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UNESCO Weltnaturerbe und Tourismus

2022
978-3-7398-8092-1
UVK Verlag 
Gabriele M. Knoll
10.24053/9783739880921

Den hohen Wert von Landschaften und ihrer Natur erkennen, schützen und nutzen! Die Schwäbische Alb, das Wattenmeer und der Spreewald! Neben kulturellen Denkmälern wird von der UNESCO auch einzigartige Natur weltweit geschützt, dabei unterscheidet sie zwischen herausragenden Naturlandschaften, Biosphärenreservaten und Geoparks. Im Schutz der Landschaften sowie der zugleich nachhaltigen Nutzung liegt eine große Herausforderung. Diese Auszeichnungen gehen aber stets mit einer touristischen Erschließung einher: Wie lassen sich Landschafts- und Naturschutz auch mit dem Wirtschaftsleben in Einklang bringen? Wie lässt sich der historischen Kulturlandschaft eines Biosphärenreservats eine Zukunft geben? Die Autorin wirft einen Blick in die Praxis und geht auf Beispiele konkret ein. Eine spannende Lektüre für Tourismusstudierende und -praktiker:innen.

mit Beispielen aus Deutschland Gabriele M. Knoll UNESCO Weltnaturerbe und Tourismus Tourismus kompakt UNESCO Weltnaturerbe und Tourismus Dr. Gabriele M. Knoll lehrt Ökologie und Nachhal‐ tigkeit im Tourismus an der Hochschule Rhein-Waal sowie Tourismusmanagement an der Hochschule Fre‐ senius. Gabriele M. Knoll UNESCO Weltnaturerbe und Tourismus Tourismus kompakt UVK Verlag · München DOI: https: / / doi.org/ 10.24053/ 9783739880921 © UVK Verlag 2022 ‒ ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Ver‐ vielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. 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Internet: www.narr.de eMail: info@narr.de CPI books GmbH, Leck ISSN 2701-2212 ISBN 978-3-7398-3092-6 (Print) ISBN 978-3-7398-8092-1 (ePDF) ISBN 978-3-7398-0580-1 (ePub) Einbandmotiv: © ollo | iStock Autorenportrait auf Seite 2: © privat Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® www.fsc.org MIX Papier aus verantwortungsvollen Quellen FSC ® C083411 ® 7 1 9 1.1 9 1.2 11 1.3 14 1.4 16 1.5 18 2 21 2.1 21 2.2 22 2.3 23 2.4 27 2.5 28 3 31 3.1 32 3.2 34 3.3 35 3.4 37 3.5 38 4 41 4.1 41 4.2 44 4.3 47 4.4 50 4.5 52 Inhalt Was Sie vorher wissen sollten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Warum schützt die UNESCO Natur? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Naturschutz von Weltinteresse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Das MAB-Programm und Biosphärenreservate . . . . . . . . . . Auch die Geologie im Fokus - UNESCO Global Geoparks Ökologische Nachhaltigkeit überall gefordert . . . . . . . . . . . Wie kommt man zum Welterbetitel mit Natur? . . . . . . . . . UNESCO Weltnaturerbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anforderungen an ein Weltnaturerbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . Grube Messel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wattenmeer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alte Buchenwälder Europas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Great Barrier Reef . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . UNESCO Biosphärenreservate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anforderungen an ein Biosphärenreservat . . . . . . . . . . . . . Spreewald . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Rhön . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berchtesgadener Land . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maasheggen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . UNESCO Global Geoparks . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anforderungen an einen UNESCO Global Geopark . . . . . . TERRA.vita . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vulkaneifel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Schwäbische Alb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Burren and Cliffs of Moher . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 55 5.1 55 5.2 57 5.3 59 6 61 6.1 62 6.2 63 6.3 69 7 75 7.1 76 7.2 78 7.3 79 7.4 81 85 89 91 95 Das Management von Weltnaturerbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Der Managementplan gibt die Richtung vor . . . . . . . . . . . . Und wenn das Management nicht klappt? Die Rote Liste . Weltnaturerbe und Klimawandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Nachhaltiger Tourismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Tourismus im Weltnaturerbe & Co theoretisch und praktisch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Aufgaben und Gestaltung der Besucherzentren . . . . . . . . . Besuchermanagement . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Blicke in die Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Maasheggen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Wattenmeer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Kluge Anbindung an den ÖPNV . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Geopark TERRA.vita . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Rote Liste des UNESCO Weltnaturerbes alias Liste des gefährdeten Erbes der Welt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abbildungsnachweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Literatur und Internetquellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Inhalt Was Sie vorher wissen sollten Wertvolle, einzigartige Landschaften, Ökosysteme zu Wasser und zu Lande zu schützen, bedeutet nicht, eine imaginäre Käseglocke darüber zu stülpen und sie somit vor jeglichem menschlichen Einfluss zu bewahren. Natürlich haben der Naturschutz und eine unterschiedlich eingeschränkte Landnut‐ zung im UNESCO Weltnaturerbe, in Biosphärenreservaten und UNESCO Global Geoparks oberste Priorität, aber Wissensvermittlung, Umweltbil‐ dung, Kennenlernen durch direkte Anschauung und Erlebnisse, die mit diesen drei Schutzgebietskategorien verbunden sind, schließen den Touris‐ mus mit ein. Der Bildungsauftrag kann auf vielfältige Weise ausgeführt werden. Naturverträglich, nachhaltig, gegebenenfalls mit Besucherlenkung oder Besucherlimitierung kann bzw. soll Tourismus in diesen Gebieten stattfinden - dies ist schon in den Managementplänen verankert. Manche Anregung aus der dortigen Praxis lässt sich auch an anderen Orten ohne Welterberang umsetzen! Bevor der geforderte nachhaltige Tourismus und Blicke in die Praxis Themen dieses Buches sind, werden zunächst das UNESCO Weltnaturerbe, Biosphärenreservate und UNESCO Global Geoparks im Allgemeinen und mit einigen Beispielen vorgestellt, die auch das breite Spektrum der damit verbundenen Landschaften andeuten. Wachtendonk, August 2022 Gabriele M. Knoll 1 Warum schützt die UNESCO Natur? Der Erhalt wichtiger Naturräume - alias Ökosysteme oder Schutzgebiets‐ kategorien - auf unserem Globus ist ein wichtiges Thema, das nicht erst seit den Bemühungen, dem Klimawandel keinen weiteren Vorschub zu leisten, auf der Agenda der Politik und zahlloser Institutionen sowie Gruppierungen steht. Hierbei sollen jedoch keine Landschaften unter eine imaginäre Käseglo‐ cke gestellt werden! Es geht bei allen Kategorien darum, eine nachhaltige Nutzung - in unterschiedlicher Intensität - durch den Menschen zu ermögli‐ chen bzw. zu erhalten. Dies muss sich keinesfalls nur auf einen nachhaltigen Tourismus beziehen, auch bestimmte andere Wirtschaftszweige, allen voran die Landwirtschaft, sind beispielsweise in Biosphärenreservaten ausdrück‐ lich erwünscht und sollen auch gefördert werden. Nachhaltigkeit ist hier natürlich das A und O für jedes Handeln. In der UNESCO Welterbekonvention von 1972 wurden von den dama‐ ligen Mitgliedsstaaten - die Bundesrepublik Deutschland trat erst 1976 bei - wichtige Grundlagen für den Schutz des Natur- und Kulturerbes von „universellem Wert“ festgelegt. Dabei geht es gleichermaßen um die Identifizierung, den Schutz, den Erhalt, die Wissensvermittlung rund um Natur- und Kulturerbe von Weltrang und ihre nachhaltige Nutzung. Wenn diese Ziele nicht erreicht und gehalten werden können, gibt es auch für Weltnaturerbestätten den Eintrag in die Rote Liste und im schlimmsten Fall das Streichen aus der Welterbeliste (siehe Kap. 5.2 und S. 85 ff.). 1.1 Naturschutz von Weltinteresse Die Gefährdung von Naturräumen, von Naturlandschaften, in denen der Mensch bislang nur wenig eingegriffen hat, ist heute durch die Folgen des Klimawandels aktueller denn je. Kriterien für den Status eines Weltnaturerbes wurden erstmals im § 2 der Welterbekonvention von 1972 festgelegt: Als Naturerbe gelten: ● „Naturgebilde, die aus physikalischen und biologischen Erscheinungs‐ formen oder -gruppen bestehen, welche aus ästhetischen oder wissen‐ schaftlichen Gründen von außergewöhnlichem universellem Wert sind; ● geologische und physiographische Erscheinungsformen und genau abgegrenzte Gebiete, die den Lebensraum für bedrohte Pflanzen- und Tierarten bilden, welche aus wissenschaftlichen Gründen oder ihrer Erhaltung wegen von außergewöhnlichem universellem Wert sind; ● Naturstätten oder genau abgegrenzte Naturgebiete, die aus wissen‐ schaftlichen Gründen oder ihrer Erhaltung oder natürlichen Schönheit wegen von außergewöhnlichem universellem Wert sind.“ (https: / / www.unesco.de/ sites/ default/ files/ 2018-02/ UNESCO_WHC_% C3%9Cbereinkommen%20Welterbe_dt.pdf) Von den im Jahr 2022 in der UNESCO Welterbeliste eingetragenen 1.157 Stätten gehören 218 zur Kategorie der Naturstätten - zur Hälfte muss man auch noch die 39 gemischten Stätten hinzuzählen, bei denen die Naturräume gemeinsam mit den daraus/ darauf entstandenen Kulturlandschaften zum Welterbe der Menschheit ernannt wurden. Als Beispiele für anerkannte Na‐ turstätten weltweit seien einige der ältesten mit diesem Ehrentitel genannt: ● Galapagosinseln/ Ecuador (1978) ● Nationalpark Los Glaciares/ Argentinien (1981) ● Great Barrier Reef/ Australien (1981) ● Golf von Porto/ Frankreich (1983) ● Nationalpark Iguazú/ Argentinien (1984) ● Tierreservat Dja/ Kamerun (1987) Diese wenigen Beispiele geben schon eine Vorstellung davon, wie vielfältig die Naturerbestätten sein können, dass sie Wasser- und Landräume umfas‐ sen und in allen Klimazonen sowie in den unterschiedlichsten geologischen Situationen bzw. geographischen Zusammenhängen zu finden sein können. 10 1 Warum schützt die UNESCO Natur? Hintergrund | Die ersten - und bislang einzigen - Weltnaturer‐ bestätten in Deutschland ● Grube Messel, Darmstadt (1995) ● Wattenmeer, gemeinsam mit Dänemark und den Niederlanden (2009, erweitert 2011 und 2014) ● Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas (2007, erweitert 2011 und 2017 ) 1.2 Das MAB-Programm und Biosphärenreservate Die UNESCO bezeichnet Biosphärenreservate als Modellregionen für nach‐ haltige Entwicklung: „In diesem globalen Netzwerk von Modellregionen, die vom UNESCO-Programm Der Mensch und die Biosphäre (MAB) aner‐ kannt werden, erproben Bevölkerung, Landwirte, Förster sowie Industrie und Handel mit Unterstützung von Wissenschaftlerinnen und Praktikern gemeinsam, wie ein nachhaltiges Leben und Wirtschaften im Einklang mit der Natur möglich ist.“ (https: / / www.unesco.de/ sites/ default/ files/ 2020-09/ DUK-Jahrbuch_2020_web-small_0.pdf, S. 102) Als eine Reaktion auf die bereits sichtbaren Umweltprobleme in den 1960er-Jahren - als die Begriffe Klimawandel und Nachhaltigkeit noch nicht allen über die Lippen kamen - veranstaltete die UNESCO im September 1968 eine internationale Umweltkonferenz, die als „die Biosphärenkonferenz“ in die Geschichte eingehen sollte. Ziel dieser Biosphärenkonferenz war es, „den Stand der wissenschaftli‐ chen Erkenntnisse über das Naturpotential und dessen Wechselwirkungen mit der menschlichen Gesellschaft zu beurteilen und festzustellen, in wel‐ chem Maße Daten und Methoden vorhanden oder noch zu erarbeiten sind, um die notwendige Nutzung des Naturpotenzials bei gleichzeitiger Erhal‐ tung rational vornehmen zu können“ (AG Biosphärenreservate Deutsch‐ land, 1995, S. 1). Aus diesen ersten Aktivitäten wurde dann am 23.10.1970 mit einem Beschluss der 16. UNESCO Generalkonferenz das Programm Der Mensch und die Biosphäre (MAB) ins Leben gerufen. Zu dem internationalen Koordinationsrat (ICC) kamen in den beteiligten Staaten Nationalkomitees mit Vertreter: innen aus Politik, Verwaltung, Forschung hinzu, die von den jeweiligen Regierungen ernannt wurden. 11 1.2 Das MAB-Programm und Biosphärenreservate Die breit gefächerten Aufgaben und Projektbereiche des MAB-Pro‐ gramms wurden unter folgenden Schwerpunkten zusammengefasst (AG Biosphärenreservate, 1995, S. 4): ● „Schutz der Biodiversität und ökologischer Prozesse, ● Erarbeitung von Strategien einer nachhaltigen Nutzung, ● Förderung der Informationsvermittlung und Umweltbildung, ● Etablierung einer Ausbildungsstruktur, ● Errichtung eines globalen Umweltbeobachtungssystems“. Mit dem Schwerpunkt Informationsvermittlung und Umweltbildung ist nicht nur der Einsatz für die Bevölkerung der betreffenden Region gemeint, sondern auch ein Bildungsauftrag für die Allgemeinheit, d. h. für die Besucher: innen, die Tourist: innen in diesem Gebiet. Die Fläche eines Biosphärenreservats, die Natur- und Kulturlandschaft umfasst, steht in unterschiedlichem Maße für die Nutzung durch den Menschen zur Verfügung. Sie wird unterteilt in die Kernzone, Pflegezone und Entwicklungszone. Ein Biosphärenreservat kann dabei mehr als eine Kernzone haben, wenn es mehrere besonders wertvolle und schützenswerte Ökosysteme in seinem Gebiet gibt, die nicht zusammenhängen. In diesen klar definierten Kernen bzw. Teilflächen soll sich die Natur möglichst unbeeinflusst vom Menschen entwickeln können, darum sind hier auch nur Umweltbeobachtung und Forschung erlaubt - nichts, was Spuren hinterlässt. Die Kernzone kann zusätzliche Schutzgebietskategorien besitzen, sei es als Naturschutzgebiet oder auch als Nationalpark. Es ist auch möglich, dass Besonderheiten des Naturraumes in Form von mehreren Kernzonen unter einen strengeren Schutz gestellt werden. An die Kernzone(n) schließt sich die Pflegezone an. Hier wird die Landschaft seit Jahrhunderten von Menschen „gepflegt“, d. h. genutzt. Das bäuerliche Wirtschaften hat dabei je nach Region und demzufolge Klima, Naturraum, Landschaftsformen, Vegetation etc. eine typische Kul‐ turlandschaft hervorgebracht, die auch als erhaltenswert eingestuft wird. Gleiches gilt natürlich auch für die Lebensräume von Flora und Fauna in der Pflegezone. Eine Pflegezone soll auch rechtlich als Naturschutzgebiet oder Nationalpark geschützt sein. An die Pflegezone schließt sich - ebenso in jedem Beispiel genau fest‐ gelegt - die Entwicklungszone an. Entwicklung als Lebens-, Wirtschafts- und Erholungsraum ist hier unter dem obersten Leitbild Nachhaltigkeit 12 1 Warum schützt die UNESCO Natur? gestattet. An konkreten Beispielen wird dies in Kap. 3 und 6 veranschaulicht: Wie können Erholung und Tourismus hier praktiziert werden? Welche Herausforderungen mag es für das touristische Angebot geben? Wie steht es um die Entwicklung des Tourismus in solchen Regionen? Hintergrund | Die ältesten Biosphärenreservate in Deutschland ● Mittlere Elbe und Vessertal/ Thüringer Wald (1979) ● Bayerischer Wald (1981) ● Schorfheide-Chorin, Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und Berchtesgaden (1990) 1978 wurden die ersten Biosphärenreservate anerkannt; weltweit gab es im Oktober 2021 in 131 Staaten 727 Biosphärenreservate, 16 davon in Deutsch‐ land (Link-Tipp [1] | http: / / s.narr.digital/ bghxx). Ein Blick auf die Weltkarte zeigt, dass es auch große Regionen ohne Biosphärenreservate gibt; darin spiegeln sich die geographischen Verhält‐ nisse wider - es handelt sich hierbei um Räume der sogenannten Anö‐ kumene (Englisch: uninhabitable world). In solchen siedlungsfeindlichen Landschaften, wie z. B. den Kälte- oder Trockenwüsten, aber auch in den höheren Regionen der Hochgebirge, sind dauerhafte Siedlungen und eine permanente Nutzung der Landschaft nicht möglich (vgl. Leser, 2011, S. 44). Aktuell sind ca. 5 % der Erdoberfläche Teil eines Biosphärenreservats, dies entspricht ungefähr einer Fläche von der Größe Australiens. In Deutschland umfassen Biosphärenreservate ca. 3,7 % der Landfläche, und damit etwas weniger als die Größe Schleswig-Holsteins. Weltweit leben ca. 275 Mio. Menschen in Biosphärenreservaten, in Deutschland rund 1,1 Mio. (Link-Tipp [2] | http: / / s.narr.digital/ zsh2p). Eine Stätte der Kategorie Biosphärenreservat kann ebenfalls zu einer an‐ deren Schutzgebietskategorie gehören, so ist das Biosphärenreservat Schwä‐ bische Alb auch als UNESCO Global Geopark zertifiziert. Das Weltnaturerbe Wattenmeer umschließt auch die Gebiete von drei Biosphärenreservaten und drei Nationalsparks. 13 1.2 Das MAB-Programm und Biosphärenreservate 1.3 Auch die Geologie im Fokus - UNESCO Global Geoparks Im Jahr 2015 schuf die UNESCO mit den Geoparks eine weitere Kategorie des Welterbes. Die mit dem Titel UNESCO Global Geopark ausgezeichneten Regionen besitzen bedeutende Fossilfundstätten, Felsformationen sowie Höhlen und Bergwerke, in denen der Mensch tiefere Einblicke in das Innere der Erdkruste erlangt und somit einige geologische Besonderheiten erschlossen hat. Hier gibt es nun für Besucher: innen die Gelegenheit, die Entwicklung des Planeten und die Bedingungen des Lebens auf ihm besser zu verstehen. Doch es geht dabei nicht nur um den Blick zurück in die Erdgeschichte: „Als Modellregionen für nachhaltige Entwicklung arbeiten UNESCO Geoparks an tragfähigen Zukunftsoptionen für die Landschaft einer Region und greifen globale gesellschaftliche Herausforderungen auf, wie die Endlichkeit natürlicher (vor allem geologischer) Ressourcen und den Klimawandel.“ (https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ geoparks) Vier Merkmale sind für einen UNESCO Global Geopark von grundlegen‐ der Bedeutung (vgl. https: / / en.unesco.org/ global-geoparks/ focus): 1. Ein UNESCO Global Geopark besitzt ein geologisches Erbe von inter‐ nationalem Wert, das von Mitgliedern des UNESCO Global Geopark Evaluation Team mit weltweiten Vergleichen als solches identifiziert wurde. 2. Das Management eines UNESCO Global Geoparks sollte „alle relevan‐ ten lokalen und regionalen Akteure und Behörden umfassen. Die globalen Geoparks der UNESCO benötigen einen von allen Partnern vereinbarten Managementplan, der den sozialen und wirtschaftlichen Bedürfnissen der lokalen Bevölkerung Rechnung trägt, die Landschaft, in der sie leben, schützt und ihre kulturelle Identität bewahrt. Dieser Plan muss umfassend sein und die Governance, Entwicklung, Kom‐ munikation, Schutz, Infrastruktur, Finanzen und Partnerschaften des UNESCO Global Geopark umfassen.“ (a. a. O.). 3. Die Sichtbarkeit eines UNESCO Global Geoparks muss gewährleistet werden, d. h. in Form einer nachhaltigen lokalen Wirtschaftsentwick‐ lung durch Geotourismus. Der Bildungs- und Vermittlungsauftrag, den alle UNESCO Welterbestätten besitzen, gilt auch für die Geoparks. Dem‐ entsprechend müssen für die großen Zielgruppen Einheimische und Besucher: innen entsprechende Informationsmöglichkeiten in verschie‐ 14 1 Warum schützt die UNESCO Natur? denen Medien geboten werden. Zudem sollte für die Außenwirkung ein UNESCO Global Geopark auch über eine Corporate Identity verfügen. 4. Vernetzung ist nicht nur innerhalb des jeweiligen UNESCO Global Geoparks und seiner Region gefordert, „sondern auch die Zusammen‐ arbeit mit anderen UNESCO Global Geoparks über das Global Geoparks Network (GGN) und regionalen Netzwerken für UNESCO Global Geo‐ parks, um voneinander zu lernen und als Netzwerk die Qualität des Labels UNESCO Global Geopark zu verbessern. Die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern ist der Hauptgrund für UNESCO Global Geoparks, Mitglied eines internationalen Netzwerks wie der GGN zu sein. Die Mitgliedschaft im GGN ist für die UNESCO Global Geoparks obligatorisch. Durch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit tragen die UNESCO Global Geoparks dazu bei, das Verständnis zwischen verschiedenen Gemeinschaften zu verbessern und so Friedensprozesse zu unterstützen.“ (https: / / en.unesco.org/ global-geoparks/ focus). In Deutschland gehören sechs Geoparks zu denjenigen der „ersten Stunde“, die 2015 diese Auszeichnung von der UNESCO erhalten haben (siehe Box). „Voraussetzung für eine Antragstellung bei der UNESCO ist die Anerkennung als Nationaler GeoPark in Deutschland. Somit sind alle deutschen UNESCO Geoparks gleichzeitig in das Netz der Nationalen GeoParks eingebunden.“ (https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ geopar ks/ geoparks-deutschland) Hintergrund | Die ersten UNESCO Geoparks in Deutschland ● Geopark Bergstraße - Odenwald (2015) ● Geopark Harz - Braunschweiger Land - Ostfalen (2015) ● Schwäbische Alb (2015) ● TERRA.vita (2015) ● Vulkaneifel (2015) ● Muskauer Faltenbogen (2015) Im April 2022 wurde der Geopark Ries (https: / / www.geopark-ries.de/ ) - das durch einen Asteroideneinschlag entstandene Nördlinger Ries im Süden Deutschlands - in das Netzwerk der UNESCO Geoparks aufgenommen. 15 1.3 Auch die Geologie im Fokus - UNESCO Global Geoparks 1.4 Ökologische Nachhaltigkeit überall gefordert Das Streben und im Idealfall auch Einhalten der 17 Ziele einer nachhaltigen Entwicklung (Sustainable Development Goals - allgemein mit SDG abge‐ kürzt), die 2015 von der UN-Generalversammlung verabschiedet wurden, ist für alle Kategorien des UNESCO Welterbes verpflichtend. In den Zielen 14 „Leben im Wasser“ und 15 „Leben auf Land“ wird dies explizit genannt, aber auch noch andere Ziele betreffen die ökologische Nachhaltigkeit - und die soziale Nachhaltigkeit wird in diesem Zusammenhang ebenfalls eingefordert. Wissen | Die Agenda 2030 „Die 2030-Agenda der Vereinten Nationen (UN) mit ihren 17 Nachhal‐ tigkeitszielen (Sustainable Development Goals, SDGs) und den dazuge‐ hörigen 169 Unterzielen ist ein umfassender programmatischer Rahmen zur Verwirklichung einer weltweiten nachhaltigen Gesellschaft - sie ist der Zukunftsvertrag der Weltgemeinschaft für das 21. Jahrhundert.“ Abb. 1: Die 17 Nachhaltigkeitsziele im Überblick (https: / / www.bmuv.de/ themen/ nac hhaltigkeit-digitalisierung/ nachhaltigkeit/ 17-nachhaltigkeitsziele-sdgs) 16 1 Warum schützt die UNESCO Natur? Exemplarisch soll kurz skizziert werden, welche Herausforderungen bzw. Aufgaben mit dem SDG 14 zum Schutz des Lebens unter Wasser im Allgemeinen verbunden sind. Hierunter fallen auch Weltnaturerbestät‐ ten in Meeren, wie z. B. das Great Barrier Reef vor der australischen Ostküste, das Aldabra-Atoll der Seychellen oder die Seegraswiesen vor den Küsten Ibizas. Die Verschmutzung der Meere durch Plastikmüll, Stoffeinträge aus der Landwirtschaft, der Industrie und dem Verkehr - inklusive Tankerunglücken, Unfällen auf Ölbohrinseln sowie die Versaue‐ rung des Meerwassers - bedeuten eine globale Bedrohung der marinen Ökosysteme. Überfischung und Aquakulturen erhöhen die Gefahren für die Ökosysteme sowie die Schadensbilanz (vgl. https: / / www.bmuv.de/ th emen/ nachhaltigkeit-digitalisierung/ nachhaltigkeit/ 17-nachhaltigkeitsziele -sdgs/ sdg-14-leben-unter-wasser). Eine Beobachtung bzw. Überwachung des Zustands - das Monitoring - von Weltnaturerbestätten ist Teil des Managementplans (siehe Kap. 5.2). Die ökologische Nachhaltigkeit bei Biosphärenreservaten betrifft hier nicht nur den Umgang mit den Naturräumen und den darin befindlichen Schutzgebietskategorien. Da im Biosphärenreservat auch die Landnutzung und somit das Wirtschaften des Menschen einen festen Bestandteil darstellt, ist in diesem Bereich selbstverständlich ebenso ein nachhaltiges Agieren gefordert - und dies über die ökologische Dimension hinaus (siehe Kap. 3.1). Für die UNESCO Geoparks stellt die ökologische Nachhaltigkeit nicht minder ein Thema dar: „UNESCO-Geoparks sind beispielhafte Orte für die Auseinandersetzung mit vielen dringlichen Nachhaltigkeitsthemen. Eingebettet in Netzwerke von der lokalen bis zur internationalen Ebene bilden sie eine wichtige Schnittstelle für Fragen einer nachhaltigen Zukunft. Dabei bildet die Globale Nachhaltigkeitsagenda 2030 den zentralen Refe‐ renzrahmen.“ (https: / / www.unesco.de/ sites/ default/ files/ 2020-06/ Geoparks _Imagebroschuere_2020.pdf, S. 23) Konkrete Bezüge zwischen der Geologie einer entsprechend ausgezeich‐ neten Region und der praktizierten Nachhaltigkeit dort sind bereits mit den Kernthemen der UNESCO Geoparks verbunden, wie der Nutzung des Oberflächenwassers und des Grundwassers, des Bodens oder auch dem Ressourcenverbrauch durch Abbau von Gesteinen, Gewinnung von Kies oder anderen Baustoffen. 17 1.4 Ökologische Nachhaltigkeit überall gefordert 1.5 Wie kommt man zum Welterbetitel mit Natur? Wenn auch in den 1960er-Jahren der Verlust einer Kulturstätte von Weltrang (den Tempeln von Abu Simbel und Philae im Niltal) die Initialzündung der UNESCO für einen besonderen Schutz von Welterbestätten war, hat man von Beginn an - wenn auch nicht mit der gleichen Zahl - außergewöhnliches Naturerbe ebenfalls in den Fokus gerückt. Im Jahr 1978 wurden die ersten Weltkulturerbestätten sowie Naturerbestätten in die UNESCO Liste aufge‐ nommen; die ersten Biosphärenreservate wurden im selben Jahr anerkannt, 2015 kamen die UNESCO Global Geoparks hinzu. Die erste Voraussetzung für eine Bewerbung als Weltnaturerbe wie Weltkulturerbe ist die Unterzeichnung der Welterbekonvention durch den jeweiligen Staat, d. h., nur Vertragsstaaten können Stätten auf ihrem Terri‐ torium für eine Aufnahme in die Welterbeliste nominieren. Die nächste Voraussetzung ist die sogenannte Tentativliste, eine nationale Vorschlags‐ liste („Warteschleife“), die die Planungen und Wünsche eines Staates für einen Zeitraum von ca. zehn Jahren festhält. Hintergrund | Zuständigkeiten in Deutschland für eine Bewer‐ bung als Weltnaturerbe „Anträge für Naturerbestätten fallen in die Verantwortlichkeit der zuständigen Behörden der Bundesländer (meist Ministerien für Um‐ welt/ Naturschutz) in Abstimmung mit dem Bundesumweltministerium (BMU). Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) berät das Bundesumwelt‐ ministerium dabei fachlich. Bei grenzüberschreitenden Nominierungen ist das Bundesumweltministerium für die Vertretung der deutschen Gebiete gegenüber anderen Staaten zuständig.“ (https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ welterbe/ welterbe-werden) Soll die Bewerbung in die Tat umgesetzt werden, muss zu diesem Zeitpunkt spätestens feststehen, welche Kriterien (siehe Kap. 1.1 und 2.1) die potenzi‐ elle Weltnaturerbestätte erfüllt. Expert: innen der International Union for Conservation of Nature (IUCN, Deutsch: Weltnaturschutzunion) begutach‐ ten den Kandidaten für das UNESCO Weltnaturerbe. Auf der jährlichen Sitzung des Welterbekomitees kann über die Bewerbung entschieden wer‐ den, wenn alle Formalien erfüllt sind (vgl. https: / / www.unesco.de/ kultur-u nd-natur/ welterbe/ welterbe-werden). 18 1 Warum schützt die UNESCO Natur? Bei den Kandidaten für einen UNESCO Global Geopark führt der Weg zur Anerkennung und zum Ehrentitel über die Stufe „Nationaler GeoPark in Deutschland“. „Dieses Gütesiegel wird bereits seit 2002 von der Geo‐ Union Alfred-Wegener-Stiftung verliehen. Angesichts des hohen Qualitäts‐ anspruchs werden Neuanträge - national wie international - streng geprüft. Bestehende UNESCO Geoparks werden zudem alle vier Jahre evaluiert. Nur nach erfolgreich bestandener Evaluation darf die UNESCO Auszeichnung fortgeführt werden. In Deutschland prüft das Nationalkomitee für UNESCO Global Geoparks, ob die Qualitätsanforderungen eingehalten werden. Dieses wurde 2016 vom Auswärtigen Amt einberufen, ihm gehören führende Experten aus den Bereichen Geowissenschaften, nachhaltige Entwicklung, Tourismus und Bildung sowie Vertreter von Bund und Ländern an. Nur mit Zustimmung des Nationalkomitees werden Bewerbungen und Fortschrittsberichte an die UNESCO weitergeleitet.“ (https: / / www.unesco.de/ sites/ default/ files/ 2020-0 6/ Geoparks_Imagebroschuere_2020.pdf, S. 8) Der Prozess der Anerkennung als Biosphärenreservat beginnt ebenso bei einer nationalen Institution, in diesem Fall beim Nationalkomitee für das Programm Man and Biosphere (MAB). Dieses prüft u. a., ob die erforderli‐ chen 40 Kriterien für die Bewerbung eines deutschen Gebiets (siehe Kap. 3.1) erfüllt werden. Trifft dies zu, gibt das Nationalkomitee grünes Licht, dann kann hierzulande die Bundesregierung den Antrag bei der UNESCO einreichen. Hintergrund | Zuständigkeiten in Deutschland für die Bewer‐ bung als Biosphärenreservat „Die Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, und nukleare Sicher‐ heit (BMU) hat das MAB-Nationalkomitee zuletzt Anfang 2018 neu berufen. Das Gremium setzt sich aus 17 einschlägig erfahrenen Exper‐ tinnen und Experten aller Fachbereiche zusammen, die als Personen und nicht stellvertretend für ihre Organisation berufen sind. Den Vorsitz in diesem Gremium hat gemäß den Statuten der Vertretende des BMU.“ (https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ biosphaerenreservate/ biosp haerenreservat-werden) 19 1.5 Wie kommt man zum Welterbetitel mit Natur? 2 UNESCO Weltnaturerbe Die Weltnaturerbestätten spiegeln den Reichtum an Landschaften und Ökosystemen auf unserem Globus wider - sei es an Land, sei es unter Wasser. 2.1 Anforderungen an ein Weltnaturerbe In den Richtlinien des Welterbekomitees sind die Kriterien festgelegt, die für eine Weltnaturerbestätte (siehe Kap. 1.1) gelten - dabei können schon von Natur aus nicht alle vier möglichen erfüllt werden. „Das Komitee betrachtet ein Gut als von außergewöhnlichem universellem Wert […], wenn das Gut einem oder mehreren der folgenden Kriterien entspricht. Angemeldete Güter sollten daher […] vii) überragende Naturerscheinungen oder Gebiete von außergewöhnli‐ cher Naturschönheit und ästhetischer Bedeutung aufweisen; viii) außergewöhnliche Beispiele der Hauptstufen der Erdgeschichte […], darunter der Entwicklung des Lebens, wesentlicher im Gang befindli‐ cher geologischer Prozesse bei der Entwicklung von Landschaftsfor‐ men oder wesentlicher geomorphologischer oder physiographischer Merkmale; ix) außergewöhnliche Beispiele bedeutender im Gang befindlicher öko‐ logischer und biologischer Prozesse in der Evolution und Entwick‐ lung von Land-, Süßwasser-, Küsten- und Meeres-Ökosystemen so‐ wie Pflanzen- und Tiergemeinschaften darstellen; x) die für die In-situ-Erhaltung der biologischen Vielfalt bedeutendsten und typischsten natürlichen Lebensräume enthalten, einschließlich solcher, die bedrohte Arten enthalten, welche aus wissenschaftlichen Gründen oder ihrer Erhaltung wegen von außergewöhnlichem uni‐ versellem Wert sind.“ (https: / / www.unesco.de/ sites/ default/ files/ 2018-01/ UNESCO_WHC_ Richtlinien_2015_Amtliche_Uebersetzung_AA_Juni_2017.pdf, S. 24f.) 2.2 Grube Messel Eine ehemalige Ölschiefermine im Landkreis Darmstadt-Dieburg wurde 1995 als erstes UNESCO Weltnaturerbe in Deutschland anerkannt. Das oberflächlich wenig spektakuläre Gelände der Grube Messel - seit 2015 auch am Nordwestrand des UNESCO Global Geopark Bergstraße-Odenwald gelegen - kann jedoch mit einem Alleinstellungsmerkmal von globaler Bedeutung aufwarten: „Die Grube Messel ist der reichste Ort der Welt, um das Lebensumfeld des Eozäns vor 57 bis 36 Mio. Jahren zu verstehen. Insbesondere liefert es einzigartige Informationen über die frühen Stadien der Evolution von Säugetieren und enthält außergewöhnlich gut erhaltene Säugetierfossilien, die von vollständig artikulierten Skeletten bis zum Inhalt der Mägen von Tieren dieser Zeit reichen.“ (http: / / whc.unesco.org/ en/ list/ 7 20) Die Grube Messel konnte nach dem Kriterium 8 „(viii) außergewöhnli‐ che Beispiele der Hauptstufen der Erdgeschichte […], einschließlich der Entwicklung des Lebens, wesentlicher im Gang befindlicher geologischer Prozesse bei der Entwicklung von Landschaftsformen oder wesentlicher geomorphologischer oder physiographischer Merkmale“ (https: / / www.un esco.de/ kultur-und-natur/ welterbe/ welterbe-werden#Kriterium8) als Welt‐ naturerbe anerkannt werden. Die reichen Fossilienfunde in der ca. 190 Meter mächtigen Ölschiefer‐ schicht, die bis in die späten 1960er-Jahre abgebaut wurde, erlauben einen detaillierten Einblick vor allem in den Zeitraum des mittleren Eozäns vor 47 bis 48 Mio. Jahren. In dieser Zeit entstanden nach dem Aussterben der Saurier die ersten „modernen“ Säugetierarten. Mehrere 10.000 Fossilien von über 1.000 verschiedenen Tier- und Pflanzenarten wurden inzwischen entdeckt - bereits 1876 ein Alligatorenskelett. 30 vollständig erhaltene Tierskelette wurden gefunden und wissenschaftlich bearbeitet. Größte Be‐ rühmtheit erlangten dabei die fossilen Überreste prähistorischer Pferde wie des Eurohippus, eines „Urpferdchens“. Die optimalen geologischen Verhältnisse in dem Ölschiefervorkommen sorgten dafür, dass auch Weichteilkonturen in den feinkörnigen Sedimenten und diese somit sogar Federn, Haut und Haaren erhalten blieben. Ein noch größerer Reichtum steckt für die Paläontologen in den ebenfalls erhaltenen Mageninhalten mancher fossiler Tiere. „Fressen und gefressen werden“ - Überlebensstrategien aus einer Zeit vor 47/ 48 Mio. Jahren lassen sich erforschen und auch für Lai: innen darstellen. Der Bildungsauftrag (siehe 22 2 UNESCO Weltnaturerbe Kap. 6.2) gilt wie für das Weltkulturerbe der Menschheit ebenso für das Weltnaturerbe. Nicht nur das Wissen über die urzeitlichen Tiere und Pflanzen sowie ihre Entwicklungen wurde durch die Funde in der Grube Messel erweitert, auch die Erkenntnisse über die Umweltbedingungen und ihre Veränderungen im Eozän: „So konnten unter anderem Studien zur Entwicklung der Echolotung bei Fledermäusen sowie zur Evolution von Primaten, Vögeln und Insekten durchgeführt werden. Die Fossillagerstätte gibt Aufschluss über Kontinen‐ taldrift und Sedimentation, über Ozeanbildung und Landbrücken zwischen sich verschiebenden Kontinenten, über Tiefe und Erstreckung der Biosphäre und über Klima- und Lebenszyklen. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse sind auch heute noch von Bedeutung für das Verständnis von Entwicklungs‐ prozessen in Klima, Flora und Fauna.“ (https: / / www.unesco.de/ kultur-und -natur/ welterbe/ welterbe-deutschland/ fossillagerstaette-grube-messel) 2.3 Wattenmeer Das Weltnaturerbe Wattenmeer vereint in seinem grenzüberschreitenden Naturraum Bereiche der Nordsee von den Niederlanden über Deutschland bis nach Dänemark und schließt gleichzeitig noch mehrere Schutzgebiets‐ kategorien wie Nationalpark, Ramsargebiet und Biosphärenreservat in un‐ terschiedlicher Zahl mit ein. Im Jahr 2009 wurde das Wattenmeer zum ersten Mal als Weltnaturerbe anerkannt, 2014 wurde es auf seine heutigen Ausmaße von mehr als 1,1 Mio. Hektar erweitert. Das Wattenmeer ist mit einem Alter von rund 8.000 Jahren noch ein sehr junges Ökosystem, das sich erst im Zusammenhang mit dem nacheiszeitlichen Meeranstieg entwickeln konnte. Definition | Ramsar-Konvention 1971 wurde in der iranischen Stadt Ramsar dieses „Übereinkommen über Feuchtgebiete, insbesondere als Lebensraum für Wasser- und Watvögel, von internationaler Bedeutung“ verabschiedet. 1975 trat es in Kraft. (https: / / www.ramsar.org/ sites/ default/ files/ documents/ library/ scan_ce rtified_g.pdf) 23 2.3 Wattenmeer Abb. 2: Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer 24 2 UNESCO Weltnaturerbe Zu den Superlativen des Weltnaturerbes Wattenmeer gehört die Tatsache, dass es sich hierbei um das größte ununterbrochene System von Gezeiten‐ sand und Watt der Welt handelt. Positiv wie besonders schutzwürdig ist, dass die natürlichen Prozesse in diesem Ökosystem weitgehend ungestört ablau‐ fen können. Es handelt sich um „eine große, gemäßigte, relativ flache Küs‐ tenfeuchtgebietsumgebung, die durch die komplizierten Wechselwirkungen zwischen physikalischen und biologischen Faktoren gebildet wird, die zu einer Vielzahl von Übergangslebensräumen mit Gezeitenkanälen, sandigen Untiefen, Seegraswiesen, Muschelbeeten, Sandbänken, Watt, Salzwiesen, Flussmündungen, Stränden und Dünen geführt haben“ (http: / / whc.unesco. org/ en/ list/ 1314). Hintergrund | Gefährdungen für das Weltnaturerbe Wattenmeer „Zu den wichtigsten Bedrohungen, die ständige Aufmerksamkeit erfor‐ dern, gehören Fischereiaktivitäten, die Entwicklung und Instandhaltung von Häfen, Industrieanlagen rund um das Grundstück, einschließlich Öl- und Gasbohrinseln und Windparks, der Seeverkehr, die Entwicklung von Wohn- und Tourismusgebieten sowie die Auswirkungen des Klima‐ wandels.“ (http: / / whc.unesco.org/ en/ list/ 1314 ) Die Fortsetzung der mit dem Wattenmeer verbundenen Superlative muss sich mit den vorübergehenden gefiederten Gästen dieses Naturraums be‐ schäftigen. Bis zu geschätzten 6,1 Mio. Zugwasservögel können sich gleich‐ zeitig in dieser Großregion aufhalten, zwischen 10 und 12 Mio. machen hier jährlich Station auf ihren Wegen zwischen Europa, Asien und Afrika über den East Atlantic Flyway - einer Flugroute über den östlichen Atlantik. Das Wattenmeer „gilt als eines der wichtigsten Gebiete für Zugvögel in der Welt und ist mit einem Netzwerk anderer wichtiger Standorte für Zugvögel verbunden“ (http: / / whc.unesco.org/ en/ list/ 1314). Doch nicht nur als Stopp und Stärkung für ihren Fernflug zwischen den Kontinenten spielt das Wattenmeer für die Zugvögel eine bedeutende Rolle, auch als Staging-, Mauser- und Überwinterungsgebiet dient es und besitzt im Unterschied zu anderen Küstenfeuchtgebieten eine überdurchschnittliche Artenvielfalt in den verschiedenen Biotopen: „Die Salzwiesen beherbergen rund 2.300 Arten von Flora und Fauna, und die Meeres- und Brackwasser‐ gebiete weitere 2.700 Arten und 30 Arten von Brutvögeln.“ (http: / / whc.une 25 2.3 Wattenmeer sco.org/ en/ list/ 1314) Das Nahrungsangebot und ein geringer Störungsgrad stellen gute Bedingungen für die Tiere dar. Die Rolle des Wattenmeer als ein „Drehkreuz“ des interkontinentalen Vogelflugs wird als ein wichtiger Aspekt im Bildungsauftrag gesehen; in Kap. 7.3 werden die „Vogelflugtage“ vorgestellt sowie andere touristische Angebote, diesen besonderen Naturraum den Besucher: innen näherzubrin‐ gen. Literaturtipp | 30 Jahre Nationalpark Wattenmeer 1986 wurde das Niedersächsische Wattenmeer, d. h. die Küstenland‐ schaft mit den Ostfriesischen Inseln von Borkum bis auf das Festland und der Elbemündung bei Cuxhaven, von der offenen Nordsee bis zum Hauptdeich entlang der Küste, zum Nationalpark erklärt. Mit einer Flä‐ che von ca. 3.450 km² macht er ungefähr ein Drittel des heutigen Welt‐ naturerbes aus. Die Jubiläumspublikation gibt einen umfassenden Über‐ blick über viele Aspekte dieses Ökosystems. Link-Tipp [3] | http: / / s.narr.digital/ fgx0n Im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer gibt es drei Biosphärenre‐ servate: ● Biosphärenreservat Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und Halli‐ gen, ● Biosphärenreservat Hamburgisches Wattenmeer, ● Biosphärenreservat Niedersächsisches Wattenmeer. Ein Biosphärenreservat mit seiner Einteilung in Kern-, Pflege- und Entwick‐ lungszone (siehe Kap. 1.2) hat nicht nur die Naturlandschaft im Fokus, sondern auch die Kulturlandschaft: „Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der nachhaltigen Bewirtschaftung der Inseln und Halligen, der Nutzung regenerativer Energiequellen sowie der Weiterentwicklung eines naturver‐ träglichen Tourismus. Auch die Bildungsarbeit im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung spielt eine große Rolle, so z. B. bei den zahlreichen Aktivitäten der Junior Ranger.“ (https: / / www.nationalpark-wattenmeer.de/ schuetzen/ b iosphaerenreservat/ ) Der Lebensraum auf den Inseln und an der Küste kann trotz des Kampfes gegen die Naturgewalten mit zu den ältesten Kulturlandschaften gezählt werden, denn die ersten Warften, von Menschen aufgeschüttete Hügel für 26 2 UNESCO Weltnaturerbe relativ sichere Siedlungsplätze, reichen zurück bis in die Zeit zwischen 700 und 600 v. Chr. Spuren einer Besiedlung lassen sich bis in die Zeit von 1575-1200 v. Chr. zurückverfolgen. Ab dem 10. Jh. wird das Land an der Nordsee zunehmend durch Deiche geschützt, das Wassermanage‐ ment ständig weiterentwickelt: „Handel, Schifffahrt und die gewerbsmäßige Landwirtschaft bildeten bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts die Grundlage des Wohlstands in dieser Region, die damals zu den reichsten Gebieten Westeu‐ ropas zählte.“ (https: / / www.waddensea-worldheritage.org/ sites/ default/ file s/ 2011_Wadden%20Sea%20Region_DE.pdf, S. 16) Die Kulturlandschaft im Biosphärenreservat muss sich heutzutage mehr Herausforderungen stellen als „nur“ dem Kampf gegen Naturgewalten und einem Meeresspiegelanstieg, der noch durch den Klimawandel verstärkt wird. Die aktuellen Fragen der Nutzung erneuerbarer Energien und der nationalen Energiesicherung betreffen diesen dafür geeigneten Naturraum sehr - und kollidieren mit den Anforderungen an ein Biosphärenreservat. 2.4 Alte Buchenwälder Europas Korrekt lautet die Bezeichnung dieses Weltnaturerbes „Ur- und Urbuchen‐ wälder der Karpaten und anderer Regionen Europas“. Im Jahr 2007 wurden sie erstmals als Weltnaturerbe eingetragen, letztmalig erweitert im Jahr 2021. Aktuell verfügen 18 Vertragsstaaten über nennenswerte und unter Schutz stehende Bestände der Rotbuche (Fagus sylvatica), die sich seit dem Ende der letzten Eiszeit vor ca. 11.000 Jahren aus einigen isolierten Rückzugsgebieten in europäischen Gebirgen - vor allen im Süden Europas - anschließend nach Norden und Osten auch in den Tiefländern Europas verbreitet hat. „Die erfolgreiche Expansion über einen ganzen Kontinent hängt mit der Anpassungsfähigkeit und Toleranz des Baumes gegenüber verschiedenen klimatischen, geografischen und physischen Bedingungen zusammen.“ (http: / / whc.unesco.org/ en/ list/ 1133) Hintergrund | Rotbuche und Blutbuche Die Farbe Rot ist bei der Rotbuche (Fagus sylvatica) in ihrer äußeren Erscheinung, d. h. im Laub während der Vegetationsperiode, nicht zu sehen, es ist ihr leicht rötliches Holz, das ihr zu ihrem Namen verhalf. Die Buche mit dem auffallend dunkelroten Laub ist dagegen seltener; 27 2.4 Alte Buchenwälder Europas hierbei handelt es sich um die Blutbuche (Fagus sylvatica f. purpurea), die ihre Wachstumsperiode bereits im Frühjahr mit einem dunkelroten Laub beginnt. Das Kriterium 9, das den Waldgesellschaften aus Buchen zur Aufnahme in die Welterbeliste verhalt, zielt auf die genetische Anpassungsfähigkeit dieses Baumes. Die Gattung Fagus ist aufgrund ihrer weiten Verbreitung in der nördlichen Hemisphäre und ihrer ökologischen Bedeutung von globaler Relevanz: „Diese weitgehend ungestörten, komplexen gemäßigten Wälder zeigen umfassende ökologische Muster und Prozesse von reinen und gemischten Beständen der europäischen Buche über eine Vielzahl von Um‐ weltgradienten, einschließlich klimatischer und geologischer Bedingungen, die fast alle europäischen Buchenwaldregionen umfassen.“ (http: / / whc.une sco.org/ en/ list/ 1133) Diese sommergrünen Laubwälder der Rotbuche kommen nur in Europa vor, Deutschland ist dabei ihr Hauptverbreitungsgebiet. Bei den Buchen‐ wäldern handelt es sich je nach Standort und Böden um unterschiedliche Typen dieser Waldgesellschaft, wie z. B. den Hainsimsen-, Perlgras- oder Waldgersten-Buchenwald. Die Variationen ergeben sich durch verschiedene dominierende Krautschichten. „Der Buchenwald ist trotz der Dominanz ei‐ ner Baumart bevorzugter Lebensraum für mehrere Tausend Tier-, Pflanzen- und Pilzarten. Die Buche hat ihre klimatische Verbreitungsgrenze vermut‐ lich noch nicht erreicht. Ihre Expansionskraft ist daher ungebrochen. Die nacheiszeitliche Wiederbewaldungsphase ist noch im Gang - ein Prozess, der sich an keiner anderen Stelle der Welt dokumentieren lässt.“ (https: / / www.bmuv.de/ fileadmin/ Daten_BMU/ Pools/ Broschueren/ buchenwaelder_ bf.pdf, S. 31) 2.5 Great Barrier Reef Als ein Beispiel eines Weltnaturerbes im Meer, das in einer anderen Klima‐ zone und im Unterschied zum oben skizzierten Wattenmeer permanent vollständig unter der Wasseroberfläche liegt - und somit ein völlig anderes Ökosystem darstellt, sei kurz auf das Great Barrier Reef vor der australischen Nordostküste eingegangen. Mit seiner Eintragung 1981 in die Liste des Weltnaturerbes kann man es als Erbe „der ersten Stunde“ bezeichnen. 28 2 UNESCO Weltnaturerbe Das Great Barrier Reef stellt mit seiner Fläche von ca. 348.000 km² das weltweit größte Korallenriff-Ökosystem dar. Als Alleinstellungsmerkmal eignet sich auch seine Artenvielfalt: „Es gibt über 1.500 Fischarten, etwa 400 Korallenarten, 4.000 Molluskenarten und etwa 240 Vogelarten sowie eine große Vielfalt an Schwämmen, Anemonen, Meereswürmern, Krebstieren und anderen Arten. Keine andere Welterbestätte enthält eine solche Arten‐ vielfalt. Diese Vielfalt, insbesondere die endemischen Arten, bedeutet, dass die GBR von enormer wissenschaftlicher und intrinsischer Bedeutung ist und auch eine beträchtliche Anzahl bedrohter Arten enthält.“ (http: / / whc.u nesco.org/ en/ list/ 154) Das Great Barrier Reef erfüllt alle vier Kriterien (siehe Kap. 1.1), die ein Weltnaturerbe erfüllen kann: ● Kriterium 7: Die Schönheit dieser spektakulären wie detailreichen Landschaft aus Riffen, Inseln und Koralleninseln ist sogar aus dem Weltraum zu sehen. ● Kriterium 8: In dem sich über ca. 2.000 km erstreckenden Great Barrier Reef lässt sich die Entwicklungsgeschichte eines Ökosystems über Jahrtausende verfolgen. Nicht nur alle Stadien der Riffentwicklung sind zu sehen, auch Veränderungen, die die Veränderung des Meeresspiegels hier über einen langen Zeitraum verursacht hat. So wurden aus den Riffen beim sinkenden Meeresspiegel während der Eiszeit flache Hügel aus Kalkstein auf den Inseln. ● Kriterium 9: Aufgrund seiner langen Entstehungsgeschichte stellt das Great Barrier Reef heute auch ein Ökosystem in seiner reifen Form dar. Dabei spielen nicht nur Fauna und Flora im Meerwasser eine Rolle, sondern auch die Entwicklung einer Vegetation auf den Inseln durch die Samenverbreitung durch Vögel. ● Kriterium 10: Seine riesige Ausdehnung und seine Biodiversität machen das Great Barrier Reef zu einem der reichsten und komplexesten Ökosysteme der Erde und zu einem der bedeutendsten für den Erhalt der biologischen Vielfalt. Viele der marinen und terrestrischen Arten sind für den Naturschutz von globaler Bedeutung. (Vgl. http: / / whc.unesco.org/ en/ list/ 154) 29 2.5 Great Barrier Reef 3 UNESCO Biosphärenreservate Biosphärenreservate (siehe Kap. 1.2) vereinen mit ihrem ganzheitlichen Ansatz den Naturschutzgedanken mit einer wirtschaftlichen Nutzung des‐ selben Gebiets. Ökonomische, soziale, kulturelle und ethische Aspekte, die sich in einer Kulturlandschaft widerspiegeln, sollen auf eine nachhaltige Weise gepflegt werden. Die Aktivitäten des Menschen haben über die Jahrhunderte hinweg Naturlandschaften in Kulturlandschaften verwandelt. „Biosphärenreservate sind großflächige, repräsentative Ausschnitte von Natur- und Kulturlandschaften. Sie gliedern sich abgestuft nach dem Ein‐ fluss menschlicher Tätigkeit in eine Kernzone, eine Pflegezone und eine Entwicklungszone, die gegebenenfalls eine Regenerationszone enthalten kann. Der überwiegende Teil der Fläche des Biosphärenreservats soll recht‐ lich geschützt sein. In Biosphärenreservaten werden - gemeinsam mit den hier lebenden und wirtschaftenden Menschen - beispielhafte Konzepte zu Schutz, Pflege und Entwicklung erarbeitet und umgesetzt.“ (Arbeitsgruppe Biosphärenreservate, 1995, S. 5) Damit sind Biosphärenreservate Modellre‐ gionen, in denen Schutz und Pflege regionaltypischer Ökosysteme mit einer nachhaltigen Landnutzung unter einer gewissen Kontrolle stehen. Wie bei den Stätten des Weltnatur- und Weltkulturerbes ist auch mit den Biosphärenreservaten ein Bildungsauftrag verbunden. Hier geht es um Bewusstseinsbildung und Wissensvermittlung zu Ökosystemen und ihrer nachhaltigen Nutzung - zum einen für die einheimische Bevölkerung, aber auch nach außen, indem ein Teil dieser geforderten Umweltbildung durch den Tourismus umgesetzt wird. Wissen | Aufgaben eines Biosphärenreservats „Ein Biosphärenreservat erfüllt verschiedene Aufgaben: Es fördert nach‐ haltige Wirtschaftsformen, Naturschutz, Forschung und Bildung für nachhaltige Entwicklung ebenso wie internationale Kooperation.“ (https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ biosphaerenreservate) 3.1 Anforderungen an ein Biosphärenreservat Welche Kombination von Natur- und Kulturlandschaft hat das Potenzial, die Anerkennung der UNESCO als ein Biosphärenreservat (siehe Kap. 1.2) zu erhalten? Was bedeutet es für die jeweilige Region, diese Auszeichnung - und damit verbunden eine Reihe von Verpflichtungen - erhalten zu haben? In Deutschland gibt das MAB-Nationalkomitee die Richtlinien mit 40 zu erfüllenden Kriterien für eine Bewerberregion vor. Zu den Voraussetzungen für den Status eines Biosphärenreservats gehören vor allem das Interesse und die Unterstützung der Aktion durch die betroffenen Bewohner: innen. Eine wichtige Gruppe stellen die in der Landwirtschaft Tätigen dar. „Oft sind es gerade Landwirtinnen und Landwirte, die zusätzliche Auflagen fürchten; diese Befürchtungen sind jedoch meist unbegründet, denn landwirtschaft‐ liche Betriebe liegen oft in der ‚Entwicklungszone‘, wo es weniger um neue Auflagen als um neue Anreiz- und Förderprogramme für nachhaltige Entwicklung geht.“ (https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ biosphaeren reservate/ biosphaerenreservat-werden) Als nächste Voraussetzung wäre die Repräsentativität des Gebiets zu er‐ füllen. Dabei muss diese Region nicht nur für Deutschland ein einzigartiger Raum mit seinen natürlichen Gegebenheiten und seiner Kulturlandschaft sein, sondern dies auch auf Weltebene. Die Zonierung des mindestens 300 km 2 großen Gebiets unterliegt ebenso bestimmten Kriterien. Es müssen die drei Zonen Kernzone, Pflege- oder Puf‐ ferzone sowie Entwicklungszone festgelegt sein, denen jeweils bestimmte Nutzungsmöglichkeiten zugeordnet werden. Das Bekenntnis zur Nachhaltigkeit und ihre Umsetzung ist eine weitere Voraussetzung. „Modellregionen und Lernorte für Nachhaltigkeit sollten nicht bei Null anfangen; es sollten bereits Erfahrungen bei der Nutzung innovativer Nachhaltigkeitsinstrumente bestehen. Es geht nicht nur um Bewahrung der biologischen Vielfalt, sondern auch um ein zukunftsfähiges gesellschaftliches Zusammenleben und wirtschaftlich nachhaltige Ressour‐ cennutzung.“ (a. a. O.) Schließlich muss der rechtliche Status des Biossphärenreservats in spe gesichert sein und eine „leistungsfähige und hauptamtliche“ Verwaltung dafür zusammengestellt werden. 32 3 UNESCO Biosphärenreservate Hintergrund | Das deutsche MAB-Nationalkomitee Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) beruft 17 Expert: innen aller relevanten Fachbereiche als Mitglieder des MAB-Nationalkomitees. Den Vorsitz in diesem Gremium hat gemäß den Statuten der Vertretende des BMU. Das Nationalkomitee tagt zweimal jährlich, seine Geschäftsstelle befindet sich in Bonn. Zu den Aufgaben gehören die Evaluierung der deutschen UNESCO Biosphärenreservate, die Entwicklung der Kriterien für die Anerken‐ nung und Überprüfung von UNESCO Biosphärenreservaten in Deutsch‐ land sowie das Erarbeiten von Konzepten, Positionspapieren und For‐ schungsempfehlungen zur Umsetzung in den Biosphärenreservaten. Wenn alle Voraussetzung und Kriterien erfüllt sind und das MAB-Natio‐ nalkomitee diesen Vorschlag unterstützt, kann nur die deutsche Bundesre‐ gierung einen Antrag auf Anerkennung als Biosphärenreservat bei der UNESCO einreichen. Lang ist der Katalog der Aufgaben, die ein anerkanntes Biosphärenreser‐ vat zu erledigen hat. Daraus ergibt sich ein ständiger Verbesserungsprozess, nicht zuletzt, um spätestens nach zehn Jahren eine erneute Evaluierung erfolgreich zu bestehen und den Titel Biosphärenreservat weiter führen zu dürfen. Unter den Arbeitsschwerpunkten eines Biosphärenreservats wird explizit die „Stärkung des nachhaltigen Tourismus“ genannt (vgl. https: / / www.un esco.de/ kultur-und-natur/ biosphaerenreservate/ biosphaerenreservat-sein). Eine Reihe weiterer Aufgaben sind auch für den Tourismus relevant, wie beispielsweise die Förderung moderner Mobilitätskonzepte im ländlichen Raum, u. a. durch Elektromobilität oder auch die Bewahrung des wertvollen immateriellen Kulturerbes und der Bautraditionen. Die Landwirtschaft kann Forderungen der Gastronomie nach lokalen und saisonalen Produkten erfüllen und mit der Wieder- oder Neueinführung von alten Haustierrassen auch kulinarische Alleinstellungsmerkmale bieten. Die Landschaft eines Biosphärenreservats schmecken, könnte ein interessantes touristisches An‐ gebot sein, das ganz seiner Wirtschaftsphilosophie entspricht. 33 3.1 Anforderungen an ein Biosphärenreservat 3.2 Spreewald Gurken und schmale Wasserläufe durch die Wälder - damit wären in knappster Form wichtige Aspekte dieses Biosphärenreservats ca. 100 km südöstlich von Berlin genannt. 1991 wurde ein Gebiet von ca. 475 km² dieser norddeutschen Altmoränenlandschaft zum UNESCO Biosphärenreservat ernannt. Die einst aus Skandinavien bis nach Brandenburg reichenden Gletscher der Eiszeiten haben diese Landschaft maßgeblich geformt. Ihre Ablagerun‐ gen in Form von Moränen, aber auch Dünen, Schwemmkegel und ein weit verzweigtes Gewässernetz stellen einen einzigartigen Naturraum dar: „Im Weltnetz der Biosphärenreservate repräsentiert der Spreewald die Lebensräume Bruch- und Auenwald, Feucht- und Nasswiesen und Fließge‐ wässer.“ (https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ biosphaerenreservate/ b iosphaerenreservate-deutschland/ spreewald) Diese Naturlandschaft mit ihrem Wasserreichtum wurde in ihren Rand‐ bereichen schon während der Bronzezeit besiedelt; ab dem 6. Jh. ließen sich slawische Gruppen - Sorben und Wenden - hier nieder und erschlossen weitere Gebiete. „Als Nachkommen der im Zuge der Völkerwanderung eingewanderten slawischen Stämmen leben heute noch ca. 60.000 Sorben in der Lausitz. Trotz jahrhundertelanger Repressalien und Assimilierungs‐ maßnahmen haben sie Teile ihrer slawischen Identität und Kultur bewahren können. Seit einigen Jahrzehnten sind sie als ethnische Minderheit aner‐ kannt.“ (https: / / www.spreewald-biosphaerenreservat.de/ hier-leben/ typisch -spreewald/ ) Erst mit Wasserbaumaßnahmen wurde es möglich, auch den inneren Spreewald zu besiedeln und wirtschaftlich zu nutzen. Die Siedlungsstruktur wurde an die natürlichen Gegebenheiten angepasst, indem der Hausbau nur auf erhöhten und damit trockenen kleinen Flächen der Schwemmsandinseln - sogenannten Kaupen - möglich war. Große Teile des Waldes wurden gerodet, um Wiesen und kleine Äcker anzulegen. Hintergrund | Wasserwege „Das Leben der Menschen gestaltete sich im Spreewald auf ganz eigene Art. Dörfer, die nur auf dem Wasserwege erreichbar waren, jedes Gehöft von Fließen umgeben und der flache Kahn als das einzige Verkehrs- und Transportmittel, waren bis ins letzte Jahrhundert hinein im Spreewald 34 3 UNESCO Biosphärenreservate die Regel. Der Lebensrhythmus wurde vom Wasser geprägt und Hoch‐ wässer, aber auch Trockenzeiten erschwerten das ohnehin harte Dasein. Ein kleiner Hafen und mehrere Kähne gehörten zu jedem Gehöft.“ (https: / / www.spreewald-biosphaerenreservat.de/ unser-auftrag/ region alentwicklung/ kulturlandschaft/ ) Kahnfahrten spielen im touristischen Angebot des Spreewalds eine wichtige Rolle. Es gibt mehr als 30 Kahnfahrthäfen und Ablegestellen, neben Standardtouren von zwei bis drei Stunden Dauer werden auch Pauschalen angeboten (vgl. https: / / www.spreewald.de/ kahnfahrten/ ). 3.3 Rhön Als Beispiel eines Biosphärenreservats in einer Mittelgebirgslandschaft soll dasjenige in der Rhön skizziert werden. Im weltweiten Netz der Biosphären‐ reservate repräsentiert es den Landschaftsraum Mitteldeutsches Bergland. Als Alleinstellungsmerkmal bezeichnet man die Rhön als „das Land der offenen Fernen“. Diese offenen Fernen sind kein Ergebnis natürlicher Prozesse, sondern sie spiegeln die Aktivitäten des Menschen wider, der hier im Laufe der Jahrhunderte eine weitgehend waldarme Kulturlandschaft geschaffen hat. Ursprünglich wurde die Rhön von Buchenwäldern bedeckt und war somit ein Teil der europäischen Buchenwaldzone. (siehe Kap. 2.4). Dass sich in der Rhön die historische Kulturlandschaft besonders gut erhalten konnte, ist ihrer einstigen Randlage an der Grenze zur Deutschen Demokratischen Republik zu verdanken: „Die während der deutschen Teilung abgeschiedene Lage, naturräumliche Besonderheiten und eine tra‐ ditionelle Bindung der Bevölkerung an die Landwirtschaft haben in der Rhön eine weitgehend intakte Kulturlandschaft und ländliche Siedlungs‐ strukturen erhalten. Die Rhön bietet vielfältige Landschaftstypen: die Hohe Rhön ist ein Hochplateau, das durch Mahd und Beweidung offengehalten wurde und ein breites Spektrum artenreicher, extensiver Grünlandtypen trägt. Die Kernzone bilden Buchen- und Edellaubholzwälder sowie Hoch‐ moore.“ (https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ biosphaerenreservate/ bi osphaerenreservate-deutschland/ rhoen) 35 3.3 Rhön Hintergrund | Internationaler Sternenpark Rhön Das Titelbild des Buches deutet es an, dass die offenen Fernen auch einen Vorteil für den Blick nach oben darstellen. So wurde das Biosphärenre‐ servat Rhön 2014 durch die Dark Sky Association als Internationaler Sternenpark ausgezeichnet. Die dünne Besiedelung der Rhön und die daraus folgende geringe Lichtverschmutzung ermöglichen es, intakte Nachtlandschaften zu bewundern. Diese Nachtlandschaft wird ebenso als schützenswert angesehen und erweitert somit den Schutzgedanken eines Biosphärenreservats auch bis hin in die Fernen der Milchstraße. (https: / / www.sternenparkrhoen.de/ ) Bei den vielen Zielen des Biosphärenreservats Rhön sei ein Blick auf die Landwirtschaft, insbesondere die Erhaltung alter einheimischer Tierrassen sowie die regionale Vermarktung, geworfen. Als ein Beispiel für die Renais‐ sance einer alten Schafrasse steht das Rhönschaf. Mit seinen unzähligen Artgenossen sorgte es als „biologischer Rasenmäher“ einst - und heute wieder - für das Offenhalten der Landschaft und fungierte lange Zeit auch als Fleisch-, Milch- und Wolllieferant. Durch das Aufkommen von Maschinen in der Landwirtschaft und in der Landschaftspflege, durch billi‐ geres Lammfleisch aus Übersee und die Verbreitung synthetischer Fasern verloren Schafe im Allgemeinen stark an Bedeutung. Das Rhönschaf als alte heimische Rasse drohte in den 1980er-Jahren auszusterben. „Erst durch das beharrliche Festhalten einiger Schäfer an dem Rhönschaf, das gezielte Einsetzen der Rhönschafe in Naturschutzprojekten, die Unterstützung durch den BUND Naturschutz und das wieder Entdecken in der Gastronomie konnte die Anzahl der Tiere gesteigert werden. Der Bestand hat sich soweit erholt, dass es von der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Haustiere seit Anfang 2020 verschwunden ist.“ (https: / / www.biosphaerenreservat-rh oen.de/ natur/ landwirtschaft-und-fischerei/ alte-haustierrassen/ rhoenschaf) Um den Erhalt von insgesamt 42 gefährdete Nutztierrassen bemühen sich die Landwirtschaft und Privatpersonen in der Rhön. Das Rhönschaf und ebenso alte Rinderrassen tragen nicht nur emotional zur regionalen Identität bei, sondern sind auch Grundlagen für die Kulinarik: „Ziel im UNESCO-Bio‐ sphärenreservat ist, die Möglichkeiten aus traditioneller Küche, regiona‐ len Produkten und innovativen Angeboten zu einem positiven und ein‐ zigartigen Image zu verdichten.“ (https: / / www.biosphaerenreservat-rhoen .de/ mensch/ tourismus-gastronomie-und-erholung/ regionale-produkte-und 36 3 UNESCO Biosphärenreservate -wertschoepfungsketten) Damit wird ebenfalls ein Beitrag zur Förderung einer nachhaltig agierenden Landwirtschaft geleistet, die letztendlich mit ihren Arbeiten das „Land der offenen Fernen“, d. h. die charakteristische Kulturlandschaft des Biosphärenreservats, erhält. 3.4 Berchtesgadener Land Das Biosphärenreservat - alias Biosphärenregion, wie man sich im Gebiet Berchtesgadener Land selber bezeichnet - repräsentiert den Landschafts‐ raum Nördliche Kalkalpen samt Vorland. Es umfasst das gesamte Spektrum der Lebensräume Bergmischwald, Almweiden, alpine Matten, Felsfluren, Zwergstrauchheiden, Seen und Weiher, Niedermoore, Streu- und Feucht‐ wiesen sowie Flachland- und Berg-Mähwiesen. Durch eine breit aufgestellte Landwirtschaft ist eine alpine bzw. voralpine Kulturlandschaft entstanden, die unterschiedlichste Biotope nutzt. Den „Erhalt und die Entwicklung einer nachhaltigen Forst- und Berglandwirtschaft sowie die Unterstützung der regionalen Akteure hin zu nachhaltigen Lebens- und Wirtschaftswei‐ sen“ (https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ biosphaerenreservate/ biosp haerenreservate-deutschland/ berchtesgadener-land) hat man hier zu einem Schwerpunkt für die Arbeit des Biosphärenreservatsmanagements erklärt. Es gilt, eine von kleinbäuerlichen Betrieben geprägte Landwirtschaft zu fördern, die von Natur aus schwierigere Bedingungen vorfindet. In diesem Zusammenhang wurde 2020 das Projekt „Biosphären-Produkte“ gestartet. „Ziel ist es, ein ,echt regionales‘ Lebensmittelangebot zu schaffen und zu etablieren, das für die Wertschöpfung in der Region, die Wertschätzung für die Region und ihrer Natur sowie für einen nachhaltigen Konsum steht.“ (https: / / www.brbgl.de/ biosphaeren-produkte/ ) Dabei sollen nicht nur die kleinbäuerliche und ökologische Landwirtschaft und das traditionelle Er‐ nährungshandwerk (beispielsweise Mühlen, Molkereien, Schlachthöfe) vor Ort gestärkt, sondern diese auch noch stärker als bisher mit dem Gast‐ gewerbe sowie dem lokalen Einzelhandel vernetzt werden. So kann die Wertschöpfung in der Region bleiben und ökonomische Nachhaltigkeit praktiziert werden. In einem weiteren Schritt des Projekts der Biosphärenprodukte wird nun an einer Zertifizierung der in der Region hergestellten Produkte gearbeitet. Herkunfts- und Nachhaltigkeitskriterien werden dafür in einer Kooperation von Verwaltung der Biosphärenregion, landwirtschaftlichen Betrieben und 37 3.4 Berchtesgadener Land Unternehmen des Lebensmittelhandwerks erarbeitet und getestet. „Das An‐ gebot ,Biosphären-Gericht‘ & ,Biosphären-Frühstück‘ ist Teil des Projekts. Dabei unterstützt die Verwaltungsstelle der Biosphärenregion Betriebe aus dem Gastgewerbe, ein spezielles und besonderes, regionales Angebot auf der Speisekarte oder am Büffet umzusetzen.“ (a. a. O.) Hintergrund | Biosphären-Produkt „Das Biosphären-Produkt-Zeichen garantiert echte Regionalität mit Herkunft aus der Biosphärenregion und steht für eine nachhaltige, handwerkliche und traditionelle Lebensmittelproduktion. Die Einhal‐ tung der Richtlinien für Biosphären-Produkte wird von externen Kon‐ trolldienstleistern überprüft.“ (https: / / www.brbgl.de/ biosphaeren-produkte/ ) 3.5 Maasheggen Die älteste Kulturlandschaft der Niederlande, die Maasheggen (siehe Kap. 7.1) im nördlichen Maastal, wurde 2018 als erstes und bislang einziges Biosphärenreservat des Staates anerkannt. Der größte Teil des ca. 67 km² großen Areals befindet sich auf dem linken Maasufer in der Provinz Brabant zwischen Oeffelt und Boxmeer, ein kleiner Teil auf dem rechten Ufer in Limburg südlich der Stadt Gennep. Von den 67 km² gelten 7 km² als Kernzone und 27 km² als Pflegezone, der übrige Teil des Biosphärenreservats ist Entwicklungszone. Der repräsentierte Raum ist eine landwirtschaftlich genutzte Flussland‐ schaft. „Maasheggen besteht aus einem Mosaik kleiner landwirtschaftlicher Felder, die von Hecken, alten Kopfbäumen, Sanddünen, Wäldern, Seen, Feuchtwiesen und Schilfbeeten umrahmt werden. Mehrere Bereiche von Maasheggen sind Teil von Natura 2000, dem EU-Schutzgebietsnetz. Andere Flächen sind durch das Natur-Netzwerk Niederlande geschützt.“ (https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ biosphaerenreservate/ biosph aerenreservate-weltweit/ biosphaerenreservate-weltweit-1) 38 3 UNESCO Biosphärenreservate Abb. 3: Kulturlandschaft Maasheggen Das charakteristische Element dieser Landschaft sind die geflochtenen He‐ cken aus Weißdorn und Schwarzdorn, die die Weiden als undurchdringliche grüne Zäune oder „Naturmauern“ begrenzen. Im Schutz der Hecken konnte das Vieh ungefähr einen Monat länger auf der Weide bleiben. Die Geschichte der Heckenlandschaft reicht zurück bis in die Antike, als das Maastal zur Provinz Niedergermanien gehörte und sich die Römer - nachzulesen in Caesars Gallischer Krieg - von diesen Hindernissen in der Landschaft gestört fühlten. Diese „Naturmauern“ waren weiter verbreitet, als es heute die Restbestände an der Maas sind. Die Mecha‐ nisierung der Landwirtschaft brachte das Ende vieler kleiner, durch Hecken geschützte Parzellen: „Solche Hecken gab es auch anderswo in den Auen, aber fast alle wurden gerodet: Hunderte, wenn nicht Tau‐ sende von Kilometern in einem Jahrhundert. Die Hecken, Grundstücke und Feldwege von Maasheggen sehen auch heute noch mittelalterlich aus.“ (https: / / www.staatsbosbeheer.nl/ uit-in-de-natuur/ locaties/ maashe ggen) Mit den alten Hecken werden dort heute Weiden und einige Felder umrahmt; die undurchdringlichen Gehölze sind auch wichtige Habitate vor allem für Vögel. Daneben kommt den Hecken in der Flussaue auch noch die Funktion zu, nach Hochwasser den Schlamm festzuhalten und somit für eine Verbesserung der Böden zu sorgen. 39 3.5 Maasheggen Hintergrund | Immaterielles Kulturerbe Flechthecken Abb. 4: Geflechte von einer Flechthecken-Meisterschaft an der Maas „Flechthecken sind eine kulturhistorisch gewachsene, spezifische Form der Feldeinfriedung. Diese ehemals in Europa weit verbreitete hand‐ werkliche Technik unter Nutzung von gewachsenen Naturmaterialien ist auch heute für eine aktive Kulturlandschaftspflege wertvoll. So sind es insbesondere Ziele des Naturschutzes, die dieser Kulturform eine erneut aktuelle Bedeutung gegeben haben.“ (https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ immaterielles-kulturerbe/ i mmaterielles-kulturerbe-deutschland/ flechthecken) In Deutschland wurde die Tradition der Flechthecken im Jahr 2018 in das Bundesweite Verzeichnis Immaterielles Kulturerbe aufgenommen. Im Raum Nieheim (NRW) wird dieses Kulturerbe ebenfalls noch ge‐ pflegt. Link-Tipp [4] | http: / / s.narr.digital/ 8dwcc 40 3 UNESCO Biosphärenreservate 4 UNESCO Global Geoparks Die UNESCO Global Geoparks (siehe Kap. 1.3) haben weit mehr Aufgaben, als „nur“ das Einzigartige der Geologie und Geographie einer Landschaft herauszustellen und zu bewahren: „Ein globaler Geopark der UNESCO nutzt sein geologisches Erbe in Verbindung mit allen anderen Aspekten des Natur- und Kulturerbes der Region, um das Bewusstsein und das Verständnis für Schlüsselfragen der Gesellschaft im Kontext des dynamischen Planeten, auf dem wir alle leben, zu verbessern, die Auswirkungen des Klimawandels zu mildern und die Auswirkungen von Naturkatastrophen zu reduzieren. Durch die Sensibilisierung für die Bedeutung des geologischen Erbes der Region in Geschichte und Gesellschaft vermitteln die UNESCO Global Geoparks den Menschen vor Ort ein Gefühl des Stolzes auf ihre Region und stärken ihre Identifikation mit der Region. Die Schaffung innovativer lokaler Unternehmen, neuer Arbeitsplätze und qualitativ hochwertiger Aus‐ bildungskurse wird stimuliert, da durch nachhaltigen Geotourismus neue Einnahmequellen generiert werden, während die geologischen Ressourcen des Gebiets geschützt werden.“ (http: / / www.globalgeopark.org/ aboutGGN / 6398.htm) Für die UNESCO Global Geoparks gilt - wie für die anderen Kategorien der von der UNESCO ausgezeichneten Stätten (Weltnaturerbe und Biosphärenreservate) - eine nachhaltige Nutzung in allen Bereichen (vgl. https: / / en.unesco.org/ global-geoparks/ focus). 4.1 Anforderungen an einen UNESCO Global Geopark Der Weg zur Anerkennung als UNESCO Global Geopark (siehe Kap. 1.3) führt in Deutschland über die GeoUnion Alfred-Wegener-Stiftung, die seit 2002 das Gütesiegel „Nationaler GeoPark in Deutschland“ verleiht, welches die erste Voraussetzung für eine Antragstellung bei der UNESCO ist. Die zweite Voraussetzung ist die Zustimmung des deutschen Nationalkomitees für UNESCO Global Geoparks zur Bewerbung. „In Deutschland prüft das Na‐ tionalkomitee für UNESCO Global Geoparks, ob die Qualitätsanforderungen eingehalten werden. Dieses wurde 2016 vom Auswärtigen Amt einberufen, ihm gehören führende Experten aus den Bereichen Geowissenschaften, nachhaltige Entwicklung, Tourismus und Bildung sowie Vertreter von Bund und Ländern an. Nur mit Zustimmung des Nationalkomitees werden Bewer‐ bungen und Fortschrittsberichte an die UNESCO weitergeleitet.“ (https: / / ww w.unesco.de/ sites/ default/ files/ 2020-06/ Geoparks_Imagebroschuere_2020.p df, S. 8) Der Platz auf der Liste der UNESCO Global Geoparks ist jedoch nur für vier Jahre sicher. Wegen des hohen Qualitätsanspruchs an die UNESCO Geoparks werden diese alle vier Jahre evaluiert und nur nach einem erfolgreich bestandenen Prüfungsprozess darf der Titel weitergeführt werden. Aus dem Katalog der Kriterien und Aufgabenbereiche eines UNESCO Geoparks, die das deutsche Nationalkomitee für diese festgelegt hat, seien einige kurz skizziert (vgl. https: / / www.unesco.de/ sites/ default/ files/ 2018-0 4/ UNESCO%20Global%20Geoparks_NK_Kriterien_11_2016.pdf). Die Größe soll mindestens 30.000 Hektar und nicht mehr als 200.000 Hektar betragen - Ausnahmen sind jedoch möglich. Auf die großen aktuellen Herausforderungen, wie Klimawandel, Verlust biologischer Vielfalt, Boden- und Gewässerschutz, Ernährungssicherheit, Naturkatastrophen, Energie, Endlichkeit natürlicher (Geo-)Ressourcen und demographische Entwicklung, muss jeder einzelne Geopark gebietsspezifi‐ sche Ausprägungen identifizieren und Maßnahmen (z. B. Moderation, Inter‐ essensausgleich, Beratung und Vernetzung von Akteuren sowie Bildung, Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit) konzipieren und umsetzen, die international als Beispiel dienen können (vgl. a. a. O., S. 2). Bildung gehört wie bei den anderen Gebietskategorien der UNESCO auch bei den Geoparks zu den Pflichtaufgaben. Dabei soll nicht nur ein geowissenschaftliches Grundlagenwissen vermittelt werden, sondern dieses auch zu einer Gestaltungskompetenz führen. Ein wichtiger Schwerpunkt bzw. wesentliche Voraussetzung hierfür ist die Bildung für nachhaltige Entwicklung. Orte, an denen eine nachhaltige Entwicklung vorbildlich praktiziert werden soll, sind die Geoparks: „Ein Geopark soll in allen relevanten Wirtschafts- und Lebensbereichen dazu beitragen, unter Achtung der regionalen Besonderhei‐ ten und unter besonderer Berücksichtigung globaler und intergenerationaler Gerechtigkeit, eine umwelt- und sozialverträgliche wirtschaftliche Entwick‐ lung zu ermöglichen. Der Geopark soll insbesondere auf Industrie, Handwerk und Land- und Forstwirtschaft einwirken, bei Energieverbrauch, Rohstoffein‐ satz, Boden- und Gewässerschutz und Abfallwirtschaft dem Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung zu folgen.“ (a. a. O., S. 3) 42 4 UNESCO Global Geoparks In diesem Kontext muss Tourismus natürlich in einer nachhaltigen Weise stattfinden. Ein naturverträglicher Geotourismus hat zum Ziel, „den Geo‐ park und seine geologischen, ökologischen, archäologischen, historischen und kulturellen Besonderheiten durch ein umfassendes Bildungs- und Frei‐ zeitprogramm erlebbar zu machen. Wesentliche Elemente der touristischen Entwicklung sind Besucherlenkung, - wo möglich - Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Zugänglichkeit für alle, die Vermarktung regionaler Produkte, ein Besucherzentrum und die Vernetzung von Ange‐ boten. Informationen, Materialien und Besucherzentren sind nach den neu‐ esten didaktisch-methodischen Ansätzen zu konzipieren und grundsätzlich mehrsprachig anzubieten.“ (a. a. O., S. 3) Wie Weltkulturerbe- und Weltnaturerbestätten sind auch Geoparks Orte der internationalen Begegnung und des Austauschs. In internationaler Zusammenarbeit mit anderen UNESCO Global Geoparks soll auch die Forschung zu den geowissenschaftlichen Fragen betrieben werden. Wissen | Der Managementplan eines UNESCO Global Geoparks „Zur Antragstellung muss ein partizipativ abgestimmter Management‐ plan als integriertes Planungs- und Handlungskonzept zur Festlegung der Ziele und Maßnahmen vorliegen. Daraus sollte hervorgehen, wie und in welchem Zeitraum die Schutz-, Pflege-, Nutzungs-, Entwick‐ lungs- und Bildungsziele - auch in Kooperation mit Hochschulen, außeruniversitären Forschungseinrichtungen, Museen, Verbänden und UNESCO-Projektschulen - verwirklicht werden sollen. Grundlegende Bestandteile eines Managementplans, unter Einschluss der oben ge‐ nannten Konzepte, sind: ein Kosten- und Finanzierungsplan, Pflege- und Erhaltungspläne, Maßnahmen zur Unterbindung nicht-nachhaltigen Handels mit geologischen Materialien, Strategien für Nachhaltigkeit in der regionalen Wirtschaftsentwicklung, im Bildungsbereich und im Tourismus, Partizipation und Öffentlichkeitsarbeit sowie Qualitätssi‐ cherung und Monitoring der Ziele.“ (https: / / www.unesco.de/ sites/ default/ files/ 2018-04/ UNESCO%20Global %20Geoparks_NK_Kriterien_11_2016.pdf, S. 3) 43 4.1 Anforderungen an einen UNESCO Global Geopark 4.2 TERRA.vita „Erde“ und „Leben“ (Lateinisch: terra und vita) wäre ein Name, der auf jeden UNESCO Global Geopark passen würde. In Osnabrück war man am schnellsten, sich diese beiden lateinischen Vokabeln als Name zu sichern. Geographisch aussagekräftiger ist dagegen die Bezeichnung „Natur- und Geopark Nördlicher Teutoburger Wald, Wiehengebirge, Osnabrücker Land e. V.“. Über die Vorstufe „Naturpark nördlicher Teutoburger Wald - Wiehengebirge“ (gegründet 1962) entwickelte man nach den Vorgaben der UNESCO aus einem ca. 1.550 km² großen Gebiet an der Grenze der Bundesländer Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen den Natur- und Geopark TERRA.vita, der 2015 seine offizielle Anerkennung erhielt. „Ein Globaler Geopark - wie TERRA.vita - ist eine Region, die ein bedeutendes geologisches Erbe in nachvollziehbaren Grenzen aufweist, über ein funktionierendes Management verfügt und Beiträge zur Regionalentwicklung, Umweltbildung und zur Schaffung von naturverträglicher Erholungsinfrastruktur leistet. Status und Entwicklung werden alle vier Jahre überprüft, denn das Label Globaler Geopark ist vor allem ein Qualitätsmerkmal! “ (https: / / www.geopark-terravita.de/ ) Filmtipp | Eine Reise durch 300 Mio. Jahre Erdgeschichte Link-Tipp [5] | http: / / s.narr.digital/ nxqve 300 Mio. Jahre Erdgeschichte liefern die Grundlage sowie zahllose An‐ schauungsobjekte für Blicke in die Vergangenheit dieser Region, in ihre tektonischen, klimatischen und ökologischen Prozesse (vgl. https: / / www.u nesco.de/ kultur-und-natur/ geoparks/ geoparks-deutschland/ terravita). Wissen | Geologische Grundbegriffe Die Geologie ist die „Wissenschaft von der Zusammensetzung, dem Bau und der Entwicklungsgeschichte überwiegend der (auch technisch zu‐ gänglichen) Teile der Erdkruste (Schalenbau der Erde) sowie jener Kräfte und Prozesse, unter deren Wirkung sich die Erdkruste entwickelte.“ (Leser, 2011, S. 294) Die Tektonik ist ein Teilgebiet der Geologie; sie erforscht die Prozesse, die über lange Zeiträume zu Veränderungen im Gefüge der Erdkruste führen. Schichtpakete können sich durch innere Kräfte an Bruchlinien 44 4 UNESCO Global Geoparks beispielsweise nach oben verschieben (Verwerfungen) oder zu Falten zusammengeschoben und gebogen werden. Diese Prozesse können schließlich auch an der Erdoberfläche sichtbar werden und sie damit gestalten. Dort werden sie dann zum Forschungsgegenstand der Geo‐ morphologie. „Geotope sind Objekte der unbelebten Natur und können in Deutschland in der Regel als Naturdenkmal, in einigen Fällen auch als Naturschutzge‐ biet, Bodendenkmal oder geschütztes Landschaftselement unter Schutz gestellt werden.“ (Fischer, 2020, S. 10) Geotope können beispielsweise besondere Felsformationen, Steinbrüche oder geologische Profile in Aufschlüssen an der Erdoberfläche sein. Mehr Grundbegriffe liefert das Geopark TERRA.vita Lexikon: Link-Tipp [6] | http: / / s.narr.digital/ oe90w Abb. 5: Piesberg - der Bergbau hat hier für einen riesigen Aufschluss gesorgt, der auch aus der Ferne verschiedene Schichten erkennen lässt. Das Gebiet dieses Geoparks umfasst die Höhenzüge des Teutoburger Walds, des Wiehengebirges, das dazwischen liegende Osnabrücker Land und die nach Nor‐ den reichenden Ankumer Höhen. In diesen Landschaften finden sich Geotope, die Einblicke in Lebenswelten geben, die heute äußerst seltene und teils einzigartige Zeitfenster repräsentieren (vgl. Fischer, 2020, S. 6). „Im Geopark-Gebiet existieren in verschiedenen Zeitbereichen z. B. Koh‐ lesümpfe, Salzseen, Lagunen mit einer reichen Fisch- und Reptilfauna, 45 4.2 TERRA.vita ausgedehnte Ästuare und Flussdeltas, Watt- und Strandbereiche mit Spuren und Skeletten triassischer Protorosaurier und jurassischer Dinosaurier, Schelfmeere mit Riesenammoniten, Meeresreptilien, Haien und großen Meeressäugern, tiefe sauerstofffreie Ozeanbecken und mehrere hundert Meter mächtige Gletscher.“ (a. a. O., S. 6 f.) Kontakt Stadt Osnabrück Der Oberbürgermeister Fachbereich Umwelt und Klimaschutz Projektbüro Piesberg, Karl-Heinz Uthmann Postfach 44 60 · 49034 Osnabrück Telefon 0541 323-2015 · uthmann@osnabrueck.de www.osnabrueck.de/ piesberg Stüveschacht (Ruine) Aussichtsplattform Nordblick Pinge Johannissteine Ausblick „Der Piesberg einst und jetzt“ Ausblick „Spuren der Eiszeit am Piesberg“ Knieanbetungsstein Labyrinth Aussichtsplattform Steinbruch Arboretum mit Mammutbaum Karlsteine Kreuz im Hone Aussichtsturm Feldbahn Haltestelle 10 1 23 45 67 9 8 11 12 die höchste Erhebung des Piesbergs mit 192,9 m über dem Meeresspiegel angegeben. Heute reicht der Gesteinsabbau im Zentrum des Piesbergs bis in eine Tiefe von mehr als 100 m unter die frühere Landoberfläche, ungefähr bis an den Wasserspiegel der Hase. An den Bergflanken und im Bereich der „Felsrippe“ wurde Abraum aufgeschüttet. Der einstige Steinbruch am Südhang des Bergs ist von 1976 bis 2005 vollständig mit 7,5 Millionen m³ Hausmüll aus der Stadt und dem Landkreis Osnabrück verfüllt worden. In den kommenden Jahren wird die Innenhalde vor der Steinbruch-Nordwand weiter aufgeschüttet werden. Schnittbild verdeutlichen. Es wurde ursprünglich nach der 1898 erfolgten Einstellung des Kohlebergbaus angefertigt und zeigt die Verhältnisse vor Aufnahme des Steinbruchbetriebs (unten). Überträgt man die heutige Situation auf das gleiche Profil (oben) wird deutlich, in welchem Ausmaß hier der Mensch innerhalb weniger Jahrzehnte die Landschaft verändert hat. Sandstein Zechstein Tonschiefer Buntsandstein Konglomerat Quartär Kohlenflöz Gesteinsschutt, Abraum ungegliedert Hausmüll KARBON Situation vor Beginn des Steinbruchbetriebs (um 1850) 175,6 m Weg Weg Süden A Straße Straße Norden B NN NN NN NN Nordwand- Innenhalde Hasestollensohle ca. +68,3 m 1. Tiefbausohle +11,5 m 1. Tiefbausohle +11,5 m 2. Tiefbausohle -89,5 m 2. Tiefbausohle -89,5 m Sohle ca. 70 m Mülldeponie (geschlossen) ehem. Steinbruch Steinbruch Piesberg ehem. Lechtinger Steinbruch Querprofil (Nord-Süd-Richtung) durch den Piesberg (auf Grundlage der Grundrisse der Zeche Piesberg nach HAARMANN 1911) Felsrippe aktuelle Situation 192,9 m Hasestollensohle ca. +68,3 m Standort Abb. 6: Der Piesberg einst und jetzt Eine Besonderheit von internationaler Bedeutung ist der Piesberg. Der große Steinbruch (bis 2018 Abbau von Anthrazitkohle, heute noch Abbau von Karbon‐ quarzit) stellt inzwischen ein sogenanntes geologisches Fenster dar, d. h., hier liegt die älteste Gesteinsschicht aus dem Erdaltertum - genauer dem Karbon - nun an der Oberfläche (bei ungestörter Lagerung von Gesteinsschichten lägen hingegen die jüngsten oben). Diese Karbonschichten, die durch tektonische Kräfte in Jahrmillionen um ca. 2.000 Meter, verglichen mit den Schichten in ursprünglicher Lage in der Umgebung, hochgehoben worden sind, zeugen davon, dass die Region vor rund 300 Mio. Jahren von ausgedehnten Sumpfwäldern bedeckt war und tropische Verhältnisse herrschten. Die reichen Fossilienvorkommen von Farnen, Schachtelhalmen, Keilblattgewächsen, Schuppenbäumen und Verwandten des Nadelbaums in dem aufgefalteten Meeresboden belegen das Klima jener Zeit. In der Nähe der Aussichtsplattform Felsrippe am südlichen Steinbruchrand können Besucher: innen selbst auf ungefährliche Fossiliensuche gehen (siehe Kap. 7.4). 46 4 UNESCO Global Geoparks Abb. 7: Maar - Infotafel: Wenn Maare älter werden Neben Geotopen gehören auch besondere Biotope, wie Quellen, Flüsse, Erdfallseen, Moor- und Feuchtgebiete, aber auch älteste Relikte des Men‐ schen in der Region, wie Großsteingräber und Hügelgräber, zu den Attrak‐ tionen dieses Geoparks. Als ein weiteres Beispiel für die Vielseitigkeit sei das EU-Vogelschutzgebiet Alfsee im nördlichen Bereich von TERRA.vita genannt (siehe Kap. 6.2). 4.3 Vulkaneifel Sehr aussagekräftig ist die Bezeichnung des UNESCO Global Geopark Vulkaneifel. Sie betrifft jedoch nur einen ca. 1.250 km² umfassenden Teil der Eifel, andere Regionen dieses Mittelgebirges werden geologisch und bis hin zur jeweiligen lokalen Architektur von Kalk, Buntsandstein und Schiefer geprägt. Bei den verschiedenen geologischen Regionen kann die vom Vulkanismus geprägte Landschaft mit eindrucksvolleren Elementen aufwarten - allen voran die 77 runden Maare, von denen zwölf mit Wasser gefüllt sind und so mit ihren markanten runden Seen auffallen. Eine solche Maarlandschaft ist einzigartig auf dem Globus und rechtfertig somit den Status eines Global Geoparks (2015 erhalten) (vgl. https: / / www.geopark-vu lkaneifel.de/ eifel/ landschaft/ maare-und-kraterseen.html). Wissen | Maare „Sie entstehen, wenn auf‐ steigendes Magma mit wasserführenden Schich‐ ten in Kontakt gelangt und dadurch schlagar‐ tig große Mengen Was‐ serdampf erzeugt wer‐ den. Umgebende Gesteine werden durch Schock‐ wellen zerrüttet und ex‐ plosionsartig nach oben ausgeworfen. In den aus‐ gesprengten Hohlraum brechen wiederum Gesteinsschollen ein, bis ein trichterförmiger Einbruchkrater entstanden ist.“ 47 4.3 Vulkaneifel (https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ geoparks/ geoparks-deutschl and/ vulkaneifel) Die ältesten Maare entstanden bereits in einer ersten Phase des Vulkanismus vor ca. 44 Mio. Jahren. Gut sichtbar, damit beste Ziele des Geotourismus, sind diejenigen aus der geologisch sehr jungen Phase des Vulkanismus von vor ca. 20.000 bis 40.000 Jahren. Der jüngste Vulkanausbruch - nicht nur der Eifel, sondern auch Deutschlands - schuf vor rund 11.000 Jahren bei Ulmen den Trichter eines Maars. Ein Maar durchläuft drei Phasen: Die erste ist diejenige, in der sich Wasser in dem Trichter sammelt und der markante runde See entsteht. Dann erfolgt im Laufe der Zeit eine Senkung des Wasserstands, die heutzutage durch den Klimawandel noch verstärkt werden kann, so dass sich aus dem Gewässer ein Moor entwickelt, wie z. B. das Strohner Märchen. Abb. 8: Das Strohner Märchen - ein Hochmoor als Spätstadium eines trockengefallenen Maarsees In der letzten Phase wird auch dieses Biotop trockenfallen, so dass ein Trockenmoor entsteht. Welchen Veränderungen das Maar und seine Ver‐ sorgung mit Wasser auch ausgesetzt sein mag, die runden Senken in der Landschaft, der obere Teil des Trichters, bleiben. Zu den charakteristischen Erscheinungen der Vulkanlandschaft gehören auch Aufschlüsse, an denen die verschiedenen Schichten diverser Eruptio‐ nen und ihre unterschiedlichen Zusammensetzungen zu sehen sind. 48 4 UNESCO Global Geoparks Abb. 9: Ein Aufschluss in Ulmen, der Einblick gibt in verschiedene Schichten vulkanischer Ablagerungen Abb. 10: Eine Lavabombe in Strohn 49 4.3 Vulkaneifel Eine besondere Attraktion, welche die immensen Naturkräfte erahnen lässt, ist die ursprünglich in den Vulkanschichten des Wartgesbergs stecken gebliebene Lavabombe. Sie befindet sich inzwischen auf einem touristisch aufbereiteten und gut erreichbaren Platz in der Nähe des Vulkanmuseums in Strohn (siehe Kap. 6.2). Zu den Zeugnissen des Vulkanismus in der Eifel gehören ebenso zahlrei‐ che Mineralwasser- und Kohlensäurequellen; Wasser aus den Quellen von Gerolstein, Daun und Dreis sind weithin bekannt (https: / / www.geopark-vu lkaneifel.de/ eifel/ landschaft/ mineralwasserquellen.html). 4.4 Schwäbische Alb Eine ausgedehnte Karstlandschaft mit Besonderheiten von Weltrang bietet der ca. 6.200 km² große Geopark Schwäbische Alb, der 2015 als UNESCO Global Geopark anerkannt wurde (vgl. https: / / www.unesco.de/ kultur-undnatur/ geoparks/ geoparks-deutschland/ schwaebische-alb; https: / / www.geo park-alb.de/ de/ ). Ein rund 850 km² großes Gebiet in diesem Geopark wurde bereits 2009 zum Biosphärenreservat erklärt (vgl. https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ biosp haerenreservate/ biosphaerenreservate-deutschland/ schwaebische-alb, https: / / w ww.biosphaerengebiet-alb.de/ ). Wissen | Karst Karst bezeichnet die vegetationsarme bis kahle Landschaft in Kalkstein‐ gebieten. Typische Landschaftselemente sind beispielsweise Trockentä‐ ler ohne Oberflächenwasser, Dolinen, Höhlen sowie Karstquellen und Flussschwinden, wie die Donauversickerung. Die geologischen Attraktionen der Schwäbischen Alb basieren zum einen auf dem typischen Formenschatz einer Mittelgebirgslandschaft aus Kalk‐ stein, allem voran die mehr als 2.800 dokumentierten Höhlen sowie zwölf Schauhöhlen, zum anderen auf einem einmaligen Großereignis vor ca. 15 Mio. Jahren, als zwei Meteoriteneinschläge auf der Hochfläche der Schwäbischen Alb zwei Krater schufen: das große Nördlinger Ries und den weltweit einmaligen Meteoritenkrater mit Zentralhügel in Steinheim am Albuch - ein Geotop von internationalem Rang. 50 4 UNESCO Global Geoparks Wissen | Der Meteoritenkrater von Steinheim „Der kleinere Meteorit besaß einen Durchmesser von ca. 80 m und hinterließ im Gebiet der heutigen Gemeinde Steinheim am Albuch einen kreisrunden Krater von 3,5 km Durchmesser. Beim Einschlag entstand ein Druck von über 100.000 Atmosphären und Temperaturen von einigen 10.000°C. Demzufolge verdampften der Meteorit und das umgebende Gestein beim Aufschlag, so dass ein Krater von rund 250 Metern Tiefe entstand.“ (https: / / www.geopark-alb.de/ de/ geopark-wissen/ geologie/ tertiaer.php) Abb. 11: Das Steinheimer Becken - weltweit einmalig ein Meteoritenkrater mit Zent‐ ralhügel Das Besondere des Steinheimer Meteoritenkraters ist der Zentralhügel. Die bewaldeten Höhen im Hintergrund zeigen den Verlauf des Kraterrands, die flache Kuppe in der Bildmitte stellt den Zentralhügel dar. An dieser Stelle schlug der Meteorit mit aller Wucht auf das Land. „In Sekunden wurden die Gesteine zermahlen und aufgeschmolzen - vom harten Oberjura an der Oberfläche bis tief ins Erdinnere zum Grundgebirge. Gesteinsschollen, zum Beispiel aus Oberjurakalkstein, wurden kilometerweit durch die Luft geschleudert, beim Aufprall schräggestellt, gestaucht und gefaltet. Schließ‐ lich entstand im Sprengkrater ein Süßwassersee, in dem rasch neues Leben 51 4.4 Schwäbische Alb Fuß fasste. Berühmt sind vor allem die Sande des Steinheimer Beckens mit ihren Süßwasserschnecken, man fand darin aber auch Fische, Schildkröten und Säugetiere.“ (a. a. O.) Nicht nur hier in Steinheim sind bemerkenswerte Fossilien gefunden worden, manche Fundstätten auf der Schwäbischen Alb sind als Bezeichnungen in die wissenschaftliche Fachsprache eingegangen. Prähistorische Funde von Weltrang, die in einem engen Bezug zur Karst‐ landschaft stehen, zeichnen ebenso die Schwäbische Alb aus. Ihre Höhlen wurden vor rund 40.000 Jahren bewohnt. In diesen Spuren menschlicher Besiedlung fand man die ältesten figurativen Kunstwerke der Menschheit, wie die Venus vom Hohle Fels, den Löwenmensch und auch aus Knochen geschnitzte Musikinstrumente jener Epoche. Im Jahr 2017 wurden diese Teile der Alb zum UNESCO Weltkulturerbe Höhlen und Eiszeitkunst der Schwäbischen Alb erklärt (vgl. https: / / whc.unesco.org/ en/ list/ 1527). Als berühmtes Geotop der Schwäbischen Alb sei noch der Blautopf (http s: / / www.geopark-alb.de/ de/ Blautopf) erwähnt. Hierbei handelt es sich um eine Karstquelle, in der das Wasser wieder an die Oberfläche tritt, das in einem Umkreis von ca. 160 km² in das Spalten- und Höhlensystem der Kalklandschaft versickert ist. Je nach Wetterlage und Regenmengen kann diese Quelle zwischen 300 l/ Sek. und 32.000 l/ Sek. schütten. 4.5 Burren and Cliffs of Moher An der Westküste von Irland hat eine andere vom Kalk geprägte Landschaft 2011 den Status eines UNESCO Global Geoparks erhalten - der Geopark Burren and Cliffs of Moher. Das ca. 530 km² große Gebiet in der Grafschaft Clare wird zum einen von der bis zu 200 Meter senkrecht abfallenden Steilküste, den Cliffs of Moher, geprägt, zum anderen vom Hinterland, dem Burren, einer vegetationsarmen Karstlandschaft („Mondlandschaft“). Vor rund 330 Mio. Jahren, in der Epoche des Karbons, befand sich hier ein flaches tropisches Meer, das mitsamt den einmündenden Flüssen das „Baumaterial“ für die späteren Klippen und die Karstlandschaft des Burren lieferte. Die Ablagerungen - Sedimente - wurden durch Plattentektonik, das Aneinanderstoßen der Nordamerikanischen und Eurasischen Platte, hochgedrückt. Die jüngsten landschaftsformenden Kräfte kamen durch die Eiszeit, die auch diese Region mit bis zu 200 Meter mächtigen Gletschern überzog. Als Erbe dieser Epoche kann der Burren mit einer einzigartigen Flora aufwarten, in der heute noch arktische, alpine und mediterrane Pflan‐ 52 4 UNESCO Global Geoparks zen nebeneinander gedeihen (vgl. https: / / www.cliffsofmoher.ie/ unesco-glo bal-geopark/ burren-and-cliffs-of-moher-unesco-geopark/ ). „Ungefähr 75 % aller in Irland vorkommenden Pflanzenarten können im Burren gefunden werden, darunter 23 von Irlands 27 einheimischen Orchideenarten.“ (https: / / burren.ie/ geopark-2/ ) Abb. 12: Steilküste Cliffs of Moher Abb. 13: Mondlandschaft Burren Innerhalb der Fläche des UNESCO Global Geoparks Burren and Cliffs of Moher gibt es in seinem südöstlichen Bereich noch den Nationalpark‐ 53 4.5 Burren and Cliffs of Moher Burren: „Das Parkland wurde von der Regierung für den Naturschutz und den öffentlichen Zugang gekauft. Es enthält Beispiele für alle wich‐ tigen Lebensräume innerhalb des Burren: Kalksteinpflaster, kalkhaltiges Grasland, Haselnussgestrüpp, Eschen-/ Haselnusswälder, Steigungen, Seen, versteinernde Quellen, Klippen und Moore.“ (vgl. a. a. O.) Die Cliffs of Moher sind zusätzlich ein irisches und europäisches Schutz‐ gebiet für Seevögel. Während der Brutzeit halten sich geschätzt über 30.000 Seevogelpaare an den Felsen auf, darunter international bedeutende Zahlen von Lummen, Tordalken, Papageientauchern, Dreizehenmöwen, Eissturmvögeln, Wanderfalken und Krähenarten (vgl. a. a. O.). 54 4 UNESCO Global Geoparks 5 Das Management von Weltnaturerbe Wenn auch mit dieser Kapitelüberschrift die Weltnaturerbestätten in den Fokus gerückt werden, so lassen sich die wesentlichen Vorgaben für das Management ebenfalls bei den Kernzonen von Biosphärenreservaten und bei den UNESCO Global Geoparks wiederfinden: Nachhaltiges Wirtschaften unter der Prämisse, die Schätze der Landschaft und ihrer Natur zu bewahren bzw. zu fördern, bestimmt in allen drei Kategorien die Aktivitäten des Menschen. Dazu gehört dann auch ein nachhaltiger Tourismus (siehe Kap. 6). 5.1 Der Managementplan gibt die Richtung vor Grundlage für das Management bzw. das Erstellen eines Managementplans ist ein Rahmenwerk der International Union for Conservation of Nature (IUCN), das Allgemeines zum Management von Schutzgebieten beinhaltet (vgl. Dudley, 2013). Je nach Charakter der Weltnaturerbestätte - sei es beispielsweise ein Weltnaturerbe auf dem Land oder im Meer - sind spezifische Anforderungen zu erfüllen, unterscheiden sich zwangsläufig die Strategien zur Erhaltung der schutzwürdigen Landschaft sowie einer möglichen Nutzung. So lässt der Paragraph 111 in den Richtlinien der Welterbekonvention (Operational Guidelines) einen gewissen Spielraum. Folgende Aspekte sollen in einem Managementplan dargestellt werden (vgl. UNESCO 2012, S. 37 ff.): ● eine allgemeine Einführung in Visionen, Leitbild und Ziele; zusam‐ mengefasst die wichtigsten Strategien und geplanten Maßnahmen; Einbeziehung der lokalen Bevölkerung und anderer Stakeholder, ● Einordnung des Managements in unterschiedliche Zusammenhänge: Berücksichtigung der ökologischen, sozialen und ökonomischen Her‐ ausforderungen; Darstellung des gesetzlichen, politischen, verwal‐ tungsmäßigen Rahmens; historische Aspekte der Welterbestätte sowie die Begründung für den Welterbestatus bzw. anderer Schutzgebietska‐ tegorien, ● Werte und Zielvorstellungen: konkrete Ziele und Ergebnisse des Ma‐ nagements; Herausstellen der Alleinstellungsmerkmale der Welterbe‐ stätte; andere Werte, die nicht mit dem Welterbestatus verbunden sind, ● Gefährdungen: mögliche Bedrohungen der Welterbestätte und Maß‐ nahmen, diesen zu begegnen, ● Formulierung konkreter Ziele in den Bereichen Biodiversität, Kultur, Ökonomie und Soziales, ● Messbarkeit der Ergebnisse, Monitoring, Kontrolle des Management‐ plans, ● ausführlichere Darstellung der geplanten Strategien und Aktionen im Management der Welterbestätte unter Berücksichtigung aller mögli‐ chen Aspekte. Als ein Beispiel aus der Praxis dient im Folgenden der Wattenmeerplan aus dem Jahr 2010, der zudem noch die Herausforderung beinhaltet, drei Staaten - Niederlande, Deutschland und Dänemark - zu einem gemeinsa‐ men Management des Weltnaturerbes Wattenmeer zu verpflichten. Rund 80 Seiten umfasst der Plan für ein trilaterales integriertes Management des Wattenmeers (vgl. https: / / www.waddensea-worldheritage.org/ sites/ default / files/ wattenmeerplan-2010.pdf). Kapitel I: In der Einführung zum Ökosystemansatz im Wattenmeer werden die relevanten EU-Richtlinien (Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie, Vo‐ gelschutzrichtlinie, Wasserrahmenrichtlinie und Meeresstrategie-Rahmen‐ richtlinie) kurz vorgestellt und ihre Relevanz erklärt. Dann werden die Bezüge zu den Welterbekriterien, die das Wattenmeer erfüllt, genannt. Selbstverständlich ist die nachhaltige Nutzung der Region ein Ziel, bei dem ebenfalls die Grundsätze eines integrierten Küstenmanagements umgesetzt werden. Schließlich werden die allgemeinen politischen Ziele dieser trilate‐ ralen Kooperation kurz skizziert. Dann folgen im Managementplan „übergreifende Themen“, die das Öko‐ system des Wattenmeers betreffen und teilweise auch gefährden können. Hierbei werden der Klimawandel, gebietsfremde Arten sowie die Sicherheit für die Schifffahrt genannt. Kapitel II: Ausführlich beschäftigt sich der Wattenmeerplan dann mit den „gemeinsamen Zielen“, wie beispielsweise dem Meereswasser, aber auch dem Süßwasser der Flüsse und ihren Sedimenteintrag in der Wattenzone. Einzelne Habitate, z. B. die Salzwiesen, der Tidebereich, Strände und Dünen 56 5 Das Management von Weltnaturerbe oder auch der Offshore-Bereich werden unter den wichtigsten Gesichts‐ punkten betrachtet und Handlungsstrategien benannt. Am Beispiel des Tidebereichs sollen diese Inhalte skizziert werden: ● „Habitat“ (Elemente des Habitats und typische Merkmale), ● „Gemeinsame Ziele“ (u. a. Erhalt von Flora und Fauna), ● „Status und Bewertung“ (Geomorphologie, Biologie, menschliche Akti‐ vitäten vom Tourismus über Betrieb von Windkraftanlagen bis hin zu Fischerei, Jagd und militärischen Aktivitäten), ● „EU-Richtlinien“, ● „Weiteres Vorgehen“ im Hinblick auf den Klimawandel, ● „Trilaterale Politik und Management“ (natürliche Dynamik; Hochwas‐ ser- und Küstenschutz; Schifffahrt; Hafen- und Industrieanlagen; Bag‐ gergut, Miesmuschel-, Herzmuschel- und Krabbenfischerei; Tourismus und Erholung), Kapitel III: Die Umsetzung der Maßnahmen beginnt mit dem Monitoring und der Bewertung durch das Trilaterale Monitoring- und Bewertungs‐ programm (Trilateral Monitoring and Assessment Programme, TMAP). Es folgen die Phasen der Umsetzung und Bewertung. Kommunikation, Information und Bildung sind die darauffolgenden Maßnahmen für das Management des Weltnaturerbes Wattenmeer. 5.2 Und wenn das Management nicht klappt? Die Rote Liste Bevor der Blick auf Managementfehler einer Weltnaturerbestätte gerichtet wird, sollen zunächst einige Faktoren und Gefährdungen skizziert werden, die man nicht dem Management vor Ort anlasten kann - wohl aber durchaus auch den Menschen bzw. Teilen der Menschheit (siehe auch S. 85 ff.). Als größte Gefahr aus dieser Quelle müssen die Auswirkungen des Klimawandels auf die Natur genannt werden (siehe Kap. 5.3). Andere von Menschen verursachte Gefährdungen können sich aus Zer‐ störungen durch Kriege jeder Art, dem Begünstigen von Naturkatastrophen durch Eingriffe in den Naturhaushalt, Raubbau an der Natur samt Wilde‐ rei, dem unkontrollierten Ausbau von Siedlungen, Wirtschaftsflächen und dazugehöriger Verkehrsinfrastruktur, aber auch durch eine Überbelastung durch den Tourismus ergeben. „So waren zum Zeitpunkt der Welterbeko‐ miteesitzung 2018 55 Prozent der Naturerbestätten von illegalen Aktivitäten 57 5.2 Und wenn das Management nicht klappt? Die Rote Liste wie Wilderei, Plünderung und illegalem Handel mit Naturgütern betrof‐ fen.“ (https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ welterbe/ welterbe-sein/ wel terbe-gefahr? msclkid=9bbac5afc79011ec8a70d248efb28043) Weitere Beispiele für Gefährdungen von Weltnaturerbestätten können sein: ● „Ein ernsthafter Rückgang der Population der gefährdeten Arten oder der anderen Arten von außergewöhnlichem universellem Wert, für deren Schutz das Eigentum gesetzlich festgelegt wurde, entweder durch natürliche Faktoren wie Krankheiten oder durch vom Menschen verur‐ sachte Faktoren wie Wilderei. ● Schwere Verschlechterung der natürlichen Schönheit oder des wissen‐ schaftlichen Wertes des Eigentums, wie durch menschliche Besiedlung, Bau von Stauseen, die wichtige Teile des Eigentums überfluten, in‐ dustrielle und landwirtschaftliche Entwicklung einschließlich der Ver‐ wendung von Pestiziden und Düngemitteln, große öffentliche Arbei‐ ten, Bergbau, Umweltverschmutzung, Abholzung, Brennholzsammlung usw. ● Menschliches Eindringen in Grenzen oder in vorgelagerten Gebieten, die die Integrität des Eigentums bedrohen.“ (https: / / whc.unesco.org/ en/ 158/ ) Eine andere Ursache für einen Platz auf der Liste des gefährdeten Welter‐ bes können Fehler des Managements vor Ort sein, dass ein Managementplan (noch) fehlt, er unzureichend ist oder nicht vollständig umgesetzt wird (vgl. a. a. O.). Die Liste des gefährdeten Welterbes ändert sich wie diejenige der Welt‐ erbestätten jährlich. Zu den neuesten Kandidaten auf der Roten Liste (seit 2018) gehören aktuell Nationalparks am Turkana-See, einer Weltna‐ turerbestätte in Kenia. Die Nationalparks am ca. 6.400 km² großen See, aber auch das Ökosystem See selbst, werden durch einen Staudammbau und Bewässerungsprojekte im Nachbarstaat Äthiopien bedroht. „Die Natio‐ nalparks am Turkana-See zählen seit 1997 zum UNESCO-Welterbe. Der Turkana-See ist der salzhaltigste der großen Seen Afrikas und Heimat einer außergewöhnlichen Vielzahl von Pflanzen und Tieren. Wasservögel rasten in den drei umliegenden Nationalparks, die zudem wichtige Brutstätten für das Nilkrokodil, Nilpferd und eine Vielzahl von Giftschlangen sind. Die Fundstätte Koobi Fora in der Stätte hat mehr zum Verständnis der Paläo-Umwelt beigetragen als jede andere Stätte auf dem Kontinent.“ 58 5 Das Management von Weltnaturerbe (https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ welterbe/ welterbe-weltweit/ unesco-welterbe-nationalparks-am-turkanasee-kenia) Hintergrund | Sichtweisen auf die Rote Liste „Die Eintragung in die Liste des gefährdeten Welterbes wird nicht von allen Beteiligten gleich wahrgenommen. Einige Länder beantragen die Eintragung einer Website, um die internationale Aufmerksamkeit auf ihre Probleme zu lenken und fachkundige Unterstützung bei deren Lösung zu erhalten. Andere hingegen wollen eine Inschrift vermeiden, die sie als Schande empfinden. Die Aufnahme einer Stätte als gefährdetes Weltkulturerbe sollte in jedem Fall nicht als Sanktion betrachtet werden, sondern als ein System, das eingerichtet wurde, um auf spezifische Erhaltungsbedürfnisse effizient zu reagieren.“ (https: / / whc.unesco.org/ en/ 158/ ) 5.3 Weltnaturerbe und Klimawandel Die Auswirkungen des Klimawandels und fehlende Maßnahmen, diese zu reduzieren - falls dies überhaupt möglich ist - können im schlechtesten Fall auch zu einem Eintrag in die Liste des gefährdeten Welterbes führen. Wel‐ chen konkreten Bedrohungen können insbesondere Weltnaturerbestätten durch den Klimawandel ausgesetzt sein? Welche Unterschiede ergeben sich aus der geographischen Lage in einer bestimmten Ökozone, der Höhenlage oder anderer wesentlicher Faktoren, wie beispielsweise die Lage im Meer oder auf dem Festland? Einen Überblick hierzu gibt die 2016 erschienene UNESCO Studie World Heritage and Tourism in a Changing Climate (https: / / whc.unesco.org/ en/ activities/ 883/ ). Folgen des Klimawandels können glei‐ chermaßen Weltkulturwie Weltnaturerbestätten bedrohen - im Folgenden sollen jedoch nur die Weltnaturerbestätten im Fokus stehen. Immer wieder sind die durch den Klimawandel ausgelösten Schäden an den Korallenriffen in den Medien präsent. Rund 70 % dieser artenreichen wie sensiblen Ökosysteme weltweit gelten als gefährdet. Die direkten Auswirkungen menschlichen Handelns durch Tourismus oder Schifffahrt seien hierbei einmal ausgeklammert. Die steigenden Wassertemperaturen in den Meeren und die Versauerung des Meereswassers sind u. a. an dem bereits weit verbreiteten Phänomen der Korallenbleiche sichtbar. 59 5.3 Weltnaturerbe und Klimawandel Die Region der höchsten Berge der Erde, das Weltnaturerbe Sagarma‐ tha-Nationalpark, leidet durch die Klimaerwärmung selbst in großen Höhen durch ein verstärktes Schmelzen der Gletscher. Dies löst gemeinsam mit einem Rückgang des Permafrosts Instabilitäten in den Hängen aus, die zu verstärkten Hangrutschungen und Bergstürzen führen. Schmelzwasser der Gletscher kann sich in Senken ansammeln und schließlich für plötzliche Flutwellen talabwärts und starke Erosion sorgen. Ein anderer heikler Aspekt ist die Tatsache, dass das Schmelzwasser der Himalaya-Gletscher - noch - ca. ein Drittel der Menschheit mit Trinkwasser versorgt. Der globale Temperaturanstieg zeigt auch in den Gebirgszügen Nordame‐ rikas Veränderungen, so u. a. im Weltnaturerbe Yellowstone-Nationalpark zu beobachten. Veränderungen in der Schneeschmelze - sie setzt nun früher ein - sorgen dafür, dass die Flüsse im Sommer weniger Wasser führen und das Flusswasser wärmer wird. Seen und Feuchtgebiete werden kleiner, ihre Biotope und Habitate verschwinden langsam und Verluste an Flora und Fauna sowie ein Rückgang der Artenvielfalt sind unausweichlich. Wenn auch Waldbrände zu den natürlichen Erscheinungen im Yellowstone Nationalpark gehören, so steigert doch eine verstärkte Trockenheit die Waldbrandgefahr über das „normale“ Maß. In den 1970er-Jahren umfasste die jährliche Feuersaison fünf Monate, inzwischen sind es sieben Monate. Forscher schätzen, dass die jährlichen von Bränden betroffenen Flächen um 600 % (in Worten sechshundert) zunehmen werden. Abschließend sei noch ein Blick auf das Wattenmeer (siehe Kap. 2.3) und damit die Auswirkungen des Klimawandels auf den Raum der südöstli‐ chen Nordsee geworfen. Der Meeresspiegelanstieg im flachen Wattenmeer bedeutet letztendlich großräumigere Überflutungen und damit den Verlust von Habitaten für viele Tierarten. Die charakteristische Biodiversität dieses Lebensraums wird gefährdet. Das häufigere Auftreten von Stürmen hat eine verstärkte Erosion an den Küsten zur Folge - u. a. auch im Bereich von Stränden und Dünen, womit weitere Habitate bedroht werden. Auswirkun‐ gen auf das Grundwasser der Inseln und somit die Trinkwasserversorgung ihrer Bewohner: innen sind nicht auszuschließen. Angesichts der vielfältigen und bereits abzusehenden Auswirkungen des Klimawandels sollten, so die UNESCO, diese schon bei einem Eintrag in der Tentativliste und erst recht beim Erstellen der Bewerbungsunterlagen berücksichtigt und mögliche Maßnahmen aufgelistet werden (a. a. O., S. 28). 60 5 Das Management von Weltnaturerbe 6 Nachhaltiger Tourismus Nachhaltigkeit ist eine Forderung, die auch im Managementplan einer Weltnaturerbestätte bzw. eines Biosphärenreservats und UNESCO Global Geoparks berücksichtigt werden muss. Im Jahr 2012 wurde nachhaltiger Tourismus bzw. Sustainable Tourism ins Management der UNESCO Welter‐ bestätten aufgenommen. „Um den Tourismus an Welterbestätten nachhaltig zu gestalten und den außergewöhnlichen Wert dieser Stätten langfristig zu schützen und zu erhalten, hat das Welterbekomitee das Programm World Heritage and Sustainable Tourism ins Leben gerufen. Ziel des Programms ist es, Welterbestätten bei der Entwicklung und dem Management nachhal‐ tiger Tourismusstrategien zu unterstützen. Dabei wird von der Prämisse ausgegangen, dass der Schutz des Welterbes und erfolgreicher Tourismus einander bedingen und die Zusammenarbeit zwischen Akteuren beider Seiten positive Auswirkungen sowohl auf den Denkmal- und Naturschutz als auch auf den Tourismus hat. Das Programm orientiert sich an vier Unterzielen: ● Schaffung eines fruchtbaren Umfelds für nachhaltigen Tourismus durch die Unterstützung und Förderung entsprechender politischer Richtli‐ nien und Rahmengesetzgebungen. ● Bereitstellung von Informationen und Austausch von Erfahrungen aus der praktischen Umsetzung und Instrumenten zu Planung und Umsetzung von nachhaltigem Tourismus. In diesem Rahmen ist [sic] unter anderem die Plattform People protecting places und das UNESCO World Heritage Sustainable Tourism Toolkit entstanden. ● Vermittlung von Wissen und Können durch Schulungen und Work‐ shops. ● Festlegung von ‚Heritage Routes‘ zur Förderung eines auf kulturellem Erbe beruhenden, nachhaltigen Tourismus.“ (https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ welterbe/ welterbe-sein/ nachhal tiger-tourismus) Aber die Tauglichkeit als Tourismusziel ist kein Kriterium für die Auf‐ nahme in die Liste des Welterbes! 6.1 Tourismus im Weltnaturerbe & Co theoretisch und praktisch Für die Umsetzung des UNESCO World Heritage and Sustainable Tourism Programme gibt es inzwischen einen Leitfaden (Toolkit) für einen nachhal‐ tigen Tourismus als Handlungsplan für die Praxis - eine ausführlichere Gebrauchsanweisung bislang aber nur in Englisch und Französisch, Kurzin‐ formationen finden sich jedoch auch auf Deutsch auf der Website (http: / / w hc.unesco.org/ sustainabletourismtoolkit/ how-use-guide). Dieser Leitfaden sensibilisiert das Management und andere Beteiligte für das touristische Geschehen im Zusammenhang mit der Welterbestätte und gibt viele Hand‐ lungsempfehlung. Er fasst die Herausforderung eines sozial, ökologisch und ökonomisch nachhaltigen Tourismus in zehn Handlungsfeldern zusammen: 1. „Den Tourismus an Ihrem Reiseziel verstehen 2. Entwicklung einer Strategie für einen progressiven Wandel 3. Entwicklung einer effektiven Governance (Steuerung) 4. Einbinden lokaler Gemeinschaften und Unternehmen 5. Kommunikation mit Besuchern 6. Verwaltung der Entwicklung der touristischen Infrastruktur 7. Wertschöpfung durch Produkte, Erlebnisse und Dienstleistungen 8. Verwalten des Besucherverhaltens [siehe Kap. 5.3.; Anm. der Verf.] 9. Sicherung von Finanzmitteln und Investitionen 10. Erfolgskontrolle mit nachhaltigem Tourismus“ (vgl. https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ welterbe/ welterbe-sein/ une sco-world-heritage-sustainable-tourism-toolkit). Auf einige ausgewählte Aspekte sei ein genauerer Blick geworfen. Im Handlungsfeld 1 - den Tourismus rund um die Welterbestätte verstehen - sollte die Analyse der Besucher: innen einen hohen Stellenwert besitzen. „Die Standorte müssen auch die Nachfrageseite des Tourismussektors verstehen: ● Wie viele Menschen möchten sie besuchen? Wächst oder sinkt die Nachfrage? ● Wer sind die Besucher und wann besuchen sie? ● Warum kommen sie und wie lange bleiben sie? ● Wie viel geben sie aus und was kaufen sie? ● Woher kommen sie? 62 6 Nachhaltiger Tourismus ● Was möchten sie erleben und wie erfahren sie etwas über die Website, ihre Werte und die Gastgemeinschaft? ● Sind die Besucher mit dem Erlebnis zufrieden? ● Wie verändert sich das alles im Laufe der Zeit und zieht das Reiseziel die vorteilhaftesten Besuchersegmente an? Diese Informationen sind von entscheidender Bedeutung, da Sie sie mögli‐ cherweise später für neue Investitionsmöglichkeiten und neue oder aktuali‐ sierte Infrastrukturen verwenden müssen. Alle Reiseziele sollten zumindest die Besucherzufriedenheit messen.“ (http: / / whc.unesco.org/ sustainabletour ismtoolkit/ guides/ guide-1-understanding-tourism-your-destination) Neben der Nachfrageseite gehören die Angebotsseite, die möglichen positiven wie negativen Auswirkungen des Tourismus auf die lokale Bevöl‐ kerung und die Anforderungen der Nachhaltigkeit zu einem effektiven Destinationsmanagement: „Es ist ein grundlegender Grundsatz des nach‐ haltigen Tourismus, dass die Gastgemeinden eine Stimme bei der Gestaltung der Tourismusprozesse haben, die sie betreffen. Es besteht die Tendenz, über die Wünsche der Gemeinschaft nachzudenken, nachdem alles bereits entschieden ist - dies ist ein schwerer Fehler, der Misstrauen und Apathie seitens der Anwohner hervorrufen kann.“ (a. a. O.) Der Aspekt der Nachhaltigkeit findet sich u. a. auch in der Forderung nach einem „neuen“ Tourismus wieder: „Wir brauchen eine neue Art von Touris‐ mus, die nicht zu Umweltschäden, Klimawandel, Umweltverschmutzung und Verlust von Ökosystemen beiträgt.“ (a. a. O.) Für die Bestandsaufnahme und Managementstrategien ist das kritische Hinterfragen des Tourismus eine wichtige Voraussetzung: „Wenn der Bedarf an Tourismus so groß ist und für Ihre Gemeinde effektiv unvermeidlich ist, dann denken Sie darüber nach, wie Sie seine direkten Auswirkungen auf lokaler Basis bewältigen oder verhindern können. Finden Sie parallel dazu Wege, um seine externen Effekte auf globaler Basis auszugleichen oder zu mildern, wie z. B. ein System zur Kohlenstoffkompensation.“ (a. a. O.) 6.2 Aufgaben und Gestaltung der Besucherzentren So bedeutend der Schutz und Erhalt von Welterbestätten ist, so wichtig ist auch die Vermittlung des damit verbundenen Wissens. „Welterbestätten sind Lernorte interkultureller Begegnung“, lautet das Credo der UNESCO. 63 6.2 Aufgaben und Gestaltung der Besucherzentren Im Artikel 27 der Welterbekonvention ist diese Aufgabe verankert. „Wel‐ terbevermittlung ist vielseitig - in ihren Zielen und Zielgruppen, ihren Methoden und Ansatzpunkten.“ (https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ welterbe/ welterbe-vermitteln) Die Standortfrage für Informationszentren und Museen bzw. Ausstellun‐ gen zur Welterbestätte dürfte im Zusammenhang mit Weltnaturerbestätten und UNESCO Global Geoparks oftmals schwieriger zu lösen sein als bei Orten des Weltkulturerbes. Bei der Vielfalt von Geotopen, den unterschied‐ lichsten Landschaftselementen und den Nutzungen durch den Menschen im Laufe der Geschichte, wie z. B. im Geopark TERRA.vita (siehe Kap. 4.2), kann es keine umfassende Wissensvermittlung an einem einzigen Standort geben. Um nur einige Facetten des breit gefächerten Wissensspektrums zu nennen: Da gibt es im Kultur- und Landschaftspark Piesberg (siehe Kap. 4.2) das Museum der Industriekultur im historischen Haseschachtgebäude (https: / / mik-osnabrueck.de/ das-mik/ ueber-uns/ ). Abb. 14: Haseschachtgebäude in Osnabrück mit Ausstellung Das 1871 in Betrieb genommene große Backsteingebäude im neoromani‐ schen Stil bietet nach umfangreicher Restaurierung in den 1980er-Jahren heute als Museum die Chance, historische Ausstattung und Gerätschaften aus dem Bergbaubetrieb an einem authentischen Ort zu präsentieren und teilweise auch in ihre Zusammenhänge einzuordnen. Zudem gibt es hier die Möglichkeit, mit Hilfe eines Fahrstuhls hinunter in den 300 Meter langen Stollen aus der Zeit des Steinkohlenbergbaus zu fahren und durch den düsteren Gang in das tiefer gelegene Areal der Zeche zu gelangen. Einige der historischen Zechengebäude werden heute auch für die Wissensvermittlung und Erlebnispädagogik genutzt. 64 6 Nachhaltiger Tourismus Andere Geotope und Biotope haben wiederum ihre spezifischen Bildung‐ sorte, wie z. B. das „Haitec-Haifischzentrum Kuhlhoff Bippen“ oder verschie‐ dene Moore, die neben Erläuterungen zu den Biotopen auch die Geschichte ihrer Nutzung in einer Ausstellung vor Ort wie das Torfwerk Hahnenmoor zeigen. Aus der frühen Besiedlungszeit seien mehrere Großsteingräber im Global Geopark genannt. Als ein von Menschenhand und Maschinen geschaffenes Biotop gehört das EU-Vogelschutzgebiet Alfsee mit ca. 90 verschiedenen Arten von Wasser- und Watvögeln zu den Attraktionen von TERRA.vita. Im Norden schließt sich an den zwischen 1970 und 1996 künstlich angelegten Stausee ein Reservebecken an, das unter Naturschutz gestellt wurde. Viele Zugvogelarten haben diesen Bereich inzwischen als ihren Rast-, Nahrungs- oder Brutplatz angenommen. Die Wissensvermittlung vor Ort erfüllt das Naturschutz- und Bildungszentrum (nbz) Alfsee bei Alfhausen in der Samtgemeinde Bersenbrück mit seinen Angeboten, wie Beobachtungsbzw. Schutzhütten mit einer QR-Code-Vogeltour, einem Stor‐ chenpfad sowie Führungen, pädagogischen Angeboten und Kindergeburtstagen. In der Dauerausstellung in dem modernen Holzgebäude werden multimedial die wichtigsten Aspekte um die Vogelwelt, aber auch die Landschaftsveränderung in diesem Gebiet dargestellt - interaktiv lässt sich vieles entdecken und lernen. Abb. 15: Modernste Wissensvermittlung im nbz Alfsee 65 6.2 Aufgaben und Gestaltung der Besucherzentren Abb. 16: Wissen um das richtige Verhalten im Vogelschutzgebiet Ein historischer Bauernhof in Strohn wurde zu einem der fünf Besucherzentren des UNESCO Global Geoparks Vulkaneifel ausgebaut. Jedes dieser fünf Geo‐ park-Museen präsentiert einen geowissenschaftlichen Schwerpunkt, wobei aber stets Bezüge zur Landschaft, zur Natur, zu Geschichte, Wirtschaft und Technik im Zusammenhang mit den geologischen Phänomenen hergestellt werden. Vertieft werden diese Fakten durch Themenwege in der Umgebung, die durch direkte Anschauung und Erlebnisse Aspekte der Geologie näherbrin‐ gen. „Den Themen der Vulkaneifel widmen sich zudem zahlreiche regionale Erlebniswege, wie z. B. ‚Mühlstein- und Eishöhlen‘ oder ‚Wüsten‘, ‚Wasser und Vulkane‘. Bildungspakete, die sich gleichermaßen an Besucherinnen und Besucher als auch die Menschen vor Ort richten, sowie eine kreative Öffentlichkeitsarbeit sollen die Identifikation der Menschen mit ihrer Region weiter bestärken.“ (https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ geoparks/ geopa rks-deutschland/ vulkaneifel) An dieser Stelle soll noch einmal betont werden, dass Besucher: innen wie Einheimische gleichermaßen Zielgruppen für die Bildungsarbeit eines UNESCO Global Geoparks sind. Wissensvermittlung und Stärkung der Identifikation mit dem Welterbe ist bei den anderen Kategorien von Welterbestätten ebenfalls ein wesentliches Ziel. 66 6 Nachhaltiger Tourismus Das Vulkanhaus Strohn (http: / / www.vulkanhaus-strohn.de/ ) hat die Ak‐ tivitäten eines Vulkans - mit eindrucksvollen Originalen, wie einem 6 Meter langen und 4 Meter hohen Abschnitt einer Lavaspalte im Museum und außerhalb des Dorfes der Strohner Lavabombe mit einem Durchmesser von ca. 5 Meter - als Hauptthema. Abb. 17: Lernort Vorgarten des Vulkanhauses Strohn Im Vorgarten des Vulkanhauses hat man einen Miniaturvulkan aufgebaut, aus dem natürlich keine Lava, dafür aber Wasser in ähnlicher Weise strömt und mit dem nachfolgenden Wasserlauf kann es ein Spielgelände für Kinder sein. Aber natürlich ist auch pädagogisch Tiefgründigeres damit verbunden, denn der Wasserlauf führt gleichzeitig auch durch die Erdgeschichte. Spiel‐ stationen zur Steingewinnung deuten auch die Vielfalt der Gesteine in einer Vulkanregion an. Hintergrund | Deutsche Vulkanstraße Diese 280 km lange Themenroute zum Vulkanismus in der Eifel verbin‐ det den UNESCO Global Geopark Vulkaneifel mit dem am östlichen Eifelrand gelegenen nationalen Geopark Laacher See. Originale Schau‐ 67 6.2 Aufgaben und Gestaltung der Besucherzentren plätze des Vulkanismus wie Maare, Seen, geologische Aufschlüsse, Quellen sind Attraktionen neben den Museen und Infozentren. Hinzu kommen Führungen und Veranstaltungen. (https: / / www.deutsche-vulkanstrasse.com/ de) Bei den Cliffs of Moher an der irischen Westküste kann der UNESCO Global Geopark nicht mit einer Steinvielfalt aufwarten, dafür aber mit einem mehrfach für seine Architektur ausgezeichneten Besucherzentrum (eröffnet 2007) unter der Erde. „Unsere gebaute Infrastruktur bezieht ihr Design und ihre Einflüsse von den natürlichen Materialien und Formen des Gebiets, um ihre Auswirkungen und ihren Fußabdruck auf die visuell prominente ländliche Landschaft zu minimieren. Das bemerkenswerteste Designmerkmal ist das unterirdische Besucherzentrum, das in den Hang gebaut wurde, und die Verwendung von lokalem Liscannor-Stein entlang der Cliffs-Wege.“ (https: / / www.cliffsofmoher.ie/ unesco-global-geopark/ sus tainability/ sustainability-at-the-cliffs/ ) Abb. 18: Cliffs of Moher - touristische Infrastruktur im Untergrund Sämtliche Einrichtungen, die zu einem Besucherzentrum gehören bis hin zu Souvenirgeschäften, in denen u. a. Kunsthandwerk aus der Region ange‐ boten wird, wurden in den Hang hinein gebaut. Die Gastronomiebereiche erhalten Tageslicht und Fernblicke in die Landschaft durch geschwungene Fenster, in ähnlicher Weise auch die „Ladenfronten“ der Geschäfte. In dem unterirdischen Besucherkomplex befindet sich in einer kreis‐ runden und bis zu 25 Meter hohen, neu geschaffenen Höhle eine große interaktive Ausstellung zur Geologie dieser Küstenregion, ihrer Fauna und auch der Nutzung der Landschaft sowie der Geschichte der Grafschaft Clare. Besonders wird die Erste-Hilfe-Möglichkeit erwähnt, „ein voll ausge‐ 68 6 Nachhaltiger Tourismus statteter Erste-Hilfe-Raum mit national zertifizierten Ersthelfern gehört, die täglich zur Verfügung stehen. Unser Team vor Ort ist bereit, Unterstützung zu leisten, mit Informationen, Führungen, Rollstühlen und Mobilitätshilfe für die weniger Könnenden, Erste Hilfe nach Bedarf, Standortpflege, Müll‐ sammeln und Erhaltung der Cliffs of Moher. Wir bieten auch andere kostenlose Dienstleistungen wie Ferngläser und Picknickdecken als Leih‐ gabe, eine Wassernachfüllstation, Telefonaufladung und Gepäckaufbewah‐ rung“ (https: / / www.cliffsofmoher.ie/ about-the-cliffs-of-moher/ cliffs-of-mo her/ the-visitor-centre/ ). 6.3 Besuchermanagement Das Besuchermanagement hat u. a. den Auftrag, den Schutz der Natur auf der einen Seite und die Verpflichtung zur Wissensvermittlung auf der anderen Seite in Einklang zu bringen. Für diesen Aufgabenkomplex hat die IUCN zehn Leitsätze des Tourismus- und Besuchermanagements formuliert. Literaturtipp | Besuchermanagement ausführlich IUCN (Hrsg.) (2019): Tourismus- und Besuchermanagement in Schutz‐ gebieten. Leitlinien zur Nachhaltigkeit. Gland. PDF unter: Link-Tipp [7] | http: / / s.narr.digital/ z3y3i Diese zehn Leitsätze lauten (a. a. O., S. 29 f.): 1. „Angemessenes Management wird durch Ziele und Schutzgebietswerte bestimmt 2. Vorausschauende Planung steigert die Effektivität von Tourismus- und Besuchermanagement 3. Wechselnde Nutzungsbedingungen für Besucher sind unvermeidlich und können wünschenswert sein 4. Menschliche Nutzung hat unweigerlich Auswirkungen auf Ressourcen und soziale Verhältnisse 5. Management hat die Beeinflussung menschlichen Verhaltens und die Minimierung tourismusbedingter Veränderungen zum Ziel 6. Auswirkungen können durch viele Faktoren beeinflusst werden, daher ist Nutzungsbegrenzung nur eine von vielen Managementoptionen 69 6.3 Besuchermanagement 7. Monitoring ist für professionelles Management unerlässlich 8. Der Entscheidungsprozess sollte technische Beschreibung und Wertur‐ teile trennen 9. Betroffene Gruppen sollten einbezogen werden, da zur Umsetzung Konsens und Partnerschaft erforderlich sind 10. Kommunikation ist der Schlüssel zu mehr Wissen und Unterstützung von Nachhaltigkeit“. Wichtige und im konkreten Fall zu diskutierende Aspekte sind in diesem Zusammenhang Zonierung, Tragfähigkeit, Grenzen eines akzeptablen Wan‐ dels, Nutzungsverteilung oder gegebenenfalls auch die Entscheidung für ein Demarketing. Auf diese soll im Folgenden kurz eingegangen werden. Mit einer Zonierung werden verschiedene Bereiche eines Schutzgebiets festgelegt, die wiederum je nach Schutzbedürftigkeit unterschiedliche Managementvorgaben zur Folge haben. Während in den Kernzonen die Eingriffe des Menschen sehr eingeschränkt sind, können in Puffer- und Entwicklungszonen Formen eines nachhaltigen Tourismus mit anderen nachhaltigen Nutzungen der Landschaft in Einklang gebracht werden. Der Ausbau einer touristischen Infrastruktur oder auch schon die Zugäng‐ lichkeit einer Zone durch Wanderwege bis hin zu Straßen und Parkplät‐ zen werden hierdurch bestimmt. Vorübergehende Zugangsbeschränkungen können beispielsweise zu Zeiten der Pflege des Nachwuchses in der Tierwelt erforderlich sein. Mit Studien vor Ort können die Tragfähigkeit und die Grenzen eines akzeptablen Wandels für ausgewählte Bereiche erforscht und schließlich festgelegt werden. Die touristische Tragfähigkeit eines Gebiets wird durch die maximale Anzahl von Personen bestimmt, die dieses Gebiet besuchen können, ohne dass dies zu Schäden an der Umwelt, den sozialen Strukturen oder dem Wirtschaftsleben führt - also ökologische, soziale und ökonomi‐ sche Nachhaltigkeit gewährleistet sind. Da die menschliche Nutzung von Gebieten, Landschaften oder Destinationen unweigerlich Auswirkungen auf Ressourcen und soziale Verhältnisse hat, gilt es, die Grenzen vertretbarer Veränderung (Limits of Acceptable Change) zu ermitteln und zu definieren. Hierzu soll ein Managementrahmen entwickelt werden, „messbare Gren‐ zen für vom Menschen verursachte Veränderungen im natürlichen und sozialen Umfeld von Schutzgebieten festlegt und diese nutzt, um geeignete Managementstrategien zur Erhaltung oder Wiederherstellung akzeptabler Bedingungen zu entwickeln“ (a. a. O., S. 98). 70 6 Nachhaltiger Tourismus Aus der Kenntnis der Tragfähigkeit und Grenzen eines vertretbaren Wandels lässt sich eine Nutzungsverteilung bestimmen. Eine Variante hierbei wäre eine Nutzungskonzentration mit der Intention, die negativen Auswirkungen des Tourismus auf einen beschränkten Bereich zu konzen‐ trieren und somit andere Areale weniger bis gar nicht zu belasten. Eine andere Strategie könnte das Gegenteil anstreben, indem die Belastungen durch den Besucherverkehr auf eine größere Fläche verteilt werden. Für die Besucherlenkung gibt es verschiedene Instrumente - von besonderen Aktivitäten, die zeitlich beschränkt angeboten werden, bis hin zu klar kommunizierten vorübergehenden Sperrungen bestimmter Bereiche. Diese Strategie könnte als Teil des Demarketings bzw. Reduktionsmar‐ ketings angewendet werden. Ziel ist es, die Nachfrage mit geeigneten Maßnahmen zu reduzieren, um grundsätzlich einer Überbelastung und damit Schädigung des Schutzgebietes durch zu hohe Touristenzahlen ent‐ gegenzuwirken. Eine Reduktion von Besuchermengen könnte auch zum Ziel haben, einer verminderten Personenzahl ein besseres Besuchserlebnis außerhalb von Menschenmassen zu ermöglichen - ein effektives Qualitäts‐ management wird möglich durch eine Reduzierung der Besucher: innen. Bei all diesen Strategien aus der Sicht des Managements eines Schutz‐ gebiets sollen jedoch stets auch die Interessen und Bedürfnisse der Besu‐ cher: innen miteinbezogen werden. Darunter fallen die Anziehungskraft der attraktivsten Plätze, die Orte von außergewöhnlichem Wert, die Highlights einer Welterbestätte und damit die Orte, die man gesehen haben muss, wenn man in der Region war. Welches Verhalten lässt sich im Umfeld und an dieser Attraktion beobachten? Besteht die Notwendigkeit, regulierend einzugrei‐ fen? Welche Maßnahmen könnten einerseits den Schutz der Welterbestätte gewährleisten und andererseits den Besucher: innen die gewünschten Ein- und Ausblicke oder Erlebnisse verschaffen? Praxis | Schutz vor invasiven Arten durch Besuchermanagement Kanut: innen und Kajakfahrer: innen können mit ihren Booten im Killar‐ ney-Nationalpark bzw. „Kerry-Biosphärenreservat“ in Irland die inva‐ sive Zebramuschel einschleppen. Dies bedeutet eine Gefahr für die Öko‐ systeme der dortigen Gewässer. Das Management des Nationalparks gibt praktische Handlungsanweisungen für diese Gruppe der Freizeit‐ sportler: innen und hat zum anderen durch die gesonderte Genehmigung für Paddeltouren noch eine Möglichkeit der Kontrolle. 71 6.3 Besuchermanagement Abb. 19: Zebramuscheln im Kerry-Biosphärenreservat (alias Killarney National Park) 72 6 Nachhaltiger Tourismus Mit seinem Rhododendron-Problem trägt das Management des Killar‐ ney-Nationalparks bzw. des Biosphärenreservats noch einen anderen Kampf gegen eine invasive Art aus - dieses Mal aus der Pflanzenwelt. Die Blütenpracht des Rhododendron im Unterholz der Wälder ist zwar fotogen, aber diese Pflanzen (Neophyten) ersticken auf Dauer die ein‐ heimische Vegetation (vgl. https: / / en.unesco.org/ biosphere/ eu-na/ kerr y). Link-Tipp [8] | http: / / s.narr.digital/ dkora 73 6.3 Besuchermanagement 7 Blicke in die Praxis Die Blicke in die Praxis sollen mit einer Empfehlung beginnen, die für alle Welterbestätten - und auch Orte ohne diese Auszeichnung gelten. Wo Schilder, Informationstafeln oder Wegmarkierungen angebracht werden, sollte man nicht vergessen, diese regelmäßig zu kontrollieren. Schmiere‐ reien, Graffitis, mutwillige Zerstörungen, aber auch Schäden durch Stürme oder andere Folgen von Extremwetter, genauso wie eigentlich natürliche Prozesse, so z. B. Ablagerungen, Ausbleichen oder Verwitterung von Plastik & Co geben nicht nur ein schlechtes Bild ab, sondern können eventuell auch die betroffenen Schilder ihre Aufgabe der Information oder vielleicht einer angezeigten Warnung nicht mehr erfüllen. Abb. 20: Warnschild als Teil der Besucherlenkung (links) und Warnung in Stein als Teil der Besucherlenkung (rechts) So groß die Gebiete von Weltnaturerbestätten oder UNESCO Global Geo‐ parks und die Zahl der beteiligten Verantwortlichen in der entsprechenden Region auch sein mögen, eine simple Pflege von Informationstafeln und anderen Schildern sollte zur untersten Stufe eines Qualitätsmanagements gehören. Hier sollte man der Natur keinen freien Lauf lassen! Eine kleine Putzaktion mit einem Eimer Wasser und einer Bürste zu Beginn der Saison, also meist im Frühjahr, würde für einen entschieden besseren Eindruck bei den Besucher: innen sorgen und einen guten Beitrag zur Imagepflege leisten! Dies gilt, wie bereits erwähnt, nicht nur für von der UNESCO ausgezeichnete Gebiete. 7.1 Maasheggen Dieser Abschnitt des nördlichen Maastals mit den Maasheggen (siehe Kap. 3.6), deren größter Teil sich auf dem linken Maasufer in der Provinz Brabant, ein kleiner Teil auf dem rechten Ufer in Limburg befindet, wird als die älteste Kulturlandschaft der Niederlande bezeichnet. Seit 2018 ist das Land der Maasheggen ein Biosphärenreservat. Ein Informationszentrum zu den Maasheggen gibt es bis heute nicht, wohl aber ein schnell auf Deutsch antwortendes „Maasheggen UNESCO Programmteam“, das für einen Besuch den Bereich zwischen Oeffelt und Beugen empfiehlt. Folgende Mängelliste fasst die Erfahrungen aus einer Recherche im März 2022 zusammen: ● Es gibt keinerlei Hinweise von der Landstraße zwischen Oeffelt und Beugen in beiden Fahrtrichtungen zu den Maasheggen, die sich auf der anderen Seite des parallel zur Straße verlaufenden Deiches befindet. ● Auch im Ortskern von Oeffelt gibt es kein Hinweisschild auf die Maasheggen. ● Ein Versuch in der Ortsmitte von Beugen ist da etwas erfolgreicher, denn am Parkplatz bei der Kirche stößt man auf Infotafeln zu den Wan‐ derwegen in der Maasaue und eine Tafel zu den Maasheggen allgemein. Aus beiden Quellen lässt sich dann dank des Knotenpunktsystems - Wandern nach Zahlen - ein Zugang zu den Maasheggen erschließen. ● Auf dem Weg aus Beugen heraus kommt man noch im Ort an einem Wegweiser zu den Maasheggen vorbei, dem ersten und letzten seiner Art! Als Hoffnung bleiben die Knotenpunkte 84 und 85 von der Wan‐ derkarte für die Runde durch die Maasheggen. ● Auf dem Deich angekommen erhält man einen schönen Überblick über die Heckenlandschaft und steht vor einer Infotafel zur römischen Geschichte und dem Römerweg, der über den Deich verläuft. ● Am Weg vom Deich hinunter stößt man auf einen niedrigen Holzpfahl mit einigen Zahlen, die über das Wegenetz durch die Heckenlandschaft informieren. ● Innerhalb der Heckenlandschaft findet keinerlei Wissensvermittlung statt. Warum gibt es unterschiedlich geschnittene Hecken? Was macht dieses Biosphärenreservat aus? Informationen zur Geschichte dieser Kulturlandschaft gibt es auch nicht. 76 7 Blicke in die Praxis Abb. 21: Einzige Information vor Ort in Beugen zum Gelände der Maasheggen 77 7.1 Maasheggen ● Dann stößt man auf einen Zugang mit einem Drehkreuz zu einem von Hecken umsäumten Weidebereich, durch den eine Spur führt, aber keinerlei weitere in der Ferne sichtbare Zeichen, wo es weiter gehen könnte. Da die Hecken undurchdringlich sind, macht man sich nach einiger Zeit des Suchens lieber wieder auf den sicheren Rückweg! ● Mit Hartnäckigkeit und viel Glück kann man auf den Weg stoßen, an dem alljährlich im März die Internationalen Heckenflechtmeisterschaf‐ ten stattfinden und es unterschiedliche Techniken des Heckenflechtens - dann auch ganzjährig - zu sehen gibt (siehe Abb. 4). 7.2 Wattenmeer Erlebnisse schaffen und dabei Wissen über Zugvögel und Vogelzug vermit‐ teln, das sind die beiden Hauptziele der alljährlich im Herbst stattfindenden Vogelflugtage im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer (https: / / ww w.zugvogeltage.de/ ) als einem großen Teil des Weltnaturerbes Wattenmeer (siehe Kap. 2.3). Die Vögel bestimmen den Termin mit, wenn sie sich aus ihren Sommer‐ gebieten in der Arktis, im Norden Amerikas, Asiens und Europas über die Ostatlantik-Flugroute auf den Weg in den Mittelmeerraum und weiter nach Afrika begeben. Für mehrere Vogelarten ist das nahrungsreiche Wattenmeer der einzige Platz der Rast und Stärkung auf dem viele 1.000 km langen Weg. Dieser einzige Stopp auf der weiten Reise macht deutlich, wie wichtig es ist, den Tieren einen ungestörten Aufenthalt im Wattenmeer zu ermöglichen, so dass sie keine Kräfte durch das Aufgescheucht-Werden von Menschen und Hunden verlieren - eine grundlegende Anforderung an alle Programm‐ punkte der Vogelflugtage, die eine gewisse Nähe zu den Zugvögeln mit sich bringen. Das Programm der Zugvogeltage umfasst Exkursionen zu Fuß, mit dem Fahrrad, dem Bus und Zug sowie dem Schiff; Ausstellungen, Aktionen mit Spiel und Spaß, Führungen durch Ausstellungen, Lesungen, Besuche von Beobachtungsstationen, Essen, Vorträge, Veranstaltungen mit Musik, Bildpräsentationen, Filmen, Seminare/ Workshops, Theater sowie Pauschal‐ angebote rund um die Zugvögel (https: / / www.zugvogeltage.de/ veranstaltu ngen). Das Spektrum der Zielgruppen ist groß - schließlich richtet sich der Bildungsauftrag eines Weltnaturerbes, aber auch eines Nationalparks an ein 78 7 Blicke in die Praxis möglichst breites Publikum. Mit den Erwachsenen und Kindern gehören schon einmal alle Generationen dazu, speziell bei den Zugvogeltagen wendet man sich auch an Naturfreunde ohne Vorkenntnisse sowie Vogel- und Wattenmeerkenner: innen. Ein Blick sei noch auf einige Aktionen während der Zugvogeltage gewor‐ fen, die nicht schon zu den klassischen Angeboten zu zählen sind. Hierzu gehört der „Aviatlon“. Dies ist ein Wettstreit zwischen den Inseln und Festlandbereichen der Wattenmeerregion um die Anzahl der dort beobach‐ teten Vogelarten. Welche Region kann die meisten Arten aufweisen? Links von der Website ornitho.de sowie einer App, aber auch Artenlisten zum Herunterladen und Ankreuzen erleichtern das Erfassen der Beobachtungen. Gemeinsam veranstalten die Nationalparkverwaltung Niedersächsisches Wattenmeer und die Gesellschaft für Naturfotografie einen Fotowettbewerb zu den Vögeln des Wattenmeers und die besten Bilder werden in einer Ausstellung gezeigt. Ein ähnlicher Wettbewerb nur mit Malstiften, Pinseln und Farbe ist die Malaktion für Kinder bis 14 Jahre. Neben der Ehre, mit seinen Werken in einer Ausstellung vertreten zu sein, winken hier noch als Preise zehn Ferngläser für die nächsten Vogelbeobachtungen. Kreative Verbindungen zwischen dem Thema Zugvögel und Kulinari‐ schem aus der Region sind beispielsweise die Expertendinner mit Vorträgen und Menü oder auch die „lyrischen“ Teestunden zur „Poesie des Vogelzugs“. Großer Abschluss mit einem vielfältigen Programm - natürlich für Jung und Alt - ist das Zugvogelfest. 7.3 Kluge Anbindung an den ÖPNV Im Weltnaturerbe Alte Buchenwälder - gleichzeitig auch Biosphärenreser‐ vat Schorfheide-Chorin - ist ein eigener PKW nicht notwendig, um zu Ausgangspunkten für Wanderungen zu kommen. Von Anfang April bis Ende Oktober pendelt der sogenannte Welterbebus Grumsin (https: / / www.ange rmuende-tourismus.de/ mobil/ welterbebus-grumsin.html) täglich von 9.40 Uhr bis 18.04 Uhr zwischen Angermünde Bahnhof und Altkünkendorf (spä‐ tere Busfahrten sind mit einem Rufbus möglich). Auf dieser 20-minütigen Fahrt gibt es u. a. die Möglichkeit, an zwei Infozentren des Welterbes auszu‐ steigen und von dort jeweils auf unterschiedlich langen Wanderungen auch die Buchenwälder zu erkunden. So gibt es beispielsweise von Altkünkendorf eine 21 km lange Tour, um den Bereich des Buchenwald-Welterbes bei 79 7.3 Kluge Anbindung an den ÖPNV Grumsin zu umrunden, oder aber eine 17 km lange Route durch die abwechs‐ lungsreiche Kulturlandschaft des Biosphärenreservats Schorfheide-Chorin. Konsequenterweise ist der Ausgangspunkt für geführte Touren die Bushal‐ testelle und nicht ein Wanderparkplatz. Kurze Familienwanderungen sind ebenso ab verschiedenen Haltestellen des Welterbebusses möglich. Mit „Bus-Hopping“ lässt sich auch eine Genusstour durch das Biosphärenreser‐ vat durchführen, um die Region mit ihren spezifischen Produkten auch zu schmecken. Eine Aktion, die auf Sammelleidenschaft und dem Wunsch, etwas zu gewinnen, basiert, ist das Sammeln von Stempeln von fünf möglichen Ausflugszielen. Drei Stempel reichen schon für die Teilnahme an einer Ver‐ losung, doch die begehrten Stempel bekommt man nur gegen Vorlage eines Welterbebus-Fahrscheins. Als Gewinne locken Produkte aus der Region, zum einen eine gefüllte Kühltasche mit Erzeugnissen einer lokalen Molkerei, zum anderen etwa ein Set von Likören, die aus einer Brennerei in Grumsin stammen. Nördlich der Strecke des Welterbebusses verläuft diejenige des „Biber‐ busses“, der ebenso in Angermünde startet und wieder endet. Mit dieser Buslinie erreicht man das NABU-Erlebniszentrum Blumberger Mühle, den Ort Wolletz sowie das Wandergebiet um den Wolletzsee. Das Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin gehört ebenso zu den Zielen der Kooperation Fahrtziel Natur, die seit 2001 eine umwelt- und klima‐ freundliche Mobilität zu und in den schönsten Nationalparks, Naturparks und Biosphärenreservaten in Deutschland, Österreich und der Schweiz anbieten (vgl. https: / / www.fahrtziel-natur.de/ gebiet/ chorin). Wissen | Fahrtziel Natur „Seit dem 25. April 2001 engagieren sich die 3 großen deutschen Um‐ weltverbände Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Naturschutzbund Deutschland (NABU) und der Verkehrsclub Deutsch‐ land (VCD) sowie die Deutsche Bahn in der Kooperation Fahrtziel Natur. Ziel der Kooperation ist es, den touristischen Verkehr in sensiblen Naturräumen vom privaten Pkw auf öffentliche Verkehrsmittel zu verla‐ gern. Damit werden CO 2 -Emissionen eingespart und ein aktiver Beitrag zum Klimaschutz und zum Erhalt der biologischen Vielfalt geleistet.“ (https: / / www.fahrtziel-natur.de/ wir/ fahrtziel_natur_kooperation) 80 7 Blicke in die Praxis 7.4 Geopark TERRA.vita Das weitläufige Areal des Piesbergs bietet einen guten Überblick über die Möglichkeiten, Angebote und Infrastruktur, das geologische Erbe sichtbar und erlebbar zu machen bzw. Interessierten auch konkretes Wissen zu vermitteln (vgl. https: / / www.osnabrueck.de/ piesberg/ zum-herunterladen). Einen guten Einstieg bietet an einer Straße mit Haltstellen zweier Bus‐ linien das Museum Industriekultur im historischen Haseschachtgebäude (siehe Kap. 6.2). Mit seinem Standort nimmt es eine Mittlerrolle ein zwischen dem höher gelegenen Steinbruchbereich und den tiefer gelegenen weiteren Gebäuden des Zechenbetriebs bis hin zum großen Zechenbahnhof und dem Piesberger Hafen an einem Stichkanal. Praxis | Keine Ausschilderung Im Sommer 2020 gab es keine Ausschilderung, keine Wegweiser vom Museum Industriekultur zum Steinbruch. Auch auf der Informations‐ tafel vor dem Gebäude ist kein eindeutiger Zugang verzeichnet. Wer ahnt schon, dass es bei Punkt 16, dem Museum für feldspurige Indust‐ riebahnen Osnabrück-Piesberg e. V., es weiter durch den Wald Richtung Steinbruch geht. Wenn man auf die Bahngleise gestoßen ist, kann man darauf vertrauen, auf dem richtigen Weg zu sein. Abb. 22: Informationstafel am Haseschachtgebäude 81 7.4 Geopark TERRA.vita Von April bis Oktober finden oberhalb des Haseschachtgebäudes an jedem ersten und dritten Sonntag öffentliche Fahrten - Sonderfahrten sind buchbar - auf der 1,2 km langen Strecke in Richtung Steinbruch statt. Es empfiehlt sich aber, eine Strecke zu Fuß zu gehen, um die vielen Informationen am Schienenbzw. Wegesrand aufzunehmen. Von der Endhaltestelle führt ein langer Treppenaufstieg zur Aussichtsplattform, die einen hervorragenden Blick über das Steinbruchgelände und die weitere Landschaft bietet. Die markanten Punkte in der Ferne werden bezeichnet, ein Fernrohr erlaubt genauere Ausblicke. Unterhalb der roten Aussichtsplattform befindet sich ein Platz, an dem Hobby-Geolog: innen sich auf Fossiliensuche begeben können. Man benötigt noch nicht einmal einen Hammer, um in der kleinen Halde, die dort aufgeschüttet wurde, schöne Exemplare von Pflanzen aus der Karbonzeit zu finden und nach Hause zu tragen. Zu verschiedenen Aspekten rund um die Fossilien gibt es Informationstafeln, so dass man seine Fundstücke gleich zuordnen kann. Als Ruheplätze und Möglichkeiten, seine neuen Schätze zu sichten, dienen Bänke. Um den Steinbruch führt ein Rundwanderweg mit zwei weiteren Aussichtspunkten. Abb. 23: Fossilienstelle und -funde auf dem Piesberg Den Bildungsauftrag nimmt man bei TERRA.vita sehr ernst und bietet für verschiedene Schulformen und Jahrgangsstufen Unterrichtsmaterialien und Modelle an (vgl. Flyer TERRA.vita: Die regionale Geologie im Schulunter‐ richt). 82 7 Blicke in die Praxis Zu den Unterrichtsmaterialien gehören: ● ein Schulbuch, das die Region des Natur- und Geoparks vorstellt und Aspekte wie Verwitterung, Erosion, Moor und Grünland, Bodenschutz, Klimaschutz und Paläontologie berücksichtigt, die Themen Plattentek‐ tonik, Evolution und Eiszeit aus den Lehrplänen lassen sich so anschau‐ licher umsetzen; ● ein Lehrerskript mit Hintergrundwissen und Tipps zur Unterrichtsge‐ staltung, ebenso Kopiervorlagen oder digitale Arbeitsblätter; ● PowerPoint-Präsentationen mit Stichpunkten zu den Bildern, Graphi‐ ken und Karten aus dem Schulbuch; ● Kartenmaterial zu verschiedenen Aspekten; ● das Video „TERRA.genesis“ zeigt in einem 20-minütigen Film die Ent‐ stehung der Landschaft des Geoparks (https: / / www.geopark-terravita. de/ de/ terragenesis-animation). Handliche Modelle werden angeboten, die geologische Prozesse veran‐ schaulichen: ● Zollstock der Erde, ● Plattenpuzzle, ● Modell zur Auffaltung von Gebirgen, ● Modell zur Kippung von Gesteinsschichten, ● Modell zur Lage von Gesteinsschichten, ● Modelle zur Eiszeit, ● Gesteinskiste. Die Ausleihgebühr des Mediensets für maximal ein Schuljahr beträgt 10 Euro, die Schulbücher können ausgeliehen oder für 1 Euro pro Stück erworben werden. Auch für die Jüngsten in Kindergärten und Grundschulen gibt es kind‐ gerechtes Anschauungs- und Arbeitsmaterial, den „Bodenkoffer“, eine In‐ itiative in Kooperation mit dem Boden-Bündnis europäischer Städte, Kreise und Gemeinden e. V., der Niedersächsische Bingo-Umweltstiftung sowie der Naturschutzstiftung des Landkreises Osnabrück (Link-Tipp [9] | http: / / s.narr.digital/ sa3l3). „Herzstück ist das BodenBuch mit Versuchen, Bastel‐ ideen und Liedern rund um den Boden. Mit dem kleinen Bestimmungs‐ schlüssel finden Kinder auch ohne Lesekenntnisse heraus, welches Tier sie im Boden gefunden haben. Im Spiel ‚Haben Maulwürfe Augen? ‘ wird dieses Wissen spielerisch vertieft und gefestigt. Zum Experimentieren enthält der 83 7.4 Geopark TERRA.vita BodenKoffer u. a. ein USB-Mikroskop, Becherlupen und Petrischalen, um die gefundenen Bodentiere ganz genau zu beobachten. Verschiedenfarbige Sande und verschiedene Bodenarten stehen für Versuche und kreatives Ge‐ stalten zur Verfügung. Die Ausgangsmaterialien unserer Böden können die Kinder im Stein-Memory begreifen. Hochwertige Sachbücher bieten den Kindern die Möglichkeit, sich selbst noch weiter mit dem faszinierenden Universum unter unseren Füßen zu beschäftigen.“ (https: / / www.geopark-te rravita.de/ de/ bodenkoffer-unterrichtsmaterial) 84 7 Blicke in die Praxis Die Rote Liste des UNESCO Weltnaturerbes alias Liste des gefährdeten Erbes der Welt Die Aspekte der möglichen Schädigungen bei den aktuell (2022) als ge‐ fährdet geltenden Weltnaturerbestätten sind in der nachfolgenden Tabelle keinesfalls vollständig. Die Auswahl soll das breite Spektrum der möglichen Gefährdungen zeigen. Mehr Details sind auf den jeweiligen Websites (siehe Erhaltungszustand nach Jahr) zu finden finden (vgl. http: / / whc.unesco.org / en/ danger/ und https: / / www.unesco.de/ kultur-u nd-natur/ welterbe/ welter be-sein/ liste-des-gefaehrdeten-erbes-der-welt). Staat Weltnaturerbestätte Grund für die Gefährdung Belize Naturreservat Barriereriff von Belize invasive Meeresarten, Managementsysteme, Kon‐ zessionen für Öl- und Gasgewinnung im Meer weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ q1wly Guinea und Elfen‐ beinküste Totalreservat Berg Nimba Bergbau, Zustrom von Flüchtlingen, Übergriffe in die Landwirtschaft, Abholzung, Wilderei, Ma‐ nagement, Mangel an Ressourcen, Straßenbau, unbefriedigende grenzüberschreitende Zusam‐ menarbeit weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ rzlbt Honduras Biosphärenreservat Río Plátano Geldmittel, Personalabteilung, Identität, sozialer Zusammenhalt, Veränderungen in der lokalen Be‐ völkerung und Gemeinschaft, illegale Aktivitäten, invasive terrestrische Arten, Landumwandlung, Gesetzesrahmen, Beweidung von domestizierten Tieren, Managementsysteme, Wasserinfrastruk‐ tur, andere Bedrohungen: Überschneidungen mit wichtigen archäologischen Stätten, die eine Har‐ monisierung der Verwaltung des Kultur- und Na‐ turerbes erfordern weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ sji3i Indonesien Erbe der tropi‐ schen Regen‐ wälder von Sumatra Governance, Bodenverkehrsinfrastruktur, illegale Aktivitäten, Landumwandlung, Managementsys‐ tem, Anlagen für erneuerbare Energien weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ oig3y Staat Weltnaturerbestätte Grund für die Gefährdung Kenia Nationalparks am Turkana-See Auswirkungen des Gibe-III-Staudamms, große Bewässerungsprojekte in der Omo-Region, Ölex‐ ploration, Rückgang der Wildtierpopulation und Druck durch Wilderei und Viehweide, Auswir‐ kungen der größeren Entwicklungsvision für Nordkenia, Verwaltungskapazität des Kenya Wildlife Service (KWS) und der National Muse‐ ums of Kenya (NMK), Neugestaltung der Grenzen der Immobilie weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ aa42e Demokra‐ tische Republik Kongo Nationalpark Virunga bewaffnete Konflikte, mangelnde Sicherheit und politische Instabilität, Vergabe einer Erdölexplo‐ rationsgenehmigung innerhalb des Konzessions‐ gebiets, Wilderei durch die Armee (Problem gelöst) und bewaffnete Gruppen, Ausdehnung illegaler Fanggebiete, Entwaldung, Holzkohlepro‐ duktion und Viehweide weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ 2syoc Kongo Nationalpark Kahuzi-Biega Präsenz bewaffneter Gruppen, mangelnde Sicher‐ heit und politische Instabilität, die einen großen Teil des Eigentums für die Wachen unzugänglich machen, Wilderei durch bewaffnete militärische Gruppen, Dörfer im ökologischen Korridor zwi‐ schen dem Hoch- und Tieflandsektor des Parks, illegaler Bergbau und Abholzung weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ flqri Kongo Nationalpark Garamba bewaffnete Konflikte und politische Instabilität, Wilderei durch Inländer: innen und grenzüber‐ schreitende bewaffnete Gruppen weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ 15vk7 Kongo Okapi-Tier‐ schutzgebiet intensive Wilderei von großen Säugetieren, ins‐ besondere Elefanten, Bergbauaktivitäten inner‐ halb des Konzessionsgebiets, unkontrollierte Mi‐ gration in die Dörfer innerhalb des Grundstücks, Identität, sozialer Zusammenhalt, Veränderungen in der lokalen Bevölkerung und Gemeinschaft, illegale Holznutzung im Ituri-Wald, Straßenbau weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ fuxpb Madagas‐ kar Regenwälder von Atsinanana Feuer, Jagd und Wilderei gefährdeter Arten, hand‐ werklicher Bergbau, illegaler Holzeinschlag von Edelholzarten (Ebenholz und Palisander), schwa‐ che Regierungsführung und Strafverfolgung zur Verhinderung des illegalen Holzeinschlags und 86 Die Rote Liste des UNESCO Weltnaturerbes alias Liste des gefährdeten Erbes der Welt Staat Weltnaturerbestätte Grund für die Gefährdung des Exports von Edelholzarten, Wertschätzung des Erbes durch die Gesellschaft weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ znkrs Mexiko Inseln und Schutzgebiete im Golf von Kalifornien Fischerei/ Sammlung aquatischer Ressourcen, ille‐ gale Aktivitäten, andere Bedrohungen: ernsthafte Bedenken hinsichtlich des Erhaltungszustands von zwei Arten, Vaquita (Schweinswalarten) und Totoaba (Meeresfische) weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ iwldq Niger Naturreservate Aïr und Ténéré Unruhen, Erosion und Verschlammung, Forst‐ wirtschaft, Personalabteilung, Identität, sozialer Zusammenhalt, Veränderungen in der lokalen Be‐ völkerung und Gemeinschaft, illegale Aktivitäten, invasive terrestrische Arten, Viehzucht / Bewei‐ dung, Managementsysteme, Bergbau weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ vdc74 Salomonen East Rennell Veränderungen in den ozeanischen Gewässern, Fischerei/ Sammlung aquatischer Ressourcen, Forstwirtschaft, invasive terrestrische Arten, Ge‐ setzesrahmen, Managementsysteme, Bergbau, Stürme weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ i43bb Senegal Nationalpark Niokolo-Koba Wilderei, Fang und Umsiedlung von Wildtieren, Austrocknung von Teichen, invasiven Arten, il‐ legaler Holzeinschlag, Weiden von Nutztieren, Straßenbauprojekt, möglicher Staudammbau, po‐ tenzielle Bergbauexploration und -ausbeutung, Verlust des Lebensraums von Schimpansen weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ jpn29 Tansania Wildreservat Selous Geldmittel, Forstwirtschaft, illegale Aktivitäten, Auswirkungen des Tourismus, Landumwandlung, Gesetzesrahmen, Managementsysteme, Bergbau (Uranmine), Öl und Gas, Wasserinfrastruktur, deutlicher Rückgang der Wildtierpopulationen aufgrund von Wilderei weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ ysjjq Vereinigte Staaten von Amerika Nationalpark Everglades Wasserinfrastruktur, Wohnen (städtischer Ein‐ griff), Verschmutzung der Oberflächengewäs‐ ser und Verschmutzung der Meeresgewässer durch landwirtschaftliche Düngemittel, Queck‐ silberkontamination von Fischen und Wildtie‐ ren, Wasserinfrastruktur (gesenkte Wasserstände 87 Die Rote Liste des UNESCO Weltnaturerbes alias Liste des gefährdeten Erbes der Welt Staat Weltnaturerbestätte Grund für die Gefährdung durch Hochwasserschutzmaßnahmen), Stürme, Hurrikane, invasive Pflanzen- und Tierarten weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ 7nrgw Zentral‐ afrikani‐ sche Republik Nationalpark Manovo- Gounda St. Floris (1988) Unruhen, sozialer Zusammenhalt, Veränderun‐ gen in der lokalen Bevölkerung, illegale Aktivitä‐ ten, Viehzucht, Bergbau, Managementsysteme weitere Informationen: http: / / s.narr.digital/ g65fb Streichung aus dem UNESCO Weltnaturerbe Oman Wildschutzgebiet der Arabischen Oryx illegale Aktivitäten, Viehzucht, Ma‐ nagementsysteme, Öl und Gas weitere Informationen: http: / / s.narr.di gital/ wrbl4 88 Die Rote Liste des UNESCO Weltnaturerbes alias Liste des gefährdeten Erbes der Welt Abbildungsnachweise Autorenbild Autorinnenfoto Gabriele M. Knoll | © privat Abbildungen Abb. 1 | © United Nations (www.un.org) Abb. 2 | © Rainer Berger Abb. 3 | © Gabriele M. Knoll Abb. 4 | © Gabriele M. Knoll Abb. 5 | © Terra.vita in Anlehnung an Haarmann, E. (1911): Die geologischen Verhältnisse des Piesberg-Sattels bei Osnabrück. Jahrbuch der Königlich Preußischen Geologischen Landesanstalt [für 1909], 30 (1.1): 1-58 Abb. 6 | © Gabriele M. Knoll Abb. 7 | © Gabriele M. Knoll Abb. 8 | © Gabriele M. Knoll Abb. 9 | © Gabriele M. Knoll Abb. 10 | © Gabriele M. Knoll Abb. 11 | © Gabriele M. Knoll Abb. 12 | © Gabriele M. Knoll Abb. 13 | © Gabriele M. Knoll Abb. 14 | © Gabriele M. Knoll Abb. 15 | © Gabriele M. Knoll Abb. 16 | © Gabriele M. Knoll Abb. 17 | © Gabriele M. Knoll Abb. 18 | © Gabriele M. Knoll Abb. 19 | © Gabriele M. Knoll Abb. 20 | © Gabriele M. Knoll Abb. 21 | © Gabriele M. Knoll Abb. 22 | © Gabriele M. Knoll Abb. 23 | © Gabriele M. 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Maasheggen | https: / / www.unesco.de/ kultur-und-na tur/ biosphaerenreservate/ biosphaerenreservate-weltweit/ biosphaerenreservateweltweit-1 | https: / / www.maasheggenunesco.com/ files/ Brochure-Maasheggen- UNESCO-NL.pdf ? msclkid=12988431c52e11ecaaec9c742824391d Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDG) | https: / / en.unesco.org/ sustainabledevelopmentgoals | https: / / www.bmuv.de/ themen/ nachhaltigkeit-dig italisierung/ nachhaltigkeit/ 17-nachhaltigkeitsziele-sdgs | https: / / www.bmuv.de/ themen/ nachhaltigkeit-digitalisierung/ nachhaltigkeit/ 17-nachhaltigkeitsziele-sd gs/ sdg-14-leben-unter-wasser Nördlinger Ries | https: / / www.geopark-ries.de/ Ramsar-Konvention | https: / / www.ramsar.org/ sites/ default/ files/ documents/ library / scan_certified_g.pdf Rhön | https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ biosphaerenreservate/ biosphae renreservate-deutschland/ rhoen | https: / / www.biosphaerenreservat-rhoen.de/ | https: / / www.biosphaerenreservat-rhoen.de/ mensch/ tourismus-gastronomie-u nd-erholung | https: / / www.sternenparkrhoen.de/ Rote Liste/ Gefahren für Welterbestätten | https: / / whc.unesco.org/ en/ 158/ | https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ welterbe/ welterbe-sein/ welterbe-gef ahr? msclkid=9bbac5afc79011ec8a70d248efb28043 | https: / / www.unesco.de/ kultu r-und-natur/ welterbe/ welterbe-sein/ liste-des-gefaehrdeten-erbes-der-welt 92 Literatur und Internetquellen Schorfheide-Chorin | https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ biosphaerenreserva te/ biosphaerenreservate-deutschland/ schorfheide-chorin | https: / / www.schorfhe ide-chorin-biosphaerenreservat.de/ Schwäbische Alb | https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ biosphaerenreservate/ biosphaerenreservate-deutschland/ schwaebische-alb | https: / / www.biosphaeren gebiet-alb.de/ | https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ geoparks/ geoparks-de utschland/ schwaebische-alb | https: / / www.geopark-alb.de/ de/ | https: / / whc.une sco.org/ en/ list/ 1527 (Weltkulturerbe Höhlen und Eiszeitkunst auf der Schwäbi‐ schen Alb) Spreewald | https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ biosphaerenreservate/ biosph aerenreservate-deutschland/ spreewald | https: / / www.spreewald-biosphaerenres ervat.de/ | https: / / www.spreewald-biosphaerenreservat.de/ unser-auftrag/ region alentwicklung/ kulturlandschaft/ Ständige Arbeitsgruppe der Biosphärenreservate in Deutschland (1995): Biosphä‐ renreservate in Deutschland. Leitlinien für Schutz, Pflege und Entwicklung. Berlin, Heidelberg, New York. TERRA.vita | https: / / www.unesco.de/ kultur-und-natur/ geoparks/ geoparks-deutsch land/ terravita | https: / / www.geopark-terravita.de/ | https: / / www.geopark-terrav ita.de/ de/ terragenesis-animation Flyer Die regionale Geologie im Schulunterricht | https: / / mik-osnabrueck.de/ das-m ik/ ueber-uns/ UNESCO (2012): Managing Natural World Heritage. Paris. | http: / / whc.unesco.org/ en/ managing-natural-world-heritage/ UNESCO and UNEP (2016): World Heritage and Tourism in a Changing Climate. Paris. | https: / / whc.unesco.org/ en/ activities/ 883/ UNESCO (2020): UNESCO-Geoparks vom geologischen Erbe zu einer nachhaltigen Zukunft. 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Biosphärenreservat 11ff., 17ff., 23, 26, 31, 50, 55 Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin 79 Biotope 47 Blautopf 52 Bodenkoffer 83 Braunschweiger Land 15 Buchenwälder 11, 27, 79 Bundesamt für Naturschutz 18 Bundesumweltministerium 18 Burren 52ff. Cliffs of Moher 52ff., 68f. Corporate Identity 15 Demarketing 71 Der Mensch und die Biosphäre (UNESCO Programm) 11 Deutschland 13, 15 Dja 10 Entwicklungszone 12, 31 Erdgeschichte 14 EU-Vogelschutzgebiet Alfsee 47, 65 Evaluation-Team 14 Fahrtziel Natur 80 Forschung 43 Fossilienfunde 22 Fossiliensuche 82 Galapagosinseln 10 Gefahr 57 Gefährdungen 57 gemischte Stätten 10 Geologie 14, 44 geologisches Fenster 46 Geomorphologie 45 Geopark TERRA.vita 64 Geotope 45 Geotourismus 14 GeoUnion (Alfred-Wegener-Stiftung) 41 Golf von Porto 10 Graffiti 75 Great Barrier Reef 10, 17, 28 Grenzen eines akzeptablen Wandels 70 Grube Messel 11, 22 Grumsin 79 Harz 15 Haseschachtgebäude 64 Höhlen und Eiszeitkunst der Schwäbischen Alb 52 Iguazú 10 Informationstafeln 75 Informationszentren 64 internationale Begegnung 43 internationaler Sternenpark 36 International Union for Conservation of Nature (IUCN, Deutsch: Weltnaturschutzunion) 18 International Union for Conservation of Nature (IUCN) 55 invasive Arten 71 Irland 52 IUCN (zehn Leitsätze) 69 Karpaten 27 Karst 50 Karstlandschaft 52 Karstquelle 52 Kernzone 12, 31 Klimawandel 14, 57, 59f. Korallenriffe 29, 59 Kriterien 9, 21, 42 Kulturlandschaft 26, 31 Landwirtschaft 36f. Leitfaden (Toolkit) 62 Los Glaciares 10 Maare 47 Maasheggen 38, 76 MAB (Der Mensch und die Biosphäre) 11 MAB-Nationalkomitee 32 MAB-Programm 12 Management 55 Managementplan 14, 55, 58 Mängelliste 76 marine Ökosysteme 17 Meere 17 Merkmale 14 Ministerien für Umwelt/ Naturschutz 18 Mitteldeutsches Bergland 35 Mittelgebirgslandschaft 35 Mittlere Elbe 13 Modelle 83 Museen 64 Museum Industriekultur 81 Muskauer Faltenbogen 15 Nachfrageseite 62 nachhaltige Entwicklung 42 nachhaltiger Tourismus 55, 61 Nachhaltigkeit 9, 16f., 61, 63 Nachtlandschaften 36 Nationaler GeoPark in Deutschland 19, 41 Nationalkomitee 19 Nationalspark 13 Natura 2000 38 Naturerbe 10 Naturlandschaften 31 Naturschutz 9 Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) 33 96 Register Naturschutz- und Bildungszentrum (nbz) Alfsee 65 Naturstätten 10 Niederlande 38 Nördliche Kalkalpen 37 Nördlinger Ries 15 Nutzungsverteilung 71 ÖPNV 79 Ostfalen 15 Pflegezone 12, 31 Piesberg 46, 64, 81 Quellen 50 Ramsargebiet 23 Reduktionsmarketing 71 Regenerationszone 31 Ressourcen 14 Rhön 35f. Rhönschaf 36 Richtlinien 21 Ries 15 Rotbuche 27 Rote Liste 57 Sagarmatha-Nationalpark 60 Schilder 75 Schorfheide-Chorin 13, 79 Schwäbische Alb 13, 15, 50, 52 Seegraswiesen 17 Seevögel 54 Spreewald 34 Sternenpark 36 Sustainable Tourism 61 Tektonik 44 Tentativliste 18 TERRA.genesis 83 TERRA.vita 15, 44, 65, 81 Thüringer Wald 13 Tidebereich 57 Tourismus 26, 43, 62 Tragfähigkeit 70 Turkana-See 58 UNESCO Geopark 14f. UNESCO Global Geopark 14, 41, 55 UNESCO Global Geoparks 41 UNESCO Weltnaturerbe 21 Unterrichtsmaterialien 83 Urpferdchen 22 Ur- und Urbuchenwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas 27 Vermittlungsauftrag 14 Vernetzung 15 Verschmutzung der Meere 17 Vertragsstaaten 27 Vessertal 13 Vögel 78 Vogelflugtage 26, 78 Vulkaneifel 15, 47, 66 Vulkanhaus Strohn 67 Waldgesellschaften 28 Wattenmeer 11, 13, 23, 26, 60, 78 Wattenmeerplan 56 Welterbekomitee 21 Welterbekonvention 9 Weltnaturerbe 59 Weltnaturerbe Alte Buchenwälder 79 Weltnaturerbestätten 55 Wirtschaftsentwicklung 14 Wissensvermittlung 64, 69 97 Register Yellowstone-Nationalpark 60 Zerstörungen 75 Zertifizierung 37 Ziele einer nachhaltigen Entwicklung 16 Zielgruppen 66 Zonierung 70 Zugwasservögel 25 98 Register BUCHTIPP Andreas Kagermeier Tourismus in Wirtschaft, Gesellschaft, Raum und Umwelt Einführung 2., überarbeitete und erweiterte Auflage 2020, 429 Seiten €[D] 31,90 ISBN 978-3-8252-5452-0 eISBN 978-3-8385-5452-5 Tourismus gilt als Leitökonomie des 21. Jahrhunderts. In vielen Ländern ist er zudem ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Das Lehrbuch beleuchtet die touristische Nachfrage und das Angebot aus der raum- und sozialwissenschaftlichen Perspektive. Es berücksichtigt neben dem Deutschlandtourismus auch ausgewählte Formen des internationalen Tourismus. Lernziele zu Beginn der Kapitel helfen beim schnellen Einstieg. Zahlreiche Beispielboxen, Karten und Abbildungen illustrieren den Stoff. Zusammenfassungen und weiterführende Literaturtipps am Kapitelende vertiefen das Verständnis. Diese 2., überarbeitete und erweiterte Auflage richtet sich an Studierende der Geowissenschaften und des Tourismus. Sie ist auch für Quereinsteiger und Praktiker aufschlussreich. UVK Verlag - Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 \ 72070 Tübingen \ Germany Tel. +49 (0)7071 97 97 0 \ Fax +49 (0)7071 97 97 11 \ info@narr.de \ www.narr.de ISBN 978-3-7398-3092-6 Dr. Gabriele M. Knoll lehrt Ökologie und Nachhaltigkeit im Tourismus an der Hochschule Rhein-Waal sowie Tourismusmanagement an der Hochschule Fresenius. Den hohen Wert von Landschaften und ihrer Natur erkennen, schützen und nutzen! Die Schwäbische Alb, das Wattenmeer und der Spreewald! Neben kulturellen Denkmälern wird von der UNESCO auch einzigartige Natur weltweit geschützt, dabei unterscheidet sie zwischen herausragenden Naturlandschaften, Biosphärenreservaten und Geoparks. Im Schutz der Landschaften sowie der zugleich nachhaltigen Nutzung liegt eine große Herausforderung. Diese Auszeichnungen gehen aber stets mit einer touristischen Erschließung einher: Wie lassen sich Landschafts- und Naturschutz auch mit dem Wirtschaftsleben in Einklang bringen? Wie lässt sich der historischen Kulturlandschaft eines Biosphärenreservats eine Zukunft geben? Die Autorin wirft einen Blick in die Praxis und geht auf Beispiele konkret ein. Eine spannende Lektüre für Tourismusstudierende und -praktiker: innen.