen und Schülern in Deutschland mag das Französische weniger prominent sein als das Deutsche oder das Englische; es ist jedoch keineswegs abwesend: Wenn man genau hinsieht, entdeckt man es an vielen alltäglichen Orten wie dem gedeckten Frühstückstisch, den Einstellungen von digitalen Endgeräten oder im Internet. Umgekehrt findet man auch in fran‐ kophonen Räumen nicht nur französischsprachige Mitteilungen, weshalb im Französischunterricht die Mehrsprachigkeit von Ländern wie Kanada, Belgien oder der Schweiz (mehrere langues nationales / officielles) bzw. Regionen wie die Bretagne (Verwendung einer langue régionale) sichtbar gemacht werden sollte. Hierbei stellt die Nutzung von Paralleltexten eine große Chance dar, authen‐ tisches und lebensweltlich relevantes Sprachmaterial in den Französischunter‐ richt miteinzubeziehen. Die „direkte“ (wenn auch medial vermittelte) Erfahrbar‐ keit sprachlicher Vielfalt dürfte dabei wohl genauso gewinnbringend sein wie die zahlreichen Möglichkeiten für sprachstrukturelle Vergleiche, Sprechanlässe über den Gebrauch und die Funktionen von Sprache(n) und die (zunehmend selbstständige) Erweiterung des Repertoires an sprachlichen Mitteln. 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Il aborde également diverses définitions du paysage linguistique en tant que concept-clé. Au cœur de cette contribution, nous donnons un aperçu de diverses études et de leurs résultats dans des contextes où le français est la langue principale. Des exemples sont donnés de diverses études en France, certaines à Bruxelles, mais aussi à Montréal, Dakar et en République du Congo. Nous incluons également certains de nos propres travaux dans la ville de Donostia-San Sebastián au Pays Basque. Une autre section résume le potentiel des paysages linguistiques en tant qu’outil pédagogique grâce auquel les élèves peuvent apprendre l’alphabétisation et la sensibilisation aux langues. En outre, le paysage linguistique est également une source supplémentaire authentique d’entrée de langue et la signalisation a différentes fonctions à l’intérieur de la salle de classe. Les signes dans des situations quotidiennes comme un marché peuvent évidemment être utilisés pour l’apprentissage des langues. On prétend que l’enseignement du français comme langue étrangère ou supplémentaire peut tirer parti du paysage linguistique, comme cela a été fait pour l’espagnol ou l’italien, entre autres. Les idées peuvent stimuler les enseignants à créer des activités pour les apprenants en langues, telles que l’amélioration de la sensibilisation à la langue, mais cela peut inclure l’orthographe, la morphologie ou la syntaxe. Notre ob‐ jectif est de montrer comment l’enseignement du français langue étrangère ou supplémentaire peut tirer parti du paysage linguistique en utilisant les textes et les images comme opportunités d’apprentissage. Les réflexions de conclusion mentionnent les possibilités d’apprentissage des langues, d’augmentation de la conscience linguistique et de la réflexion critique. Les études de paysage linguistique dans des contextes éducatifs peuvent offrir de nouvelles informations pertinentes et soutenir un apprentissage supplémentaire des langues pour les étudiants, les enseignants, les autres professionnels et les chercheurs universitaires. Le paysage linguistique a un grand potentiel de réflexion critique et peut améliorer la sensibilisation aux langues chez les apprenants et les professionnels. 1 Introduction The field of linguistic landscape studies is in full bloom. This can be witnessed by the exponential increase of the number of publications in the online Linguistic Landscape Bibliography (2022). At the beginning of 2022, this specialized bibliography contained over 1.100 entries, and, in contrast, there were only 30 publications in the exhaustive overview until 2006 compiled by Backhaus (2007). The young and prospering interdisciplinary field has attracted the attention of a great deal of researchers and numerous investigations have been carried out all over the world. The field has solidly established itself with numerous papers and panels at international conferences in applied linguistics and socio‐ linguistics, a series of dedicated annual workshops since 2008, several edited books, monographs, special issues, and its own academic journal. University courses increasingly include linguistic landscapes as part of the curriculum and, moreover, the linguistic landscape is a popular topic for master and PhD-theses (for overviews of the field see Bagna / Barni / Bellinzona 2020; Carr 2019; Gorter 2013; Huebner 2016; Van Mensel / Vandenbroucke / Blackwood 2016; Bolton / Botha / Lee 2020). As part of this development, more and more researchers and teachers discover the pedagogical possibilities of linguistic landscape materials for teaching lan‐ guages inside or outside the classroom or for investigations of the ‘schoolscape’, the linguistic landscape of education contexts. Schoolscape seems a useful de‐ signation to apply to the signage on display inside an educational institution and its immediate surroundings. Schoolscape is similar to the linguistic landscape of public spaces in general (Brown 2012). Linguistic landscapes can supply exciting ways to teach about linguistics, multilingualism, multiliteracy practices, metalinguistic awareness, knowledge about languages and issues of authorship and identity. Its application as a pedagogical tool has shown great relevancy to educators and students. There have been various publications about successful projects; for an overview of linguistic landscape studies in education see Gorter (2018). The growing potential was recently shown in three edited books that appeared in 2020 and 174 Durk Gorter / Jasone Cenoz 2021. All three collections focus on the linguistic landscape in the context of education and the titles of the books are illustrative of their significance for language learning. Krompák, Fernández-Mallat and Meyer (2022) focus on the relationship between “Linguistic Landscapes and Educational Spaces”; Ma‐ linowski, Maxim and Dubreil (2020) take as their overarching theme “Language teaching in the Linguistic Landscape: Mobilizing pedagogy in public space” and Niedt and Seals (2020) emphasize possibilities of the “Linguistic Landscapes beyond the language classroom”. The various contributions in the three books explore in different ways the relationships between linguistic landscapes and language learning. Each book contains enriching and captivating studies that report on the possibilities of applying linguistic landscape research or materials in the context of learning and teaching. In this chapter, we will more specifically go into learning and teaching of French as a foreign or additional language. Of course, using the linguistic landscape as a new approach is not limited to learning French. As it is well known, new developments in academic research, in particular in applied linguistics, have always tried to influence foreign language teaching. University students are trained in current didactic approaches and in the various methods and orientations that can be used to teach and learn foreign languages. Using the linguistic landscape as a pedagogical tool can be an important addition to the current arsenal. Our aim in this chapter is to briefly introduce the field of linguistic landscape studies, more in particular in the context of the French language. Secondly, we want to show its relevance and usability for the teaching and learning of languages, with an emphasis on French. 2 The origins of the field in the context of French language contact It is interesting to observe in this edited book on teaching French as a foreign or additional language that the origins of the field of linguistic landscape studies go back to countries where French is spoken. One of the foundational works in the field of language contact is the monograph by Weinreich (1953). The book is based on his PhD (Weinreich [1951] 2011) and only in the PhD he included three photographs of French-German signs in the bilingual city of Biel, Switzerland. He used these examples to demonstrate how relevant phenomena of language contact can be illustrated by elements from what we would call today the linguistic landscape. In their seminal article on linguistic landscape, Landry and Bourhis (1997) presented results based on several surveys among a total sample of 2.010 fran‐ 175 Linguistic landscape as a pedagogical tool for language teaching cophone students from secondary education across Canada. They put forward various interesting reflections about the informational and symbolic functions of signage and the relevance of the concept of linguistic landscape for the theory of subjective ethnolinguistic vitality. Those reflections are mainly derived from their own context of Montreal and the province of Québec, where French and English have a tense relationship of language contact and language conflict. Landry and Bourhis have sometimes been identified as the first authors to introduce the concept of linguistic landscape. They did indeed provide two widely quoted definitions of ‘linguistic landscape’ (see below), but the authors point out “it is to this Belgium case that we owe the concept of linguistic landscape” (p. 24). Belgium is, of course, another country where contact and conflict between French and Dutch play an important role in society. Some years before Landry and Bourhis, one of the earliest studies of the linguistic landscape, avant la lettre, took place in Brussels. Tulp (1978) carried out an inventory of the use of French and Dutch on large advertising posters. She found that on average 75% of those billboards were in French, although with variations between neighborhoods. French and Dutch were usually kept separate on the signs and only 8.9% of the large posters were aimed at both Dutch and French language groups. She saw the ongoing language conflict as the cause for the lack of bilingualism. At the time, she found no English language posters, only a few examples of simple French-English code-switching. The conclusion was that in the late 1970s the linguistic landscape of Brussels was not bilingual, but predominantly French, reflecting its strong position in social life. Another early study, which is important for the origins of the field, was carried out by Calvet (1990) who compared “des mots sur les murs” (‘the words on the walls’) in the two multilingual capitals of Paris in France and Dakar in Senegal, both countries where French is the official language. He distinguished between the dimensions of ‘in vitro’, the signs written in the official language by the authorities, and ‘in vivo’, the signs written in the local languages by private citizens. He found that the signs inform us about multilingualism of the citizens, but not of the authorities because they do not take multilingualism of the city into account. He observed some important differences because in Paris the languages seem to be kept more separate, also due to different writing systems for French, Arabic, Chinese or Thai, whereas in Dakar there is more interaction between the languages French, Arabic and Wolof. The languages can be mixed on the same sign, and they can also be written in different writing systems (e.g. Wolof in Latin or Arabic script). All these earlier studies have some important French connections, and we will come back to those below. 176 Durk Gorter / Jasone Cenoz Landry and Bourhis (1997, 23) proposed to refer to the linguistic landscape as “the visibility and salience of languages on public and commercial signs in a given territory or region”. They provided a second, longer definition which has become probably the most widely quoted in the literature: “´The language of public road signs, advertising billboards, street names, place names, commercial shop signs, and public signs on government buildings combines to form the linguistic landscape of a given territory, region, or urban agglomeration” (Landry / Bourhis 1997, 25). This definition consists of a list of six types of signs, which is appealing because these are common items in public space. In our own work we have quoted that longer definition, but we also referred to linguistic landscape as “the written information that is available on language signs in a specific area” (Cenoz / Gorter 2006, 67). Our definition is more flexible because it allows for inclusion of mobile expressions on leaflets, sidewalk boards, buses, and even t-shirts or other clothing of passers-by. It also does not exclude the manifold digital screens that in recent years have obtained a large presence in urban environments. More recently, Shohamy and Ben-Rafael (2015) have provided another ex‐ planation in the opening article of the first issue of the specialized journal. They argue that the main goal of linguistic landscape studies is “to describe and identify systematic patterns of the presence and absence of languages in public spaces and to understand the motives, pressures, ideologies, reactions and decision making of people regarding the creation of LL in its varied forms” (Shohamy / Ben-Rafael 2015, 1). Their words reflect the expanding scope of the field which has moved from focusing on the written words on the signs to including multimodal and material dimensions, but also the producers or authors and audiences or readers of the signage. We followed up on the wider approach implied by Shohamy and Ben-Rafael by proposing a holistic model for the analysis of linguistic landscapes. In our model of Multilingual Inequality in Public Spaces (MIPS), we aimed at offering an overarching perspective on how to carry out linguistic landscape research that brings together different strands. This MIPS-model is also relevant for educational contexts. Basically, the model includes a recurring cycle of policy processes, the production of signs, the meaning and characteristics of signage, as well as its perception and use by people (for further details see Gorter 2021 and Gorter / Cenoz 2022). 177 Linguistic landscape as a pedagogical tool for language teaching 3 Linguistic Landscape Studies in French speaking contexts Given the origins of the field, it should not come as a surprise that a good number of studies about linguistic landscapes are connected to societies where French is in contact, competition or conflict with one or more other languages. To give an idea of the type of studies and their findings, some examples are explored below. In France, the use of the French language is regulated by law. This is, of course, a well-known fact, due to a provision in article 2 of the constitution and the famous Toubon law from 1994. The law requires the use of French in various domains, and it includes provisions about commercial activities, advertising, and official language use in public spaces, in other words, the linguistic landscape. Contrary to a popular misconception, other languages are not forbidden, but a translation is obligatory. More recent legal additions have constitutionally recognized regional languages as part of the national heritage and since 2014 the Toubon law does not oppose the use of regional languages (Amos 2017). The law, of course, has had a great impact on the display of language in public spaces. Blackwood and Tufi (2012, 113) argue that France is a nation-state with “a language policy focussed squarely on establishing and then maintaining France as a monolingual entity”. In a survey of the linguistic landscape of the Mediterranean these authors found that French was featured on 84.8% on average of all signs. Their project included an extensive sample of a total of 36,414 signs of the regions and cities of Corsica (Ajaccio), Northern Catalonia (Perpignan), Marseille, Nice, and Monaco (the latter is, of course, a special case as it legally does not belong to France, but culturally it does). Given the historical, legal, and political context, they found it striking that 15% of the signs do not contain French. Most of the time those signs are in English and only a small number is in one of the regional languages, except for Corsican which has a slightly more substantial presence (Blackwood / Tufi 2015, 262-263). They argue that the non-presence of regional languages is not so much the effect of policies (or non-policies), but rather due to language beliefs and practices that systematically delegitimize the minority languages as anti-modern. Often the monolingual ideology of ‘one nation, one language’ is reflected in the linguistic landscape, as well as in debates about it. In an interesting addition about the city of Toulouse, in the south of France, Amos (2017) found a covert prestige for the regional language Occitan. For some years, most street name signs are bilingual French-Occitan, with the French sign above the sign in the regional language, but the signs in Occitan have additional content information. Superficially, the hegemony of French is clear through 178 Durk Gorter / Jasone Cenoz the hierarchical arrangement, but subtle mechanisms of translation and added information give prestige to Occitan as well. Bogatto and Hélot (2010) studied the linguistic landscape in another French city. In Strasbourg, they investigated the shop fronts in the Quartier Gare and explored how the signs express various forms of linguistic and cultural diversity. Again, French was clearly dominant, even if they encountered several other languages but just five signs in Alsatian, the local regional language (and four of those signs were for restaurants that serve Alsatian specialties). Similarly, in the Parisian neighborhood Belleville, Lipovsky (2019) observed differences between the ways in which French is displayed in combination with other languages. For example, on bilingual shops fronts, Arabic is usually displayed symmetrical (French on the left and Arabic on the right), but often as a partial translation with less information in Arabic. In contrast, Chinese shop fronts usually have a display with differences in the information between Chinese and French. Furthermore, English on signage is often used with a literal translation from French, but also for mixing English and French. In the region of Brittany, Hornsby (2008) looked into the development of Breton as a minority language, including its increased presence in the linguistic landscape. He found in a sample of school children that their awareness about Breton on local signage was low, but they had positive attitudes towards having more Breton on signs in public places. We already mentioned Belgium, where in the context of French-Dutch language conflict, the origins of the concept of linguistic landscape could be found (Landry / Bourhis 1997). Almost 20 years after the study by Tulp (1978), Wenzel (1998) carried out a new inventory of the signage in Brussels. By then, English had obtained a presence of almost 10% of the signs, but French-Dutch bilingualism on signs was still avoided. French continued to be dominant, and English was used as a way to “avoid Brussels’ language problems” (Wenzel 1998, 48). Again, several years later, in 2009-2010, Vandenbroucke (2015) carried out a study in the public spaces of Brussels which showed that French remained the dominant language, next to Dutch and English, each with a presence of around 20%. She also found signs with other languages, such as Arabic, Chinese, Japanese, Italian, and Spanish. Vandenbroucke (2015, 175) concluded “the occurrence of these languages in Brussels’ landscapes is a clear indication of transnational mobility and globalisation”. In a recent publication, Vandenbroucke (2020, 1527) describes Brussels as a “global city populated and visited by a highly diverse mixture of Belgians, immigrants, expatriates, and tourists”. However, she found that the huge diversity of languages spoken is 179 Linguistic landscape as a pedagogical tool for language teaching hardly reflected in the written linguistic landscape because that is mainly limited to combinations of Dutch, French and English. The multilingual cityscape of Brussels has prompted other researchers to carry out further linguistic landscape studies. Ben-Rafael and Ben-Rafael (2012) have tried to bring order to the chaotic linguistic landscape of Belgium, with a special accent on Brussels (see also the chapter on Brussels in their recent book on globalizations: Ben-Rafael / Ben-Rafael 2020). Janssens (2012) carried out a study in the so-called Brussels´ periphery, the surrounding municipalities, where he investigated conflicts in the linguistic landscape between French and Dutch speakers. Regulations about the use of official languages on public signs have provoked certain forms of word play, so-called ´bilingual winks´. Mettewie, Lamarre and Van Mensel (2012) compared Brussels and Montreal for this type of signs. In Brussels, the authors analyzed signs such as “bozar” (as short name for the museum “Palais des beaux arts” in French) or the name “bootik” (French: boutique, Dutch: boetiek) for booths selling public transport tickets. Both signs led to strong civic protests and the cases were evaluated by the Commission for linguistic control. The Commission judged that the two official languages were not treated equally, because the first was too French and the second too Dutch. In general, these hybrid forms are viewed negatively in public opinion in Belgium. To understand how the signs get around the legal obligations some sensitivity to the local context is needed and also bilingual or multilingual reading skills. Even though legal arrangements for the use of French seem less strict in Brussels than in Montreal, there is a kind of silent acceptance of the bilingual winks. Obviously, learning to see that language can be played with in signs such as the shoe shop “chouchou” or the gift shop “T & biscuits” can also be excellent materials for students to learn more about the similarities and differences between French and English. A longer treatment of the clever play with French and English in commercial signage in Montreal can be found in Lamarre (2014). Leimgruber (2019) presented an overview of the linguistic landscape in Montreal in terms of authorship, content, functions, and language policy. Even though the linguistic landscape represents to some extent the reality of a multilingual and diverse population of Montreal, his analysis reconfirmed that on the whole French has a dominant place, which is obviously an outcome of francisation processes since the 1970s. In a suburban town near Dakar in Senegal, Shiohata (2012) studied language use on shop signs. French dominated on the written signs relative to Wolof and other languages, but not as a spoken language. Half of the shop owners chose to use only French on their signs because they believed that it was obligatory, 180 Durk Gorter / Jasone Cenoz but others gave as a reason that they wanted to attract clients through French. At the same time, the presence of Wolof on about a quarter of the signs (mostly combined with French) showed how Wolof is emerging as a written language. Other languages such as Bambara and Soninké were rather shown for reasons of ethnic identity. Kasanga (2010; 2012; 2019) carried out a number of studies about the role and the pervasiveness of English in the linguistic landscape of the Democratic Republic of Congo. French, the official language, is predominant, but English and local languages like Lingala and Kiswahili are used increasingly and Kasanga argued that multilingualism of signage is the norm. However, English has not displaced French in Congo to the same extent as it has in other francophone countries like Cambodia, Vietnam, Rwanda, or Lebanon (Kasanga 2012, 66). French sits on top of the hierarchy and the urban elite remains loyal to the language, even though English is attractive as the language of modernity and globalization. The recent collection by Castillo Lluch, Kailuweit and Pusch (2019) is an im‐ portant addition to the increasing number of studies of linguistic landscapes in francophone contexts. The book includes chapters on cases in France, Belgium, Italy, and Switzerland in Europe, but also Israel, the islands of La Réunion, Guadeloupe and Saint-Martin, and the study by Leimgruber on Montreal we mentioned above. Our own work on linguistic landscapes has taken place mainly in the city of Donostia-San Sebastián, in the Basque Autonomous Community in Spain (Cenoz / Gorter 2006; Aiestaran / Cenoz / Gorter 2010; Gorter / Cenoz 2015; Gorter / Cenoz / Van der Worp 2021). The city is located only 20 kilometres from the border between France and Spain, but we have not given much attention to the occurrence of French in the linguistic landscape because it only has a limited presence (Cenoz / Gorter 2006). However, when we asked the inhabitants about their preferences for the languages on the signs, we found that in particular the Basque speakers had a stronger preference for four languages in the case of multilingual signs, which included French, instead of the option of three languages with only Basque, Spanish and English (see Figure 1 for an example). The modest place of French on signage was confirmed in a recent study of the San Martin market, but there we also found that the salespersons emphasized the importance of French for their clients from across the border (Gorter / Cenoz / Van der Worp 2021). 181 Linguistic landscape as a pedagogical tool for language teaching Fig. 1: Sign with four languages in Donostia-San Sebastian. A general point of the studies mentioned so far is that a linguistic landscape of a community may seemingly be a reflection of its diversity of languages, but the idea of a mirror is erroneous. As we have observed before “It would be a mistake to conceive of the linguistic landscape as a mirror of the language relationships in a city, region or country, because at most its distortions can be seen like a carnival mirror” (Gorter 2012, 11). The reason is that the presence of the dominant or majority language will be taken for granted but other languages, including official minority languages, will often have to struggle for a degree of visibility that is commensurate to the proportion of its speakers in the community. Furthermore, some social groups, for example with a migrant background, may be more active in the commercial sector, and thus put up more signage in for example their language to attract customers. Other examples are the Chinatowns in many large cities around the world, where signage in Chinese may dominate, but this does not always reflect a Chinese speaking population. We already referred to the differences in display between Arabic and Chinese in Belleville, Paris which are related to but do not reflect differences in demographic size of population groups (Lipovsky 2019). 4 Linguistic landscapes as a pedagogical tool In this section, we will discuss the pedagogical potential of materials from public signs for teaching and learning languages inside or outside the classroom and investigating the ‘schoolscape’, i.e. the linguistic landscape of education contexts. 182 Durk Gorter / Jasone Cenoz The linguistic landscape can provide an engaging way to teach about literacy and language awareness, and educational purposes can be served by making active use of the linguistic landscape. Dagenais, Moore, Sabatier, Lamarre and Armand (2009) applied ideas about literacy and language awareness in a project in which elementary school children were asked to photograph their own urban surroundings in Montreal and Vancouver in Canada. It was a way for the children to examine the multilingualism and language diversity of their own sur‐ roundings and to obtain a better understanding of the socio-political context in which they live. The example from Canada was followed by Clemente, Andrade and Martins (2012) who applied a similar approach to a group of primary school children (6-year-olds) in Aveiro, Portugal, which has a substantial migrant population. The goal of the project was clear from its title: “Learning to read the world, learning to read the linguistic landscape”. During the intervention, the children were shown how to improve their ability to recognize signs in multiple languages. For the researchers, it was important that the children developed linguistic and cultural competences and that their attitudes towards diversity improved. The linguistic landscape was used as a way to teach about language awareness and literacy practices. In order to develop language awareness and metalinguistic awareness, we carried out an intervention in the classes of Basque, Spanish and English language as a subject among the 5th and 6th grades (11and 12-year-olds) of one public primary education school. For our project, we developed materials with activities that combined two or three languages during the same lesson (for further details on the project see Leonet / Cenoz / Gorter 2017; 2020). One module in the Spanish language class included the theme “Linguistic landscape”. The aim was to develop language awareness by working with a set of pictures of signs from shop fronts. In a second step the pupils had to take pictures of signs in their town and bring those to school for reflection. In another task, they analyzed the shop signs working with three languages. For example, a sign was given in English with the word bookshop and the pupils had to find the translations in Basque (liburudenda) and Spanish (librería). The Basque word has the same elements in the same order as English (book + shop), but Spanish is structurally different, and it is a false friend of “library” (see appendix). In the next exercise the students were asked to look at a picture of a sign that showed the words in Spanish and Basque: “Rebajas - Merkealdia”. They had to answer questions about how to divide the word Merkealdia, if the word was a compound or a derivative, and how to say it in English. Doing several of this type of exercises made the pupils reflect on the differences and similarities between the three languages. At the end of the module, the pupils were asked to 183 Linguistic landscape as a pedagogical tool for language teaching indicate what they had learned. One of the pupils wrote “I have learned to divide words; I have learned if they are compounds or derivatives and I have learned to do it in Spanish and English. I learned more English as well.” Another pupil wrote “The day I went to take the photos of the signs I was impressed, I never look at the signs and in almost all of them there are two languages and you can learn words if they mean the same thing”. Overall, the answers convinced us that these 5 th and 6 th grade pupils had gained in language awareness and enhanced their metalinguistic awareness through the exercises (see also Cenoz / Leonet / Saragueta 2019; Gorter / Cenoz / Van der Worp 2021). In an earlier study, we had already reflected upon various aspects of signage in the public space for its possibilities for learning languages (Cenoz / Gorter 2008). We conceived of the linguistic landscape as an additional source of authentic input, useful for second language acquisition (SLA), and we argued that the signs can be used to support the acquisition of pragmatic competence, multimodal literacy skills, multilingual competence and increase language awareness. In that study, we analyzed a number of multilingual signs that can lead to incidental learning because they function as authentic input. Of course, usually learners of an additional language or people in general do not walk the streets with the aim of language acquisition. Moreover, most signs contain only a single word (frequently proper names), or a short utterance and only a few signs have a longer text. So obviously not all signs are equally useful for teaching a language, but there are other dimensions that can be important, such as multimodal dimensions, the combination of visual and textual elements, or aspects of pragmatic competence, such as a request or invitation as a speech act. Our study showed that the linguistic landscape is a site that can function as an additional source of language input for learners. When learners pay attention to the languages on the signs, this can influence their perception of the status of languages, enhance their sensitivity to the symbolic and affective dimensions of language and enhance language awareness, and it can even have an effect on their linguistic practices. In a study in several primary and secondary schools in the Basque Country, we included the linguistic landscape, or the ‘schoolscape’ (Gorter / Cenoz 2015). Based on a sample of well over 500 pictures of signs taken in the classrooms, the corridors, the library and the schoolyard, we distinguished nine different functions for use of the signs (see table 1). 184 Durk Gorter / Jasone Cenoz Teaching subject content or language Promotion of the Basque language Teaching values Development of intercultural awareness Classroom management School management Announcing collective events Provision of commercial information Decoration Table 1: Functions of the signage inside multilingual schools in the Basque Country. This is a provisional list of functions of communicative intentions conveyed by the texts, with different meanings and different aims. Among the functions we identified are the following: the teaching of subject content and language, language promotion, the teaching of values, the development of an intercultural awareness, or establishing behavioral rules in the classroom or the school as a whole, providing practical guidance and commercial information. Signs can make the pupils aware of different cultures or can contain a message as a reminder to behave in certain ways. Signs can give directions or inform what is inside a room, and a few signs are related to a commercial product or service such as language testing. In our study we could also demonstrate that the schoolscape was used by the teachers during their lessons for language teaching. Of course, the list of functions is based on the context of the Basque Country where Basque and Spanish are official languages and English is generally taught in schools. Thus, not all functions will apply to all educational contexts and the list could be completed with further functions in other contexts. Also, some functions are more prevalent than others and there are differences between signs in the public space and inside schools, also in terms of monolingual, bilingual and multilingual signs, which most likely also contributes to the multilingual competence of the pupils. As part of another elaborate study of the linguistic landscape of the San Martin market in Donostia-San Sebastián, we focused on the market as a space for language learning and for raising language awareness (see Gorter / Cenoz / Van der Worp 2021). In the fruitand vegetable part of the market we came across various signs placed by a local language academy as part of a campaign with 185 Linguistic landscape as a pedagogical tool for language teaching the slogan “beautiful words”. The signs clearly are advertisements for courses in English and French, aimed at creating an interest in learning those foreign languages. We will discuss two examples (in figures 2 and 3). Fig. 2: “Beautiful words” campaign: apple in French. The word pomme was on a sign placed next to a bowl of green apples, obviously suggesting the link between the word in French and the product, similar to what is sometimes done in textbooks. However, it is of course far from certain that very basic language learners or people with no knowledge of French would be able to recognize it as such. Perhaps a sign like this could be seen as a way to learn some basic French vocabulary for some people only and in pragmatic terms it could be seen as an invitation to enroll in a language course to continue the learning. However, an awkward situation arose when we came across the sign in figure 3. 186 Durk Gorter / Jasone Cenoz Fig. 3: “Beautiful words” campaign: strawberry in French. There is a clear lack of correspondence between the French word fraise (‘straw‐ berry’) and the product (a bowl of lemons). If someone who at least understood that it was French and intended to learn a new French word from this sign, it could lead to failure or confusion. Perhaps the salesperson or another person who placed the sign did not know its meaning. For some unknown reason all signs mention the campaign´s title “beautiful words” only in English and the French version is not used; it is probably not obvious to all visitors of the market that two different languages are used for these signs. Of course, a teacher in a language course could nicely use both examples in a French class. The two examples from the market demonstrate a potential for language learning from a public space, even if the primary aim of the signs is not educational. Moreover, languages are made visible by the signs and can create greater awareness about how languages are used differently in society. The global presence of French in linguistic landscapes around the world, not only in (former) francophone countries, is similar to other European languages such as Italian and Spanish but concentrated in certain sectors such as food and fashion, as we will discuss in the next section. 187 Linguistic landscape as a pedagogical tool for language teaching 5 Linguistic landscapes and foreign language didactics The teaching of French as foreign or additional language can take advantage of the linguistic landscape. Examples from teaching other languages as additional languages can be helpful. English as a global language is a recurring theme of many linguistic landscape studies because it can be found on signage almost anywhere around the world (Gorter 2013). Therefore, it is not surprising that linguistic landscapes have found an application in English as a Foreign or a Second Language (EFL/ ESL) classes, either for teaching or for involving students in projects beyond the classroom (Sayer 2010; Malinowski 2010; Rowland 2013; Barrs 2016; Chestnut / Lee / Schulte 2013). Ma (2018) claims that the linguistic landscape was a new tool for teaching Spanish as a foreign language (E/ LE). She sees this as complementary to traditional teaching materials which can help incidental learning outside of the classroom. Similarly, for the teaching of Mandarin, Leung and Wu (2012) suggested that the linguistic landscape can be used as a pedagogical resource for second, foreign, or heritage language teaching in the US. They see possibilities to teach vocabulary, idioms, grammar, pragmatics, and different forms of the language (Leung / Wu 2012, 121). Studies in Marten and Saagpakk (2017) looked for traces of German outside German core areas, for example, they were able to “spot German” in Denmark, Estonia, or Malta. Italianisms (and fake Italianisms) in brand names and restaurant menus were surveyed by Bagna and Machetti (2012) in many places around the world. They mention that the first Italian words (including pseudo-Italian words) of international informants taking a course of Italian were often learned from those brand names and food products in their own cities, which created an interest for them to take the course in the first place. The authors also observed that many languages have absorbed terminology of Italian cuisine and fashion and their analysis showed relationships between commercial products and the perception of Italian fashion, and good quality and taste. They concluded that Italian visible in urban places can potentially activate language learning. Bagna, Gallina and Machetti (2018) purposefully applied the linguistic landscape in a course for international students who were learning Italian as their second language. They argued that this use of the linguistic landscape leads to active forms of reading which further develops proficiency. Of course, a similar approach can be applied to the teaching and learning of French as a foreign or additional language. Many people in different countries are confronted with many ‘Frenchisms’ in linguistic landscapes, probably often without even being fully aware of it. Leading French brand names in sectors 188 Durk Gorter / Jasone Cenoz of luxury goods and haute cuisine do offer an opportunity for studying some minimal French, because those names are often positively associated with glamour, fashion, elegance, food and wine. Even if this is a limited vocabulary and does not entail learning of the French language as such, it can be a useful pedagogical tool and springboard for language teachers. The language may seem attractive to the reader, and this can lead to a desire for further learning of the language and also learning about the culture. Malinowski (2015) presented some general reasons for using linguistic lands‐ capes for language learning. He designed learning activities related to (1) observing or documenting through photographing signs; (2) interpreting or producing texts to see how an area is presented and (3) exploring reactions of producers, residents or visitors to signage. Those three modes can be designated as “perceived,” “conceived” and “lived” spaces, derived from the ideas of Lefebvre (1991). First, the students document the signs through their photographs (‘I observe’), then they reflect on their own conceptions about what the linguistic landscape has to be like (‘I think’) and finally move on to the experiences of local actors who live in the linguistic landscape by questioning them (‘what they think’). Language learners can critically reflect on cultural authenticity through such activities. The ideas such as those mentioned above can stimulate teachers to create activities for language learners that involve using the linguistic landscape and, in that way, contribute to enhanced language learning. Of course, as we showed before, this does not have to be limited to enhancing language awareness, but it can include orthography, morphology, or syntax. 6 Concluding reflections We conclude that in educational contexts linguistic landscapes hold significant possibilities for language learning, but also for increasing language awareness and critical reflection. Aspects of language teaching are receiving increasingly attention in the field of linguistic landscape studies (Carr 2019). The field offers in that way promising ways of how the signage surrounding teachers and students can be applied to learn more about language diversity, social values, critical consciousness, and language learning. Signage in society at large or in the school context can cover a diversity of issues that can be examined by students and can lead to a deeper understanding of language in a broad sense. It seems however that there is still only a small number of studies that investigate the more linguistic aspects, such as orthography, morphology, or syntax of learning through and with linguistic landscapes. 189 Linguistic landscape as a pedagogical tool for language teaching We have tried to show how texts and images provide opportunities for instruction or learning. The impact of signs that combine images, words, colours, and other elements are useful in contexts such as pre-primary, primary and secondary schools, universities and centres for adult education. In other words, the linguistic landscape is a powerful pedagogical tool which is not limited to one target group of students but learners of almost any age can become involved. In particular, urban contexts are rich sites of language on display in public spaces that are suitable for interesting, relevant, engaging and innovative ways to teach additional languages. But also the linguistic landscape inside schools can play the role of a ‘third teacher’, next to the class teacher and the learning materials or textbooks (Bagna / Bellinzona 2022). This ‘third teacher’ can make use of the textual displays as pedagogical tools or can carry out an analysis of languages on display in a schoolscape or, do a combination of both. The linguistic landscape is useful for initial teacher training, although when linguistic landscape is going to be applied to foreign language teaching it will probably reflect some existing ideas of the teachers about how foreign languages should be learned. This has certain implications because teachers need to learn how to assess the pedagogical value of linguistic landscape and how to apply didactical principles in designing, using, and implementing it as a pedagogical tool. In a study programme for the didactics of foreign language teaching, the linguistic landscape can be included as an important element for the training of language teachers. By doing so the future teachers can also obtain a deeper understanding of processes of learning and teaching in general. In the case of education, the signage can be related to learning a second or third language, but more frequently to the issues around language awareness. Some of the studies demonstrated how questions about the functions of signs, multilingual literacy or multilingual competence can be used. However, there are several other publications that contain interesting proposals about a pedago‐ gical application of linguistic landscapes. Educational studies of linguistic lands‐ capes focus on multilinguality and multimodality, more than on learning how to read or learning an additional language. Linguistic landscape applications are about language awareness, both meta-linguistic awareness about linguistic systems, and knowledge about social dimensions of languages. Schools have as a task to prepare students for the real world and today this implies that they have to reflect a multilingual reality that surrounds them in the places they live and go to school (Gorter 2015). Almost all students, except for very young ones, own a smart phone with a digital camera which gives teachers the opportunity to include learning assignments on linguistic landscapes, not just in foreign language courses, but also in courses on sociolinguistics, applied linguistics, 190 Durk Gorter / Jasone Cenoz and many other fields. We hope to have demonstrated that linguistic landscape studies in educational contexts can offer relevant new information and support additional language learning for students, teachers, other professionals, and academic researchers. The linguistic landscape has great potential for critical reflection and can enhance awareness about languages among learners and professionals. References Aiestaran, Jokin / Cenoz, Jasone / Gorter, Durk. 2010. „Multilingual cityscapes: percep‐ tions and preferences of the inhabitants of Donostia-San Sebastián”, in: Shohamy / Ben-Rafael / Barni 2010, 219-234. Amos, H. 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EUSKARA Jan Etxea Jatetxea Lugar donde se come (restaurante). Ahora te toca a ti. ¿Puedes escribir nombres de tiendas en las que aparecen palabras compuestas en los tres idiomas? Puedes utilizar las fotos de la actividad anterior. No tiene porqué ser la misma palabra en los tres idiomas, pueden ser de distintas tiendas. CASTELLANO EUSKARA INGLÉS Fig. 4: Session 4 of a module that includes the linguistic landscape Exercise about compound words and derivatives. 197 Linguistic landscape as a pedagogical tool for language teaching Linguistic Landscapes in Multilingual Pedagogies International teachers’ beliefs on the use of linguistic landscapes in the foreign language classroom Lisa Marie Brinkmann / Sílvia Melo-Pfeifer Le multilinguisme est rendu visible dans les paysages linguistiques (PL) (cf. Benson 2019, 2; Landry / Bourhis 1997, 25). Dans le contexte de l’enseignement des langues, les PL peuvent être intégrés dans la classe de langue étrangère pour initier des discussions sur la présence et l’utilisation des langues dans la société (cf. Cenoz / Gorter 2008, 283; Sayer 2010, 152). Cet article se concentre sur les croyances (beliefs) des enseignant.e.s sur l’utilisation des PL comme ressource multilingue ou, plus précisément, sur l’intégration des PL comme moyen d’encourager (et de réfléchir sur) le plurilinguisme dans la classe de langue étrangère. La base de la recherche est le projet Erasmus Plus LoCALL (‘LOcal Linguistic Landscapes for global language education in the school context’). Dans le cadre de ce projet, les équipes partenaires ont organisé un événement de formation dans lequel les enseignant.e.s de langues étrangères ont discuté des valeurs et des obstacles éventuels liés à l’utilisation des PL dans les contextes éducatifs. Plusieurs groupes de discussion en ligne ont été mis en place, sous la forme de forums de discussion multilingues, et les interactions ont été analysées suivant l’analyse de contenu (cf. Mayring 2008). Les résultats montrent que les enseignant.e.s : i) comprennent les PL non seulement sous sa forme visuelle, mais aussi en termes plus inclusifs ; ii) pensent que les salles de classe devraient être ouvertes à d’autres langues et cultures (c’est-à-dire aller au-delà de celles qui sont explicitement enseignées) et devenir des espaces sûrs pour la diversité linguistique ; et iii) voient le potentiel de la sensibilisation à la langue et à la culture et la valeur ajoutée des langues dans la vie des apprenant.e.s. Introduction In our contemporary world, it has become increasingly evident that “[l]anguage surrounds us, directs us, hales us, calls for our attention, flashes its messages to us. Linguistic landscapes take us into the spatiality of language” (Pennycook et al. 2013, ix). Languages are everywhere; thus, we can find linguistic resources for teaching foreign languages anywhere. Nevertheless, the integration of linguistic landscapes (LL) is not yet common in the foreign language classroom (with some exceptions like Clemente / Andrade / Martins 2012; Dagenais / Moore / Sabatier / Lamarre / Armand 2009; Huțanu / Radu-Pop 2018; Janíková 2018; Krompák 2018). Our aim is to describe and discuss teachers’ beliefs on the integration of LL into teaching, following the premise that they are multilingual, authentic resources able to encourage plurilingualism, and thus a promising didactic ma‐ terial (cf. Janíková 2018, 141). We understand plurilingualism as the combination of one’s linguistic repertoires to function as a whole. It is a “phenomenon that transcends language boundaries both in language use […] and in language education” (Piccardo 2019, 185). In the scope of an online event about multilingual education organised as a part of a European project LoCALL (“LOcal Linguistic Landscapes for global language education in the school context”), we confronted 63 teachers with the prospect of using LL as didactic tools and researched their beliefs about the added-value of using them in teaching and learning scenarios. We focus on teachers’ beliefs because these are anchored in teachers’ biographies and experiences, which, in turn, influence their actions and decisions in educational settings. Hence, teaching is determined by personal perspectives (cf. Biesta et al. 2015, 628), among other factors that Borg (2003) compiles under the term “teacher cognition”. Taking this into account, the main question guiding our research is: How do teachers perceive the integration of LL into the foreign language classroom? The article is structured as follows: We introduce the concept of LL, first from a sociolinguistic perspective (1.), and then from a language education one (2.). More specifically, the use of LL in school settings will be discussed, considering current theoretical and empirical developments. We then present the empirical study (3.) by listing the specific research questions (3.1), describing its context, the participants (3.2), the analytical method (3.3), and the results (4.). In the final section (5.), we discuss the results, answer the research question, reflect on the empirical study and explore further research perspectives on the use of LL in the 200 Lisa Marie Brinkmann / Sílvia Melo-Pfeifer 1 There are also broader understandings of LL, including the audible representation of language(s), ‘soundscapes’, multimodal representation, including Braille (Gorter / Cenoz 2016, 2; Melo-Pfeifer / Silva 2021). However, it should be remembered that the broader the definition is, the less clear is the concept of LL following Marten / van Mensel / Gorter (2012, 4). foreign language classroom, as a way of fostering plurilingual and intercultural competence. 1 Linguistic landscapes: from sociolinguistic to educational issues In larger terms, a landscape is a broader concept pertaining to how we view and interpret space in ways that are contingent on geographical, social, economic, legal cultural and emotional circums‐ tances, as well as our practical uses of the physical environment as nature and territory, aesthetic judgements, memory, and myth. ( Jaworski / Thurlow 2010, 3) Landscapes are understood in their social and cultural environment without ignoring the geographic circumstances (cf. Jaworski / Thurlow 2010, 4). They are formed by the material environment and become socially significant since they are expressed through languages and semiotics in general (cf. Blell / Pfeiffer-Seelig 2018, 62). Semiotic signs and landscapes are made up of the interplay of language and other visual elements, in what could be called “semiotic landscapes”, a hypernym for LL (cf. Jaworski / Thurlow 2010, 1-2; Krompák 2018, 247). Semiotic and linguistic signs count as significant representations of the social environment to the extent that individuals can perceive and understand their ‘own’ space and the construction of significance (cf. Saagpakk 2018, 99). There are two main definitions of LL: one that focuses on the visualisation of language in the public space 1 , and another listing concrete materials and contexts where LL can be found (cf. Gorter 2019, 40), such as the classic definition by Landry / Bourhis (1997, 25): The language of public road signs, advertising billboards, street names, place names, commercial shop signs, and public signs on government buildings combines to form the linguistic landscape of a given territory, region, or urban agglomeration. An important characteristic of LL is that they are “dynamic and many changes take place at different levels” (Gorter / Cenoz 2015, 58; cf. also Blommaert 2013). The LL serve to inform about the habitants in the specific space (informative function) and to represent the existence, quantity and power of different ethnic 201 Linguistic Landscapes in Multilingual Pedagogies groups (symbolic function) (cf. Androutsopoulos 2008, 2), being a sign of ethnolinguistic vitality. LL can be understood as material or immaterial objects that display language(s) and represent sociolinguistic circumstances. They are part of the social and geographic environment in which they are set, and cannot be predicted: they rather develop in the context of the social and cultural ever-changing realities (cf. Benson 2019, 2). Overall, LL can be seen as the tip of the iceberg, covering linguistic, political, geographic and social structures as well as economic and plurilingual interests (cf. Cenoz / Gorter 2006, 68; Clemente et al. 2012, 269; Melo-Pfeifer / Lima-Hernandes 2020, 10; Shohamy 2016). Hence, LL emerge in, and are constitutive of, specific sociolinguistic contexts, possibly contributing to the development of the environment’s linguistic diversity, language policy, and attitudes towards languages and speakers (cf. Melo-Pfeifer / Lima-Hernandes 2020). This is important since “spatial and social ‘realities’ do not simply precede linguistic/ discursive/ semiotic practices; they are always co-equivalent and co-constituted” (Jaworski / Thurlow 2010, 21). The research of LL can thus occur on two axes: on the one hand, the horizontal axis, which describes how signs are physically, materially, and textually displayed; on the other hand, the vertical axis, analysing the symbolic interpretation and meanings of that visual materialisation. The two axes interact dynamically and cannot, therefore, be analysed in an isolated way (cf. Melo-Pfeifer / Silva 2021). This is in line with the idea that LL are understood as gestalt (i.e. forms / shapes) emerging out of the arrangement of signs in a translingual way. Translingual means that all languages (as well as other semiotic resources, like drawings, logos, etc.) are interconnected in a dynamic way and therefore, LL must be analysed referring to the whole of the linguistic resources displayed and should not isolate languages (cf. Gorter / Cenoz 2015, 54-56). The issue of languages in LL alludes to multilingualism, which can be understood as “the co-existence of different languages in a given society” (Council of Europe 2001, 4) or an individual’s knowledge of a sum of languages. We would like to differentiate between multilingualism and the already mentioned concept of plurilingualism: in the former, languages are understood as separate entities, whereas in the latter, languages become fluid and dynamic entities (cf. Piccardo 2019, 188-189). The multilingualism in LL can be formed in different ways: on the one hand, languages can be presented isolated, i.e. one language for one sign/ shopfront. On the other hand, several languages can be combined and interact at different levels including stances of translanguaging (cf. Benson 2019, 5; Gorter / Cenoz 2015, 56; Seals, 2020), which means going beyond the use of discrete languages through translations, wordplays, combining several languages etc. within one sign / shopfront. 202 Lisa Marie Brinkmann / Sílvia Melo-Pfeifer 2 LL can inform about the written languages but this cannot be readily redirected to oral communication (cf. Cenoz / Gorter 2006, 79). LL are highly diverse nowadays, what can be observed in the presence and power of the English language, brand naming, minority and migrant languages (cf. Gorter / Cenoz 2015, 54). Usually, they contribute to multilingualism (cf. Benson 2019, 2) and they can also represent linguistic superdiversity, meaning increased linguistic diversity residing within the society’s linguistic diversity, even though they may signal gentrification or other urban phenomena (cf. Blommaert 2013, 8). In general, LL do not need to be multilingual by definition; nevertheless, it is the issue of multilingualism what attracts the LL-researchers (cf. Androutsopoulos 2008, 1). Multilingualism is influenced by culture and / or history and becomes part of the material environment in the form of linguistic objects. These represent linguistic and cultural vitality and mobility, including written language on t-shirts, monuments and buildings in general (cf. Aronin / Ó Laoire 2012, 299-301), or even in tattoos, called skinscapes (cf. Roux / Peck / Banda 2019). Such artefacts do not necessarily need language on them in the context of material culture, multilingualism and LL (cf. Aronin 2020; Aronin / Ó Laoire 2012, 311). Because “the linguistic landscape or parts of the linguistic landscape can have an influence on language use” (Cenoz / Gorter 2006, 68), it informs about the specific languages of a (multilingual) society and the society’s linguistic preferences, privileges and prejudices (cf. Sayer 2010, 145). 2 We could state that public visualisations are an instrument to generate desires and attitudes towards languages in the society. They express power relations in language policies, and they can initiate, influence, or express transformation processes occurring in social multilingualism. In this sense, it is important to reflect on who “owns” the public space and, in the case of multilingualism, which languages are “allowed” a presence. Reflections may therefore draw on colonialisation, globalisation and (social representations about) modernisation (cf. Shohamy 2016). It must be kept in mind that private persons owning shops or companies can influence the LL and act upon them (cf. Gorter / Cenoz 2015, 59; Jaworski / Thurlow 2010, 12). This leads to different views of LL-analysis: LL can be viewed as a result of top-down structures by analysing language policies or, of bottom-up structures, showing habitants’ attitudes towards languages and language policies (cf. Androutsopoulos 2008, 4; Gorter / Cenoz 2016, 7) and showcasing their individual plurilingual repertoires. Following on from this argument, we could 203 Linguistic Landscapes in Multilingual Pedagogies 3 For further exploration see Niedt / Seals (2020). 4 This can also include educational institutions as Gorter and Cenoz (this volume) show. Analysing all the languages that can be found in school refers to ‘schoolscapes’. It see private persons as social actors displaying agency in the way they consciously promote some languages and thus as linguistic policy agents. 2 Use of linguistic landscapes as a way to encourage multilingual pedagogies at school In this section, we discuss the role of multilingual pedagogies in school, the didactic implementation of LL, and examples regarding the use of LL in the foreign and second language classroom. Specifically, we give an account of available literature analysing how LL can be used as a way to encourage the introduction of multilingual pedagogies, and reflection on plurilingualism in educational settings. To understand why and how LL can be perceived as a resource in the foreign language classroom, one is called to embrace foreign language education under a multilingual lens (cf. Clemente et al. 2012, 271). More specifically, [a]cknowledging the linguistic diversity of schools can include the incorporation of languages taught in schools, but also other learner’s home languages, for example through display of signs and notices. Schools can create physical and symbolic spaces for different languages that children use and learn. Languages can be not only reflected in the curriculum and teaching practices, but are also ‘heard and seen’ literally in schools. (European Commission 2018, 16) This understanding of plurilingual education is also developed in Reimann’s model (this volume). Such an approach to plurilingual education aims at developing plurilingual competence, i.e. the ability to use and move across different languages, in which the social agent has different levels of proficiency and uses for different purposes (cf. Darquennes 2016, 7; Piccardo 2019, 187), following the Common European Framework of Reference for Languages (cf. Council of Europe 2001). The question may arise as to if and how LL can support plurilingual education and help to develop plurilingual competences 3 . In the (foreign and second) language classroom, LL become a source of possible input (cf. Gorter / Cenoz, this volume; Huțanu / Radu-Pop 2018, 4; Shohamy 2016). Although not every LL is equally useful in the language classroom, different dimensions, e.g. multimodal dimensions, can be examined (cf. Gorter / Cenoz, this volume). By using LL as pedagogical resources, learners investigate their linguistic environment (cf. Saagpakk 2018, 109) 4 and experience multilingualism 204 Lisa Marie Brinkmann / Sílvia Melo-Pfeifer can also be interesting to analyse the policies and ideologies behind the languages represented (cf. Krompák 2018, 252). as lived and not as an abstract reality or a social phenomenon exclusively affecting “people with a migrant background”. It becomes possible to gain a new perspective on the social reality and linguistic diversity, this being the starting point for reflection, critical consciousness and (language) learning (cf. Gorter / Cenoz, this volume; Pasewalck 2018, 349). In general, working on / with LL may call for an interdisciplinary approach: Geography, History, Politics and further subjects can help to analyse LL and semiotic landscapes under different perspectives (cf. Blell / Pfeiffer-Seelig 2018, 57; Janíková 2018, 140; Krompák 2018, 257). Drawing on the environment to build on linguistic learning opportunities means no longer dealing with artificial materials and structures but rather with authentic ones, meaning that they can be purposefully chosen and adapted to learners’ needs and competences (cf. Badstübner-Kizik / Janíková 2018, 8; Pasewalck 2018, 349). Additionally, there is a nearly infinite quantity of materials of LL (cf. Janíková 2018, 144). The integration of LL into the foreign language classroom can focus on different aspects (cf. Melo-Pfeifer / Silva 2021): ● A plurilingual focus: learners can deal with cultural and linguistic diversity and the social implications of it, e.g. equality, preservation, resilience, ethnolinguistic vitality. ● A monolingual focus: learners can explore one language in the LL in order to analyse its status and role in society, and to improve their lexical and pragmatic competences. In terms of second language acquisition, LL can function as an additional input in the direct environment (cf. Cenoz / Gorter, 2008) and activate learning (cf. Gorter / Cenoz, this volume). In doing so, beginner levels (A1-A2 of the Common European Framework of Reference for Languages) can be achieved following Huțanu / Radu-Pop (2018, 3). ● A combined plurilingual and monolingual focus: learners can explore both plurilingualism and specific languages. An example is the examination of signs of the Portuguese quarter in Hamburg, by semantic clustering to discover the perception of Portugal and Portuguese people, associating logotypes / images and language, or analysing elements from restaurant trilingual menus (for further insights, cf. Melo-Pfeifer / Silva 2021). In the foreign language classroom, this leads to the development of plurilingual competence but also linguistic competences in the target language. 205 Linguistic Landscapes in Multilingual Pedagogies As Gorter and Cenoz wrap up, LL “in an educational context provides thus a promising way to teach about multilingualism, language awareness, and literacy practices” (2016, 8) but also about languages and issues of identity (cf. Gorter / Cenoz, this volume). Hence, the use of LL in the foreign language classroom has been exploited to foster several competences and, more particularly, language awareness (cf. Cenoz / Gorter 2008, 283; Clemente et al. 2012, 279; Dagenais et al. 2009; Gorter / Cenoz 2016, 8; Janíková 2018; Krompák 2018, 254; Melo-Pfeifer / Lima-Hernandes 2020, 11; Sayer 2010, 152). Language awareness includes affective, social, power, cognitive, and perfor‐ mative dimensions (cf. Garrett / James 1993, 111-113). Integrating LL into the foreign language classroom relates to: ● the affective dimension because stories about language, culture or history embodied in a LL can be received in an emotional way and unveil attitudes towards languages, social representations and stereotypes (cf. Janíková 2018, 141); ● the social dimension, while examining private and public signs to understand the role and meaning they play in society (cf. Janíková 2018, 142); ● the power dimension because political discourse and functions are ex‐ pressed or hidden in LL, as part of the “hidden agenda” of linguistic policies (cf. Shohamy 2006). This can be extended to positive identification processes (empowerment) on the collective-ethnic (cf. Saagpakk 2018, 109-110), or on the individual level (cf. Brinkmann / Duarte / Melo-Pfeifer 2022; Janíková 2018, 142; Krompák 2018, 257); ● the cognitive dimension because of the development of the ability to ob‐ serve, compare and understand linguistic phenomena in use and throughout language learning processes (cf. Garrett / James, 1993, 111-113; Janíková 2018, 143); ● the performative dimension if the content is not only analysed in the light of grammatical and lexical (which would be the cognitive dimension) but textual functions that can be used for comprehension (cf. Janíková 2018, 143). For example, students in the first learning year can find words they know or they can guess in advertising and posters; they can also find simple sentences in advertising, brochures, opening hours or restaurant menus (cf. Huțanu / Radu-Pop 2018, 4). Specific tasks and modules for the integration of LL into the foreign language classroom could involve students’ previous linguistic and intercultural compe‐ tences and draw on their interpretation abilities and creativity. While working with LL, mediation as a linguistic competence can be highlighted (cf. Janíková 206 Lisa Marie Brinkmann / Sílvia Melo-Pfeifer 2018, 143). Excursions in the home city and environment are a direct way of integrating LL into daily classroom activities (cf. Blell / Pfeiffer-Seelig 2018, 70; Cerri / Jentges 2013, 154). This can be extended to excursions of one’s home (‘homescapes’), school environment (‘schoolscapes’), and the analysis of food packages (‘foodscapes’) (cf. Krompák 2018). 3 Empirical study In order to describe and discuss teachers’ beliefs on the integration of LL as a way to encourage multilingual pedagogies in the foreign language classroom, we conducted an empirical study in the scope of an online teacher-training event. We will first present the context of the study and the participants and then the method for data gathering and data analysis. 3.1 Research questions Researching multilingual pedagogies involves researching the teachers’ beliefs. As Reimann (this volume) shows, teachers’ beliefs are an important factor affecting the foreign language classroom. This observation highlights the relevance of our main research question: “How do the teachers perceive the integration of LL in the foreign language classroom? ” To make our research more precise and to respond to the literature, four specific questions were added. 1. It is important to understand which definition of LL the participants follow (cf. Gorter 2019). Therefore, the first research question is: i) What do participants understand by the term linguistic landscape? 2. In order to explore the “promising way to teach about multilingualism” (Cenoz / Gorter 2016, 8), the second research question is: ii) Which poten‐ tials do they perceive on its pedagogical use and which preconditions do they think have to be considered? 3. In addition to the potentials, it is also important to examine examples of how teachers envision the use of LL in the classroom, similar to the presented examples in Melo-Pfeifer / Silva (2021). Therefore, the third research question is: iii) How do participants conceive the didactical use of LL? 4. Finally, teachers’ beliefs are an integral part for researching multilingual pedagogies (cf. Reimann this volume). Consequently, we address this particular question by asking: iv) What impact is (expected to be) produced on teachers and learners while integrating LL in the foreign language classroom? 207 Linguistic Landscapes in Multilingual Pedagogies 5 LoCALL stands for “LOcal Linguistic Landscapes for global language education”. It is an Erasmus Plus project (2019-2022), coordinated by the University of Hamburg, with the participation of the universities from Aveiro, Barcelona, Strasbourg and Groningen. Intellectual outputs are materials and modules, an app, tutorials, podcasts and a handbook on the use of LL in the foreign language classroom. Project ID: 2019-1-DE03-KA201- 060024. Website: https: / / locallproject.eu 3.2 Design of the study: Context and participants The empirical study was set in an international training event for teachers interested in multilingual education, in general, and in LL, more particularly. The training event, which took place on the platform “Google classroom” between 8 th and 12 th June 2020, was organised within the scope of the LoCALL-project 5 and was disseminated internationally by means of social media and research networks. In total, 63 teachers, teacher trainers, post-graduate students, and researchers teaching diverse languages participated in the activities, and approximately 30 were active daily on the platform. Since the training event was open to everyone, the participants differ in age, first language(s) and languages they teach. It was a diverse group with participants and organisers from North and South America, Asia, and Europe, and some participants even knew each other. The participants had an initial interest in LL and multilingual pedagogies and seemed invested in the major part of the activities. For the research settings, this means that the participants are convinced of multilingual pedagogies, which must be viewed as a central feature of the group. Nevertheless, the group was heterogeneous and therefore, we expect a wide range of contents / beliefs / backgrounds in the material. This also means that the results cannot be generalised. For one week, asynchronous reading and information sessions and synchro‐ nous webinars (with D. Moore, A. Chik, and L. Aronin), and get-togethers were held (approx. 20 hours). The participants discussed concrete materials, ideas for teaching, and modules about LL. They used the function of the forum in Google Classroom to discuss the information and the strategies presented and develop further ideas. The discussions in the forum were about the definition of LL, the evaluation of materials and modules, the use of LL in the classroom (after hearing and talking about it in a webinar and get-togethers), and the “invisible languages” in LL. Tasks also included the production of visual linguistic biographies by the participants, as a way to get to know each other, and the production of short videos showing the languages in their domestic environments. As the training week happened during the lockdown due to the Covid-19 pandemic, the production of the video was directed towards LL at home, and therefore dubbed “coronascapes” by the participants. At the end of 208 Lisa Marie Brinkmann / Sílvia Melo-Pfeifer the training week, an evaluation questionnaire was provided to all participants, which 15 teachers filled in, and a digital farewell party was organised. 3.3 Data gathering and data analysis methods In order to answer the research question, we collected the online data on Google Classroom with the knowledge and permission of the participants. All the data presented in this article is anonymised and the original data is only available for the organisers and participants of the training event. For the data collection included in this contribution, we used online focus groups (or “discussion forum” between members of a kind of “community of practice”). Similar to face-to-face focus groups, online-mediated focus group discussions involve people forming a group where participants share an interest, are mostly unfamiliar with each other, and follow a focused discussion (cf. Turney / Pocknee 2005, 36-39). This goes in line with the fact that in the online training week the participants who are convinced of multilingual pedagogies came together. Turney / Pocknee (2005) used a text-based platform to manage the on-line focus group and claim that innovative methods for interaction and moderation in online focus groups are essential. This is what we tried to do as part of the organisation team: we initiated forum discussions and moderated them. This enabled us to expand discussions on topics that emerged during the discussions and to have one forum for each topic. In digital communication, non-verbal and para-verbal elements are absent. Nevertheless, emoticons were used in the forum and are quoted in the forum entries we will discuss. In total, there were 55 entries from different participants in different languages, in five thematic forums. Table 1 presents the data from the analysed discussion forums. 209 Linguistic Landscapes in Multilingual Pedagogies 6 The participants varied from one forum to the other, with some exceptions of teachers who participated in all forums. Theme of the forum Number of messages Number of parti‐ cipants 6 Language(s) used Definition of LL 24 12 English, Portuguese (diffe‐ rent varieties), Spanish (dif‐ ferent varieties), French Invisible lang‐ uages 5 5 English, Portuguese Working with LL 7 7 English, Portuguese Conclusions in small groups 10 7 English, French Tab. 1: The corpus of analysis at a glance. For this analysis, we also included information collected through the evaluation form at the end of the training event (online questionnaire with closed and open questions about suggestions for improvement; comments on positive aspects and the multilingual nature; opinion about the activities, discussions, modules uploaded, tasks, and get-togethers), which was answered by 15 anonymous participants. In our qualitative research design, only the open questions and comments to the closed questions will be analysed. We analysed the data from the forums and the texts from the evaluation applying content-based analysis following Mayring (2008). We read the data several times to categorise it, following an inductive approach. In a first step, we coded the data using preliminary categories. In a second step, we coded the data using sub-categories and adjusted overlapping categories and defined them (see explanatory description in Table 2). We started with the entries from the forums on “Definition of LL” and “invisible languages” (see Table 1), thus creating the category Definition of LL. We also found entries that went further than definitions, representing rather broader conceptions of LL and applications, such as schoolscapes, that allow extended conceptions of the term. In the other forums, we found entries on the potential of using LL to promote innovation and named them Pedagogical potential of LL. As the participants systematically reported on the contexts they were working and on structural or curricular constraints, we coded teachers’ reflections around those issues under Preconditions for the use of LL. We furthermore established the category of Didactical approaches to the use of LL, describing participants’ more concrete 210 Lisa Marie Brinkmann / Sílvia Melo-Pfeifer didactic ideas, i.e. approaches about how to integrate LL in the classroom. Finally, in the questionnaire, we found entries about the effects that LL might have on the learners and on the learners’ linguistic awareness (LA). We thus named the last category Effects of the use of LL on participants and expected effects on learners’ LA. Internal group dynamics, common in online interaction, such as agreements, were not considered in our qualitative analysis. The categories presented in Table 2 aim to answer the research questions I-IV: Category Sub-Category Explanatory description Definition of LL Classic definition Visualisation of language in the public space All-encompassing / inclu‐ sive definition Multimodality (and multimodal lang‐ uages), public and private LL, contex‐ tualised presence of language Extended con‐ ceptions of LL LL as a research field Research field references to social as‐ pects of LL Schoolscapes Visualisation and innovative presence forms of languages at school Pedagogical potential of LL Pedagogical advantages that lead to enhanced stu‐ dents’ competences Language awareness, cultural diver‐ sity, language diversity, identification, heterogeneity, appreciation of lang‐ uages, cultures and identities Enhanced students’ compe‐ tences Linguistic and reflective compe‐ tences, multiperspectivity Preconditions for the use of LL Teachers’ beliefs and tea‐ ching Personal beliefs and attitudes towards language, language teaching and LL, processes of scaffolding, integration in the curriculum Teachers’ beliefs about le‐ arners’ attitudes towards language learning Creating a safe space, curiosity Didactical ap‐ proaches for the use of LL Suggested innovations Inclusion of Braille and sign language, interdisciplinarity, analysis of ‘foods‐ capes’ Concrete examples for the classroom Excursions, fictional LL, language portraits, ‘coronascapes’, discovery of other languages and writing systems Effects on par‐ ticipants’ be‐ Effects on participants’ be‐ liefs Open attitude towards new lang‐ uages, cultures, and LL, importance of LL in public spaces, use of creative 211 Linguistic Landscapes in Multilingual Pedagogies 7 Examples are reproduced following the conventions, languages, and orthography used by the participants. 8 ‘I think it would be interesting and necessary to propose a "more inclusive" definition of what we understand as linguistic landscape.’ 9 ‘[b]ut I believe that images, orality, sign language, colors, the shape of letters, and even movements are all part of the linguistic landscape…’ Category Sub-Category Explanatory description liefs and lear‐ ners’ LA tasks, desire for more content, infor‐ mation, and innovation Learners’ (linguistic) awa‐ reness Social dimension of language aware‐ ness, appreciation of languages, posi‐ tive feedback on multimodality Tab. 2: System of categories. In the following, we provide examples (quotations and paraphrases) that will expand the explanations of table 2. 4 Presentation of results 4.1 Definition of LL Teachers’ definitions of LL can be subcategorised into “Classic definition” and “all compassing definition”. In terms of classic definition, one participant understands LL as the visualisation of languages in the public space: “linguistic landscape is all the languages I can see in different signs in a public space. Languages that I know and languages that I don’t know 7 ”. Another participant draws on the classic definition: “[t]he Linguistic landscapes focuses on different external signs, so I see that the Linguistic Landscape is like a previous sight, required to understand the ideologies transmitted by that signs”. All-encompassing, more inclusive definitions are present in interventions such as: “creo que sería interesante y necesario plantear una definición ‘más inclusiva’ sobre lo que entendemos como paisaje lingüístico” 8 . The participants criticise the classic definition and one wishes to include more than visual forms of language, expanding the concept to audible and tactile, i.e. multimodal lang‐ uages and multimodal forms of “languaging”: “[m]as acredito que as imagens, a oralidade, a língua de sinais, as cores, o formato das letras e até os movimentos façam parte da paisagem linguística…” 9 . They also discuss what spaces, materials and grounds should be included in LL: “the personal linguistic landscape where 212 Lisa Marie Brinkmann / Sílvia Melo-Pfeifer we share the mother tongue and culture with family members or closest friends who also belong to the same cultural background” and all the language that surrounds us in a specific public, semi-public (or non-public/ private) setting and includes written language (on traffic signs, pavements, posters, advertising columns Lietfassäulen etc.) as well as images, sounds, buildings, clothes, bags. Additionally, one participant adds, “the elements of LL […] are "ephemere" and constantly changing”. The following quotation summarises the aspects referring to an inclusive definition of LL: “LL is made from all communication ways and tools that I am in contact with”. To conclude, LL are understood as the visualisation and experiencing of all language, and mainly through inclusive and multimodal means. 4.2 Extended conceptions of LL The participants extended the definition of LL provided by the organisation team to “LL as a research field” and “Schoolscapes”, even if these elements are not new in the research on LL (for example, Blommaert 2013, on ethnography of LL, and Krompák 2018, on schoolscapes). Therefore, regarding the first one, in the discussion about the research field, one participant stated that “permanent/ temporary written/ oral elements of LL” have to be included when analysing a LL. Other participants refer to the social dimensions of the field. One participant states: [the] study of top-down and bottom-up relationships is interesting. What continuities are established between them? What is behind these signs, sounds, tastes, movements? I believe that the "bottom-up" type appeals to plural identities that are drawn with and in the landscape of the city, the neighborhood, the village… What is interesting for this participant is the question of discovering which processes occur in society (rather than in policy) behind LL, as well as the relationships between political and grassroots levels. The question of social issues is illustrated in the following example: In Switzerland you would see signs in 3 languages in some parts, 2 in others, and increasingly (! ) signs also in English which is not an official language in Switzerland. How are linguistic landscapes being perceived by immigrants, when for example their language is not among those that make it on signs? … 213 Linguistic Landscapes in Multilingual Pedagogies 10 ‘they can feel valued as the different people they are… with different cultures, different languages… in short, valued in diversity.’ The participant asks if the presence and expression of a language in the LL has an impact on community languages and their speakers, more specifically on their perception of being linguistically (in)visible. The schoolscapes theme came up in the discussion when one participant reflected on the LL at her institution: “[W]hile we talk a lot about our diversity, our diversity’s languages are not visibly and visually represented within our walls”, meaning again, as in the previous quotation, that LL do not necessarily mirror the real linguistic diversity, the choices made at this level being subjected to debate and publicly challenged. Other participants developed new ideas for the analysis of schoolscapes: “It could be nice to have a « dedicated space » with the representation of different languages inside the school building”. Another innovation one participant mentioned was to “invite parents to take part in the project”. The participants include schoolscapes and LL as a research field in sociolin‐ guistics, while questioning the impact language choices and visual reduction of diversity have on the vast community of language users. 4.3 Pedagogical potential of LL The potential that the participants mention can be subdivided into “Pedagogical advantages that lead to enhanced students’ competences” and “Enhanced stu‐ dents’ competences”. In the first category, participants see potential for identification proc‐ esses: “[t]alking about it [=LL] at school make students be proud of their identify [=identity], their language biographies, their background and avoid cultural misunderstandings”. This is in line with the opinion that learners can feel appreciated the way they are, by praising diversity in their daily lives: “eles podem sentir-se valorizados como pessoas diferentes que s-o… com culturas diferentes, línguas diferentes… enfim, valorizados na diversidade 10 ” and “[h]ighlighting linguistic landscapes will make school children aware of the beauty of diversity”. Following one participant, talking about diversity can take place at different levels because “the notion of Language landscape can bring the discussion on language diversity on different levels: local, regional, national and international level : -)”. Finally, the potential mentioned above is linked to ideas of integrating LL into the classroom: “I think that discussing linguistic landscapes is a good starting topic to talk about language and cultural diversity, because it starts from public 214 Lisa Marie Brinkmann / Sílvia Melo-Pfeifer space”. This stance relates to the idea that LL promote multilingualism as lived, anchored on students’ lives and in the multilingual contacts they establish. In terms of enhancing students’ competences, participants seem to believe in the potential of integrating LL into the foreign language classroom to develop reflective competences, namely the meta-linguistic and meta-pragmatic competence: “LL can encourage students to reflect on language as a system and on the use of languages”. One participant also explains possible methods for promoting this reflective competence in the classroom: “if developed in the classroom, group and tandem work can be a strategy to foster students’ reflexivity and the interactions can provide research with evidence of growing reflexivity and language awareness development”. Finally, one participant synthetises the discussion (s)he took part in by saying: “[w]e thought about the competences that working with LL can include: intercomprehension, mediation, (critical) reflection, …”. The main competences and pedagogical potentials participants perceive in the integration of LL are related to enhanced language and cultural awareness, based on the premise that languages are emotional and cognitive resources for the classroom. In any case, participants focused on the influence of integrating LL on the development of competences and knowledge in specific target languages (for example, vocabulary). 4.4 Preconditions for the use of LL Preconditions for the integration of and pedagogical work with LL include “Tea‐ chers’ beliefs and teaching” and “Teachers’ beliefs on learners’ attitudes towards language learning”. Regarding the first subcategory, participants make clear that teachers set their focus on teaching by following their personal beliefs on how (and to what end) languages are used: I would set my personal focus on the fact that [there] is no language without persons talking, writing, performing. So, I would focus on the reasons that people have to speak or write the way it appears on the city/ school environment. Another participant claims that it would be productive to include all possible senses to decribe the LL: “utilizaria todos os sentidos para descrever/ sentir a LL, poderíamos explorar o ouvir, o sentir os sabores, as espessuras, a maciez, 215 Linguistic Landscapes in Multilingual Pedagogies 11 ‘I would use all the senses to describe/ feel LL, we could explore hearing, feeling the flavors, the thickness, the softness, the stiffness, the smells, the movements… everything that could be felt…! ! ’ 12 ‘I think that all languages can and should have a place in school and in societies in general, after all multilingualism is the reality’. a rigidez, os cheiros, os movimentos… tudo o que fosse possível sentir…! ! ” 11 , making it clear that LL are multisensorial and are apprehended synestheticaly. Furthermore, one participant expresses her belief that all languages can and should have a space in school and in societies at large because multilingualism is an inescapable reality: “Penso que todas as línguas podem e devem ter espaço na escola e nas sociedades em geral, afinal o multilinguismo é a realidade” 12 . Following the participants, scaffolding learning processes is required from teachers. The participants say, “scaffolding is fundamental if the [LL-] tasks are to be developed in the foreign language” classrooms. Regarding the conditions that should be met to facilitate or allow the inte‐ gration of LL into the classroom, participants refer to structural conditions, such as time allocation and explicit reference in the programs, as well as to changes in the beliefs concerning learning and teaching languages plurilingually: “Should a special time be dedicated for it? Extracurricular? ” and “Should it [= LL] be included in the school program? What can we do if students were taught the past years in a “classic” way and do not see any sense in plurilingual activities? ”. For the learners, teachers believe that it is important to create a space in the foreign language classroom where “questions about linguistic biographies, home languages, and migrant languages can also be progressively and delicately asked” and where the learners are “free to share the expériences they want/ don’t to share”; in short, a safe space. Another condition is the “attention for an unknown or not so used language. First by curiosity and then by the need of knowledge”. To summarise, teachers seem to believe that openness towards languages and cultures and the creation of a safe space for diversity in the foreign language classroom facilitates the prospects of working with LL. 4.5 Didactical approaches for the use of LL We categorised the didactical approaches to the use of LL around “Suggested innovations” and “Concrete examples for the classroom”. The innovations refer to the didactic understanding and use of LL in the classroom such as “the work with LL […] across disciplines”. The inclusive definition of LL is also shown in the didactic approaches since one participant explicitly draws on indigenous languages and invisible languages, i.e. Braille, 216 Lisa Marie Brinkmann / Sílvia Melo-Pfeifer 13 ‘I miss indigenous languages and especially what you call “invisible languages”, because I imagine that in the work with multilingualism there is still no specific space for “sensory languages”.’ to be included in the plurilingual classroom: “sinto falta das línguas indígenas e principalmente do que vocês denominam ‘línguas invisíveis’, pois eu imagino que no trabalho com o plurilinguismo ainda n-o há um espaço específico para as ‘línguas sensoriais’” 13 . The concept of “línguas sensoriais” is further deve‐ loped to “‘Linguistic Sensory Landscape’… : )”. Another idea that the participants discussed is foodscape. One participant used it and confirms “fun with some translations [on food packages] that do not match at all”. In the discussion forum, participants mentioned different concrete examples of how to integrate LL in the foreign language classroom. They allude to exploring LL in their environment: “[a]s a way to experience languages pupils can as a project or homework go around their town”. One participant suggested exploring not only the languages in the environment but also the languages of their plurilingual repertoires: “students could even design a fictional linguistic landscape of their own, using the linguistic resources they have and thus pro‐ moting their own plurilingualism”. The integration of LL in the foreign language classroom can also be linked to comparisons of languages: “they can discover similarities, and this also applies to those who speak the majority language: visual aids of signs from another country can be eye openers! ”. Another example of LL emerged during the Covid-pandemic. During quarantine, learners were told to research their homes. This concept was named ‘coronascapes’, as we previously stated. The innovations draw on multimodal work with LL, including foodscapes. Specific examples include the research of several LL: at home, in the environ‐ ment, in oneself. 4.6 Effects on participants’ beliefs and learners’ (linguistic) awareness In this section, we analyse the answers in the final assessment questionnaire, supposing an effect on the participants. The effects participants expect to be produced by the use of LL in the classroom were subcategorised as “Effects on participants’ beliefs” and “Learners’ (linguistic) awareness”. The effects on teachers can especially be seen in the final evaluation. These specific answers, the question / statement, and the part of the evaluation they refer to, will be presented. We start with the general assumption that the modules on LL help to “open the eyes”: “Your opinion about the quality of LoCALL modules uploaded: Very eye opener ideas. Thanks for sharing! ”. Other participants suggest ideas for further development and want more: “Could be 217 Linguistic Landscapes in Multilingual Pedagogies driven by students’ inquiry questions”, “[i]nclude more of the North American perspective in the examplars and assigned readings”, “I think it would be interesting to work LL with other partners - educational partners toothan teachers and schools. There is a lot of potential”, and “I would like to keep touch as I would like to work on some of the ideas from the modules with my students next year”. Participants in the training week showed openness towards new languages, cultures, LL, and plurilingualism: “I’m learning to know more about those minority languages and cultures” and “I love the idea of plurilingualism in the LL of cities”. Participants are interested in LL because they perceive multilingualism in these, more than other semiotic elements (which could be in contradiction to their claim to embrace a more inclusive and multimodal perspective of the study of LL); they are also interested in getting to know other cultures and languages. This interest towards other / new / all languages the participants gained through working with LL seems to express an open attitude towards linguistic diversity, even if it says little about its factual integration into foreign language learning. Another issue that was addressed in the forum was creativity: finally the participants [= the participating teachers] really enjoyed these creative activities and think they can help us to express more of our personalities and identities, compared to more structured activities. The only « bémol » (issue/ concern) is that creative activities take a lot of time. The participants perceive creative tasks in which LL are used as something positive, because these tasks allow working on one’s own linguistic identity, and as something negative, because these activities take a lot of time when used in the classroom, meaning a dilemma between the gains from using LL and the structural constrains they face or feel they are facing. The effects on students mentioned in this section are related to direct experience with the use of LL in the classroom and based on participants’ direct observations. In terms of language awareness, one participant states that the LL “makes people be more aware of how language surrounds them in society, how they are influenced by it, how they navigate their daily life through this landscape thanks to it”. Other participants attested that “multimodality is positively evaluated by pupils” and after using LL in primary school, “[p]artici‐ pants [= learners] expressed that all languages are important, but especially highlighted the role of home languages/ mother tongues”. These effects that LL have on learners are different but they all draw on the meaning language and plurilingualism have in their daily lives. 218 Lisa Marie Brinkmann / Sílvia Melo-Pfeifer To summarise, experiencing and using LL seems to have positively influenced participants’ beliefs, and additionally, they seem keener to integrate LL in the foreign language classroom. It appears that using LL contributes, from participants’ beliefs, to the naturalisation of multilingualism as a “normal” feature of social life. 5 Discussion and conclusion The discussion in this section will follow the research questions 1-4. We will summarise the results while answering how teachers seem to perceive and / or conceive the use of LL in the foreign language classroom and present further research perspectives. 5.1 What do teachers understand by the term “linguistic landscape”? We can observe that the teachers’ definitions usually match the classic definition of the concept in the literature (cf. Landry / Bourhis 1997) and also refer to the social significance expressed in signs (cf. Blell / Pfeiffer-Seelig 2018). The inclusive definition, including all kinds of senses and not only visualisation or alphabetical, readable languages, is mentioned in the literature but for definitional reasons it is not widely used (cf. Marten et al. 2012). The participants state that such an inclusive definition is necessary. Participants in this study also consider the inclusion of static and mobile objects like bags and clothes in the LL necessary for the analysis, and express that LL are dynamic and ephemeral (cf. Gorter / Cenoz 2015). This can also be linked to the material representation of cultures and multilingualism in the LL (cf. Aronin / Ó Laoire 2012). Participants were interested in bottom-up and top-down structures of LL which can influence their teaching, highlighting the notion of language and culture equity and a positive attitude towards them (cf. Dagenais et al. 2009). Following the bottom-up structure in the context of the schoolscape, they understood the power and responsibility they have in representing and opening up spaces for linguistic diversity in the school building. Their beliefs concerning the social aspects of LL follow the symbolic function that LL can serve (cf. Androutsopoulos 2008) and can be interpreted as showing the importance of awareness about language, society and specifically LL. 5.2 Which potentials and preconditions have to be considered? Teachers seem to perceive a lot of potential in using LL to increase their learners’ language and cultural awareness. This is in line with the many authors who have already theoretically stated and empirically shown the growth of language 219 Linguistic Landscapes in Multilingual Pedagogies awareness by means of using LL in school settings. Like the teachers in this study, researchers also addressed the social dimension of language awareness (cf. Sayer 2010; Shohamy 2016). Our participants mentioned the high potential for positive identification processes, similar to Brinkmann et al. (2022) and the appreciation of diversity that can be fostered in students. The appreciation of heterogeneity was mentioned by referring to multilingualism that happens to be the inescapable reality nowadays. This potential of dealing with cultural and linguistic diversity can also be traced back to the literature (cf. Badstübner-Kizik / Janíková 2018; Clemente et al. 2012; Melo-Pfeifer / Silva 2021). It is interesting to notice that no participant mentioned the authenticity of LL-materials as pedagogical materials, an aspect being highlighted in literature (cf. Badstübner-Kizik / Janíková 2018; Pasewalck 2018). It can be hypothesised that this characteristic is either not important for the teachers, or too obvious to be pronounced or even considered. The potential competences the integration of LL into the classroom can encourage are mainly linguistic ones, including plurilingual competences like intercomprehension (cf. Darquennes 2016), as well as reflective ones (cf. Dagenais et al. 2009). One issue to address at the macro-level is the clarification of the integration of LL in the curricula. The participants seem worried about this aspect, which may be due to their dependency on or need to comply with curricula or standardised teaching, learning and assessing mechanisms and materials. The need to scaffold the work with LL is not mentioned in the literature. We imagine that teachers allude to this precondition because they are close to practice and relate to their experience and professional knowledge of teaching and learning in their reflections, meaning they are aware of students’ knowledge and competences. This indicates the importance of including teachers’ beliefs into applied research aiming to improve teaching and learning using authentic multilingual resources. Another condition of teaching about / using LL is that teachers’ attitudes towards languages and personal beliefs influence their tea‐ ching. Referring to language and language teaching, teachers’ understanding of LL and the way they define them (see the discussion of research question 1) gain importance. Teacher education events and classroom activities should therefore be planned more often. It is thus important to meet teachers’ expectations to make use of a more inclusive definition of LL and to discuss the social dimensions of LL in teacher education events and in materials produced for this audience. Additionally, participants in our study express the need to support learners’ curiosity to make them understand the necessity of language learning. They claim that it is essential to build a safe space for, and with the learners, around linguistic diversity. 220 Lisa Marie Brinkmann / Sílvia Melo-Pfeifer 5.3 How do participants conceive the didactical use of LL? It is possible to state that suggested innovations go back to participants’ inclusive understanding of LL and cannot be linked to previous findings, even if the idea of foodscapes and the need to engage in interdisciplinary work can be found in the literature (cf. Blell / Pfeiffer-Seelig 2018; Janíková 2017; Krompák 2018). We can only hypothesize the reasons for the absence of inclusive innovations in the didactical approaches to the use of LL: Marten et al. (2012) state that the broader the concept of LL, the less it is concrete, which may be understood as an obstacle for a more inclusive direction. As we saw in Table 1, there was one complete forum dealing only with “invisible languages”, showing the importance of bringing new ideas and further information, as well as an analysis of teachers’ needs and interests to the research about LL. The examples for the classroom shared by the participants are concrete il‐ lustrations of the possible operationalisation of LL in language learning settings, all having a multilingual focus (following the typology by Melo-Pfeifer / Silva 2021). Exploring the environment draws on places students already know but perhaps not through the lens of multilingualism (cf. Saagpakk 2018). Additio‐ nally, the production of a fictional LL can encourage the affective dimension of language awareness because learners can relate languages to their own person and life (cf. Janíková 2017). 5.4 What impact is (expected to be) produced on teachers and learners while integrating LL in the foreign language classroom? One powerful effect that working on / with LL seemed to produce on the participants is that it generated, or increased, an open attitude towards new languages, cultures, and multilingual pedagogies. As our data do not permit psychological insights, it is not clear whether these attitudes were generated or whether they increased. The latter is more likely to be the case because the training week was about multilingual education and especially attracted teachers and other school actors interested in multilingual issues (participation was voluntary). This can relate to the general effect of analysing LL (cf. Androutsopoulos 2008) and the attitude of inclusion and curiosity that LL can foster in learners. In general, the effects produced on the teachers can also be assumed to occur for learners as, for example, the use of creative tasks can help them to express their personality (cf. Melo-Pfeifer / Lima-Hernandes 2020). Participants’ desire for more at different levels, and all the innovations and concrete ideas (see the discussion on research question 3), show their interest in the use of LL in the foreign language classroom. It is plausible to assume that teachers will transmit this interest to their learners since their beliefs influence their teaching (cf. Biesta et al. 2015). 221 Linguistic Landscapes in Multilingual Pedagogies The effects participants observed on the learners confirm the potential attached to LL as didactic resources (see the discussion on research question 2), especially in terms of enhanced language awareness, positive identification processes, and attention paid to multimodality and multimodal languages. The results show the importance languages might have for learners and how important it is to confront learners with more than one language. The positive identification processes have been reported as essential for learners, not only for their language learning, but also for their personal development as plurilingual individuals. This effect was observed in learners in primary school, as some participants claimed. Following from the literature, learners can develop their linguistic identity while discovering and analysing languages in their homes (homescapes) (cf. Krompák 2018). In terms of multimodality, teachers referred to how learners appreciated making use of diverse senses. By doing so, they understood the diverse facets of language expression: they were reported to have become aware of how languages are entrenched in their daily lives and embodied in their selves. This effect of LL on the learners’ awareness can be linked to the concept of LL as gestalt (cf. Gorter / Cenoz 2015). 5.5 Conclusion and perspectives: How do the participants perceive the integration of LL in the foreign language classroom? As we saw, teachers (as well as other participants) envision LL as a means to encourage plurilingualism, and their beliefs match those expressed in literature, even if not elaborated in the same way: they privilege the context of practice, and they reflect on how school normative documents and the educational structures can hinder or foster the pedagogical work around LL. Finally, the results point toward a change in (language) awareness, both in teachers and learners, even though we just have access to teachers’ accounts of those potential changes. As a cautionary tale, we must consider that the scope of the training event, in the context of the project LoCALL, was rather narrow for aiming to provide full answers to the research questions: as a matter of fact, we addressed mainly teachers and other school actors already interested in plurilingual education and we focused explicitly on LL as a way to encourage plurilingualism, particularly in foreign language classrooms. It must be added that online discussion forums turned out to be an effective method to gather information about teachers’ beliefs. Every forum started with a fix question but the participants were free to decide on the direction taken. The participants could follow the direction taken or change it, and provide new ideas from the other participants. Moreover, one participant started a discussion 222 Lisa Marie Brinkmann / Sílvia Melo-Pfeifer forum on his own. The final questionnaire, being an additional data gathering method, did not allow such development in various directions, and was used to highlight particular aspects of their positioning. Following the discussion and reflections contained in this contribution, we now aim at developing further research perspectives: to compare teachers’ and students’ beliefs. Another point that needs to be addressed is how to engage teachers in different phases of their professional development (which in Germany would be the first (university), second (practical teacher traineeship) and third phases (in-service training) in pedagogical practices using LL (and subsequently reflection upon those practices). 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Subsequently, we show how multilingual signs, which were collected by means of photography during linguistic landscape walks through the city of Mannheim, can be used in French classes. The article therefore offers several practical ideas for the promotion of language awareness, especially with regard to cross-lingu‐ istic comparisons between different heritage languages (e.g., Turkish) and the target language (i.e., French). 1 Einleitung Mehrsprachigkeit ist en vogue. Sie ist seit Jahrzehnten eines der zentralen sprachen- und bildungspolitischen Anliegen der […] Europäischen Union, Mehrsprachigkeitsdidaktik seit nunmehr beinahe drei Jahrzehnten eines der zentralen Forschungsfelder der deutschsprachigen Fremdspra‐ chendidaktik. (García García / Reimann 2020, 12) Allerdings lässt sich unschwer erkennen, dass Entscheidungen, welche Spra‐ chen im deutschen Schulsystem unterrichtet bzw. als Kommunikationsmedium akzeptiert werden, nicht unbedingt mit dem kommunikativen Wert der Spra‐ chen (cf. Kremnitz 2002) zusammenhängen. Beispielsweise gaben im Jahr 2019 2.824.000 Menschen mit Migrationshintergrund die Türkei als Geburts‐ land an, wohingegen lediglich 192.000 Menschen Frankreich anführten (cf. DeStatis 2021a; Stand: 28. Juli 2020). Demgegenüber steht die Tatsache, dass im Schuljahr 2019/ 2020 1.342.299 Schüler/ innen Französisch-, und lediglich 38.622 Schüler/ innen Türkischunterricht hatten (cf. DeStatis 2021b; Stand: 21. Oktober 2020). Derartige Unterschiede zeigen auf, dass positiv konnotierte Mehrsprachigkeit weiterhin meist mit den großen prestigeträchtigen National‐ sprachen wie Französisch - und nicht mit in Deutschland wesentlich häufiger gesprochenen Herkunftssprachen - assoziiert wird (cf. Kropp 2017, 112sq. für eine ähnliche Darstellung). Vertreter/ innen einer Aufgeklärten Mehrsprachig‐ keit(sdidaktik) (cf. Reimann 2015, 2016, dieser Band) plädieren daher zu Recht für eine Berücksichtigung aller Herkunfts- und Familiensprachen im Unterricht der romanischen Sprachen. Eine derartige Integration kann dazu beitragen, die Sprachen der ca. 21 Millionen in Deutschland lebenden Menschen mit Migrationshintergrund (cf. DeStatis 2021c; Stand: 28. Juli 2020) sichtbar zu machen, wodurch wiederum deren Wahrnehmung in der Gesellschaft sowie deren Prestige aufgewertet wird. Eine in der deutschsprachigen, romanistischen Fremdsprachendidaktik bisher kaum berücksichtigte Forschungsrichtung beschäftigt sich mit der Sicht‐ barkeit von Sprachen im öffentlichen Raum, den sogenannten Linguistic Land‐ scapes (Akronym: LL) eines Gebietes. In Eibensteiner (im Druck) habe ich unter anderem dafür plädiert, die Erkenntnisse dieser (primär soziolinguistischen) Forschungsrichtung sowie die dort verwendete Methode im Unterricht der romanischen Sprachen zu berücksichtigen, um einerseits Mehrsprachigkeit sichtbar zu machen und andererseits, um Sprach(en)bewusstheit sowie eine Mehrsprachenkompetenz bei den Schüler/ innen aufzubauen. Ein derartiges Zusammendenken von LL-Forschung und Fremdsprachendidaktik steht für die Didaktik der romanischen Sprachen noch weitgehend aus (für Arbeiten aus anderen Forschungs-Frameworks cf. Cenoz / Gorter 2008; Gorter / Cenoz dieser Band; Janíková 2017; Krompák 2018; Scarvaglieri / Salem 2015; für ein aktuelles Projekt aus dem Bereich der romanistischen Fremdsprachendidaktik rund um Sílvia Melo-Pfeifer cf. LoCALL 2021 sowie die Artikel in diesem Band). Der vorliegende Artikel möchte diesem Forschungsdesiderat nachgehen. Zu Beginn wird auf das Forschungsfeld der Linguistic Landscapes eingegangen. Im Anschluss werden aktuelle Forschungsergebnisse aus dem Bereich der roma‐ nistischen Mehrsprachigkeitsdidaktik dargestellt. Schließlich werden in Ka‐ pitel 4 einige Didaktisierungsmöglichkeiten präsentiert, die auf Linguistic-Land‐ scape-Spaziergängen (Akronym: LLS), die in der Stadt Mannheim durchgeführt wurden, basieren. 228 Lukas Eibensteiner 2 Das Forschungsfeld der Linguistic Landscapes (LL) Die LL-Forschung beschäftigt sich mit schriftlicher Sprache im öffentlichen Raum (cf. Backhaus 2007, 1; Landry / Bourhis 1997, 25). In aktuellen Studien stellen zahlreiche Autor/ innen diese Eingrenzung auf schriftliche Sprache allerdings vermehrt in Frage und plädieren für die Analyse aller schriftlich doku‐ mentierten Zeichen. Es werden demnach alle Zeichentypen berücksichtigt, un‐ abhängig davon, ob diese sprachlicher oder nichtsprachlicher Natur sind. Dieser auch als semiotic landscapes bezeichnete Ansatz (cf. z. B. Jaworski / Thurlow 2010) wird der aktuellen Forderung hinsichtlich der Berücksichtigung von Mul‐ timodalität (cf. Shohamy 2019, 29) eher gerecht als die klassische o. g. Definition. Die Schwierigkeit, sich auf eine einheitliche Zeichen-Definition zu einigen, hat die Grenzen des ursprünglichen Forschungsfeldes zusätzlich ausgeweitet, so dass aktuell darüber diskutiert wird, es auf auditive Sinneseindrücke (linguistic soundscapes) und / oder bewegliche Zeichen (z. B. skinscapes) auszuweiten (cf. Scarvaglieri et al. 2013, 62sqq.). Darüber hinaus argumentieren mehrere Autor/ innen, dass eine Ausweitung auf den virtuellen öffentlichen Raum (virtual linguistic landscapes; cf. Malinowski 2018, 877) im Zeitalter der Digitalisierung unabdingbar sei. Eines der Hauptziele der LL-Forschung ist es, die Sprache des öffentlichen Raumes möglichst detailliert zu dokumentieren, um sprachliche Diversität nach quantitativen Kriterien zu messen und sie dadurch sichtbar zu machen. Derar‐ tige quantitative Analysen sollen darüber hinaus durch qualitative Ansätze ergänzt werden, um so die hinter den Zeichen verborgenen Motive, Ideologien und Einstellungen zu ergründen. Dies soll wiederum zu einem besseren Ver‐ ständnis der jeweiligen Sprach(en)politik führen (cf. Barni / Vedovelli 2012, 28; Gorter et al. 2019, 482sqq.; Shohamy 2019, 268sq.). Shohamy und Gorter (2009, 4) fassen dieses weite Verständnis der LL-Forschung folgendermaßen zusammen: [The linguistic landscape] contextualizes the public space within issues of identity and language policy of nations, political and social conflicts. It posits that LL is a broader concept than documentation of signs: it incorporates multimodal theories to include also sounds, images, and graffiti. Im Gegensatz zu den eher quantitativ ausgerichteten Anfängen der LL-For‐ schung bleiben aktuelle Studien demnach nicht auf das schlichte Abfotogra‐ fieren der Zeichen beschränkt, sondern triangulieren qualitative und quantita‐ tive Methoden (cf. Malinowski 2018, 870sqq.), um zu einem umfassenderen Verständnis zu gelangen. 229 Förderung von Sprach(en)bewusstheit mittels LL Zahlreiche Studien weltweit haben sich mit Fragestellungen der LL-For‐ schung beschäftigt. Dazu zählen unter anderem die Analyse von Sprachkon‐ taktsituationen sprachlicher Minderheiten (cf. z. B. Blackwood / Tufi 2015; Blackwood 2015; Cenoz / Gorter 2006; Moser 2020), diatopischer Varietäten (cf. z. B. Harjus 2017) oder Migrationssprachen (cf. z. B. Scarvaglieri et al. 2013; Ziegler 2018). Bezüglich der Repräsentation sprachlicher Diversität in deutschen Großstädten sei exemplarisch auf das von der Mercator-Stiftung geförderte Forschungsprojekt Metropolenzeichen hingewiesen. Dort wird ein umfangreicher Überblick über die Verteilung visueller Zeichen im Raum der Metropole Ruhr gegeben (n = 25.504). Diese quantitative Herangehensweise wird um Vor-Ort-Interviews mit Rezipient/ innen (n = 120) und Produzent/ innen (n = 60) der Zeichen ergänzt (cf. Ziegler 2018, 130). Es zeigt sich, dass 66,2% der Zeichen auf Deutsch, 20,1% auf Englisch und nur 4,1% auf Türkisch, der meistverwendeten Migrationssprache, sind (cf. ibid., 131). Gerade im Hinblick auf offizielle Zeichen äußere sich die Devise „German only“ (ibid., 136) noch stärker als bei kommerziellen. Die Autorin arbeitet schließlich heraus, welche Einstellungen sich hinter der Rezeption und der Produktion einbzw. mehr‐ sprachiger Zeichen verbergen. Sie stellt fest, dass visuelle Mehrsprachigkeit zwar hauptsächlich positiv bewertet wird, dass diese positive Attitude aber bei Menschen mit Migrationshintergrund stärker ausgeprägt ist als bei jenen ohne Migrationshintergrund (cf. ibid., 137). Die meisten Rezipient/ innen argumen‐ tieren diesbezüglich unter Rückgriff auf funktional-pragmatische Argumente, dass die visuelle Mehrsprachigkeit für Menschen ohne Deutschkenntnisse wichtig sei, um sich in der Stadt zurechtzufinden (cf. ibid., 138sqq.). Allerdings finden sich durchaus auch Äußerungen, die auf eine negative Haltung schließen lassen. So antwortet ein/ e Proband/ in, dass man der deutschen Sprache mächtig sein solle, wenn man in Deutschland lebe (cf. ibid., 142). Zieglers Ergebnisse demonstrieren somit, dass mit der schriftlichen Sprache im öffentlichen Raum ganz bestimmte Einstellungen und Motive zusammenhängen, die zwar häufig positiver Natur sind, aber doch zu einem nicht zu vernachlässigenden Anteil negative Wertungen aufweisen. Dies äußere sich explizit in den Aussagen einiger Proband/ innen und implizit durch die eindeutig monolinguale Tendenz, v. a. was die offizielle Beschilderung betrifft. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, welchen Beitrag die LL-For‐ schung zu einem sprach- und heterogenitätssensiblen Fremdsprachenunter‐ richt leisten kann. Bevor auf konkrete Umsetzungsbeispiele für den Franzö‐ sischunterricht eingegangen wird, wird im nächsten Kapitel dargestellt, was unter einem sprach- und heterogenitätssensiblen Fremdsprachenunterricht verstanden wird. 230 Lukas Eibensteiner 1 Nachdem die Theoriebildung mehrsprachigkeitsdidaktischer Forschung sehr weit fort‐ geschritten ist, bedarf es dringend empirischer Studien, die sich der Wirksamkeit dieses Ansatzes widmen (cf. Eibensteiner / Müller-Lancé 2020, 121; Heyder / Schädlich 2015, 248; Heyder 2017, 70). Eine derartige Tendenz lässt sich anhand zahlreicher, laufender empirischer Forschungsprojekte ablesen (cf. Kropp / Müller-Lancé / Eibensteiner 2022; Rückl in Vorbereitung; Göbel et al. 2021). 3 Sprach- und heterogenitätssensibler Fremdsprachenunterricht Wie im letzten Kapitel thematisiert, spiegeln die Linguistic Landscapes die sprachliche Situation eines Gebietes und damit dessen Mehrsprachigkeit wider. Seit einiger Zeit wird sowohl von bildungspolitischer (cf. z. B. Kul‐ tusministerkonferenz 2012) als auch von fremdsprachendidaktischer Seite (cf. Reimann 2015, 2016) das Ziel propagiert, Mehrsprachigkeit zu fördern, womit die Forderung einhergeht, die (herkunftsbedingte) sprachliche Hete‐ rogenität der Lernenden auch im Unterricht der romanischen Sprachen zu berücksichtigen. Lange Zeit wurden im Bereich der romanistischen Fremd‐ sprachendidaktik allerdings primär die positiven Effekte innerhalb der roma‐ nischen Sprachen beachtet, was sich sehr deutlich an den zahlreichen, meist die Interkomprehension fokussierenden Studien der 2000er-Jahre zeigt (cf. z. B. Bär 2009; Klein / Stegmann 1999). Seit den 2010er-Jahren beobachtet Reimann (2016, 17) eine zusätzliche Öffnung, die zuerst das Englische (cf. z. B. Leitzke-Ungerer / Blell / Vences 2012) und das Lateinische betrifft (cf. z. B. Müller-Lancé 2013, 28sqq.; Müller-Lancé 2017, 75sqq.; Siebel 2017), aber schließlich auch dazu führt, die herkunftsbedingte Mehrsprachigkeit im Un‐ terricht der romanischen Sprachen zu berücksichtigen (cf. z. B. Fernández Ammann / Kropp / Müller-Lancé 2015; Schlaak 2015; Schlaak / Thiele 2017). 1 Reimann (2015, dieser Band) versucht, diese aktuellen Entwicklungen mit dem Prinzip der Aufgeklärten Mehrsprachigkeit, das er in Anlehnung an jenes der Aufgeklärten Einsprachigkeit (cf. Butzkamm 1973) terminologisch fasst, zu modellieren: 231 Förderung von Sprach(en)bewusstheit mittels LL Abb. 1: Phasen der aktuellen mehrsprachigkeitsdidaktischen Forschung nach Reimann (2015, 8) Eines der in Abbildung 1 genannten Diskurs- und Handlungsfelder, um welche die Mehrsprachigkeitsdidaktik erweitert wurde bzw. erweitert werden sollte, bezieht sich konkret auf die Integration von Herkunfts- und Familiensprachen in den Unterricht der romanischen Sprachen. In der mehrsprachigkeitsdidak‐ tischen Forschungsliteratur besteht weitgehend Konsens, dass eine solche Be‐ rücksichtigung positive Auswirkungen in vielerlei Hinsicht hat. Man geht davon aus, dass sie mit einer Aufwertung der entsprechenden Sprachen einhergehe, was wiederum zu einem höheren Prestige und sozialer Anerkennung, zu einer Steigerung des Werts auf dem Arbeitsmarkt, zu wirtschaftlichen Vertriebser‐ folgen und ökonomischen Einsparungen, zu einer effektiveren Kommunikation über Sprachgrenzen hinweg, zu einer positiven Persönlichkeitsentwicklung und einer Verbesserung der inter-/ transkulturellen Kompetenzen führe (cf. z. B. Roche 2018, 86; Schlaak 2015, 49sqq.). Anders formuliert: Eine Integration der Herkunfts- und Familiensprachen kann dazu beitragen, das kulturelle Kapital im Sinne Bourdieus - im wahrsten Sinne des Wortes - zielführend zu verwerten. Die Realität sieht jedoch anders aus. Der natürlich erworbenen Mehrsprachigkeit wird in vielen Aufnahmeländern nur ein bedingter Wert zugeschrieben, während gleich‐ zeitig aber ein großes Kapitalvolumen in schulisch vermittelte Sprachkenntnisse mit ungewisser Rendite investiert wird. (Roche 2018, 87) Neben den o. g. Vorteilen kann außerdem davon ausgegangen werden, dass positive Transfereffekte zwischen der Herkunfts-/ Familiensprache und der Zielsprache stattfinden (cf. Gabriel / Grünke / Schlaak 2020; Gürel 2017; 232 Lukas Eibensteiner Thiele 2015). Eine explizite Nutzung dieser sprachlichen Ressourcen sollte den Fremdsprachunterricht also sogar effizienter machen. Allerdings verweist Kropp (2015, 166sq.) mit ihrem school language effect zurecht darauf, dass Her‐ kunfts-/ Familiensprachen häufig ausgeblendet und unterdrückt und somit nicht als Transferbasis herangezogen werden. Dies betont einmal mehr, dass die oben aufgelisteten positiven Effekte nur dann zutage treten, wenn herkunftsbedingte Mehrsprachigkeit auch aktiv in den Unterricht integriert wird. Die wissenschaftliche Literatur der letzten Jahre hat sich dieser Forderung intensiv gewidmet und zahlreiche Unterrichtskonzepte und -aufgaben präsen‐ tiert (cf. z. B. Bermejo Muñoz 2014; Gürel 2017; Heyder 2017; Klotz 2015; Laschet 2015; Reimann / Siems 2015; Thiele 2015); ja sogar Lehrer/ innenhand‐ reichungen für die Berücksichtigung der individuellen Mehrsprachigkeit der Lernenden liegen vor (cf. Bermejo Muñoz 2017). Befragt man Lehrer/ innen oder Lehramtsanwärter/ innen hinsichtlich ihrer Einstellung zu herkunftsbedingter Mehrsprachigkeit so zeigt sich, dass diese prinzipiell ein durchwegs positives Bild haben und die Heterogenität ihrer Lerner/ innenschaft als Herausforderung und Ressource wahrnehmen (cf. Heyder / Schädlich 2015; Kropp 2020; Reimann et al. 2018). Allerdings wird vermehrt auf eine Diskrepanz zwischen den o. g. positiven Einstellungen und dem tatsächlichen Verhalten der Praktiker/ innen im Unterricht hingewiesen (cf. z. B. Heyder 2017, 64sqq.; Bermejo Muñoz 2014, 121). Dies führt Heyder (2017, 65sqq.) unter anderem auf die folgenden Gründe zurück: ● Mangelnde Kenntnisse in den Herkunfts-/ Familiensprachen seitens der Lehrer/ innen ● Mangelnde Unterrichtserfahrungen und Kompetenzen im Umgang mit Mehrsprachigkeit ● „Schwammige und lückenhafte Thematisierung von Mehrsprachigkeit in curricularen Vorgaben“ (ibid., 66sq.) ● Fehlen von langfristig und systematisch fördernder Unterrichtsmaterialien ● Bislang keine empirische Überprüfung der vorhandenen, meist auf die punktuelle Förderung von Mehrsprachigkeit abzielenden Materialien (cf. Fußnote 1 oben) Daraus ergeben sich - so Heyder (2017, 68sqq.) weiter - mehrere Forderungen für die Didaktik des Fremdsprachenunterrichts, die sich im Wesentlichen auf Lehrer/ innenaus- und -weiterbildung sowie auf die Weiterentwicklung der bestehenden Curricula und Unterrichtsmaterialien und -methoden beziehen (für Potenziale der Digitalisierung cf. Eibensteiner / Schlaak 2021). Der vorliegende Beitrag möchte sich auf den letztgenannten Aspekt stützen und aufzeigen, wie 233 Förderung von Sprach(en)bewusstheit mittels LL die Erkenntnisse und Methoden aus dem Bereich der LL-Forschung gewinnbrin‐ gend für die Förderung von Sprach(en)bewusstheit durch die Berücksichtigung herkunftsbedingter Mehrsprachigkeit im Französischunterricht genutzt werden können. 4 Potenziale der Linguistic-Landscape-Forschung zur Förderung von Sprach(en)bewusstheit durch den Einbezug herkunftsbedingter Mehrsprachigkeit im Französischunterricht 4.1 Linguistic Landscaping und die Förderung von Sprach(en)bewusstheit Es gibt mehrere Möglichkeiten, die LL gewinnbringend im Französischunter‐ richt einzusetzen. Beispielsweise kann mithilfe von Linguistic-Landscape-Spa‐ ziergängen (LLS) die sprachliche Situation allochthoner Sprachminderheiten sichtbar gemacht und analysiert werden. Unter LLS verstehe ich eine Art von Projektunterricht, in der die Schüler/ innen unter Anleitung einer oder mehrerer Lehrpersonen schriftlich dokumentierte sprachliche Zeichen des öffentlichen Raums abfotografieren und diese im Anschluss mittels entsprechender Arbeits‐ aufträge bearbeiten und analysieren. In Eibensteiner (im Druck) habe ich argumentiert, dass derartige LLS im Einklang mit einem handlungs-, lerner- und prozessorientierten Unterricht stehen sowie der Forderung nach einer ganzheitlichen Unterrichtskonzeption nachkommen. Der wesentliche Vorteil von LLS im Vergleich zur schlichten Behandlung von Bildern oder Fotos (ohne LLS) ist, dass die Lernenden die Erfahrung der sprachlichen Vielfalt in der realen Welt am eigenen Leib erfahren können (Brinkmann / Melo-Pfeifer dieser Band). Während die Mehrsprachigkeit des öffentlichen Raumes ohne eine ent‐ sprechende Aufmerksamkeitslenkung die Bewusstseinsschwelle vermeintlich nicht überschreitet (cf. Mitschke 2019 sowie Mitschke im vorliegenden Band), wird den Lernenden durch konkrete Aufgabenstellungen, die während der LLS durchzuführen sind, die sprachliche Vielfalt ins Bewusstsein gerufen. Dabei wird direkt an die Lebenswelt der Schüler/ innen angeknüpft, die dadurch mit hochauthentischem Sprachmaterial konfrontiert werden und dieses für ihre Sprach- und Kulturlernprozesse heranziehen können (cf. Cenoz / Gorter 2008 und Gorter / Cenoz dieser Band für eine Diskussion der Möglichkeiten, LL als authentische Inputquelle zu verwenden). Bei der Verwendung von Linguistic Landscapes im Französischunterricht geht es also primär darum, Sprach(en)bewusstheit zu fördern, was wiederum dazu führen soll, langfristig eine Mehrsprachenkompetenz seitens der Schüler/ innen aufzubauen. Sprach(en)bewusstheit wird von der Association for Language Awareness als „explicit knowledge about language, and conscious perception and 234 Lukas Eibensteiner sensitivity in language learning, language teaching and use“ (ALA o. J.) definiert. Im Hinblick auf den schulischen Französischunterricht soll demnach explizites Wissen über ein Sprachsystem erlangt (beispielsweise durch den kontrastiven Vergleich von Herkunfts- und Zielsprache(n)) sowie eine bewusste Wahrneh‐ mung und Sensitivität hinsichtlich des Sprachlehrens und -lernens (etwa durch die Integration der LL-Methode in das Sprachlernstrategierepertoire der Ler‐ nenden) und der Sprachverwendung erreicht werden (beispielsweise durch die Analyse der jeweiligen Sprachkontaktsituationen). Den ersten Schritt zum Einsatz von Linguistic Landscaping stellen dabei die o. g. LLS dar. Dadurch, dass die schriftlichen Zeichen mithilfe der photogra‐ phischen LL-Methode dokumentiert werden, wird die Mehrsprachigkeit des öffentlichen Raumes - im Unterschied zu normalen Spaziergängen - bewusst wahrgenommen. Sie gelangt dadurch - in Anlehnung an Schmidts (1990, 132) Bewusstheits-Hierarchie - gewissermaßen in die Stufe des noticing (cf. Tabelle 1). Im Rahmen der LLS wird die Aufmerksamkeit der Lernenden also explizit auf die sprachliche Vielfalt des öffentlichen Raumes gelenkt. Durch eine Didaktisierung der LL-Daten und eine anschließende intensive Behandlung im Unterricht kann die Sprach(en)bewusstheit der Lernenden weiter vertieft werden (Stufe des understanding bei Schmidt): Schmidts Bewusstheits-Hierarchie Sprach(en)bewusstheit hinsichtlich LL Perception Normale Spaziergänge Noticing Linguistic-Landscape-Spaziergänge Understanding Analyse der photographisch dokumentierten Daten der LLS Tab. 1: Schmidts (1990) Bewusstheits-Hierarchie und LL Im Folgenden werden nun einige Vorschläge unterbreitet, die darstellen sollen, wie Linguistic Landscaping im Französischunterricht eingesetzt und wie da‐ durch die dritte Stufe der Bewusstheits-Hierarchie nach Schmidt erreicht werden kann. 4.2 Förderung von Sprach(en)bewusstheit durch die Einbeziehung diverser Herkunftssprachen: Die Mannheimer Coronascapes Die Beschilderung des öffentlichen Raumes hat sich seit der Corona-Pandemie drastisch verändert. So finden sich beispielsweise zahlreiche Warnhinweise oder Informationsschilder, die im Rahmen von LLS fotografiert und im Unter‐ 235 Förderung von Sprach(en)bewusstheit mittels LL 2 Es soll an dieser Stelle erwähnt werden, dass 45,3% der Bürger/ innen Mannheims einen sogenannten Migrationshintergrund haben. Hinsichtlich der Bezugsländer steht die Türkei an erster Stelle (19,3%) (Stand: 31.12.2019; Quelle: Kommunale Statistikstelle der Stadt Mannheim 2021). Es ist deshalb sehr wahrscheinlich, dass sich in Mannheimer Schulen Kinder mit türkischem Migrationshintergrund befinden. Eine Thematisierung der türkischen Sprache im Französischunterricht bietet daher eine ideale Möglichkeit, Sprach- und Kulturtransfer zu initiieren (siehe v.a. Kapitel 4.3). richt behandelt werden können. Abbildung 2 zeigt einen Aufsteller der Stadt Mannheim, 2 der Rückkehrer/ innen aus einem Corona-Risikogebiet in diversen Herkunftssprachen ansprechen soll: Abb. 2: Herkunftssprachen auf einem mehrsprachigen Zeichen in Mannheim Auf dem Hinweisschild finden sich das Deutsche, das Bulgarische, das Italieni‐ sche, das Russische, das Bosnische / Kroatische / Serbische, das Englische, das Rumänische, das Polnische und das Türkische. Im Folgenden soll aufgezeigt werden, wie im Rahmen einer Unterrichtseinheit, in der die aus den LLS hervor‐ gegangenen Fotos besprochen werden, gearbeitet werden kann. Beispielsweise können die Lernenden nach einer kurzen Aktivierungsphase dazu aufgefordert 236 Lukas Eibensteiner 3 Ein ausgearbeitetes Arbeitsblatt „Mon Mannheim multilingue“ findet sich im Anhang. werden, die einzelnen Sprachen zu erkennen und zu klassifizieren. 3 Dabei wird eine ausgedruckte Fassung des Fotos zerschnitten und die einzelnen Teile werden einem „Sprachbaum“ (z. B. mithilfe von Klebestreifen) zugeordnet: Abb. 3: Stammbaum ausgewählter altaischer und indogermanischer Sprachen mit mög‐ lichen Antworten der Schüler/ innen In diesem ersten Schritt geht es lediglich darum, die Sprachen bzw. die Länder‐ fahnen zu erkennen und sie den diversen Sprachfamilien bzw. den konkreten Einzelsprachen zuzuordnen. Im Anschluss werden die einzelnen Sprachbei‐ spiele verglichen und lexikalische sowie grammatikalische Ähnlichkeiten in das Aufgabenformat des mehrsprachigen Wörterbuches eingetragen, wobei die Schüler/ innen hinsichtlich der letzten beiden Spalten basierend auf ihrem sprachlichen Vorwissen selbst eine Sprache wählen dürfen (hier exemplarisch ausgefüllt für Rumänisch und Türkisch): 237 Förderung von Sprach(en)bewusstheit mittels LL 4 Das hier genannte Beispiel bedeutet wörtlich übersetzt eigentlich „aus dem Risikoge‐ biet“, da das Substantiv bölge das Ablativsuffix {-den} trägt. Die wörtliche Übersetzung von Risikogebiet würde eigentlich riskli bölge lauten. Deutsch English Italiano Français Limba română Türkçe ein Risikoge‐ biet a risk area un’area a ri‐ schio une zone à risque o zonă de risc riskli böl‐ geden 4 Quarantäne quarantine quarantena quarantaine carantina karantina Tab. 2: Ausschnitt eines ausgefüllten mehrsprachigen Wörterbuchs Wichtig ist, dass im Anschluss die Erkenntnisse der Schüler/ innen im Plenum gesammelt und besprochen werden. Im vorliegenden Beispiel bietet sich auf der einen Seite eine Thematisierung der zahlreichen Internationalismen an (z. B. dt. Quarantäne, en. quarantine, it. quarantena etc.); auf der anderen Seite kann das grammatikalische Wissen erweitert werden, beispielsweise indem die unbestimmten Artikel verglichen werden (z. B. dt. ein, en. a, it. un‘ etc.). Die Schüler/ innen erkennen durch derartige Aufgaben, wie viel sie in ihnen komplett unbekannten Sprachen verstehen können und schulen dadurch ihre Interkomprehensionskompetenz. Über punktuelle Grammatikerklärungen wird außerdem das explizite Wissen in den unbekannten Sprachen erweitert, was langfristig zu einer - wenn auch nur rezeptiven - Sprachkompetenz führt (z. B. Apostrophierung des unbestimmten italienischen Artikels una vor einem Vokal; der unbestimmte rumänische Artikel o; das Türkische kennt keine (unbestimmten) Artikel). Es ist wichtig zu betonen, dass auch eine mehrspra‐ chigkeitsdidaktische Einheit die zielsprachliche Kompetenz nicht vollkommen außer Acht lassen sollte. Dies wird im eben dargestellten Beispiel dadurch gewährleistet, dass die Schüler/ innen im Anschluss (beispielsweise durch einen fiktiven Auftrag der Stadt Mannheim) eine französische Übersetzung des Textes anfertigen (cf. Arbeitsblatt 1 im Anhang). Im Anschluss an diese erste Annäherung an das Thema Corona könnten die Schüler/ innen Plakate oder Flyer für Reiserückkehrer/ innen gestalten oder auch die Hinweise als Durchsagen vertonen. Auch die Gestaltung eines (mehrsprachigen) Dialogs in einem Informationsbüro wäre denkbar. 238 Lukas Eibensteiner 5 Je nach Vokalharmonie tritt das Suffix auch als {-li}, {-lu} oder {-lü} auf (cf. Schro‐ eder / Şimşek 2014, 122). 4.3 Förderung von Sprach(en)bewusstheit durch die Einbeziehung des Türkischen: Linguistic Foodscapes Eine weitere Möglichkeit, Sprach(en)bewusstheit zu fördern, bietet sich im Rahmen einer Unterrichtsreihe zum Themenbereich Essen / Trinken an. Die Schüler/ innen sollen auf einer kulinarischen Reise durch ihre Heimatstadt (in unserem Falle Mannheim) alle mehrsprachigen Speisekarten und Werbebot‐ schaften der Lokale fotografieren. Anschließend werden die dabei entstandenen Fotos im Unterricht behandelt. In Mannheim findet sich eine große Anzahl tür‐ kischer Lokale, deren Speisekarten und Werbebotschaften häufig zweisprachig sind: Abb. 4: Auszug einer türkisch-deutschen Speisekarte Die in Abbildung 4 dargestellte Speisekarte eignet sich ideal, um das in der oben angeführten Definition von Sprach(en)bewusstheit angesprochene explizite Sprachwissen anhand eines Sprachvergleichs zwischen dem Türkischen, dem Deutschen und dem Französischen zu fördern. Mithilfe des in der Speisekarte äußerst frequenten Suffixes {-lı} 5 könnte beispielsweise das agglutinierende Prinzip des Türkischen veranschaulicht werden (z. B. Nr. 142 in Abbildung 4: pilav (dt. Reis) → pilavlı (dt. mit Reis); oder Nr. 184: acı (dt. scharf) → acılı (dt. scharf zubereitet)) (cf. Eibensteiner im Druck). Wie in den Beispielen in Klammer ersichtlich, wird das Suffix {-lı} an das Substantiv angehängt, wodurch das jeweilige Wort die Bedeutung „mit der betroffenen Sache versehen“ erhält ( Jansky 1986, 33). Während das Deutsche und das Französische diese Bedeutung 239 Förderung von Sprach(en)bewusstheit mittels LL meist mithilfe von Präpositionalphrasen ausdrücken (dt. mit Reis, fr. avec du riz), wird dies im Türkischen gemäß dem agglutinierenden Prinzip durch das Anhängen von Morphemen ausgedrückt. Auch Thiele (2015) argumentiert für die Förderung von Sprach(en)bewusstheit durch einen französisch-türkischen Sprachvergleich, mit dessen Hilfe sie die türkischen Pluralsuffixe einführt. Eine derartige sprachvergleichende Herangehensweise ermöglicht es außerdem Schüler/ innen mit türkischen Sprachkenntnissen, sich wichtiges explizites Wissen in ihrer Herkunftssprache anzueignen, das - wenn man die Ergebnisse der zahlreichen Transfer- und Drittspracherwerbsstudien beachtet - für einen positiven Transfer aus einer Erstsprache notwendig zu sein scheint (cf. v. a. Falk et al. 2015). Ein weiteres Beispiel, wie man mit mehrsprachigen Speisekarten arbeiten kann, liefert das kurdische Restaurant bona’me, dessen Speisekarte in Abbildung 5 abgedruckt ist: Abb. 5: Auszug einer türkisch-deutschen Speisekarte des Restaurants bona’me 240 Lukas Eibensteiner Im Arbeitsblatt 2 im Anhang („Une visite au restaurant kurde bona’me“) werden im ersten Schritt mithilfe der türkisch-deutschen Speisekarte einzelne türkische Wörter eingeführt (z. B. domates oder sos). Darauf aufbauend werden die Lernenden aufgefordert, die schon bekannten Lexeme in der Speisekarte zu unterstreichen und zu versuchen, sich neue, noch unbekannte Lexeme zu erschließen. Wichtig ist diesbezüglich, dass die Lernenden bereits über gängige Worterschließungsstrategien verfügen bzw. diese vor der Durchführung des Arbeitsblattes eingeführt werden. Derartige Übungen schaffen ein Bewusstsein dafür, auch in einer nicht bekannten Sprache einzelne Begrifflichkeiten zu ver‐ stehen (Interkomprehensionskompetenz; cf. Abschnitt 4.2). Im Anschluss füllen die Schüler/ innen das schon erwähnte Aufgabenformat des mehrsprachigen Wörterbuchs aus, um ihre Erkenntnisse systematisch zu ordnen (cf. Arbeitsblatt 2 im Anhang). Darauf aufbauend folgt eine metasprachliche Reflexionsphase, in der ein grammatikalisches Phänomen des Türkischen aufgegriffen und mit anderen Sprachen verglichen wird (z. B. die schon oben angesprochenen Suffixe {-lu/ -lı}, deren Funktionsweise mithilfe der Speisekarte veranschaulicht werden kann → sos / soslu oder ıspanak / ıspanaklı). Um auch hier die Sprachproduktion in der Zielsprache Französisch nicht zu vernachlässigen, folgt eine Sprachmitt‐ lungsaufgabe, in der sich drei Schüler/ innen im Restaurant bona’me befinden. Schüler/ in A, der/ die sich aufgrund eines Schüleraustausches gerade in Deutsch‐ land aufhält, kommt aus Frankreich und spricht nur Französisch; Schüler/ in B kann sowohl Französisch als auch Deutsch; Schüler/ in C spricht Türkisch und Deutsch (im Optimalfall handelt es sich um eine/ n Schüler/ in, der/ die tatsächlich Türkisch spricht und seine/ ihre Kompetenz einbringen möchte). Gemeinsam erklären sie Schüler/ in A, was auf der Speisekarte steht, wobei Schüler/ in B die Rolle des eigentlichen Sprachmittlers bzw. der eigentlichen Sprachmittlerin übernimmt. Auch wenn bei solchen Lernaufgaben die Situati‐ onsauthentizität nur bedingt gegeben ist, bleibt die Interaktionsauthentizität insofern vollständig intakt (cf. Ellis 2017, 508sqq.), als derartige Aufgaben es den Lernenden ermöglichen, das Verhalten in mehrsprachigen Situationen, auf die sie in einer globalisierten Welt immer wieder stoßen werden, einzuüben. Die eben präsentierten Aufgaben stellen eine Möglichkeit dar, die lebens‐ weltliche Mehrsprachigkeit der Schüler/ innen, die mithilfe der LL-Methode dokumentiert wird, im Französischunterricht zu berücksichtigen. Im nächsten Kapitel werden noch einmal Vor- und Nachteile, die eine solche Herangehens‐ weise mit sich bringt, diskutiert. 241 Förderung von Sprach(en)bewusstheit mittels LL 5 Fazit und Ausblick Im vorliegenden Beitrag wurde dafür plädiert, die Erkenntnisse sowie die Methode der LL-Forschung im Französischunterricht einzusetzen, um Sprach(en)bewusstheit durch die Integration herkunftsbedingter Mehrsprachig‐ keit zu fördern. Dazu wurden einzelne Unterrichtsvorschläge präsentiert, welche Möglichkeiten aufzeigen, mit Fotos zu arbeiten, die während soge‐ nannter LLS gemacht wurden. Es wurde argumentiert, dass der wesentliche Vorteil einer Analyse solcher im Rahmen von LLS entstandenen Fotos darin besteht, dass die Lernenden selbst die Erfahrung der sprachlichen Vielfalt in einer mehrsprachigen, realen Welt machen können. Dadurch wird die Mehr‐ sprachigkeit in ihr Bewusstsein gerufen (noticing-Schwelle bei Schmidt 1990; cf. Tabelle 1), worauf eine anschließende Behandlung im Unterricht aufbauen kann. In den einzelnen Unterrichtsvorschlägen wurden die mehrsprachigen Zeichen dafür herangezogen, sprachliches Vorwissen zu aktivieren, lexikalische Parallelen aufzuzeigen (z. B. Internationalismen wie dt. Quarantäne, en. quaran‐ tine, it. quarantena, türk. karantina etc.) sowie dazu, einzelne grammatikalische Phänomene der Herkunftssprache(n) einzuführen und mit den vorhandenen Sprachkenntnissen der Lerner/ innenschaft zu vergleichen (z. B. Veranschauli‐ chung des agglutinierenden Prinzips mithilfe des Suffixes {-lı} → z. B. pilav (dt. Reis; fr. riz) → pilavlı (dt. mit Reis; fr. avec du riz)). Darüber hinaus wurden die mehrsprachigen Zeichen/ Fotos als Impulse für (interaktions)authentische Redeanlässe verwendet. Allerdings muss an dieser Stelle betont werden, dass es bisher kaum Er‐ fahrungsberichte und empirische Forschungsbefunde gibt, welche die Verwen‐ dung von LL im Französischunterricht untersucht haben. Erste Ergebnisse des LoCALL-Projektes zeigen aber durchaus, dass Sprachlehrende LL als hilf‐ reiche Stütze ansehen und dass ihnen dadurch Offenheit gegenüber neuen Sprachen und Kulturen nähergebracht wird (cf. Brinkmann / Melo-Pfeifer dieser Band). Einige Kommentare lassen sogar auf positive Effekte hinsichtlich der Sprach(en)- und Kultur(en)bewusstheit schließen: „Talking about it [Anm.: LL] at school makes students be proud of their identify [sic! ] [= identity], their language biographies, their background and avoid cultural misunderstandings” (ibid.). Trotz dieser spannenden Einsichten in die Lehrendenperspektive sind Studien, welche die Lernendenperspektive fokussieren, weiterhin kaum zu finden (cf. ibid.). Erste Pionierstudien deuten aber auch diesbezüglich darauf hin, dass die Integration der LL-Methode mithilfe von LLS im Fremdsprachen‐ unterricht tatsächlich zu einer Steigerung von Sprach(en)bewusstheit führt (cf. Gorter / Cenoz dieser Band). So gibt ein/ e Teilnehmer/ in, der/ die in der von 242 Lukas Eibensteiner Cenoz und Gorter (ibid.) zusammengefassten Studie hinsichtlich seines/ ihres Lernerfolges das Folgende an: „The day I went to take the photos of the signs I was impressed, I never look at the signs and in almost all of them there are two languages and you can learn words if they mean the same thing” (ibid.). Dennoch wären weitere empirische Untersuchungen zu den Effekten dieses didaktisch-methodischen Ansatzes wünschenswert. So wäre es beispielsweise interessant zu sehen, ob Studien im deutschen Schulkontext die Ergebnisse von Cenoz und Gorter, dass Sprach(en)bewusstheit durch LLS und die anschließende Besprechung im Unterricht gefördert wird, bestätigen. Auch die Frage, inwiefern eine derartige Thematisierung im Unterricht die Einstellungen / Überzeugungen der Lernenden hinsichtlich herkunftsbedingter Mehrsprachigkeit beeinflusst, bleibt offen und kann in zukünftigen Untersu‐ chungen behandelt werden. Summa summarum eröffnen sich durch die Verwendung von LL im Fremd‐ sprachenbzw. im Französischunterricht mehrere Möglichkeiten, deren Po‐ tenziale für die Förderung von Sprach(en)bewusstheit nicht unberücksichtigt bleiben sollten. Literatur ALA. o. J. (Association for Language Awareness, http: / / www.languageawareness.org/ ? pa ge_id=48, 21.01.2021). Backhaus, Peter. 2007. Linguistic Landscapes. A Comparative Study of Urban Multilingu‐ alism in Tokyo. Clevedon et al.: Multilingual Matters. 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Kompetenzen: Schreiben, Sprach(en)bewusstheit Anzahl Übungen 5 Sozialform Abhängig von der konkreten Unterrichtssituation Sprachen Deutsch, Bulgarisch, Englisch, Italienisch, Rumänisch, Russisch, Polnisch, Bosnisch/ Kroatisch/ Serbisch, Türkisch, Französisch Stufe Sekundarstufe I und II Auswertung Abhängig von der konkreten Unterrichtssituation didaktische Hinweise Besonders in Übung 3 sei darauf hingewiesen, dass von den Schüler/ innen nicht verlangt wird, die gesamte Tabelle auszufüllen. Felder im Italienischen bzw. die der selbstgewählten Sprache können frei bleiben. Übung 4 orientiert sich am Prinzip der Aufgeklärten Einsprachigkeit und möchte metasprachliche Reflexionen (auch) in der Erstsprache der Lernenden ermöglichen. Die gewählte grammatische Struktur kann je nach Unterrichtssituation beliebig verändert werden. Vertiefung Im Anschluss an diese erste Annäherung an das Thema Corona könnten die Schüler/ innen Plakate oder Flyer für Reiserückkehrer/ innen gestalten (z.B. unter Nutzung des Imperativs) oder auch die Hinweise als Durchsagen vertonen. Auch wäre die Gestaltung eines (mehrsprachigen) Dialogs in einem Informationsbüro denkbar. Organisatorisches 250 Lukas Eibensteiner 2 Mon Mannheim multilingue Exercice 1 : L’affiche ( M1 ) montre plusieurs langues. Pourquoi, à votre avis, la ville de Mannheim utilise-t-elle autant de langues ? Quels sentiments cela évoque-t-il en vous ? Prenez des notes et discutez. Exercice 2 : Découpez la photo (M1) afin de pouvoir classer les différentes langues sur le grand arbre généalogique de langues. Pour ce faire, utilisez le ruban adhésif que vous avez apporté. Situation Lors de vos promenades dans la ville Mannheim, vous avez certainement remarqué la grande diversité de langues. 251 Förderung von Sprach(en)bewusstheit mittels LL 3 Mon Mannheim multilingue Exercice 3 : Essayez de compléter le tableau. Pour ce faire, utilisez vos connaissances linguistiques. Vous êtes libres de remplir les deux dernières colonnes avec une langue de votre choix. Deutsch English Italiano Français a risk area Quarantäne una e-mail mandatory Corona-Test Exercice 4 : Was fällt euch auf? Welche Wörter sind ähnlich, welche unterscheiden sich? Versucht zu erklären, wie der unbestimmte Artikel in den verschiedenen Sprachen gebildet wird. Exercice 5 : Vu le nombre élevé de touristes venant de France, la ville de Mannheim vous demande de faire une traduction en français. Créez une entrée en français. Utilisez les entrées rédigées dans d’autres langues comme modèle. 252 Lukas Eibensteiner 4 Mon Mannheim multilingue M1 253 Förderung von Sprach(en)bewusstheit mittels LL 1 Une visite au restaurant kurde bona’me Sprachmittlung: Une visite au restaurant kurde bona‘me Im Kontext des Besuchs eines kurdischen Restaurants nähern sich die Schüler/ innen vergleichend den Gemeinsamkeiten und Unterschieden des Türkischen mit dem Französischen (und weiteren (romanischen) Sprachen): Sie vergleichen Wortschatz und Grammatik und analysieren eine zweisprachige deutsch-türkische Speisekarte (Linguistic Foodscapes), um abschließend in der Lage zu sein, eine mehrsprachige mündliche Sprachmittlung durchzuführen (Deutsch, Französisch, Türkisch). Unterrichtsziel: Die Lernenden können ausgewählte Wörter und grammatische Strukturen des Türkischen mit der Zielsowie mit vorgelernten (Fremd-)Sprachen basierend auf einer mehrsprachigen Speisekarte vergleichen. Die Lernenden können zwischen dem Deutschen, dem Türkischen und dem Französischen sprachmitteln. Kompetenzen: Sprachmittlung, Sprach(en)bewusstheit Anzahl Übungen 5 Sozialform Abhängig von der konkreten Unterrichtssituation Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch, Türkisch Stufe Sekundarstufe I und II Auswertung Abhängig von der konkreten Unterrichtssituation didaktische Hinweise Die Aufgabe bietet sich vor allem dann an, wenn Lernende mit Türkischkenntnissen bereit sind, sich an derartigen mehrsprachigen Unterrichtssituationen zu beteiligen. Wichtig ist dabei, dass Prozesse des Othering nicht unreflektiert befördert werden. Übung 4 orientiert sich am Prinzip der Aufgeklärten Einsprachigkeit und möchte metasprachliche Reflexionen (auch) in der Erstsprache der Lernenden ermöglichen. Die gewählte grammatische Struktur kann je nach Unterrichtssituation beliebig verändert werden. Organisatorisches 254 Lukas Eibensteiner 2 Une visite au restaurant kurde bona’me Exercice 1 : Associez les images aux mots turcs correspondants. Écrivez les mots allemands et français entre parenthèse dans les espaces prévus. sos ( __________ ) ( __________ ) yoğurt ( __________ ) ( __________ ) domates ( __________ ) ( __________ ) ıspanak ( __________ ) ( __________ ) köri ( __________ ) ( __________ ) Exercice 2 : Le menu du restaurant kurde bona’me est bilingue. Marquez tous les mots turcs que vous comprenez. Ne travaillez que sur la partie gauche du menu. Situation Vous et vos ami/ es êtes au restaurant kurde bona’me pour bien profiter de la cuisine orientale. 255 Förderung von Sprach(en)bewusstheit mittels LL 3 Une visite au restaurant kurde bona’me Exercice 3 : Complétez le tableau. Türkçe Deutsch English Español Français Nudeln pâtes tomato sos salsa Curry curry Joghurt yoghurt ıspanak espinaca Exercice 4 : Warum steht auf der Speisekarte soslu bzw. ıspanaklı und nicht sos bzw. ıspanak? Wie wird das Suffix -lu/ -lı im Deutschen wiedergegeben? Vergleicht mit dem Englischen und den euch bekannten (romanischen) Sprachen. Exercice 5 : Vous êtes au restaurant bona’me. Comme un/ e élève ne parle ni allemand ni turc, il vous demande de lui expliquer le contenu du menu en français. Créez un dialogue en français en utilisant les cartes de rôle suivantes : Élève A Tu participes à un échange d’élève en Allemagne. Tu viens de France et tu ne parles que le français. Comme le menu est en turc et en allemand, malheureusement , tu n’y comprends rien et tu demandes à tes ami/ es de te le résumer. Vu que tu aimes bien la nourriture épicée, tu es particulièrement intéressé/ e par les plats épicés. Schüler/ in B Da du in der Schule Französisch lernst, fasst du für Schüler/ in A, der/ die weder Deutsch noch Türkisch kann, zusammen, was auf der Speisekarte steht. Da du weißt, dass er/ sie gerne scharf isst, erkundigst du dich bei Schüler/ in C, der/ die in seiner/ ihrer Familie Türkisch spricht, ob er/ sie scharfe Gerichte empfehlen kann. Schüler/ in C Öğrenci A ne Almanca ne de Türkçe konuşamadığından dolayı, ona Menünün anlatılması gerekiyor. Sen ailenle sıkça Türkçe konuştuğundan ve bu kültürü iyi tanıdığından dolayı, Öğrenci B’ye Menüyü anlatmasında yardımcı oluyorsun. Ama sen Fransızca konuşamadığından dolayı, Öğrenci B’nin Fransızca bilgilerine ihtiyacın var. Hangi yemeklerin acı olduğu sorusuna sen, Sucuğun çok baharatlı, acı ve çok lezzetli bir sucuk olduğu cevabını veriyorsun. (Da Schüler/ in A weder Deutsch noch Türkisch kann, muss ihm/ ihr die Speisekarte erklärt werden. Da du mit deinen Eltern häufig Türkisch sprichst und dich in dieser Kultur gut auskennst, hilfst du Schüler/ in B beim Erklären der Speisekarte. Allerdings sprichst du kein Französisch, weshalb du auf ihre Französischkenntnisse angewiesen bist. Auf die Frage, welche Gerichte scharf sind, antwortest du, dass es sich bei Sucuk um eine kräftig gewürzte, scharfe Wurst handelt, die sehr lecker schmeckt.) 256 Lukas Eibensteiner Die Sprachlandschaft in Aosta (Italien) als kompetenzerweiternder Input Das Potential der Place Émile Chanoux für die Sprachenaneignung Anja Mitschke Le paysage linguistique de la Place Émile Chanoux à Aoste porte de nombreuses informations en matière de contexte sociolinguistique du lieu, de contenu thématique des services et produits présentés et de structures morphosyntaxiques employées. Ces informations communiquées en langue cible sur la signalétique peuvent mener à une amélioration des compétences langagières sans même que les apprenants s’en rendent compte. Si les enseignants de langue orientent l’attention de leurs élèves sur des aspects spécifiques du paysage linguistique, l’apprentissage se focalisera puisque la cécité d’inattention sera surmontée. La place Émile Chanoux contient entre autres beaucoup d’éléments en français et en italien qui permettent le développement des compétences dans les deux langues et à divers niveaux. Les panneaux et les affiches font référence à des produits, p.ex. culinaires, fournissent des renseignements importants à l’échelle locale ou servent au maintien de l’ordre public. La plupart des informations sont transmises à l’aide de plus d’un mot mais moins d’une phrase entière. Ainsi, les apprenants peuvent profiter du paysage linguistique pour améliorer leurs connaissances des langues dans le domaine du vocabulaire, de l’orthographe, de la grammaire et de la civilisation valdôtaine. 1 Einleitung: Geschriebene Sprache auf öffentlichen Plätzen als authentische Lerngelegenheit Die Sprachlandschaft bietet frei zugänglich in der Öffentlichkeit zahlreiche Gelegenheiten für den Ausbau von Sprachkompetenzen und Kulturkenntnissen. Die Schilder, Plakate und Beschriftungen, teilweise in Kombination mit Abbil‐ 1 Konkrete Didaktisierungsvorschläge, Aufgaben und Methodenbegründungen können hier nicht vorgestellt werden, da vorab Lerngruppe und -ziel feststehen müssten. Eine Auswahl wäre wegen der großen Anzahl an denkbaren Kombinationen willkürlich und ist auch aus Platzgründen nicht möglich. Erst durch diese Analyse wird es überhaupt möglich, geeignete Lerngruppen zu identifizieren, für die dieses Sprachlandschaftsma‐ terial in Abhängigkeit zum Kompetenzstand passend ist. dungen, bieten durch ihre unterschiedliche sprachliche Komplexität und ihren abwechslungsreichen Inhalt eine Vielzahl an Möglichkeiten des Sprachener‐ werbs und Sprachenlernens. Die zentrale Piazza in Aosta eignet sich besonders als authentische Umgebung, um Lerngruppen mit mehreren Sprachen in Berüh‐ rung zu bringen, da sich hier das frankoprovenzalische Sprachgebiet, der italie‐ nische Nationalstaat und die historische Anbindung an die französischsprachige Verwaltung des Hauses Savoyens geographisch überlagern. So eröffnet sich die Möglichkeit, eine differenzierte Vorstellung von Frankophonie sowie von individueller und gesellschaftlicher Mehrsprachigkeit anhand dieses konkreten Beispiels zu entwickeln. Dieser Beitrag verfolgt eine sprachwissenschaftlich-quantitative Herange‐ hensweise und geht der Frage nach, welches Potential eine Sprachlandschaft für die Sprachenaneignung birgt. Dieser Schritt muss der Didaktisierung vor‐ ausgehen, 1 denn die Sprachlandschaft eines gewissen Gebietes kann zwar viel Input für die Sprachenaneignung liefern; sie hat aber auch ihre Grenzen, mindestens aufgrund der Endlichkeit ihrer Elemente. Es ist davon auszugehen, dass jeder Ort durch seine einzigartige Beschaffenheit und den sozialen Kontext ein eigenes thematisches Profil hat, was sich auf Schildern, Plakaten usw. widerspiegelt. Das Sprachmaterial auf den Sprachlandschaftseinheiten zeichnet sich durch eine bestimmte strukturelle Komplexität in Abhängigkeit zu den kommunikativen Zielen aus, so dass manche morphosyntaktischen Phänomene häufig sind und andere kaum auftreten. Weder bemerken die allermeisten Passanten selbstverständlicherweise die unterschiedlichen Inhaltebenen, noch verinnerlichen sie die durch die Schilder bereitgestellten Informationen, selbst wenn sie grundsätzlich die Absicht hätten, eine der in der Sprachlandschaft ent‐ haltenen Sprachen zu lernen. Diese Analyse zeigt im ersten Teil (Kap. 4), welche Sprach- und Sachinhalte die mehrsprachige Place Émile Chanoux bereithält, die Individuen erwerben können. Der zweite Teil (Kap. 5) beleuchtet, auf welche einzelnen Inhaltsaspekte es sich lohnt, gezielt Aufmerksamkeit zu richten, weil sie qualitativ wie quantitativ dazu geeignet sind, auf verschiedenen Niveaus Kompetenzerweiterungen bei der un-, fremd- oder selbstgesteuerten Sprachen‐ aneignung herbeizuführen. Auf dieser Basis können Lehrkräfte erkennen, 258 Anja Mitschke inwiefern die gesamte Piazza oder einzelne ihrer Sprachlandschaftselemente dem Fortschritt der Lerngruppe gereichen und passend zum Kurrikulum sind. 2 Anknüpfungspunkte an verschiedene Forschungsbereiche Da die vorliegende Studie eine Brücke zwischen Sprachwissenschaft und Didaktik bauen möchte, fließen aus Teilgebieten beider Forschungsbereiche Vorüberlegungen mit ein, die zum Teil schon einen Bezug zur Sprachland‐ schaft aufweisen. Darüber hinaus spielt die Wahrnehmungspsychologie eine wesentliche Rolle, da die Erkenntnisse zur Aufmerksamkeitssteuerung und Verarbeitungstiefe maßgeblich didaktische Entscheidungen bei der Anleitung von Lernprozessen in der Sprachlandschaft bedingen sollten. 2.1 Wahrnehmungspsychologische und lerntheoretische Grundlagen In der Sprachlandschaftsforschung wird angenommen, dass Passanten die meisten Schilder nicht bemerken und ihnen nur Aufmerksamkeit schenken, wenn sie auf der Suche nach etwas sind, wenn sie ein bestimmtes Interesse leitet oder die physischen Eigenschaften eines Elements sehr markant sind (cf. Gorter 2006, 1; Aiestaran / Cenoz / Gorter 2010, 219). Die Erkenntnisse aus der Wahrnehmungspsychologie untermauern diese Hypothesen (cf. infra). Bei einer Befragung (cf. Mitschke 2019) von zwölf Passanten, die kurz vor dem Interview die Place Émile Chanoux überquert hatten, stellte sich heraus, dass nur die allerwenigsten wortwörtlich Inhalte der Sprachlandschaft wiedergeben konnten, wobei Vertrautheit mit dem Ort von Vorteil war. Einige Leute konnten immerhin teilweise die Art der Einrichtungen beschreiben, die die Gebäude beherbergen. Die französischen Touristen der Stichprobe waren überrascht, derart viele französische Schriftzüge in einer italienischen Region zu sehen, weil das entgegen ihrer Erwartung war. Lerner allgemein stellen unter den Passanten kaum Ausnahmen dar, bevor sie nicht auf die Informationen in der Sprachlandschaft durch Aufgabenstellungen sensibilisiert werden: As reported during classroom discussions […], before the students had conducted the study [in the linguistic landscape], most had not paid attention to the urban signage and had not realized the language(s) being used in the signs. (Elola / Prada 2020, 236) Die Betrachtung der Sprachlandschaft als potentiellen Lernort liefert Argu‐ mente für einen fließenden Übergang zwischen Spracherwerb und Sprachen‐ lernen (cf. Königs 2016) und gegen ein dichotomisches Verhältnis der beiden Sprachaneignungsformen. Sie ist grundsätzlich ein Kontext, in dem Spracher‐ werb stattfinden kann, da ein Kompetenzzuwachs in authentischem Umfeld 259 Die Sprachlandschaft in Aosta als Input 2 Die Birkenbihl-Methode macht sich diesen Effekt auf dem akustischen Kanal zunutze, indem eine der Lernphasen aus dem so genannten passiven Hören besteht: Lernende hören Audiodateien in der gewählten Fremdsprache leise während einer anderen Tätig‐ keit, auf der ihre ganze Aufmerksamkeit liegt, so dass sich vermeintlich ohne Aufwand - dem kindlichen Spracherwerb nachempfunden, Vertrautheit mit der Zielsprache einstellt (cf. Birkenbihl 38 2017). ohne Steuerung durch Aufgabenstellungen von außen erfolgt. Befindet sich ein Passant in einer Umgebung mit Schriftzügen um ihn herum, nimmt er manche Inhalte bewusst wahr, weil er eine bestimmte Absicht verfolgt und seine Aufmerksamkeit auf die entsprechenden Elemente lenkt. Dieses Ziel ist meistens von lebensweltlicher Relevanz und weniger (meta-)sprachlicher Natur, i.d.R. geht es darum, einen Ort zu finden, wo eine gewisse Tätigkeit ausgeübt werden kann. Viele andere Sinneswahrnehmungen unterliegen der Unaufmerk‐ samkeitsblindheit: Für den momentanen Zweck unerhebliche Informationen, so auch sprachliche, verbleiben unterhalb der Bewusstseinsschwelle. Stimuli, denen keine Aufmerksamkeit geschenkt wird, sind jedoch keinesfalls verloren - sie werden nichtsdestoweniger vom Gehirn verarbeitet, da die Bedeutungs‐ erfassung der Aufmerksamkeitssteuerung vorausgeht. Gerade bei sprachlichen Stimuli kann anhand des Primingeffekts beobachtet werden, dass eine Verarbei‐ tung der Informationen erfolgt ist (cf. Mack 2003, 180-182). Selbst wenn der Mensch angibt, keine Erinnerung zu haben, nutzt er bei Formulierungen die zuvor wahrgenommenen oder semantisch verwandten Wörter, ohne sich dessen bewusst zu sein. Daher ist ein Aufenthalt an Orten mit schriftlichem Input in der Zielsprache grundsätzlich vorteilhaft, obwohl das (meta-)sprachliche Bewusstsein beim Aufenthalt in einer konkreten Sprachlandschaft meistens inaktiv ist und darüber hinaus selten seitens der Passanten der Wille besteht, den sprachlichen Input zu verarbeiten. 2 Die Informationsaufnahme ist demzufolge als implizit und inzidentell (cf. Ender 2014, 538) zu charakterisieren. Ein besonderer Fall der Inputverarbeitung liegt vor, wenn ein Lerner den Sprachlandschaftselementen mit Neugier entgegentritt oder gar ihren sprach‐ lichen Informationsreichtum erkannt hat. Es bereitet ihm womöglich Spaß, Formen und Bedeutungen zu entschlüsseln, so dass eine bewusste, explizite Auseinandersetzung mit dem sprachlichen Input stattfindet, sogar wenn nicht die Absicht besteht, den fokussierten Aspekt zu verinnerlichen, um ihn zu einem späteren Zeitpunkt wieder abzurufen. Wenn er über Lernstrategien verfügt und gezielt Schriftzüge in dem Bestreben liest, sprachlichen Input zu erhalten und anzueignen, dann findet einerseits selbstgesteuertes, intentionales Lernen statt. Andererseits wird weiterhin der von der Aufmerksamkeit vernachlässigte Input unbewusst in Abhängigkeit zur erforderlichen Konzentration für die (selbst‐ 260 Anja Mitschke 3 Es sei hier unterstrichen, dass weder die eine noch die andere Art der Inputverar‐ beitung besser oder schlechter für die Sprachenaneignung ist. Je nach Lerntyp und Verinnerlichungsgrad eines sprachlichen Aspekts mag jedoch eine Art und Weise in der entsprechenden Situation in der Sprachlandschaft vorteilhafter für ein Individuum sein. gestellte) Aufgabe aufgenommen. Je mehr Aufmerksamkeit ein Sachverhalt abverlangt, desto geringer ist jedoch die Menge an irrelevanten Informationen, die zusätzlich die Bewusstseinsschwelle passieren (cf. Lavie 2007, 502). Wenn der Sprachenunterricht einen bestimmten sprachlichen Input thema‐ tisieren möchte, muss er folglich gezielt Ansatzpunkte aufzeigen, worauf Ler‐ nende ihre Aufmerksamkeit selektiv lenken können, damit sie ihre genuine Unaufmerksamkeitsblindheit überwinden und die visuellen Stimuli eine höhere kognitive Verarbeitungstiefe erreichen können (cf. Mack 2003, 180; Hagendorf et al. 2011, 179). In der Psychologie ist von explizitem Sehen die Rede, wenn der Betrachter in der Lage ist, seine Eindrücke zu versprachlichen (cf. Chun / Wolfe 2 2005, 273s.), was im Sprachenunterricht Voraussetzung zur Besprechung von Sprachlandschaftselementen und deren Inhalten wäre. Gerade für den Fall, dass der Lernerfolg im Nachhinein überprüft werden soll, kann die sprachliche Inputverarbeitung entsprechend dem Kompetenzstand durch vorbereitende didaktische Maßnahmen optimiert werden. Die Lernsteuerung und explizite kognitive Verarbeitung ist am größten, wenn eine Lehrkraft der Lerngruppe Beobachtungsaufträge bei einem Besuch an Ort und Stelle erteilt oder mithilfe von Fotos und Google Streetview digital oder in Papierform selektiv Elemente einer Sprachlandschaft in den Unterrichtsraum integriert, während vom Lern‐ ziel ablenkende Inhalte absichtlich reduziert sind. 3 2.2 Sprachwissenschaftliche und didaktische Erkenntnisse aus der Sprachlandschaftsforschung Bisherige Sprachlandschaftsstudien mit didaktischem Hintergrund zeigen, welche Lernziele neben dem Ausbau der sprachlichen Grundfertigkeiten mit der Einbettung von Sprachlandschaftselementen in den Unterricht erreicht werden können: etwa die Weiterwicklung der Sprachbewusstheit, der Interkomprehen‐ sion, der interkulturellen Kompetenz, der Multiliteralität, der Sensibilisierung für Glottopolitik und Mehrsprachigkeit (z.B. Krompák 2018; die Beiträge in Malinowski / Maxim / Dubreil 2020; cf. Gorter / Cenoz in diesem Band, Kap. 4, 5). Meistens stehen einzelne Elemente einer Sprachlandschaft im Zentrum des Interesses, die entweder die Lehrkräfte ausgewählt oder die die Lernenden selbst in ihrer alltäglichen Umgebung nach Anleitung fotografiert haben (z.B. Kap. IV in Ziegler / Marten 2021). Für Zwecke der Didaktisierung ist diese qualitative Herangehensweise sinnvoll, da allen Elementen einer Sprachlandschaft allein 261 Die Sprachlandschaft in Aosta als Input 4 Eine Ausnahme bildet Kırkgöz 2021. wegen ihrer Anzahl schwerlich in einer begrenzten Unterrichtszeit oder -einheit Aufmerksamkeit geschenkt werden kann und die Auswahl gemäß angestrebtem Lernziel erfolgt. Quantitative Ansätze und Auswertungen sind größtenteils sprachwissenschaftlichen Studien vorbehalten und stellen eine Ausnahme unter den didaktisch ausgerichteten Beiträgen dar (z.B. Fritz / Taşdemir 2017, 344s.). Die drei hier vorgestellten Aspekte der Sprachlandschaft, aus denen heraus in einem späteren Schritt konkrete Lernziele formuliert werden könnten, sind bisher einerseits in unterschiedlichem Maße sprachwissenschaftlich untersucht, andererseits zum Teil noch nicht als potentieller Input für die Sprachenan‐ eignung ausgewertet worden. Erstens ist die soziolinguistische Perspektive der Sprachlandschaft die am meisten in Forschung und Lernkontexten berück‐ sichtigte Perspektive, weshalb hier nur eine verkürzte Darstellung erfolgt. Zweitens war die Bandbreite der außersprachlichen Referenzen, auf die die Sprachlandschaftselemente verweisen, in bisherigen linguistischen Studien hingegen eher ein nachrangiger Gesichtspunkt, der nur dann zum Tragen kam, wenn der gewählte Untersuchungsort von vornherein durch ein bestimmtes Thema offensichtlich geprägt war. Die morphosyntaktischen Eigenschaften der Sprache auf Schildern standen drittens bisher ebenfalls wenig im Fokus. Gerade die letzten beiden Aspekte haben viel Potential, wenn es darum geht, passive (ggf. durch entsprechende Aufgabenstellungen auch aktive) Sprach‐ kompetenzen auszubauen. Diese zwei Analyseperspektiven wurden indessen in didaktischen Arbeiten kaum herangezogen, 4 obwohl naheliegenderweise vom Sprachlandschaftsinput eine Brücke zu Leseverstehen, Wortschatzarbeit, Grammatik, implizitem und inzidentellem Lernen gezogen werden könnte. Die Sprachlandschaft wird oftmals in sprachwissenschaftlichen Kursen an der Universität didaktisch genutzt, um insbesondere auf soziolinguistische Inhalte aufmerksam zu machen. Dabei kommen u.a. die Mobiltelefonanwen‐ dungen Lingscape (cf. Purschke 2017) und LinguaSnapp (cf. Gaiser / Matras 2016) zum Einsatz, mithilfe derer selbstgemachte Fotos von Schildern hoch‐ geladen und mit Angaben versehen werden können (z.B. Androutsopoulos 2021; Purschke / Trusch 2021; Jentges / Sars 2017, 31). Allgemein ist folgendes festzustellen: Insgesamt dominiert in den didaktisch orientierten Studien eine Ausrichtung auf me‐ tasprachliches, deklaratives Sprachwissen über typische Verwendungskontexte und ihre Implikationen. Diese Konzentration entspricht dem grundsätzlichen Erkenntnis‐ interesse der soziolinguistischen LL- [Linguistic-Landscape-] Forschung. (Arendt / Stern 2021, 458) 262 Anja Mitschke Auch außeruniversitäre Sprachkurse (cf. Gorter / Cenoz in diesem Band, Kap. 4, 5) profitieren mittlerweile von den Erkenntnissen über mehrsprachige öffent‐ liche Räume, indem für Unterrichtszwecke eigens Material zusammengestellt wird oder auf die vorhandenen vielfältigen Studien (cf. Linguistic Landscape Bibliography) zurückgegriffen wird. Sprachlandschaften decken bestimmte Themenbereiche ab, je nachdem welche Orte im Fokus stehen und welche Funktion der öffentliche Raum für die Passanten einnimmt. Es gibt diverse Studien, bei denen das Untersuchungsgebiet so abge‐ steckt ist, dass sich inhaltliche Schwerpunkte ergeben: In jüngeren Publikationen geht es z.B. um Bauwerke, Museen, Erinnerungsorte (Blackwood / Macalister 2020), Orte des Terrors (Rubdy 2015), Märkte (Duman / Lin 2021), Speisen (Black‐ wood 2019), Schulen (Gorter 2018), Gesundheitszentren, Flughäfen, Textilfabriken und wiederum Museen (Teil 2 in Niedt / Seals 2021). Jede Sprachlandschaft birgt ein reichhaltiges Potential für die Wortschatzerweiterung auch ohne spezifisches thematisches Profil. Fatemipour (2013, 1395) sieht den Grund für den besseren Englischwortschatz indischer Studenten im Vergleich zu iranischen u.a. darin, dass die indischen Studenten in ihrer Umgebung gewöhnlich englischsprachige Werbeanzeigen, Straßenschilder und Produkte vorfinden, wohingegen die Prä‐ senz des Englischen in iranischen Sprachlandschaften sehr eingeschränkt ist. Ohne dass Lehrkräfte Aufgabenstellungen an Lerner richten, können sie sich sprachliche Aspekte aneignen, wenn sie sich an einem Ort aufhalten, an dem Input in der Zielsprache vorhanden ist. Dieses sog. periphere Lernen funktioniert sowohl in authentischen als auch in didaktisch vorbereiteten Umgebungen. Studien zeigen, dass dadurch z.B. Vokabeln und ihre Schreibung besser erinnert werden konnte (cf. Kırkgöz 2021, 119). Wenn keine Lernabsicht besteht und sich nicht bewusst auf die Stimuli konzentriert wird, hängt die Erinnerungsleistung der Wörter jedoch davon ab, ob bereits Anknüpfungspunkte an vorhandenes Sprachwissen vorliegen (Schmidt 1990, 142), wie oft dem Input begegnet wird und in welchem Kontext er auftritt (cf. Teng 2016). Eine Übersicht darüber, welche Themenbereiche Sprachlandschaften allgemein abdecken und in welcher Häufigkeit, gibt es noch nicht. Wenig erforscht sind bisher die Morphologie und Syntax der Sprachen auf den Sprachlandschaftseinheiten. Schmitt (2018, 69-77) beobachtet, dass im Bereich der Wortbildung oftmals Konversionen, Kürzungen und Derivationen vorzu‐ finden sind, die er qualitativ an hauptsächlich englischsprachigen Beispielen beschreibt. Die Syntax kann seiner Ansicht nach genauso komplex sein wie die anderer gedruckter Texte, doch gäbe es eine Tendenz zu elliptischen Sätzen. Elemente beinhalten viele Nomen und Nominalphrasen, da Aufzählungen in der Sprachlandschaft verbreitet seien (id. 79-89). Die Ergebnisse der Studie im 263 Die Sprachlandschaft in Aosta als Input 5 Umfassende Informationen zur Sprachsituation und Sprecherzahl im Aostatal finden sich u.a. bei Zulato / Kasstan / Nagy (2018); Bauer (2017); Bichurina (2016); Jauch (2016) und Jablonka (1997). Rahmen des Projekts „Metropolenzeichen“ im Ruhrgebiet von Gilles und Ziegler (2021) lässt ähnliche Schlussfolgerungen zu bei Betrachtung des Verhältnisses von Verben im Vergleich zu Substantiven. Bei der Zählung der Wortarten auf den über 25.000 analysierten Sprachlandschaftseinheiten ergibt sich folgende Verteilung: Es dominieren Substantive mit 267.428 Okkurrenzen, gefolgt von 34.178 Adpositionen und 31.505 Adjektiven. Verben und Hilfsverben tauchen nur 20.395 bzw. 4.573 Male auf (ibid. 76). Obwohl die am häufigsten erfasste Sprache in der Studie von Gilles und Ziegler Deutsch ist, ergeben sich vermut‐ lich ähnliche Ergebnisse bei der Auswertung anderer Sprachlandschaften mit flektierendem Sprachtyp im europäischen Kulturkreis. Es fehlen bisher Studien, die die Flexion auf Sprachlandschaftselementen untersuchen und auch „[a]s far as the syntax of the LL [linguistic landscape] is concerned, however, not much has been published yet” (Schmitt 2018, 88). 3 Untersuchungsort und Datenerhebung Der Platz liegt in Aosta, der Hauptstadt des Aostatals. In dieser Region im äu‐ ßersten Nordwesten Italiens sind Italienisch und Französisch offizielle Sprachen, wobei knapp die Hälfte der Bevölkerung darüber hinaus aktiv einen frankopro‐ venzalischen Dialekt beherrscht. Während Italienisch in vielen Domänen Einsatz findet, ist das Frankoprovenzalische in den nähesprachlichen Bereich zurückge‐ drängt, hat aber einen sehr hohen Stellenwert für die Regionalidentität. Situa‐ tionen, in denen Französisch gesprochen wird, sind selten, auch wenn die Sprache mit derselben Stundenanzahl wie das Italienische in der Schule unterrichtet wird. 5 Muttersprachliche Gesprächspartner des Französischen befinden sich jedoch in den schnell erreichbaren Nachbarländern, zu denen die Valdostaner seit jeher einen regen Kontakt hegen (cf. Mitschke 2018/ 9). In Aosta, der größten Stadt des Aostatals, ist die Sprachsituation und Bevölkerungszusammensetzung leicht anders. Dort lebt mehr als ein Viertel der Valdostaner, d.h. rund 35.000 Einwohner, und unter ihnen befindet sich wiederum rund ein Drittel aller Einwanderer in die Region, wobei die Menschen aus anderen italienischen Regionen dabei noch nicht mitgezählt sind (cf. RAVDA 2014a und b). Daher fühlen sich die Aoster deutlich mehr der italienischen Sprachgemeinschaft (75%) zugehörig und weniger der frankoprovenzalischen (0,6%) im Vergleich zum gesamtvaldostanischen Durch‐ schnitt (55% bzw. 14%) (cf. Fondation Émile Chanoux 2001, Q 0701). Hinzu kommt, 264 Anja Mitschke 6 Es gibt zwar aktuelle Bevölkerungs- und Tourismusstatistiken, allerdings sollen die Zahlen dem Zeitpunkt der Datenerhebung entsprechen. 7 „Frequency […] (ceteris paribus) increases the likelihood of an item being noticed in input […]“ (Schmidt 1990, 143). 8 Detailliertere und weiterführende Informationen zur Datenauswertung (etwa zur Kategorisierung der Elemente nach Sprachen in mehrdeutigen Fällen) sind in Mitschke (2015) zu finden. dass italienische und internationale Touristen die Stadt besuchen (cf. RAVDA, Assessorato al turismo 2015a und b). 6 Der vorliegenden Untersuchung liegt Backhausʼ (2006, 55) Definition der Sprachlandschaftseinheit zugrunde, wozu jedes Schriftstück zählt, das räum‐ lich eingefasst ist. Neben den verbalen Bestandteilen fließen die optischen Eigenschaften der Elemente in die Analyse ein, wohingegen akustische Er‐ scheinungen und andere Sinneswahrnehmungen unberücksichtigt bleiben. Alle unbewegten Einheiten des Platzes wurden im August 2014 systematisch foto‐ grafiert; Aufschriften auf Fahrzeugen im Straßenverkehr oder von Passanten getragene Kleidungsstücke wurden nicht aufgenommen. Bei der quantitativen Analyse handelt es sich um eine Tokenauswertung, denn die Sprachlands‐ chaftseinheiten, die häufiger vorkommen, erreichen potentiell mehr Aufmerk‐ samkeit. 7 Neben den klassischen soziolinguistischen Kategorien (cf. Kap. 5.1) wurden die Sprachdaten der 342 Einheiten nach den weiter unten benannten lexiko-semantischen und morphosyntaktischen Kategorien ausgewertet. 8 4 Die Analyseebenen der Sprachlandschaft auf der Place Émile Chanoux Die Analyse des auf der Piazza bereitgestellten Inputs erfolgt in drei Perspek‐ tiven, die aus dem Organonmodell von Bühler ( 2 1965, 28) hervorgehen. Erstens bilden Sender und Empfänger - wenn auch bei Bühler getrennte Enti‐ täten - eine gemeinsame Analyseebene, da eine Interdependenz zwischen ihnen besteht: Die Autoren der Schilder wählen für die Kommunikation diejenigen Sprachen, die sie selbst beherrschen, mit denen sie sich identifizieren, und von denen sie glauben, dass die Leserschaft sie versteht (cf. Spolsky / Cooper 1991, 81-85). Das quantitative Vorkommen der Sprachen auf der Place Émile Chanoux gibt folglich einen Eindruck, über welche Sprachkenntnisse die Interaktanten, d.h. die Urheber und Leser der Schilder, verfügen, obschon die Sprachlandschaft die soziolinguistische Situation nur wie ein Zerrspiegel abbildet (cf. Mitschke 2015, 98; Gorter / Cenoz in diesem Band, Kap. 3). 265 Die Sprachlandschaft in Aosta als Input 9 Dieses Unterkapitel ist eine sehr kurze Zusammenfassung von Mitschke (2015). Die Zeichenketten, die bei den ansässigen Geschäften und Einrichtungen zu finden sind, referieren zweitens auf Gegenstände und Sachverhalte, die sich zu mehreren Themengebieten gruppieren. Aus diesen Sachfeldern, die einen bestimmten Wortschatz bereithalten, können Didaktiker und Lehrkräfte die inhaltlichen Anknüpfungspunkte an den Lehrplan oder die Einbettung in bestimmte thematische Unterrichtseinheiten ableiten. Drittens geht es um die sprachlichen Zeichen selbst, die in der Sprachland‐ schaft über den visuellen Sinneskanal übertragen werden. Aus der morphologi‐ schen Zusammensetzung der Zeichen und ihren syntagmatischen Beziehungen zueinander lässt sich die strukturelle Komplexität beurteilen, welche gramma‐ tischen Aspekte von Sprechern erworben werden können und für welches Kompetenzniveau sie geeignet sind. 4.1 Soziolinguistische Inhalte 9 Auf der Place Émile Chanoux befinden sich zum Datenerhebungszeitpunkt 342 Analyseeinheiten, von denen 60% einsprachig sind, wovon wiederum Italienisch 85% einnimmt. Auf den mehrsprachigen Schildern stellt Italienisch ebenfalls die häufigste Sprache dar, die zusätzlich oft in Größe oder Farbe hervorgehoben ist. Französisch und Englisch erscheinen nahezu gleich oft auf den Textstücken, Englisch sogar etwas häufiger. Das Deutsche, das etliche Male u.a. auf den Menütafeln einer Bar vorkommt, ist gut doppelt so häufig wie das Frankopro‐ venzalische vertreten, welches nur acht Okkurrenzen aufweist. Latein, Spanisch und Polnisch treten noch seltener auf. Da sich an der einen Längsseite des Platzes das Rathaus befindet, gibt es einen beträchtlichen Anteil an Elementen mit staatlichem Urheber, von denen jedoch zwei Drittel einsprachig italienisch sind. Nur ein Fünftel dieser Schilder spiegelt die offizielle italienisch-französische Zweisprachigkeit wider. Der Platz zeigt sich folglich quantitativ deutlich von seiner italienischen Seite und verbirgt das Frankoprovenzalische, weil die Sprecher es im distanzsprachlichen Bereich für ungeeignet halten und eine allgemein anerkannte Graphie fehlt. Der Platz repräsentiert Französisch und Englisch dem Italienischen untergeordnet, so dass Französisch als offizielle Regionalsprache und Englisch als lingua franca der westlichen Welt quantitativ ebenbürtig erscheinen. 4.2 Sachfelder und visuelle Referenz Die Themen der Sprachlandschaft ergeben sich aus den Elementen der Dienst‐ leister, Einrichtungen und Geschäfte, die in den Gebäuden rings um den Platz 266 Anja Mitschke 10 Sachfelder bestehen aus Wörtern unterschiedlicher Wortarten und bilden thematische Vernetzungen. Das Wort Sachfeld kann auch als Oberbegriff für Frames und Scenes in der Semantik dienen (cf. Horstmann / Settinieri / Freitag 2020, 159; Sommerfeldt 2008, 8; vgl. auch Blank 2001, 54). Sachfelder sind von Wortfeldern abzugrenzen, welche ausschließlich aus Lexemen der gleichen Wortart bestehen, Bedeutungsüberschneidungen aufweisen und sich durch distinktive Merkmale, d.h. Seme, von ihren Feldnachbarn unterscheiden (cf. Blank 2001, 16). Da in der Sprachlandschaft verschiedene Wortarten auftreten, zwischen denen eine thematische Vernetzung besteht, ist die Kategorie Sachfeld für diese Analyse vorteilhaft. Üblicherweise ist das Sachfeld eine Kategorie zur Beschreibung der Struktur von Konzepten im mentalen Lexikon. Dieser Begriff eignet sich ebenfalls zur Analyse der Sprachlandschaft, da bei der kognitiven Verarbeitung die visuellen Eindrücke kategorisiert und gruppiert werden. Deshalb wäre es sogar sinnvoll, als Analyseeinheiten in der Sprachlandschaft gesamte Gebäudefronten und evtl. den dazugehörigen Vorplatz von Einrichtungen anzunehmen, da diese unter inhaltlichen Gesichtspunkten zusammen‐ gehören (cf. Cenoz / Gorter 2006; Mitschke 2019). angesiedelt sind. Abgesehen vom Rathaus gibt es mehrere Bars und Banken, einige Büros, Kioske und Läden. Straßenschilder, Wegweiser, Monumente und sonstiges Stadtmobiliar verfügen über weitere Schriftzüge. Datengeleitet ergeben sich sieben Sachfelder (cf. Abb. 1): Zeit; Berufe - Eigennamen - Dienst‐ leistungen; Gastronomie; Tourismus - Kultur - Regionales; Geld - Zahlung; Konsumwaren; öffentliche Ordnung. 10 In die Restkategorie fallen einige wenige Elemente, die zu keinem der Sachfelder gehören, wie z.B. Aufkleber eines polnischen Fußballclubs oder eines Rollenspiels, das in vielen Ländern verbreitet ist. Es gibt teilweise Mehrfachzuordnungen, da die Kategorien gemeinsame Schnittmengen aufweisen oder die Elemente mehrere Sachinhalte bereitstellen. Das Sachfeld Zeit ist auf dem Platz mit 43 Okkurrenzen vertreten. Es gibt Schilder, die Öffnungszeiten angeben, aber auch Termine für Veranstaltungen und Informationstafeln zu historischen Ereignissen (cf. Abb. 2). 267 Die Sprachlandschaft in Aosta als Input 11 Hier sind z.B. frankoprovenzalische Namensbestandteile in Kombination mit italieni‐ schen oder französischen zu beobachten, etwa „AVVOCATO ELENA DONDEYNAZ“, „Ditta BIONAZ - PRONTO INTERVENTO SERRANDE“ oder „QUENDOZ - SER‐ VICES ÉCOLOGIQUES“. Das ‹z› am Ende frankoprovenzalischer Wörter dient als Diakritikon, um den Akzent auf der Pänultima zu markieren. NB: Sprachlandschaftstranskriptionen sind im Text mit Anführungszeichen oder als eingerückte Zitate markiert. Die Groß- und Kleinschreibung ist beibehalten, ebenso die etwaige Akzentsetzung auf in Majuskeln geschriebenen französischen Wörtern, die je nach Schild variiert. Abb. 1: Quantitative Ausprägung der Sachfelder Am häufigsten sind die drei Sachfelder auf der rechten Seite in Abb. 1: 84 Elemente beziehen sich auf Berufe, Eigennamen und Dienstleistungen. Diese bilden eine Gruppe, da oft ein Eigenname für eine Dienstleistung steht und auf Firmenschildern der Name und die Funktion der zuständigen Person be‐ nannt wird. 11 Zu dieser Kategorie zählen ebenfalls die Beschriftungen der Stadtreinigung und Stromversorgung an Müllkörben bzw. Laternen sowie die behördlichen Angebote des Rathauses. 268 Anja Mitschke 12 Diese und die anderen Fotos sind teilweise bearbeitet, um die Schrift für den Druck lesbarer zu gestalten. Abb. 2: Zeitangaben (oben: Nachtapotheken, Öffnungszeiten; unten: Fahrtintervall für die Stadtbesichtigung, Ausstellungsankündigung, geschichtlicher Hintergrund zum Rat‐ hausgebäude) 12 Inhalte, die in den Themenbereich Gastronomie fallen, sind auf 56 Einheiten in der Sprachlandschaft anzutreffen. Da mehrere Bars und Cafés am Platz ansässig sind, werden viele Speisen beworben. Obwohl es sich z.T. um regionale Spezialitäten handelt, die zur Kulturkategorie gezählt werden könnten, bildet Essbares wegen der auffällig großen Anzahl an Elementen eine gesonderte Kategorie. 269 Die Sprachlandschaft in Aosta als Input 13 Die Zeitangaben und die kategorielosen Elemente verfügen über keine visuelle Refe‐ renz. Die Kategorie Tourismus, Kultur und Regionales beinhaltet 85 Elemente, darunter die Schlagzeilen der Lokalpresse, die Ankündigung für den Almabtrieb und andere kulturelle Vorträge oder Feste. Es handelt sich hierbei meist um kurzlebige Elemente der Sprachlandschaft, die nach Ablauf der Veranstaltungen entfernt, auf die aber voraussichtlich neue folgen werden. Diese Kategorie ist höchstwahrscheinlich zum Zeitpunkt der Datenerhebung überrepräsentiert, da 46 der Elemente zu einer temporären Ausstellung über die Bauwerke Aostas zur Römerzeit gehören, deren Exponate im Bogengang des Rathauses aushängen. Weiterhin geht es bei 25 Beschriftungen um Geld und Bezahlung - nicht nur, weil mehrere Banken am Platz zu finden sind, sondern auch, weil die Bars und Läden die akzeptierten Zahlungsmodalitäten an ihren Eingangstüren angeben. 59 Schilder, Plakate und Etiketten preisen Konsumwaren wie Kleidung, Schmuck, Pflegeartikel und Presseerzeugnisse an. Schließlich dienen weitere 41 Elemente der Sprachlandschaft zur Sicherstellung der öffentlichen Ordnung: Straßen- und Verkehrsschilder sowie Hinweise auf Videoüberwachung regeln das Verhalten der Fahrzeuge und Fußgänger. Abb. 3: Prozentualer Anteil der Sachfelder mit visueller Referenz 13 Bei gut einem Drittel der Sprachlandschaftseinheiten sind visuelle Referenzen vorhanden (cf. Abb. 3). Fotos und stilisierte Abbildungen begleiten die verbal gelieferten Informationen, so dass bei Unkenntnis der Wörter für Lernende dennoch die Bedeutung erschließbar wird. Elemente gelten genauso als aus‐ gestattet mit visueller Referenz, wenn sie direkt am Referenten angebracht sind, auf den sie sich beziehen, z.B. wenn die Bezeichnung mit Preisangabe an einem Kleidungsstück befestigt ist, oder der Bezug durch Weltwissen hergestellt 270 Anja Mitschke werden kann: wie im Fall eines Straßennamens, der an einer Hauswand mon‐ tiert ist, aber allgemein bekannt ist, dass damit nicht die Hauswand, sondern der Verkehrsweg gemeint ist. Ferner helfen international bekannte Symbole (etwa für Defibrillatoren, cf. Abb. 4, oder Parkverbot) bei der Entschlüsselung unbekannter Wörter. Abb. 4: Schriftzüge mit visueller Referenz aus diversen Sachfeldern Besonders in den drei Kategorien Gastronomie, öffentliche Ordnung und Tou‐ rismus, Kultur, Regionales gibt es viele Abbildungen (cf. Abb. 3 und 4). Wie in Touristenstädten üblich, findet man Gerichte auf Menüstellwänden abgebildet. Da auf dem Platz fast flächendeckend in der Nähe der Banken und des amtlichen Gebäudes mithilfe von graphischen Darstellungen und Texten auf Videoüberwa‐ chung hingewiesen wird, gibt es viele bebilderte Schilder, die der öffentlichen 271 Die Sprachlandschaft in Aosta als Input 14 Zu den graphischen Wörtern zählen Simplizia und Derivate; Komposita jedoch nur, wenn sie in univerbierter Form vorkommen. Bestehen sie aus mehreren graphischen Wörtern, sind sie von Nominalsyntagmen nicht streng zu trennen, da sie durch Lexi‐ kalisierung von Syntagmen entstehen (cf. Schpak-Dolt 4 2016, 136; Grossmann / Rainer 2004, 33, 57). Daher zählen Komposita, die mithilfe von Präpositionen gebildet sind (z.B. „armée de réserve“), wegen ihrer morphosyntaktischen Ähnlichkeit hier zur Kategorie der Syntagmen, ebenso wie Juxtapositionen von Substantiven und Adjektiven (wie „ingegneria civile“) mit beginnender Opazität. 15 Einen weiter gefassten Textbegriff zugrundezulegen würde den Zweck dieser Analyse‐ ebene verfehlen. Jedes Schild oder gar die Sprachlandschaft insgesamt könnten jeweils als Text im erweiterten Sinn fungieren, da sowohl jedes einzelne Element für sich genommen sowie deren Konglomerat eine kommunikative Handlung darstellt (cf. Klemm 2002). Ordnung dienen (cf. Abb. 6, rechts). In der Kategorie Tourismus, Kultur, Regionales kommt es, wie erwähnt, wegen der Ausstellung in den Rathausarkaden zu der starken Ausprägung. Andere Elemente dieser Kategorie sind ebenso oft illustriert: Auf dem Veranstaltungshinweis zur „feta di TETEUN“ ist sowohl frpr. teteun als auch das Euter der Kuh groß gedruckt, so dass intuitiv die inhaltliche Beziehung manifest wird (cf. Abb. 4, oben links). Es handelt sich um ein Fest, bei dem die aus Euter gefertigte kulinarische Spezialität eine Rolle spielt. 4.3 Sprachstrukturelle Inhalte Die Einschätzung der sprachstrukturellen Komplexität erfolgt anhand der Kategorien graphisches Wort, 14 Syntagma, Satz und Text. Satz ist hier im Sinne der traditionellen abendländischen Grammatik als mindestens bestehend aus einem Prädikat zu verstehen. Text soll auf struktureller Basis eng definiert sein als mindestens aus zwei Sätzen im vorhergehenden Sinne bestehen, die inhaltlich zusammenhängen. 15 Die Begriffsbestimmung ist bewusst einfach gehalten, um einerseits dem Blickwinkel Lernender mit rudimentärem Gram‐ matikverständnis gerecht zu werden. Andererseits soll der Idee Rechnung getragen werden, dass sich die Verschiedenheit der beteiligten Morpheme erhöht, je mehr unterschiedliche Satzglieder vorhanden sind. Insbesondere Flexionsendungen finiter Verbformen treten erst ab Satzebenen auf, die einen erheblichen Lernaufwand bedeuten können. Eine größere Morphemvariation geht freilich nicht unbedingt mit der durchschnittlichen Anstrengung einher, als Lernanfänger oder Fortgeschrittener in der Sprachlandschaft einen Schriftzug zu entschlüsseln. Nicht nur längere Texte können Verständnisschwierigkeiten bedeuten, sondern auch alleinstehende Wörter, da mangels Kontextes und Kotextes der Sinn wegen geringer Vokabelkenntnisse nicht greifbar sein kann. Aneinandergereihte Syntagmen wie „ SGANCIARE IL RICEVITORE ED IN‐ SERIRE LA SCHEDA “ (am öffentlichen Telefonapparat) können dennoch 272 Anja Mitschke 16 Es folgt eine Auswahl an strukturellen Eigenschaften der Sprachlandschaft. Eine erschöp‐ fende Bestandsaufnahme kann hier nicht geleistet werden. 17 Weitere Beispiele für Syntagmen sind in Kap. 5.3 zu finden. durch die hohe Anzahl der enthaltenen Lexeme größere Verständnisprobleme darstellen als unregelmäßige Verbformen in kurzen Sätzen wie „ VOUS ETES IÇI [sic]“ (auf einem Stadtplan). Die Komplexität der Sprachstrukturen in dieser Sprachlandschaft siedelt sich hauptsächlich auf Ebene der Syntagmen an, die meisten Inhalte werden durch mehr als ein graphisches Wort, aber längst nicht durch einen ganzen Satz vermit‐ telt. Graphische Wörter, ganze Sätze oder gar Texte sind zusammengenommen nur auf rund einem Viertel aller Schilder zu finden (cf. Abb. 5). 16 Abb. 5: Sprachstrukturelle Komplexität Unter den graphischen Wörtern findet man u.a. die Bezeichnung von Ein‐ richtungen und Geschäften („MUNICIPIO“, „NELLASPORT“, „STILE“ ), Orientierungshinweise ( „SPINGERE“, „ENTRATA“ ) und die angebotenen Dienstleistungen („BANCOMAT“, „HOMÉOPATHIE“, „TABACCHI“ ). No‐ minalsyntagmen gibt es am häufigsten, die Spannbreite ihrer Komplexität ist weit. Viele Nominalphrasen bestehen aus zwei oder drei Konstituenten, z.B. „passo carrabile - sortie de véhicules“ auf einem zweisprachigen Straßenschild. Andere wenige Syntagmen haben eine komplexe hierarchische Struktur, so dass sie bei einer Konstituentenanalyse mehr Ebenen aufweisen, als ein Großteil der Sätze: „Un percorso pluridisciplinare, multimediale e interattivo per scoprire le Alpi e capire la montagna“. 17 Im Vergleich dazu sind die meisten Sätze einfach gebaut, sie enthalten oft neben Subjekt und Prädikat nur wenige weitere Satzglieder, wie folgende Zeitungsschlagzeilen auf dem Plakataufsteller eines Kiosks: IL COMUNE PAGHERÀ 5 MILIONI DI FORNITURE SUL MONTE ROSA IN CARROZZINA IL SOGNO È REALTÀ I VALDOSTANI SNOBBANO LA BICI 273 Die Sprachlandschaft in Aosta als Input Verbformen treten fast nur in der dritten Person auf, da das kommunikative Ziel darin besteht, den Betrachter über Sachverhalte zu informieren, vornehmlich im Präsens Indikativ. Nur in Ausnahmefällen kommt die erste Person vor, wenn der Schildurheber sich selbst zu Wort meldet: „ATTENZIONE! informiamo la nostra gentile clientela che la merce in questo esercizio è protetta elettronicamente“ und „Chiuso x ferie. Siamo presenti a Courmayeur“. Selten wird der Betrachter in der zweiten Person aufgefordert: So heißt es „ritira qui LA STAMPA con…“ an einer Bartür und „ DEPOSEZ VOS ENVOIS ICI “ am Briefkasten. Zwei oder mehr Sätze sind auf Werbeplakaten von Banken, auf Hinweisschildern zur Videoüberwachung und auf Gedenktafeln vorhanden. Zu den wenigen, umfangreicheren Texten gehört eine Metalltafel zu Ehren Émile Chanouxʼ. Hier wird deutlich, dass durchaus finite Verbformen in verschiedenen Tempora und Modi auf ein und demselben Element auftreten können (indicatif und subjonctif présent, futur simple, conditionnel, passé simple, imparfait). Dies stellt in der hier analysierten Sprachlandschaft eine Seltenheit dar: …JE VOIS TRÈS BIEN OÙ JE POURRAI ALLER FINIR. MAIS JE NE PUIS CESSER DE TRAVAILLER. CE SERAIT RENIER MA VIE, CE SERAIT M’ABRUTIR, CE SERAIT ACCEPTER L’INJUSTICE DOMINANTE. MOI, JE NE VEUX PAS. ADVIENNE QUE POURRA… EMILE [SIC] CHANOUX NAQUIT EN 1906. PENSEUR, ÉCRIVAIN, HOMME POLITIQUE, IL REPRÉSENTE UNE DES PLUS BELLES INTELLIGENCES VALDÔTAINES DE TOUJOURS. CO-AUTEUR DE LA « DÉCLARATION DE CHIVASSO », OÙ L’ON PRÉCONI‐ SAIT UNE REFONTE DE L’ITALIE EN SENS FÉDÉRALISTE [SIC], IL DEVINT RAPIDEMENT LE CHEF DE LA RÉSISTANCE VALDÔTAINE, ARRÊTÉ LE 18 MAI DE 1944 [SIC], IL FUT TORTURÉ PAR LA POLICE FASCISTE PENDANT UNE NUIT ENTIÈRE ET RETROUVÉ MORT LE MATIN SUIVANT. LE PEUPLE VALDÔTAIN RECONNAISSANT. AOSTE LE, [SIC] 18 MAI 2004 Wie auch im letzten Satz der Gedenktafel sind auf vielen Hinweisschildern Pas‐ sivformen enthalten. Die auf dem Platz ansässigen Behörden, Läden und Banken weisen darauf hin, was durch welche Sicherheitsvorkehrungen geschützt wird (cf. Abb. 6). Das Passivsubjekt tritt in den Vordergrund, gleichzeitig bleibt das Agens oft ausdrücklich genannt, obwohl es eine fakultative Satzkonstituente ist. Im Falle der Videoüberwachung, welche Vandalismus oder Einbruch vereiteln soll, steht das aufgenommene Bildmaterial im Fokus. 274 Anja Mitschke Abb. 6: Beschreibung der Sicherheitsvorkehrungen mit Passivformulierungen 5 Die Aufmerksamkeitslenkung auf Sprachlandschaftsdaten im Sprachenunterricht Lernende erkennen bei einem Aufenthalt im Land der Zielsprache(n) nicht unbedingt bewusst die Vielzahl an Informationen und Lerngelegenheiten, die die Sprachlandschaft bietet, solange sie nicht systematisch ihre Aufmerksamkeit auf die Schriftzüge lenken. Im Vorübergehen nimmt der durchschnittliche Passant die Elemente der Sprachlandschaft zwar unbewusst wahr, was ihm er‐ laubt, seine Umwelt grob zu kategorisieren. Die wortwörtlichen Informationen bleiben jedoch meist unterhalb der Bewusstseinsschwelle. Dennoch könnte inzidentelles und implizites Lernen stattfinden. Insbesondere könnten Lerner eine Festigung von Vorwissen erreichen, aber auch neuen sprachlichen Input integrieren, wenn er auf mehreren Elementen vorhanden ist oder die Lerner die Sprachlandschaft mehrmals besuchen. Das intentionale und explizite Lernen kann durch didaktische Maßnahmen gezielt gefördert werden, wenn seitens der Lerner noch kein besonderes In‐ teresse für Sprachlandschaftselemente besteht oder die darauf anwendbaren Lernstrategien noch ausgebaut werden können. Bevor eine Lerngruppe z.B. im Rahmen eines Sprachaustauschs im Ausland durch die Straßen flaniert, sollte sie einige Prinzipien kennen, worauf sie gemäß ihrem Kompetenzstand und Lernziel in der Sprachlandschaft achten kann. Vorbereitend ist es angebracht, 275 Die Sprachlandschaft in Aosta als Input zunächst das Sichtfeld zu reduzieren und einzelne Elemente gemeinsam zu analysieren. Auf diese Weise ist die Inputmenge wohldosiert und die Aufmerk‐ samkeit nicht überstrapaziert. Der größte Lernerfolg kann erzielt werden, wenn denjenigen sprachlichen Aspekten viel Aufmerksamkeit zukommt, die häufiger auf Sprachlandschaftselementen vertreten sind, da Lerner auf diese Weise mehr Beispiele zur Bestätigung oder Widerlegung ihrer Hypothesen erhalten. 5.1 Der Mehrsprachigkeitsschwerpunkt Um die gesellschaftliche Mehrsprachigkeit eines Ortes zu ergründen, können dieselben Analysekriterien wie in der Sprachlandschaftsforschung angewandt werden. Neben einer Bestandsaufnahme der vorhandenen Sprachen ist es eine wesentliche Beobachtung, die Schilder auf offizielle und nicht-offizielle, oder anders gesagt, staatliche und private Urheber zurückzuführen. Während offizielle Elemente wie Straßenschilder und Behördenaushänge vornehmlich die glottopolitischen Maßgaben umsetzen, spiegeln z.B. Ladennamen und Wer‐ beplakate eher die sprachlich gelebte Vielfalt der ansässigen Bevölkerung wider (cf. Ben-Rafael et al. 2006, 14; Cenoz / Gorter 2006, 68). Zusätzlich kann man abwägen, ob der Initiator eines Sprachlandschaftselements lokal, national oder global agiert - dementsprechend ist seine Sprachwahl motiviert. Der Hersteller eines Schildes und der Eigentümer des Ortes, an dem das Schild installiert wird, beeinflussen ggf. ebenso die Sprachwahl (cf. Spolsky 2009, 31). Wie wandelbar die Sprachlandschaft und ihr Sprachenverhältnis ist, zeigt die Bestanddauer ihrer Elemente. Bei Ankündigungen mit Termin handelt es sich um kurzlebige oder saisonale Erscheinungen, die alsbald entfernt werden, wohingegen die Botschaften der Inschriften an Denkmälern permanent bestehen (cf. Mitschke 2015, 82). Bei Schildern mit zwei oder mehr Sprachen ist überdies die textuelle Mehrsprachigkeit aufschlussreich. Dabei spielt es eine Rolle, welche Inhalte in welcher Sprache gegeben werden: Die textuelle Mehrsprachigkeit kann ausgewogen, fragmentarisch, überlappend oder komplementär (z.B. cf. Abb. 7) sein (cf. Reh 2004, 8-16). Außerdem geben Reihenfolge und Position der verwendeten Sprachen, typographische Hervorhebungen und Farben Hinweise darauf, ob es eine Hierarchie zwischen den Sprachen gibt. Solche Analysen lassen sich in landeskundliche Unterrichtseinheiten einbetten, etwa wenn Mehrsprachigkeit, Frankophonie oder bestimmte Regionen im Zentrum des Interesses stehen. Wenn es um Orte wie die Place Émile Chanoux geht, für die es bereits Sprachlandschaftsuntersuchungen gibt, können Lernende Annahmen über das Verhältnis und die Hierarchie der beteiligten Sprachen treffen. Beim Abgleich mit bestehenden statistischen Daten aus der Forschung oder während des eigenen Besuchs an Ort und Stelle lenken sie infolgedessen 276 Anja Mitschke 18 Weitere Anregungen zur Arbeit mit Sprachenlernern in der Sprachlandschaft finden sich u.a. in Schmitt (2018, 155-165). durch selbstgestellte Beobachtungsaufträge ihre Aufmerksamkeit. Wenn es um das bloße Wiedererkennen von Sprachen auf Schildern geht, ist lediglich ein geringes Kompetenzniveau in den entsprechenden Sprachen nötig, da im Zweifel auch durch Ausschlussverfahren die Sprachen bestimmt werden können, ohne dass der Inhalt verstanden wird. Im Plenum können Lerner mit Migrationshintergrund ggf. bei ost- oder nicht-europäischen Sprachen helfen. Für fortgeschrittene Lerner bietet sich die sprachvergleichende Analyse der textuellen Mehrsprachigkeit an, um detaillierter als bei der reinen Quantifizie‐ rung etwas über den Stellenwert der Sprachen in der Gesellschaft zu erfahren. 18 5.2 Der thematische Schwerpunkt Inhaltlich gibt es zumindest zwei Möglichkeiten, den Sprachlandschaftsinput zu nutzen. Zum einen bietet sich die themenzentrierte Vokabelarbeit an. Der Platz liefert viele Lexeme zum Sachfeld Gastronomie, darunter Getränke, Vorspeisen, diverse Eis- und Pizzasorten, dreigängige Menüs und kleinere Speisen zum Mitnehmen. Wie die Speisen verfügen auch die Gebäudenamen auf Wegwei‐ sern über Illustrationen, so dass in beiden Sachfeldern die Sinnerschließung leichtfällt. Bei Berufen und Zeitangaben ist dies zwar nicht der Fall, aber auch bei diesen Themen handelt es sich um Vokabular, welches oft im Anfangs‐ stadium des Fremdsprachenlernens von Belang ist. Sämtliche Bezeichnungen für Zeiteinheiten (Minuten, Stunden, Tageszeiten, Wochentage, Monate, Jahre, Jahrhunderte) sind vorhanden, vielfach in Kombination mit den passenden Präpositionen für den Verweis auf Zeitpunkte oder -spannen (cf. Abb. 2) und eignen sich als Input für jene, die schon mehrere Tempora beherrschen. Ferner bietet der Rathausplatz viele Schriftzüge zum Straßenverkehr sowie rund um das Thema Geld. Die Lernenden könnten die Lexeme je nach Kompetenzstand in einer für sie passenden Darstellungsweise arrangieren und eigene Assozia‐ tionen ergänzen. Zum anderen sind die Sprachlandschaftselemente als Ausgangspunkt für die inhaltliche Vertiefung regionalspezifischer Themen nützlich. Dazu gehört etwa die Geschichte von Bauwerken, die auf Infotafeln für Touristen beschrieben ist, damit verknüpft ebenfalls die Beschäftigung mit der Stadt und ihrer Gründung als Augusta Prætoria durch die Römer. Weitere Auskünfte hierzu können z.B. bei einer Rallye durch die ganze Stadt entdeckt werden. Auf dem Rathausplatz erfährt man auch einiges über seinen Namensgeber. Das Monument zur Erin‐ nerung an die im Ersten Weltkrieg gefallenen Soldaten regt an, über die Sprach- 277 Die Sprachlandschaft in Aosta als Input 19 Auf die Wort- und Satzebene wird hier aufgrund des prozentual geringen Vorkommens auf den Schildern nicht eingegangen, da verallgemeinerte Anregungen zur Aufmerk‐ samkeitslenkung abgesehen vom häufigen Auftreten der Verben in der dritten Person Indikativ und den Passivformen unzulässig erscheinen. Die Möglichkeiten, auf der Place Émile Chanoux etwas über Verbflexion zu lernen, sind gering, es gibt zu wenig Beispiele, um daraus Regeln abzuleiten. Formen wiederzuentdecken und Anwendungskontexte zu erfahren ist in nur eingeschränktem Maße möglich. Auch alleinstehende Lexeme bieten kaum Potential für grammatische Analysen. und Regionalgeschichte zu recherchieren, um die dort genannten Vor- und Nachnamen in dieser Kombination (u.a. „ARTAZ PIETRO“, „COQVILLARD GIOVANNI“ ) zu erklären, die es so sonst kaum irgendwo in Frankreich oder Italien gibt. Die Place Émile Chanoux eignet sich sogar für Erörterungen zu abstrakteren, gesellschaftskritischen Themen. Die vielen Hinweise auf Video‐ aufnahmen und Sicherheitsvorkehrungen werfen die Frage auf, inwieweit es Überwachung geben muss, um Kriminalität und Terrorismus vorzubeugen, oder welche anderen Möglichkeiten es gäbe, dass Menschen mehr Respekt voreinander und dem Eigentum anderer zeigen. Darüber hinaus kann man es kritisch betrachten, wie sich die Anwesenheit internationaler Unternehmen und derer Markenprodukte in einer Kleinstadt in den Alpen auf die lokale Wirtschaft auswirkt, und warum für Touristen statt regionaler Spezialitäten stets Speisen angeboten werden, die standardmäßig überall in Europa anzutreffen sind. Zweifelsohne ist es zur aktiven Aufmerksamkeitssteuerung geboten, die Lernenden vor dem Besuch eines Ortes festlegen zu lassen, auf welche Themen sie achten oder in welchem Bereich sie ihren Wortschatz erweitern möchten. 5.3 Der grammatische und orthographische Schwerpunkt Die vielen Nominalsyntagmen bieten sich dazu an, das Genus- und Nume‐ rusverhalten der Substantive und Adjektive zu beobachten. 19 Einige wenige Nominalsyntagmen haben einen Artikel, der es insbesondere Sprachanfängern erleichtert, das Genus der Substantive zu erkennen (cf. Bsp. 1, 8-11 in Tab. 1, und die kontrahierten Artikel in Bsp. 7, 18). Während im Italienischen in vielen Fällen das Genus eines Substantivs auch im Plural durch Kongruenz eines Begleiters eindeutig feststellbar ist, bedarf es anderer Strategien, es bei französischen Substantiven zu erfassen (in Bsp. 18 etwa am fehlenden ‹e› in ‹amis›). Häufig fehlt jedoch der Artikel. Da im Italienischen im Vergleich zum Französischen die Genusmarkierung in höherem Maße overt erfolgt, hilft hier der auslautende Vokal oft zuverlässig bei der Zuordnung. Wenn wenigstens das Adjektiv eines Syntagmas dem o/ i- oder a/ e-Paradigma angehört, welche i.d.R. zuerst erlernt werden, ist es aufgrund der Kongruenz möglich, das Genus des Substantivs auch ohne Artikel zu erschließen (Bsp. 2-4). Welchem Paradigma hingegen ein Lexem 278 Anja Mitschke 20 Aus Platzgründen sind nur die häufig im Korpus auftretenden Paradigmen erwähnt. Für einen Überblick siehe Iacobini / Thornton (2016) für das Italienische und Schpak-Dolt ( 4 2016, 41-53) für das Französische. im Plural angehört, ist wegen der Mehrdeutigkeit der Flexionsendungen ohne Kenntnis der Singularform nicht immer zu entscheiden (Bsp. 6 könnte im Sin‐ gular u.a. *valoro heißen, doch es gehört zum e/ i-Paradigma) 20 . Fortgeschrittene können sich selteneren Erscheinungen widmen wie invariablen Adjektiven oder dem Genus von Entlehnungen und Komposita (Bsp. 7, 9 und 10). Italienische Beispiele Französische Beispiele 12345678910 il gelato probiotico Caffè Quotidiano Pizza romana d’asporto PURA EMOZIONE DA INDOSSARE Discoteca Mobile One Night VALORI BOLLATI STOP alle banconote pirata le grandi miscele […] IL TUO BUSINESS […] QUI è attivo il verifica banconote [sic] 11 12 13 14 15 16 17 18 19 le bon lait accès réservé pont romain TOUR NEUVE ville romaine Dernière levée services écologiques Les Amis du Cœur du Val d’Aoste […] cet immeuble […] Tab. 1: Nominalsyntagmen auf Sprachlandschaftselementen Im Französischen ist es für die Bestimmung von Genus und Numerus von Vorteil, dass die Substantive im graphischen Code vorliegen. In Bsp. 11-16 und 18 wird u.a. durch die An- oder Abwesenheit des ‹e› ersichtlich, ob es sich um Feminina oder Maskulina handelt. Nur anhand der Lautketten wäre es bei Bsp. 12, 17 und 19 nicht möglich, das Genus festzustellen. Ähnlich verhält es sich beim Numerus: Allein vom phonischen Code lässt es sich nicht ableiten, ob es sich bei Bsp. 12-16 um Einzahl oder Mehrzahl handelt. Im Französischen und Italienischen liegen folglich unterschiedliche Schwierigkeiten bei der Genus- und Numerusbestimmung vor, die sprachspezifisch oder sogar sprachvergleichend mithilfe der Beispiele aus der Sprachlandschaft entdeckt werden können. Die Einbettung von Lexemen in Syntagmen lässt es zwar teilweise zu, ihre grammatischen Kategorien zu bestimmen, allerdings ist es nicht in allen Fällen möglich, das entsprechende Paradigma zuzuordnen. Da dasselbe Lexem nicht unbedingt mehrfach und in unterschiedlichen Kontexten auftaucht, kann seine vollständige Flexion nicht vorhergesehen werden, falls das Wort zuvor unbekannt war. Hier erweist sich der Input der Sprachlandschaft als unvollständig, so dass eine Vor- oder Nachbe‐ reitung zwingend erforderlich ist. 279 Die Sprachlandschaft in Aosta als Input Einige Syntagmen enthalten Präpositionen (cf. Tab. 2). Häufig gibt es auf unteren Kompetenzstufen Unsicherheiten bei ihrer Verwendung und darüber, ob zusätzlich ein Artikel benötigt wird. Zwar liefert die Sprachlandschaft in Aosta nicht genügend Beispiele, um selbst Regeln daraus zu abzuleiten, aber zumindest können die Lernenden vorab Hypothesen aufstellen und diese mithilfe der vorhandenen Erscheinungen überprüfen. Italienische Beispiele Französische Beispiele Capitale dell’Ambiente il piacere di scegliere Orario continuato dal lunedì al sabato Letture in vetta: incontro con l’autore chiuso per turno di riposo l’armée de réserve Rêves au cœur des Alpes Bar café de la Place martyr de l’autonomie valdôtaine À LA GLOIRE DU SOLDAT VALDÔTAIN Tab. 2: Syntagmen mit Präpositionen auf dem Rathausplatz in Aosta Da bei rund 40% der Schilder textuelle Mehrsprachigkeit vorliegt, erscheinen Sprachvergleiche geradezu sinnvoll. Es lässt sich etwa anhand der Ausstellung in den Rathausarkaden die verschiedene Wortstellung in den romanischen und germanischen Sprachen betrachten: La città ideale - La ville idéale - The ideal city Il Ponte di Pietra - Le Pont de Pierre - The Stone Bridge Il sistema fognario - Le réseaux d’égouts - The city sewer system 29% der mehrsprachigen Sprachlandschaftselemente enthalten sowohl Fran‐ zösisch als auch Italienisch, wobei lexikalische, morphologische und semanti‐ sche Vergleiche gezogen werden können: „HOTEL DE VILLE - MUNICIPIO“, „ARRÊT DE TRAIN - FERMATA TRENINO“ (cf. Abb. 2). Eine Sprachlandschaft eignet sich als Input für Lernende, sobald sie die Phonem-Graphem-Beziehungen in der Sprache ihres Interesses einigermaßen verinnerlicht haben. Da der Input nur über den visuellen Sinneskanal bereit‐ steht, ist es von Vorteil für einen kommunikativ ausgerichteten Unterricht, wenn Lernende eine Vorstellung von der phonetischen Realisierung haben. Die Sprachlandschaft birgt allerdings ebenfalls das Risiko, dass sie sich Fehler aneignen, weil die Korrektheit der Schriftzüge von der sprachspezifischen Rechtschreibkompetenz der Schilderautoren abhängt. Gerade im Aostatal, wo Französisch Zweitsprache ist, findet man Abweichungen von der Recht‐ schreibung. Manchmal sind Diakritika falsch gesetzt, wie beim o.g. Beispiel „VOUS ETES IÇI [sic]“. Ausgerechnet auf der Gedenktafel Émile Chanouxʼ (cf. Transkription in Kap. 2.3) fehlt der Akut auf dem ‹E› im Vornamen, alle 280 Anja Mitschke 21 Rechtschreibfehler im Französischen sind nicht ungewöhnlich im Aostatal. Auch Jab‐ lonka (1997, 235) stellt lexikalische und orthographische Abweichungen vom Standard fest, bspw. stand 1994 am Mont-Blanc-Tunnel auf valdostanischer Seite „Bon vojage [sic]“ als Gruß auf einem Banner. anderen Majuskeln tragen jedoch die Akzente korrekt. Zusätzlich findet sich auf derselben Tafel ein Kommafehler, eine Präposition zu viel und „ REFONTE DE L’ITALIE EN SENS FÉDERALISTE “ müsste idiomatisch entweder refonte de l’Italie dans un sens fédéraliste oder refonte fédéraliste de l’Italie heißen. Normalerweise wäre zu erwarten, dass bei einer Metalltafel, die von staatlicher Seite angefertigt wurde und lange Jahre installiert sein wird, der Autor und die Korrekturinstanzen besondere Sorgfalt walten lassen. 21 Auch im Englischen gibt es Schreibfehler. Auf einer Getränkewerbung (cf. Abb. 4, rechts oben) kommt es zu einer Verwechslung zweier Homophone, wahrscheinlich durch den Einfluss der Schreibweise im Deutschen: Statt engl. beer wird engl. bier angeboten, was ‘Totenbahre’ bedeutet. Daher gilt es im Unterricht für die unterschiedlichen Kontexte zu sensibilisieren, in denen Sprachen auftreten - also ob die Initiatoren und Autoren der Schilder die Sprachen als Erst-, Zweit- oder Fremdsprache verwenden. 6 Fazit: Die Sprachlandschaft als authentischer Lernort für jedes Niveau Von der Sprachlandschaft in Aosta (an Ort und Stelle oder digital) profitieren zunächst einmal diejenigen, die Italienisch, Französisch oder Englisch lernen, da eine große Anzahl an Elementen in diesen Sprachen vorhanden ist. Aber auch französische Muttersprachler können erfahren, dass es jenseits der hexa‐ gonalen Norm weitere Varianten bei der Sprachverwendung gibt, für die sie ein Verständnis entwickeln können - gleiches gilt für die Muttersprachler anderer Sprachen, die fremdsprachlich von den Urhebern der Schilder auf der Place Émile Chanoux eingesetzt werden. Die Devianzen laden dazu ein, über den Umgang mit Fehlern nachzudenken, und einzuschätzen, inwieweit der kommunikative Gehalt dadurch verändert wird. Die (néo)locuteurs des Frankoprovenzalischen und Latinisten können der Sprachlandschaft leider wenig abgewinnen, da es kaum Input für sie gibt. Was die soziolinguistischen Ergebnisse der Sprachenlandschaftsanalyse der Place Émile Chanoux angeht, so sind sie vielfach mit Befunden zu Sprachland‐ schaften anderer Orte in anderen glottopolitischen Kontexten vergleichbar, da üblicherweise geforscht wird, inwieweit das Verhältnis der in der Sprach‐ landschaft auftretenden Sprachen die in der Bevölkerung gesprochenen wider‐ 281 Die Sprachlandschaft in Aosta als Input spiegelt, um ihre ethnolinguistische Vitalität (cf. Landry / Bourhis 1997) zu erfassen. Auf dieser Abstraktionsebene eröffnen sich essentielle Einsichten für Sprachenlerner, denn eine Sprache wird in den seltensten Fällen um ihrer selbst willen gelernt, sondern um mit den Mitgliedern der Sprachgemeinschaft in Kontakt zu treten. Die Vertrautheit mit der sozialen Bedeutung der einzelnen Sprachen - insbesondere in mehrsprachigen Kontexten - befähigt zu einer gelungenen Kommunikation ohne Missverständnisse. Auf Ebene der Sachinhalte gibt es Parallelen zum „Metropolenzeichen“-Pro‐ jekt von Gilles und Ziegler (2021, 77): Fast die Hälfte aller Sprachlandschaft‐ seinheiten, die sie untersuchten, enthalten Eigennamen und zu den häufigsten Substantiven zählen Zeitangaben wie Wochentage und Uhrzeiten. Es wird zwar je nach den am Untersuchungsort ansässigen Einrichtungen verschiedene the‐ matische Schwerpunkte geben, eine Gemeinsamkeit stellen jedoch die Angabe von Öffnungszeiten und Terminen dar, die folglich mithilfe der Sprachland‐ schaft gelernt werden können. In anderen Sachfeldern helfen oft Abbildungen bei der Bedeutungserschließung von Vokabular. Aufgrund ihres spezifischen inhaltlichen Profils ist die Place Émile Chanoux nicht für jedes vom Lehr‐ plan vorgesehene Thema sachdienlich, obgleich einzelne Elemente als Impuls für über die Sprachlandschaft hinausgehende Überlegungen genutzt werden können. Zur Vertiefung anderer Themen bietet es sich an, inhaltlich passendere Orte aufzusuchen (cf. Kap. 2.2). Insgesamt bietet die Auseinandersetzung mit Sprachlandschaften durch den authentischen Input eine Verschränkung lebens‐ weltlich relevanter Aspekte mit (nicht nur) (meta-)sprachlichen Lernzielen. Der bloße Aufenthalt mit geöffneten Augen in einer Sprachlandschaft ist wie ein visuelles Sprachbad; es ermöglicht Spracherwerb, implizites und inzidentelles Lernen, und sogar Interaktionen, wenn die Lerner sich durch die Elemente zu kommunikativen Handlungen aufgefordert sehen. Aus der Vermittlung der verbalen Inhalte über den visuellen Sinneskanal ergibt sich notwendigerweise, dass die Sprachlandschaft zunächst die Lese‐ kompetenz aktiviert, allerdings lässt die Kürze der sprachlichen Äußerungen und die geringe Bandbreite an Textsorten der wenigen vorhandenen Texte - meist ist es Zweckprosa - das Einüben von Lesestrategien nur punktuell zu. In Bezug auf die Sprachstrukturen ist hingegen durch die mannigfaltige Komplexität der Syntagmen für Lernende des Italienischen und Französischen auf jedem Lernstand etwas dabei - wobei für den Sprachenunterricht gilt, die Aufmerksamkeit für den jeweiligen Fokus zu schulen. Das große Potential liegt im Bereich der Nominalsyntagmen, so dass Deklination und präpositionale Anschlüsse besser thematisiert werden können als Konjugation und Funktion der Tempora, wie ebenfalls die Ergebnisse des o.g. Projekts „Metropolenzeichen“ 282 Anja Mitschke untermauern. Beide Korpora zeigen, dass Botschaften nicht zwangsläufig als ganze Sätze formuliert sein müssen und trotzdem authentisch sein können - eine wichtige Erkenntnis für manch eine Lehrkraft, die Antworten gerne als vollständigen Satz einfordert. Eines zeigt der Rathausplatz in Aosta sehr deutlich: Die Kenntnis meh‐ rerer Sprachen ist immer von Vorteil, denn unterschiedliche Sprachen liefern durchaus unterschiedliche Inhalte (cf. Abb. 7). Abb. 7: Komplementäre Mehrsprachigkeit Literatur Aiestaran, Jokin / Cenoz, Jasone / Gorter, Durk. 2010. „Multilingual cityscapes: Percep‐ tions and preferences of the inhabitants of the city of Donostia-San Sebastian“, in: Elana Shohamy / Eliezer Ben-Rafael / Monica Barni (ed.): Linguistic landscape in the city. Bristol: Multilingual Matters, 219-234. DOI: https: / / doi.org/ 10.5040/ 9781350071 285. 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Faszinierende aktuelle Themen wie Comic-Sprache, Bilinguismus und politische Rhetorik regen die Leser: innen an, selbst zu entdecken, wie Sprache funktioniert. Auf einer soliden wissenschaftstheoretischen Basis führt dieses Werk in die Theorien und Modelle der Variations- und Wandelforschung sowie des Sprachkontakts ein und behandelt aus dieser Perspektive Phonetik und Phonologie, Morphologie, Syntax, Semantik und Pragmatik, Sprachgeschichte und Varietäten. Es regt dazu an, Faktenwissen kritisch zu hinterfragen und selbst wissenschaftlich aktiv zu werden. Zahlreiche Abbildungen, Audio-Materialien und Aufgaben innerhalb der Kapitel aktivieren die Leser: innen durchgängig mit allen Sinnen und ermöglichen mit Hilfe von Online-Musterlösungen autonomes Lernen. Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG \ Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ Fax +49 (0)7071 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de Angesichts des Wandels hin zu einer digitalen Welt sollten Forschungsrichtungen, die sich mit Sprache/ n befassen, mit ihrem jeweiligen Potenzial neu betrachtet und stärker miteinander verknüpft werden. Im Kontext des Fremdsprachenunterrichts kommen fachdidaktische und sprachwissenschaftliche Forschungsrichtungen zusammen, z.B. bei der Verknüpfung von Ansätzen aus der Mehrsprachigkeitsdidaktik und der Linguistic-Landscape-Forschung. Bei beiden nimmt die Sichtbarkeit bzw. Wahrnehmung von Sprache/ n eine bedeutende Rolle ein. Der Französischunterricht kann hierbei dadurch profitieren, dass mittels digitaler Medien ein Zugang zur Fremdsprache auch ohne unmittelbaren Kontakt zu einem fremdsprachlichen Gegenüber vermittelt werden kann. Die Beiträge des vorliegenden Bands tragen dazu bei, den Austausch zwischen Fachwissenschaft, Fachdidaktik und der konkreten schulischen Praxis vor dem Hintergrund der Digitalisierung zu fördern. Romanistische Fremdsprachenforschung und Unterrichtsentwicklung 23 ISBN 978-3-8233-8477-9