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UNESCO Weltkulturerbe und Tourismus

2022
978-3-7398-8088-4
UVK Verlag 
Gabriele M. Knoll
10.24053/9783739880884

Den hohen Wert kultureller Denkmäler erkennen, schützen und nutzen! Der Kölner Dom, die Zeche Zollverein und das romantische Mittelrheintal! Jeder kennt hierzulande mindestens ein Weltkulturerbe der UNESCO. Sie zeichnen sich aus Sicht des Welterbekomitees als Meisterwerke der menschlichen Schöpferkraft aus. Gabriele M. Knoll zeigt auf, warum die UNESCO Weltkulturerbe global schützt und welche Kategorien es gibt. Es besteht u. a. auch die Verpflichtung, diese Stätten durch einen nachhaltigen Tourismus zu nutzen. Themen wie Besucherzentren und -lenkung lässt die Autorin deswegen nicht außer Acht. Sie wirft zudem einen Blick in die Praxis und geht auf Beispiele konkret ein. Eine spannende Lektüre für Tourismusstudierende und -praktiker:innen.

mit Beispielen aus Deutschland Gabriele M. Knoll UNESCO Weltkulturerbe und Tourismus Tourismus kompakt UNESCO Weltkulturerbe und Tourismus Dr. Gabriele M. Knoll lehrt Ökologie und Nachhal‐ tigkeit im Tourismus an der Hochschule Rhein-Waal sowie Tourismusmanagement an der Hochschule Fre‐ senius. Gabriele M. Knoll UNESCO Weltkulturerbe und Tourismus Tourismus kompakt UVK Verlag · München DOI: https: / / doi.org/ 10.24053/ 9783739880884 © UVK Verlag 2022 ‒ ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Ver‐ vielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor: in‐ nen oder Herausgeber: innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor: innen oder Herausgeber: innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich. Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de CPI books GmbH, Leck ISSN 2701-2212 ISBN 978-3-7398-3088-9 (Print) ISBN 978-3-7398-8088-4 (ePDF) ISBN 978-3-7398-0579-5 (ePub) Einbandmotiv: © cruphoto · iStock Autorenportrait auf Seite 2: © privat Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® 7 1 9 1.1 9 1.1 10 1.2 12 1.3 19 1.4 21 2 25 2.1 25 2.2 25 2.3 27 3 29 3.1 29 3.2 30 3.3 33 3.4 35 3.5 37 4 41 4.1 41 4.2 45 4.3 53 Inhalt Was Sie vorher wissen sollten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Warum schützt die UNESCO Kulturerbe? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nubische Bauwerke drohten, in den Nilfluten unterzugehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besinnung auf das kulturelle Erbe der Menschheit - die Welterbekonvention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wie kommt man zum Welterbetitel und behält ihn? . . . . . Geschützte Welterbestätten in Zahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Deutsche UNESCO Kommission (DUK) . . . . . . . . . . . . Die verschiedenen Kategorien von kulturellem Erbe der Menschheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . UNESCO Weltkulturerbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . UNESCO Immaterielles Kulturerbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . UNESCO Weltdokumentenerbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vom einzelnen Gebäude bis zur Kulturlandschaft - alles mögliches Welterbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einzelbauten und Ensembles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Altstädte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kulturlandschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Garten- und Parkanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Industrieanlagen und Eisenbahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Management von Weltkulturerbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Managementplan gibt verbindlich die Richtung vor . . Das Weltkulturerbe Bamberg - ein Managementplan konkret . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Bildungsauftrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 61 5.1 62 5.2 64 5.3 66 5.4 67 6 71 6.1 71 6.2 76 6.3 78 6.4 81 6.5 83 6.6 88 91 97 99 103 Nachhaltiger Tourismus - eine Pflicht für das Weltkulturerbe . . Tourismus in den Welterbestätten theoretisch und praktisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Wahrnehmung von Welterbe durch Tourist: innen - das Beispiel Bamberg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das Besuchermanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besucherzentren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Blicke in die Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Eine neue Aufgabe: die Vermarktung einer Welterbestätte Rund sechs Millionen Besucher: innen jährlich im Kölner Dom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeche Zollverein und der Denkmalschutz . . . . . . . . . . . . . . Einsam in der Landschaft: Holzkirchen der Karpaten in Polen und Ukraine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Welterbevermittlung und -marketing in der Schweiz . . . . . Overtourism im Weltkulturerbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Rote Liste des UNESCO Weltkulturerbes alias Liste des gefährdeten Erbes der Welt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildungs- und Tabellennachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur und Internetquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Inhalt Was Sie vorher wissen sollten Weltkulturerbe und Tourismus - widerspricht sich das nicht? Nein! Der Schutz einer Welterbestätte umfasst nicht nur die Immobilie, die Gebäude oder Anlage selber, sondern auch ihre direkte Umgebung sowie eventuell ihre Fernwirkung, die in ihrer ursprünglichen Weise gewahrt bleiben soll. Eine Burg, ein Schloss, gerahmt von Windrädern, eine historische Altstadt, durchsetzt oder bedrängt von Hochhäusern - dies ist bei Weltkulturerbe‐ stätten nicht gestattet. Da droht ein Eintrag in die Rote Liste alias die Liste des gefährdeten Welterbes. Und wie sieht es mit den Belastungen eines Welterbes durch den Touris‐ mus aus? Muss man das Erbe der Menschheit, das eine UNESCO Welterbe‐ stätte darstellt, Besuchermassen und ihren vielfältigen Auswirkungen aus‐ setzen? Ja! Eine touristische Nutzung, natürlich in einer nachhaltigen Weise, wird inzwischen von der UNESCO als eine Pflicht für das Management betrachtet. Es ist durchaus ein Balanceakt, den Erhalt des Welterbes sowie den damit verbundenen Bildungsauftrag - und somit auch den Tourismus - zu vereinen. Hieraus ergibt sich schließlich die Notwendigkeit, UNESCO Weltkultur‐ erbe und Tourismus in einem Buch zu betrachten. Gleiches gilt ebenso für den Band UNESCO Weltnaturerbe und Tourismus. Ziel beider Bände ist es, einen ersten Überblick über die verschiedenen Ka‐ tegorien von UNESCO Welterbe und der damit verbundenen Verpflichtung zu einer nachhaltigen touristischen Nutzung zu geben. Manche Anregung aus der dortigen Praxis lässt sich auch an anderen Orten ohne Welterberang umsetzen! Wachtendonk, August 2022 Gabriele M. Knoll 1 Warum schützt die UNESCO Kulturerbe? Tempel und andere jahrtausendealte Bauwerke in der ägyptischen Wüste drohten Anfang der 1960er-Jahre - so die Ironie der Geschichte in den Fluten des Nils zu versinken. Der unabwendbar scheinende Verlust von Zeugnissen aus der Zeit von 1200 bis 300 v. Chr. löste schließlich Rettungsmaßnahmen mit weltweiter Unterstützung aus und aus diesem gemeinsamen Bemühen sollte die Idee hervorgehen, unter der Federführung der UNESCO Kulturerbe von Weltrang zu schützen. Grundlegende Literatur Allgemeine Ausführungen basieren - sofern nicht anders angegeben - auf der Quelle: UNESCO World Heritage Centre (WHC) (2021): Operational Guidelines for the Implementation of the World Heritage Convention. Paris. Link-Tipp [1] | http: / / s.narr.digital/ 9a1d4 1.1 Nubische Bauwerke drohten, in den Nilfluten unterzugehen Um die unterschiedlichen Wassermengen des Nils im Laufe eines Jahres zu regulieren und die landwirtschaftlichen Nutzflächen an seinen Ufern durch ein effektiveres Wassermanagement auszudehnen, aber auch zur Verbesserung der Energiegewinnung, wurde 1960 bis 1971 die Staumauer des Assuan-Staudamms wieder einmal erhöht, so dass anschließend ein See von 5 bis 35 km Breite und ca. 500 km Länge das mittlere Niltal bis in den Sudan hinein ausfüllte. Als unerwünschte „Nebenwirkung“ waren dadurch in dem neuen Nassersee zahllose Zeugnisse aus der Zeit des einstigen Nubiens und seiner Pharaonen dem Untergang geweiht. Auch die Deutsche UNESCO Kommission rief eindringlich zur Beteiligung an den Rettungsmaßnahmen auf (https: / / en.unesco.org/ courier/ october-1961). Das Dokument „Abu Simbel: jetzt oder nie“ vermittelt eine kleine Idee von den Kraftanstrengungen jener Tage. Hintergrund | Die Rettungsaktionen von Abu Simbel in den 1960er-Jahren Link-Tipp [2] | http: / / s.narr.digital/ xybj0 Mit einem großen internationalen Engagement wurde es möglich, Ausgra‐ bungen sowie Bestandsaufnahmen durchzuführen, vieles zu dokumentieren und schließlich die spektakulärsten Aktionen zu starten: das Umsetzen - Translozieren - einiger historischer Anlagen in Bereiche, die nicht mehr im Überflutungsgebiet lagen. So wurde die 33 m hohe und 35 m breite Fassade des Abu-Simbel-Tempels mit ihren monumentalen 20 m hohen Skulpturen des Pharaos Ramses II. am alten Standort abgetragen und 118 m weiter landeinwärts sowie 65 m höher neu aufgebaut. Eine andere spektakuläre spätere Aktion war die Translozierung von nu‐ bischen Tempelbauten der Nilinsel Philae. Zwischen 1976 und 1980 verlegte man den dortigen Tempel der Göttin Isis mit einem 93 m langen Säulengang auf eine höhere Fläche der Nilinsel Agilkia. 1979 wurden die nubischen Bauwerke in die Liste des UNESCO Weltkulturerbes aufgenommen. Hintergrund | Nubische Denkmäler von Abu Simbel bis Philae - UNESCO Weltkulturerbe Link-Tipp [3] | http: / / s.narr.digital/ 5vp9v 1.1 Besinnung auf das kulturelle Erbe der Menschheit - die Welterbekonvention Während im Niltal noch praktisch an der Rettung der 2.000-3.000 Jahre alten Bauwerke gearbeitet wurde, beschloss 1972 die Generalversammlung der UNESCO auf ihrer 17. Tagung in Paris das Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt - kurz die „Welterbekonvention“ ge‐ nannt (https: / / www.unesco.de/ sites/ default/ files/ 2018-02/ UNESCO_WHC_%C 3%9Cbereinkommen%20Welterbe_dt.pdf, Kurzbeleg: WHC, 2018). 10 1 Warum schützt die UNESCO Kulturerbe? Folgende zusammengefasste Umstände und Ziele veranlassten die Mit‐ glieder der Generalversammlung zur Verabschiedung der Welterbekonven‐ tion: ■ eine zunehmende Bedrohung und Zerstörung von Kultur und Natur auch durch den Wandel sozialer und wirtschaftlicher Verhältnisse, ■ allgemein eine „beklagenswerte Schmälerung“ des Erbes aller Völker der Welt, ■ unzureichende wirtschaftliche, wissenschaftliche und technische Mittel in Ländern der zu schützenden Güter sowie ■ die Verantwortung, „dass es angesichts der Größe und Schwere der drohenden neuen Gefahren Aufgabe der internationalen Gemeinschaft als Gesamtheit ist, sich am Schutz des Kultur- und Naturerbes von außergewöhnlichem universellem Wert zu beteiligen, indem sie eine gemeinschaftliche Unterstützung gewährt, welche die Maßnahmen des betreffenden Staates zwar nicht ersetzt, jedoch wirksam ergänzt“ (WHC, 2018, o. S.). Die globale Aufgabe der internationalen Gemeinschaft - konkreter der Mitgliedsstaaten bzw. Unterzeichner der Welterbekonvention - ist es, ihren möglichen Beitrag zur Bewahrung von herausragendem Kultur- und Natur‐ erbe zu leisten. Im Artikel 1 der Welterbekonvention wird das Kulturerbe in die drei Kategorien Denkmäler, Ensembles und Stätten zusammengefasst und fol‐ gendermaßen definiert (WHC, 2021, o. S.): „Denkmäler: Werke der Architektur, Großplastik und Monumentalma‐ lerei, Objekte oder Überreste archäologischer Art, Inschriften, Höhlen und Verbindungen solcher Erscheinungsformen, die aus geschichtlichen, künstlerischen oder wissenschaftlichen Gründen von außergewöhnlichem universellem Wert sind; Ensembles: Gruppen einzelner oder miteinander verbundener Gebäude, die wegen ihrer Architektur, ihrer Geschlossenheit oder ihrer Stellung in der Landschaft aus geschichtlichen, künstlerischen oder wissenschaftlichen Gründen von außergewöhnlichem universellem Wert sind; Stätten: Werke von Menschenhand oder gemeinsame Werke von Na‐ tur und Mensch sowie Gebiete einschließlich archäologischer Stätten, die aus geschichtlichen, ästhetischen, ethnologischen oder anthropologischen Gründen von außergewöhnlichem universellem Wert sind.“ 11 1.1 Besinnung auf das kulturelle Erbe der Menschheit - die Welterbekonvention Im Artikel 2 werden die Kategorien für das mögliche Naturerbe genannt (siehe den Band UNESCO Weltnaturerbe und Tourismus). Die Vertragsstaaten sind frei darin, in ihrem Hoheitsgebiet Kultur- und Naturerbestätten zu bestimmen (siehe Kap. 1.3). 1.2 Wie kommt man zum Welterbetitel und behält ihn? Wichtigste Voraussetzung für eine Bewerbung um Anerkennung einer Stätte als Weltkulturerbe sowie Weltnaturerbe ist die Mitgliedschaft des jeweiligen Staates bei der UNESCO und die Ratifizierung der Welterbekon‐ vention. Ein Vertragsstaat erhält somit das Recht, ihm geeignet erschei‐ nendes Kulturbzw. Naturerbe vorzuschlagen, und nur er kann einen entsprechenden Antrag einreichen. Doch bis zu diesem Zeitpunkt sind einige „Hausaufgaben“ zu erledigen. Abb. 1: Bad Ems auf dem Weg zu einem der herausragenden 11 Kurorte Europas - Erfolg im Sommer 2021 Die erste Aufgabe des Vertragsstaats ist es, eine nationale Vorschlagsliste - Tentative List - zu erstellen. Darin veröffentlicht der Vertragsstaat seine 12 1 Warum schützt die UNESCO Kulturerbe? geplanten Vorschläge für einen Zeitraum von ca. zehn Jahren. Dieses Ver‐ fahren rund um die Tentativliste läuft in Deutschland folgendermaßen ab: „Die Vorschläge, die alljährlich im Rahmen des deutschen Kontingents zur Nominierung für die Welterbeliste anstehen, werden von den zuständigen Länderbehörden über das Sekretariat der KMK [Kultusministerkonferenz], das Auswärtige Amt und das UNESCO Welterbezentrum in Paris dem UNESCO Welterbekomitee zur Entscheidung vorgelegt.“ (https: / / www.une sco.de/ kultur-und-natur/ welterbe/ welterbe-werden/ tentativliste) Bis zum 1. Februar eines Jahres müssen die Anträge in Paris beim UNESCO Welterbezentrum eingereicht werden; im nachfolgenden Jahr kann das Welterbekomitee darüber entscheiden. Seit Februar 2018 dürfen die Vertragsstaaten nur noch eine Nominierung - vorher waren es zwei - pro Jahr einreichen. Im nächsten Schritt werden bei der Bewerbung einer Kulturerbestätte durch ICOMOS bzw. einer Naturerbestätte durch IUCN die Welterbekandi‐ daten eingehend überprüft. Fällt das Ergebnis der Evaluierung positiv aus, könnte das Welterbekomitee in seiner nächsten jährlichen Sitzung darüber entscheiden (vgl. https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ welterbe/ welter be-werden). Wissen | ICOMOS Der International Council on Monuments and Sites (abgekürzt: ICO‐ MOS) wurde 1965 als Nichtregierungsorganisation gegründet. Er be‐ schäftigt sich mit Theorie und Praxis des Erhalts des archäologischen und architektonischen Erbes. Zu den Aufgaben von ICOMOS zählt nicht nur die Bewertung der Bewerber für einen Eintrag in die Welterbeliste, sondern im Falle einer erfolgreichen Bewerbung ebenso die Hilfestel‐ lung und Überwachung der denkmalpflegerischen Aktivitäten. Für das Weltkulturerbe hat das Welterbekomitee vier Kriterien aufgestellt, von denen mindestens eines für eine Bewerbung erfüllt sein muss - die kleinen Buchstaben der römischen Zahlen finden sich auch in den offiziellen Beschreibungen wieder. So wurde beispielsweise Bamberg (siehe Kap. 4.2) auf Grundlage der Kriterien ii und iv in die Welterbeliste eingetragen. 13 1.2 Wie kommt man zum Welterbetitel und behält ihn? „(i) ein Meisterwerk der menschlichen Schöpferkraft darstellen; (ii) für einen Zeitraum oder in einem Kulturgebiet der Erde einen be‐ deutenden Schnittpunkt menschlicher Werte in Bezug auf Entwicklung der Architektur oder Technik, der Großplastik, des Städtebaus oder der Landschaftsgestaltung aufzeigen; (iii) ein einzigartiges oder zumindest außergewöhnliches Zeugnis von einer kulturellen Tradition oder einer bestehenden oder untergegangenen Kultur darstellen; (iv) ein hervorragendes Beispiel eines Typus von Gebäuden, architekto‐ nischen oder technologischen Ensembles oder Landschaften darstellen, die einen oder mehrere bedeutsame Abschnitte der Menschheitsgeschichte versinnbildlichen“ (https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ welterbe/ wel terbe-werden). Zu den Vorarbeiten für eine Bewerbung gehört eine umfangreiche Doku‐ mentation aller relevanten Aspekte, wie es am Beispiel der Kulturlandschaft Mittelrheintal mit einem zweibändigen Werk von mehr als 1.000 Seiten auf 5,4 kg Papier gezeigt werden soll (vgl. Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz, 2002). Folgende Aspekte werden von einem 51-köpfigen Autor: innenteam ab‐ gehandelt: Band 1: ■ Das Mittelrheintal als Kulturlandschaft von europäischer Bedeutung ■ Politische Rahmenbedingungen für die Entwicklung der Kulturland‐ schaft ■ Siedlungs- und Baugeschichte als prägende Faktoren in der Kulturland‐ schaft ■ Wirtschaftsentwicklung im Mittelrheintal ■ Künstlerische und wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Mit‐ telrheintal Band 2: ■ Lebensräume: Wechselwirkungen zwischen Natur und Kultur ■ Landschaft und ihre Wahrnehmung ■ Perspektiven für die Kulturlandschaft ■ Katalog (Archäologische Denkmäler, Bau- und Kunstdenkmäler, Mu‐ seen und Sammlungen, Pflanzen- und Tierwelt, Schutzgebiete, beson‐ 14 1 Warum schützt die UNESCO Kulturerbe? ders erhaltenswerte Weinbergterrassen, Landschaftsbilduntersuchung, Kulturlandschaftsanalyse) Wissen | Eine Pionierlandschaft des europäischen Tourismus - das Mittelrheintal „Das Reisegeschehen zwischen Koblenz und Bingen ist seit den Anfän‐ gen von internationalen Trends geprägt, denn die touristische Entde‐ ckung des Rheintals fand im ausgehenden 18. Jahrhundert nicht durch Einheimische, sondern durch Ausländer statt.“ (Knoll, 2002, S. 350) Die vollständige Abfolge eines Bewerbungsverfahrens sind gemäß Para‐ graph 130 der Richtlinien des Welterbezentrums (WHC, 2017, S. 39): „Das Formblatt enthält folgende Abschnitte: 1. Bestimmung des Gutes 2. Beschreibung des Gutes 3. Begründung für die Eintragung 4. Erhaltungszustand und sich auf das Gut auswirkende Faktoren 5. Schutz und Verwaltung 6. Überwachung 7. Dokumentation 8. Angaben zur Kontaktaufnahme mit den zuständigen Behörden 9. Unterschrift im Namen des Vertragsstaats oder der Vertragsstaaten“. Die einzelnen Schritte werden in den Richtlinien anschließend noch erläu‐ tert, da dies aber für das Buch nicht relevant ist, soll hier nicht weiter darauf eingegangen werden. Welche Gefahren lauern, die zu einem Eintrag in der Roten Liste des gefährdeten Welterbes und schließlich zu einer Aberkennung des Weltkul‐ turerbestatus führen könnten? (https: / / www.unesco.de/ sites/ default/ files/ 2 018-03/ Kriterien%20Liste%20des%20gef%C3%A4hrdeten%20Welterbes.pdf) Eine Reihe von Gefährdungen lassen sich mit Blick auf die Authentizität und Integrität einer Weltkulturerbestätte formulieren: „Authentizität mani‐ festiert sich in Form und Gestaltung, Material und Substanz, Gebrauch und Funktion, Tradition, Techniken und Verwaltungssystemen, Lage und Gesamtzusammenhang und anderen Formen.“ (Ringbeck, 2008, S. 18) Damit wird eine „historische Echtheit“ gefordert, d. h., die Welterbestätte muss sich noch weitestgehend in ihrem baulichen Originalzustand befinden. 15 1.2 Wie kommt man zum Welterbetitel und behält ihn? Inwieweit wurde beispielsweise im Laufe der Zeit die Bausubstanz verän‐ dert, wurden Teile abgerissen und Neubauten aus welchen Materialien hinzugefügt? Lassen sich Veränderungen rückgängig machen, um dem ursprünglichen Zustand wieder nahezukommen? Ein anderer kritischer Punkt kann die Umnutzung eines historischen Gebäudes oder Ensembles sein. Wird es noch in seiner ursprünglichen Funktion genutzt? Eine andere wesentliche Forderung aus dem Kriterienkatalog für Welter‐ bestätten ist die Integrität, bei der die Wahrung der visuellen Integrität in Zeiten von beispielsweise Städte- und Windparkausbau aktuell häufiger ein Problem darstellt. „Darüber hinaus ist die Wahrung der visuellen Integrität entscheidend, die sich auf den ästhetischen Gesamteindruck, die nicht beeinträchtige Wahrnehmbarkeit und auch die dominierende Fernwirkung einer Stätte beziehen kann. So sollten bei der Nominierung einer Stätte Sichtachsen, Silhouetten und Panorama-Blicke klar definiert und deren zukünftige Sicherung gewährleistet werden.“ (Ringbeck, 2008, S. 18) Die optische Wirkung eines Gebäudes, die seine Erbauer einst eingeplant haben und die typisch für seine Funktion ist, muss erhalten bleiben. Die historische Wirkung einer Burg als Landmarke oder der hohen Türme eines Domes darf nicht durch neue hohe Bauten in deren Nähe beeinträchtigt werden. Entsprechende Pufferzonen werden bei einer Bewerbung als Welterbe bereits festgelegt und müssen in die Raumplanungen und Bebauungspläne der Stadt oder Region integriert werden. „Größe und Festsetzungen einer Pufferzone sollten festgelegt und in einer Karte dargestellt werden, die auch die genauen Grenzen der Welterbestätte verzeichnet. Änderungen an der Pufferzone sind dem Welterbekomitee mitzuteilen“ (Ringbeck, 2008, S. 30). Diese Zonen mit strengen Auflagen für Neubauten gelten „auf ewig“ - es sei denn, beispielsweise einer Stadt ist ein Neubau wichtiger als die festgelegte historische Stadtsilhouette. Eine solche Missachtung bestehen‐ der Bauordnungen führt zunächst zu einem Eintrag in die Rote Liste und schließlich bei Ignoranz aller einmal eingegangenen Verpflichtungen zu einer Aberkennung des Welterbestatus. Ein Beispiel hierzu liefert die Kulturlandschaft Dresdner Elbtal, die 2004 als Welterbe anerkannt wurde. Doch zu jener Zeit drohte schon ein Platz auf der Roten Liste der UNESCO, denn eine Bürgerbefragung von 1996 hatte die Entscheidung für den Bau der Waldschlösschenbrücke über die Elbe im Stadtgebiet gebracht. Mit deren Baubeginn 2006 kam Dresden auf die Rote Liste des gefährdeten Welterbes (https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ welterbe/ welterbe-deutschland/ die-entscheidung-zum-dresdner-elbtal). 16 1 Warum schützt die UNESCO Kulturerbe? „Die Stadt und das Land Sachsen ignorierten das mehrfach verschobene Ultimatum, den Bau der vierspurigen Brücke zu überdenken. 2009 stimmte das Welterbekomitee allerdings mit 14 zu 5 Stimmen für die unwiderrufliche Aberkennung des Welterbestatus. Zum enormen Imageschaden kam ein Sinneswandel beim Deutschen Kulturrat: Dieser setzte sich dafür ein, die Zuständigkeiten von den Ländern auf den Bund zu übertragen, um den Denkmalschutz als nationale Aufgabe zu definieren; die seit 2009 vom Bundesbauministerium für die deutschen Welterbestätten bereitgestellten Gelder (Sonderförderprogramm 2009: 50 Mio. Euro; 2010-13: je 25 Mio. Euro) stehen für Dresden nicht mehr zur Verfügung, das sich Hoffnungen auf die Finanzierung zur Restaurierung seiner Schlösser gemacht hatte“ (Baumann, 2020, S. 26 f.). Das Gros der Gefährdungen von Welterbestätten in Europa entspringt vor allem den Konflikten um den Schutz der Integrität und beispielsweise den Diskussionen um eine Brücke im Mittelrheintal zwischen Koblenz und Bingen, Windparkuns Seilbahnbauplänen im Umfeld der Wartburg oder mehreren Altstädten mit den Status gefährdenden Neubauprojekten. Außerhalb Europas im Nahen Osten bedrohen allgemeine kriegerische Ereignisse und bewusste Zerstörungen beispielsweise durch islamistischen Terror Weltkulturerbestätten und haben schon zu großen Verlusten geführt. Hintergrund | Die aktuelle Rote Liste - Weltkulturerbe und Weltnaturerbe in Gefahr Link-Tipp [4] | http: / / s.narr.digital/ k4bk1 Die Bewerbungen für einen Eintrag in die Liste des Weltkulturerbes wie Weltnaturerbes haben im Laufe der Zeit eine Entwicklung genom‐ men, die nach Auffassung der UNESCO nicht das weltweite Potenzial ausgewogen widerspiegelt. Studien von ICOMOS in den Jahren 1987 bis 1993 haben zutage gefördert, dass bestimmte Arten von Kulturwie Naturerbestätten im Vergleich überrepräsentiert waren. Zur aktuellen Si‐ tuation stellt die UNESCO beispielsweise fest, das es über 869 Kulturer‐ bestätten, aber nur 213 Naturerbestätten gibt. „Die Region Europa und Nordamerika zählt trotz ihrer geringeren Größe im Vergleich zu anderen Regionen mit Abstand die meisten Welterbestätten (47 %). Auch inner‐ halb der Kultur- und Naturerbestätten sind unterschiedliche Kategorien 17 1.2 Wie kommt man zum Welterbetitel und behält ihn? kulturellen und natürlichen Erbes in stark variierendem Maße vertre‐ ten.“ (https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ welterbe/ welterbe-weltwei t/ globale-strategie-repraesentative-ausgewogene-liste) 0 100 200 300 400 500 600 Lateinamerika und die Karibik Europa und Nordamerika Asien und Pazifik Arabische Staaten Afrika Kultur Natur gemischt Abb. 2: Die ungleiche Verteilung von UNESCO Welterbestätten weltweit. Die Expert: innen von ICOMOS sowie von IUCN für das Naturerbe er‐ stellten Studien über Lücken in den entsprechenden Welterbelisten. Auf dieser Basis sollen nun in der 1994 verabschiedenden Globalen Strategie durch eine ausgewogene Liste - Balanced List - Nominierungen von Naturerbestätten sowie von Kulturerbestätten aus Zeitepochen und Regio‐ nen Vorrang bekommen, die bisher nicht ausreichend auf der UNESCO Liste repräsentiert sind (vgl. a. a. O.). „Die Globale Strategie für eine repräsentative, ausgewogene und glaubwürdige Liste des Erbes der Welt soll dazu dienen, die größten bestehenden Lücken in der Liste des Erbes der Welt zu erfassen und auszufüllen“ (https: / / www.unesco.de/ sites/ defau lt/ files/ 2018-01/ UNESCO_WHC_Richtlinien_2015_Amtliche_Uebersetzung _AA_Juni_2017.pdf, S. 19). Ursprünglich galt die Globale Strategie nur für Kulturerbestätten, inzwischen wurde sie auch um Naturerbe- und gemischte Erbestätten wie Kulturlandschaften erweitert. 18 1 Warum schützt die UNESCO Kulturerbe? Wissen | Deutsche Stiftung Welterbe „Auch einige deutsche Stätten bemühen sich aktiv darum, zur Ausge‐ wogenheit und Glaubwürdigkeit der Welterbeliste der UNESCO beizu‐ tragen. So haben beispielsweise die Hansestädte Stralsund und Wismar, Welterbe seit 2002, die Deutsche Stiftung Welterbe gegründet. Die Stif‐ tung unterstützt unter anderem Nominierungen aus bisher unterreprä‐ sentierten Weltregionen sowie bereits eingeschriebene Welterbestätten mit geringeren finanziellen Mitteln.“ (https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ welterbe/ welterbe-weltweit / globale-strategie-repraesentative-ausgewogene-liste) 1.3 Geschützte Welterbestätten in Zahlen Die Zahl der anerkannten Welterbestätten verändert sich jedes Jahr, wenn im Sommer irgendwo auf dem Globus das Welterbekomitee tagt und über die Bewerbungen sowie das Verschieben von anerkannten Welterbestätten auf die Rote Liste oder gar den Verlust des Welterbestatus entscheidet. Folgende Ausführungen beziehen sich auf den Stand Frühjahr 2022: Die Statistik listet als Weltkultursowie Weltnaturerbe global 1.154 Stätten in 167 Ländern auf. Dabei handelt es sich um 897 Kulturstätten, 218 Naturstätten sowie 39 gemischte Stätten (https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ welter be/ welterbe-weltweit/ welterbeliste). 41 Welterbestätten sind grenzüberschrei‐ tend, d. h., sie befinden sich auf mindestens zwei Staatsgebieten - es können jedoch weit mehr Staaten involviert sein, wie beispielsweise bei den Great Spas of Europe (Deutschland, Belgien, Frankreich, Italien, Österreich, Tschechien und Großbritannien). Als ein Beispiel für ein ausgedehntes grenzüberschrei‐ tendes Weltnaturerbe seien die Alten Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas genannt, die nach einigen Erweite‐ rungen aktuell neben Gebieten in den deutschen Bundesländern Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen Regionen in Albanien, Belgien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Frankreich, Italien, Kroatien, Nordmazedonien, Österreich, Polen, Rumänien, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien und in der Ukraine umfassen. In Gefahr und damit auf der Roten Liste des gefährdeten Welterbes befinden sich derzeit 52 Kultur- und Naturstätten (siehe Anhang). 19 1.3 Geschützte Welterbestätten in Zahlen Deutschland verfügt aktuell über 48 Weltkulturerbestätten und 3 Weltnatur‐ erbestätten. Diese relativ lange Liste des Weltkulturerbes in Deutschland (http s: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ welterbe/ welterbe-deutschland? L=0) be‐ gann 1978 mit dem Aachener Dom. Weitere bedeutende Sakralbauten und herausragende Schlösser waren in den 1980er-Jahren die nächsten, die auf deutschem Boden folgen sollten. Hinzu kamen dann - zu einem beachtlichen Teil im Boden - Bauwerke der römischen Antike. 1987 erhielt mit Lübeck die erste Altstadt den Welterbestatus in Deutschland, 1993 folgte Bamberg. Als erstes Industriedenkmal wurde 1992 das Bergwerk Rammelsberg zusammen mit der Altstadt von Goslar auf die Welterbeliste gesetzt, 1994 gefolgt von der Völklinger Hütte im Saarland. 1995 wurde die Grube Messel bei Darmstadt als Fossillagerstätte von Weltrang - u. a. wegen des Skeletts eines Urpferdchens - als erste Naturer‐ bestätte in Deutschland auf die UNESCO Liste gesetzt. Die ersten Schlossgärten und Parks hatte das Welterbekomitee zwar schon Anfang der 1990er-Jahre im Zusammenhang mit den Potsdamer Schlössern anerkannt, aber als eigenständige Parks ohne „welterbeverdäch‐ tige“ Schlösser kamen erst Anfang der 2000er-Jahre das Gartenreich Des‐ sau-Wörlitz und der Muskauer Park hinzu. 2002 wurde das Obere Mittelrheintal zwischen Koblenz und Bingen bzw. Rüdesheim als erste Kulturlandschaft in Deutschland in die Liste aufgenommen. Eine weitere Kategorie des Weltkulturerbes umfasst Meisterwerke der modernen Architektur von internationaler Bedeutung. Als erste wurden das Bauhaus in Weimar und Dessau (1996, 2017 erweitert um Bernau) und 2008 sechs Siedlungen der Berliner Moderne - erbaut zwischen 1913 und 1934 - ausgezeichnet. Wissen | Neuaufnahmen in das UNESCO Weltkulturerbe in Deutschland im Sommer 2021 ■ Baden-Baden, Bad Ems und Bad Kissingen als Kurorte der elf „Great Spas of Europe“ ■ Mathildenhöhe ( Jugendstil in Darmstadt) ■ SchUM-Stätten in Speyer, Worms und Mainz (jüdisches Erbe) ■ Niedergermanischer Limes von Rheinland-Pfalz bis zur Nordsee ■ Donaulimes (westlicher Abschnitt in Bayern, Fortsetzung Österreich) 20 1 Warum schützt die UNESCO Kulturerbe? 1.4 Die Deutsche UNESCO Kommission (DUK) Die Arbeit der UNESCO wird von einem weltweiten Netzwerk von Nationalkommissionen mitgetragen. „Ihre Aufgabe ist es, die Ziele und Programme der UNESCO auf nationaler Ebene umzusetzen und Institu‐ tionen und Organisationen des jeweiligen Landes zur Mitarbeit in der UNESCO anzuregen. Eine Nationalkommission wirkt in jedem Mitglied‐ staat als zentrale Schnittstelle zwischen Regierung, Zivilgesellschaft und der UNESCO“ (https: / / www.unesco.de/ presse/ pressematerial/ unescode utsche-unesco-kommission). Am 12. Mai 1950 wurde die Deutsche UNESCO Kommission (DUK) gegründet, u. a. um den Beitritt Deutschlands zur UNESCO „auf der Ziel‐ geraden“ vorzubereiten. „Die DUK ist Deutschlands Mittlerorganisation für multilaterale Zusammenarbeit in Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation und wird vom Auswärtigen Amt gefördert“ (a. a. O.). Hintergrund | Aufgaben der Deutschen UNESCO Kommission (a. a. O.) ■ „Sie berät die Bundesregierung, den Bundestag und die übrigen zuständigen Stellen in allen Fragen, die sich aus der Mitgliedschaft der Bundesrepublik Deutschland in der UNESCO ergeben. ■ Sie veranstaltet Fachtagungen und wirkt an zwischenstaatlichen Konferenzen der UNESCO mit. ■ Sie fördert das Interesse für internationale Zusammenarbeit in Deutschland durch Informations- und Öffentlichkeitsarbeit. ■ Über ihr Fachnetzwerk bringt sie die deutsche Expertise in die Programme der UNESCO ein. ■ Die DUK trägt zu einer weltoffenen und nachhaltigen Wissensge‐ sellschaft in Deutschland bei und fördert die kulturelle Verständi‐ gung durch internationalen Austausch.“ Somit ist die DUK maßgeblich beteiligt, wenn es um die Auswahl mögli‐ cher Bewerber für den begehrten Welterbetitel geht. Das Erstellen der Tentativliste ist eine wichtige Vorarbeit. An dieser Stelle sei dann auch einmal die fundamentale Frage gestellt: Warum Welterbe werden bzw. den Welterbestatus anstreben? Welche Konsequenzen, welche Vorteile hat 21 1.4 Die Deutsche UNESCO Kommission (DUK) der Prozess einer erfolgreichen Bewerbung? Dass der Nutzen die Kosten überwiegt und den Aufwand lohnt, lässt sich aus der Tatsache ableiten, dass Deutschland aktuell (Frühjahr 2022) über insgesamt 51 Welterbestätten verfügt. Konsequenzen: Es besteht eine Verpflichtung zum Erhalt der Wel‐ terbestätte und die damit verbundenen Kosten zu tragen. „Mit der Anerkennung einer Natur- oder Kulturstätte als Welterbe sind keine finanziellen Zuwendungen durch die UNESCO verbunden.“ (https: / / www .unesco.de/ kultur-und-natur/ welterbe/ welterbe-werden) In Deutschland tragen durch die Kulturhoheit der Bundesländer diese auch die Kosten für den Schutz und die Erhaltung der Welterbestätten. „Zu den weiteren Aufgaben der Vertragsstaaten gehört die Vermittlung des Wertes der Welterbestätten sowie des Gedankens der Welterbekonvention an die Öffentlichkeit. Insbesondere soll über die Gefahren für Welterbestätten aufgeklärt werden.“ (a. a. O.) Vorteile: Mit dem Besitz von Welterbestätten ist Prestige verbunden, das sich schließlich auch finanziell positiv auswirken kann. Zum einen profitiert das touristische Angebot von diesen besonderen Attraktionen bzw. Alleinstellungsmerkmalen, zum anderen können sich daraus Im‐ pulse für wirtschaftliche sowie strukturelle Entwicklung ergeben. „Dabei ist jedoch der nachhaltige Charakter aller Aktivitäten und Entwicklun‐ gen von besonderer Bedeutung, da der Schutz der Welterbestätten weiterhin im Mittelpunkt stehen soll. Als Teile eines internationalen Netzwerks können alle Welterbestätten zu Akteuren in grenzüberschrei‐ tenden Kooperationen und Wissenstransfers werden. Wenn entspre‐ chend vermittelt, bieten Welterbestätten aufgrund ihrer Sichtbarkeit und ihres Wertes für die Weltgemeinschaft ein besonderes Potenzial zur Völkerverständigung.“ (https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ w elterbe/ welterbe-werden) An dieser Stelle seien ein paar Worte zu dem finanziellen Aspekt, zu den Möglichkeiten einer wirtschaftlichen Entwicklung im Umfeld einer Welterbestätte verloren. Der große wirtschaftliche Erfolg für das Welterbe und den damit verbundenen Tourismus sowie den Standort ist keinesfalls garantiert! Die Kosten, die sein Unterhalt und der Aufbau einer angemessenen touristischen Infrastruktur verursachen, können - durchaus langfristig bis permanent - über den Einnahmen liegen. Die UNESCO gibt keine finanzielle Unterstützung; die Regierungen der Mitgliedsstaaten verpflichten sich, für den Schutz und Erhalt der Welt‐ 22 1 Warum schützt die UNESCO Kulturerbe? erbestätten zu sorgen. In Deutschland können durch den prestigeträch‐ tigen Titel „Welterbestätte“ Gelder nicht nur von den Bundesländern, die die Kulturhoheit besitzen und somit für den Schutz und Erhalt der Erbestätten zuständig sind, sondern auch von Ministerien, Institutionen und Sponsoren akquiriert werden. 23 1.4 Die Deutsche UNESCO Kommission (DUK) 2 Die verschiedenen Kategorien von kulturellem Erbe der Menschheit 2.1 UNESCO Weltkulturerbe Der Welterbestatus von sakralen wie profanen Bauten, von Städten und Landschaften, aber auch von Industrieanlagen, vielleicht auch noch der von historischen Eisenbahnen ist sicherlich weit verbreitet und ihre Attraktivität für den Tourismus nicht minder. Mehr über diese Kategorien des Weltkul‐ turerbes bietet Kap. 3. In diesem Kapitel seien dem Immateriellen Kulturerbe und dem Weltdo‐ kumentenerbe etwas Aufmerksamkeit geschenkt - nicht nur der Vollstän‐ digkeit der UNESCO Anerkennungen wegen, sondern auch wegen ihrer durchaus möglichen Relevanz für den Tourismus. 2.2 UNESCO Immaterielles Kulturerbe Seit 2003 gehört das Immaterielle Kulturerbe der Menschheit zu den Tä‐ tigkeitsbereichen der UNESCO. In jenem Jahr wurde das grundlegende Übereinkommen abgeschlossen, 2006 trat es in Kraft. Damit rückten eine Vielzahl von Aktivitäten der Menschen in den Fokus, die Ausdruck von Kreativität, lebendigen Traditionen und gesellschaftlichen Identitäten sind. Das Interesse besteht nun darin, diese weiter zu erhalten - was jedoch kein „Einfrieren“ in einem historischen Stand zum Zeitpunkt x bedeutet, sondern der Pflege des Kulturerbes auch eine gewisse Weiterentwicklungsmöglich‐ keit bis in die Gegenwart zugesteht. 2013 unterzeichnete Deutschland ebenfalls das Übereinkommen zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes. Zu den Bereichen des Immateriellen Kulturerbes gehören: ■ „mündlich überlieferte Traditionen und Ausdrucksformen, ■ darstellende Künste, ■ gesellschaftliche Bräuche, Rituale und Feste, auch Formen gesellschaft‐ licher Selbstorganisation, ■ Wissen und Bräuche in Bezug auf die Natur und das Universum, ■ und traditionelle Handwerkstechniken“ (https: / / www.unesco.de/ sites/ default/ files/ 2021-07/ Bundesweites-Verzeich nis_IKE_4Aufl_2021_0.pdf, S. 10). Hintergrund | Immaterielles Kulturerbe allgemein und in Deutschland Link-Tipp [5] | http: / / s.narr.digital/ 9d7ih Die Vielfalt des Immateriellen Kulturlebens und dessen unterschiedlicher Zuschnitt werden auf internationaler Ebene in drei Listen zusammengefasst: ■ die Repräsentative Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit, welche die globale Vielfalt widerspiegelt, ■ die Liste des dringend erhaltungsbedürftigen Immateriellen Kulturer‐ bes, ■ das UNESCO Register Guter Praxisbeispiele. (https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ immaterielles-kulturerbe/ immat erielles-kulturerbe-weltweit) Am Beispiel von Deutschland sei kurz eine bedeutende vierte Liste des Immateriellen Kulturerbes vorgestellt, die Nationale Liste, die die Mitglieds‐ staaten jeweils erstellen. Dieses bundesweite Verzeichnis erfasst die aktuell in Deutschland praktizierten überlieferten kulturellen Ausdrucksformen. Im Frühjahr 2022 sind dies 113 Kulturformen und 13 sogenannte Gute Praxisbeispiele (https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ immaterielles-ku lturerbe/ immaterielles-kulturerbe-deutschland/ gute-praxis). Den Weg von der Nationalen Liste Deutschlands auf die internationale Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit haben folgende auch in Deutschland praktizierte Kulturformen bereits geschafft: Wissen | Die ersten Beispiele für Immaterielles Kulturerbe der Menschheit in Deutschland ■ Bauhüttenwesen (mit 4 weiteren Staaten) ■ Genossenschaftsidee und -praxis 26 2 Die verschiedenen Kategorien von kulturellem Erbe der Menschheit ■ Orgelbau und -musik ■ Falknerei (mit 17 weiteren Staaten) ■ Blaudruck (mit 4 weiteren Staaten) Gerade die Kategorie des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit berührt Aspekte wie die Rechte von Gemeinschaften, Gruppen und eventuell auch Einzelpersonen, ihr immaterielles Kulturerbe zu besitzen, zu erhalten, zu pflegen und weiterzuentwickeln. Im Zusammenhang mit Ungleichheiten bis hin zur Diskriminierung bestimmter Gruppen, beispielsweise Ethnien, können ethische Aspekte missachtet werden. „Die Ethischen Grundsätze bei der Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes (IKE) wurden im Sinne des 2003er Übereinkommens sowie internationaler normativer Instrumente zum Schutz der Menschenrechte und der Rechte indigener Völker erarbei‐ tet“ (https: / / www.unesco.de/ sites/ default/ files/ 2018-04/ Ethik_und_Immate rielles_Kulturerbe_OEUK_DUK.pdf). Immaterielles Kulturerbe kann durchaus für den Tourismus relevant sein: zum einen als Attraktionen während eines Aufenthalts durch den Besuch von Vorführungen, Konzerten oder die Teilnahme an Besichtigungen, zum anderen als traditionell gefertigte Souvenirs mit einem authentischen Cha‐ rakter. Grundsätzlich besteht auch eine Gefahr der Musealisierung oder Folklorisierung des Kulturerbes durch den Tourismus - was aber keinesfalls nur solches vom Rang eines Immateriellen Erbes der Menschheit betrifft. 2.3 UNESCO Weltdokumentenerbe Die vielleicht am wenigsten bekannte Kategorie des Kulturerbes der Menschheit ist das UNESCO Weltdokumentenerbe. Dieses sei im Folgenden nicht nur der Vollständigkeit halber skizziert, sondern auch wegen seiner möglichen Bedeutung und indirekten Nutzung durch den Tourismus. Im Weltdokumentenerbe - auch „Memory of the World“ genannt - sind im Frühjahr 2022 insgesamt 427 Einträge verzeichnet, davon 24 aus Deutschland (https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ weltdokumentener be/ weltdokumentenerbe-deutschland). 27 2.3 UNESCO Weltdokumentenerbe Wissen | Die ersten Beispiele für UNESCO Weltdokumentenerbe in Deutschland ■ Tondokumente aus den Jahren 1893-1952 des Berliner Phonogramm‐ archivs (aufgenommen 1999) ■ Gutenberg-Bibel (2001) ■ Goethes literarischer Nachlass (2001) ■ Autograph von Beethovens 9. Sinfonie (2001) ■ Fritz Langs Stummfilmklassiker „Metropolis“ (2001) (https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ weltdokumentenerbe/ weltd okumentenerbe-deutschland) Selbst Weltdokumentenerbe kann eine Bedeutung für den Tourismus erlan‐ gen. Die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm (Weltdokumenten‐ erbe seit 2005, https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ weltdokumenten erbe/ weltdokumentenerbe-deutschland/ maerchen-brueder-grimm) stellen den roten Faden der Themenroute Deutsche Märchenstraße (1975 ins Leben gerufen, https: / / www.deutsche-maerchenstrasse.com/ ) dar. Ebenso „vorausschauend“ - bevor das Heldenepos der Nibelungen 2009 in das Weltdokumentenerbe aufgenommen wurde (https: / / www. unesco.de/ kultur-und-natur/ weltdokumentenerbe/ weltdokumentenerbe-d eutschland/ nibelungenlied) - gründete man bereits 1989 als Verbindung der legendären Aufenthaltsorte der Nibelungen die beiden Ferienstraßen Nibe‐ lungenstraße von Worms durch den Odenwald nach Freudenberg am Main und südlich davon die Siegfriedstraße von Worms nach Tauberbischofsheim an der Tauber (https: / / www.nibelungenland.net/ Region/ Nibelungen-Siegf ried-Strasse). Den Inhalt des Heldenepos in moderner Sprache bietet die Website der Themenstraßen ebenso. 28 2 Die verschiedenen Kategorien von kulturellem Erbe der Menschheit 3 Vom einzelnen Gebäude bis zur Kulturlandschaft - alles mögliches Welterbe Angesichts der Vielzahl von Welterbestätten, die auch wiederum alle jeweils ein einzigartiges Erbe der Menschheit darstellen, soll im Folgenden an einzelnen Beispielen einmal aufgezeigt werden, welche Aspekte das Heraus‐ ragende, den „Weltruhm“ ausmachen. Da muss sich das Welterbekomitee bei seiner Entscheidung festlegen, dies ist kein Geheimnis und in der jeweiligen Beschreibung der Welterbestätte unter den Punkten Kriterien, Integrität und Authentizität festgehalten. Wissen | Kriterienliste für die Welterbestätten in Deutschland Link-Tipp [6] | http: / / s.narr.digital/ afegl 3.1 Einzelbauten und Ensembles Welche Aspekte bzw. Besonderheiten verhelfen dem Aachener Dom (https : / / whc.unesco.org/ en/ list/ 3) zu seinem Weltrang und zur Ehre, die erste von der UNESCO anerkannte Welterbestätte Deutschlands zu sein? Folgende Kriterien erfüllt der Aachener Dom, dessen Geschichte als Pfalzkapelle Karls des Großen im ausgehenden 8. Jahrhundert beginnt (vgl. a. a. O.): ■ Die 793-813 erbaute Pfalzkapelle mit ihrem achteckigen Grundriss (Okto‐ gon) ist der erste Gewölbebau nördlich der Alpen seit der Antike und war schon zu seiner Zeit ein buchstäblich herausragendes Gebäude. Als Baumaterial wurden u. a. Säulen aus griechischem und italienischem Marmor verwendet (Man bedenke die Logistik, dies über die Alpen zu bringen! ). ■ Der Aachener Dom wurde zu einem Prototyp repräsentativer Architek‐ tur und vereint antikes, byzantinisches sowie karolingisches Bauen. ■ Die architektonische Herausforderung, einen Zentralbau zu errichten, war immens. ■ Die Pfalzkapelle und Grablege Karls des Großen wird auch als ein Symbol für die politische und geistige Vereinigung Westeuropas um 800 verstan‐ den. Im Mittelalter bis 1531 wurden alle deutschen Kaiser hier gekrönt. Hintergrund | Karlsstadt und Karlspreis Aus dem Wirken und Vorbild Karls des Großen entstand die Tradition des Internationalen Karlspreis zu Aachen. Seit 1950 wird damit jedes Jahr eine öffentliche Person, Gruppe oder Institution für ihr Engagement für die Einigung Europas ausgezeichnet. Link-Tipp [7] | http: / / s.narr.digital/ vfm6c Zur Integrität des achteckigen Kernbaus des Aachener Doms hält das Wel‐ terbekomitee fest: „Der Aachener Dom enthält alle Elemente, die notwendig sind, um den herausragenden universellen Wert auszudrücken, und ist von angemessener Größe. Alle Merkmale und Strukturen, die seine Bedeu‐ tung als Pfalzkapelle Kaiser Karls des Großen vermitteln, sind vorhanden“ (a. a. O.). Die erforderliche Authentizität ist ebenso gegeben: „Form und Gestaltung, Material und Substanz, Nutzung und Funktion als Kirche und wichtigster Wallfahrtsort nördlich der Alpen sind unverändert geblieben“ (a. a. O.). Bleibt am Ende der Betrachtungen rund um die Pfalzkapelle samt da‐ zugehörender Kaiserpfalz - dem heutigen Aachener Rathaus - noch die Frage, weshalb Karl der Große gerade diesen Standort als sein Zentrum von Westeuropa auswählte. Es waren die heißen Quellen quasi im „Vorgarten“ seiner Pfalz! 3.2 Altstädte Die zahlreichen Kirchen in markanter Lage auf Hügeln und der Sitz ein‐ flussreicher Bischöfe haben der Stadt Bamberg im Laufe der Zeit den Beinamen „zweites Rom“ gegeben. Der Grundriss der fränkischen Stadt und die vielfach erhaltenen Gebäude des mittelalterlichen wie des barocken Stadtausbaus haben seit dem 11. Jahrhundert den Städtebau Mitteleuropas beeinflusst und diesem als Vorbild gedient (https: / / whc.unesco.org/ en/ list/ 624). Bei der Beurteilung der Integrität wird herausgestellt, dass der mittel‐ alterliche Grundriss von Bamberg noch gut erhalten ist. Die Tatsache, dass 30 3 Vom einzelnen Gebäude bis zur Kulturlandschaft - alles mögliches Welterbe in den drei mittelalterlichen Kernbereichen noch viele historische Gebäude - sakrale wie profane - existieren, zeugt von einer hohen Authentizität der Bausubstanz. Blicken wir auf ein Beispiel einer Stadt im Baltikum mit Weltkulturerbe‐ status seit 1997, auf die Hauptstadt Estlands. Tallinn (https: / / whc.unesco.or g/ en/ list/ 822) spiegelt als Hafenstadt noch heute die Blütezeit der Hanse im Ostseeraum vom 13.-16. Jahrhundert wider. Abb. 3: Tallinn - die vielen Kaufmannshäuser mit Speichern in den Obergeschossen erinnern an die Hanse. Im Jahr 2008 wurde mit einer Erweiterung der Pufferzone von 370 ha auf 2.253 ha die Integrität des historischen Ensembles in einem größeren Umfang gesichert. Nicht mehr nur die mittelalterliche Unterstadt und die Oberstadt sowie die Befestigungsanlagen des 17. Jahrhunderts mit ihrer historischen Bebauung aus dem 19. Jahrhundert sowie den Grünanlagen waren einbezogen, sondern auch stadtnahe Bereiche des Meeres. Damit kamen neun Aussichtssektoren und fünf Aussichtskorridore hinzu, um die historischen Blickachsen und die jahrhundertealte Stadtshilouette zu schützen. Der Blick vom Meer und vom Hafen - heute auch ein beliebter Stopp für Kreuzfahrtschiffe - bietet somit immer noch das historische Panorama (siehe Abb. 4). 31 3.2 Altstädte Abb. 4: Tallinn - die Sichtachse von der Altstadt zum Hafen ist frei von modernen Bauten. Für die Bewahrung der Authentizität bot Tallinn beste Voraussetzungen, denn die Oberwie die Unterstadt präsentierten sich noch weitgehend mit einer Bausubstanz, die über die Jahrhunderte hinweg genutzt wurde. Besonders bemerkenswert ist dabei, dass in den Nachfolgebauten der Burg am Rande der Oberstadt, in der seit dem Mittelalter die Landesherren saßen, sich heute der Sitz der Staatsregierung befindet und zahlreiche - natürlich sanierte und in einen zeitgemäßen Zustand gebrachte - Häuser des ehemaligen Gefolges der Burgherren heute von Botschaften genutzt werden. Zu Füßen des historischen wie aktuellen Regierungs- und Verwaltungssitzes in der Oberstadt ist die Unterstadt von historischen Kaufmannshäusern und Lagerhäusern aus dem Mittelalter geprägt. Die einstige Hansestadt existiert hier in ihrer historischen Struktur, den Straßen, Plätzen, Hausparzellen und vielen Gebäuden. „Neben der architektonischen Kontinuität hat die Altstadt ihre traditionelle Nutzung als lebendige Stadt beibehalten, in der häusliche, kommerzielle und religiöse Funktionen stattfinden und die Oberstadt als Verwaltungszentrum des Landes erhalten bleibt“ (a. a. O.). Auch die mittel‐ alterliche Stadtmauer umzieht teilweise bis auf 15 m Höhe noch weitgehend das Ensemble aus Ober- und Unterstadt. 32 3 Vom einzelnen Gebäude bis zur Kulturlandschaft - alles mögliches Welterbe 3.3 Kulturlandschaften Unter Kulturlandschaft versteht die Geographie vom Menschen veränderte, umgestaltete Naturlandschaften. Bei der Kategorie Kulturlandschaft, die 1992 in das UNESCO Weltkulturerbe aufgenommen wurde, werden Regio‐ nen hervorgehoben, in denen sich in einzigartiger Weise Elemente der Naturlandschaft mit denen des menschlichen Gestaltens verbinden und darin sich auch eine jahrhundertealte Entwicklung mit charakteristischer Nutzung widerspiegelt. Ein Beispiel hierfür ist das Obere Mittelrheintal von Koblenz bis Bingen auf dem linken und Rüdesheim auf dem rechten Ufer (https: / / whc.unesco .org/ en/ list/ 1066). Diese 65 km Rheintal stellen, wie es die Kriterien des Welterbekomitees zusammenfassen, einen der wichtigsten europäischen Verkehrswege dar, der seit 2000 Jahren den Kulturaustausch zwischen dem Mittelmeerraum und dem Norden ermöglicht hat und über den auch Waren und Ideen in beide Richtungen transportiert wurden. Der geographische Raum des Mittelrheintals als enger Einschnitt in das Rheinische Schiefer‐ gebirge bietet von seiner Geologie und den sich daraus ergebenden Land‐ schaftsformen eine besondere Naturlandschaft, die durch das Wirtschaften des Menschen ein unverkennbares Bild erhalten hat - von den Dörfern und Städtchen in der meist engen Talaue über die Weinterrassen auf steilen Hängen bis hin zu den die Höhen krönenden Burgen. Im Hinblick auf die Integrität dieses Abschnitts des Rheinverlaufs wird auch seine Bedeutung für das europäische Kulturleben herausgehoben. „Das weitläufige Anwesen enthält innerhalb seiner Grenzen alle wichtigen Attribute - die geologische Landschaft, die sechzig Städte und Siedlungen, die vierzig Burgen und Festungen, die Weinbergterrassen, die diesen wohl‐ habenden und malerischen Abschnitt des Rheintals definieren und alle wichtigen Ansichten umfassen, die Schriftsteller und Künstler beeinflusst haben“ (a. a. O.). Hintergrund | Rheinromantik Ab dem frühen 19. Jahrhundert verbreiteten vor allem englische Künst‐ ler wie Lord Byron oder William Turner in ihren Genres Bilder vom wildromantischen Rheintal, die den Zeitgeist trafen. Die Rheinreise wurde zu einer gesellschaftlichen Pflicht, die technische Entwicklung der Dampfschiffe im Vereinigten Königreich schuf das neue Verkehrs‐ 33 3.3 Kulturlandschaften mittel, das Reiseströme - einen frühen Massentourismus - im Mittel‐ rheintal ermöglichte. Deutsche Künstler und Reiselustige zogen nach. Die von der UNESCO anerkannten Kulturlandschaften müssen nicht unbe‐ dingt eine solche geographische Größe haben wie das Mittelrheintal oder - als andere stark von Weinbau und Geschichte geprägte Donaulandschaft - die Kulturlandschaft der Wachau (http: / / whc.unesco.org/ en/ list/ 970). „Die Wachau ist eine Kulturlandschaft mit einem harmonischen Wechselverhält‐ nis zwischen Wasser, naturnahen und naturnahen Gebieten, Weinterrassen, Wäldern und menschlichen Siedlungen, verbunden durch die frei fließende Donau“ (a. a. O.). Als ein Beispiel, das eher für den Übergang von einer Kulturlandschaft zu einer Garten- und Parklandschaft (siehe Kap. 3.4) stehen könnte, soll ein kurzer Blick in den Südosten Polens geworfen werden. Der Architektur-, Landschafts- und Wallfahrtspark Kalwaria Zebrzydowska „ist ein heraus‐ ragendes Beispiel für diese Art von großflächiger Landschaftsgestaltung, die natürliche Schönheit mit spirituellen Zielen und den Prinzipien der barocken Parkgestaltung verbindet“ (http: / / whc.unesco.org/ en/ list/ 905). Die Bedeutung der Prozessionen ist in der Gestaltung der Landschaft und der Anlage von mehreren parallel verlaufenden Wegen, Alleen oder entsprechend planierten Flächen unübersehbar. Als Stationen des Kalva‐ rienbergs wurden Kapellen und andere Bauten, wie beispielsweise eine aufwändig gestaltete Brücke, in die hügelige Landschaft gesetzt - ähnlich den Staffagebauten der Park- und Landschaftsarchitektur. „Das Anwesen dient bis heute seinem ursprünglichen Zweck als Pilgerheiligtum und stellt eine ununterbrochene Kontinuität der Tradition aus vier Jahrhunderten dar. Wallfahrten und Mysterien des Kalvarienbergs, die in der Tradition des frühen 17. Jahrhunderts verwurzelt sind, bilden ein lebendiges und au‐ thentisches zeitgenössisches Mittel, um diese historische Kulturlandschaft zu nutzen“ (a. a. O.). 34 3 Vom einzelnen Gebäude bis zur Kulturlandschaft - alles mögliches Welterbe Abb. 5: Die offene Parklandschaft der Kalwaria Zebrzydowska wurde für die Anforderungen großer Prozessionen angelegt. 3.4 Garten- und Parkanlagen Als eine Unterkategorie der Kulturlandschaften lassen sich herausragende Garten- und Parkanlagen einordnen. Bislang gehören drei zum Weltkultur‐ erbe auf deutschem und polnischem Boden: das Gartenreich Dessau-Wörlitz (seit 2000), der Muskauer Park bzw. Park Mużakowski (2004) und schließlich seit 2013 der Bergpark Wilhelmshöhe in Kassel. Welches sind die herausragenden Kriterien und Alleinstellungsmerkmale für diese drei Parkanlagen, die ihnen den Eintrag in die UNESCO Liste gebracht haben? Beim Gartenreich Dessau-Wörlitz, dem ersten englischen Landschaftspark auf dem europäischen Festland, wird besonders hervorge‐ hoben, dass es in einzigartiger Weise den Geist der Aufklärung in der Landschaftsgestaltung widerspiegelt. „Das Gartenreich Dessau-Wörlitz in Sachsen-Anhalt in der Mittelelberegion ist ein außergewöhnliches Beispiel für Landschaftsgestaltung und -planung aus der Zeit der Aufklärung im 18. Jahrhundert. Seine vielfältigen Bestandteile - die herausragenden 35 3.4 Garten- und Parkanlagen Gebäude, die landschaftlich gestalteten Parks und Gärten im englischen Stil und die subtil veränderten landwirtschaftlichen Flächen - dienten ästhetischen, pädagogischen und wirtschaftlichen Zwecken in vorbildlicher Weise“ (http: / / whc.unesco.org/ en/ list/ 534). Nicht nur für die Landschafts‐ planung und Gartenarchitektur, ebenso für die Architekturgeschichte und das Bauen in Deutschland wie Mitteleuropa sind bedeutende Vorbilder bzw. Pionierbauten im Gartenreich Dessau-Wörlitz zu finden. Es gilt als ein „herausragendes Beispiel für die Anwendung der philosophischen Prin‐ zipien des Zeitalters der Aufklärung auf die Gestaltung einer Landschaft, die Kunst, Bildung und Wirtschaft in einem harmonischen Ganzen vereint“ (a. a. O.), wird in einem Kriterium zusammengefasst. Nicht zu übersehen ist in diesem Gesamtkunstwerk auch die „Integration neuer technologischer Errungenschaften, wie der Bau von Brücken, Ausdruck eines anhaltenden Strebens nach Modernität“ (a. a. O.). Bei der zweiten Parkanlage - wieder ein englischer Landschaftspark, der in Deutschland in den Rang eines Weltkulturerbes erhoben wurde - wird dessen wegweisende Rolle in der Entwicklung von Grünflächenge‐ staltungen in Städten betont. Der „Muskauer Park/ Park Mużakowski war der Vorläufer für neue Ansätze der Landschaftsgestaltung in Städten und beeinflusste die Entwicklung der Landschaftsarchitektur als Disziplin“ (htt p: / / whc.unesco.org/ en/ list/ 1127). Mit einzigartigen Attraktionen, die auch schon in seiner Entstehungszeit im späten 17. Jahrhundert vermutlich das Publikum anlockten sowie begeis‐ terten und dies auch heute noch tun, kann der 2013 zum Weltkulturerbe ernannte Bergpark Wilhelmshöhe aufwarten (http: / / whc.unesco.org/ en/ list / 1413): Es sind die Wasserspiele, die durch ihre immer noch funktionierende historische Technik regelmäßig in Gang gesetzt werden. Das Gesamtkunst‐ werk besteht heute aus einer Kombination von Gartenarchitektur des Barocks, die die Macht des Menschen über die Natur zum Ausdruck bringt, mit dem Landschaftsverständnis der Romantik, der Verherrlichung von Natur und Ruinen. „Ab 1689 gestaltete der von der dramatischen Topographie des Standortes inspirierte Landgraf Carl von Hessen-Kassel den barocken Bergpark. In einem gewaltigen Schauspiel stürzen mehr als 750.000 Liter Wasser vom Oktagon, auf dem die gigantische Herkules-Statue steht, über künstliche Felsformationen, Steintreppen, Kaskaden und Aquädukte in rund 80 Meter Tiefe. Am Ende steigt das Wasser in einer 50 Meter hohen Fontäne über dem Schlossteich empor. Dieser Springbrunnen war zum Zeitpunkt seiner Erbauung im Jahre 36 3 Vom einzelnen Gebäude bis zur Kulturlandschaft - alles mögliches Welterbe 1767 der weltweit größte. Die innovative Technik der Wasserführung, die das natürliche Gefälle des Bergparks nutzt, war seinerzeit einzigartig. Ergänzt wurde das Wasserschauspiel durch den Enkel Carls, den Kurfürsten Wilhelm I., welcher im unteren Teil des Bergparks wilde Wasserfälle aus der Romantik, Stromschnellen und Katarakte anlegen ließ“ (https: / / www.unesco.de/ kultur-u nd-natur/ welterbe/ welterbe-deutschland/ bergpark-wilhelmshoehe mit kurzem Video der Wasserspiele im Bergpark Wilhelmshöhe). 3.5 Industrieanlagen und Eisenbahnen 1992 wurde mit dem Bergwerk Rammelsberg und der Stadt Goslar ein Ensemble als Welterbe ernannt, das als einziges Bergwerk auf dem Globus eine ununterbrochene über tausendjährige Nutzung und Berg‐ werksgeschichte aufweisen kann. Grundlage war das größte zusammen‐ hängende Kupfer-, Blei- und Zinkvorkommen der Welt. Im Jahr 2010 wurde diese Welterbestätte um die Oberharzer Wasserwirtschaft erwei‐ tert, „die einst die Wasserkraft für den Bergbau nutzbar machte und als eines der weltweit größten vorindustriellen Energieversorgungssysteme gilt“ (https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ welterbe/ welterbe-deutschl and/ bergwerk-rammelsberg-altstadt-von-goslar-und). Die Schätze unter Tage sorgten nicht nur für technische Bauwerke und Zeugnisse von Ingenieurskunst über Tage. Der Reichtum, der sich aus den Kupfer-, Blei- und Zinnminen im Rammelsberg holen ließ, spiegelt sich auch in der Bedeutung der einstigen Hansestadt Goslar und ihrem Stadtbild bis heute wider - von der Kaiserpfalz über repräsentative Gildehäuser und Bürgerhäuser bis hin zu 47 Kirchen und Kapellen, die der Stadt eine besondere Silhouette verleihen. Als eine andere historische Industrieanlage in Deutschland von Welt‐ rang wurde 1994 die Völklinger Hütte anerkannt. Durch ihre Lage im Saarland und damit in der Grenzregion zu Frankreich steht die Eisenhütte „auch exemplarisch für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und Wirtschaftsmigration der Industrieregion. Bis heute ist sie die weltweit einzige erhaltene Hütte aus der Glanzzeit der Eisen- und Stahlindustrie im 19. und 20. Jahrhundert und bildet ein außergewöhnliches Beispiel für eine Roheisenproduktionsstätte, wie sie in ebenjener Zeit vorherrschend war. Viele technische Neuerungen wurden hier entwickelt oder erstmals indus‐ 37 3.5 Industrieanlagen und Eisenbahnen triell verwendet und sind bis heute weltweit im Einsatz“ (https: / / www.unesc o.de/ kultur-und-natur/ welterbe/ welterbe-deutschland/ voelklinger-huette). Als eine weitere Kategorie von herausragenden Zeugnissen des frühen Industriezeitalters haben es auch Eisenbahnen in die Welterbeliste geschafft. Hierbei geht es vor allem um die technischen Leistungen bzw. die Heraus‐ forderungen, die durch ihre Infrastruktur insbesondere für ein Strecken‐ netz im Gebirge zu meistern waren. Als Beispiel soll die Semmeringbahn in Österreich vorgestellt werden, die 1998 zum Weltkulturerbe ernannt wurde. „Die Semmeringbahn, die zwischen 1848 und 1854 über 41 km Hochgebirge erbaut wurde, ist eine der größten Ingenieurleistungen aus dieser Pionierphase des Eisenbahnbaus. Der hohe Standard der Tunnel, Viadukte und anderer Arbeiten hat die kontinuierliche Nutzung der Strecke bis heute sichergestellt“ (http: / / whc.unesco.org/ en/ list/ 785). Neben diesem Kriterium des Streckenbaus mit seinen nachhaltigen Pionierleistungen stellt das Welterbekomitee in einem weiteren Kriterium heraus, das durch die Semmeringbahn Gebiete von „großer natürlicher Schönheit leichter zugänglich und in der Folge sowohl für Wohnals auch für Erholungszwecke erschlossen wurden und dadurch eine neue Form der Landschaft entstand“ (http: / / whc.unesco.org/ en/ list/ 785). Den Wandel zu einer Kulturlandschaft, die von Erholung und Tourismus mitbestimmt wird, hebt das UNESCO Komitee damit besonders heraus. Als eine bemerkenswerte Eisenbahn in der Schweiz gilt die Rhätische Bahn, die noch stärker als die Semmeringbahn auf ihrer Streckenführung den Herausforderungen der Hochgebirgsnatur begegnen muss. Unter der Bezeichnung „Rhätische Bahn“ werden zwei historische Bahnlinien zusam‐ mengefasst: zum einen die 1904 eröffnete, 67 km lange Albulalinie mit ihren Bauten (darunter 42 Tunnel und überdachte Galerien und 144 Viadukte und Brücken) und zum anderen die 61 km lange Berninapasslinie mit über 13 Tunneln und Galerien sowie 52 Viadukten und Brücken. Die Bauten zum Überwinden von Höhenunterschieden auf relativ kurzen Distanzen sind Meisterwerke der Ingenieurskunst; aber das Welterbekomitee hebt in seiner Begründung für den Welterbestatus auch hervor, dass die beiden Bahnlinien das Leben der Menschen in diesem Raum positiv beeinflusst haben und „beispielhaft für die Nutzung der Eisenbahn zur Überwindung der Isolation der Siedlungen in den Zentralalpen zu Beginn des 20. Jahrhunderts [stehen], mit großen und dauerhaften sozioökonomischen Auswirkungen auf das Leben in den Bergen. Es stellt ein herausragendes technisches, architekto‐ nisches und ökologisches Ensemble dar und verkörpert architektonische 38 3 Vom einzelnen Gebäude bis zur Kulturlandschaft - alles mögliches Welterbe und ingenieurtechnische Leistungen in Harmonie mit den Landschaften, durch die sie verlaufen“ (http: / / whc.unesco.org/ en/ list/ 1276). Abb. 6: Über das gebogene und bis zu 65 m hohe Landwasserviadukt (erbaut 1902) wird die Trasse der Rhätischen Bahn in eine Felswand mit dem Landwassertunnel geleitet. 39 3.5 Industrieanlagen und Eisenbahnen 4 Das Management von Weltkulturerbe Ohne einen ausführlichen Managementplan hat eine Bewerbung keine Chance. „Ein Managementplan für eine Welterbestätte ist ein integriertes Planungs- und Handlungskonzept zur Festlegung der Ziele und Maßnah‐ men, mit denen der Schutz, die Pflege, die Nutzung und Entwicklung von Welterbestätten verwirklicht werden sollen“ (Ringbeck, 2008, S. 6). „Ein offizielles Muster der UNESCO für einen Managementplan gibt es nicht. Seine Inhalte orientieren sich an der jeweiligen Welterbestätte und ihren Besonderheiten“ (a. a. O., S. 7). 4.1 Der Managementplan gibt verbindlich die Richtung vor Ringbeck (2008, S. 6) fasst die Bausteine eines Managementplans in aller Kürze folgendermaßen zusammen: „Neben der Darstellung des außerge‐ wöhnlich universellen Wertes und der Feststellung der Echtheit und/ oder Unversehrtheit, die dem Text vorangestellt werden sollten, und den ge‐ nannten zentralen Bausteinen sollte er Aussagen zum Erhaltungszustand, zum Gefährdungspotenzial und zur Überwachung, zu Wissenschaft und Forschung und zu finanziellen Ressourcen, zur Zahl und Qualifikation der Mitarbeiter bzw. der beteiligten Institutionen, zu Fort- und Weiterbildungs‐ möglichkeiten, zu Bewusstseinsbildung und Vermittlung, zu Besucherzah‐ len und Besucherlenkung sowie zu Tourismus- und Verkehrskonzepten enthalten.“ Welche Aspekte werden konkreter für das Management einer Welterbe‐ stätte genannt; was wird mit den sogenannten Bausteinen des Management‐ plans gefordert und festgelegt? Zunächst müssen die Welterbeeigenschaften (vgl. Ringbeck, 2008, S. 15 ff.) mit der „Feststellung der Bedeutung der Stätte und Begrün‐ dung des außergewöhnlich universellen Wertes“ und der „Feststellung der Echtheit und/ oder Unversehrtheit“ nachgewiesen werden. Lokaler Stolz und Patriotismus mögen zwar eine Bewerbung anstoßen, doch die Bewertung des Potenzials als Weltkulturerbestätte erfolgt sachlich nüchtern durch Personen vom Fach bzw. eine der Beraterorganisationen des Welterbekomitees, wie beispielsweise ICOMOS. Grundsätzlich muss „die Stätte über regionale und nationale, aber beispielsweise auch über rein politische, religiöse oder wirtschaftliche Bedeutung hinaus eine uni‐ versale Symbolkraft besitzen“. Sind diese wesentlichen Kriterien für eine mögliche Anerkennung erfüllt, rückt der Zustand der Stätte in den Fokus. Die Fragen nach Authentizität (Echtheit) und Integrität (Unversehrtheit) werden hier gestellt. „Authentizität manifestiert sich in Form und Ge‐ staltung, Material und Substanz, Gebrauch und Funktion, Tradition, Techniken und Verwaltungssystemen, Lage und Gesamtzusammenhang und anderen Formen“ (a. a. O., S. 18). Zur geforderten Integrität gehört - was in unseren Zeiten schnell ein Problem darstellen kann - die Wahrung der visuellen Integrität einer Welterbestätte. Gebäude oder Ensembles, die aus ihrer Funktion und Geschichte über Jahrhunderte hinweg wie eine Landmarke wirkten, wie z. B. eine Burg, Festung oder Stadt auf einem Berg, dürfen nicht durch Windräder in ihrem optischen Gesamteindruck beeinträchtigt werden. In Großstädten können neue Hochhausbauten die historische Fernwirkung stören; optische Beeinträchtigungen kann es aber auch durch niedrigere Neubauten in der Umgebung von Welterbe‐ stätten geben, die Blicke auf die historische Bausubstanz beeinträchtigen oder verstellen - konkreter wird darauf mit dem Aspekt „Baustein Schutzgebiet“ eingegangen. Der nächste große Baustein im Managementplan umfasst Schutzgut, Schutzziel und Schutzinstrumente (vgl. Ringbeck, 2008, S. 19 ff.). Unter Schutzgut werden die verschiedenen Kategorien von Kulturerbe, d. h. Denkmäler, Ensembles, Stätten und Kulturlandschaften, verstanden und definiert. Als oberste Maxime für das Management gilt: „Die Welterbe‐ konvention verlangt die Erhaltung der Welterbestätte in Bestand und Wertigkeit“ (a. a. O., S. 21). Der Schutz, vor allem der materielle Erhalt des Welterbes sowie die Wahrung seiner visuellen Integrität, sind vorrangige Aufgaben der Verantwortlichen in den jeweiligen Staaten; entsprechende nationale Voraussetzungen - Schutzinstrumente in Form von Gesetzen, Verträgen, Raumplanungen, Bauleitplanungen, Denkmalschutzgesetzen und vielem mehr - müssen dazu geschaffen werden. Darüber hinaus sind neben den Vorgaben der Welterbekonvention auch andere internationale Konventionen, wie z. B. die Haager Konvention von 1954 zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten und verschiedene spezialisierte Chartas für Kulturerbe relevant. „Internationale Chartas wie die Charta von Venedig über die Konservierung und Restaurierung von Denkmälern und Ensembles (1964), die Charta der historischen Gärten von Florenz 42 4 Das Management von Weltkulturerbe (1981), die Charta von Washington zur Denkmalpflege in historischen Städten (1987) und die Charta von Lausanne für den Schutz und die Pflege des archäologischen Erbes (1990) präzisieren als so genanntes ,Weiches Recht‘ die Aufgabenstellung des Denkmal-, Kulturgüter- und Welterbe‐ schutzes“ (a. a. O., S. 25). Mit dem Schutzgebiet (vgl. Ringbeck, 2008, S. 29 ff.) werden im Mana‐ gementplan die Grenzen der Welterbestätte festgelegt. Innerhalb dieser Grenzen spielt die Pufferzone eine wichtige Rolle. Unter einer Pufferzone ist in erster Linie das direkte Umfeld der Stätte zu verstehen, doch die weitere Umgebung muss ebenso in die Betrachtung einbezogen werden, da der Erhalt beispielsweise von Sichtachsen ebenso gewährleistet sein muss. „Bei der Kommunikation der Pufferzone sollte betont werden, dass Projektplanungen und Eingriffe außerhalb der Pufferzone nicht zwangsläu‐ fig unschädlich für die Integrität, Authentizität und den außergewöhnlich universellen Wert einer Stätte sind“ (a. a. O., S. 30). Eine Karte mit dem exakten Grenzverlauf der Pufferzone gehört somit in den Managementplan, auf diese Weise wird auch für Bebauungspläne in diesem Bereich ein wichtiger Aspekt bzw. Einschränkungen festgelegt. Ähnliches gilt auch für die Festlegung von Sichtachsen sowie den Silhouetten- und Panoramaschutz, dies hat Auswirkungen, bedeutet Ein‐ schränkungen außerhalb der Pufferzone. Diese zu schützenden Bereiche für die ästhetische Unversehrtheit (Integrität) müssen ebenso klar definiert und in Karten festgehalten werden. Diese Flächen mit ihren Auflagen müssen ebenfalls in Denkmalbereichssatzungen, Flächennutzungspläne und Bebauungspläne integriert werden. Hiermit wird nun deutlich, dass das Management einer Welterbestätte nicht nur diese und ihr direktes Umfeld betrifft, sondern der Rahmen weit größer gefasst werden muss und es weit mehr Beteiligte in diesem Management gibt. Hintergrund | Bamberg - Sichtachsen in der Praxis Im Anhang des Managementplans des Weltkulturerbes Altstadt von Bamberg sind die zahlreichen Sichtachsen mit Karten und Fotos an‐ schaulich dargestellt: Link-Tipp [8] | http: / / s.narr.digital/ yy52h 43 4.1 Der Managementplan gibt verbindlich die Richtung vor Ein Verwaltungssystem (vgl. Ringbeck, 2008, S. 32 ff.), das diesem auch Rechnung trägt, in allen betroffenen Instanzen und Dienststellen für die Berücksichtigung der Vorgaben sorgt und je nach Verantwortungsbereich auch kontrolliert, wird in den Managementplan einbezogen. Ein weiterer Schwerpunkt beschäftigt sich mit den Planungs- und Hand‐ lungsgrundlagen. In einem Masterplan und Maßnahmenkatalog sollen die jährlichen, kurzfristigen (2-5 Jahre umfassenden) und langfristige Arbeits‐ pläne mit einem Zeithorizont von 5-30 Jahren festgehalten werden. Aber auch für kaum vorhersehbare Ereignisse müssen im Manage‐ mentplan präventive Erhaltungsstrategien dargestellt werden, also bei‐ spielsweise mit welchen organisatorischen und technischen Maßnahmen die Welterbestätte im Gefahrenfall geschützt werden soll und wie eine Risikominimierung aussehen könnte (vgl. Ringbeck, 2008, S. 36). Zu den möglichen Gefahren, die schon das Nominierungsformular vorsieht, gehören Entwicklungsdruck (z. B. Bautätigkeiten, Investitionsdruck, Verkehr und Nutzungsänderungen), Umwelteinflüsse und Naturkatastro‐ phen (u. a. eine Bedrohung durch Extremwetterereignisse und Klima‐ wandel), Tourismusdruck oder auch Überbevölkerung, die dem Areal einer Welterbestätte Flächen streitig machen könnte. Die Relevanz der verschiedenen Faktoren für die jeweilige Welterbestätte soll geprüft und ebenso eingeschätzt werden, ob die Auswirkungen dieser Faktoren auf die Stätte zu- oder abnehmen könnten (vgl. a. a. O.). Nachhaltigkeit und eine nachhaltige Nutzung von Welterbestätten sind wie in der allgemeinen globalen Diskussion auch für den Managementplan ein unverzichtbares Thema. „,Nachhaltigkeit‘ ist das zentrale politische Leitbild für das 21. Jahrhundert“ (Ringbeck, 2008, S. 54). Hintergrund | Stellenwert der Nachhaltigkeit im Management‐ plan So detailliert die Ausführungen und Vorgaben des allgemeinen Mana‐ gementplans in Kap. 5 „Verwaltungssystem“ sind (vgl. Ringbeck, 2008, S. 32-53), so folgt nach dem letzten Punkt des umfangreichen Kap. 5 „Nutzung des Welterbe- und UNESCO-Logos“ gerade einmal eine Seite „Nachhaltige Nutzung“, die dann schon das gesamte Kap. 6 ausmacht. Die Aussagen im allgemeinen Managementplan zur Nachhaltigkeit im Zusammenhang mit Welterbestätten sind etwas konkreter - und bereits 44 4 Das Management von Weltkulturerbe vollständig - die folgenden: „Der Schutz und die Erhaltung des Natur- und Kulturerbes sind ein bedeutender Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung. Mit der Nominierung und Aufnahme in die Welterbeliste wird eine generelle Verpflichtung, nachhaltige Nutzungsstrategien zu entwickeln, hervorgehoben und eingefordert. Die Richtlinien zur Umsetzung der Welterbekonvention legen dar, dass eine Vielzahl von Nutzungen der Welterbegüter möglich ist, sofern sie ökologisch und kulturell nachhaltig sind. Es wird betont, dass der Vertragsstaat und alle Partner sicherstellen müssen, dass eine solche nachhaltige Nutzung keine nachteiligen Auswir‐ kungen auf den universellen Wert, die Unversehrtheit und/ oder Echtheit des Gutes hat. Im Managementplan sind die einschlägigen Maßnahmen und die lokalen Initiativen im Rahmen des weltweiten Aktionsprogramms Agenda 21 zusammengefasst darzustellen“ (Ringbeck, 2008, S. 54 f.). 4.2 Das Weltkulturerbe Bamberg - ein Managementplan konkret In diesem Kapitel sei mit den Aspekten Nachhaltigkeit und Tourismus ein Blick in die Praxis einer Welterbestätte geworfen. 1993 wurde die Altstadt von Bamberg zum UNESCO Welterbe ernannt, denn sie erfüllt die Kriterien ii und iv: „Kriterium (ii): Ab dem 11. Jahrhundert übten der Grundriss und die Architektur des mittelalterlichen und barocken Bambergs einen starken Einfluss auf Städ‐ tebau und -entwicklung in Mitteleuropa aus. Kriterium (iv): Bamberg ist ein einzigartiges und hervorragend erhaltenes Beispiel für eine auf frühmittelalterlicher Grundstruktur entwickelte mitteleuropäische Stadt mit seinen kirchlichen und herrschaftlichen Bauten.“ (https: / / welterbe.bamberg.de/ de/ projekte/ managementplan, S. 16) Im Jahr 2014 beschloss der Bamberger Stadtrat, einen neuen Management‐ plan für das Weltkulturerbe der Altstadt erstellen zu lassen. Nach fünf Jahren Arbeit konnte dieser veröffentlicht werden. 45 4.2 Das Weltkulturerbe Bamberg - ein Managementplan konkret Hintergrund | Der Managementplan - eine mehrjährige Teamar‐ beit vieler Beteiligter „Für die Erstellung dieses Instrumentariums war es uns wichtig, die für das Welterbe relevanten Institutionen und Vereine von Anfang an mit einzubinden, um das Bewusstsein der unterschiedlichen Interessen‐ gruppen für die Welterbestätte ‚Altstadt von Bamberg‘ zu stärken. Der nun vorliegende Welterbe-Managementplan zeigt sehr anschaulich auf, wie das Potenzial des Welterbetitels nachhaltig genutzt werden kann. Besondere Berücksichtigung fanden hierbei die Themenfelder ‚Denkmalpflege und Stadtentwicklung‘, ‚Bildung und Forschung‘, ‚Ur‐ baner Gartenbau‘, ‚Welterbe und Tourismus‘ sowie ‚Welterbe und Wirt‐ schaft‘“, so Andreas Starke, Oberbürgermeister, und Dr. Christian Lange, Bürgermeister der Stadt Bamberg. (https: / / welterbe.bamberg.de/ de/ projekte/ managementplan, S. 3) Das Kap. 5 des Bamberger Managementplans beschäftigt sich mit den Gefährdungsfaktoren für das Weltkulturerbe Altstadt. An erster Stelle wird der Entwicklungsdruck genannt, es folgen Umwelteinflüsse (Überschwem‐ mungen) sowie Katastrophen (Erdbeben und sonstige Naturkatastrophen, Feuerunglücke). Als letzter Aspekt in der Reihe der Gefährdungen wird der Tourismus aufgeführt (https: / / welterbe.bamberg.de/ de/ projekte/ manageme ntplan, S. 34 f.) Das Tourismusaufkommen und dazugehörige Zahlen zu bewerten, ist aktuell im dritten Jahr der Coronapandemie müßig. Kurz vor der Veröffent‐ lichung des Managementplans 2019 gab es im Vorjahr 708.000 Übernach‐ tungen in gewerblichen Betrieben in Bamberg, 2018 wurden ca. 124.000 Ta‐ gesgäste von den Flusskreuzfahrtschiffen auf dem Main-Donau-Kanal geschätzt. Interessant ist die Entwicklung der Übernachtungszahlen von 1993 (die Altstadt wird zum Welterbe erklärt) bis zum Jahr 2019: Sie stieg von ca. 250.000 auf ca. 753.000 Übernachtungen an (https: / / blog.bamberg.in fo/ tag/ tourismusstatistik/ ). Der Managementplan spiegelt die Situation und die erwarteten Entwicklungen „am Vorabend“ der Pandemie wider. „Aufgrund der großen Popularität und hohen Öffentlichkeitswirksamkeit des Welterbestatus‘ besteht insbesondere in den Stadtgebieten Berg- und Inselstadt das Risiko, dass sich die Touristenströme auf einen flächenmäßig geringen Teil des Bamberger Stadtgebiets konzentrieren“ (https: / / welterbe. 46 4 Das Management von Weltkulturerbe bamberg.de/ de/ projekte/ managementplan, S. 34). Die städtebauliche Situa‐ tion, d. h. die Verteilung der attraktivsten Stadtteile auf einer Insel und einem Berghang samt einem schmalen Plateau, lässt bestimmte Orte zu Nadelöhren für die Fußgängerströme werden; insbesondere in diesen Bereichen hat sich das Aufkommen von Touristen in den vergangenen Jahren verdichtet. „Dies kann eine unangemessene Nutzung und Übernutzung zur Folge haben. Eine sensible und nachhaltige Ausformung des touristischen Angebotes sowie eine durchdachte Besucherführung durch den BAMBERG Tourismus & Kongress Service konnte diese Entwicklung in den vergangenen Jahren bereits mit Erfolg eingrenzen. Weitere Maßnahmen sind in Zukunft ange‐ dacht. Zudem gilt es, das Eventmanagement in der Stadt so zu steuern, dass eine Übernutzung bestimmter Teile des Welterbegebiets vermieden wird“ (a. a. O.). Als ein weiteres wichtiges Handlungsfeld sieht man neben einer poten‐ tiellen Übernutzung bestimmter Stadtbereiche die Gefahr der Musealisie‐ rung und Verdrängung der einheimischen Stadtbevölkerung. „Die große Attraktivität Bambergs kann außerdem dazu führen, dass sich im histori‐ schen Stadtbereich der Anteil an Ferienwohnungen und Gewerbebetrieben mit Ausrichtung auf touristische Zielgruppen unverhältnismäßig erhöht. Insgesamt kann dies zu Unausgewogenheiten in der Bewohnerstruktur und einer sukzessiven Musealisierung der historischen Innenstadt führen. Eine solche Entwicklung ist derzeit in Bamberg nur in eingeschränktem Maße zu beobachten“ (a. a. O., S. 35). In Kap. 7, den Maßnahmen und Empfehlungen, werden die Ergebnisse der Fachgruppe „Welterbe und Tourismus“ dargestellt. 47 4.2 Das Weltkulturerbe Bamberg - ein Managementplan konkret Ziele, Maßnahmen und Beteiligte für den Tourismus im Welterbe Altstadt von Bamberg Ziele Maßnahmen Beteiligte Erhöhung der Sichtbar‐ keit des Welterbes im Stadtbild mittelbis langfristig Einlassung des UNESCO-Logos in das Steinpflaster an promi‐ nenter Stelle ZWB; Stadtplanungsamt Inszenierung der Übergänge von Gärtnerzu Inselstadt und von Inselstadt zu Bergstadt TKS; ZWB; Stadtplanungsamt dauerhafte Pflege und Sicherung der Sichträume durch regel‐ mäßigen Freischnitt (z. B. Vier-Kirchen-Blick, Blick auf die Gerberhäuser am alten Kanal) Wasserwirtschaftsamt; Garten‐ amt Steigerung der Wahr‐ nehmung der Gärtner‐ stadt als Teil des Welt‐ erbes bereits umgesetzt Aufnahme der Gärtnerstadt in die „100 Genussorte“ in Bayern Staatsministerium für Ernäh‐ rung, Landwirtschaft und Fors‐ ten; Bayerische Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau Entwicklung und Vermarktung von Fachführungen durch die Gärtnerstadt und einzelne Gärtnerbetriebe TKS mittelbis langfristig Verbesserung der Aufenthaltsqualität und der Infrastruktur der Gärtnerstadt durch die Einrichtung öffentlicher Toiletten, Cafés, Sitzgelegenheiten und die Realisierung eines Quartiermittelpunkts Stadt Bamberg 48 4 Das Management von Weltkulturerbe Ziele Maßnahmen Beteiligte Nominierung des Bamberger Erwerbsgartenbaus zum immate‐ riellen Kulturerbe der UNESCO KMK Ausbau der qualitäts‐ vollen Vermittlung und touristischen Erschlie‐ ßung des Welterbes bereits umgesetzt zertifizierte Gästeführer durch die qualifizierende Ausbildung des TKS TKS Entwicklung einer Premiumführung durch das Welterbe TKS Entwicklung eines Tastbuchs zur Unterstützung bei Stadtfüh‐ rungen für Sehbehinderte und Blinde Freunde des Weltkulturerbes Bamberg e. V. Synergieeffekte zwi‐ schen Welterbe und Tourismus identifizie‐ ren und nutzen in Umsetzung regelmäßiger Austausch und Zusammenarbeit bei der Ausbil‐ dung der Gästeführer ZWB; TKS Anpassung und Auf‐ wertung baulicher In‐ frastruktur an die Bedürfnisse des Touris‐ mus und der einheimi‐ schen Bevölkerung mittelbis langfristig touristen- und seniorengerechte Gestaltung der öffentlichen Plätze im Welterbe mittels Sitzgelegenheiten, Begrünung etc. (besonders Geyerswörthplatz, Am Kranen, Maxplatz, Domplatz, Alte Hofhaltung, Theuerstadt) Stadtplanungsamt; Gartenamt Verbesserung der Ver‐ träglichkeit des Tou‐ rismus mit den Be‐ dürfnissen der lokalen Bevölkerung bereits umgesetzt Limitierung der Gruppengröße aller Stadtführungen auf maxi‐ mal 25 Teilnehmer TKS 49 4.2 Das Weltkulturerbe Bamberg - ein Managementplan konkret Ziele Maßnahmen Beteiligte Perspektivwechsel durch die Organisation kostenfreier Stadt‐ führungen für Bamberger unter dem Titel „Unser Bamberg - da schau her! “ TKS in Umsetzung Sensibilisierung der Gästeführenden hinsichtlich einer kreati‐ ven Wegeführung und strategisch sinnvollen Standorten zur Entzerrung und Entflechtung der Touristenströme an sensiblen Orten in der Innenstadt TKS Sensibilisierung der Fremdanbieter hinsichtlich der welterbe‐ gerechten Organisation und Durchführung von Führungen insbesondere in Bezug auf Gruppengröße, Wegeführung und Authentizität der Angebote TKS Sensibilisierung der Gäste hinsichtlich denkmalgerechten Ver‐ haltens im Welterbe TKS mittelbis langfristig Optimierung der Wegeführung an neuralgischen Orten im Welt‐ erbe mittels Beipässen und neuen Wegekonzepten (besonders am Leinritt) Stadtplanungsamt Nutzung des touristischen Entwicklungspotenzials der Gärtner‐ stadt, des Maxplatzes, des Hains und des Michaelsbergs zur Entzerrung der Touristenströme TKS; Stadtplanungsamt Tab. 1: Managementplan Bamberg (Stand: 2019) 50 4 Das Management von Weltkulturerbe Auf der Basis der 17 Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals) der Agenda 2030 hat die Stadt Bamberg ein allgemeines Nachhaltigkeits‐ konzept erarbeitet, in dem sich ebenso eine Reihe unterschiedlicher Projekte in enger Verbindung mit dem Welterbestatus befinden. Diese lassen sich den Bereichen der ökologischen Nachhaltigkeit, sozialen Nachhaltigkeit - bezeichnet als „soziale Kohäsion und Teilhabe“ - sowie der wirtschaftlichen Nachhaltigkeit zuordnen. Ein Schwerpunkt in der ökologischen Nachhaltigkeit sind mehrere Pro‐ jekte in Zusammenhang mit der Gärtnerstadt, die auf eine verantwortungs‐ volle Nutzung von Ressourcen und in diesem Fall Lebensmittel aus dem städtischen Gartenbau zielen. Der Erhalt alter Sorten aus der Region, die Vermittlung des Wertes von Nahrungsmitteln mit Aktionen für Kinder und Jugendliche in Schulgärten sowie Selbsterntegärten und natürlich auch die Chancen, Genussvolles in einer Slow Food-Woche kennenzulernen, werden dabei umgesetzt. Eine kreative Verbindung von Recycling bzw. Upcycling von Textilien zeigt sich in der Schürzenkollektion „Bamberger Gärtnerey“. „Aus gespendeten Textilien schaffen Näherinnen des Werkladens ‚Mode und Mut‘ einzigartige Schürzen für Garten und Hausarbeit. So werden nicht al‐ lein die Rohstoffe geschont, es entstehen gleichzeitig nachhaltige Andenken aus der Gärtnerstadt. Die jüngste Kollektion des sozialen Betriebs der Laufer Mühle trägt den Titel ‚Silhouetten der Stadt‘ und vereint Arbeitskleidung mit Motiven des Welterbes“ (a. a. O., S. 64). Das Thema Wiederverwertung findet sich auch in einem Upcycling der historischen Pfähle der Unteren Mühle wieder und sorgt für Souvenirs mit engstem Bezug zum Welterbebesucherzentrum. In Zusammenarbeit mit dem Künstler Uwe Lehmann entstehen Schmuck und Schlüsselanhänger aus Splittern der historischen Gründungspfähle, die als Andenken verkauft werden. Im Engagement für soziale Nachhaltigkeit (vgl. a. a. O., S. 65 f.) steht vor allem die einheimische Bevölkerung im Fokus: Sie soll am Weltkulturerbe teilhaben können. So wurde ihr 2017 mit einem Besucherzentrum auf Zeit am Standort des späteren Welterbebesucherzentrums auf dem Areal der Un‐ teren Mühlen die Möglichkeit gegeben, mehr und Aktuelles über den Ausbau zu erfahren bzw. darüber mit Beteiligten ins Gespräch zu kommen. Den Menschen verschiedenster Gruppen Kultur nahezubringen, spiegelt sich in weiteren Aktionen wider. Man veröffentlichte eine Broschüre in „leichter“ Sprache, um auch Personen mit Lernschwierigkeiten, Sehbehinderungen oder geringen Deutschkenntnissen einen barrierefreien Zugang zu Informa‐ 51 4.2 Das Weltkulturerbe Bamberg - ein Managementplan konkret tionen zum Welterbe zu bieten. Analog zu der Einrichtung der Tafeln als Ausgabestellen von Lebensmitteln gründete man eine KulturTafelBamberg. Ihr Engagement ermöglicht auch Personen mit geringem Einkommen den kostenlosen Besuch von Kulturveranstaltungen und damit die Teilhabe am kulturellen Leben der Stadt. Die Volkshochschule sowie das Kulturamt der Stadt Bamberg starteten weitere Aktionen in dieser Richtung. Die ökonomische Nachhaltigkeit (vgl. a. a. O., S. 66) kann grundsätzlich durch den Weltkulturerbestatus der Altstadt gestärkt werden: „Heimische Erzeuger, Handwerker und Dienstleister sind das Rückgrat der Bamberger Wirtschaft. Die wirtschaftliche Dimension der Nachhaltigkeit basiert daher auf der Förderung der lokalen Wirtschaft und der Stärkung regionaler Kreisläufe. Der Welterbetitel bringt arbeitsintensive Aufträge für mittelstän‐ dische Firmen und Handwerksbetriebe“ (a. a. O.). Verschiedene Maßnahmen verbinden das Weltkulturerbe mit dem Wirtschaftsleben der Stadt wie der Region. Die Gärtnerstadt, die mit zum Weltkulturerbe Altstadt gehört, bietet ebenso für die ökonomische Nachhaltigkeit Potenziale - und bringt dabei auch noch ökologische Nachhaltigkeit mit in die Schubkarre der dort arbei‐ tenden Personen. „Die Marke ‚Gutes aus der Gärtnerstadt‘ kennzeichnet lo‐ kale Erzeugnisse, die frei von Gentechnik sind und nach gärtnerischer Tradi‐ tion in Handarbeit angebaut wurden. Die Marke fördert regionale Kreisläufe und trägt zur Erhaltung der jahrhundertealten Gärtnerflächen Bambergs bei. Kurze Transportwege unterstützen den Klimaschutz“ (a. a. O.). Der vierte Punkt im Kapitel Nachhaltigkeit des Bamberger Management‐ plans stellt explizit als weitere bzw. abschließende Ziele den Frieden und die Sicherheit heraus - die sich auch unter dem Aspekt der sozialen Nachhaltigkeit einordnen ließen. „Kulturtechniken sind völkerübergreifend und wertfrei, lassen Gemeinsamkeiten und Unterschiede entdecken, die den Dialog befördern. Welterbestätten als Lernorte umspannen den ganzen Planeten im Sinne der Welterbekonvention innewohnenden Friedensbot‐ schaft. Als interkulturelle Begegnungsstätten leisten sie einen Beitrag für Frieden und Sicherheit“ (a. a. O., S. 67). Um diesen Zielen näherzukom‐ men, veranstaltet der Migranten- und Integrationsbeirat der Stadt Bamberg gemäß dem UNESCO Leitgedanken eines friedvollen Miteinanders jeden Herbst interkulturelle Wochen, die ein besseres Verständnis füreinander (vgl. a. a. O.) fördern sollen. Für den Bereich der Religionen setzt sich der Förderverein Zelt der Religionen e. V. für interreligiöse und interkulturelle Zusammenarbeit zwischen den großen Religionsgemeinschaften des Juden‐ tums, Christentums und Islams ein. Das Zelt erinnert an die nomadischen 52 4 Das Management von Weltkulturerbe Anfänge dieser drei Religionen und stellt auf dem Markusplatz einen Ort der Begegnung und des Dialogs dar. Gemeinsames Gärtnern von Menschen unterschiedlichster Herkunft als einen Beitrag zum interkulturellen Ver‐ ständnis ermöglicht der Verein Interkultureller Garten Bamberg e. V. „mit einer Gemeinschaft, in der man Pflanzen und eigene Beziehungen wachsen lässt und sich untereinander hilft und austauscht“ (a. a. O.). 4.3 Der Bildungsauftrag Die weitreichende Förderung von Bildung, die sich die UNESCO (United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization) auf ihre Fahne geschrieben hat und mit einer Vielzahl von Projekten weltweit fördert, gilt natürlich auch für das von ihr ausgezeichnete Weltkulturerbe. Mit der Unterzeichnung der Welterbekonvention von 1972 haben sich seitdem alle Mitgliedsstaaten verpflichtet, dem Bildungsauftrag, der mit ihren Welter‐ bestätten verbunden ist, auch nachzukommen. Eine zentrale Rolle spielt dabei das jeweilige Informationszentrum, das aber nicht nur seine Aufgabe gegenüber den Besucher: innen aus aller Welt zu erfüllen hat, sondern gleichermaßen auch das Wissen rund um die Welterbestätte der lokalen Bevölkerung vermitteln soll. Wissen | Lernort Welterbestätte „Ziel der Welterbevermittlung ist es, eine Welterbestätte als Lernort interkultureller Begegnung erfahrbar zu machen.“ Link-Tipp [9] | http: / / s.narr.digital/ 3hp3y Für diese Arbeit wurden im Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes auch Richtlinien für den Bildungsauftrag erstellt. Die Deutsche UNESCO Kommission gibt in ihrer „Handreichung zu Informationszentren im Welterbe“ (2018) (https: / / www.unesco.de/ sites/ default/ files/ 2018-12/ H andreichung%20Informationszentren%20im%20Welterbe_DUK.pdf) neben den regulatorischen Rahmenbedingungen und Richtlinien umfangreiche Anregungen und Beispiele für die Informationsarbeit in den deutschen Welterbestätten. Im Folgenden werden pädagogischen Aspekte (Didaktik, Methodik und Zielgruppen) der Vermittlungsarbeit skizziert, während Prak‐ 53 4.3 Der Bildungsauftrag tisches von der Architektur bis zur Ausstellungsgestaltung in den Informa‐ tionszentren in Kap. 5.4 zu finden ist. Wenn auch das die Deutsche UNESCO Kommission in ihren Handrei‐ chungen sehr konkret die Vorgaben des Welterbekomitees weitergibt, so bleibt für die Informationszentren trotzdem ein gewisser Spielraum in der Ausführung ihres Bildungsauftrags. Ein wichtiger Grund dafür liegt in den unterschiedlichen Räumlichkeiten eines Informationszentrums - es gibt keine genormte Größe des Gebäudes! Bei Neubauten ließe sich das empfehlen bzw. realisieren, doch bei der Nutzung von historischen Gebäuden gibt es entsprechende Einschränkungen zumindest durch den Denkmalschutz. „In welchem Umfang Wissen vermittelt werden kann, hängt jedoch auch mit der Größe des jeweiligen Zentrums und den gewähl‐ ten Vermittlungsformaten zusammen. So erlauben beispielweise Wechsel‐ ausstellungen die tiefergehende Behandlung und Vermittlung einzelner (Ni‐ schen-)Themen“ (https: / / www.unesco.de/ sites/ default/ files/ 2018-12/ Handr eichung%20Informationszentren%20im%20Welterbe_DUK.pdf, S. 50). Grundlegende Vermittlungsinhalte einer Weltkulturerbestätte umfassen folgende Themen - sind „essentiell zu vermitteln“: ■ der Welterbegedanke allgemein, ■ das Gebiet und die Umgebung der Welterbestätte mit ihren räumlichen Beziehungen (Pufferzone, Sichtachsen), ■ der außergewöhnliche universelle Wert dieser Welterbestätte kompri‐ miert in den Kriterien, die zum Eintrag in die Welterbeliste geführt haben, ■ Bezüge zu anderen Welterbestätten, die derselben Kategorie zugeordnet werden können, wie z. B. dem städtischen Erbe, Industrieerbe oder religiösem Erbe, ■ vielfältiges Welterbe - Aktivitäten der UNESCO, um verschiedene Formen des Kulturerbes und des Naturerbes zu schützen (vgl. a. a. O., S. 50 f.). Bildung für nachhaltige Entwicklung wird ebenso als ein Teil der Welterbe‐ vermittlung gesehen. Es geht hierbei um Nachhaltigkeit im Umgang mit dem Welterbe und um die grundlegende Frage: „Welche Gefahren für Welterbe‐ stätten ergeben sich aus mangelnder Nachhaltigkeit und wie können diese durch bewusstes Leben und Handeln gemindert oder abgewendet werden? “ (a. a. O., S. 54) Neben anderen Fragen und Impulsen für Nachhaltigkeit im Zusammenhang mit der Welterbestätte sind aber auch die Besucher: innen 54 4 Das Management von Weltkulturerbe gefragt, inwieweit jede: r durch nachhaltiges Verhalten zum Schutz und Erhalt des Welterbes beitragen könnte. Hierbei geht es um die mit dem Besuch verbundene Mobilität, den Konsum und das Verhalten vor Ort. Verschiedene Zielgruppen werden für die Vermittlung - in dieser Reihen‐ folge - genannt und sollten unbedingt bei den Planungen berücksichtigt werden: ■ Die lokale Bevölkerung: Welterbe ist ebenso lokales Erbe und sein Ma‐ nagement kann leichter werden, wenn die Einheimischen dem Welterbe positiv gegenüberstehen. „Durch die Verortung des eigenen, lokalen Erbes im internationalen Kontext können zudem neue Perspektiven eröffnet, Interkulturalität und ein Bewusstsein für globale Zusammen‐ hänge gefördert werden“ (a. a. O., S. 56). ■ Politisch Verantwortliche als Entscheidungsträger sollten mit dem Ge‐ samtkonzept, dem Geist, in dem die Welterbekonvention entstand, und den Zielen des Welterbeprogramms vertraut gemacht werden. ■ Nationale und internationale Gäste: Hierbei müssen bei den Informa‐ tionen wie den Führungen die unterschiedlichen Vorkenntnisse berück‐ sichtigt werden. „Sowohl nationale wie auch internationale Besuchende sollten ein Gefühl der Verantwortlichkeit für das gemeinsame Erbe und ein Verständnis für die internationalen und europäischen Aspekte der jeweiligen Welterbestätten entwickeln können“ (a. a. O., S. 57). Als Sprachen für die Vermittlung der Inhalte stehen an den deutschen Welt‐ erbestätten natürlich Deutsch und Englisch an erster Stelle; Erhebungen zum Besucherprofil der jeweiligen Stätte wären Grundlage für weitere Sprachen in der Vermittlung. Wenn die gewünschten Fremdsprachen nicht durch Mitarbeiter: innen abgedeckt werden können, empfehlen sich Audioguides und andere Instrumente der neuen Medien. ■ Für Familien und Kinder sollte eine familien- und insbesondere kindge‐ rechte Gestaltung der Vermittlung, sei es durch die Ausstellung, durch Führungen oder Mitmachprogramme, angestrebt werden. Schließlich gilt es, die junge Generation für das Welterbe im Besonderen wie Allgemeinen zu interessieren, denn sie wird eines Tages dafür die Verantwortung übernehmen. ■ Menschen mit Behinderung muss nicht nur durch bauliche Maßnahmen ein Zugang zum bzw. in das Welterbe ermöglicht werden, auch muss ihnen mit leichter Sprache und entsprechendem Anschauungsmaterial das Wissen um die Welterbestätte zugänglich gemacht werden. 55 4.3 Der Bildungsauftrag ■ Möglichkeiten zur intensivsten Auseinandersetzung mit dem Welterbe vor Ort erwarten Fachbesucher: innen - etwa in Form von entspre‐ chenden Informationen (Literatur in unterschiedlichen Formen) und Gesprächspartner: innen für einen professionellen Austausch. ■ Presse bzw. Pressearbeit kommt in dieser Liste nicht vor! Abb. 7: Krakau - Kirchenmodell für Kinder und Sehbehinderte. Die Vermittlungsformate und -methoden sowie Hilfsmittel, die ein Infor‐ mationszentrum einsetzen kann, hängen von dem zur Verfügung stehen‐ den spezialisierten Personal (pädagogische Kompetenzen, Fremdsprachen‐ kenntnissen etc.) ab sowie vom Budget. Folgende Möglichkeiten können genutzt werden: ■ Orientierungs- und Leitsysteme, 56 4 Das Management von Weltkulturerbe Abb. 8: Zeche Zollverein - Wegweiser und ein überdimensionaler Kanarienvogel Abb. 9: Zeche Zollverein - Markierungen auf dem Radweg durch die Welterbestätte Wissen | Kanarienvögel „Kanarienvögel wurden sei‐ nerzeit im Bergbau als Früh‐ warnsystem eingesetzt, da sie sehr empfindlich auf einströmendes Grubengas oder Sauerstoffmangel re‐ agierten und dadurch vielen Bergleuten das Leben rette‐ ten. Pünktlich zum Kultur‐ hauptstadtjahr weisen jetzt acht gelbe, überdimensio‐ nale Vögel Besucher: innen den Weg vom Bahnhof Zoll‐ verein-Nord zum Welterbe.“ (http: / / s.narr.digital/ dgodp) 57 4.3 Der Bildungsauftrag ■ Stättenpläne und Modelle Abb. 10: Zeche Zollverein - Modell des Weltkulturerbes Abb. 11: Zeche Zollverein - Informationstafel am historischen Haupteingang über die Anlagen der verschiedenen Schächte und der Kokerei 58 4 Das Management von Weltkulturerbe ■ Dauerausstellung, ■ Sonderausstellungen als wechselnde Ergänzungen zur Dauerausstel‐ lung, ■ Museumspädagogik (Führungen, Workshops, Aktionen etc. für unter‐ schiedliche Zielgruppen). Zugänglichkeit für alle ist im Zusammenhang mit den Informationszentren nicht nur physisch gemeint (barrierefreie Zugänge in und durch alle Räum‐ lichkeiten, Informationstafeln nicht nur auf einen Menschen von 1,80 m ausgerichtet etc.), sondern auch intellektuell. Hierbei wäre zu berücksich‐ tigen, dass Teile des Publikums weder ein Vorwissen noch ein höheres Sprachverständnis mitbringen. Texte sollten daher in einer leichten Sprache verfasst werden. Praxis | Leichte Sprache „Leichte Sprache ist ein gutes Mittel, um intellektuelle Zugänglichkeit zu ermöglichen. Folgende Grundregeln sind hierbei zu beachten: kurze Sätze mit nur einem Gedanken pro Satz, keine Schachtelsätze, keine Fremdwörter oder Fachbegriffe, keine Abkürzungen, Zahlen als Ziffern und nicht als Worte schreiben. Für Texte in leichter Sprache sollte ebenso wie bei Fremdsprachentexten dringend mit Experten zusammengear‐ beitet werden“ (a. a. O., S. 59). Neben der Sprache sind weitere Möglichkeiten zu nutzen, Informationen an alle Interessierten - sei es mit oder auch ohne Behinderung - zu bringen. Hierfür gilt das Zwei-Kanal-Prinzip, d. h., die Wissensvermittlung soll mindestens über zwei Wege stattfinden (vgl. a. a. O., S. 59). Dazu bieten die neuen Medien beispielsweise mit Gebärdenvideos und Audioangeboten, aber auch durch die Einbindung von Virtual oder Augmented Reality neue Instrumente. Und das „uralte“ Prinzip der Anschaulichkeit beispielsweise durch Modelle, die auch ertastet werden dürfen, leistet unverändert gute Dienste! Wissen | Der UNESCO Welterbetag in Deutschland Seit 2005 gibt es am 1. Sonntag im Juni in Deutschland den UNESCO Welterbetag. „Der Grundgedanke ist dabei, das Welterbe mit Hilfe von 59 4.3 Der Bildungsauftrag Vorträgen, Führungen, Ausstellungen und Mitmachaktionen erlebbar zu machen und die eigene Kultur als Teil eines vielfältigen Erbes der Menschheit zu verstehen. Die zahlreichen Aktivitäten richten sich nicht nur an interessierte Besucherinnen und Besucher, sondern insbesondere an Bewohnerinnen und Bewohner, die ‚ihr‘ Welterbe neu erkunden und erleben möchten.“ (https: / / www.unesco-welterbetag.de/ ) 60 4 Das Management von Weltkulturerbe 5 Nachhaltiger Tourismus - eine Pflicht für das Weltkulturerbe Nachhaltigkeit ist eine Forderung, die auch im Managementplan einer Welt‐ kulturerbestätte berücksichtigt werden muss (siehe Kap. 4.2 Management‐ plan Bamberg). Im Jahr 2012 wurde nachhaltiger Tourismus/ Sustainable Tourism ins Management der UNESCO Welterbestätten aufgenommen. „Um den Tourismus an Welterbestätten nachhaltig zu gestalten und den außer‐ gewöhnlichen Wert dieser Stätten langfristig zu schützen und zu erhalten, hat das Welterbekomitee das Programm ‚World Heritage and Sustainable Tourism‘ ins Leben gerufen. Ziel des Programms ist es, Welterbestätten bei der Entwicklung und dem Management nachhaltiger Tourismusstrategien zu unterstützen. Dabei wird von der Prämisse ausgegangen, dass der Schutz des Welterbes und erfolgreicher Tourismus einander bedingen und die Zu‐ sammenarbeit zwischen Akteur: innen beider Seiten positive Auswirkungen sowohl auf den Denkmal- und Naturschutz als auch auf den Tourismus hat. Das Programm orientiert sich an vier Unterzielen: ■ „Schaffung eines fruchtbaren Umfelds für nachhaltigen Tourismus durch die Unterstützung und Förderung entsprechender politischer Richtlinien und Rahmengesetzgebungen. ■ Bereitstellung von Informationen und Austausch von Erfahrungen aus der praktischen Umsetzung und Instrumenten zu Planung und Umsetzung von nachhaltigem Tourismus. In diesem Rahmen ist unter anderem die Plattform ‚People protecting places‘ und das ‚UNESCO World Heritage Sustainable Tourism Toolkit‘ entstanden. ■ Vermittlung von Wissen und Können durch Schulungen und Work‐ shops. ■ Festlegung von ‚Heritage Routes‘ zur Förderung eines auf kulturellem Erbe beruhenden, nachhaltigen Tourismus.“ (https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ welterbe/ welterbe-sein/ nac hhaltiger-tourismus) Aber die Tauglichkeit als Tourismusziel ist kein Kriterium für die Aufnahme in die Liste des Welterbes! Hintergrund | Welterbestätten Deutschland e.V. „Der Welterbestätten Deutschland e. V. ist ein Zusammenschluss von Welterbestätten in Deutschland und der jeweiligen touristischen Orga‐ nisationen. Der Verein - zuvor als Werbegemeinschaft aktiv - wurde im September 2001 in Quedlinburg gegründet. Er hat sich insbesondere die Förderung eines behutsamen und hochqualifizierten Tourismus im denkmalverträglichen Ausmaß zum Ziel gesetzt.“ (https: / / www.unesco-welterbetag.de/ welterbetag) 5.1 Tourismus in den Welterbestätten theoretisch und praktisch Für die Umsetzung des UNESCO World Heritage and Sustainable Tourism Programme gibt es inzwischen einen Leitfaden (Toolkit) für einen nachhal‐ tigen Tourismus als Handlungsplan für die Praxis - eine ausführlichere Gebrauchsanweisung ist bislang aber nur in Englisch und Französisch erhältlich, Kurzinformationen jedoch auf Deutsch (whc.unesco.org/ sustain abletourismtoolkit/ how-use-guide). Dieser Leitfaden sensibilisiert das Ma‐ nagement und andere Beteiligte für das touristische Geschehen im Zusam‐ menhang mit der Welterbestätte und gibt viele Handlungsempfehlungen. Er fasst die Herausforderungen eines sozial, ökologisch und ökonomisch nachhaltigen Tourismus in zehn Handlungsfeldern zusammen: 1. „Den Tourismus an Ihrem Reiseziel verstehen 2. Entwicklung einer Strategie für einen progressiven Wandel 3. Entwicklung einer effektiven Governance (Steuerung) 4. Einbinden lokaler Gemeinschaften und Unternehmen 5. Kommunikation mit Besuchern 6. Verwaltung der Entwicklung der touristischen Infrastruktur 7. Wertschöpfung durch Produkte, Erlebnisse und Dienstleistungen 8. Verwalten des Besucherverhaltens (mehr in Kap. 5.3) 9. Sicherung von Finanzmitteln und Investitionen 10. Erfolgskontrolle mit nachhaltigem Tourismus“ (vgl. https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ welterbe/ welterbe-sein/ unesco-world-heritage-sustainable-tourism-toolkit). 62 5 Nachhaltiger Tourismus - eine Pflicht für das Weltkulturerbe Auf einige ausgewählte Aspekte sei ein genauerer Blick geworfen. Im Handlungsfeld 1 - den Tourismus rund um die Welterbestätte verstehen - sollte die Analyse der Besucher: innen einen hohen Stellenwert besitzen. „Die Standorte müssen auch die Nachfrageseite des Tourismussektors verstehen: ■ Wie viele Menschen möchten sie besuchen? Wächst oder sinkt die Nachfrage? ■ Wer sind die Besucher und wann besuchen sie? ■ Warum kommen sie und wie lange bleiben sie? ■ Wie viel geben sie aus und was kaufen sie? ■ Woher kommen sie? ■ Was möchten sie erleben und wie erfahren sie etwas über die Website, ihre Werte und die Gastgemeinschaft? ■ Sind die Besucher mit dem Erlebnis zufrieden? ■ Wie verändert sich das alles im Laufe der Zeit und zieht das Reiseziel die vorteilhaftesten Besuchersegmente an? Diese Informationen sind von entscheidender Bedeutung, da Sie sie mögli‐ cherweise später für neue Investitionsmöglichkeiten und neue oder aktuali‐ sierte Infrastrukturen verwenden müssen. Alle Reiseziele sollten zumindest die Besucherzufriedenheit messen“ (http: / / whc.unesco.org/ sustainabletouri smtoolkit/ guides/ guide-1-understanding-tourism-your-destination). Neben der Nachfrageseite gehören die Angebotsseite, die möglichen positiven wie negativen Auswirkungen des Tourismus auf die lokale Bevöl‐ kerung und die Anforderungen der Nachhaltigkeit zu einem effektiven Destinationsmanagement. „Es ist ein grundlegender Grundsatz des nachhal‐ tigen Tourismus, dass die Gastgemeinden eine Stimme bei der Gestaltung der Tourismusprozesse haben, die sie betreffen. Es besteht die Tendenz, über die Wünsche der Gemeinschaft nachzudenken, nachdem alles bereits entschieden ist - dies ist ein schwerer Fehler, der Misstrauen und Apathie seitens der Anwohner hervorrufen kann“ (a. a. O.). Der Aspekt der Nachhaltigkeit findet sich u. a. auch in der Forderung nach einem „neuen“ Tourismus wieder: „Wir brauchen eine neue Art von Touris‐ mus, die nicht zu Umweltschäden, Klimawandel, Umweltverschmutzung und Verlust von Ökosystemen beiträgt“ (a. a. O.). Für die Bestandsaufnahme und Managementstrategien ist das kritische Hinterfragen des Tourismus eine wichtige Voraussetzung: „Wenn der Bedarf an Tourismus so groß ist und für Ihre Gemeinde effektiv unvermeidlich ist, dann denken Sie darüber 63 5.1 Tourismus in den Welterbestätten theoretisch und praktisch nach, wie Sie seine direkten Auswirkungen auf lokaler Basis bewältigen oder verhindern können. Finden Sie parallel dazu Wege, um seine externen Effekte auf globaler Basis auszugleichen oder zu mildern, wie z. B. ein System zur Kohlenstoffkompensation“ (a. a. O.). Auf der einen Seite wird in dem Leitfaden ein kritischer Blick auf das touristische Geschehen an der Welterbestätte gefordert und auch die Frage „erlaubt“, ob Tourismus in bestimmten Ausmaßen akzeptabel sein kann, andererseits fördert die UNESCO mit der 2018 gestarteten Reiseplattform World Heritage Journeys (https: / / visitworldheritage.com/ en/ eu/ ) einen de‐ zidiert nachhaltigen Tourismus in der EU - mit einem besonderen Fokus auf den chinesischen Markt. Die Themen, die auf Englisch, Französisch und Chi‐ nesisch vorgestellt werden, widmen sich dem „Ancient Europe“, „Romantic Europe“, „Royal Europe“ und „Underground Europe“. Mit „Underground“ sind Schätze im Boden gemeint, von der Kohle (Zeche Zollverein/ Essen) und den Erzen (Bergwerk Rammelsberg/ Goslar) über das Terroir für den ungarischen Tokajer Wein bis hin zu den Böden der Champagne. Praxis | Oberes Mittelrheintal Eine ausführliche Reiseempfehlung bekommt das romantische Rheintal von Koblenz bis Bingen und Rüdesheim. Die Bedeutung dieses Fluss‐ abschnitts für die europäische Geschichte fehlt ebenso wenig wie bei‐ spielsweise die unterschiedlichsten „Geheimtipps“ von Einheimischen. Link-Tipp [10] | http: / / s.narr.digital/ 98y8w 5.2 Die Wahrnehmung von Welterbe durch Tourist: innen - das Beispiel Bamberg Interessante Aspekte zu den Besucher: innen der Welterbestätte haben Geo‐ graphen der Universität Paderborn am Beispiel der Altstadt von Bamberg untersucht (vgl. Kremer et al., 2011, S. 57-70). Mit Hilfe einer Fragebogen‐ aktion wurden die Vorbereitung eines Bamberg-Besuchs und das Verhalten vor Ort ermittelt. Die Fragen bezogen sich auf: ■ „Welches Wissen haben Touristen über Bamberg im Allgemeinen und das Welterbe Bamberg im Speziellen? ■ Aus welchen Informationsquellen stammen diese Informationen? 64 5 Nachhaltiger Tourismus - eine Pflicht für das Weltkulturerbe ■ Welche Sehenswürdigkeiten werden auf dieser Grundlage in Bamberg tatsächlich besucht? “ (a. a. O., S. 61) Bei der ersten Frage wurde deutlich, dass persönliche Empfehlungen von Verwandten und Freund: innen die Aufmerksamkeit auf Bamberg gelenkt hatten oder man bereits auf früheren Reisen in der Region oder Durchrei‐ sen auf die Stadt aufmerksam geworden war - und der Vorsatz, Bamberg genauer kennenzulernen, später realisiert wurde. Die Erkenntnis der Forscher: „Professionelles Informationsmaterial, sei es in Form von Bro‐ schüren des Tourismuszentrums oder Reportagen in Funk und Fernsehen, spielt bei diesem frühen Zeitpunkt der Auseinandersetzung mit Bamberg nur eine nachgeordnete Rolle“ (a. a. O., S. 63). War die Entscheidung für einen Bamberg-Besuch gefallen, dann holten sich die meisten Interes‐ sierten offizielles Informationsmaterial vom Touristenzentrum sowie dem Internetauftritt der Stadt Bamberg - das Welterbebesucherzentrum an den Unteren Mühlen an der Regnitz (siehe Kap. 4.2) existierte zum Zeitpunkt der Befragung noch nicht. Zweitwichtigste Informationsquelle waren die klassischen Reiseführer. Fragen zum Welterbestatus förderten als ein Ergebnis zutage, dass der Welterbestatus keine Rolle für die Wahl Bambergs als Reiseziel spielt (a. a. O., S. 64). Dies wurde auch bei anderen Befragungen ermittelt und lässt sich damit erklären, dass die Aufmerksamkeit für diese Stadt stark durch persönliche Kontakte gelenkt wird. Ein kleiner Trost für das Management: Ca. 85 % der Befragten wussten, dass Bamberg zum UNESCO Weltkulturerbe gehört! Als Gründe für den Titel Welterbe wurde an erster Stelle mit großem Abstand das Altstadtensemble und die historischen Gebäude genannt, an zweiter Stelle der gute Erhaltungszustand der Bausubstanz und an dritter Position die Geschichte der Stadt, das Kulturerbe. Der Welterbestatus wurde beim Publikum als Zeichen einer touristischen Qualität (Schönheit/ Ambi‐ ente) verstanden - aber vergleichsweise selten in der Befragung genannt. Fragen zur Wahrnehmung der drei unterschiedlichen Teile der Altstadt, die explizit den Welterbestatus erhalten haben (die Bergstadt, die Inselstadt und die Gärtnerstadt), zeigten, dass die Gärtnerstadt - touristisch wie stadtplanerisch - eher stiefmütterlich behandelt wurde. Die Forscher sahen im städtebaulichen Umgang mit diesem Teil des Welterbes sogar schon die Gefahr eines Eintrags in die Rote Liste des bedrohten Welterbes. Doch diese Gefahr besteht inzwischen nicht mehr; der Managementplan von 2019 (siehe 65 5.2 Die Wahrnehmung von Welterbe durch Tourist: innen - das Beispiel Bamberg Kap. 4.2) zeigt, dass dieser Teil der Altstadt durch diverse Maßnahmen nun auch seinem Welterbestatus gemäß weiterentwickelt und ein touristisch at‐ traktiver Teil der Altstadt wurde - und dabei gleichfalls ein Reserveareal für die Besucherlenkung und eine Attraktion für „Wiederholungstäter: innen“ unter den Tourist: innen. Auch die ideellen wie interkulturellen Werte einer Welterbestätte können nun in Bamberg nach den Idealen des Welterbeko‐ mitees vermittelt werden, so dass die Stadt für mehr als nur ihren Dom und das Bier steht. 5.3 Das Besuchermanagement Inwieweit eine Lenkung oder eine Limitierung der Besucher: innen für eine Welterbestätte relevant sein kann, hängt im Wesentlichen von der Kategorie ab - bei einem einzelnen Bauwerk, wie beispielsweise einer Kathedrale, stellen sich andere bzw. in der Praxis drängendere Herausforderungen für das Besuchermanagement als z. B. in einer Altstadt oder einem weiträumi‐ geren Areal. Auch die Saisonalität wird eine Rolle spielen. Der Leitfaden 8 im UNESCO Weltkulturerbe Nachhaltiger Tourismus Toolkit beschäftigt sich mit dem Besucherverhalten und den Möglichkeiten, dieses zu beeinflussen (http: / / whc.unesco.org/ sustainabletourismtoolkit/ gu ides/ guide-8-managing-visitor-behaviour). Grundlage aller Strategien ist die Beobachtung und Erfassung des Verhal‐ tens. „Um Besucherströme zu verwalten, müssen Sie in der Lage sein, die touristische Nachfrage basierend auf früheren Erfahrungen zu antizipieren. Sie können dies nicht erraten oder schätzen. Sie müssen unbedingt Daten sammeln, um die Bedarfsprognose effektiv zu gestalten. Sie müssen auch in der Lage sein, die zeitlichen und physischen Räume zu identifizieren, in denen die Probleme auftreten, und die Hauptrisiken für das Erbe“ (a. a. O.). Hierbei spielen folgende Aspekte eine Rolle: Die Saisonalität drückt sich in Spitzenzeiten mit Besucheransturm, aber auch mit Phasen geringer Nachfrage aus. Das Freizeitverhalten der Bevölkerung in der relativen Nähe der Welterbestätte kann vor allem an Wochenenden einen Einfluss auf eine temporäre Belastung haben. Ähnliches gilt auch für öffentliche und vor allem religiöse Feiertage, beispielsweise bei Sakralbauten. Die verschiede‐ nen Tageszeiten können eine unterschiedliche Nachfrage hervorrufen und eine Regulierung wie Verteilung von Gruppen über den Tag notwendig machen; hierbei müssen die Länge und die Dauer der Anfahrt berücksichtigt 66 5 Nachhaltiger Tourismus - eine Pflicht für das Weltkulturerbe werden. Aber auch allgemeine Trends und äußere Bedingungen des Reisens, z. B. Pandemien, aber auch Terroranschläge, Kriege etc. wären in ihren Auswirkungen auf das Reiseverhalten einzubeziehen. Die verschiedenen Methoden, das Besucherverhalten zu erfassen - Be‐ obachtungen, Zählungen, Befragungen, Erfassen vom Einzugszugsgebiet mit Hilfe von Autokennzeichen auf Parkplätzen -, sollten zu einem Tragfä‐ higkeitsplan für die Welterbestätte führen. Hieraus ergeben sich geeignete Maßnahmen von Besucherlenkung und -limitierung. Mögliche Instrumente wären eine gezielte Besucherlenkung, um das Aufkommen in der Fläche zu verteilen, gegebenenfalls müsste der Zugang zu stark frequentierten Berei‐ chen zeitweise eingeschränkt werden. Eine weitere Regulierung ließe sich über unterschiedliche Preise für Besichtigungen erreichen, so dass eventuell zu bestimmten Zeiten und vielleicht auch für ausgewählte Bereiche höhere Eintrittsgebühren fällig würden. In Zeiten von Onlinebuchungen lassen sich Besucherströme auch durch Tickets für bestimmte Zeitfenster beeinflussen, wie es international auch außerhalb von Welterbestätten längst praktiziert wird. Im Leitfaden für einen nachhaltigen Tourismus an Welterbestätten wird auch empfohlen, die lokale Gemeinschaft mit ihren Dienstleistern bei dem Besuchermanagement zu berücksichtigen. „Besucherströme können so gestaltet werden, dass sich die lokale Gemeinschaft die Vorteile sichern kann. Einige großartige Websites haben den Besuch einer lokalen Gemein‐ schaft, um Produkte, Dienstleistungen oder Erlebnisse zu kaufen, zu einem wichtigen Bestandteil des Besuchererlebnisses gemacht. Dies kann oft den zusätzlichen Vorteil haben, dass es an einem weniger sensiblen Ort stattfin‐ det. In den am stärksten gefährdeten Gebieten müssen den Menschen keine Dinge verkauft werden - der Einzelhandel kann außerhalb der sensiblen Zonen angeboten werden, um die Verweildauer dort zu verlängern“ (a. a. O.). Aspekte der sozialen und ökonomischen Nachhaltigkeit können auf diese Weise zum Nutzen der lokalen Bevölkerung umgesetzt werden. 5.4 Besucherzentren Ein Besucherzentrum, Welterbezentrum oder Informationszentrum - oder wie dieses wichtige Gebäude auch genannt werden mag - stellt einen wesentlichen Ort dar, um dem Vermittlungsauftrag einer Welterbestätte 67 5.4 Besucherzentren nachzukommen (https: / / www.unesco.de/ sites/ default/ files/ 2018-12/ Handre ichung%20Informationszentren%20im%20Welterbe_DUK.pdf). Zwei grundsätzliche Fragen sind dabei zunächst zu klären: Soll diese Aufgabe in einem Neubau oder in einem historischen, denkmalgeschützten Gebäude als Teil der Welterbestätte erfüllt werden? Soll das Konzept eines Informationszentrums realisiert werden oder dasjenige eines Museums, womit sich die Schwerpunkte der Arbeit und die Intensität der Wissensver‐ mittlung verschieben und weitere Funktionen eines Museums (Sammeln und Forschen) hinzukommen würden? Bei einem Informationszentrum wäre die Primärmotivation der Besucher: innen, sich einen Überblick zu ver‐ schaffen, und Informationen über Angebote, Struktur und Beschaffenheit der Welterbestätte zu erhalten und vielleicht noch mit einer Sonderausstel‐ lung einen speziellen Einblick zu bekommen. Ein solches Besucherzentrum ist nicht vorrangiges Ziel der Reise. Zu einem Museumsbesuch kann ein themenspezifisches Interesse reizen und der Wunsch, Originale zu sehen, eine Sammlung kennenzulernen und grundsätzlich tiefer - auch noch zusätzlich mit museumspädagogischen Angeboten und Erlebnissen - in die Vielzahl der Aspekte dieser Welterbestätte einzutauchen (vgl. a. a. O., S. 19). Bei einem Besucherzentrum stellt sich ebenso die Frage des Standorts - soll es ein zentrales Besucherzentrum geben oder wären insbesondere bei einer großen Ausdehnung der Welterbestätte mehrere dezentrale sinnvoll? Wie stünde es um die Erreichbarkeit mehrerer dezentraler Informations‐ zentren? Wäre eine Anbindung an den ÖPNV gewährleistet, die auch an Wochenenden und Feiertagen funktioniert? Auf der Suche nach einem geeigneten Standort für ein Besucherzentrum können auch bereits existierende Einrichtungen mit einem Bildungsauftrag in Betracht kommen und vielleicht für eine Zusammenarbeit gewonnen werden, wenn es die Räumlichkeiten erlauben. Ein Maximum an Informatio‐ nen unter Einsatz vieler moderner Kommunikationstechniken und Medien lässt sich besser in einem Neubau weitergeben, der auf diese Bedürfnisse hin schon konzipiert werden kann. Die Nutzung eines historischen Gebäudes bietet dagegen andere Vorteile, mit denen ein Neubau nicht aufwarten kann, wie es ein Beispiel in Wismar als Teil des UNESCO Welterbes Altstädte von Stralsund und Wismar zeigt. 68 5 Nachhaltiger Tourismus - eine Pflicht für das Weltkulturerbe Praxis | Das Welt-Erbe-Haus in Wismar In der Lübschen Straße 23 wurde ein Bauensemble, das für eine über 700-jährige Bau- und Nutzungsgeschichte steht, saniert und zum Welt-Erbe-Haus mit integrierter Tourist-Info umgestaltet. „Das Haus steht dabei stellvertretend für viele weitere Denkmale, die nicht öffent‐ lich zugänglich sind. An ausgewählten Bereichen schafft ein ,gerahmter Blick‘ einen Fokus auf freigelegte Originalsubstanz zurückliegender Epochen“ (a. a. O. S., 25). „Die Ausstellung beginnt mit dem Thema Welterbe allgemein. Dann erfolgt ein Perspektivwechsel zur Einzigar‐ tigkeit Wismars im belebten Flächendenkmal. Die Geschichte der Stadt wird nicht chronologisch erzählt, sondern anhand von Schwerpunkten, die sich aus der ehemaligen Funktion der Räume des Dielenhauses ergeben“ (a. a. O., S. 26). Als besonderen Vorteil sieht man auch die direkte Raumverbindung zur Tourist-Info mit gleichen Öffnungszeiten an 365 Tagen im Jahr. Ca. 60.000 Besucher: innen jährlich wurden vor der Coronapandemie gezählt. 69 5.4 Besucherzentren 6 Blicke in die Praxis In Deutschland findet die internationale gemeinsame Vermarktung der deut‐ schen Weltkultur- und Weltnaturerbestätten durch die Deutsche Zentrale für Tourismus (DZT) statt (https: / / www.germany.travel/ de/ staedte-kultur / unesco-welterbe/ unesco-welterben.html). Aber auch einzelne Bundeslän‐ der, wie Rheinland-Pfalz (https: / / www.rlp-tourismus.com/ de/ uebergreifend e-themen/ unesco-welterbestaetten-und-weltkulturerbe), sowie Städte und übergeordnete Vereine (z. B. Deutsche Limes-Straße, (http: / / www.limesstra sse.de/ deutsche-limes-strasse/ home/ ) können diese Aufgabe übernehmen. In den folgenden Kapiteln stehen einige Welterbestätten mit ihren prakti‐ schen Herausforderungen und Problemen im Fokus - manches ist dabei keineswegs spezifisch für eine Welterbestätte! 6.1 Eine neue Aufgabe: die Vermarktung einer Welterbestätte Bad Ems gehört seit Sommer 2021 als ein traditionsreicher Kurort zu den elf Great Spas of Europe (https: / / www.badems-nassau.info/ fileadmin/ Mediendate nbank/ Genuss-und-Kultur/ bad_ems_und_die_great_spas_of_europe_4_.pdf.). Abb. 12: Bad Ems - Lahnansicht mit dem historischen Kurviertel Aus einem Gespräch mit Herrn Christoph Keul, Geschäftsführer Touristik Bad Ems-Nassau e. V. (geführt im September 2021), zu den Versäumnissen im Vorfeld der Bewerbung als Weltkulturerbestätte: ■ „Die Bevölkerung wurde nicht einbezogen, so haben Stadtführer bei‐ spielsweise keine Hintergründe erfahren. ■ Es gibt keinen Welterbemanager und die Denkmalpflege wird in Bad Ems von einer Person betrieben. ■ Es gibt keine Vermarktungsstrategie. ■ In der Vorbereitung der Bewerbung war maßgeblich der Stadtarchivar beteiligt, der inzwischen in den Ruhestand gegangen ist. ■ Ein Problem ist, dass viele Gemeinden von Bad Ems-Nassau für das Welterbe Great Spas of Europe in Bad Ems zahlen sollen - ,Alles Geld geht nach Bad Ems‘, so die Meinung aus diesen Gemeinden.“ Auf der Homepage (https: / / www.badems-nassau.info/ ) kommt das Welterbe Great Spas of Europe (Stand März 2022) mit keiner Silbe vor. Bad Kissingen gehört ebenso zu den elf historischen Kurorten, die 2021 als Great Spas of Europe in die Liste des UNESCO Welterbes aufgenommen wurden. Hier findet sich in den Angeboten eine Pauschale mit drei Über‐ 72 6 Blicke in die Praxis nachtungen (drei Hotels bieten sie an) und einer Reihe von Dienstleistungen zum Welterbe: „Erleben Sie Bad Kissingen als Teil des UNESCO-Welterbes ‚Great Spa Towns of Europe‘. Bestaunen Sie die prächtigen Bauwerke der berühmten Architekten Max Littmann und Friedrich von Gärtner. Ein Rundgang führt Sie durch unsere historischen Gebäude und Kuranlagen, auf dem Sie viel interessantes Hintergrundwissen erfahren. Tauchen Sie ein in die lange Tradition des Kurens, Badens und der Quellen. Eine Fahrt mit dem Dampferle und ein Besuch des Museums Obere Saline runden Ihren Besuch ab.“ (https: / / www.badkissingen.de/ gastgeber-und-angebote/ pausch alangebote/ index.html? detID=10671) Zurück zu Bad Ems, das durch seine Lage am Obergermanisch-Raeti‐ schen Limes auch ein Standort dieses Weltkulturerbes ist (https: / / www.une sco.de/ kultur-und-natur/ welterbe/ welterbe-deutschland/ grenzen-des-roem ischen-reiches ). In Bad Ems - in direkter Nachbarschaft zum historischen Kurviertel - kommt die römische Grenzbefestigung von den Höhen des Taunus herunter, quert das Lahntal und führt hoch in den Westerwald. Dieser historischen Linie in der Landschaft, die sich als Bodendenkmal durch die Region zieht, folgen die Deutsche Limes-Straße und der Deutsche Limes-Radweg. Der Verein Deutsche Limes-Straße e. V. mit Sitz in Aalen vermarktet diese beiden Fernrouten. (http: / / www.limesstrasse.de/ deutsche -limes-strasse/ home/ ). In Bad Ems-Nassau wurden auf der Taunusseite ein Drei-Kastelle-Rund‐ weg als Gemeinschaftsprojekt von acht Limes-Anrainer-Gemeinden ange‐ legt und dazu ein Flyer mit dem Verlauf eines Rundwanderwegs sowie einer Radwanderrunde gedruckt. In der Gemeinde Pohl wurde als größte Attraktion das römische Kastell rekonstruiert und 2009 wurde dieses wie‐ dererrichtete Militärlager auch zu einem bedeutenden Ausgangspunkt für das Drei-Kastelle-Wander- und Radwandernetz. Die Wirtschaftsförderungs‐ gesellschaft Rhein-Lahn mbH und das Land Rheinland-Pfalz förderten verschiedene Maßnahmen, um das versteckt im Boden liegende römische Erbe an ausgewählten Punkten wieder sichtbar zu machen (https: / / www.li meskastell-pohl.de/ fileadmin/ Kultur/ 2021/ 3KR-Radtouren.pdf). 73 6.1 Eine neue Aufgabe: die Vermarktung einer Welterbestätte Abb. 13: Bad Ems - Rekonstruktion eines kleinen Abschnitts der Limes-Palisade samt ungepflegter Informationstafel 74 6 Blicke in die Praxis Mit der Herausforderung, ein ausgedehntes Bodendenkmal und da‐ mit römische Vergangenheit für Lai: innen sichtbar und attraktiv zu machen, sieht sich gemeinsam mit einer Reihe weiterer Gemein‐ den am Niedergermanischen Limes auch die Stadt Krefeld konfron‐ tiert (https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ welterbe/ welterbe-deutsc hland/ niedergermanischer-limes). 2021 wurde dieser Teil des Limes, das Verbindungsstück zwischen dem Obergermanisch-Raetischen Limes und seinem Endpunkt nördlich von Rheinbrohl bis zur Nordsee, zum grenz‐ überschreitenden Weltkulturerbe erklärt. Auf dem heutigen Stadtgebiet von Krefeld befindet sich nahe am Rhein im Stadtteil Gellep-Stratum als bedeutendstes Bodendenkmal das einstige Kastell Gelduba. Claire Neidhardt, die Leiterin des Stadtmarketings Krefeld, nennt in einem Gespräch im März 2022 folgende Aspekte bzw. Herausforderungen bei der touristischen Erschließung und anschließenden Vermarktung des Welterbestandorts am östlichen Stadtrand: 1. Das römische Erbe in Form eines ausgedehnten Bodendenkmals, wie die Fundamente des Kastells und anderer Bauten, deren Spuren im Boden noch sichtbar sind, muss erst einmal sichtbar gemacht werden. Wie lässt sich dann das Wissen um die archäologischen Funde vor Ort vermitteln? 2. Wo müssen bzw. können Zugänge zum Gelände für das Publikum geschaffen werden? Bei welchen Flächen handelt es sich nicht um städtisches Terrain, so dass vor allem die Verwaltung des Krefelder Hafens miteinbezogen werden muss? Welche gewünschten Flächen sind in Privatbesitz? 3. Welche baulichen Maßnahmen sind auf dem Areal der römischen Aus‐ grabungen und im Umfeld nötig? Wie können Besucher: innen das Ge‐ lände am äußersten Stadtrand erreichen bzw. der ÖPNV hier verbessert werden? Wie kann die Verkehrsverbindung mit dem Museum Burg Linn verbessert werden, in dem es heute schon eine große Römerausstellung gibt und das u. a. für Führungen und Besuchermanagement auf dem Gelände am Osthafen zuständig ist. 4. Die Intensivierung und Konkretisierung der Zusammenarbeit mit der „touristischen Förderkulisse“, d. h. mit Institutionen wie der Landesmarketingorganisation NRW Tourismus, dem Landschaftsver‐ band Rheinland ( https: / / bodendenkmalpflege.lvr.de/ de/ projekte/ der_ niedergermanische_limes/ der_niedergermanische_limes_uebersicht.ht 75 6.1 Eine neue Aufgabe: die Vermarktung einer Welterbestätte ml), und dem Verein Deutsche Limes-Straße soll ein Schwerpunkt im Jahr 2021 werden. 5. Ein weiteres Tätigkeitsfeld wird die Anbindung an Radfernwege, wie dem Rheinradweg, und an das aus den Niederlanden kommende und am Niederrhein weit verbreitete Knotenpunktsystem von Fahrradwe‐ gen sein. Verknüpfungen und thematische Abzweigungen zu weiteren Orten römischer Geschichte in der Umgebung lassen sich in dieses schon bestehende Netz gut einbinden. Radfahren ist eine beliebte Frei‐ zeitbeschäftigung am Niederrhein und für Tagesgäste und Wochenend‐ besucher: innen attraktiv. Die Zusammenarbeit mit anderen Kommunen ergibt sich auf diese Weise ebenso. 6. Projekte mit Virtual Reality und Augmented Reality, die das komplexe Thema mit möglichst vielen Facetten aufbereiten und zielgruppenge‐ recht so interessant wie spannend - nach dem Prinzip des Edutainments - vermitteln sollen, laufen bereits. Verbindungen zu Großveranstaltungen und Events im westlichen Ruhrge‐ biet sollen gegebenenfalls ebenso hergestellt werden. 6.2 Rund sechs Millionen Besucher: innen jährlich im Kölner Dom Der Standort des Kölner Doms in direkter Nachbarschaft zum Hauptbahn‐ hof hat seine Vor- und Nachteile. Von den geschätzten sechs Millionen Besucher: innen jährlich haben keineswegs alle die Intention, das gotische Gotteshaus gezielt zu besichtigen, sondern viele nutzen den Gang durch den Dom als Abkürzung oder kurzen Schlenker auf dem Weg zum Bahnhof oder in anderer Richtung zur Hohe Straße, einem stark frequentierten Beginn der innerstädtischen Fußgängerzone. Abb. 14: Köln - Knigge für das Verhalten im Dom 76 6 Blicke in die Praxis Auf große Besuchermassen ist der Kölner Dom seit dem Mittelalter einge‐ stellt, die Bauherren und Baumeister des 13. Jahrhunderts konnten bereits mit dem entsprechenden Andrang rechnen. Hintergrund | Besucherlenkung im Mittelalter: der Umgangs‐ chor Beim Bau der gotischen Kathedrale als Pilgerkirche hat man sich schon im Mittelalter auf Besuchermassen eingestellt: Ein Umgangschor, ein relativ breiter Gang zwischen dem Hochchor mit dem Allerheiligsten und den Seitenkapellen, erlaubt einen reibungslosen „Einbahnverkehr“ um das wichtigste Ziel der Pilger: innen, den Schrein der Heiligen Drei Könige - übrigens die Schutzpatrone aller Reisenden! Diese Architektur hat sich selbst in der Pandemiezeit bewährt: So war es kein großer Aufwand, eine Einbahnstraßenregelung durch zwei große Zugänge im Westen des Doms einzuführen. In dieser Zeit ließ sich die angestrebte maximale Besucherzahl von 300 Personen gleichzeitig im Dom auch kontrollieren. Die Herausforderung, bei „normalem“ Besucheraufkommen - auch ohne gebotene Abstandsregeln - ein möglichst reibungsloses Besuchermanage‐ ment bei den Führungen umzusetzen, gehört mit zum Aufgabenbereich des DOMFORUMs (https: / / www.domforum.de/ ). Folgende Regeln und Angebote rund um die Führungen gibt es: ■ Nur autorisierte und registrierte Domführer: innen dürfen durch das Gotteshaus führen. ■ Die Führungen sind nur buchbar über das DOMFORUM. ■ Maximal 10 Führungen pro Stunde mit maximal 25 Personen (in Coronazeiten maximal 20 Personen, je nach Veranstaltung 2G- oder 3G-Nachweis, Maskenpflicht und Abstandsregeln) sind vorgesehen. ■ Führungen finden mit Headsets statt (Reduzierung der Geräuschkulisse, minimale Störung anderer Gruppen und der Individualbesucher: innen). ■ Unterschieden wird zwischen allgemeinen öffentlichen Führungen so‐ wie verschiedenen Themenführungen für Kinder und Erwachsene. ■ Es gibt mit Kordeln abgetrennte Bereiche zur Besucherlenkung in bestimmten Situationen. ■ Domschweizer fungieren als Aufsichtspersonen und Ansprechpartner. 77 6.2 Rund sechs Millionen Besucher: innen jährlich im Kölner Dom Köln Tourismus als erste Anlaufstelle für Besucher: innen der Domstadt kann nur Außenführungen, also Rundgänge über die Domplatte, anbieten. Dies steht aber auch anderen Anbietern frei, da es sich um einen öffentlichen Straßenraum handelt. 6.3 Zeche Zollverein und der Denkmalschutz Gleich am historischen Haupteingang zur Zeche Zollverein (http: / / whc.unes co.org/ en/ list/ 975) in Essen steht gerade einmal ein Eisenmodell der gesamten Anlage der Zeche mit ihren verschiedenen Schächten und der Kokerei. Die einzelnen Gebäude sind in Deutsch, Englisch sowie Blindenschrift beschriftet und das Modell ist in einer Höhe angebracht, die auch Kindern und Personen im Rollstuhl einen guten Überblick ermöglicht. Vor dem Zechentor sind die Besucher: innen bereits an einem Übersichtsplan des Geländes in Form und Größe einer Plakatwand vorbeigekommen (siehe Abb. 9). Abb. 15: Zeche Zollverein - Der Blick durch den Haupteingang zeigt die puristische Bauhaus-Architektur der Zeche in barocker Symmetrie. 78 6 Blicke in die Praxis Möchten die Interessierten einige grundlegende Informationen, z. B. was hat es mit dem Namen „Zollverein“ auf sich oder eine Einordnung dieser Zeche in die Zechenlandschaft von Essen, dann werden sie diese vermutlich zu diesem Zeitpunkt nicht finden. Solche einführenden und grundlegenden Informationen befinden sich fern vom Haupteingang, es gibt keinen Hinweis darauf und Gäste werden zum Komplex der Gebäude vor ihnen streben. An einigen alten Werksgebäuden der ersten Seitenstraße rechts, die sich in Privatbesitz befinden (heute „Kunstschacht“), warten außen angebracht die sinnvollen einleitenden Fakten. Abb. 16: Zeche Zollverein - grundlegende Informationen in versteckter Lage, ohne die Bauhaus-Architektur zu stören Der Grund für diese besucherferne Anbringung liegt in einem rigiden Denk‐ malschutz dieses Ensembles im Stil des Bauhauses, der die Informations- und Vermittlungsaufgabe, die mit einem Welterbe verbunden ist, beachtlich einschränkt. So verbietet der Denkmalschutz auf der Zeche Zollverein u. a. auch das Aufstellen von Wegweisern an asphaltierten Wegen, die durch die ausgedehnten Brachflächen, auf denen Schmetterlingsflieder, Birken und andere Pflanzen prächtig gedeihen dürfen, verlaufen und zu anderen Ge‐ bäuden führen. Welchen Sinn es macht, auf dem asphaltierten „Fernradweg“ 79 6.3 Zeche Zollverein und der Denkmalschutz durch das Zechengelände die minimalistischen Hinweise auf dem Boden nur für Ziele in einer Fahrtrichtung anzugeben, bleibt offen. Immerhin der Wegweiser des regionalen Knotenpunktsystem durfte aufgestellt werden. Hintergrund | Besucher: innen der Zeche Zollverein Ca. 1,5 Millionen Besucher: innen werden auf dem Gelände der Welter‐ bestätte jährlich geschätzt. Das Gelände dient als Naherholungsgebiet für die Bevölkerung der Umgebung. Essener: innen und Bewohner: innen des Ruhrgebiets kommen ebenso zu Veranstaltungen, Konzerten und anderen Events. Bestimmte Veranstaltungen haben eine noch größere Anziehungskraft und bringen Publikum aus dem deutschsprachigen Ausland sowie den Niederlanden. Fachbesucher: innen reisen sogar aus Asien an; sie sind oftmals an der Bewahrung und Transformation von Industrieerbe interessiert. Ein ähnliches Interesse verzeichnet man aber auch aus europäischen Staaten. Die Zeche Zollverein gilt als ein Best-Practice-Beispiel. Mit modernen technischen Kommunikationsmitteln, die die denkmalge‐ schützte Bausubstanz nicht in ihrer ästhetischen Wahrnehmung beeinträch‐ tigen, setzt man in der Vermittlung des Welterbes auf Apps und VRbzw. QR-Codes sowie Gästeführungen. Die mehr als hundert Personen, die mit ihren Führungen Wissen vermitteln, setzten sich anfangs aus ehemaligen „Zollvereinern“ - Mitarbeitern der Zeche - zusammen. Doch diese kommen nun in ein Alter, in dem sie zunehmend weniger zur Verfügung stehen kön‐ nen, und demzufolge wird das Besuchermanagement gezwungen, stärker auf die digitalen Medien zurückzugreifen. Hintergrund | Besucher: innen während der Coronapandemie „Selbst in Corona-Zeiten waren wir bei unseren Führungen an der Ka‐ pazitätsgrenze. Es gab jedoch eine eingeschränkte Zahl, um Führungen sich nicht begegnen zu lassen. Von den Zollverein-Führungen leben wir, sie bringen uns mehrere Millionen an Einnahmen.“ (Delia Bösch, Leiterin Marketing und Kommunikation, in einem Interview im August 2020) 80 6 Blicke in die Praxis Der starke Einsatz digitaler Medien ermöglicht es, unterschiedliche Ziel‐ gruppen anzusprechen, Besucher: innen in verschiedenen Sprachen zu in‐ formieren, aber er bedeutet gleichzeitig auch den Ausschluss nichtinterne‐ taffiner Personen oder auch von Menschen, die grundsätzlich oder gerade kein funktionsfähiges Smartphone besitzen. 6.4 Einsam in der Landschaft: Holzkirchen der Karpaten in Polen und Ukraine Besondere Herausforderungen für das Besuchermanagement stellen iso‐ liert gelegene Welterbestätten dar, wie es das Beispiel Jakobuskirche in Powroźnik im Südosten Polens zeigt. Dieses außerhalb des Ortes stehende Gotteshaus gehört zu den Holzkirchen im Karpatenvorland Polens und der Ukraine (http: / / whc.unesco.org/ en/ list/ 1424/ ). Jeweils acht hölzerne Kirchen in den beiden Staaten machen dieses grenzüberschreitende Welt‐ erbe aus. Abb. 17: Powroźnik/ Polen - die Jakobuskirche als eine einsam gelegene Weltkulturerbe‐ stätte, die nicht frei zugänglich sein kann und nur von außen zu betrachten ist 81 6.4 Einsam in der Landschaft: Holzkirchen der Karpaten in Polen und Ukraine Abb. 18: Powroźnik/ Polen - die Konstruktion und innere Gliederung der Jakobuskirche. Ein Wegweiser östlich des Kurorts Muszyna führt von der Landstraße zur Holzkirche in der freien Landschaft. Es dürfte niemanden überraschen, dass ein historisches Bauwerk in dieser relativ abgeschiedenen Lage nicht geöffnet ist. Eine große Informationstafel nahe beim einzigen Zugang zur etwas geschützt hinter einem Mauerkranz liegenden Kirche gleicht dieses Manko jedoch recht gut aus. Texte in Polnisch und Englisch geben grundlegende Informationen, z. B. dass diese Kirche mit dem Baujahr 1600 die älteste griechisch-orthodoxe Holzkirche in den polnischen Karpaten ist. 1813/ 14 versetzte man sie aus einem hochwassergefährdeten Bereich an diesen Standort. Im Jahr 2013 wurde sie mit sieben weiteren historischen orthodoxen Holzkirchen in Polen und acht gleichen Bautyps in der Ukraine in die Welterbeliste aufgenommen. Ausführlich wird das Gebäude mit Text, einer Zeichnung und zahlreichen Fotos vorgestellt. Die klare Zeichnung vermittelt sehr gut die einzelnen Teile des Baukörpers, schafft einen guten Überblick über das Wesentliche. Im Text finden sich Zahlen, die auf Fotos mit Details aus dem Inneren hinweisen. So ist es möglich, einen sehr guten Eindruck vom Inneren der Kirche zu bekommen - selbst wenn man weder des Polnischen noch des Englischen 82 6 Blicke in die Praxis mächtig ist. Natürlich ersetzt dies nicht die konkrete Anschauung und das Erlebnis des historischen Raumes und seiner Authentizität, aber die Wissensvermittlung ist gegeben. Am unteren Rand der Informationstafel befindet sich eine Reihe von Fotos anderer orthodoxer Holzkirchen im Distrikt Muszyna, die zwar nicht alle zum Welterbe gehören, dafür aber zur Themenroute Holzkirchen in Klein‐ polen. An den Bildern sind auch für Lai: innen mühelos Gemeinsamkeiten und das Typische dieser Architekturform zu erkennen - allem voran der gestaffelte Baukörper, dessen Teile jeweils von einem Zwiebelturm gekrönt werden. Ein Hinweis auf der Informationstafel, wann diese Kirche geöffnet ist und ein Gottesdienst stattfindet, wäre wünschenswert. 6.5 Welterbevermittlung und -marketing in der Schweiz 2009 wurde - noch unter der Bezeichnung UNESCO Destination Schweiz (UDS) - der Verein World Heritage Experience Switzerland (WHES) von touristischen Organisationen und Trägerschaften der Schweizer Welterbe‐ stätten gegründet; 2014 änderte man den Namen auf Anstoß der Schweize‐ rischen UNESCO Kommission zum heutigen. Der Ursprungsgedanke war, die Kräfte der jeweiligen Tourismusorganisationen auf nationaler Ebene zu konzentrieren und den Welterbestätten zu einem übergeordneten, nachhal‐ tigen und koordinierten Welterbetourismus zu verhelfen. Hinzugekommen sind inzwischen die Aufgaben Management und Vermittlung (vgl. http: / / w ww.whes.ch/ de/ ueber-uns/ 1253/ ? oid=2328&lang=de). Die Arbeit des Vereins WHES wird in einem Interview mit dem Geschäfts‐ führer Kaspar Schürch vorgestellt. ▶ Wie sieht die Aufgabenteilung zwischen dem Management der einzelnen Welterbestätte und der WHES aus? Hat die Schweizerische UNESCO Kommis‐ sion ein Mitspracherecht bei der Vermarktung? WHES ist als Verein organisiert. Mitglieder sind touristische Organisatio‐ nen, Managementorgansiationen von Welterbestätten oder Stiftungen - abhängig davon, wie die Welterbestätten vor Ort strukturiert sind. Da dies häufig historisch gewachsen ist, ist dies von Region zu Region unterschied‐ lich. Die Mitgliederversammlung kann schlussendlich entscheiden, welche 83 6.5 Welterbevermittlung und -marketing in der Schweiz Tätigkeiten vom Verein WHES umgesetzt werden sollen. Grundsätzlich ist die Trennung so, dass WHES immer das gesamte Netzwerk in den Vorder‐ grund stellt und sich um dessen nationale und internationale Vermarktung kümmert und auch dessen nationale/ internationale Kooperationen betreut (Beispiel Integration bei Schweiz Tourismus etc.). Die Welterbestätten be‐ werben ihre jeweilige Stätte zusätzlich selbst. Die Schweizerische UNESCO Kommission ist kein aktives Mitglied im Verein, weshalb kein direktes Mitspracherecht besteht. Es findet aber ein regelmäßiger Austausch über aktuelle Projekte statt, wo sich die UNESCO Kommission einbringen kann. Gerade im Bereich der Vermittlung gibt es zudem auch gemeinsam umgesetzte Projekte (z. B. Erarbeitung von Erklär‐ videos). WHES nutzt das offizielle Logo der UNESCO Kommission (Tempel und Emblem) nicht, da die Markenrechte bei der UNESCO Kommission liegen und nicht im kommerziellen Zusammenhang genutzt werden dürfen. Daher treten wir immer unter „WHES“ auf. ▶ Welche Strategien verfolgt die WHES beim Vermarkten von Welterbestätten? Was lässt sich generell über die Angebotsentwicklung sagen? Gibt es grundle‐ gende Unterschiede, z. B. bei ohnehin gut besuchten Stätten? Ist eher eine Besucherlenkung oder vielmehr eine Besucherreduzierung zu beobachten? Für WHES ist es zentral, dass alle selbstinduzierten Angebote auf einen sanften, nachhaltigen Tourismus setzen und die Werte der UNESCO und der jeweiligen Welterbestätte im Vordergrund stehen. Die lokalen Partner werden bei der Berücksichtigung der kommunizierten Angebote immer miteinbezogen. So können sie selbst Einfluss nehmen auf eine mögliche Besucherlenkung auf die gewünschten Angebote. Momentan ist die Situa‐ tion in der Schweiz so, dass die Welterbestätten die Besucherströme gut bewältigen können. Eine Besucherreduzierung ist bisher noch nie angeregt worden. ▶ Wie steht es um die Besucherlenkung auch zu weniger frequentierten Stätten als Beitrag zur lokalen/ regionalen Wirtschaftsförderung? Wie geht man mit Stätten um, die auf ein geringeres öffentliches Interesse stoßen? Dadurch, dass auch touristische Organisationen bei uns als Mitglied fungie‐ ren, verfügen alle Welterbestätten über ein touristisches Produkt/ Angebot wie eine Führung, ein Besucherzentrum oder ein Museum. Zudem sind 84 6 Blicke in die Praxis diese Partner lokal bereits bemüht, buchbare und interessante Angebote zu erstellen. Vielfach sind gerade diese Stätten sehr kreativ in der Angebots‐ gestaltung. WHES versucht dann, diese Angebote zielgruppenorientiert zu kommunizieren. Das Welterbe steht vielleicht für die Besuchsmotivation nicht im Vordergrund, dennoch können die Werte vermittelt werden. Ein Beispiel dafür sind die Bartgeier-Touren in der Tektonikarena Sardona. Die Gäste kommen mit der Absicht, die Bartgeier zu sehen - lernen dann aber auf der Tour auch gleich viel Wissenswertes über die geologischen Gegebenheiten der Glarner Hauptüberschiebung (OUV des Welterbes). ▶ Was wird unter nachhaltigem Qualitätstourismus verstanden? Ein Tourismus, der für das Welterbe, Einwohner: innen, die Umwelt verträg‐ lich ist und dennoch wirtschaftlich dazu beiträgt, die Region zu stärken. ▶ Welche Welterbestätten bzw. Verantwortliche fallen durch ein besonderes Engagement für die touristische Attraktivität auf ? Was wird neben den klassischen Führungen angeboten? Wo gibt es hier Kreatives zu berichten? Wir stellen häufig fest, dass gerade die Welterbestätten, bei denen die Werte auf den ersten Blick nicht sichtbar oder greifbar sind, sehr kreativ sind in der Angebotsgestaltung. So leben die Saurier mittels 3D-Animationen wieder auf im Fossilienmuseum des Monte San Giorgio oder die Pfahlbauten-Fund‐ stellen konnten mittels einer App erlebt werden. Die Tektonikarena Sardona hat einen Forscher-Rucksack für Familien entwickelt, welcher vor dem Besuch erworben werden kann. Im Gebiet Swiss Alps Jungfrau-Aletsch gibt es ein sehr interaktives Besucherzentrum, welches die Vielfalt des Gebiets den Besucher: innen auf spielerische Weise näherbringt - man kann beispielsweise Landschaften selber aus Sand erschaffen und dann mit einer virtuellen Animation erleben, wie Wasser diese Landschaft verändern kann. Auf der anderen Seite können größere Organisationen, wie beispielsweise die Rhätische Bahn, aufgrund der vorhandenen Ressourcen, auch größere Projekte realisieren. So ist dort um das Wahrzeichen Landwasser-Viadukt eine große Besucherattraktion in Planung. Entlang der Welterbestrecke soll über vier Dörfer verteilt ein eigene „Landwasser-Welt“ entstehen, welche den Attraktions-, den Lebens-, den Natur- und den Wirtschaftsraum erlebbarmacht. (www.projekt-landwasserviadukt.ch) 85 6.5 Welterbevermittlung und -marketing in der Schweiz ▶ Welche besonderen Erlebnisse werden angeboten? Für welche Zielgruppen? Wie sieht der Auftrag aus, auch Kinder und Jugendliche an das Welterbe heranzuführen? Gibt es ihn explizit? Gibt es eine spezielle Zusammenarbeit mit Schulen? Werden Schulausflüge zu Welterbestätten gefördert? Seit diesem Jahr engagiert sich WHES aktiv im Bereich der Vermittlung mit dem Ziel, das Welterbe auch gezielt im Schulbereich zu verankern. In einem ersten Schritt wurden spezifische Schulausflüge ins Welterbe gesammelt und aufbereitet, um sie dann gemeinsam zu bewerben. Einzelne Welterbestätten sind in dieser Thematik sehr weit. Vor allem im Bereich der Naturerbestätten, wo eine staatliche Unterstützung besteht. Ziel ist es nun, in den kommenden Jahren diese Bemühungen auf nationaler Ebene ebenfalls aufzubauen und zu stärken. In einem zweiten Schritt sollen dann auch bestehende Lehrmaterialien gesammelt, zur Verfügung gestellt und gegebenenfalls ausgebaut werden. ▶ Haben Sie eine „Hitliste“ der Welterbestätten nach den Nachfragen oder, wenn möglich, nach Besucherzahlen, wenn sie durch Ticketverkäufe erfasst werden? Kann man etwas über das Interesse bestimmter Nationen sagen? Im Jahr 2018 wurde eine repräsentative Studie zur Bekanntheit der Welter‐ bestätten in der Schweiz durchgeführt. In ungestützten Umfragen lagen die Werte zwischen 0,5 % (Pfahlbauten) bis ~15 % (Altstadt von Bern). In gestützten Umfragen verbesserten sich die Werte auf rund 40 % bei den Besten, blieben jedoch tief bei den unbekannteren Welterbestätten. Zusätzlich gibt es regional (vor allem in den einzelnen Sprachregionen) große Unterschiede. Unsere Hauptzielgruppen für die touristische Bekanntmachung des Welt‐ erbes sind Schweizer: innen sowie die umliegenden Nachbarländer. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Bekanntheit des Welterbes steigt, je weiter weg es liegt. So kennen Herr und Frau Schweizer Welterbestätten auf der ganzen Welt (z. B. Grand Canyon oder Taj Mahal), aber die Welterbe‐ stätten im eigenen Land sind ihnen kaum bekannt. Wir sehen daher großes Potenzial in der Erkundung der Welterbestätten vor der eigenen Haustüre. Uns ist aber auch bekannt, dass gerade bestimmte Fernmärkte sehr affin für das Welterbe sind (z. B. USA oder asiatische Märkte). Hier machen wir zwar vereinzelte Aktivitäten, aber ressourcentechnisch ist es nicht möglich, dort eine große Wirkung zu erzielen, weshalb wir uns nach wie vor auf die Nahmärkte fokussieren. 86 6 Blicke in die Praxis ▶ Wie kann eine Eisenbahn dem Welterbestatus nutzen? Steigt dadurch die Zahl der Passagiere? Gibt es zusätzliche Angebote rund um den Welterbestatus? Die Rhätische Bahn verfügt mit den beiden Erlebniszügen Glacier Express und Bernina Express über zwei sehr starke Marken, welche bei gewissen Zielgruppen stärker sind als der Welterbestatus. Dennoch nutzt die Bahn den Status in ihrer Kommunikation. So wird beim Befahren der Strecke jeder Gast über eine Ansage darauf aufmerksam gemacht, dass die Strecke zum Welterbe gehört. Zusätzlich zur eigentlichen Fahrt dient das Bahnmuseum Albula in Bergün als Besucherzentrum und widmet sich auch den Werten des Welter‐ bes. Dies soll mit dem neuen Projekt Landwasser-Welt noch gestärkt und massiv ausgebaut werden. Kaspar Schürch ist seit mehr als sechs Jahren Geschäftsleiter von World Heritage Experience Switzerland. Nach seinem Studium des Tourismusmanagements und des International Management war er zuvor in verschiedenen Positionen im Tourismus-/ Bahnbereich in der Schweiz tätig, u. a. als Markt Manager bei Swiss Travel System und als Leiter Verkauf bei TGV Lyria. Das Welterbe und ein nachhaltiger Umgang mit diesen einzigartigen Zeitzeugen unserer Geschichte liegen ihm sehr am Herzen. 87 6.5 Welterbevermittlung und -marketing in der Schweiz 6.6 Overtourism im Weltkulturerbe Einige Städte bzw. ihre Altstädte, die zum UNESCO Weltkulturerbe gehören, leiden unter Overtourism. Man sollte sich jedoch nicht der Illusion hingeben, dass es dieser besondere wie exklusive Status ist und daraus erwachsend ein Bedürfnis, dieses Erbe der Menschheit kennenzulernen und seine Bedeutung zu verstehen, der das Gros der Besucher: innen reizt. Die Coronapandemie mit ihren Reiseeinschränkungen dürfte diesen überlaufenen Zielen nur eine vorübergehende Schonzeit gebracht haben. Zu den derart geplagten Destinationen gehört Venedig. Die 1987 zum Weltkulturerbe der Menschheit erhobene Lagunenstadt (ht tp: / / whc.unesco.org/ en/ list/ 394) gehört zu den Destinationen, die durch den Overtourism und den Widerstand der einheimischen Bevölkerung immer wieder in den Medien präsent sind, wie z. B. die 45-minütige Dokumentation des WDR von 2018 „Venedig: Zerstören die Touristen die Stadt? “ (https: / / w ww.youtube.com/ watch? v=vzHJ7AXHc0c) zeigt. Das Besucheraufkommen vor der Coronapandemie fasst Kirstges (2020, S. 111) zusammen: „Schätzun‐ gen beziffern das Touristenaufkommen in Venedig auf ca. 10 Mio. Personen für 2018, hinzu kommen noch ca. 20 Mio. Tagesgäste, darunter pro Tag - je nach Schiffsanläufen - bis zu 30.000 Kreuzfahrttouristen. Genaue Zahlen sind mangels einer validen statistischen Erfassung nicht bekannt; insbesondere Tagestouristen werden nicht erfasst.“ Die Auswirkungen eines solchen Touristenaufkommens auf die Stadt‐ bevölkerung - von Abwanderungen, Verlusten an Lebensqualität der ver‐ bliebenen Menschen, Protesten unter dem Motto „Tourists go away! You are destroying this area! “ oder „Tourism kills my neighbourhood“ etc. - sollen hier nicht weiter betrachtet werden, stattdessen sollen die gravie‐ rendsten Folgen für die Welterbestätte skizziert werden. Die Wassertiefe in der Lagune von Venedig beträgt von Natur aus rund 1 m. Um den Kreuzschiffen durch den Giudecca-Kanal, das San-Marco-Becken und den San-Marco-Kanal die Passage durch die Altstadt zu ermöglichen, mussten Fahrrinnen bis zu einer Tiefe von 11 m ausgebaggert werden. „Das, so sagen Kritiker, sei mitverantwortlich für die regelmäßigen Wasserhochstände in Venedig. Die Schiffsbewegungen und die durch sie verursachte große Was‐ serverdrängung beschädigen auch die Fundamente der Gebäude. Die Schiffe verdrängen beim Fahren das Wasser, drücken dieses gegen die Fundamente, und anschließend strömt das Wasser wieder zurück und destabilisiert so die Fundamente“ (a. a. O., S. 113). 88 6 Blicke in die Praxis Neben diesen physikalischen Prozessen sorgt - ausgelöst durch eine hohe Feinstaubbelastung durch die Emissionen aus den Schornsteinen der Kreuzfahrtschiffe - die chemische Verwitterung für Schäden an der historischen Bausubstanz oberhalb des Wassers. Im Jahr 2014 drohte das Welterbekomitee, Venedig auf die Rote Liste des gefährdeten Welterbes zu setzen und damit den ersten Schritt zur Aberkennung des Welterbestatus zu vollziehen. Die Integrität dieser Welterbestätte sieht die UNESCO gefährdet: „Die historische Stadt hat ihre städtischen Funktionen aufgrund des erheblichen Bevölkerungsrückgangs, der Nutzungsänderung vieler Gebäude, des Ersat‐ zes traditioneller produktiver Aktivitäten und Dienstleistungen durch an‐ dere Aktivitäten verändert. Der außergewöhnlich hohe Tourismusdruck auf die Stadt Venedig hat zu einem teilweisen funktionalen Wandel in Venedig und den historischen Zentren der Lagune geführt. Dazu gehören funktionale Transformationen von Venedig und den historischen Zentren der Lagune, die durch den Ersatz von Wohnhäusern und kommerziellen Aktivitäten und Dienstleistungen der Residenz durch touristische Aktivitäten verursacht werden, die die Identität und die kulturelle und soziale Integrität der Immobilie gefährden. Diese Faktoren können in Zukunft schwerwiegende negative Auswirkungen auf die Identität und Integrität der Immobilie haben und sind daher die Hauptprioritäten innerhalb des Managementplans“ (wh c.unesco.org/ en/ list/ 394). „Die dringendsten Managementprobleme beziehen sich auf Hochwas‐ ser und mobile Barrieren, tourismusbedingten Druck und die Aufrechter‐ haltung traditioneller Praktiken und Techniken zur Wiederherstellung“ (a. a. O.). 2021 wurde auf der jährlichen Sitzung des Welterbekomitees erneut über einen Eintrag in der Roten Liste diskutiert; Venedig wurde schließlich nicht eingetragen. Die Begründungen und die geplanten sowie bereits be‐ gonnenen Aktivitäten der Stadt Venedig und des Destinationsmanagements sind im Sitzungsprotokoll des Welterbekomitees (Onlinemeeting vom 16.- 31. Juli 2021) festgehalten (https: / / whc.unesco.org/ archive/ 2021/ whc21-44c om-7B.Add-en.pdf, S. 43 ff.). 89 6.6 Overtourism im Weltkulturerbe Abb. 19: Tallinn - Besuchermassen auf dem Weg vom Hafen zum Rathausplatz in der Altstadt Die Welterbestätten Tallinn (http: / / whc.unesco.org/ en/ list/ 822) und Du‐ brovnik (http: / / whc.unesco.org/ en/ list/ 95) leiden ebenso unter den Kreuz‐ fahrtschiffen vor den Toren der Altstädte. Auch hier sorgen sie für Besu‐ chermassen bis hin zu Overtourism. So groß kann ein ernsthaftes Interesse an den Stätten des UNESCO Weltkulturerbes nicht sein! 90 6 Blicke in die Praxis Die Rote Liste des UNESCO Weltkulturerbes alias Liste des gefährdeten Erbes der Welt Die Aspekte der möglichen Schädigungen bei den aktuell als gefährdeten Weltkulturerbestätten sind in der nachfolgenden Tabelle keinesfalls voll‐ ständig. Die Auswahl soll das breite Spektrum der möglichen Gefährdung zeigen: Staat Weltkulturer‐ bestätte Grund für die Gefährdung Afghanis‐ tan Minarett und ar‐ chäologische Re‐ likte von Dschām Überschwemmungen gefährden das Minarett, Unruhen, illegale Ausgrabungen, Plünderungen weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ srt9e Afghanis‐ tan Kulturlandschaft und archäologi‐ sche Überreste des Bamiyan-Tals absichtliche Zerstörung der riesigen aus dem Fels gehauenen Buddhastatuen, Antipersonen‐ minen, Munition weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ t7wvu Bolivien Stadt Potosí Fortsetzung des Bergbaus bedroht die Stadt weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ tpesd Irak Ashur (Qal'at Sherqat) Krieg, Zerstörung der assyrischen Stätten, Plün‐ derungen für den Verkauf von Kulturgütern, Staudammprojekt weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ al2d7 Israel Altstadt und Stadt‐ mauern von Jeru‐ salem Mangel an Planungs-, Governance- und Mana‐ gementprozessen, Veränderung des städtischen und sozialen Gefüges, Auswirkungen archäolo‐ gischer Ausgrabungen, städtische Umwelt und visuelle Integrität, Verkehr, Zugang und Verkehr weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ o7hti Jemen befestigte Altstadt von Shibam Flutkatastrophen im Wadi, Ersetzen von Lehm‐ architektur durch Betonkonstruktionen weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ s2x89 Staat Weltkulturer‐ bestätte Grund für die Gefährdung Jemen Altstadt von Sa‐ na'a Veränderungen im Stadtbild durch moderne Bauten und in der Umgebung durch Telekom‐ munikationstürme, Bebauung von traditionel‐ len Freiflächen weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ 2901s Jemen historische Stadt Zabid Veränderungen durch neue Bauten aus Well‐ blech, Beton etc., Installation von Freileitungen für Elektrizität, Bebauen von Freiflächen weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ jj03a Libyen archäologische Stätte von Kyrene Kriegerische Auseinandersetzungen, absichtli‐ che Zerstörung, Landwirtschaft in der Zone, mangelhaftes Management, Abwässer weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ 2imcr Libyen archäologische Stätte von Leptis Magna Krieg, Graffiti, Feuer, illegale Aktivitäten, Sand‐ verwehungen weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ kyes2 Libyen archäologische Stätte von Sabra‐ tha Krieg, übermäßiges Vegetationswachstum, Ein‐ fluss von Feuchtigkeit und Meerwassersalz auf Steinmetzarbeiten, Stadtwachstum weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ qik0h Libyen Stätten der Fels‐ bildkunst von Tadrart Acacus Krieg, absichtliche Zerstörung des Erbes weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ 0v5n5 Libyen Altstadt von Gha‐ dames Krieg, Auswirkungen des Klimawandels: starke Regenfälle, Grundwasser, Brände weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ 7jwec Mali alte Städte von Djenné Auswirkungen des Klimawandels, Ersetzen tra‐ ditioneller Bauweisen und Bauelemente durch moderne weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ qq697 92 Die Rote Liste des UNESCO Weltkulturerbes alias Liste des gefährdeten Erbes der Welt Staat Weltkulturer‐ bestätte Grund für die Gefährdung Mali Timbuktu Auswirkungen des Klimawandels: Starkregen, unkontrollierte Urbanisierung, Verluste an tra‐ ditioneller Architektur weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ nlyib Mali Grabmal von As‐ kia Erhaltungszustand und Authentizität des Welt‐ erbes und seiner Umgebung weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ zi2em Mikrone‐ sien Nan Madol: zere‐ monielles Zen‐ trum von Ostmi‐ kronesien Erhaltungszustand, Überwucherungen durch Vegetation, Sturmfluten, Verschlammung von Wasserstraßen, die zum unkontrollierten Wachstum von Mangroven beiträgt und beste‐ hende Gebäude untergräbt weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ 1gwe4 Öster‐ reich historisches Zen‐ trum von Wien neue Skyline mit Hochhäusern außerhalb der Pufferzone weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ e9mgh Palästi‐ nensische Gebiete Land der Oliven‐ bäume und Wein‐ reben - Kultur‐ landschaft von Südjerusalem, Bat‐ tir möglicher Bau eines Trennzauns (Mauer) durch die Kulturlandschaft, Aufgabe von Terrassen und Aufforstung, Auswirkungen soziokulturel‐ ler und geopolitischer Transformationen weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ xs6vx Palästi‐ nensische Gebiete Hebron/ Al-Khalil Altstadt fehlende Managementsysteme, Fehlen einer Er‐ klärung des herausragenden universellen Wer‐ tes zum Zeitpunkt der Eintragung weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ 9hk4k Panama Festungen auf der karibischen Seite von Panama: Por‐ tobello-San Lo‐ renzo Umweltfaktoren, unkontrollierte Zersiedelung, Verfall durch mangelnde Wartung weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ 4xxgp 93 Die Rote Liste des UNESCO Weltkulturerbes alias Liste des gefährdeten Erbes der Welt Staat Weltkulturer‐ bestätte Grund für die Gefährdung Peru archäologische Zone Chan Chan unkontrollierte wie illegale landwirtschaftliche Nutzung des Gebiets, Stadt- und Industrieent‐ wicklung, Autobahn weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ nmj6c Rumänien Bergbauland‐ schaft Roșia Mon‐ tană noch existierende aktuelle Bergbaulizenzen ge‐ fährden das antike römische Bergbauareal weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ gevme Syrien Altstadt von Da‐ maskus schlechter Erhaltungszustand, ungeeignete Wiederherstellungstechniken, Entwicklungs‐ projekte, die das historische Gefüge bedrohen, Krieg weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ 9opn5 Syrien antike Stadt Bosra illegale Bauten und Ausgrabungen auf dem Ge‐ lände, Krieg weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ ppvwm Syrien Palmyra illegale Bauten und Ausgrabungen auf dem Ge‐ lände, Krieg weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ zdcy3 Syrien Altstadt von Aleppo Veränderungen in traditionellen Lebensweisen, fehlendes Management, unangemessene Re‐ staurierungen, Krieg weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ zo2zd Syrien Crac des Cheva‐ liers und Qal'at Sa‐ lah El-Din Nutzung von Steinbrüchen im Umkreis, feh‐ lendes Management, Auswirkungen des Touris‐ mus, Krieg weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ u6dsn 94 Die Rote Liste des UNESCO Weltkulturerbes alias Liste des gefährdeten Erbes der Welt Staat Weltkulturer‐ bestätte Grund für die Gefährdung Syrien antike Dörfer in Nordsyrien fehlender rechtlicher Rahmen, fehlende Geld‐ mittel, kein Management, Abbau des histori‐ schen Baumaterials, absichtliche Zerstörung, militärische Ausbildung in der Region, Krieg weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ ru2i8 Uganda Gräber der Bu‐ ganda-Könige in Kasubi Feuer zerstörte einen Teil des Welterbes, Ver‐ breiterung einer Straße weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ 1iwml Ukraine sechs Weltkultur‐ erbestätten Russischer Angriffskrieg begonnen am 24.2.2022 Usbekis‐ tan historisches Zen‐ trum von Shahri‐ sabz steigender Grundwasserspiegel, Management, Abriss und Wiederaufbau traditioneller Wohn‐ gebiete, kommerzielle Entwicklung weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ ux559 Mehr Details sind online zu finden: ■ List of World Heritage in Danger | http: / / whc.unesco.org/ en/ danger/ ■ Liste des gefährdeten Erbes der Welt | https: / / www.unesco.de/ kultur-un d-natur/ welterbe/ welterbe-sein/ liste-des-gefaehrdeten-erbes-der-welt) Streichung aus dem UNESCO Weltkulturerbe Deutsch‐ land Kulturland‐ schaft Dresdner Elbtal Bau der Waldschlösschenbrücke weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ ap960 Großbri‐ tannien Liverpool - eine maritime Handels‐ stadt die Umsetzung des Projekts „Liverpool Waters“ und andere große Infrastrukturprojekte (inkl. Fußballstadion) schädigen die Welterbestätte weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ khglk 95 Die Rote Liste des UNESCO Weltkulturerbes alias Liste des gefährdeten Erbes der Welt Abbildungs- und Tabellennachweise Autorenbilder Autorenfoto Gabriele M. Knoll | © privat Autorenfoto Kaspar Schürch | © World Heritage Experience Switzerland - WHES Tabelle Tab. 1 | in Anlehnung an https: / / welterbe.bamberg.de/ de/ projekte/ manage mentplan, S. 56-57 Abbildungen Abb. 1 | © Gabriele M. Knoll Abb. 2 | in Anlehnung an UNESCO (http: / / whc.unesco.org/ en/ list/ stat) Abb. 3 | © Gabriele M. Knoll Abb. 4 | © Gabriele M. Knoll Abb. 5 | © Gabriele M. Knoll Abb. 6 | © yuelan, iStockphoto Abb. 7 | © Gabriele M. Knoll Abb. 8 | © Gabriele M. Knoll Abb. 9 | © Gabriele M. Knoll Abb. 10 | © Gabriele M. Knoll Abb. 11 | © Gabriele M. Knoll Abb. 12 | © Gabriele M. Knoll Abb. 13 | © Gabriele M. Knoll Abb. 14 | © Gabriele M. Knoll Abb. 15 | © Gabriele M. Knoll Abb. 16 | © Gabriele M. Knoll Abb. 17 | © Gabriele M. Knoll Abb. 18 | © Gabriele M. Knoll Abb. 19 | © Gabriele M. Knoll Literatur und Internetquellen Aachener Dom | https: / / whc.unesco.org/ en/ list/ 3 Abu Simbel, UNESCO Courier 1961 | https: / / en.unesco.org/ courier/ october-1961 Abu Simbel, Rettungsaktionen | https: / / www.unesco.org/ archives/ multimedia/ docu ment-59 Bad Ems | https: / / www.badems-nassau.info/ fileadmin/ Mediendatenbank/ Genuss-u nd-Kultur/ bad_ems_und_die_great_spas_of_europe_4_.pdf. Bad Ems-Nassau Information | https: / / www.badems-nassau.info/ Bad Kissingen Tourismus | https: / / www.badkissingen.de/ gastgeber-und-angebote/ pauschalangebote/ index.html? detID=10671 Bamberg | https: / / whc.unesco.org/ en/ list/ 624 Bamberg Tourismusstatistik | https: / / blog.bamberg.info/ tag/ tourismusstatistik/ Bamberg, Welterbe-Managementplan | https: / / welterbe.bamberg.de/ de/ projekte/ ma nagementplan Baumann, G. (2020): Weltkulturerbe: Stätten und Denkmäler. Ditzingen. 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Paderborn, S. 57-70. Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz (Hrsg.) im Auftrag des Ministeriums für Kultur, Jugend, Familie und Frauen Rheinland-Pfalz, in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Umwelt und Forsten Rheinland-Pfalz, dem Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Rheinland-Pfalz sowie dem Hessischen Landesamt für Denkmalpflege, dem Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung und dem Hessischen Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Forsten (2002): Das Rheintal von Bingen und Rüdesheim bis Koblenz. Eine Europäische Kulturlandschaft. 2 Bände. Mainz. Muskauer Park | http: / / whc.unesco.org/ en/ list/ 1127 Nubische Denkmäler von Abu Simbel bis Philae | https: / / whc.unesco.org/ en/ list/ 88 Oberes Mittelrheintal | https: / / whc.unesco.org/ en/ list/ 1066 Limes | https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ welterbe/ welterbe-deutschland/ g renzen-des-roemischen-reiches Limes Niedergermanien | https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ welterbe/ welte rbe-deutschland/ niedergermanischer-limes https: / / bodendenkmalpflege.lvr.de/ de/ projekte/ der_niedergermanische_limes/ der_ niedergermanische_limes_uebersicht.html Limes Radtouren | https: / / www.limeskastell-pohl.de/ fileadmin/ Kultur/ 2021/ 3KR-R adtouren.pdf Rhätische Bahn | http: / / whc.unesco.org/ en/ list/ 1276 Rheinland-Pfalz Welterbestätten | https: / / www.rlp-tourismus.com/ de/ uebergreifen de-themen/ unesco-welterbestaetten-und-weltkulturerbe 100 Literatur und Internetquellen Ringbeck, B. (2008): Managementpläne für Welterbestätten. Ein Leitfaden für die Praxis. 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Sinfonie 28 Bad Ems 12, 72 Baden-Baden 20 Bad Kissingen 72 Bamberg 13, 30, 45 Bauhüttenwesen 26 Bergpark Wilhelmshöhe 36 Bergwerk Rammelsberg 37 Bernina Express 87 Berninapasslinie 38 Besucherlenkung 77 Besuchermanagement 66 Besucherzentren 67 Bewerbung 12 Bildungsauftrag 53 Blaudruck 27 Coronapandemie 46, 80, 88 Denkmäler 11 Denkmalschutz 79 Deutsche Stiftung Welterbe 19 Donaulimes 20 Dresdner Elbtal 16 einheimische Bevölkerung 51 Einzelbauten 29 Ensembles 11, 29 Erhaltungsstrategien 44 Falknerei 27 Führungen 80 Gartenanlagen 35 Gartenreich Dessau-Wörlitz 35 Gefährdungsfaktoren 46 Gefahren 44 Genossenschaftsidee 26 Glacier Express 87 globale Strategie 18 Goethes literarischer Nachlass 28 Goslar 37 Great Spas of Europe 19, 72 Grimms Märchen 28 Grube Messel 20 Gutenberg-Bibel 28 Haager Konvention 42 Holzkirchen 81 ICOMOS 13 immaterielles Kulturerbe 25, 27 Informationszentrum 53 Integrität 16, 31 interkulturelle Begegnungsstätten 52 Jakobuskirche 81f. Kalwaria Zebrzydowska 34 Karlsstadt 30 Karpaten 81 Kategorien 25 Kölner Dom 76 Kommission 21 Konsequenzen 22 Krakau 56 Kriterien 13 Kulturerbe in drei Kategorien 11 Kulturlandschaft 14, 29, 33 Kulturlandschaft Dresdner Elbtal 16 leichte Sprache 59 Leitfaden (Toolkit) für einen nachhaltigen Tourismus 62 Leitsysteme 56 Lenkung 66 Lernorte 52 Limes 73 Limespalisaden 74 Limitierung 66 Managementplan 41, 46 Mathildenhöhe 20 Metropolis (Stummfilmklassiker) 28 Mittelrheintal 14 Modelle 58 Monte San Giorgio 85 Museum 68 Muskauer Park 36 Nachfrageseite 63 nachhaltige Entwicklung 54 nachhaltiger Tourismus 61 Nachhaltigkeit 44, 61 Nachhaltigkeitskonzept 51 nationale Liste 26 Niedergermanischer Limes 75 Oberes Mittelrheintal 64 Obergermanisch-Raetischer Limes 73 Oberharzer Wasserwirtschaft 37 ökologische Nachhaltigkeit 51 ökonomische Nachhaltigkeit 52 Orgelbau und -musik 27 Orientierungssysteme 56 Overtourism 88 Parkanlagen 35 Park Mużakowski 36 Planungs- und Handlungsgrundlagen 44 Polen 81 Pufferzonen 16, 31 QR-Codes 80 Rhätische Bahn 38 Rheinromantik 33 Rote Liste des gefährdeten Welterbes 15, 17, 91 SchUM-Stätten in Speyer, Worms und Mainz 20 Schutzgut 42 Schutzinstrumente 42 Schutzziel 42 Semmeringbahn 38 soziale Nachhaltigkeit 51 Stätten 11 Stättenpläne 58 Stralsund 19, 68 Sustainable Tourism 61 104 Register Tallinn 31, 90 Tektonikarena Sardona 85 Tondokumente aus den Jahren 1893- 1952 28 Tourismus 61ff. Translozierung 10 Ukraine 81 UNESCO Weltdokumentenerbe 27 UNESCO Welterbetag 59 Venedig 88 Verhalten vor Ort 64 Vermittlungsformate 56 Vermittlungsinhalte 54 Vermittlungsmethoden 56 Verwaltungssystem 44 Völklinger Hütte 37 Vorbereitung 64 Vorschlagsliste 12 Vorteile 22 VR-Codes 80 Wachau 34 Wahrnehmung 64 Waldschlösschenbrücke 16 Weltdokumentenerbe 27 Welterbeeigenschaften 41 Welt-Erbe-Haus (Wismar) 69 Welterbekonvention 10 Welterbemarketing 83 Welterbestätten Deutschland e.V. 62 Welterbetag 59 Welterbevermittlung 83 Weltkulturerbe in Deutschland 20 wirtschaftliche Entwicklung 22 Wismar 19, 68 Zeche Zollverein 78 Zielgruppen 55 Zwei-Kanal-Prinzip 59 105 Register BUCHTIPP Dirk Schmücker, Julian Reif Digitale Besuchermessung im Tourismus Ziele, Methoden, Bewertungen 1. Auflage 2022, 178 Seiten €[D] 24,90 ISBN 978-3-7398-3207-4 eISBN 978-3-7398-8207-9 Klarheit über die Besucher in der Destination: Wie viele, woher, wohin? Zu viele Besucher: innen an einem Ort - das ist in Urlaubsorten keine Seltenheit. Die Folge ist eine Übernutzung der Destination, die oft mit Umweltschäden und einer sinkenden Tourismusakzeptanz in der Bevölkerung einhergeht. Die Besucherlenkung und das Besuchermanagement können Abhilfe schaffen. Beides setzt eine exakte Besuchermessung voraus. Nur sie zeigt u.a., woher Besucher: innen kommen und welche Punkte in der Destination sie aufsuchen. Dirk Schmücker und Julian Reif gehen erstmals in einer deutschsprachigen Publikation auf das Thema ein. Sie zeigen u.a. vorhandene Datenquellen auf, kategorisieren und bewerten diese. Zudem stellen sie Methoden und Ziele vor. Richtet sich an die Tourismuspraxis, konkret an Entscheider und Destinationsmanager: innen sowie an die Tourismusforschung. UVK Verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ Fax +49 (0)7071 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik senschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissen- Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ schaft Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissen- Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen schaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft \ Rechtswissenschaft \ Historische Sprachwissenschaft \ Slawistik \ Skandinavistik \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ \ BWL \ Wirtschaft \ Tourismus \ VWL \ Maschinenbau \ Politikwissenschaft \ Elektrotechnik \ Mathematik & Statistik \ Management \ Altphilologie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Sport \ Gesundheit \ Romanistik \ Theologie \ Kulturwissenschaften \ Soziologie \ Theaterwissenschaft \ Geschichte \ Spracherwerb \ Philosophie \ Medien- und Kommunikationswissenschaft \ Linguistik \ Literaturgeschichte \ Anglistik \ Bauwesen \ Fremdsprachendidaktik \ DaF \ Germanistik \ Literaturwissenschaft BUCHTIPP Andreas Kagermeier Overtourism 1. Au age 2021, 238 Seiten €[D] 21,90 ISBN 978-3-8252-5417-9 eISBN 978-3-8385-5417-4 Die Schattenseiten des Massentourismus Venedig, Dubrovnik und Mallorca! Viele Destinationen leiden unter Overtourism - der massiv auf Gesellschaft und Natur wirkt. Andreas Kagermeier geht dem Phänomen auf den Grund. Er beleuchtet Auslöser und Treiber und zeigt die Tragfähigkeit einer Destination auf. Management- und Governance-Ansätze erörtert er und regt einen Paradigmenwechsel in der Tourismuswissenschaft an. Das Buch richtet sich an Studierende und Wissenschaftler aus den Bereichen Tourismus und Geographie sowie der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. UVK Verlag. Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ Fax +49 (0)7071 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de ISBN 978-3-7398-3088-9 Dr. Gabriele M. Knoll lehrt Ökologie und Nachhaltigkeit im Tourismus an der Hochschule Rhein-Waal sowie Tourismusmanagement an der Hochschule Fresenius. Den hohen Wert kultureller Denkmäler erkennen, schützen und nutzen! Der Kölner Dom, die Zeche Zollverein und das romantische Mittelrheintal! Jeder kennt hierzulande mindestens ein Weltkulturerbe der UNESCO. Sie zeichnen sich aus Sicht des Welterbekomitees als Meisterwerke der menschlichen Schöpferkraft aus. Gabriele M. Knoll zeigt auf, warum die UNESCO Weltkulturerbe global schützt und welche Kategorien es gibt. Es besteht u. a. auch die Verpflichtung, diese Stätten durch einen nachhaltigen Tourismus zu nutzen. Themen wie Besucherzentren und -lenkung lässt die Autorin deswegen nicht außer Acht. Sie wirft zudem einen Blick in die Praxis und geht auf Beispiele konkret ein. Eine spannende Lektüre für Tourismusstudierende und -praktiker: innen.