eBooks

Gibt es den Elch? - Fins elgen?

2014
978-3-7720-5540-9
A. Francke Verlag 
Walter Baumgartner

Die vorliegende Aufsatzsammlung schildert vor dem Hintergrund einer Kritik der spätidealistischen Lyrikauffassung der philosophischen Ästhetik die Entauratisierung der modernen Lyrik anhand von einzelnen OEuvres sowie von Gedichtinterpetationen und der Gattung Jazz & Poetry. Bei der Zeitspanne von über 50 Jahren, in der die Aufsätze entstanden sind, ergibt sich bei aller Kontinuität im Denken des Autors auch eine kleine Geschichte der wechselnden methodischen Paradigmen des Faches. Außer zu Jan Erik Vold präsentieren die vorliegenden Aufsätze Lektüren der Lyrik moderner Klassiker wie Edith Södergran, Tarjej Vesaas, Inger Christensen und des Liedermachers Cornelis Vreeswijk. Historische Übersichten beleuchten die Entwicklung der Naturlyrik und Bewegungen im Spektrum von spätsymbolistischer Lyrik, konkreter Poesie und politischen Gebrauchsgedichten bis zum Postmodernismus. So stellt das Buch insgesamt eine große Anzahl repräsentativer Lyriker aus Dänemark, Schweden und Norwegen vor. Prof. em. Dr. Walter Baumgartner, Promotion und Habilitation an der Universität Zürich, war zuletzt Inhaber des Lehrstuhls für neuere skandinavische Literaturen an der Ernst Moritz Arndt- Universität Greifswald.

A. FRANCKE VERLAG TÜBINGEN BEITRÄGE ZUR NORDISCHEN PHILOLOGIE 54 Walter Baumgartner Gibt es den Elch? Fins elgen? Aufsätze 1969-2011 zur neueren skandinavischen Lyrik Essays 1969-2011 om nyere skandinavisk lyrikk Gibt es den Elch? - Fins elgen? 057614 Nord. Phil. 54 - Baumgartner_057614 Nord. Phil. 54 - Baumgartner Titelei 26.09.14 13: 48 Seite 1 Beiträge zur Nordischen Philologie Herausgegeben von der Schweizerischen Gesellschaft für Skandinavische Studien Redaktion: Jürg Glauser, Silvia Müller, Klaus Müller-Wille, Hans-Peter Naumann, Barbara Sabel, Thomas Seiler Beirat: Michael Barnes, François-Xavier Dillmann, Stefanie Gropper, Annegret Heitmann, Andreas G. Lombnæs Band 54 · 2014 A. FRANCKE VERLAG TÜBINGEN 057614 Nord. Phil. 54 - Baumgartner_057614 Nord. Phil. 54 - Baumgartner Titelei 26.09.14 13: 48 Seite 2 A. FRANCKE VERLAG TÜBINGEN Walter Baumgartner Gibt es den Elch? Fins elgen? Aufsätze 1969-2011 zur neueren skandinavischen Lyrik Essays 1969-2011 om nyere skandinavisk lyrikk 057614 Nord. Phil. 54 - Baumgartner_057614 Nord. Phil. 54 - Baumgartner Titelei 26.09.14 13: 48 Seite 3 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. Gedruckt mit Unterstützung der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften. © 2014 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Werkdruckpapier. Internet: www.francke.de E-Mail: info@francke.de Druck und Bindung: Printed in Germany ISSN 1661-2086 ISBN 978-3-7720-8540-6 Titelbild: Sidsel Paaske, Umschlag-Rückseite von Jan Erik Vold, kykelipi, Oslo 1969. Mit freundlicher Genehmigung von Carl Størmer. 057614 Nord. Phil. 54 - Baumgartner_057614 Nord. Phil. 54 - Baumgartner Titelei 26.09.14 13: 48 Seite 4 Laupp & Göbel, Nehren Inhaltsverzeichnis Vorwort ................................................................................................................... 7 Gibt es den Elch? (2011) ....................................................................................... 11 I. „C ENTRALLYRIK “? „Centrallyrik“ - ein obskurer Begriff im skandinavischen Diskurs über Lyrik (1991) .................................................................................................. 15 Konzeption des Begriffs „Centrallyrik“ (1993) ...................................................... 31 „Unvergleichlich größeres Genie“ - aber „Missachtung aller Gesetze der Kunst“. Dysfunktionalität des Begriffs „Centrallyrik“ in der Kritik innovativer Lyrik (1993)..................................................................... 41 II. D IE D EZENTRALISIERUNG DER L YRIK Die Dezentralisierung der norwegischen Poesie (1978) ....................................... 55 Brikker til et essay om poesi (zuammen mit Alken Bruns, 1972) ......................... 78 „Her kommer de fordømte blomstene igjen“. Om moderne naturlyrikk (1983).................................................................................................. 92 Jazz & Poetry. Skizze einer bimedialen Gattung. Poetik und Performance-Praxis (1992) ................................................................................. 114 III. J AN E RIK V OLD Strukturer i Jan Erik Volds lyriske produksjon (1969) ......................................... 137 Men poeten - hva sier han? (1970).................................................................... 149 Barberblad, kastanjer, blåswix og kjærlighet - noen nærlesninger i Jan Erik Volds lyrikk (2000) ............................................. 159 Inhaltsverzeichnis 6 Gibt es einen Unterschied zwischen Ja und Nein? Jan Erik Volds Cirkel, Cirkel. Das Buch von Prinz Adrians Reise als transkulturelles Projekt (2006/ 2007) ........................................................... 171 „På med ørene! “ Jan Erik Vold - Jazz & Poetry (1991) ...................................... 197 J&P konspirasjon. Jan Garbarek, Egil Kapstad, Red Mitchell, Nisse Sandström, Chet Baker featuring Jan Erik Vold (2000) ............................ 215 IV. E DITH S ÖDERGRAN , T ARJEI V ESAAS , I NGER C HRISTENSEN , C ORNELIS V REESWIJK , C OLE P ORTER Das Geheimnis des Mondes - oder des Windes? Ein Gedicht von Edith Södergran (1997)............................................................ 233 Trøytt tre. Et dikt - en myte hos Tarjei Vesaas (1970) ...................................... 248 Zur Entstehung eines Gedichts von Tarjei Vesaas (1972) .................................. 257 Nachwort zur deutschen Übersetzung von Tarjei Vesaas’ Leben am Strom (2000)...................................................................................... 273 Zur Bedeutung von Viggo Brøndals Präpositionentheorie für Inger Christensens Det (1975) ........................................................................... 279 Polaren Pär im Nebel und Cornelis Vreeswijk in der intertextuellen Echokammer (2004).................................................................. 287 Cole Porter Goes Baroque. Lek med det seksuelle tabu. Intertekstualitet i „Let’s Do It“ (2001) ................................................................ 307 Quellennachweise............................................................................................... 336 Bildnachweise ..................................................................................................... 338 Die Aufsätze über Lyrik und den Diskurs über Lyrik, die in diesem Band gesammelt sind, entstanden von 1969 bis 2011. Sie wurden für norwegische Literaturzeitschriften beziehungsweise deutsche, englische, schwedische und norwegische skandinavistische Fachzeitschriften geschrieben. Über dreißig Jahre hinweg dokumentieren sie nicht nur meine persönliche Entwicklung sondern auch eine ganze Reihe von Theorien und Methoden, die auszuprobieren spannend war, wenn man, wie ich, in den sechziger Jahren in Zürich studiert hatte. Dort hatten wir geniale Lehrer, aber niemanden, der uns gesagt hätte, dass sie einer gewissen Schule angehörten, und dass ihr Ansatz nicht der einzig mögliche war. Das lernte ich erst 1964-1965 in Uppsala, und dann lösten ja ohnehin in der Literaturwissenschaft die Theorien und Methoden sich in rasanter Folge ab, und ich musste miterleben, wie Emil Staigers Grundbegriffe der Poetik und seine Kunst der Interpretation einer verjüngten Germanistik als Negativfolie für ihre literatursoziologischen, strukturalistischen bis poststrukturalistischen Positionen diente. Die Kunst galt jetzt nicht mehr als autonom, die Beschäftigung mit Literatur sollte nicht mehr rein textimmanent sein. Vieles davon habe ich der Reihe nach mit Eifer vertreten und praktiziert und mich dabei immer um Reflexion und Erläuterung des Vorgehens bemüht und auch meinen politischen Standpunkt deutlich gemacht, das „Erkenntnisinteresse“, wie es mit Gadamer hieß. Heute stelle ich fest, dass, wenn meine Arbeiten von Wert sein sollten, sie dies auch dem close reading verdanken, das ich ja vielleicht eben doch in Zürich gelernt hatte. In meinen ersten Aufsätzen, über Jan Erik Vold und Tarjei Vesaas, operiere ich mit C.G. Jung, rechne mit der Autonomie der Literatur und verwende ganz unkritisch den skandinavischen Begriff Zentrallyrik. Aber nur im Aufsatz über „die Struktur“ von Volds Lyrik (der eigentlich keine Struktur sondern Formen der Textoberfläche beschreibt) habe ich etwas Pathos weggekürzt. Es handelt sich um den ersten monographischen Aufsatz über diesen Klassiker der norwegischen Moderne überhaupt. (Meine allererste größere Veröffentlichung, über Strindberg und Kafka, 1969 - 40 Seiten in einem Jahrbuch, das Nerthus hieß - wurde in Samlaren respektvoll rezensiert, aber es stand dort auch etwas von einem schwerverdaulichen lebensphilosophischen Jargon. Den musste ich mir im Studium angeeignet haben, ohne zu wissen, was Lebensphilosophie ist. Meine allererste Publikation war übrigens ein Aufsatz über die Lyrik von Tarjei Vesaas in der Kunst- und Literaturbeilage der Neuen Zürcher Zeitung 1967, der hier aber nicht wiedergegeben ist.) Die Aufsätze sind in diesem Buch nicht chronologisch sondern thematisch geordnet. Die Zahl für das Entstehungsjahr ist im Inhaltsverzeichnis und am Ende jedes Aufsatzes angegeben, und das Quellenverzeichnis am Ende des Buches ist chronologisch organisiert. Chronologisch gelesen würden die Kapitel dieses Buches vielleicht ein Segment der Geschichte unseres Faches seit den 60er Jahren ergeben. Vorwort Vorwort 8 Da sich das Buch hauptsächlich an Skandinavisten richtet, sind die Aufsätze in der Sprache wiedergegeben, in der sie ursprünglich veröffentlicht sind: deutsch und norwegisch. Mit der einen Ausnahme - „Strukturer i Jan Erik Volds lyriske produksjon“ - sind meine alten und neueren Aufsätze hier mit nur ganz wenigen und geringfügigen redaktionellen Eingriffen dokumentiert. Die Wörter „Strukturen“ und „Produktion“ im Aufsatz über Vold signalisieren vorerst nur eine Richtung: Es geht mir im Folgenden und bis heute tatsächlich immer darum, den Umgang mit Lyrik zu entauratisieren. Dazu war früher oder später die Auseinandersetzung mit dem spätidealistischen ästhetischen Begriff der „Zentrallyrik“, der in Skandinavien grassiert, und dessen Dekonstruktion nötig. Diesem poetikgeschichtlichen Projekt, das von der poetischen Praxis der norwegischen 60er und 70er Jahre mit angeregt wurde, ist die erste Abteilung dieses Buches, mit dem Fragezeichen hinter dem ominösen Begriff, gewidmet. Die zweite Abteilung heißt dann „Die Dezentralisierung der Lyrik“. (Das ganze Buch hätte auch „Die Dezentralisierung des Lyrik“ betitelt sein können.) Hier werden Innovationen in der skandinavischen Lyrik der 60er und 70er Jahre beschrieben, von konkreter Poesie bis zur marxistisch-leninistischen Gebrauchsliteratur, von der Neuen Einfachheit bis zu ökopolitischem und interkulturellem Engagement. In den Abteilungen II und III stehen u. a. Aufsätze zur Geschichte und Analysen der literarisch-musikalischen Mischgattung Jazz & Poetry. Die Anregung zu diesem komparatistischen und interdisziplinären Projekt ging von entsprechenden Experimenten Jan Erik Volds aus, der im Zusammenspiel mit u. a. Jan Garbarek, Chet Baker und Egil Kapstad etwas vom besten weltweit in diesem Genre geleistet hat. Auch hier geht es den Protagonisten (und mir) um eine entauratisierte Rezeption von Lyrik. Abteilung III widmet sich ganz der Lyrik von Jan Erik Vold. Ich habe ihn 1965, im Jahr als er debütieren sollte, in Uppsala kennengelernt und viel über moderne Lyrik von ihm gelernt. Wir teilten eine Stipendiatenwohnung, und er las mir zu allen Tages- und Nachtzeiten die Gedichte vor, die er gerade fertig aus der Schreibmaschine gezogen hatte. Damals konnte ich noch nicht wissen, dass er schon bald der produktivste und bedeutendste norwegische Lyriker seit 1965 sein sollte. Jan Erik Vold hat mich auch für Tarjei Vesaas begeistert, über den ich dann meine Dissertation schrieb und Gedichte von ihm sowie den prosalyrischen Roman Båten om kvelden/ Das Boot am Abend übersetzte. Analysen seiner Lyrik stehen am Anfang der letzten Abteilung dieses Buches, gleich nach der Interpretation eines Gedichts von Edith Södergran (von der Vesaas beeinflusst war). Im Aufsatz über Inger Christensens großen Gedichtzyklus Det steht Vieles, das für mein Lyrik- und Literaturverständnis grundlegend ist und den roten Faden dieses Buches ausmacht. Es hat damit zu tun, dass der Schreibprozess und der lyrische Text rational gestaltet sein können und analysiert werden müssen, auch wenn sich im Akt des Lesens ein „Vorschein“, wie es früher hieß, eines ganz Anderen ergibt. Ich habe erst beim Redigieren dieses Buches gemerkt, dass, was Textauswahl und Analyseresultate betrifft, Vorwort 9 über vierzig Jahre hinweg Parallelen bestehen in meinen Arbeiten zu Vesaas („Trøytt tre“ und „Den ventinga i Ormekrå“), Christensen („Det“), Vold („Fins elgen? “) und Cornelis Vreeswijk („Polaren Pär går i dimman“), aber auch bei weniger ausführlich behandelten Gedichten von Georg Johannesen, Ivan Malinovski, Tomas Tranströmer, Göran Sonnevi und Einar Økland. Es geht um das Numinose und das Prinzip Hoffnung, über das ich im Einverständns mit diesen Autoren oder in der Konstruktion der Textintentionalität anders als raunend sprechen möchte. (Als ich meinen Vortrag über Edith Södergrans „Månens hemlighet“ einmal in Wien hielt, warf man mir vor, mit Kanonen auf das fragile, kurze, einem Schmetterling ähnliche Textgebilde zu schießen. Andere Einwände, anderswo, liefen darauf hinaus, dass man nicht mit kalten Instrumenten Poesie sezieren dürfe. Ein gutes Gedicht ist ein Wunder, das ist auch meine Meinung. Aber, um ein Bild zu wagen: Auch ein Arzt, der das Leben für ein Wunder hält, wird, wenn es darum geht, es zu retten, nicht in stammelnder Ehrfurcht erstarren sondern zu seinen kalten Instrumenten und zur Ratio der Medizin greifen …) Als Schluss-Stück dieses Buches steht dann der heitere motivgeschichtliche Aufsatz über Cole Porters berühmten Song „Let’s Do It“, seine Ursprünge bei den „Liebesketten“ der römischen Antike und in der Hochzeitsdichtung des 17. Jahrhunderts sowie seine Folgen in der neueren englischen, skandinavischen und deutschen Literatur - und im Jazz. Und auf diese Weise schmuggle ich noch etwas von meiner Barockforschung in dieses Buch und damit Poesie, die die ominöse „Zentrallyrik“ historisch auch von der vorausgegangenen tausendjährigen Tradition her obsolet macht. Walter Baumgartner Greifswald, Sommer 2014 N.B. Ich danke der Schweizerischen Gesellschaft für skandinavische Studien für die Aufnahme dieses Buches in ihre Reihe. Großer Dank gebührt Berit Bretschneider und Anna Katharina Richter für die Einrichtung des Manuskripts. Hartmut Mittelstaedt und Helge Vold haben Korrektur gelesen. Carl Størmer danke ich für die freundliche Erlaubnis, die Grafiken von Sidsel Paaske verwenden zu dürfen. Während der Arbeit mit diesem Buch ist mir bewusst geworden, wieviel ich Hans Joakim Schultz, Sune Johansson, Einar Eggen, Halldis Moren Vesaas und Jan Erik Vold zu verdanken habe. Otto Oberholzer und Oskar Bandle haben mich sehr gefördert. Rudolf Hotzenköcherle hat mich in die Theorien Ferdinand de Saussures eingeführt und Stefan Sonderegger hat mir das Stipendium nach Uppsala verschafft, wo ich - sorry - seiner Fachrichtung untreu wurde und auf moderne skandinavische Literatur umstieg. Zu diesem Buch gibt es elektronisches Zusatzmaterial - ein Beispiel für Jazz & Poetry -, das auf der website des Verlags eingesehen werden kann: http: / / www. narr-shop.de/ index.php/ 9783772085406 Sikten avtar. Skodde i rå snø. Sus men ingen lyder. Er elgen der? Eller har den passert? Eller har den aldri vært? Vi ser ingen spor. Men er dét noe bevis? Die Sicht nimmt ab. Nebel im nassen Schnee. Ein Sausen aber keine Laute. Ist der Elch in der Nähe? Ist er vorbei gegangen? Oder hat es ihn gar nie gegeben? Wir sehen keine Spuren. Aber was beweist das? Jan Erik Vold er ingen jeger. En elgjeger vet når elgen er der. Han ser den skarpt i kikkerten og så skyter han den. Elgen er hans bytte. Jan Erik Vold er en skiløper. Veien er målet. Skiløperen lar tankene sveive, pusle og tumle mens han går og går (f. eks i Nordmarka, fra Mylla til Oslo). Mekanisk etter hvert, svett og litt mør i kroppen, på en både kroppslig og åndelig måte „selbstvergessen“ glir han avgårde - jeg snakker om et dikt som står i en bok med tittelen Tolv meditasjoner. Iblant ser han spor etter dyr. Men tankene kan ta form uten å ta utgangspunkt i synlige og ytre spor. Kommer det skodde, blir alt forandret. Det føles litt mystisk i begynnelsen, spennende. Det kribler i maven. Men fortsetter sikten å avta, og begynner den våte snøen å kladde under de tunge skiene, da blir man redd. Okay, man bare fortsetter å gå; ennå kan man se løypa (hvis det er i Nordmarka, da). Men hva fins det ved siden av løypa? Og foran, der den forsvinner i skodden? Tankene sveiver. Fantasien leker. Noe ulmer. Skiløperen leker med tanken på det HELT ANDRE. Det demoniske: TRUSSE- LEN, FIENDEN. Det fantastiske og utopiske: LYKKEN. Noe uten spor, dessuten „sus men ingen lyder“ - det er det numinøse, muligheten av en GUDS tilstedeværelse, nå eller for lenge siden. Skiløperen er norsk, alt dette stiger opp i bevisstheten hans som et bilde, som ELGEN. „Elgen“ står grammatikalsk i bestemt form, på tysk: der Elch. Det er ikke en eller annen bestemt og tilfeldig virkelig elg, en av dem jegeren pleier å ha i kikkerten. Den hadde da satt dype spor i den våte snøen. Eller er sporet visket ut av tåka? Mest sannsynlig er det at denne „Elgen“ her bare dukket opp i tankene, den fins bare som et spørsmål. Elgen går gjennom skiløperens liv og landskap uten andre spor enn et tankeavtrykk, som et svimlende eller kilende fantasma, den blir stående som et urolig og/ eller lykkelig glimt, en insisterende men ikke helt utformet idé. Den usynlige, ikke helt tilstedeværende elgen er en poetisk realitet. Gibt es den Elch? Gibt es den Elch? 12 Den ble til under en skitur eller i en drøm om en skitur, og den ble stående foran oss som et dikt. „Elgen“ er dikterens og hans leseres utbytte. Jan Erik Vold er ingen jeger, han er en lyriker. 1 1 Diktet er fra Jan Erik Vold, Tolv meditasjoner, Oslo 2002. Jan Erik Vold, Zwölf Meditationen. Aus dem Norwegischen von Walter Baumgartner, Frauenfeld 2008. Jan Erik Vold har skrevet en hel diktsamling med tittelen Elg, Oslo 1989. I. „Centrallyrik“? Über allen Gipfeln Ist Ruh, In allen Wipfeln Spürest du Kaum einen Hauch; Die Vögelein schweigen im Walde. Warte nur, balde Ruhest Du auch. (J. W. Goethe, 1780) Alle Skandinavisten wissen, was „Centrallyrik“ ist, und sie gebrauchen diesen Begriff mit größter Selbstverständlichkeit. Wenn man sie fragt, was er eigentlich meint, stößt man auf eine gewisse Verlegenheit, bevor man dann Antworten erhält, die an Emil Staigers begriffstheoretische Vorüberlegungen zur Idee „des Lyrischen“ erinnern. Staiger schreibt: Ich habe […] vom Lyrischen […] eine Idee. Diese Idee ist mir irgendeinmal an einem Beispiel aufgegangen. Das Beispiel wird vermutlich eine bestimmte Dichtung gewesen sein. Aber nicht einmal dies ist nötig […] Doch eine Idee von ‚lyrisch‘, die ich einmal gefaßt habe, ist so unverrückbar wie die Idee eines Dreiecks oder wie die Idee von ‚rot‘, objektiv, meinem Belieben entrückt. 2 Ganz ähnlich beruft sich 1843 Johan Ludvig Heiberg bereits auf unser aller Evidenz, obwohl der Inhalt seiner Vorstellung des Lyrischen - er deckt sich vage mit dem, was Staiger in ihm sieht und wir alle wohl auch in „Centrallyrik“ legen - damals erst etwa fünfzig Jahre alt sein konnte: „Jeder, den man nach dem Unterschied zwischen dem Lyrischen und dem Dramatischen fragt, wird ohne Zweifel antworten, daß im Lyrischen der Dichter selbst oder seine Individualität sich mitteilt.“ 3 Dennoch, wenn man erst einmal stutzt und genauer wissen will, wo Begriff und Vorstellung herkommen und wie sie verwendet werden, merkt man rasch, dass sie historisch und sachlich höchst unterschiedliche Phänomene anpeilen und durchaus einem Bedeutungswandel unterworfen sind. Åke Ohlmarks nennt den altisländischen Skalden Egill Skallagrímsson „einen genialen Centrallyriker“; Sappho, Villon, Lasse Lucidor werden Centrallyriker genannt; Ragnar Strömberg rühmt Torbjörn Nilsson als „einen der drei großen Centrallyriker im schwedischen Fußball“; Per Simonson schreibt von Leonard Cohen, er befinde sich „im Schnittpunkt zwischen Judentum und europäischer Centrallyrik“. Und bereits 1903 muss der Begriff so bekannt gewesen sein, dass er in einer Zeitungs-Causerie metaphorisch für einen Singvogel verwendet werden konnte: „die Turmschwalbe, eine Verwandte des Fliegenschnäppers, die in Schwarz und Weiß gekleidete Centrallyrikerin“! Wenn diese Belege verwirrend wirken sollten, glaubt man sich auf sichererem Grund, wenn man bei Torben Broström liest, Lars Gustafssons Gedichtsammlung Artesianska brunnar bedeute eine Rückkehr zur „Centrallyrik“. Oder - ebenfalls Broström: „Stein Mehren […] schreibt eine modernistische Centrallyrik.“ Arild Linneberg postuliert in einer Anthologie norwegischer Lyrik der 80er Jahre, es sei eine Wende zu einer neuen - nicht Centrallyrik - sondern „zentralen Lyrik“ festzustellen. 2 Grundbegriff der Poetik [1. Aufl. 1946], 2. Aufl. Zürich 1963, S. 9. 3 Lyrisk Poesie [1843], in: Prosaiske Skrifter Bd. IV. Köbenhavn 1861, S. 462. „Centrallyrik“ - ein obskurer Begriff im skandinavischen Diskurs über Lyrik Das Problem I. „Centrallyrik“? 16 Bei Broström und Linneberg schimmert das Bewusstsein durch, dass die Vorstellung von „Centrallyrik“ ebenso wie ihr entsprechende Texte historisch spezifische Phänomene sind. Neuerdings wird der Begriff oft in Anführungsstriche gesetzt oder mit Attributen versehen wie: „die sogenannte Centrallyrik“; „das, was man früher Centrallyrik nannte“, etc. Darin drückt sich ein gewisses Unbehagen bei der Verwendung, eine gewisse methodische oder historische Distanz aus: „nicht (…) Centrallyrik in der odiösen Bedeutung des Wortes“ (Linneberg). Der Begriff selbst jedoch wird nirgends historisiert, nicht theoriegeschichtlich oder systematisch hinterfragt. Was meint eigentlich das Element „zentral“ in dem Kompositum? Einen privilegierten Ort in einem Gattungssystem? Oder einen relevanten Inhalt? Und dann: bei welchen Prämissen? Einen erkenntnistheoretisch privilegierten Standort bzw. Schreibprozess? In jedem Fall müsste die Relevanz solcher normativer Setzungen im Hinblick auf ihre literaturwissenschaftlichen, gattungsgeschichtlichen und philosophischen Kontexte und Begründungszusammenhänge explizit gemacht, problematisiert werden. Der Begriff wird aber offensichtlich nicht terminologisch, sondern emphatisch gebraucht, umgangssprachlich, aber mit apodiktischem Evidenz-Gestus. Sucht man seine Implikate in den Kontexten, in denen er auftaucht, stößt man sogleich auf Widersprüche, Unklarheiten, Vagheiten. Dies halte ich für fatal, weil Wortbildungen mit „zentral-“ zumindest suggestiv, im schlimmsten Fall autoritär normativ und - wenn sie ohne klare Begründung bleiben - eigentlich demagogisch funktionieren! Dies könnte letztlich einer der Gründe sein für die häufige Verwendung des Begriffs. Denn eine präzise Beschreibungsfunktion erfüllt er, wie die angeführten Beispiele zeigen, kaum. Jeder kann hineinlegen, was er will: Stein Mehren schreibe „Centrallyrik in des Wortes eigentlicher Bedeutung (…). Die Gedichte gewinnen Relief gegenüber dem Schweigen, das nur der Tod uns lehrt zu respektieren und das uns daran erinnert, dass nicht alles, worüber man schreibt, gleich wichtig ist“, orakelt Per Thomas Andersen. Zentraler geht es offensichtlich nicht mehr … Kritischer, aber nicht minder kryptisch kann es etwa bei Erik Skyum-Nielsen heißen, es gelte in der Lyrik der 80er Jahre die Poesie von innen heraus zu problematisieren: „indem man die Centrallyrik austreibt, wo sie sich selbst aufhebt oder gar den Begriff des Dichtens in Frage stellt.“ In dieser Situation greift man zu Lexika, um eine gesicherte Definition einzuholen. Doch dabei muß man feststellen, dass die Lexikonartikel auch nur Ad-Hoc- Formulierungen eines intuitiven Vorverständnisses sind. Einzig Svenska Akademiens Ordbok und Aarnes geben Belege, die deutlich machen, dass der Begriff einen historischen dichtungstheoretischen Ursprung hat, dass er einmal, in einem spe- Professor Lorenz Dietrichson „Centrallyrik“ - ein obskurer Begriff 17 zifischen Kontext geprägt, begründet und propagiert worden ist. Dieser Ursprung weist auf die 1860er Jahre zurück. Svenska Akademiens Ordbok gibt Lorentz Dietrichsons Det skönas verld (1870) an. Asbjörn Aarnes zitiert in seinem norwegischen Literaturlexikon eine Definition von Markus Jakob Monrad, allerdings ohne die Fundstelle anzugeben. (Es handelt sich um eine Stelle aus Litteraturen og dens Dele, 1876.) In literatur- und gattungstheoretischen Monographien, Einführungen in die Literaturwissenschaft, etc. wird der Begriff selten genannt und wenn, dann nicht diskutiert. Eine Ausnahme ist Peter Hallbergs Litteraturteori og stilistik, 1970, wo konstatiert wird, dass Hans Ruins und Emil Staigers Vorstellung des Lyrischen als eines „sammelnden Jetzt“ [= Vischers „punktuelles Zünden der Welt im lyrischen Subjekt“? oder Hans Larssons „Henide“? ; W.B.] offensichtlich die Art Lyrik einkreise, „die meistens Centrallyrik genannt wird.“ 4 Es ist schon schwierig, die frühen Belege zu sammeln. Ich bin zum Beispiel unsicher, ob Dietrichson 1860 5 die erste Prägung des Begriffs und die entscheidende Initialzündung für die Kettenreaktion, die sie auslöste, gegeben hat. Denn bereits Dietrichson, wie Monrad und später Wrangel und andere führen den Begriff als selbstverständlichen ein, ohne Lokalisierungen vom Typus: „Ich nenne dies und dies Phänomen fortan so“ oder: „Im Anschluss an X. Y. spreche ich von Z.“ Das hängt mit der Textsorte oder literaturwissenschaftlich-philosophischen Gattung „Ästhetik“ zusammen, die um die Mitte des letzten Jahrhunderts - in direkter Abhängigkeit von der deutschen Ästhetik - auch in Skandinavien florierte, um nicht zu sagen grassierte. 6 In zahlreichen Kompilationen, kritischen oder unkritischen Übernahmen und Modifikationen wurden „ästhetische Systeme entwickelt“. In ihnen gehen idealistisch- 4 S. 14. Mit kluger Vorsicht führt Åsfrid Svensen, Tekstens mønstre, Oslo 1985, S. 405, den Begriff ein. Vgl. Beleg-Auswahl, Nr. 21. Ebenso, aber historisch nicht ganz korrekt, Per Buvik/ Geir Mork, Jeg fant, jeg fant! Lærebok i litteratur, Oslo 1988, S. 123. 5 Dietrichson verwendet den Begriff bereits in seiner Indledning i Studiet af Danmarks Literatur, Uppsala 1860. Also zehn Jahre früher als SAOB angibt! 6 Vgl. etwa Christer Westling, Idealismens estetik. Nordisk litteraturkritikk vid 1800-talets mitt mot bakgrund av den tyska filosofin från Kant till Hegel, Stockholm 1985. Lorenz Dietrichson Markus Jakob Monrad Entstehung des Begriffs I. „Centrallyrik“? 18 spekulative Setzungen von Kant und Hegel unheilige Allianzen ein mit vorphilosophischen Exempelklassifizierungen und rhetorischer Regelpoetik. Ihre Plausibilität beziehen sie vor allem aus der Stimmigkeit und Eleganz des „Systems“ und aus der Dignität des metaphysischen und geschichtsphilosophischen Überbaus, nicht aber aus dem Rekurs auf empirisches Textmaterial und Literaturgeschichte. Man könnte glauben, dass der Begriff auf die Romantik, auf Atterbom z. B., zurückginge. Meine bisherigen Recherchen haben jedoch ergeben, dass die Romantiker weder in Deutschland noch in Skandinavien den Begriff, bzw. ein System, in dem er einen Platz hätte, kannten. Allerdings - Lyrik als eigentlicher Gattung wurde erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts ein gleichwertiger Rang neben Epik und Dramatik zuerkannt. Von einer lediglich formal definierten Gattung in - wegen ihres kleinen Formats und bloß gefühlvollen Inhalts - missachteter Randposition rückte sie in den literaturtheoretischen Äußerungen in England und Deutschland gegen 1800 schließlich sogar in eine Vorzugsposition - nun gerade wegen ihrer Gefühlsqualitäten. Ein Paradigmawechsel von intellektualistischem Dichtungsverständnis und Mimesis-Poetik (Nachahmung der Natur einerseits und großer Vorbilder andererseits) hin zur Ausdrucksästhetik hatte stattgefunden. Das lyrische Gedicht, so M.H. Abrams in Spiegel und Lampe, 7 wurde unversehens zur poetischen Norm, d. h. zum Lebensnerv, zum Zentrum, wenn man so will, der ganzen Schönliteratur. Dies jedoch noch nicht im Sinne einer Gattungssystematik und -hierarchie. In einer solchen stand bekanntlich bei den Romantikern der Roman (manchmal auch das Drama) an höchster Stelle, weil er an allen Teilsystemen, Gattungen teilhat, also grenzüberschreitend ist. Das lyrische Gedicht aber galt jetzt als reinster Ausdruck einer ästhetisch-psychologischen Qualität, die alle Poesie, auch die epische und die dramatische, besitzen muss, um sich als solche zu qualifizieren. Es ist der oft beschworene „Ton“, die musikalische Eigenschaft, die im lyrischen Gedicht am reinsten, quasi als literarische Essenz zutage tritt. Bei Abrams ist nachzulesen, welche Rolle die Musik in der Literaturtheorie der Zeit spielte. Und weiter - alles in erfrischender Vogelperspektive: wie die Tatsache, dass die meisten lyrischen Gedichte in der ersten Person gehalten sind, schon früh dazu führte oder verführte, als Referenz des Textes die Person des Autors selbst anzunehmen. 8 Man vergleiche das Heiberg-Zitat oben! Der Befund Abrams betreffend des Paradigmawechsels, der die Romantik hervorbrachte, lautet für die Lyrik: Emotionalisierung und Aufwertung der Gattung. In meinen Belegen zur Vorgeschichte des Begriffs „Centrallyrik“ sind die Charakteristika Abrams leicht wiederzuerkennen. Bei Per Daniel Amadeus Atterbom etwa sehen wir die Emotionalisierung, die Nähe zur Musik, das lyrische Gedicht als poeti- 7 Spiegel und Lampe. Romantische Theorie und die Tradition der Kritik, München 1978. Vgl. auch Peter Szondi, Poetik und Geschichtsphilosophie II. Von der normativen zur spekulativen Gattungspoetik, hg. v. Wolfgang Fietkau, Frankfurt a. M. 1974. 8 Vgl. dazu etwa Bernhard Asmuth, „Das gedankliche Gedicht“, in: Gerhard Knöpf (Hg.), Neun Kapitel über Lyrik, Paderborn 1984, S. 17. „Centrallyrik“ - ein obskurer Begriff 19 sche Norm und als subjektiven Ausdruck - unvermittelt angeblich durch Konventionen und mediale Zwänge (vgl. Beleg-Auswahl im Anhang, Nr. 7). Bezeichnend ist es nun, dass die romantischen Dichter in ihren poetologischen Äußerungen diese Charakteristika noch nicht einem strengen System unterwerfen, wenn sie von der Kunst-Philosophie zur Poetik der konkreten einzelnen Gattungen kommen. Der Anspruch, bis in die kleinste Untergattung hinein alles stimmig aus einer übergeordneten historischen Teleologie und einer Subjekt-Objekt-Dialektik heraus zu entwickeln und zu erklären, wird erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts sichtbar, bei Ljunggren, Dietrichson, Monrad und später bei Wilkens und Wrangel. Ein Vorläufer ist allenfalls Johan Ludvig Heiberg. In Almut Todorows Monographie über den Begriff der „Gedankenlyrik“ in der deutschen Ästhetik und Literaturkritik 9 ist nachzulesen, dass genau dies auch typisch ist für die deutsche Ästhetik-Massenproduktion ab 1850. Todorows Arbeit ist überhaupt sehr aufschlussreich in unserem Zusammenhang. Sie zeigt, dass der neue Begriff für das „gedankliche Gedicht“ (Asmuth) teils zur Abwehr, teils zur Vereinnahmung eines Typus von Lyrik diente, der nicht zur Idee des Lyrischen passte. Der deutsche Begriff wird 1856 bereits von Ljunggren ins Schwedische übernommen (vgl. Beleg-Auswahl, Nr. 12). Und Dietrichsons erste literaturgeschichtliche Arbeit, 1860, ist dem Lehrgedicht in der nordischen Literatur gewidmet. Sie zeigt, dass einer der wichtigsten Propagandisten des Begriffs „Centrallyrik“ die Gedankenlyrik (und damit praktisch die ganze Literatur vor 1800! ) aus dem System der Schönen Literatur überhaupt ausschließen wollte: Dietrichson warnt vor „der Gefahr, die jede Zeit, die auf unsicherem ästhetischem Grund steht, läuft, wenn sie die Didaktik für wirkliche Poesie hält“ 10 - ein Satz von unfreiwilliger Ironie. Er passt zu Todorows Feststellung, die Ästhetiken von Vischer, Carriere und Gottschall seien zunehmend empiriefremde, spätidealistisch-spekulative Konstruktionen geworden, sozusagen päpstlicher als der Papst, was hier heißt, hegelianischer als Hegel. Neben der schon von Abrams lakonisch als typisch deutsch apostrophierten Neigung, alles aus der Subjekt-Objekt-Relation erklären zu wollen, tritt laut Todorow in der Ästhetik der Jahrhundertmitte das zwanghafte Denken in Triaden. 11 Die drei Hauptgattungen müssen jeweils drei Untergattungen aufweisen - und zwar, wie man dem Vischer- Zitat (Beleg-Auswahl, Nr. 10) entnehmen kann - angeblich „naturgemäß“. Und diese müssen jeweils ein „innerstes Wesen“ haben. Der Begriff Gedankenlyrik ist um diese Zeit entstanden und gehört auf die eine Seite einer Triade, deren Mitte eine Idee des Lyrischen ausmacht, die genau dem entspricht, was die Skandinavier „Centrallyrik“ nennen. Ein entsprechendes Wort „Centrallyrik“ haben die deutschen Ästhetiker jedoch nie vorgeschlagen. Der Sache nach ist das Phänomen indes beschrieben von Vischer wie von Carriere: in Formulierungen, die bei schwedischen und norwegischen Ästhetikern und - etwas selbständiger entwickelt bei Monrad - in Definitionen von „Centrallyrik“ immer wieder auftauchen. 9 Gedankenlyrik. Die Entstehung eines Gattungsbegriffs im 19. Jahrhundert, Stuttgart 1980. 10 Læredigtet i Nordens poetiske Literatur, Stockholm/ Christiania/ Köbenhavn 1860, S. 5. 11 Vgl. auch Klaus Scherpe, Gattungspoetik im 18. Jahrhundert, Stuttgart 1976, S. 57ff. I. „Centrallyrik“? 20 Meine vorläufigen Befunde zur Entstehung des Begriffs führen mich zu folgender Annahme: Der Begriff der „Centrallyrik“ ist in der Mitte des 19. Jahrhunderts, ein paar Jahrzehnte nach Abschluss der Romantik, aus dem Nährboden der Romantik, aber nicht aus ihrem Geist entstanden. Er war eigentlich schon damals - gemessen an der aktuellen literarischen Praxis - anachronistisch und scheint deshalb eine konservative Funktion gehabt zu haben. Bei der direkten Übernahme der triadischen Einteilung der Lyrik, inklusive der Bezeichnung für einen Pol, die Gedankenlyrik (tankelyrik), ist in Skandinavien für das, was Vischer „die wahre lyrische Mitte“ nennt, der Neologismus „Centrallyrik“ geprägt worden. Oft tritt er zusammen mit Varianten wie „echtlyrisch“ (äktlyrisk), „Kernlyrik“ (kärnlyrik) auf, die tautologisch anstatt einer Erklärung hinzugefügt sind. Der Begriff Kernlyrik verweist sehr schön auf das erkenntnistheoretische „Terrain“ des Poetischen Realismus und dessen von Ulf Eisele nachgewiesenes, einem empirischen Realismus entgegenwirkendes, essentialistisches Axiom: „Das ‚Gold der Ideen‘, ‚das Poetische, das Ideale in der Wirklichkeit‘ muss aufgespürt und aus seiner ‚gemeinen‘ Hülle befreit werden.“ 12 Der neue Begriff hat sich in Skandinavien rasch durchgesetzt und ist bis heute in Gebrauch. Im Laufe der Zeit hat der Begriff „Centrallyrik“ seinen spezifisch historischen Begründungszusammenhang hinter sich gelassen und ist, wo er überhaupt definiert wurde, mit wechselnden Inhalten gefüllt worden. Der von Anfang an empiriefremde Begriff ist im Takt mit veränderten philosophischen und ideologischen Prämissen neuerer Ästhetiken gedehnt und modifiziert worden. Als stereotypes Paradebeispiel hat sich - offenbar in der Nachfolge von Hans Larsson und Algot Werin - Goethes „Über allen Gipfeln ist Ruh“ als Definitionselement durchgesetzt (vgl. z. B. Svensk litteraturlexikon). Dieses Gedicht wie der Begriff sind adaptierfähig genug. Konstant ist allerdings die irrationalistische Festlegung von „eigentlicher“ Lyrik, vom Zentrum und Lebensnerv der Gattung, auf das Subjektive und Emotionale geblieben, oder - etwas positiver ausgedrückt - seine Fixierung auf einen der von Goethe gepflegten Gedichttypen. Schon Heiberg hatte konstatiert, daß Goethe das „eigentliche“ und „romantische“ Gedicht antizipiert habe! Und der schwedische Ästhetiker Ewert Wrangel meinte 1912 noch: „Jeder echte Dichter ist trotz allem zu einem gewissen Grad Romantiker.“ 13 „Über allen Gipfeln“ ist denn auch bei Staiger und, erstaunlicher, bei Adorno Prototyp und Norm des lyrischen Gedichts. 14 Zum Zeitpunkt, wo Larsson und Werin Goethes Gedicht als zentrallyrisch bezeichnen, scheint der Begründungszusammenhang von 1860 durch Auffassungen Diltheys ersetzt worden 12 Realismus und Ideologie. Zur Kritik im 18. Jahrhundert, Stuttgart 1976, S. 57ff. 13 Ewert Wrangel, Dikten och diktaren, Lund 1912, S. 55f. 14 Vgl. Staiger op. cit., S. 13f.; Theodor W. Adorno, „Rede über Lyrik und Gesellschaft“, in: Noten zur Literatur I, Frankfurt 1958, S. 80. Vgl. weiter Hans Lund, „Über allen Gipfeln“, in: Edda H. 4 (1971), S. 229-238. Aspekte „Centrallyrik“ - ein obskurer Begriff 21 zu sein. „Centrallyrik“ wäre jetzt übersetzbar mit dem eben erst lancierten Begriff „Erlebnislyrik“. In anderer Verwendung zu verschiedenen Zeitpunkten kann der Begriff lebensphilosophisch, psychologisch, ethisch, religiös-mystisch (Ruin), formal oder thematisch begründet sein - meist aber ist er dies bloß implizit. „Zentral“ kann meinen: das lyrische Ich, die Phantasie, das Herz, das Gefühl, die Intuition, das Unterbewusste jeweils als privilegiertes Erkenntniszentrum. Oder aber: Gewisse Themen, Inhalte, Motive gelten als zentral und konstituieren „Centrallyrik“. Es sind Sujets wie „Liebe, Tod und das Meer“, so die Parole nach dem Ende der sozialkritischen Periode der 1970er Jahre in Hans-Jörgen Nielsens ironischer (? ) Formulierung. Oft scheint mit „zentral-“ auch das rein bildliche Denken gemeint zu sein, wohl im Sinne eines Zentrums der Literarizität im Gegensatz zur begrifflichen Sprache anderer Textsorten. Seit Heiberg trieben alle Ästhetiker großen argumentativen und dialektischen Aufwand, um das Subjektive als Konstituens von „Centrallyrik“ vor der Gefahr bloßer Privatheit zu retten. In Johan Sebastian Welhavens, gerade auch in neuester Zeit häufig analysiertem Gedicht „Digtets Aand“ (Der Geist des Gedichts, 1844), 15 erhebt der Autor den Anspruch, via subjektive Gemütsevozierung und Versenkung ins Subjektive gar ein noch nicht mitteilbares Allgemeines und Wahres mitteilen zu können - „det Uudsigelige“ (das Unsagbare)! Und Heiberg schreibt 1843, die Lyrik müsse das partikulare Subjektive in der Totalität aufheben, im „innersten Zentrum (…), der Sphäre des Heiligen und des Spekulativen (…), wo der Mensch mit seiner Totalität sein kann.“ An die Peripherie gehört für ihn „das Weltliche und das Empirische“! 16 In der neueren schwedischen Literaturkritik ist der Begriff „Centrallyrik“ indes derart ausgehöhlt, dass er eigentlich keine Daseinsberechtigung mehr hat. Eva Ström schreibt in Sydsvenska Dagbladet über Joen Gustafsson: „Seine Gedichte [Så sover landet, 1989] sind etwas so Ungewöhnliches wie das, was man früher Centrallyrik genannt hat. Sie enthalten das Wort Ich.“ In Nina Burtons Monographie über die neueste schwedische Lyrik 17 ist von einer neu zum Leben erwachten Centrallyrik in den 1980er Jahren die Rede. Burtons Ausführungen zu den 70er Jahren machen jedoch deutlich, dass sich das „Ich-Gedicht“ ausdifferenziert hat in Rollengedichte, (feministische) Bekenntnisgedichte und ökologische Lyrik, in der das Ich ein Walplatz mentaler und physischer Prozesse sei, „bei denen die Vernichtung eine der Hauptrollen spielt“ (S. 192). Das lyrische Ich wäre spätestens jetzt kein Garant der Sammlung, Wahrheit und Mitte mehr! Der Wandel des Begriffs (und seine Aushöhlung) kann in mühsamen Recherchen und Rekonstruktionen aus der Literaturkritik und den Ästhetiken des letzten 15 In unserem Zusammenhang ist hauptsächlich relevant Bjarne Markussen, „Diktets ironi. En retorisk kommentar til ‚Digtets Aand‘“, in: Edda H. 1 (1990), S. 48-51. 16 Op. cit., S. 470f. 17 Den hundrade poeten. Tendenser i fem decenniers poesi, FIB’s Lyrikklubbs årbok 1988. I. „Centrallyrik“? 22 Jahrhunderts über diejenigen von Hans Larsson, Yrjö Hirn, Olle Holmberg, Alf Nyman, Hans Ruin u. a. abgelesen werden. Schließlich noch ganz kurz einige Andeutungen zu den vorläufig sich abzeichnenden Hypothesen zur Funktion des Begriffs im Diskurs über Lyrik, zu seiner literaturpolitischen, strategischen Verwendung. Es ist bereits angeklungen, dass der Begriff wohl einem ästhetisch wie ideologisch konservativen Denken entsprungen ist. Todorow stellt für die deutschen Ästhetiker fest, dass sie den Begriff „Gedankenlyrik“ als Kontrastbegriff zu dem, was der „lyrischen Mitte“ Vischers und damit unserer „Centrallyrik“ zugerechnet werden kann, lanciert haben, um eine ihnen suspekte intellektuelle, kritisch-rationale Spielart von Lyrik (hauptsächlich diejenige Schillers) als gerade noch lyrische Gattung für die Ästhetik zu retten. Gleichzeitig sollte sie dadurch irrationalistisch immunisiert (Roland Barthes) werden, bzw. doch wieder auf das Gefühl verpflichtet und auf den Boden der autonomen Kunst zurückgeholt werden. Literatur, mit der Lyrik im Zentrum, soll letzte Nische des Idealismus sein, Kompensation für den „Verlust der Mitte“ (Hans Sedlmayr) oder die Leere der Transzendenz (Hugo Friedrich), Bollwerk gegen die triviale schlechte und rechte Wirklichkeit und das fragmentarisierte Weltbild der Moderne mit ihrem aufgelösten Subjektbegriff. De facto ist so das Festhalten an der Norm einer Centrallyrik eine Verleugnungsstrategie angesichts der Herausforderungen der Moderne, denen die lyrische Praxis selbst schon lange offensiv und innovatorisch begegnet ist. Gegenüber der Gedankenlyrik oder gar der prosaischen Prosa soll „Centrallyrik“ kraft ihrer Subjektivität auch in Skandinavien definitionsgemäß - besser: laut einem emphatischen Postulat - noch immer mit Vischer „Welt-Einheit, Brennpunkt der Welt“ darstellen. Diese Konstruktion verpflichtet alle Lyrik, die echt sein will, auf Subjektivismus, Emotionalismus, Irrationalismus (Ruin: Poesiens mystik, 1935! ) und Harmonie. Die Definitionselemente Innerlichkeit, Gemüt, Stimmung verbinden die Vorstellung von „Centrallyrik“ mit dem wirkungsmächtigen (ursprünglich progressiven, später defensiven) Kollektivsymbol „Herz“. Hier liegt sicher ein Grund für die Durchschlagskraft und Wirkungsdauer dieser ästhetisch-poetologischen Konzeption. „Die Poesie, wenn sie lyrisch ist, entspringt der Tiefe des Menschenherzen“ (zit. nach Westling, op. cit. S. 20). Die Konzeption erscheint, wenn sie in den Rahmen der Ergebnisse des norwegischen Kritik-Geschichte-Projekts (Beyer/ Moi, Linneberg u. a.) gestellt wird, geradezu als Schaltstelle und Popularisierungsmittel der Autonomsetzung der Literatur mit ihren „Versöhnungsparadigmen“ (Peter Bürger/ Linneberg). Diese vollzog sich in Norwegen sehr spät 18 und wurde 1870 von Georg Brandes, mit durchschlagendem Erfolg bei den literarischen Praktikern, angefochten, während sich gleichzeitig 18 Vgl. Edvard Beyer/ Morten Moi, Norsk litteraturkritikks historie 1770-1940, Bd. I (1770-1884), Oslo 1990. Funktion des Begriffs „Centrallyrik“ - ein obskurer Begriff 23 Leute wie Dietrichson und Monrad bemühten, sie - erst und auf Dauer mit Erfolg, zumindest was die Rezeptionshaltung des Publikums und vieler Kritiker betrifft, - durchzusetzen. Tatsächlich weiß man aus der biographischen Literatur zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, u. a. aus Dietrichsons vierbändiger Selbstbiographie, dass diese beiden einflussreichen Ästhetik-Professoren in Widerspruch gerieten zur Evolution der Literatur, zu Realisten und Naturalisten wie Ibsen, Strindberg, Hans Jæger, Arne Garborg und Amalie Skram. Und dass sie politisch konservativ und literarisch antirealistisch dachten und agierten. Kristian Elster, der dem Naturalismus gegenüber positiv eingestellt war, bescheinigt 1924 Monrad in seiner Literaturgeschichte einen „erstickenden Einfluss“ auf die literarische Diskussion zwischen 1850 und 1900. Und Arild Linneberg, in einem Aufsatz zur Geschichte der norwegischen Literaturkritik, spricht von Monrads „symbolischer Machtausübung (Bourdieu)“. 19 Es lässt sich belegen, dass die Ästhetiker, die mit dem Begriff „Centrallyrik“ operierten, ihn und das Gedankengebäude, in dem er seinen Platz hat, im Kampf gegen literarische und weltanschauliche Erneuerungen einsetzten: gegen Materialismus, politische Lyrik und Formalismus. Ich gebe einen Beleg, diesmal aus Schweden, von Ewert Wrangel. In seinen Estetiska studier, 1898, sah er im zentrallyrisch vereinnahmten Symbolismus die Rückkehr einer wahren, tiefen, idealen Richtung in der Literatur: „Ist nicht der Symbolismus, der in Opposition zum materialistischen Naturalismus getreten ist, ein Vorbote einer tieferen und wahren, idealen Richtung des Zeitgeistes? “ 20 Der praktische Begriff „Centrallyrik“ erfüllt also trotz - oder gerade wegen - seiner Disponibilität für wechselnde inhaltliche Füllungen und Implikationen literaturpolitisch oder ideologisch über viele Epochenwechsel hinweg eine gleichbleibende - antimoderne - Funktion. Eine solche Konstanz eines Diskurses bei gleichzeitigem Bedeutungswandel, oder, mit Luhmann: „Kontinuität eines Kommunikationszusammenhangs bei gleichzeitiger Diskontinuität seiner Sinnbezüge“ ist, womit die Diskurstheorie auch rechnet, 21 in der Rezeptionsgeschichte nichts Ungewöhnliches. Sie relativiert Hans Robert Jauß’ optimistische Annahme eines Horizontwandels im Gefolge eines jeden innovativen literarischen Werks. 22 Bereits von J. P. Jacobsen, der mit Brandes auf der Seite der innovativen Literatur stand, gibt es eine Abstandnahme von der damals neuen normativen Lyrikauffassung der Ästhetiker. In einem Brief just an Brandes von 1869 schreibt er, Central- 19 „Texten och läsaren i ett historiskt perspektiv“, in: Umeå Studies in Humanities 79 (1985), S. 60. 20 Estetiska studier, Lund 1898, S. 220. 21 Vgl. Nikolaus Wegmann, „Zurück zur Philologie? Diskurstheorie am Beispiel einer Geschichte der Empfindsamkeit“, in: Jürgen Fohrmann/ Harro Müller (Hg.), Diskurstheorien und Literaturwissenschaft, Frankfurt a. M. 1988, S. 359. Vgl. weiter Jürgen Link, Elementare Literatur und generative Diskursanalyse, München 1983, S. 13 f. über das „‚Fließen der Signifikate unter den Signifikanten‘ (Lacan)“. 22 Vgl. Walter Baumgartner, Triumph des Irrealismus, Neumünster 1979, S. 13 u. S. 278. I. „Centrallyrik“? 24 lyrik sei nicht seine Sache, er arbeite an einer dramatischen Gedichtform. 23 Am Ende der Geschichte des Widerstands gegen das akademisch-ästhetische Konzept der Centrallyrik stehen Zeilen wie in einem Gedicht von Georg Johannesen: „Und was habe ich zuinnerst in meinem Herzen? / Zuinnerst im Herzen habe ich meinen Verstand“ (Og hva har jeg innerst i hjertet? / Innerst i hjertet har jeg min forstand). Oder dann etwa ein Gedicht wie „Kulturarbete“ von Kristina Lugn, 24 in dem es heißt: Mein ganzes Leben habe ich für die Kultur gearbeitet. (---) Ich habe es in zentrallyrischer Form getan. Ich habe immer hart an der zentrallyrischen Form gearbeitet. Ich habe immer mit dem Eselsschwanz voll sichtbar gearbeitet. Ich dachte immer, ich müsse aussehen wie eine, die mehr Brei haben will. Aber ein Centrallyriker darf nicht mehr Brei haben wollen. Ein Centrallyriker muss etwas Zentrales haben, um das er seine Lyrik konzentrieren kann. Oder etwa nicht? (---) Vom Privaten zum Persönlichen. Vom Persönlichen zum Allgemeingültigen. Vom Allgemeingültigen zu einem Shopping Center ganz anderer Art. In der ironischen Poetologie dieses Gedichts wiederholt Kristina Lugn die alten Forderungen der idealistischen Ästhetik: die in der Lyrikkritik noch fortlebende Forderung nach Aufhebung des Privaten ins Allgemeingültige, und konfrontiert sie provokatorisch mit ihren eigenen realen Lebensumständen und Wirkungsmöglichkeiten als Lyrikerin heute. Schließlich noch eine letzte These: Literaturtheoretisch ist die Vorstellung einer Lyrik, die unmittelbarer Gefühlsausdruck ist, unhaltbar. 25 Gedichte werden nicht mit Gefühlen, sondern mit Worten gemacht, in bewusstem intertextuellem und kommunikativem Zusammenhang. Sie sind Produkte von Arbeit mit Ideen, Erfahrungen, Sprache, Rhetorik und literarischen Mustern, sie sind Träger von Interessen, usw. Der norwegische Lyriker und Literaturwissenschaftler Georg Johannesen schreibt 1960 in seiner Abhandlung über den Lyriker Olaf Bull (1883-1933): Die Gleichzeitigkeit [= einmal mehr Vischers „punktuelles Zünden der Welt im lyrischen Ich“ und Hans Larssons „Henide“! W. B.] ist nichts als eine Technik, und es 23 Zu Brandes’ und Jacobsens Lyrikauffassung vgl. Bernhard Glienke, Jens Peter Jacobsens lyrische Dichtung. Ein Beitrag zur Geschichte der modernen Poesie, Neumünster 1975, S. 72-154. Jacobsens Brief ist zitiert auf S. 29. 24 Lyrikvännen 5 (1988), S. 211-213. 25 Jürgen Link, „Das lyrische Gedicht als Paradigma des überstrukturierten Textes“, in: Helmut Brackert/ Jörn Stückrath (Hg.), Literaturwissenschaft, Grundkurs 1, Hamburg 1981, S. 192-219. „Centrallyrik“ - ein obskurer Begriff 25 braucht nicht der ‚appollinische Augenblick‘ zu sein, in dem der Dichter an seinem Schreibtisch sitzt und Verse drechselt. 26 Auch historisch ist die Vorstellung nicht zu halten, wie Wulf Segebrecht just am Beispiel von Goethes „Über allen Gipfeln“ gezeigt hat, indem er dessen Rezeptionsgeschichte problematisierte und das Gedicht neu interpretierte, es in seinen intendierten Adressatenbezug und in seinen naturwissenschaftlichen und sozialgeschichtlichen Hintergrund einfügte. 27 (1) Seine eigene Natur stellt der Poet entweder unmittelbar als Gefühl dar (lyrisch) oder mittelbar als poetisch räsonierende Vernunft (didaktisch). […] Wenn die lyrische Gedankenflucht in strenge Betrachtung übergeht, hebt sie sich selbst auf. […] Die gewöhnliche Definition von Lyrik ist, daß sie wirklich das Gefühl des Poeten ausdrückt. (Esaias Tegnér, „Vorlesungen über Poetik“, 1808, in: Filosofiska och estetiska skrifter, utg. av Albert Nilsson och Beat Möller, Stockholm 1913, S. 340ff.). (2) Das Lyrische ist die Poesie in ihrer unmittelbaren Gestalt. […] Das eigentlich Lyrische (oder die Ode), […] ist ein freies Aufwärtsstreben aus innerer Kraft, eine Art Expansion. Das Entgegengesetzte dazu ist das Elegische, worin das Genie selbst von etwas Äußerlichem angezogen wird, so daß die Kraft hier Attraktion wird, […], das Objektive oder Reflektierte im Lyrischen. Die Einheit des eigentlich Lyrischen und des Elegischen umfaßt die übrigen Arten der lyrischen Dichtkunst und kann passend das Zentrale genannt werden. (Johan Ludvig Heiberg, „Antwort auf Herrn Prof. Oehlenschlägers Schrift“, 1828, in: Samlede Skrifter. Prosaiske Skrifter III, Kjöbenhavn 1861, S. 208 u. 216). (3) Die dritte Stufe der Poesie, nämlich die Einheit von Ode und Elegie, diese Dichtart, die ich die zentrale genannt habe, und worunter ich das Idyllische, Graziöse, Erotische, Scherzhafte und Witzige fasse […]. (J. L. Heiberg, zit. von Lorentz Dietrichson, „Johan Ludvig Heiberg als Ästhetiker“, in: Nordisk Tidskrift for Literatur og Kunst, I, Kjöbenhavn 1863, S. 542ff.). 26 En bok om Georg Johannesen, Oslo 1981, S. 156. Johannesen sagt übrigens von Bulls „zentrallyrischem Frühlingsmotiv“, dass der Dichter hier quasireligiöse Ziele verfolge: „die Überwindung der Verlusterfahrung“. Bulls Naturlyrik stemme sich einer „zerbrechenden Ganzheitserfahrung“ entgegen (S. 160). 27 Wulf Segebrecht, J.W. Goethe „Über allen Gipfeln ist Ruh“. Texte, Materialien, Kommentar, München & Wien 1978, S. 164 ff. Anhang Kleine chronologische Belegauswahl I. „Centrallyrik“? 26 (4) Lyrische Poesie […] Lieder, in denen das Gemüt bloß sich selbst und seine Gefühle auszusprechen sucht. (Fredrik Christian Sibbern, Om Poesie og Kunst, I, Kjöbenhavn 1834). (5) In der Lyrik […] befriedigt sich das Bedürfniß, sich auszusprechen und das Gemüth in der Äußerung seiner selbst zu vernehmen. […] Indem es […] im Lyrischen das Subjekt ist, das sich ausdrückt, so kann demselben hierfür zunächst der an sich geringfügigste Inhalt genügen. (G. W. F. Hegel, Vorlesungen über die Ästhetik, III, posthum 1835, in: Sämtliche Werke Bd. 14, Stuttgart-Bad Cannstadt 1964, S. 422 u. 424). (6) Wir teilen die Lyrik, d.i. den poetischen Ausdruck eines mehr oder weniger ideenbelebten Gefühls, nach folgendem Schema ein: 1. Übergänge von Epik zu Lyrik, wo die Anschauung überwiegt. 2. Die spekulative Lyrik, wo die Vernunft überwiegt. 3. Die intuitive Lyrik, wo das Gefühl überwiegt (der Gesang oder das Lied). 4. Die reflektierende Lyrik, wo der Verstand überwiegt (Elegie, Satire, Epigramm). (C. J. Lenström, Försök till Lärobok i Ästhetiken, Stockholm 1836, S. 91). (7) In der Lyrik wendet sich die Phantasie des Skalden nach innen - auf die Modifikationen und Gefühle seiner eigenen Seele. (P. D. A. Atterbom, Grundbegreppen af Ästhetik och Vitterhet i korthet antydda, 1839 und posthum in: Samlade skrifter i obunden stil, Femte delen, Örebro 1866, S. 48). (8) Paludan-Müller ist einer der wenigen, oder viel mehr der einzige, der sich an das hält, was man die zentrale Lyrik nennen könnte, die […] lieber aus sich selbst produziert, als sich eines von außen gegebenen Stoffes bemächtigt. […] Die wirkliche, die recht eigentlich dezidierte, die zentrale Lyrik verspürt keinen Drang nach anderen Formen als denen, die die lyrische Posie selbst bereithält. (J. L. Heiberg, „Lyrisk Poesie“, 1843, in: Prosaiske Skrifter, IV, S. 446ff.). (9) […] das Lyrische, und insbesondere, je näher es dem Zentrum der Lyrik steht, je mehr es sich von dessen objektiver Seite entfernt hat […]. (J. L. Heiberg, „Det Dramatiske i det Lyriske“, 1843, in: Prosaiske Skrifter, IV, S. 469). (10) Wenn im engsten Sinne lyrisch diejenige Form ist, in welcher der gegenständliche Inhalt des Lebens ganz in Empfindung verwandelt aus dem Subjekt spricht, so wird diese reine Mitte naturgemäß zwei Extreme neben sich haben. […] Der Einteilungsgrund für die Arten der lyrischen Poesie liegt in den verschiedenen Schritten des Prozesses, durch welchen das Gemüt den Weltinhalt in sein inneres Leben verwandelt. […]: eine Lyrik des Aufschwungs zum Gegenstand, eine andere des reinen Aufgehens des letzteren im Subjekt und eine dritte der beginnenden und wachsenden Ablösung aus ihm oder der Betrachtung. […] Die wahre lyrische Mitte […] begreift die große Masse des Liederartigen. Alle Grundzüge des Lyrischen gelten vorzüglich von dieser Form. (Friedrich Theodor Vischer, Ästhetik, 1846-57, Bd. 6: Dichtkunst, München 1923, S. 223; 221; 232f.). „Centrallyrik“ - ein obskurer Begriff 27 (11) Die Lyrik als Poesie der Subjectivität kann einmal das innere Empfindungsleben unmittelbar aussprechen; sie kann dann eine objectivere Form annehmen […]; endlich kann sie die Ideenwelt des Geistes darstellen […]. Wir dürfen demgemäß wohl von einer Lyrik des Gefühls, der Anschauung und des Gedankens sprechen. (Moriz Philipp Carriere, Das Wesen und die Formen der Poesie, Leipzig 1854, S. 209). (12) In der ersten Form der Lyrik erscheint dem Skalden der Inhalt als ein Sublimes, so daß er es nicht in sich hineinzuziehen vermag (die hymnenartige Lyrik) […]. Die zweite Form umfaßt die große Masse des Liedartigen. Das Objekt ist ganz im Subjekt aufgegangen. […] Es ist vor allem das Lied, das den echten lyrischen Stil aufweist. […] Die dritte Form ist die Lyrik der Betrachtung (Schöne Gedankenpoesie). (Gustaf Ljunggren, De förnämsta ethetiska systemerna, I, Lund 1857, S. 385 [= Vischer-Referat! ]). (13) Oehlenschlägers Lyrik hat sich sehr wenig mit dem inneren Leben des Dichters beschäftigt, sondern dieses ist für gewöhnlich durch eine auf objektivem Grund ruhende Stimmung hervorgetreten. […] So hat Oehlenschläger kaum ein einziges zentrallyrisches Liebesgedicht geschrieben. (Lorentz Dietrichson, Indledning i Studiet af Danmarks Literatur i vort Aarhundrede, Upsala 1860, S. 32). (14) Wir können drei Hauptformen unterscheiden. Die erste Form ist die Hymne: der Inhalt ist sublim und verbleibt außerhalb und über dem Skalden. […] Die zweite Hauptform der Lyrik ist die liedartige, in der der Skalde in und mit seiner momentanen Stimmung seine ganze Bestimmung und die des Liedes ausspricht, die also in der Stimmung aufgeht. […] Auch das Lied, der Gesang kann von zentrallyrischer oder epischer Art sein. Stellt sich die Bestimmung des Gesangs als die eigene innerste Stimmung des Skalden dar, so erscheint der Gesang in rein lyrischer Form. […] Die dritte Hauptform der Lyrik ist die betrachtende Lyrik. Sie liegt, wie der Name andeutet, der Reflexion näher als die anderen Arten. / Der Skalde […] läßt durch eine dunkle Symbolik sein Seelenleben in seinem physischen Leben reflektieren (zentrale Lyrik). (Lorentz Dietrichson, Det skönas verld, I, Stockholm 1870, S. 501f.). (15) Der lyrische Dichter hat das innere Leben darzustellen, dessen Stimmungen und Bewegungen. […] 1. Epische (chorische oder Gesellschafts-Lyrik). 2. Freie (zentrale) Lyrik. Stimmungslyrik, Betrachtungslyrik, humoristische Lyrik. […] Diese freie, zentrale Lyrik zeigt sich vor allem in eigentlichen Stimmungs- oder Gefühls-Gedichten, nämlich entweder in der Ode, […] oder im Gesang oder dem Lied (melische Lyrik), wo das Gefühl in sich selbst ruht und wo die Bilderpracht der Ode erstattet ist durch eine umso tiefere und wärmere Innerlichkeit, oder endlich in der Elegie, die einen mehr oder weniger wehmütigen Nachklang vergangener Gefühle, geschwundener Freude oder Trauer gibt. […] 3. Dramatische oder Charakter-Lyrik (Romanze und Ballade). (Marcus Johan Monrad, Literaturen og dens Dele, Kristiania 1876, S. 27ff. Vgl. auch: Den I. „Centrallyrik“? 28 lyriske Poesie og dens Arter, in: Nordisk Tidskrift 1879, S. 7ff. und Aestetik, II, Christiania 1890, S. 522ff.). (16)Indem die Lyrik in der Tiefe der Stimmung gründet, ist der lyrische Dichter der am meisten subjektive, individuelle und innerliche. […] Die Lyrik ist die ursprünglichste und poetischste aller Dichtarten. […] Vier Hauptformen: die eigentlich schöne (sogenannte zentrale) Lyrik: Das Lied und das einfache lyrische Gedicht; die erhabene Lyrik: die Ode, die Hymne, der Dithyrambus; die kontemplative Lyrik: die Gedankenlyrik; die episch gefärbte Lyrik: die Ballade. (Clemens Wilkens, Poesien. En fremstilling af Poetiken paa psykologisk Grundlag, Köbenhavn 1893, S. 141; 144 u. 146f. Vgl. auch den Artikel „Lyrik“ von Wilkens in Salmonsens Konversations Lexikon, Köbenhavn 1924). (17) Die Lyrik, die ganz und gar in der Stimmung ruht […], die „rein emotionale“ oder „freie zentrale“ Lyrik wird auch als die „echtlyrische“ bezeichnet; wir können sie die Lyrik der Innerlichkeit nennen. Hierher gehört der Gesang und das einfache lyrische Gedicht bzw. das Lied. […] Die Lyrik der Betrachtung: die Stimmung vermischt sich hier mit der Reflexion. […] „Gedankenlyrik“ und kontemplative Lyrik gehören hierher. […] Wenn die Motive von außen geholt werden, kann die Lyrik eine des Enthusiasmus und des Gesellschaftsgefühls genannt werden (Hymne). […] Die ethisierende Lyrik (lyrische Didaxis, an der Grenze zu pädagogischer und Erbauungs-Lyrik). (Ewert Wrangel, Om diktkonsten, Lund 1903, S. 30ff.). (18) Die Lyrik ist wesentlich eine Gefühlskunst und steht von allen Kunstarten der Musik am nächsten. […] Man unterscheidet deshalb zwei große Richtungen: die emotionale und die reflektierende, Gefühlslyrik und Gedankenlyrik. […] Die Gefühlslyrik ist vor allem innerlicher Natur, ein Aufgehen in dem inneren Zustand („Centrallyrik“). (Ewert Wrangel, Dikten och diktaren, Lund 1912, S. 207). (19) Centrallyrik. Lyrik, die den direkten Ausdruck der persönlichen Stimmungen und Gefühle eines Autors darstellt, Lyrik im engeren Sinne, Kernlyrik. (Svenska Akademiens Ordbok, Stockholm 1925). (20) Centrallyrik, konzentrierte, subjektive Lyrik, die dem Lebensgefühl des Poeten unmittelbar Ausdruck verleiht (z. B. Sappho, Goethes Über allen Gipfeln). (Bonniers Lexikon, Stockholm 1964). (21) Eine große Anzahl Gedichte gehört in die weite und vage Kategorie, die Centrallyrik genannt wird. Es sind Gedichte mit relativ zeitlosen Motiven, wie das Meer, der Tod und die Liebe, und sie haben das Gepräge persönlichen Erlebens. Gedanken- und Stimmungsinhalt sowie formale Gestalt variieren indes so stark, daß die zentrallyrischen Gedichte keine einheitliche Gattung ausmachen. (Åsfrid Svensen, Tekstens mønstre, Oslo-Bergen-Stavanger-Tromsø 1985, S. 407). Gule bønner Dagene ruller umerkelig videre på denne underlige reise jeg utmerket godt vet hvor fører hen snart hit, snart dit, nå sitter jeg på kjøkkentrappen og stringler gule bønner! (Arild Nyquist, 1972) Marcus Jacob Monrad war der einflussreichste norwegische Philosoph, Ästhetiker und Literaturkritiker in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Seinen Einfluss übte er als Universitätslehrer in Kristiania (Oslo) - Lektor 1845, Professor 1851 -, als Rezensent, vor allem in Morgenbladet von 1838 bis 1892, als Zeitschriftenherausgeber und mit zahlreichen Lehrbüchern und Broschüren zur Philosophie, Ethik, Psychologie, Wissenschaftstheorie, Bildungspolitik und Politik aus. Als sein Hauptwerk betrachtete er seine zweibändige Ästhetik, 1889/ 90. Ihr vorausgegangen waren auf diesem Gebiet: Zwölf Vorlesungen über das Schöne, 1859, 2. Aufl. 1873, und Die Literatur und deren Teile, 1876. 28 „Für die Gelehrten war er das Licht (…) in unserem öffentlichen Leben war er eine Macht“, schrieb Dagbladet zu seinem 70. Geburtstag. Monrad hatte ein theologisches Staatsexamen und blieb zeitlebens ein strammer Lutheraner. 1842-44 hielt er sich als Staatsstipendiat in Berlin, Rom und Paris auf. Bleibende Prägungen führte er in einer autobiographischen Skizze einerseits zurück auf die Kunsterlebnisse in Italien und andererseits auf den Philosophenstreit in Berlin zwischen Hegelianern und Schellingianern. Es reifte in mir allmählich eine Überzeugung betreffend der Grundverhältnisse des Daseins, die ich seither im Wesentlichen beibehalten habe. Ich habe mich wohl in der Hauptsache dem Hegelschen System angeschlossen, (…) doch gehöre ich kaum einer einzelnen der Fraktionen an, in die sich diese Schule geteilt hat, weder der rechten noch der linken Seite, sondern habe eine gewisse skeptische Ingredienz mit aufgenommen, die versucht, ein Gegengewicht zum Dogmatismus beider Seiten zu bilden. 29 Wir merken uns: ein Mann der Mitte wollte er also sein! Monrad schrieb selbst Gedichte und spielte Geige. Er setzte sich außerdem in Kristiania für das Nationaltheater und das Nationalmuseum ein. Die Zeit seines größten und politisch noch fortschrittlich-liberal zu bezeichnenden Einflusses waren ungefähr die Jahre 1850 bis 1870. Später verfiel er politisch einem verhärteten Konservativismus. Seine Ästhetik, Band II, 1890, widmete er in einer Zeit, als sich Norwegen aus der Union mit Schweden zu lösen begann, „untertänigst Seiner Majestät König Oscar II“. Er nennt diesen lyrisch dilettierenden Monarchen und u. a. Widersacher Strindbergs in der Widmung „den geschmackssicheren und kenntnisreichen Pfleger und Förderer der Kunst und der Wissenschaft“. Als er als älterer Herr seine ästhetischen und literarischen Ideale - und das hieß nun vor allem deren lutheranisch-moralischen Aspekte und seinen gestrigen bürgerlichen Geschmack - gegen Kritischen Realismus, Im- 28 Alle Titel und Zitate hier und im Folgenden sind von mir ad hoc ins Deutsche übersetzt. Die originalen Titel finden sich im Quellenverzeichnis. 29 Vgl. J. B. Halvorsen, Norsk Forfatter-Lexikon 1814-1880, Bd. IV, S. 89f. Die Bibliographie zu Monrads Schriften bei Halvorsen umfasst zehn Seiten! Konzeption des Begriffs „Centrallyrik“ I. „Centrallyrik“? 32 pressionismus und Naturalismus mobilisieren musste, „wollte er bald mit dem Ganzen nichts mehr zu tun haben“, wie es ebenfalls im Geburtstagsartikel heißt. Er hatte sich mit Ibsen gestritten. 30 Und Alexander Kielland karikierte ihn in seinem satirischen Drama Der Professor (1888), in dem Epochenwandel und familialer Generationenkonflikt enggeführt werden. In einer illustrierten Märchenausgabe von 1879 gab Otto Sinding dem Teufel die Züge Monrads. Literaturhistoriker sprachen vom „erstickenden Einfluss“ Monrads auf die Literatur seiner Zeit. Als Monrads Ästhetik erschien, war die Zeit der großen ästhetischen Systeme im Zeichen des deutschen Idealismus vorbei. Monrad hielt bis zuletzt an seinem System fest, obwohl gelegentlich die Einsicht durchschimmert, daß er der Kunst eine „unmögliche Aufgabe“ zuwies. 31 Seine Ästhetik wurde ins Deutsche übersetzt, ist aber zu seiner großen Enttäuschung auf Deutsch nie erschienen. Die Druckfahnen zum ersten Band sind in der Universitäts- Bibliothek Oslo einsehbar. In den ab 1890 aktuellen Literaturdebatten spielte Monrads Bollwerk gegen die Fragmentarisierung der Moderne, gegen Materialismus und gegen eine Welt und Kunst, „in der es keinen Mittelpunkt, keine wesentliche Einheit, bloß Zersplitterung und Selbstauflösung gibt“, 32 keine Rolle mehr. Wie sieht nun Monrads Konzeption der Centrallyrik aus? Das früheste ergiebige Zeugnis seines Denkens über Lyrik ist eine Rezension eines Gedichtbands von Theodor Kjerulf von 1854 (Norsk Tidsskrift for Videnskab og Literatur VII, 1855, S. 139ff.). Monrad steht der Begriff Centrallyrik noch nicht zur Verfügung, aber die Stelle, an die er später treten wird, ist bereits sehr deutlich markiert: zwischen zwei Extremen und Gefahren für „die Natur der lyrischen Dichtung“. „Lyrische Gedichte haben ihre hauptsächliche Bedeutung als Ausdruck einer Persönlichkeit.“ Aber: „Die Subjektivität muß eine objektive Fülle haben.“ Daraus sei leicht zu ersehen, daß es zwei Klippen gebe, an denen die lyrische Dichtung stranden könne: eine allzu farblose Subjektivität und falsche Doktrin über die Objektivität der Kunst einerseits, so dass die Subjektivität bloß eine „leere Passage für eine Vielfalt von Bildern ist, die die Außenwelt liefert.“ Andererseits: Eine allzu sehr auf sich selbst beschränkte Subjektivität, die sich der Objektivität verschließt und deren Bilder allenfalls nur sehr trübe (grumset) reflektiere. „Zwischen diesen beiden Extremen, in denen die Kunst untergeht, ist nun ein großer Raum für wirkliche Dichter-Individualitäten, die beide Momente vereinen.“ Es kann dabei jeweils ein Moment überwiegen. Also gibt es zwei Gruppen: „Die hauptsächlich objektiven“ 30 Vgl. Arild Linneberg, Norsk litteraturkritikks historie, Bd. II, S. 141ff. 31 Monrad 1883, zit. nach Linneberg, S. 85. 32 Monrad in einem Zeitungsartikel 1880, zit. nach Linneberg, S. 109. Gutten og fanden Konzeption des Begriffs „Centrallyrik“ 33 und die „mehr subjektiven Lyriker“. Da hier die didaktische, die Gelegenheitslyrik sowie Balladen und Rollengedichte schon stillschweigend ausgeschlossen sind, befinden wir uns bereits in der lyrischen Mitte, die bloß noch einmal - offenbar unter dem Druck des empirischen Materials - differenziert und wertend von unerwünschten Extremen freigestellt wird. 1876 legte Monrad dann seine erste entfaltete Gattungstheorie vor: Die Literatur und deren Teile. Das erste Axiom für Lyrik lautet: „Der lyrische Dichter hat das innere Leben darzustellen, dessen Stimmungen und Bewegungen.“ Aber - „natürlich“ - „nur solche, die allgemeinmenschliche Bedeutung haben, und eben durch die idealisierende und formschöne Darstellung soll das Allgemeinmenschliche richtig hervortreten und Eindruck machen“ (S. 27). Wenn sich nun der Lyriker dabei zum Interpreten und Organ der inneren Bewegungen des Volkes und der Zeit macht, steht er einem „mehr objektiven Inhalt“ und somit dem Empirischen nahe. Wir haben es laut Monrad mit „Epischer (chorischer) oder Gesellschaftslyrik“ zu tun. Monrad zählt dazu kirchlich-religiöse Lyrik, Vaterlands- und Kriegslyrik und Gelegenheitspoesie. Auf der anderen Seite gibt es die „Dramatische oder Charakter-Lyrik“. Denn das Innere, das sich in der lyrischen Dichtung darstellt, sei schließlich ein „Dichter- Inneres“, d. h. es könne sich in fremde Situationen und Stimmungen versetzen und Bilder hervorbringen, die sich mehr oder weniger von der eigenen Person lösen. Dies ist der systematische Ort der Balladen und Romanzen. Zwischen diesen beiden Möglichkeiten setzt Monrad jetzt „Den Mittelpunkt der Lyrik“ an, die Form, die er „Freie (zentrale) Lyrik“ nennt (S. 29f.). „Der Dichter spricht hier direkt (ligetil) aus, was ihn in seinem eigenen Inneren bewegt.“ Sofort und wortidentisch wie 1855 heißt es dann, dieses müsse „natürlich“ von allgemeinmenschlicher Bedeutung sein - der eigene Seelenzustand nicht unmittelbar, wie er sei, sondern idealisiert, zur Ruhe und Harmonie gebracht, in klarer und schöner Schilderung. Unter die „freie, zentrale Lyrik“ fallen drei Untertypen eigentlicher Stimmungs- und Gefühlsgedichte: Oden, Lieder und Elegien. Und hier gibt es eben wieder eine Mitte, besetzt vom Lied. Vielleicht überraschend, aber wie bei Vischer, zählt Monrad neben der eigentlichen Gefühlslyrik noch die „kontemplative Gedankenlyrik“ (mit gewissen Ausgrenzungskriterien für die epische Didaxis) und die „humoristische Lyrik“ zur Centrallyrik. Dieses System, triadisch immer um die Mitte aufgebaut, zeichnet sich durch Offenheit dem empirischen lyrischen Korpus gegenüber aus. Außerdem ist es scheinbar frei von Wertungen - abgesehen eben vom impliziten Systemzwang, der von der Mittigkeit ausgeht -, und genau dies wird sich wirkungsgeschichtlich als das Entscheidende erweisen. Zu der Zeit, als sich in der Ästhetik die Favorisierung der Centrallyrik anbahnte, dominierten aber quantitativ und in der Lesergunst die beiden peripheren Lyrik-Typen. Ibsens berühmtes „Terje Vigen“ ist eine Ballade; Bjørnsons beliebte Lieder wären in Monrads Terminologie „Charakterlyrik“. Allenfalls hatte so etwas wie Centrallyrik angefangen, die Gelegenheitsdichtung auszu- I. „Centrallyrik“? 34 konkurrieren. 33 Stimmig, kohärent ist das System nicht. Regelpoetische, philosophische und empirische (soziale, psychologische und formale) Kriterien sind bunt gemischt. 34 Das Attribut „frei“ im Terminus bezeichnet die notwendige Freiheit, die der „höhere Standpunkt“, das „Ideal des ewig Schönen und Wahren“ gibt. Monrad proklamiert natürlich die Autonomie der Kunst. Zu dieser „lästigen und zählebigen Triade“ mit ihren Untertriaden sagt Gérard Genette, 35 der sie in englischen, französischen und deutschen Gattungstheorien von 1800 bis heute gefunden hat: „Die Geschichte der Gattungstheorien ist gänzlich gekennzeichnet durch diese faszinierenden Schemata, die oftmals die heteroklite Realität des literarischen Feldes auf eine einzige Struktur zurückführen und sie gerade dadurch verfälschen - und dann vorgeben, dort ein natürliches System vorzufinden, wo sie mit Hilfe unzähliger blinder Fenster eine künstliche Symmetrie entwickelt haben“ (S. 56). Trotzdem schreibt Genette diesen Systemen im Prinzip eine heuristische Funktion zu - „auch durch blinde Fenster kann gegebenenfalls natürliches Licht einfallen.“ Ich bin da skeptischer. In einem langen Aufsatz über „Die lyrische Poesie und deren Arten“ (Nordisk Tidskrift, 1879) führt Monrad sein System noch genauer aus. U. a. heißt es dort über die Stoffwahl, sie umfasse die ganze Skala menschlicher Gefühle. So ähnlich steht es auch bei Hegel, und das ist interessant, weil später auch die Stoffwahl für Centrallyrik eingeschränkt wurde - bis zur famosen Formel „Liebe, Tod und das Meer“. Allerdings macht dann Monrad doch Einschränkungen. Während ihm der Tod eines Kanarienvogels als passender Gegenstand für ein lyrisches Gedicht erscheint, sei „selbst der allerempfindlichste Geldverlust unpoetisch“ (S. 14). In diesem Aufsatz wird jetzt auch, noch vorsichtig mit Wertungen, die satirische und polemische Lyrik ausgegrenzt. Humor sei Zeichen „höherer Freiheit“, während Polemik und Satire Ideal und Wirklichkeit auseinanderfallen lassen, womit die Kunst drohe, ihre Grenze zu überschreiten. Das geschieht laut den Zwölf Vorlesungen auch, wenn sie lediglich „photographische Wiederholung der niedereren Realität“ oder „sogenannte Tendenzliteratur ist, die wesentlich politischen, religiösen, moralischen Zwecken dient“ (S. 161). Das Kapitel über Lyrik in Monrads großer Ästhetik ist dann eine wörtliche Wiederholung des Textes von 1879, der in seinen Grundzügen, wie ich gezeigt habe, wiederum auf 1876 zurückgeht. * 33 Vgl. Morten Moi, „Romerrikets fall eller embetsmannspoesien og litteraturkritikken“, in: Edvard Beyer/ Morten Moi, Norsk litteraturkritikks historie, Bd. I., Oslo 1990, S. 139-176. Meinen Eindruck bestätigt auch die Textauswahl in H.J. Thues Læsebog i Modersmaalet for Norske og Danske, Kristiania 1846, dessen Untertitel das Buch an die neue Konjunktur der Ästhetik anbindet: „mit ästhetischen und literaturhistorischen Informationen“! Zur Geschichte der schwedischen Anthologien vgl. Staffan Björck, Svenska språkets skönheter. Om den lyriska antologin i Sverige (…), Stockholm 1983. 34 Vgl. Per Meldahl, zit. nach Linneberg, S. 128. 35 Gérard Genette, Einführung in den Architext, Stuttgart 1990. Konzeption des Begriffs „Centrallyrik“ 35 Lorentz Henrik Segelcke Dietrichson ist 1834 geboren und 1917 gestorben. Er war ein Schüler und später Kollege von Monrad. Er übte ebenfalls großen Einfluss aus, und zwar auch in Schweden. Nach seinen Studien und akademischen Qualifizierungen in Kristiania war er zwei Jahre an der Universität Uppsala als Literaturhistoriker tätig. Nach einem dreijährigen Aufenthalt in Italien, der dem Studium der Kunstgeschichte gewidmet war, ließ er sich in Stockholm nieder, wo er als Kunsthistoriker Karriere machte und 1868 zum Professor der Kunstakademie ernannt wurde. Zugleich war er Informator der Kronprinzessin Lovisa, und später gründete er Stockholms Kunstindustrie-Museum. 1875 wurde er an die Universität Kristiania berufen. Dietrichson war äußerst produktiv. 36 Als Student tat er sich als Lyriker hervor und schrieb später noch ein Drama und eine vierbändige Autobiographie. Seine literaturwissenschaftlichen Arbeiten erschienen im wesentlichen 1860 bis 1866: eine Arbeit über Das Lehrgedicht in der poetischen Literatur des Nordens sowie je eine Literaturgeschichte Schwedens, Dänemarks und Norwegens. 1867 bis 1870 erschienen die beiden Bände seiner Ästhetik, in schwedischer Sprache in Stockholm verlegt: Die Welt des Schönen (…) populär dargestellt. Wie Monrad spielte Dietrichson eine große Rolle im akademischen, kulturellen und politischen Leben, und er schrieb Literaturkritiken in schwedischen und norwegischen Tageszeitungen und Zeitschriften. Dietrichson dachte eine Spur moderner als Monrad und geriet wegen seiner relativen Sympathien für den Realismus zeitweise in Widerspruch zu seinem Lehrer. Aber als Monrad vor dem Ansturm der Naturalisten das Handtuch warf, sprang Dietrichson in den Ring und verbannte die neue Mode aus dem Reich des Schönen. Weil junge Rabulisten die Studentenvereinigung in Kristiania dominierten - ausgerechnet jetzt, wo auch Frauen zum Studium zugelassen werden sollten, wie er in seinen Memoiren bekümmert schreibt -, ließ sich der alte Herr zum Vorsitzenden wählen, um das Schlimmste zu verhüten. In der Studentenvereinigung fanden die entscheidenden literaturpolitischen und wichtige politische Debatten statt. In Schweden war Dietrichson in das Lager der Strindberg-Gegner geraten - er bekommt im Sohn der Magd eins ausgewischt. Der Literatenkreis der sogenannten Signaturen oder Namnlösa Sällskapet, den er in Uppsala ins Leben gerufen hatte, wurde bekannt durch notorisch epigonale bis kitschige lyrische Idyllen. In Norwegen bekämpfte er Ibsen. Der hat ihn als den bigotten Rektor Kroll in Rosmersholm (1886) boshaft porträtiert. 37 Auch als Ästhetiker war Dietrichson etwas moderner als Monrad, aber auch geglätteter, populärer und bornierter. Wo Monrad sich noch von Kant freischreiben und zwischen Rechts- und Linkshegelianern seine Mitte finden musste, setzte Dietrichson direkt bei Vischer an. (Er hat mit Empfehlungsschreiben Monrads Carriere 36 Die Bibliographie seiner Schriften - nur bis 1888 - bei Halvorsen umfaßt 9 Seiten! 37 Nach Abschluss dieser Arbeit stellte mir Erik Österud das Manuskript zu seiner kritischen Würdigung Dietrichsons zur Verfügung, die mich in vielem bestätigt, obwohl sie eine andere und weitere Optik hat als ich hier: „Norsk litteraturhistories ‚svundne tider‘. Skandinavisten Lorentz Dietrichsons pionerarbeider“, in: Sigurd Aarnes (utg.), Laserne. Studier i den dansk-norske felleslitteratur efter 1818, Oslo 1994. I. „Centrallyrik“? 36 und Hettner in Deutschland besucht.) Von dem dänischen Hegelianer Johan Ludvig Heiberg (1791-1860) hat er den Ausdruck „Centrallyrik“ übernommen und ihn mit den Begriffsbestimmungen Vischers zur „lyrischen Mitte“ gefüllt. 1860 in seiner dänischen Literaturgeschichte taucht der Begriff in diesem Sinn zum erstenmal in Skandinavien auf - also bevor Monrad ihn gebrauchte. Radikaler als Monrad schließt Dietrichson vorromantische didaktische und Gelegenheitslyrik aus seinem System aus. Die vorausgegangenen Jahrhunderte hätten „Rhetorik und Poesie verwechselt“, erst jetzt habe man klare ästhetische Begriffe, heißt es im Vorwort zu seinem Erstlingswerk, das ebenfalls 1860 erschienen ist. Die ersten Belege des Begriffs Centrallyrik bei Dietrichson sind eher beiläufig und setzen auf die Evidenz dieses Kompositums. „Oehlenschlägers Lyrik (hat) sich sehr wenig mit dem inneren Leben des Dichters beschäftigt. (…) So hat er kaum ein einziges zentrallyrisches Liebesgedicht geschrieben“ (1860, S. 32). Grundtvigs Poesie dagegen „spricht ihre tiefen Gedanken und großen Ideen unmittelbar als zentral lyrische Strömungen aus“ (S. 43). In der schwedischen Literaturgeschichte von 1862 erwähnt Dietrichson zum erstenmal und beiläufig Vischer (S. 20). Und wiederum beiläufig heißt es von Runeberg, er sei „kein Centrallyriker“ (S. 205), er tendiere zum Epischen. Welhaven, heißt es in der norwegischen Literaturgeschichte, 1869, lasse das Episch-Lyrische das Zentrallyrische überwiegen (S. 174). Offensichtlich setzt Dietrichson einfach die Kenntnis der Gattungseinteilung und Begriffsbestimmungen bei Vischer und Carriere voraus, deren Ästhetiken 1846 bis 1857 erschienen waren und jedenfalls in Schweden sofort intensiv rezipiert wurden. 38 Gustaf Ljunggren, Vischer-Schüler in Tübingen und dann Professor für Ästhetik in Lund, hatte sie in seinem Buch Die vornehmsten ästhetischen Systeme, 1857, bereits ausführlich referiert. Auch in Uppsala wurde Vischer kritisch, aber intensiv diskutiert, als Dietrichson dort lehrte und mit dem Professor für Ästhetik, Carl Rupert Nyblom befreundet war. Im Vorwort seiner Welt des Schönen gibt Dietrichson als Quellen zuallererst Vischers Ästhetik an, „das vollendetste der gegenwärtigen Systeme“. Dann den erwähnten Ljunggren, Monrads Zwölf Vorlesungen über das Schöne und schließlich die Populäre Ästhetik von Carl Lemcke, Leipzig 1865. Von Vischer distanziert sich der rechtgläubige Dietrichson allerdings, was dessen „säkularisierte Ansichten“ betrifft, zu deren Verbreitung er keinesfalls beitragen möchte. Über die „lyrische Poesie“ heißt es nun in Dietrichsons Ästhetik: „(Sie) schildert das im Gemüt herrschende Gefühl im eigenen Inneren des Dichters als Ausdruck einer allgemeinen, das große Ganze durchziehenden Stimmung“ (Bd. I, S. 500). Dietrichsons Triade der lyrischen Untergattungen sieht dann konsistenter aus als bei Monrad, eben wie bei Vischer, der oft wörtlich übernommen wird. 38 Vgl. Christer Westling, Idealismens estetik. Nordisk litteraturkritik vid 1800-talets mitt mot bakgrund av den tyska filosofin från Kant till Hegel, Stockholm 1985. Weiter: Carl Fehrman, „Estetikens återkomst. Ett stycke lundensisk vetenskapshistorie kring Henrick Schück, Ewert Wrangel, Albert Nilsson, Fredrik Böök och några till“, in: Vetenskapssocieteten i Lund Årsbok 1987, S. 15-79. Konzeption des Begriffs „Centrallyrik“ 37 1. Der Dichter zeigt uns seine Stimmung gespiegelt in einem epischen Bild, wie Gretchen im Faust, wenn sie singt: „Es war ein König in Thule“. Das ist „Epische Lyrik“. 2. Der Dichter kann sein eigenes Bild episch vor seine Phantasie stellen wie Runebergs „Die Siebzehnjährige“, wenn sie singt: „Beim Nähen den ganzen Tag / Sitz ich wie ein Sklave“. 3. Oder schließlich spricht der Dichter seine Stimmung unmittelbar aus, soweit er kann. Denn weil sie zutiefst unaussagbar ist, lässt er durch eine dunkle Symbolik sein Seelenleben in seinem physischen Leben reflektieren. Das ist „Zentrale Lyrik“. Für alle drei Formen gilt, dass sich die Reflexion der Phantasie klärend und reinigend vorschalten und das individuelle Gefühl Allgemeingültigkeit besitzen muss. Die drei Hauptformen der Lyrik sind dann: 1. Die Hymne. Der Inhalt ist sublim und bleibt außerhalb/ überhalb des Dichters. 2. Das Liedhafte. Der Dichter spricht in und mit seiner augenblicklichen Stimmung seine ganze Absicht aus, die also in der Stimmung aufgeht. Das Lied kann entweder zentral = rein lyrisch oder episch-lyrisch sein. 3. Die betrachtende Lyrik. Sie liegt der Reflexion näher als die anderen Formen. Der bloße Gefühlszustand beginnt sich aufzulösen, und der Betrachter geht mit seinem Gegenstand eine Wechselwirkung ein (Elegie). Das ist reiner Vischer. 39 Merkwürdig ist allenfalls, dass Balladen und Romanzen - offenbar wegen ihrer Nähe zur Volkspoesie und damit Distanz zur Gelehrtendichtung - unter das Liedhafte, also unter Centrallyrik fallen, und dass das Epigramm gerade noch unter die betrachtende Lyrik fällt, bevor die Grenze zum unpoetischen Lehrgedicht gezogen wird. 40 Auch sehe ich den systematischen Zusammenhang zwischen den beiden lancierten Triaden nicht so recht. Die Autonomie der Poesie verficht Dietrichson in spezifisch norwegischer Koppelung mit dem genuin Nationalen in einem Exkurs über die Jungdeutschen. Er nennt sie „Cosmopoliten, Juden, geborene Communisten ohne positive Liebe weder zum Vaterland noch zu Staatsform oder Christentum“, die anstatt für das Wahre und Schöne einzutreten, „für dieses oder jenes Faktum in der Welt der Politik kämpften. (…) Man wurde satirisch - egoistisch - dumm“ (S. 139-142). 39 Vgl. besonders die Paragraphen 889 und 890 in Friedrich Theodor Vischer, Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen (Bd. II, 1857), hg. von Robert Vischer, Hildesheim & New York 1975. 40 Zu den Problemen bei der Integration des Lehrgedichts in die Triade vgl. Almut Todorow, Gedankenlyrik. Die Entstehung eines Gattungsbegriffs im 19. Jahrhundert, Stuttgart 1980. I. „Centrallyrik“? 38 Von Monrad und Dietrichson aus hat der offensichtlich als praktisch und einleuchtend empfundene Begriff Centrallyrik seinen Siegeszug in Skandinavien angetreten. Er wird bis heute, und auch im Finnischen, nicht jedoch im Isländischen 41 verwendet. Das System, zu dem der Begriff gehört, weist eine ganze Menge Probleme, Widersprüche, Brüche, Inkonsistenzen auf, blinde Fenster als Symptome seiner Unzulänglichkeit gegenüber dem empirischen lyrischen Korpus, Ansatzstellen besserer Einsichten, Schaltstellen, die es das doch noch erfassen lassen, was es eigentlich ausschließen wollte. Indem es sich im Sinne eines sozialen und ideologischen Begründungs- und Funktionszusammenhangs, der mit der Moderne verschwinden sollte, verkrustete und nur in Gestalt weniger, nicht mehr hinterfragter Axiome und Ideologeme überlebte, wirkt es in hauptsächlich drei Aspekten dysfunktional. a) Seine Signifikantenlogik, der Imperialismus des Ordnungsschemas 42 beeinträchtigt seine Beschreibungsrelevanz. Viele Rezensionen Monrads sind Repetitorien des ästhetischen Systems am vorliegenden lyrischen Text vorbei. Man kann sich aus ihnen kaum ein Bild von der rezensierten Lyrik machen, von dem, was überhaupt darin steht, und davon, welche Textintentionalität sie haben könnte. b) Die Systemlogik der Triaden, in deren Mitte das Gefühls- und Stimmungsgedicht steht, drängt den Diskurs über Lyrik qua implizit positiver Wertung des Zentrums in den Irrationalismus, und dies, obwohl weder Hegel noch Monrad oder Dietrichson ihrer Intention nach Irrationalisten waren. c) Irrationalistisch in der Konsequenz ist allerdings der Theodizee-Charakter dieser Ästhetik, das heißt die postulierte Identität des Schönen, Guten und Wahren mit dem Sein. Es handelt sich um eine Identität, die die Kunst - allerdings eingestandenermaßen nur noch die Kunst - garantieren sollte und doch, konfrontiert mit der historischen Realität, immer weniger herstellen konnte und wollte. Vor allem Monrad macht deshalb ständig Zusatzbedingungen, die eigentlich nicht systemimmanent sind. Er bürdet dem „wahren Dichter“ persönliche Qualitäten auf, die dieser schwerlich haben kann. Bevor Monrad das Wahre und Schöne der Innerlichkeit eines Lyrikers überlassen kann, muss dieser ein „gehaltreicher Geist“ sein, dessen Subjektivität mit der Objektivität bereits übereinstimmt, der durchdrungen ist von einem „höheren Prinzip“. D. h. die Leistung des Künst- 41 Die von den Isländern hochgeschätzte altwestnordische Skaldik zeigt ein lyrisches Vertextungsverfahren, das von der Zentrallyrik-Konzeption ausgeschlossen wird: „Es ist […] der moderne, an der Lyrik […] der Goethezeit orientierte Begriff der Erlebnisdichtung […], der einer rechten Erkenntnis der Skaldendichtung im Wege stand. Denn nicht durch Gefühlsdichte, Unmittelbarkeit und Anschaulichkeit sucht die skaldische Dichtung Wirkung und Gewicht ihrer Aussagen zu gewinnen, sondern durch eine kompliziert-raffinierte […] Metaphorik.“ Klaus von See, Skaldik. Eine Einführung, München & Zürich 1980, S. 15 f. 42 Vgl. Wilfried Korngiebel, „Ernst Bloch revisited: Links-rechts-Einfügungen und Theorie der Ungleichzeitigkeit“, in: kultuRRevolution nr. 26 (1991), S. 51. Konzeption des Begriffs „Centrallyrik“ 39 lers/ Lyrikers liegt eigentlich vor der künstlerischen Arbeit, außerhalb des Textes: im Genie des Künstlers, allenfalls in dessen vorgängiger ästhetischen Erziehung und Bildung. (Diese kann sich Monrad nur als bürgerliche denken. Und hier besteht natürlich auch ein Zusammenhang mit der biographistischen Ausrichtung der damaligen Literaturwissenschaft, die zwar unphilosophisch ist, aber mit der Verehrung „großer Persönlichkeiten“ zu tun hat.) Die stereotype Wiederholung dieser Zusatzbestimmungen wirkt hilflos beschwörend, verrät unfreiwillig ein schwarzes Fenster. Daß diese, wie es scheint, innerliche Durchdringung des Ideals andererseits doch auf einer künstlerischen Illusion beruht, folgt überhaupt aus der Natur des Schönen und der Kunst, was, in seiner Allgemeinheit zu entwickeln, an eine andere Stelle gehört […] schreibt Monrad in schönster wissenschaftlicher Diktion (1879, S. 3). Dietrichson ist da gutgläubiger, wenn er dem gesellschaftskritischen Realismus entgegenhält: Der Realismus, richtig verstanden (! ), ist - meine ich - die Kunstrichtung, die in und durch eine wahre und innerliche Bindung an die Natur und das Leben, wie es ist, die Schönheit wiederzufinden sucht, die das innerste Wesen der Natur und des Lebens ist. (…) Das Leben muß in seinem Wesen schön sein, so wahr es Leben ist und nicht Tod. (Entschwundene Zeiten, Autobiographie, II, S. 142) Ähnliche Probleme bereitet den Kunst-Philosophen der Anteil des Intellekts am lyrischen Schaffen. Dietrichson spricht von der eiskalten Verstandespoesie, die ohne Recht den Namen der Poesie trage (1862, S. 2f.). Aber genau gelesen, verlangen weder er noch Monrad, was erst später in die Definition von Centrallyrik eingehen wird, nämlich unmittelbaren Gefühlsausdruck. Eine Reflexion, was immer damit gemeint ist, soll idealisierend und Objektivität verbürgend dazwischengeschaltet sein. Wiederum ähnlich liegt das Problem mit der formalen Ausgestaltung. Das zentrallyrische Gedicht soll vage strömen dürfen, Gemütsbewegungen folgen, seinen Sinn eher im Duft, im Ton, in seiner Musikalität als im Klartext und in klarer geordneter Komposition erahnen lassen. Formalismus ist suspekt, aber eine organische Ordnung und korrekte Metren und Reime werden schon verlangt. Die Inhaltsästhetik vermag das Formalästhetische, das mit der Musikalität angesprochen ist, nicht zu integrieren. Monrad sagt allerdings an einer Stelle in den Zwölf Vorlesungen: „Formen, das ist für den Künstler als solchen Denken“ (S. 151). Und noch ein letztes Problem, das ich andeuten möchte, wiederum, weil es sich als verschleiertes in den ästhetischen Texten selbst unfreiwillig oder widerwillig zu erkennen gibt - in den notorischen Appendix-Bestimmungen meist markiert mit Wörtchen wie „aber“, „allerdings“, „natürlich auch“, „natürlich nicht“. Es geht um die gesellschaftliche Funktion der angeblich autonomen Kunst. Die Idee, der höhere Standpunkt, entpuppt sich, wenn nicht schon im ästhetischen Diskurs, dann in dessen Applikation auf die Literaturkritik, als das bekannte bürgerlich-patriarchalische, christlich-moralische Normenrepertoire und Geschmacksurteil. I. „Centrallyrik“? 40 Das Auseinanderdriften von professoraler philosophischer Ästhetik und künstlerischer Praxis/ Autoren-Poetologien wird zu einem Schisma, wenn die lyrische Praxis, die Kritik und die Philosophie nicht mehr - wie zum großen Teil noch in der Romantik und in Norwegen bis ca. 1860 - in ein und denselben Personen vereint sind. Und es wird beschleunigt und zugespitzt von historisch-gesellschaftlichen Veränderungen, auf die die Kunst selbst schneller und radikaler reagiert als die Ästhetik. Sie gab die idealistische Versöhnungs- und Theodizee-Ästhetik auf. Gerade die Lyrik, wie Hugo Friedrich gezeigt hat, wurde zunehmend nur noch mit negativen Kriterien beschreibbar. Dass die Ästhetik nicht auf die Innovationen am künstlerischen Material vorbereitet war, habe ich schon angedeutet. Ibsen musste seinen Kritikern entgegenhalten, wenn seine Dramen für sie nicht Kunst seien, würden sie es für die Zukunft sein. Und er hat recht behalten. Mein Buch [Peer Gynt] ist Poesie; und sollte es dies nicht sein, so wird es dies werden. Der Begriff Poesie wird sich […] nach diesem Buch richten. Nichts ist beständig in der Welt der Begriffe. […] Ich will meine Begabung nicht weiter für die Monradsche Philosophie ausbilden, kurz gesagt, ich will keinerlei gutem Rat folgen. 43 Strindberg, der in Uppsala bei Dietrichsons Freund Nyblom Ästhetik studierte, sprach später von der Erbsünde, die darin bestehe, alles vom ästhetischen Standpunkt aus zu sehen. Der Dichter könne schreiben, was er wolle, das Publikum sei überzeugt davon, er meine nicht, was er sage. 44 Georg Brandes, heißt es im Sohn der Magd, habe ein ganz neues Licht auf (Dietrichsons) Welt des Schönen geworfen. Die Ungleichzeitigkeit der Festschreibung des Centrallyrik-Begriffs im Zeitraum 1860 bis 1880 tritt tatsächlich besonders deutlich hervor, wenn man sich vergegenwärtigt, dass sich in Skandinavien ab 1870 der „Moderne Durchbruch“ durchsetzte, eine Poetik und Literatur, die, Georg Brandes’ Parole und Funktionszuweisung folgend, Realität nicht verklären und versöhnen, sondern kritisch „zur Debatte stellen“ wollte. Dietrichsons Abhandlung Bezeichnet der moderne Naturalismus in der Poesie einen Fortschritt oder einen Verfall? , 1882 - er meinte natürlich: einen Verfall - war ein letztes Rückzugsgefecht der idealistischen Ästhetik. Elf Jahre später trat Norwegens erster modernistischer Lyriker auf, Sigbjörn Obstfelder. 43 Brief an Björnson, 9.12.1867, übersetzt aus HU XVI, S. 198 f. Monrad hatte bereits 1875 in Reimen gegen Ibsen polemisiert, und 1882 wandte er gegen Die Gespenster ein, die Dichtkunst heute wolle „nur, was sie Wahrheit nennt, geben. Sie will alle Illusionen zerstören, alle sogenannten Ideale“! Vgl. zu diesen Polemiken Linneberg, S. 141-145 und S. 139 ff. 44 Vgl. Samlade Skrifter, 17/ II, S. 240. Strindbergs Auseinandersetzung mit Nyblom und Dietrichson ist in den Kapiteln IX und XI in Der Sohn der Magd, Bd. II, geschildert. Wie die von mir oben skizzierte innere Problematik der Ästhetik, ihr Wegdriften von ihrem Gegenstandsbereich, sich in der Literaturkritik manifestiert, möchte ich nun zuerst anhand zweier Lyrik-Rezensionen um 1850 herum und dann in einem kursorischen Längsschnitt durch die schwedische Lyrik-Kritik der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts aufzeigen. Das Unbehagen an dem schönen System manifestiert sich nämlich bereits lange vor dem Erscheinen der großen Ästhetiken Monrads und Dietrichsons. In der Applikation auf eine moderne Lyrik vom Format Gunnar Ekelöfs führt das System dann zu einer formidablen Blockierung. Henning Junghans Thue war ein Mitstreiter Monrads. 1846 hatte er ein Lesebuch in der Muttersprache 45 herausgegeben, das eine große norm- und kanonbildende Wirkung hatte. Ohne den Ausdruck Centrallyrik zur Verfügung zu haben, definiert er dort lyrische Poesie in Übereinstimmung mit den späteren Monrad und Dietrichson. Im selben Jahr schrieb er für die Literatur-Tidende einen Übersichtsartikel über „Die norwegische Lyrik“. Bis ungefähr 1830 habe man, heißt es dort, in Norwegen eine Art „Fabrikspoesie“ geschrieben, Nachahmungen 46 dänischer sentimentaler Gedichte, Gesellschaftslieder und patriotischer Gesänge, spießbürgerliche Kunst in Übereinstimmung mit dem Geschmack des Publikums. Keiner der Lyriker habe eine reiche Dichterindividualität mitzuteilen gehabt. Dann ist Henrik Wergeland aufgetreten, der heute als eine der überragenden Gestalten der norwegischen Literatur gilt und infolge neuerer Textanalysen - u. a. von Andreas Lombnæs 47 - auf Baudelaire und Obstfelder vorausweist. Thue betont zuerst stolz, dass gleichzeitig mit Wergeland eine Literaturkritik, eben die philosophische, aufgetreten sei, die das ästhetische Bewusstsein der Menschen geklärt und gereift habe. Was kann nun Thue als Repräsentant dieses ästhetischen Bewusstseins mit Wergeland anfangen? 45 Vgl. oben, S. 34, Fußn. 33. 46 Christiane Bocklenberg verdanke ich den Hinweis, dass Thue sich hier wohl auf Edward Youngs Conjectures on Original Compositions, 1759, bezieht, wo es, in der deutschen Übersetzung von 1760, heißt: „Nachahmungen sind oft eine Art von Manufactur-Arbeit, die durch die beyden Meister, durch Kunst und Fleiß aus Materialien, die nicht ihr eigen sind, und schon vorher da waren, hervorgebracht worden.“ 47 Vgl. Andreas Gisle Lombnæs, „Å dikte verden. Skapelsen i Henrik Wergelands ‚Digte. Förste Ring‘“, in: Oskar Bandle et. al. (Hg.), Nordische Romantik, Basel & Frankfurt a. M. 1991, S. 472- 477. „Unvergleichlich größeres Genie“ - aber „Missachtung aller Gesetze der Kunst“ „ Dysfunktionalität des Begriffs Centrallyrik“ in der Kritik innovativer Lyrik I. „Centrallyrik“? 42 Er sieht sehr wohl das überragende Format Wergelands. Und die nationalen Saiten, die Wergeland anschlägt, werden als Eintrittskarte in die literarische Institution akzeptiert. Doch dann kommt das große ABER: Ein junger Dichter trat auf, ausgerüstet mit großen Gaben, aber unklar und exzentrisch (…) wild und unbändig glaubte er in jugendlichem Übermut alle Schranken der Kunst brechen zu können und ließ sich von einer Art poetischen Berserkergangs hinreißen, wobei unschöne Bewegungen genauso oft den Unwillen der Zuschauer erregen mussten, wie seine ungeheure Kraftentfaltung deren Bewunderung. Hier bricht also endlich ein Dichter die spießbürgerlichen Erwartungen des Publikums, aber jetzt geht es Thue doch zu weit. Kritiker „mit größerem ästhetischem Verstand“ hätten indes „gegen die Vermessenheit protestiert, mit der der jugendliche Dichter in jedem Augenblick die Gesetze der Kunst und des guten Geschmacks mit Füßen trat.“ Und - Erleichterung - viele dieser Kritiker seien selbst als Lyriker aufgetreten. „Eine geschmackvolle und korrekte Form kennzeichnete ihre Poesie, und sie ermangelte auch nicht nationaler Anknüpfungspunkte.“ Wergeland sei zweifellos ein genuiner Lyriker, mit einem Reichtum von genialen Momenten, schönen Bildern und hohen Gedanken. ABER: mit auffälliger Geschmacklosigkeit, Regellosigkeit und Verachtung der Gesetze der Kunst, entstellenden Auswüchsen, exzentrisch, geschraubt und dunkel, mit einem Mangel an ästhetischer Bildung und kultiviertem Geschmack, ohne die Fähigkeit, die aufgehäuften Bilder zu einem harmonischen Ganzen zu formen, abhängig vom Instinkt, der keineswegs sicher und korrekt sei, ohne künstlerische Ruhe und Ordnung, mit Hang zu Satire und einer rücksichtslosen Einmischung in den tagespolitischen Streit… Mitten in dieser Tirade räumt Thue ein, dass Wergelands Gedichte trotz solcher großer Fehler „eine erstaunliche(! ) Anziehungskraft“ besitzen. Man fühle sich in all ihrem Dunst doch vom kräftigen Flügelschlag des Dichtergenius umbraust. Unter der Einwirkung der Kritik habe sich bei Wergeland später eine gesündere Richtung durchgesetzt. Der Dichter habe Reife und Geschmack errungen, ohne etwas von seiner Feurigkeit und Kraft zu opfern. „Die Subjektivität des Dichters scheint überall hervor und verstreut duftende und glänzende Blumen.“ Und außerdem sei jetzt auch „die Sprachform korrekt“, wenn auch der Bilderreichtum noch immer ermüdend wirke. Wenn Thue den bedeutendsten Vertreter richtig verstandener Lyrik, Johan Sebastian Welhaven, den ein modernes Literaturlexikon denn auch Centrallyriker nennt, 48 mit Wergeland vergleicht, zeigt sich eine bemerkenswerte Ambivalenz. Bei Wergelands „talentvollstem Widersacher“ wird Thues eigene Rhetorik merklich kühler. „Welhaven verfolgte mit besonnener Kraft ein niedereres, aber sichereres Ziel (…) er ließ sich bei all seinen Schritten von einer strengen Kritik leiten (…) fast allzu ängstlich(! ), den Regeln der Kunst gerecht zu werden.“ Wergeland besitze ohne Zweifel mehr Genie, aber Welhaven größere Klarheit, besseren Geschmack, 48 Vgl. Willy Dahl, Nytt norsk forfatterleksikon, Oslo 1971, S. 241. „Unvergleichlich größeres Genie“ 43 „eine außerordentliche Sprachkunst und die sorgfältigste Korrektheit in der Behandlung des Metrums.“ Thue zählt zum Schluss noch eine Reihe vielversprechender junger Lyriker auf, darunter sich selbst und Monrad. Aber er hält nicht besonders viel von ihnen. Man müsse abwarten, ob nicht bald der Wind die schlaffen Segel der norwegischen Poesie fülle… Die Gegenüberstellung von Wergeland und Welhaven sieht dann übrigens ganz gleich aus in Dietrichsons Norwegischer Literaturgeschichte von 1869: Wergeland verblüfft uns, weil er so kühn alle Schranken sprengt und sich vor die Unendlichkeit stellt. Welhavens vornehmste Stärke als Dichter besteht in dem harmonischen Gleichgewicht, womit alle die Fähigkeiten der dichterischen Phantasie sich schwesterlich umschlingen (S. 65). Sähe man Wergelands Dichtung nicht im Lichte seiner ganzen Persönlichkeit, bliebe nur eine verwirrte, unschöne Masse von Phantasien (S. 59), mehr „ein merkwürdiges psychologisches Phänomen als eine vollendete Kunsthervorbringung“ (S. 57). Erst in den späten Gedichten kann Wergeland ganz als Lyriker genossen werden (nydes), die störenden Elemente fallen weg, und wir können uns recht eigentlich freuen über die Töne, die aus einer Brust strömen, der sich der Tod bereits mit starken Schritten nähert (S. 98). Was für Wergeland dennoch nie gelte, Goethes „In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister“, gilt dann eben für Welhaven (S. 109). Seine Begabung war (jedenfalls ursprünglich) zentral lyrisch […], er suchte das Ideal in dem von menschlicher, störender Tätigkeit abgesonderten und doch mit den Bewegungen der Menschenseele so übereinstimmenden Leben der Natur. Man erhält das Gefühl von etwas wunderbar Schönem […], wie es ein ‚Gedankenexperiment‘, ‚die Reflexion‘ nicht hervorbringen kann (S. 112f.). Offensichtlich unter dem Systemzwang seiner Ästhetik, deutet Dietrichson „die Begrenzungen“ von Welhavens Talent mehrmals nur an, ohne sie auf den Begriff zu bringen. Welhaven bleibt einfach „der diametrale Gegensatz zu der seltsamen [! ] Offenbarung auf dem Gebiet der Poesie“, die Wergeland gemessen an Dietrichsons Poetik bleiben muss! Was ich hier vorführen wollte, ist nicht ein Beispiel für bornierte, reaktionäre Literaturkritik, sondern sind die unfreiwilligen oder nicht offen eingestandenen Anzeichen eines Ungenügens der ästhetisch vororientierten Kritik dort, wo sie wirklich interessanter und innovativer Lyrik hätte gerecht werden sollen. * Mein zweites Beispiel stammt von Monrad selbst. Er besprach 1855 die Lyrik des heute als unbedeutend geltenden Theodor Kjerulf in größter Ausführlichkeit. Ich habe diesem Text oben bereits Elemente der Centrallyrik-Konzeption entnom- I. „Centrallyrik“? 44 men. 49 Erst nach vielen Seiten mit Ausführungen über die „Natur der lyrischen Dichtung“ kommt Monrad zu Kjerulf. Er sei ein Lyriker der subjektiven Stimmungen als solcher und lege wenig Gewicht auf die Form - also ein Centrallyriker, mit dem fünf Jahre später von Dietrichson lancierten Terminus. Trotzdem hat Monrad eine ganze Menge eigentlich unerwarteter Einwände. Zuerst: Von den mehr allgemeinen, objektiven Ideen und Interessen, die die Menschheit im Großen bewegen, merkt man nur schwache Spuren. (…) Freiheit z. B. und Vaterland erkühnt er sich nur unter größter Schamhaftigkeit zu berühren. (…) Aber ich weiß nicht, ob es nicht, besonders in unseren Tagen, natürlicher und schöner wäre, wenn der Dichter nicht allzu bange wäre, sich in das Getümmel zu wagen, selbst wenn dies gewiß mit der größten Gefahr verbunden wäre, sich darin zu verlieren. Ganz offenbar wünscht sich Monrad, jedenfalls in den 1850ern, doch keine affirmative oder eskapistische Lyrik. Sein zweiter Einwand: Besonders die Form dieser Gedichte ist nicht ganz frei von Tadel. Ich meine nicht die äußere Technik, Metrum und Reim, worüber der Dichter keineswegs die Herrschaft vermissen läßt. (…) Aber es ist zuweilen etwas Unverhältnismäßiges und Zerrissenes in der Anlage, etwas Steiles in den Übergängen, ein Teil kühn hingeworfener Zwischensätze, und endlich einzelne Dunkelheiten in der Detailausführung, die oft die klare Auffassung erschweren und den Genuß stören. Eine dritte Reservation: Kjerulf sei „ein durchreflektierter Geist, der u.a. auch eine bedeutende Prägung durch die europäische Reflexions-Bildung erfahren hat, obwohl diese allerdings nicht, wie es so oft geschieht, sein Wesen auszuhöhlen vermochte.“ Und jetzt offenbart Monrad seine Ambivalenz - nicht so sehr Kjerulfs Lyrik, sondern seiner eigenen Ästhetik gegenüber: Was meine persönlichen Gefühle angeht, kann ich nicht leugnen, daß ein Neigen zu dieser Seite (gemeint ist das Steile) doch eher meine Sympathie hat als das Gegenteilige; ich liebe es mehr, entlang steiler und sogar etwas holpriger und mühsamer Pfade geführt zu werden, wo die Aussicht rasch wechselt, als gemächlich durch lauter flache Blumenwiesen zu wandern - um von der staubigen Landstraße gar nicht erst zu sprechen. (In seinem Verhältnis zu den poetischen Blumen ist Monrad also weniger biedermeierisch als Thue! ) Wenn Monrad aber dann zu seiner Konklusion ansetzt, ist er wieder ganz affirmativer, aber auch resignierter Philosoph: Mit seiner ernsten, edlen Geistesausrichtung, mit seinen tiefen Gedanken und seiner reichen Phantasie und endlich seiner technischen Meisterschaft wird Kjerulf in Zukunft Werke hervorbringen können, die einen umso größeren Einfluß auf die Wenigen, die sie sich aneignen können, ausüben wird. Monrad kommt noch einmal auf die gegenwärtigen Zeiten zu sprechen, die für lyrische Poesie ungünstig seien. Es geht offenbar um ihren Materialismus, denn er ruft 49 Vgl. oben, S. 32. „Unvergleichlich größeres Genie“ 45 seinen Lesern, Kjerulfs Motto und damit Paulus zitierend, zu: „Löschet den Geist nicht aus! “ Arild Linneberg, der diese Monrad-Rezension ebenfalls ausgewertet hat, verliert an dieser Stelle nach langen loyalen, dialektischen Monrad-Exegesen die Geduld. Er schiebt einen Exkurs ein, in dem er Leo Löwenzahns Meinung in Osloer Arbeiterdialekt, aber mit Referenzen zu Derrida und Foucault wiedergibt, eine witzige Erinnerung an die doch nicht ganz entbehrlich gewordene Ideologiekritik etwa eines Leo Löwenthal. Der fiktive Proletarier Löwenzahn empört sich über den Ausschluss alles Rohen, Ungebildeten, über den bürgerlichen Bildungsterror von Monrads System und dessen symbolische Machtausübung und ruft u. a. aus: Nackte Machtsprache, wenn du mich fragst. Das System stinkt zum Himmel, und Foucault hat recht: alles wird ins System eingesperrt. Dort erfüllt es eine Funktion im System selbst: es braucht die unebenen Außenkanten, um total hierarchisch zu werden. (S. 112f.) (Mit einem Graffito in der Ruhr-Universität Bochum, wo offenbar auch unter Machtsprache gelitten wird, könnte man auch ausrufen: „Dialektik, Dialektik, tralala“.) Im weiteren Verlauf seiner Arbeit zeigt Linneberg, differenzierter und z. T. an anderen Features als ich, ebenfalls die blinden Stellen von Monrads System auf und interpretiert sie als Ansätze, die Einsichten hätten produzieren können. Leo Löwenzahns Befund möchte ich allerdings noch hinzufügen, dass sich das ästhetische System nicht nur sozial anders gelagerte Erfahrungen und Diskurse unterwarf, sondern dass es das eigene, bürgerliche Emanzipationspotential einschnürte und neutralisierte, das um 1800 herum in der Aufwertung des Individuellen und des Gefühls lag. Wiederum - um was es mir ging: Thue hatte Gespür für die Größe Wergelands und für das Mittelmaß Welhavens - aber seine ästhetisch disziplinierte Vernunft gab ihm für Wergelands Kunst fast nur negative Wertungskriterien an die Hand. Monrad, der in den 50ern, wenn er nicht als Philosoph ex cathedra sprach, durchaus liberal und politisch engagiert in der politischen Öffentlichkeit mitredete, möchte eigentlich eine entsprechend engagierte und politisch aktuelle Literatur sehen. Und er bevorzugt „persönlich“ eine formal widerborstige Lyrik. Aber seine Ästhetik lässt das nicht zu. Ein dänischer Zeitgenosse Monrads hat treffend von ihm gesagt, er besitze Sinn, aber keinen Verstand für Kunst. Als ca. 50 Jahre nach Wergeland in Norwegen wieder eine Literatur geschrieben wurde, wie Monrad sie sich 1855 eigentlich gewünscht hatte, als der Wind die schlaffen Segel, um in Thues Bild zu bleiben, füllte, da war sein Denken so unflexibel geworden, dass er „nicht mehr mitmachen“ wollte. Er hatte ja gerade seine 900-seitige Ästhetik auf den Tisch geknallt, mit einem Knall allerdings, den fast niemand mehr wahrnahm. Monrad war ein „Fossil“ (Linneberg) geworden. Ibsen, der sich sowohl in Ästhetik als auch in Politik auskannte, eröffnete sein erstes gesellschaftskritisches Drama, Die Stützen der Gesellschaft, 1877, mit einer Modellsituation, die kritisch die literarische Institution und ihr Verhältnis zur gesellschaftlichen und politischen Realität abbildet. Im Teesalon der Damen des Hau- I. „Centrallyrik“? 46 ses Bernick liest ein naiver Hauslehrer aus einem Buch mit Goldschnitt vor. Als die „niederere“ Realität sich auf der Straße in Gestalt einer Zirkustruppe meldet, werden die Gardinen zugezogen. Und vor den unharmonischen Tönen im Büro des Konsuls, wo sich trübe kapitalistische Machenschaften, unkontrolliert von den Ideen und Idealen in Goldschnittbüchern, abspielen, verschließen die Frauen und Töchter per Definition oder per Bildung und „gutem Geschmack“ die Ohren. Sie werden darin ausdrücklich bestärkt von Adjunkt Rörlund, dem Hauslehrer. Dieser Adjunkt Rörlund könnte auch ein Porträt Monrads sein. Trotz all dieser Fragwürdigkeiten haben sich der Begriff Centrallyrik und die dazugehörigen Axiome in Skandinavien durchgesetzt, wenn auch in ausgedünnten, verflachten oder modifizierten Formen und eingebettet in modernere Paradigmen als das spätidealistische. Schwedische und dänische neuere Ästhetiker haben ihn übernommen. Darauf und auf die möglichen Gründe dafür kann ich hier nicht mehr eingehen. Ich mache einen Sprung von den Norwegern 1850-70 zur schwedischen Lyrikkritik der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Was hier deutlich wird, ist die konservative normative Funktion des Begriffs und seine Dysfunktionalität angesichts des schwedischen Modernismus, der sich ab ca. 1920 geltend machte. Was bei Wergeland virulent war, zeigt sich erst recht anhand des bis heute bedeutendsten schwedischen Lyrikers, des Modernisten Gunnar Ekelöf. Wo seine Lyrik die Kritiker nicht zur Aufgabe der Centrallyrik-Konzeption zwingt, geraten sie ihr gegenüber in Schwierigkeiten und Argumentationszusammenbrüche. Das Erscheinen der Poetik des finnlandschwedischen Ästhetikers Hans Ruin schließlich, wo die Centrallyrik-Konzeption modernisiert aufgehoben ist, ja verabsolutiert wird, veranlasste wohl nicht ihre längst fällige Überwindung. Die Besprechungen des Buches melden jedoch einen deutlichen Widerstand, eine große Skepsis an. Dennoch hat Ruins glänzend geschriebenes und um Empirie bemühtes Buch - in vielem vergleichbar mit Emil Staigers Grundbegriffen der Poetik, 1946, - noch lange großen Einfluß ausgeübt. Das Buch heißt Die Mystik der Poesie und erschien in der ersten Auflage 1935, in der zweiten 1961. Der tendenzielle Irrationalismus der lyriktheoretischen Doxa, um die es uns geht, ist endlich manifest geworden. * Der grand old man der schwedischen Literaturgeschichtsschreibung Fredrik Böök (1883-1961), wie vor ihm Monrad und Dietrichson eine Stütze der Gesellschaft und ein Großordinarius, dazu Goethemedaillenträger und Nazisympathisant, fand neben seiner enormen wissenschaftlichen Produktion noch Zeit, für Svenska Dagbladet Literaturkritiken zu schreiben. Böök verwendete in seinen Schriften den Begriff Centrallyrik sporadisch, er war ja auch kein Ästhetiker. 1922, in einer Rezension „Unvergleichlich größeres Genie“ 47 von Gedichten Anders Österlings, kommt er ohne den Begriff aus, aber die Sache ist unmissverständlich angesprochen, mit leicht vitalistischem Zungenschlag: „Das Gefühl des jungen Dichters ist so echt und heftig, dass es sich völlig ungezwungen nach dem Almanach formte und ein poetisches Kalendarium hervorbrachte.“ Seine Gedichte „haben etwas Elementares, etwas Primitives (…) eine Form von Sensualismus (…) aber ohne Schwere und Grobheit, ohne brennendes Begehren oder robusten Materialismus. Sie sind beseelt und beflügelt.“ In einer Rezension eines Buches von Vilhelm Ekelund rühmt Böök: Aus dem Flachland des poetischen Realismus, wo der schonische Skalde einst wandelte, aus diesem modernen Zeitalter des theoretischen Naturalismus erhebt sich plötzlich der transzendentale Idealismus wie eine strahlende Alpenkette. Ein anderer Kritiker fand bei Österling zwar keine „reinen Stimmungsgedichte“, sie seien meist „reflektierend“. Aber die folgende Charakteristik weist deutlich in Richtung Centrallyrik: „(Österling) versteht es auf eine besondere Weise, Natur und Seele zu verknüpfen, so dass diese nicht miteinander verglichen werden, sondern zu einer Einheit verschmelzen.“ Einige Kritiker finden bei Ekelund formalistischen „Krimskrams“. Aber dort, wo er ohne diesen auskomme, schaffe er vollendete „Kernlyrik“ (Sten Lidner, 1925). Kernlyrik ist ein schwedisches Synonym für Centrallyrik. Ein anderer Kritiker nimmt 1933 Österlings Gedichte zum Anlass einer Definition von Centrallyrik. Er findet Vieles, was die Motive direkt aus der inneren Welt holt, wo Freude und Trauer, Lust und Leid zusammen die Farbe bestimmen, und in dessen Schimmer wir unser allerpersönlichstes Leben leben. Hier gibt es mit anderen Worten sehr viel Centrallyrik. Das Fazit dieser Rezension hätte fast von Monrad sein können, wenn es nicht so plump wäre. [T]iefster Brustklang (…) männliche Wärme, Charakterfestigkeit, geistige und künstlerische Verfeinerung - alles nicht zuletzt heute wertvolle Eigenschaften - prägen den vornehmsten jetzt lebenden schwedischen Lyriker des Humanismus. Heute, jetzt, das ist 1933. Und ein Jahr davor hatte Gunnar Ekelöf debütiert - mit surrealistischen Gedichten! Bis 1963 habe ich explizite Zuordnungen Österlings und Ekelunds zur Centrallyrik gefunden, 50 u. a. mit der in Schweden inzwischen eingebürgerten Reverenz vor Goethe. „Aber am ergreifendsten sind die kurzen, zentrallyrischen Gedichte (Ekelunds), wie das goetheklingende klare ‚Ruhe‘.“ Der Rezensent, Björn Julén, ist Literaturhistoriker. Der angeführte Gedichtbeleg erinnert tatsächlich an Goethes „Über allen Gipfeln“. Bereits 1933 nannte Sten Selander ein Gedicht Österlings „zentrallyrisch, fast goetheanisch“. (Gérard Genette zeigt übrigens, dass auch in 50 Für Teil II dieses Aufsatzes habe ich das Pressearchiv für schwedische Literaturkritik von Litteraturvetenskapliga institutionen der Universität Lund ausgewertet, ohne hier die Quelle im Einzelnen nachzuweisen. I. „Centrallyrik“? 48 Frankreich Goethes Nachtlied als Prototyp des rein Lyrischen - zwischen Lyrisch- Dramatischem und Lyrisch-Epischem - gilt. 51 ) Was mir in diesen Rezensionen, wo die Zuordnung zur Centrallyrik gleichzeitig ein positives Werturteil und nicht selten Anlass zu Polemik gegen andere Lyrikarten ist, noch auffiel, ist die traditionalistisch-akademische Sprache ihrer Verfasser. Sie steht in einem starken Kontrast zur gleichzeitigen Literatursprache. Die Rezensenten sprechen ständig von der Leier des Dichters, von seiner Muse oder seinen Gesangesgöttinnen; der Dichter wird altertümelnd (und unsachgemäß 52 ) Skalde genannt… Österling und Ekelund sind beide hervorragende Lyriker innerhalb eines nachromantisch/ symbolistischen Mainstreams, in Deutschland vielleicht vergleichbar mit Loerke und Lehmann. Sie kommen einem gemäßigt modernen Geschmack entgegen. 53 In Rezensionen von ausgesprochen intellektualistischen Lyrikern wie Hjalmar Gullberg dient die Gegenüberstellung von Reflexion und Stimmung vorerst bloß der Charakterisierung der Texte. Dennoch haben die Rezensenten nachher Mühe, zu ihrer durchaus intendierten positiven Wertung zu kommen. In Rezensionen modernistischer Gedichte, die gerade noch zentrallyrisch gelesen werden können, gibt dieser Umstand Anlass zu polemischen Ausgrenzungen von modernistischen Tendenzen, die den Rezensenten zu weit gehen. Dies fällt besonders in der Rezeption Harry Martinsons auf, und zwar bis in die 1950er Jahre hinein. Martinson wird oft als Centrallyriker bezeichnet - trotz seiner intellektuellen Reflexionen und seiner modernistischen Neigungen; dann ist er eben „ein philosophischer“ oder „modernistischer Centrallyriker“ (so z. B. wurde auch Karin Boye eingestuft! ). Wichtig ist den Kritikern nur, dass er frei ist von „allem Quasi-Tiefsinn und aller Künstelei der Lyrik unserer Tage“ (GHT 1958). Er besitzt „zentrallyrische Einfühlung“, ist aber kein „Egozentralschauer und Tiefenbohrer im eigenen Zahn“ (Göteborgs Posten, 1958), usw., usw. * 51 Vgl. weiter Wulf Segebrecht, J. W. Goethes Gedicht „Über allen Gipfeln ist Ruh“ und seine Folgen, München & Wien 1978. 52 Vgl. oben, S. 38, Fußn. 41. 53 Per Erik Ljung, Vilhelm Ekelund och den problematiska författarrollen, Lund 1980, zeigt allerdings, dass Ekelunds Lyrik viele modernistische Züge aufweist. När man kommit så långt När man kommit så långt som jag i meningslöshet är vart ord åter intressant: Fynd i myllan som man vänder med en arkeologisk spade: Det lilla ordet du kanske en glaspärla som en gång hängt om halsen på någon Det stora ordet jag kanske en flintskärva med vilken någon i tandlöshet skrapat sitt sega kött (Gunnar Ekelöf, 1955) I. „Centrallyrik“? 50 In den Rezensionen der Gedichtbände Gunnar Ekelöfs, der nun gewiss ein eminenter Lyriker und einer der Großen der Weltliteratur ist, glänzt zu Anfang, während seiner surrealistischen Phase, der Begriff Centrallyrik mit Abwesenheit, und die Besprechungen sind ablehnend und verständnislos. Allenfalls findet ein Kritiker „esoterische Ich-Lyrik“, und esoterisch ist ein Ausschließungskriterium. Die frühe Rezeption Ekelöfs ist von Bengt Landgren genau dokumentiert und analysiert worden. 54 Ohne den Begriff Centrallyrik zu verwenden oder in seinen Dokumenten zu finden, ortet Landgren die Gründe der „Blockierung“ der Kritik in einem „Normensystem“, das der Sache nach identisch ist mit dem Begriff der Centrallyrik: Die Ablehnung von Ekelöfs Formexperiment (…) gründet auf einer Expressionsästhetik, deren Fundament die Forderung ist, dass Poesie ein reiner Gefühlsausdruck sein, eine unmittelbare Stimmung übertragen soll (…) etwas, das direkt vom Herzen kommt (S. 14). Wie bei Thue, als er mit Wergeland konfrontiert war, erscheint das Problem, das der inadäquate Lyrik-Begriff aufbrechen läßt, in Formeln wie: Ekelöfs Gedichtbuch (…) ist bei weitem nicht talentlos, der Autor scheint große poetische Möglichkeiten zu besitzen, und es irritiert (! ) einen deshalb um so mehr, dass er sich in einer so exklusiven Form isoliert hat (Georg Svensson, in BLM 1935). Landgren zeigt, dass „die romantische Expressionsästhetik, mit ihrem grundlegenden Echtheitskriterium“ auch diejenigen Rezensenten blockiert, die sich zu einer positiven Würdigung von Ekelöfs Innovation verpflichtet fühlen. Dann schrieb Ekelöf romantische Pastischen, von denen er später Abstand nahm. Die Kritik war erleichtert. Hier war wieder Gefühl, Stimmung, wenn auch mit einer gewissen Distanzierung, wie sie „die modernen Tendenzen“ nun mal verlangen. Hier kann nun „von einem echten Lyriker“ gesprochen werden. „Echtlyrisch“ ist neben „kernlyrisch“ ebenfalls ein Synonym für zentrallyrisch. Und endlich kann dann auch Ekelöf noch als Centrallyriker vereinnahmt werden, mit folgender Begründung: „Innerlichkeit ist das Kennzeichen dieser Dichtung (…) echte Mystik“ - so Erik Blomberg, 1938, drei Jahre nach Erscheinen von Hans Ruins Buch Die Mystik der Poesie. „Sein (Ekelöfs) Gefühl hat die ästhetizistischen Begrenzungen gesprengt“! Und ironischerweise nimmt gerade der Modernist Artur Lundkvist in der ersten Nummer der Avantgarde-Zeitschrift Karavan Ekelöf vor dem Surrealismus- Vorwurf in Schutz, indem er ihn zentrallyrisch vereinnahmt. Ekelöf schreibe „eine Centrallyrik, die oft zu Symbolen greife, um das sagen zu können, was sie wolle“! Dann schrieb Ekelöf wieder „ausgesprochene Gedankenlyrik, dann wieder musikalische Lyrik, die an unser Gefühl appelliert und in unserem Inneren Stimmungen auslöst“ (Ragnar Hoppe in einer Rezension von Ekelöfs Essay-Band Promenader, 1941). In seiner Gedichtsammlung Strountes (1955, = Quatsch! ) ist Ekelöf programmatisch antipoetisch - die Kritik reagierte hilf- und fassungslos. 54 Bengt Landgren, Den poetiska världen. Strukturanalytiska studier i den unge Ekelöfs lyrik, Uppsala 1982, S. 13-43. „Unvergleichlich größeres Genie“ 51 Schließlich bringt ein Kritiker das Dilemma auf den Begriff: „Ekelöfs Poesie ist ausgespannt zwischen den Extremen (…) mit einer Beweglichkeit in der Technik, die imponierend ist, und sie ist geprägt von kühler Ironie.“ (Bertil Gedda, 1951) Imponierend, aber eben leider nicht zentrallyrisch! Man fühlt sich an Thues Reaktion auf Wergeland erinnert - hundert Jahre später … Ein modernistischer junger Kollege Ekelöfs - seit den 40er Jahren hatte sich im literarischen Feld Schwedens, in der lyrischen Praxis, die modernistische Lyrik durchgesetzt - sagt es polemisch gegen ungleichzeitige Kritik: „Ekelöfs Lyrik ist ein Schlag ins Gesicht aller, die soft music lieben“ (Lars Forsell, 1959). Er hätte auch eine Zeile aus einem Gedicht von Edith Södergran zitieren können, die mit einem Gedichtband von 1916 als erste schwedischsprachige Modernistin gilt: „Schönheit ist nicht die dünne Soße, in der die Dichter sich selbst servieren“! Ein Kritiker schließlich nimmt zustimmend zur Kenntnis: „Ekelöfs Poesie erweist sich immer mehr als eine Poesie über den Gattungen“ (Stig Sjödin, 1961). * Wir haben gesehen, dass die Rede von der Poesie als Mystik von der Kritik bereits aufgegriffen wurde. Hans Ruins Buch von 1935 baut auf Abbé Bremonds Theorie der poésie pure auf und transformiert die Mitte der idealistischen Triade ins Tiefenpsychologische und Mystische. Ein Rezensent Ruins schreibt: Es sind in aller zentralen Poesie nicht die einzelne Ausdrucksweise und die Gedanken, die das Wesentliche ausmachen, sondern die Totalität und die Atmosphäre, das, was jenseits, hinter, ober- und unterhalb liegt. Das ist kaum neu (…). Es hat den Kern eines Arsenals ausgemacht, mit dem die Romantiker sich gegen die Dichtung des 17. Jahrhunderts wappneten. Oft scheint es, als ob die Poesie, die Ruin meint, identisch sei mit dem, was man in den Begriff Centrallyrik zu legen pflegt. Doch der Rezensent hat einen Einwand: „Dies gilt kaum für alle Lyrik (…), sondern bloß für einen Bruchteil.“ Diesen Einwand bringen - eigentlich erstaunlich bei dem Bild, das ich bis jetzt von der zentrallyrisch indoktrinierten Literaturkritik gezeichnet habe - fast alle Rezensionen, und sie führen ihn gründlich aus. Es wird nun plötzlich die Berücksichtigung der intellektuellen Gedankenlyrik, der realistischen Lyrik, der altisländischen, hochartifiziellen und formalistischen Skaldik und der barocken Lyrik eingeklagt. In einer Rezension der Neuauflage von 1961 erscheint sogar Dietrichsons Vorwurf der Verwechslung von Rhetorik und Ästhetik umgedreht: Die Wiederholung, die als formales Kennzeichen echter, zentraler oder mystischer Lyrik gelten solle, sei ja schließlich eine barocke lyrische Technik! Ruins Poesie-Begriff gilt also als einseitig. Nur ein einziger Rezensent zitiert unkritisch die Quintessenz Ruins - für uns ist sie verräterisch durch ihre Nähe zum alten Monrad, nur dass Monrads lebenspraktische Applikation nicht so naiv war: „Die Gabe der Poesie an uns ist vor allem, dass sie uns gleichsam in den Mittelpunkt der Dinge versetzt, uns hilft, zentral zu leben.“ II. Die Dezentralisierung der Lyrik Die große metaphysische (? ) Frage ist die: Gibt es ein Leben vor dem Tod? Ich kann keine wichtigere Aufgabe für die Poesie sehen, als diese Frage zu stellen. Und die Antwort zu sein. (Tom Lotherington 1977) 56 Die norwegische Lyrik ist in der zweiten Hälfte der sechziger Jahre in Bewegung geraten. Vitalität, Phantasie, Reichtum an Formen, Aktualität der Themen und Ideen, hoher Informationsstand, handwerkliche Perfektion, ein neudefinierter Poesiebegriff und eine realistischere Auffassung der sozialen Rolle des Lyrikers zeichnen sie aus. Quantitativ dominierte vorher ein kleinbürgerlicher Humanismus und ein bleicher, epigonaler Spätsymbolismus in der lyrischen Produktion Norwegens - das also, was in der deutschen Lyrikdiskussion „Wegrandlyrik“ und „metaphorische Himmelfahrt“ genannt worden ist. Ein Blick auf die neueren Anthologien: In Lyrikboken (Das Lyrikbuch), 1971, redigiert von dem Hochschullehrer Ivar Havnevik, sind nur Autoren vertreten, die bis 1960 debütiert haben, allerdings mit Gedichten bis 1970. Einzig Rolf Jacobsen am Anfang der Moderne - d. h. für Norwegen in den dreißiger Jahren - und Georg Johannesen am Ende der Anthologie wollen sich nicht in den glatten Traditionsfluss von Johan Sebastian Cammermeyer Welhaven (1808-1837) bis Stein Mehren (Debüt 1960) fügen. Norsk lyrikk nå (Norwegische Lyrik heute), 1968, ist redigiert vom Lyriker Paal Brekke, der in den fünfziger Jahren gegen das lyrische Establishment angekämpft hatte, um sich mit einem aus Dänemark und Schweden inspirierten Modernismus durchzusetzen. Seine Auswahl enthält nur Gedichte, die in den sechziger Jahren entstanden sind, verhält sich aber „abwartend den Ein- und Zweibuchautoren gegenüber“. Eindruck: zahm und epigonal, mit einer Ausnahme: Georg Johannesen. Nur ein Jahr später gab der junge Lyriker Paal-Helge Haugen Den norske poesikatalogen (Norwegischer Poesiekatalog) heraus: witzig, frech, aggressiv, politisch; thematisch und formal von größter Variationsbreite, 31 neue Namen, das Bild ist plötzlich radikal verändert. Bereits 1971 ist es dann so weit, dass die neue Poesie nicht mehr polemisch, sondern klassisch redigiert werden kann: Poesi 14 x 14, herausgegeben von Jan Erik Vold. Die 55 Neu bearbeitet, leicht gekürzt und á jour gebrachte Fassung eines Aufsatzes mit gleichem Titel, der in Scandinavica, Supplement, London 1972, erschienen ist. Die Übersetzung der Gedichte stammt vom Verfasser. 56 Das Motto wurde einem Manifest „En gjerning som er nyttig og forgjeves“ von Tom Lotherington, in: BASAR 1 (1977), S. 37-39, entnommen. Die Dezentralisierung der norwegischen Poesie II. Die Dezentralisierung der Lyrik 56 junge Poesie ist ihrer selbst so sicher geworden, dass sie sich wieder in die Tradition stellen kann. Oder umgekehrt: Rolf Jacobsen, 57 Tarjei Vesaas und Olav H. Hauge, und - im Folgeband poesi pluss von 1974 - Inger Hagerup und Ernst Orvil werden in der neuen Perspektive in ihrer Modernität sichtbar. 1974 sammelten Arnljot Eggen, Stig Holmås und Arvid Torgeir Lie für den Oktober-Verlag neue progressive Lyrik unter dem undogmatischen Konzept La hundre blomster blomstre (Lass hundert Blumen blühen). Die Anthologie mit dem Mao-Zitat im Titel enthält 77 ältere und neuere Namen. In einem Zeitraum von sechs bis zehn Jahren hat eine Generation von jungen, nach 1940 geborenen Autoren in energischer Abkehr von der heimischen Tradition die „Centrallyrik“ 58 oder Erlebnislyrik überwunden und sich die „Weltsprache der Poesie“ 59 angeeignet. Sie hat sich damit in die Lage gesetzt, ein zeitgemäßes Lebensgefühl zu artikulieren und aktuelle Probleme zu bearbeiten. Sie lehnt es ab, nostalgisch und naiv die Idylle zu beschwören, ein Unternehmen, das ein Traditionalist, Ragnvald Skrede, in einem 1970 erschienenen Gedichtband noch ganz unironisch auf die Formel bringen konnte: Ich will mir eine seelische Taucherglocke bauen. Dann kann ich hinter der Blasmusik herlaufen und nur noch die Laute der Natur hören. Diese Generation weigert sich auch, aristokratisch-tragisch der Banalität und der Unvollkommenheit dieser Welt eine Pseudoreligion entgegenzusetzen. Das Dilemma, das der klassische Modernist, als Charisma willentlich ungelöst, zur Schau trug: „Will ich Wirklichkeit, oder will ich in diesem Dunkel der Schönheit bleiben? “ (Stein Mehren, 1969), dieses Dilemma verliert für sie ganz einfach an Interesse. Ein selbstverständliches Akzeptieren des urbanisierten und technifizierten Milieus und des pluralistischen, säkularisierten Lebensgefühls ist ihr Ausgangspunkt. Der Bereich der Poesie wird entgrenzt - nicht in Richtung Metaphysik, sondern in Richtung Wirklichkeit und Politik. Jede hierarchisierende Vorentscheidung für gewisse Gefühle, Motive und Stilmittel als spezifisch poetisch wird abgelehnt. Hähnchenflügel kaufen an der Vøien-Kurve das ist Poesie - Beate! 57 Rolf Jacobsen ist der einzige Norweger, der in Hans Magnus Enzensbergers Museum der modernen Poesie, Frankfurt a. M. 1960, vertreten ist. 58 Der Begriff „Centrallyrikk“ ist aus dem Schwedischen in die anderen skandinavischen Sprachen übernommen worden und wird meist sehr vage und ohne Quellennachweis oder Definition gebraucht. Er meint Natur- und Liebeslyrik und steht in der Nähe des deutschen Begriffs Erlebnislyrik und Emil Staigers Begriff des Lyrischen als Erinnerung (Grundbegriffe der Poetik, Zürich 1946). 59 Hans Magnus Enzensbergers Ausdruck. Vgl. Vorwort zu Museum der modernen Poesie, 2. Aufl. 1964, S. 17. Der Essay ist ins Norwegische übersetzt in Vinduet 2 (1965), S. 121-129, unter dem Titel „Den moderne poesis verdensspråk“ erschienen. Die Dezentralisierung der norwegischen Poesie 57 heißt es bei Jan Erik Vold 1969. Bei ihm ist auch die entsprechende sprachliche Reduktion schon vorweggenommen, die Heikki Grøhn 1971 im folgenden Gedicht ausgesprochen hat: fünf Wörter sind eine Zeile zwei Zeilen sind ein Gedicht Was einem statischen Poesiebegriff und einer daran orientierten Literaturkritik als Niveauverlust oder Trivialisierung erscheinen musste, war tatsächlich eine Bereicherung. Die ganze Welt wird jetzt als Herausforderung bejaht, sie will beschrieben, analysiert und strukturiert werden. Überlieferte Lösungen werden neu geprüft, relativiert, ironisiert oder ignoriert. Nicht nur quantitativ erwies sich der alte Poesiebegriff als Beengung, auch qualitativ war er verfehlt. Sowohl innerliterarische als auch historisch-politische Entwicklungen haben dies deutlich werden lassen. Seine verstiegenen Ambitionen, bzw. seine affirmative Genügsamkeit verhinderten eine progressive Bewegung, bedeuteten Stagnation. Der Motor ihrer Bildentfaltung war ein Dualismus, ihre Dynamik deshalb kein eigentliches Fortschreiten, sondern ambivalentes Schwanken, tragisches Scheitern zur Tugend erhoben. 60 Ihr unbescheidenes Ziel war dennoch „Wahrheit, mehr Wirklichkeit.“ 61 Diese Dichtung schuf sich immer wieder den Spiegel, den Kreis, den geschlossenen finsteren Raum als existentielle Symbole. Im Zeitalter des Kalten Krieges war es noch möglich gewesen, in diesen Zeichen eine hoffnungslose, sinnentleerte Welt auszudrücken, deren Widersprüche man allgemeinmenschlich, zeitlos und nicht historisch, gesellschaftlich auffasste. Aus den Spiegeln wurden in der neuen Poesie Fenster, aus dem Kreis eine Spirale, 62 der Raum wurde hell und bunt. Das Ziel ist keine substanzialistische Wahrheit mehr, es besteht aus funktionellen Teilwahrheiten, was vorerst Entlarvung der Unwahrheiten bedeuten musste. „Der Autor will nicht die Wahrheit sagen, sondern die Lüge widerlegen“, sagte Einar Økland 1967 in einem Aufsatz über den Generationenwechsel in Norwegen. 63 Fiel bisher der größte Teil der norwegischen Lyrik unter den Begriff der „Centrallyrik“, so ist sie jetzt von jener exzentrischen Bewegung erfasst, die das beherrschende Strukturmerkmal moderner Kunst ist. 64 60 Vgl. Alain Robbe-Grillet, „Nature, humanisme, tragédie“, in: Pour un nouveau roman, Paris 1963, S. 55-84. 61 Erling Christie in Tendenser og profiler, Oslo 1955, S. 26. Vgl. auch Christies Mens vi venter. Av en dagbok fra femtitallet, Oslo 1958. 62 Vgl. Walter Baumgartner, „Strukturer i Jan Erik Volds lyriske produksjon“, in: Vinduet 1 (1968), S. 16-25. Im Essay „Sirkelen og spiralen“, in Vinduet 1 (1968), S. 38-42, bringt Vold selbst den Unterschied zwischen klassischem Modernismus und Postmodernismus auf diese Formel. 63 Vgl. Einar Økland, „Frå generasjonsskifte i Noreg“, in: profil 3 (1967), S. 42. 64 Vgl. Hugo Friedrich, Die Struktur der modernen Lyrik, Hamburg 1959. Für die bildende Kunst etwa Hans Sedlmayr, Verlust der Mitte, Frankfurt a. M. 1959, und Die Revolution der modernen Kunst, Hamburg 1955. - Der Verf. teilt allerdings die Wertung dieses Strukturbefunds bei Friedrich und Sedlmayr nicht. II. Die Dezentralisierung der Lyrik 58 Die Klaustrophobie, die Espen Haavardsholm in der norwegischen Prosa vor 1965 diagnostiziert hat, 65 prägte auch die Lyrik. Sie wird jetzt überwunden. Ein starkes Erlebnis der Befreiung, der unbegrenzten Möglichkeiten, beherrscht die Lyrik von 1966 an. Jan Erik Vold sagt es 1969 so: Ich sitze im Sand und ziehe einen Kreis um mich herum. Das bedeutet, dass ich gefangen bin. Dann stehe ich auf und gehe aus dem Ring heraus, unbeschwert - wie man den Äquator überquert. Hallo! Der Lyriker versteht sich nicht mehr als Medium eines transzendentalen Poetischen, sondern als Handwerker. Sein kritisches Verhältnis zur Sprache lässt ihn nicht zum Opfer eines leicht pervertierenden „Erkenntnisprozesses“ werden, der auf die Ursprungskraft der Intuition baute und gerade so nichthinterfragten Konventionen verfiel. Der neue Poet verfügt souverän über seine Fiktion, wenn er sich die Mechanismen der Sprache und Mythenbildung 66 bewusst macht. „Schweben, schweben“ 67 wurde das Losungswort unter den Freunden um die Literaturzeitschrift profil, die diese exzentrische und dezentralisierende Bewegung trugen und von ihr getragen wurden. Die Dialektik dieser Bewegung: durch Dezentralisierung 68 und Reduktion des Poesiebegriffs, durch soziale Nivellierung der Dichterrolle und antipoetische Haltung rückt die Utopie einer demokratischen „totalen Poesie“ nahe. Paal-Helge Haugen lanciert in seinem Gedichtband Sangbok (Liederbuch) von 1969 folgende übermütige „Wichtige Meldung über die Zukunft der Poesie“: Wir gehen harten Zeiten entgegen: DIE POESIE KANN UNS JEDEN AUGENBLICK ÜBERFALLEN! überall liegt sie auf der Lauer, bewaffnet bis an die Zähne (…) Die Polizei ist ratlos „Storebrand“ bietet ihre neue Kombinierte Poesieversicherung an aber es gibt keine Hoffnung mehr Die Poesie kommt die NEUE Poesie 65 Vgl. Symposions-Referat in: skandinavistik 2 (1971), S. 92f. 66 Zum Mythos als Sprache vgl. Roland Barthes, Mythologies, Paris 1957. 67 Sveve, sveve heißt ein Text in Dag Solstads Svingstol, Oslo 1967, S. 74ff. Ein Gedicht von Jan Erik Vold in Mor Godhjertas glade versjon. Ja, 1968, heißt Sveve, sveve - Francis og Jan Erik (S. 80ff.) Signifikant in unserem Zusammenhang ist auch der Titel Sving-stol, dessen Element „sving“ den Fachausdruck für die schwebende rhythmische Qualität des Jazz konnotiert. Jan Erik Vold hat in Privatdruck einen Prosatext herausgegeben mit dem Titel Svingdør (Forening for Norsk Bokkunst, Oslo 1967). 68 Der Begriff Dezentralisierung wurde von Einar Økland energisch lanciert, er konnte sich aber bei dem fehlenden Informationsaustausch Autoren-Kritiker nicht durchsetzen. Vgl. unten, Anmerkungen 72 und 74. Die Dezentralisierung der norwegischen Poesie 59 (…) ist es hier: DAS GRENZENLOSE MENSCHENGEDICHT Mit der Gedichtsammlung mellom speil og speil (Zwischen Spiel und Spiegel) landete Jan Erik Vold 1965 weich im Bild der norwegischen Lyrik. Weich, weil sich seine Thematik noch nicht von derjenigen der damals avanciertesten norwegischen Gedichte abhob. Sie bestand in Identitätsproblemen und erkenntnistheoretischen Anfechtungen eines spätsymbolistischen Narzissmus. Er zweifelte, ob „außerhalb der Wörter noch etwas existierte“. Auch die Begegnung mit der Geliebten pervertiert zur Selbstbespiegelung. Dem immerfort in Spiegel- und Echoeffekten sich vom Gegenständlichen entfernenden metaphorischen Denken - „alles, was ich anfasse, gleicht etwas anderem“, ist ein Gedicht von Stein Mehren von 1960 überschrieben - solcher metaphorischer Gedankenflucht bietet sich bei Jan Erik Vold schließlich ein Baum als Ruhepunkt an. In verschiedener Hinsicht kündet sich aber in diesem Debüt der Neubeginn an, der die norwegische Lyrik im Nachholprozess der kommenden Jahre aus ihrer Provinzialität und aus ihrem Epigonentum riss. Die preziöse, verführerisch schöne Sprache mit vielen Genitiv-Metaphern in mellom speil og speil ist durchsetzt von realistischen Beobachtungen. In einem Gedicht schockiert das nahe Gesicht der Geliebten mit großen weißen Zähnen und schwarzen erweiterten Poren unter den Augen; die Nasen stehen dem Bestreben im Weg, die Gesichter ineinander verschmelzen zu lassen. Im letzten Gedicht der sechs spiegelbildlich sich entsprechenden Abteilungen des Buches ist das Ich mit seinen Problemen aus dem Bild verschwunden. Im Mai ist der Baum ein Lied der Wind singt Zum Herbst hin steht der Baum mit Sternen in den Händen. Das einfache Gedicht besteht aus zwei kurzen, zum Teil parallel gebauten Strophen. Die erste Strophenzeile gibt jeweils die Zeitbestimmung. Über diese Parallelität legt sich unauffällig die Innovation. Anstatt logisch korrespondierend Frühling und Herbst zu nennen, steht in der ersten Strophe die Synekdoche Mai. Das bringt eine Variation der Präposition und eine rhythmische Variation mit sich. Auch im Vokalismus ergibt sich ein Kontrast. Der Gegenstand des Gedichts wird mit dem bestimmten Artikel ohne weiteres der Vorstellungskraft des Lesers anvertraut - der Baum. In der ersten Strophe, im Frühling, ist dieser Gegenstand völlig entmaterialisiert: ein Lied, ein Gesang. Sinngemäß ist er nicht einmal Subjekt, der Wind singt ihn. Auch dieses eigentliche Sub- II. Die Dezentralisierung der Lyrik 60 jekt ist noch so substanzlos wie nur möglich: Wind, bewegte Luft. Das lyrische Ich, obwohl nicht explizit erwähnt, ist doch gegenwärtiger als der Baum, indem es ihn völlig in flüchtige Stimmung auflöst, um sich selbst auszudrücken. Die zweite Strophe nun stellt den Baum sozusagen wieder auf die Füße und gibt ihm damit Eigenexistenz: „Zum Herbst hin steht der Baum (…).“ Die Poetisierung wird nicht mehr durch Auflösung der Substanz, sondern durch ein genau gesehenes Bild erreicht, leicht anthropomorph - mit Händen. Die Sterne werden vom Himmel heruntergeholt. Poetischer Schmuck, gewiss, aber auch ein Zeichen dafür, wie fest der Baum jetzt auf der Erde steht. Und syntaktisch ist hier der Baum das handelnde Subjekt. Die erste Strophe ist ganz Gefühl, Stimmung. Die zweite ist gesehene Gegenständlichkeit. In der ersten Strophe raubt die Metapher dem Gegenstand die Identität, bringt ihn zum Verschwinden. In der zweiten Strophe steht an formal entsprechender Stelle keine Metapher, sondern ein kontrastierendes Bildelement, das den Gegenstand in seiner Individualität erst definiert. Die Antithese ist auf allen Ebenen perfekt: Sublimierung kontra Konkretisierung. Als Zustand, als Ambivalenz in der Seele des Dichters, ist diese Antithese alt im Repertoire der Erlebnislyrik. Der Mensch ist ein Wesen mit Wurzeln und Flügeln, sagt Stein Mehren verschiedentlich. 69 Was sich in Jan Erik Volds Debüt als neu abzeichnet, ist der Wille zur Bewegung von einem Pol zum anderen, die Abkehr von einem falschen Dilemma, das Aufbrechen des circulus vitiosus. Ein wichtiges Gedicht in mellom speil og speil beschreibt, wie das Ich, beinahe erstickt von Echos seiner selbst, einen Stein in den Spiegel wirft - und selbst zerschmettert zu Boden stürzt. Das Märchen vom Prinzen in der schwarzen Schachtel am Schluss von fra rom til rom SAD & CRAZY (Von Zimmer zu Zimmer, deutsch 1968), 1967, deutet jedoch die Einsicht an, dass Spiegelzerstörung nicht Selbstzerstörung zu sein braucht, sondern im Gegenteil Selbstfindung eines Ich werden kann, das sich nicht mehr autistisch definiert, sondern sozial. „Ich muss die anderen finden“, sieht der Prinz ein. Und siehe da, von diesem Augenblick an zeigt es sich: „Da war gar keine Wand, da war keine Schachtel, er war draußen auf einer Wiese.“ Die geschlossenen, klaustrophobischen Strukturen des klassischen Modernismus werden durch offene ersetzt. Was die Öffnung der Strukturen des ideologischen Weltbildes für den Menschen bedeutet, kann an einem Durchgangsmotiv bei Vold abgelesen werden, das mit der Öffnung des Raums korrespondiert: die geballte Faust öffnet sich. Der Prinz im genannten Märchen legt seine Rüstung ab, und „anstatt mit einem Schwert in der Hand ging er mit offenen Händen.“ In Mor Godhjertas glade versjon. Ja (Die heitere Version der Mutter Gutherz. Ja), 1968, dem offensten Buch Jan Erik Volds, taucht das Motiv wieder auf: „ich habe selbst jahrelang die Fäuste geballt, ich kenne deinen Kampf und weiß / es nützt nicht, nicht gegen die Sonne / und das Meer, meine 69 Vgl. etwa in Samtidsmuseet og andre tekster, Oslo 1966, S. 11. - Zu Jan Erik Vold vgl. auch Alken Bruns, „Entfremdung und Antizipation in Jan Erik Volds Lyrik“, in: skandinavistik 3 (1973), S. 125-139. Die Dezentralisierung der norwegischen Poesie 61 Faust löste sich auf zu einem Wirbel aus Wasser.“ Der rigorose Moralismus mit seiner Kehrseite Selbsthass, Menschenverachtung und Einsamkeit, der in der norwegischen Lyrik oft herrschte, verschwindet auf diese Weise bei den Neuerern der jungen Generation. Die wichtigsten Voraussetzungen für dieses Tauwetter sind zwei Relativierungen. Erstens musste die Vorstellung einer einheitlichen, in sich geschlossenen, autonomen Identität aufgegeben werden. Psychologie und Soziologie hatten dies schon längst getan. 70 Zweitens musste die Vorstellung fallengelassen werden, die Poesie sei ein privilegierter Erkenntnisprozess. Das Publikum hatte dies längst getan, indem es den Poeten Narrenfreiheit gewährte. Paal Brekkes Analyse von 1967 ist korrekt: „Sie machen uns zu Narren.“ 71 Einar Økland, Psychologe und experimentierender Lyriker, formuliert in einem polemischen Artikel gegen Stein Mehren, den Philosophen und epigonalen Modernisten, seine Auffassung der „dezentralisierten Person“. 72 Die Konstellation ist perspektivenreich, weil hier Økland aus praktischer Erfahrung heraus dem spekulativen Mehren dasselbe entgegenhält, was Wittgenstein der idealistischen Philosophie geraten hat: „(…) denk nicht, sondern schau.“ 73 Die Menschen unserer Zeit haben nicht, wie es Mehren vorauszusetzen scheint, ein zwingendes Bedürfnis nach Integration und Übereinstimmung aller ihrer Handlungen und Erlebnisse. Man kann sich ihr Ich nicht als zentrale „Kernpersönlichkeit“ vorstellen, die von einer Subjekt-Objekt-Dichotomie bedroht wäre. Um auf ein erwähntes Bild bei Mehren zurückzukommen: auch wenn der Mensch Wurzeln und Flügel hat, braucht ihn das weder in seinen Handlungen zu lähmen noch tragisch zu spalten. Økland: „Er besitzt ein lose integriertes Ich, mit relativ großer Toleranz für Variationen und Inkonsequenz in seinem Verhalten zu Umwelt und Mitmenschen.“ In der darauffolgenden Nummer von Vinduet hakt Økland noch einmal nach mit einem Essay, den er Desentralisering nennt. 74 Er widmet darin viel Platz dem Referat von Hans-Jørgen Nielsens Begriff „Attitüdenrelativismus“. 75 Der Mensch wird nicht mehr vertikal als Individuum definiert, sondern horizontal als soziales, historisches Wesen. Økland: „Das Ich ist nicht eins. Ich ist ein Rollenspektrum.“ 70 Ronald D. Laings Theorien haben - offenbar schon früh vermittelt durch den amerikanischen Psychologen und Poeten Noel Cobb, der während seines mehrjährigen Aufenthalts in Norwegen der profil-Gruppe angehört - einen gewissen Einfluss ausgeübt. 71 „Å skrive dikt i dag“, in: Vinduet 2 (1967), S. 134-143. Zitat von S. 141. 72 „Kommentar till Stein Mehren“, in: Vinduet 1 (1968), S. 70f. 73 Philosophische Untersuchungen, Frankfurt a. M. 1971 (Erstauflage 1953), S. 66. 74 In: Vinduet 2 (1968), S. 123-127. 75 Der Begriff wurde eingeführt in ‚Nielsen‘ og den hvide verden, København 1968. II. Die Dezentralisierung der Lyrik 62 Der erste, der diesen Gedanken in profil ausgesprochen hat, noch bevor der Begriff „Attitüdenrelativismus“ in Dänemark eine Rolle spielte, ist Noel Cobb in einem Artikel über Entfremdung, 1966. 76 Cobb leitet seine Vorstellung des Rollenspiels von Shakespeare und der altindischen Philosophie ab. Dag Solstads Aufsätze in dieser Sache heißen „Die Notwendigkeit, inauthentisch zu leben“ und „Der Spieler“. 77 Aus dem zweitgenannten soll ausführlicher zitiert werden: „Ein großes Fragezeichen ist hinter das gesetzt, was wir Ich nennen. Es hat sich als unmöglich erwiesen herauszufinden, was dieses Ich ist, unmöglich, etwas über seine Natur zu sagen und darüber, aus welchem innersten Kern es bestehe.“ Diese Auflösung des Ichs wird als Selbstverständlichkeit akzeptiert, Solstad tauft sie um in „die Befreiung des Ich“. Entsprechend wird das aufgelöste Weltbild realistisch als Ausgangspunkt akzeptiert. „Jeder Versuch, daran zu flicken, oder gar, es wieder aufzubauen, hat den versöhnlichen Schimmer des Komischen an sich.“ Anstatt sich den Kopf daran einzurennen, kann man sich frei am Schrotthaufen des bürgerlichen Weltbildes bedienen. Solstad: „Leben heißt Rollen spielen.“ Hat man sich das einmal bewusst gemacht, hat man Freiheit gewonnen in Bezug auf seine Rollen, „Freiheit, um alle Rollen durchzuspielen, die sich einem Ich eröffnen, das nicht abgegrenzt, bestimmt, linear ist.“ Solstad findet hier neuen Mut zu leben, denn so braucht ein Fiasko nicht gleich ein verspieltes Leben zu sein. Noel Cobb, zwei Jahre früher: „Deshalb Buddhas Satz, Leiden beruhe auf Unwissenheit.“ Für alle Autoren, die die Relativierung oder Dezentralisierung des Ich als Voraussetzung für ihr Schreiben ansehen, folgt daraus eine Neudefinition der Autorenrolle und des Poesiebegriffs. Økland in einer Art Generations-Manifest in profil 1967: Nüchterne Selbsteinschätzung als Autor. Er ist kein auserwählter und erhabener Wahrheitsverkünder. Er ist kein Prophet. Auch kein Dekorateur. Er ist ein freier Arbeiter. Er ist ein Analytiker. Er ist ausgebildet, beeinflusst, funktionierend. Er ist von seiner Umwelt geformt, und er hat sich selbst geformt. Vor allem ist er seinem Ursprung nach nichts. 78 Und im Essay Desentralisering: „Der Gedichteschreiber hat heute eine neue Identität. Nein, keine Identität, sondern eine Funktion.“ Die Kunst soll unter die Leute kommen, das Verhältnis von Autor zu Publikum ist offen, demokratisch. Schreiben ist eine Tätigkeit neben anderen. Und Dag Solstad: 76 „Et oppgjør med fremmedgjørelse“, in: profil 4 (1966), S. 34-36. 77 Vinduet 3 (1968), S. 190-195, bzw. Moderne prosa. Arbeidsbok frå eit litteraturseminar, red. av Paal Helge Haugen, Tor Obrestad og Einar Økland, Oslo 1968, S. 17-34. Beide Aufsätze auch in: Dag Solstad. Et festskrift til 30-årsdagen 16 Juli 1971, Oslo 1971. 78 „Frå generasjonsskiftet i Noreg“, in: profil 3 (1967). Die Dezentralisierung der norwegischen Poesie 63 Wenn der Autor mit offenen Karten spielen will, wenn er also keine Pseudorollen spielen will, muss er ein bewusst gewöhnlicher Mensch zwischen anderen gewöhnlichen Menschen sein, in der gleichen banalen Welt, in der wir alle leben. Auf unspektakuläre Weise hat der 1908 geborene Olav H. Hauge zur selben Zeit die gleiche Einsicht verwirklicht. Er wurde von der profil-Gruppe sozusagen adoptiert. 79 „Kvardag“ (Alltag) heißt ein Gedicht in der Sammlung Dropar i austavind (Tropfen im Ostwind), 1966: Die großen Stürme hast du hinter dir. Damals fragtest du nicht, warum du lebtest, woher du kamst oder wohin du gingst, du warst einfach im Sturm, warst im Feuer. Aber man kann auch im Alltag leben, im grauen, stillen Alltag, Kartoffeln pflanzen, Laub rechen und Reisig tragen, es gibt so Vieles zu überdenken auf dieser Welt, ein Menschenleben reicht nicht aus. Nach den Mühen kannst du Speck braten und chinesische Verse lesen. Der alte Laertes beschnitt Hagebuttensträucher, pflanzte Feigenbäume und und ließ die Helden bei Troja kämpfen. Das Gedicht spricht von zwei Lebenshaltungen, die einander ablösen, und es vollzieht diese Ablösung auch sprachlich nach. Pathetisch rhythmisiert und metaphorisch spricht es zuerst von Stürmen und Feuer, von fraglosem Aufgehen in einem erhaben-tragischen Dasein. Hauge braucht hier die zentralen Metaphern seiner eigenen früheren Gedichte. Ohne eine einzige Metapher, in zwangloser, umgangssprachlicher Diktion erzählt der zweite Teil von einem Leben im stillen, grauen Alltag, mit Kartoffeln und Speck und körperlicher Arbeit. Das braucht doch keineswegs Regression des Bewusstseins zu bedeuten. Man kann auch, daneben, chinesische Verse lesen. (Chinesische Poesie ist übrigens eine gemeinsame Inspirationsquelle von Hauge und den profil-Leuten.) Hauge schließt mit einer klaren Absage an Heroismus und tragische Größe. Die Tatsache, dass das Gedicht in erster Linie selbstbiographisch gemeint ist, schließt nicht aus, dass wir es hier auf die Entwicklung des norwegischen lyrischen Modernismus beziehen. Um so weniger, als die Wendung des älteren Hauge zu einfacherer, reimloser Sprache und weniger pathetischem Lebensgefühl ein großer künstlerischer Gewinn war. (Einer ganz ähnlichen 79 Vgl. profil 4 (1966). Obrestad, Vold, Økland haben Essays über Hauge geschrieben. Knut Johannesen und Einar Bjorvand haben die Festschrift redigiert: Olav H. Hauge. Ei bok til 60-årsdagen, Oslo 1968. II. Die Dezentralisierung der Lyrik 64 Entwicklung beim alten Tarjei Vesaas ist einer der Höhepunkte der norwegischen Lyrik zu verdanken - Liv ved straumen (Leben am Strom), postum 1970.) Olav H. Hauge hat eine ganze Reihe von Gedichten geschrieben, in denen sein nüchtern handwerkliches und wertrelativistisches Verhältnis zum Gedicht thematisiert ist - und die gleichzeitig gelungene Gedichte in diesem Sinn sind. In der lakonischen Präzision und im Witz, in der überraschenden, genauen Wirklichkeitsbeobachtung und in der Schlagkraft der Formulierung liegt das Poetische bei Hauge, nicht in der „Tiefe“ oder im „Adel“ des mitgeteilten Gefühls. Als Kunstgriffe genügen die gekonnte Ausnützung des Enjambements und der Ellipse. So gibt zum Beispiel das frei stehengebliebene „leben“ in der Zeile, die das Umschlagen des Gedichtes Kvardag bringt, dem Satz noch den Doppelsinn: es ist möglich zu leben, gerade wenn man den Alltag akzeptiert. Konstituierte früher das Gefühl das Gedicht, 80 so tut dies heute das Sehen. 81 War früher die Mystik das Ideal, 82 ist es heute das Handwerk. Wo früher auf Intuition und Magie verwiesen wurde, da spielt man heute mit offenen Karten. Das Funktionieren des Gedichts, die Genese des Bildes, das Ansetzen der poetischen Methoden sind kenntlich gemacht, sind oft gar thematisierter Gegenstand des Gedichts. Der Poet scheut sich vor nichts mehr als vor der Verführungskraft der Sprache 83 und ihren ideologischen Vorentscheidungen. Insbesondere ist er auf der Hut vor der Verführungskraft der Metapher. 84 Die Metapher, förmlich zum Lebensprinzip des klassischen Modernismus geworden, 85 droht immer wieder, anstatt Darstellungsmittel und Technik zu bleiben, Identitäten zu stiften und Substanzen zu postulieren. Sie neigt dazu, kulturelle und gesellschaftliche Verhältnisse in Natur zu verwandeln. 86 Sie will objektive Wider- 80 Emil Staiger, Grundbegriffe der Poetik, Zürich 1946: „So rühmen wir an der lyrischen Sprache den ‚Schmelz‘. Schmelz ist Verflüssigung des Festen“ (S. 70). „(…) wie denn der lyrische Dichter gewiß der unfreiste ist, hingegeben, außer sich, getragen von Wogen des Gefühls“ (S. 71). 81 Alain Robbe-Grillet, Pour un nouveau roman, Paris 1963, besonders „Nature, humanisme, tragédie“, S. 55-84. „Le regard apparaft (…) comme le sens privilégié (…) La description optique est en effet celle que opère le plus aisément la fixation des distances: le regard (…) laisse les choses à leur place respective“ (S. 81). Nicht als Romantheorie, sondern als Ideologiekritik an der bürgerlichen Literaturauffassung gehen seine Ausführungen auch die Lyriker an, ja gerade sie! 82 Vgl. Hans Ruin, Poesiens mystik, Helsingfors 1935. 83 Vgl. Franz Kafka, Tagebücher 1910-1923, Frankfurt a. M. 1950, S. 137. 84 Vgl. Max Black, Models and Metaphors, New York 1962: „You shalt not commit metaphor“ (S. 25). Vgl. dazu weiter Dag Solstads Eröffnungstext in Svingstol, 1967: „Vi vil ikke gi kaffekjelen vinger“ und vom selben Verfasser „språk og metafor“, in: Arbeiderbladet, 22.9.1966. Dazu und zu den folgenden Ausführungen vor allem Robbe-Grillets Essay Nature, humanisme, tragédie, z. B.: „La métaphore, en effet, n’est jamais une figure innocente“ (a. a. O., S. 59). 85 Vgl. Hugo Friedrich, Die Struktur der modernen Lyrik, z. B. S. 55ff. 86 Vgl. Roland Barthes, Mythologies, Paris 1957, besonders die Einleitung und den theoretischen zweiten Teil. Die Dezentralisierung der norwegischen Poesie 65 sprüche subjektiv-illusorisch harmonisieren. Aber auch umgekehrt: Sie hat eine fatale Neigung, historisch überholte Widersprüche zu reproduzieren und aktuelle, aber historisch bedingte Fehlentwicklungen als ewigmenschliches Schicksal erscheinen zu lassen. Die Verwerfung der Metapher in der neuen Poesie entspricht deshalb der Kritik an der Perpetuierung eines falschen Bewusstseins, einer im Schein des Schönen unterschobenen Metaphysik. Sie entspricht dem illusionslosen (nicht unkritischen) Akzeptieren einer Welt und eines Ich in ihrem heterogenen, sinnfreien Zustand. Die Vorarbeit hat hier Georg Johannesen geleistet. Schon 1959 heißt es in seinem Lyrikdebüt mit dem asketischen Titel Dikt 1959 (Gedichte 1959): Wenn meine Worte sinnlos sind glaub mir: vielleicht weil ich ehrlich bin. Vielleicht weil es Lüge ist in jedem Stern eine Sonne zu sehen. Sinnlos sind seine Worte nie. Doch sie erfüllen nicht die Erwartungen, die man traditionsgemäß an poetische Worte stellt. Der surrealistische Eindruck entsteht oft gerade, weil hier die Wörter beim Wort genommen werden und nicht in „übertragenem“ Sinn. Der Destruktions- und Reduktionsprozess wird mit Formulierungen begründet, die unmittelbar mit dem Thema des Prinzen in der Schachtel bei Jan Erik Vold und mit Espen Haavardsholms Klaustrophobiebefund in Verbindung gebracht werden können: „Ich reiße dein Haus ein / weil es ein Gefängnis ist.“ Johannesen gibt keine verführerischen Bilder, sondern spärliche, aber solide Fixpunkte, anhand derer sich der Leser durch logisches Denken orientieren muss. Seine Metaphern wurden negative Metaphern genannt, 87 sie nehmen sich selbst zurück, denunzieren sich selbst. Sie reduzieren den Gegenstand auf seine Realität, anstatt ihn zu überhöhen oder gar als Uneigentliches ein transzendentes Eigentliches ausdrücken zu lassen. Als Johannesens Hauptwerk gilt Ars moriendi eller de syv dødsmåter (Ars moriendi oder die sieben Todesarten), 1965. Dort steht folgendes Gedicht: Die Tannen stehen in alten Uniformen auf museumsreifen Bergen Ein Moor hält sie auf Abstand Verfaulte Schuhe stehen in einem Schrank Zerfledderte Bücher Ich bin zu lange hier gewesen Starkes Gemurmel im Radio Ich sortiere halbe Wörter und Schreie zu Sätzen in einer Sonnensprache. 87 Daniel Haakonsen in: „Det er i Oslo det foregår. Tanker om norsk diktning akkurat nå“ (Interview), in: Minervas kvartalsskrift 1 (1970), S. 6-16. Zitat von S. 13. II. Die Dezentralisierung der Lyrik 66 Dieses typische Johannesen-Staccato steht in größtmöglichem Gegensatz zu einschmeichelndem lyrisierendem Gesang. Die Gegenstände, die das Gedicht aufzählt, sollen denn auch voneinander entfernt und getrennt werden. Hier soll keine Einheit gestiftet, keine Schönheit erzeugt werden. Abschätzig heißt es vom Lieblingsrequisit der norwegischen Lyrik, den Tannen, sie stünden in alten Uniformen (nicht: im neuen Winterkleid, wie der norwegische Lyrikfreund glaubt, erwarten zu dürfen). „Alte“, d. h. von keinerlei Interesse in der historischen Perspektive. „Uniformen“, d. h. von keinerlei Interesse in der Perspektive der Gleichzeitigkeit. Diese Tannen zeichnen sich weder in der Zeit noch in Bezug auf ihre Umgebung irgendwie aus. Ein objektiver geographischer Tatbestand, ein prosaischer Sumpf, stellt sich der Verinnerlichung durch den Betrachter außerdem in den Weg, verhindert die lyrische Identifikation. Die zweite Strophe ist ohne Metaphern. Der Leser muss den durchaus konkreten Zusammenhang der Aussage in der sechsten Zeile mit den Chiffren in der vierten und fünften rekonstruieren. Ausgefranste Bücher und verfaulte Schuhe, weil sich da einer mit seinem Buchwissen eingeschlossen und isoliert hat, anstatt hinauszugehen und zu schauen. Vielleicht ist er gerade deswegen immer noch hier, ist nicht losgekommen von den museumsreifen Hügeln und Tannen? Vielleicht sind deshalb die Nachrichten von draußen für ihn starkes Gemurmel. „Gemurmel“, d. h. nicht verstandene, nicht aktualisierte Information. „Stark“, d. h. immerhin beunruhigend, als Anfechtung wahrgenommen. Das Gedicht gipfelt jetzt in der schönen Metapher für Dichtung - „Sonnensprache“ - die nach alldem nur noch böse ironisch aufgefasst werden kann. Der starke Wille zur Konfrontation mit der Wirklichkeit (die für Johannesen immer vor allem politische Wirklichkeit ist) verbunden mit der Dynamik, der Willenskraft in den Versen seiner drei Gedichtsammlungen, lassen keine Zweifel daran aufkommen, dass hier ein Widerspruch aufgedeckt ist, um überwunden zu werden, und nicht etwa eine romantische „Künstlerproblematik“ selbstquälerisch ausgekostet werden soll. Wahre Einsicht muss praktische Konsequenzen haben. „An einen Gegensatz zwischen Kunst und Leben glaube ich nicht“, sagt Johannesen in einem Interview. „Sollte dieser Gegensatz auftreten, muß man einsehen, dass er falsch ist, und wenn er es nicht ist, muss man die Kunst opfern.“ Die Dialektik seines schonungslosen Entlarvungs- und Konfrontierungsgeschäfts will er so sehen: „Bitterkeit, erzeugt von Frustration, ist eine gute Form der Hoffnung.“ 88 In einem Aufsatz „Über Warenlyrik und Gebrauchslyrik“ in der ersten Nummer der 1974 neugegründeten Literaturzeitschrift BASAR tritt Georg Johannesen für eine „Rehabilitierung der Gebrauchslyrik“ ein. 89 Er liefert auch gleich ein angewandtes Beispiel dazu, ein Hochzeitsgedicht, das er als „ernstgemeinte Parodie gattungsspezifischer und traditioneller Gebrauchslyrik“ verstanden wissen will. 88 Georg Johannesen in einem Interview mit Tor Obrestad, in: profil 3 (1966), S. 8-10. 89 BASAR 1 (1975), S. 3-16. Die Dezentralisierung der norwegischen Poesie 67 Den eigentlichen profil-Poeten, zu denen der 1931 geborene Johannesen nicht gehörte, liegt diese Bitterkeit und Gewaltsamkeit allerdings fern. 90 Ihr Verhältnis zur Metapher ist kühl, entspannt und oft mild ironisch: Hier kommen diese verfluchten Blumen wieder, die die Tiere nicht fressen können. So eröffnet Einar Økland seine Gedichtsammlung Vandreduene (Wandertauben), 1968. Paal-Helge Haugen und Einar Økland gewinnen einer halbdokumentarischen nüchternen Landschafts- und Naturbeschreibung neue poetische Reize ab. Indem sie von den großen Geheimnissen schweigen - „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen“, lernten sie bei Wittgenstein 91 - machen sie neue, kleine Geheimnisse sichtbar: „das fremde nahe Leben,“ wie es in einem Gedicht in Paal-Helge Haugens På botnen av ein mørk sommar (Auf dem Grund eines dunklen Sommers) 1967 heißt. Der Entschluss, über das Unsagbare zu schweigen, hindert diese Poeten aber nicht, das Noch-Nicht-Sagbare 92 einzukreisen, es von den Konturen her abzutasten. „Das Nicht-Verbalisierbare ist nicht identisch mit ‚mystisch‘ in odiöser Bedeutung“, sagt Einar Økland. 93 Es soll an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass z. B. auch Olav H. Hauge, bei aller Bescheidung auf das Leben im Alltag, die Utopie, den Traum nicht aufgibt. Er schließt Dropar i austavind (Tropfen im Ostwind) 1966, mit einem Gedicht darüber ab: „Da ist dieser Traum, den wir mit uns tragen, / dass etwas Wunderbares geschehen möge, / (…) dass wir eines Morgens hineingleiten / auf einer Welle, von der wir nichts gewusst haben.“ Es lässt sich zeigen, dass es sich bei dieser Sehnsucht nach Exorbitanz oder Transzendenz um eine „historische Transzendenz“ im Sinne Sartres und Herbert Marcuses handelt, um eine Utopie, deren Verwirklichung uns in dieser Welt aufgegeben ist. 94 90 Vgl. Daniel Haakonsens Nachweis einer impliziten Polemik zwischen Jan Erik Vold und Georg Johannesen in Volds Mor Godhjertas glade versjon. Ja, in: „Georg Johannesen, Jan Erik Vold og menneskets hjerte“, in: Minervas kvartalsskrift 1 (1970), S. 17-21. 91 Tractatus logico-philosophicus. Logisch-philosophische Untersuchung, Frankfurt a. M. 1964 (erste Ausgabe 1921), §7. 92 Vgl. Helmut Heissenbüttel, Über Literatur, Olten 1966: „Es geschieht als Versuch, ein erstes Mal einzudringen und Fuß zu fassen in einer Welt, die sich noch der Sprache zu entziehen scheint. (…) Und die Grenze, die erreicht wird, ist nicht eine zum Nichts, zum Sprachlosen, zum Chaos (…), es ist die Grenze zu dem, was noch nicht sagbar ist“ (S. 223). 93 „Kommentar til Stein Mehren“, in: Vinduet 1 (1968), S. 71. 94 Vgl. Idar Stegane, Olav H. Hauges diktning, Oslo 1974, S. 151. Zum Begriff der historischen Transzendenz vgl. H. Marcuse, Der eindimensionale Mensch, Neuwied & Berlin 1967, S. 13, Anm. 1: „Die Ausdrücke ‚transzendieren‘ und ‚Transzendenz‘ werden durchweg im empirischen, kritischen Sinne verwandt: sie bezeichnen Tendenzen in Theorie und Praxis, die in einer gegebenen Gesell- II. Die Dezentralisierung der Lyrik 68 Was oft die Verzweiflung des klassischen Modernisten und des Romantikers bedeutete: die Unmöglichkeit, Welt und Sprache zur Deckung zu bringen, wird jetzt zum positiven Grundprinzip. Der Poet spielt oder experimentiert an der Stelle, wo sich Objektwelt und Sprache schneiden, er sucht Bruchstellen im sprachlich vermittelten Weltbild auf, wo Alternativen ansetzen könnten. 95 Komplikationen werden als Leerstellen oder Literaritätssignale kenntlich gemacht und keineswegs magischrhetorisch verschleiert. Sie faszinieren den Leser und geben ihm Gelegenheit, selbst an der Bedeutung des Textes mitzuarbeiten. 96 An diesen Stellen entzündet sich oft der Witz, entsteht Poesie, thematisiert sich Ideologiekritik, blitzt eine Utopie auf. Die poetischen und Übersetzungsprinzipien, die Paal-Helge Haugen in den Vorworten zu seinen Nachdichtungen japanischer und chinesischer Lyrik formuliert, zeigen, dass er auch an Eugen Gomringer geschult ist. 97 Die Konstellation reiner Begriffe auf dem Papier, ohne kommentierenden, logisch festlegenden „Füllstoff“, soll Meditationsobjekte ergeben. Aus einer Ästhetik, die ausspart oder das schwer Fassbare durch Wörter für völlig alltägliche Gegenstände einkreist, sind viele norwegische Haikus, Dinggedichte und sogenannte Punktromane von großer Faszinationskraft entstanden. Beinahe bei allen jungen Poeten finden sich Beispiele. Kjell Heggelund nennt eine seiner Gedichtsammlungen Punkt 8 (1968). Die einzelnen Gedichte könnten Fragmente aus der Geschichte einer Ehe sein. Als Motto ist das folgende lakonische Gedicht vorangestellt: Hier will ich im Winter wohnen im Sommer werde ich mir einen neuen Ort suchen So dachte ich Die Gedichte können aber auch für sich gelesen werden, man kann ihnen ihren kokett-kryptischen Charakter lassen und sie als heilsame Verunsicherung auf sich ein- schaft über das etablierte Universum vom Sprechen und Handeln in Richtung auf seine geschichtlichen Alternativen (realen Möglichkeiten) ‚hinausschießen‘.“ 95 Vgl. dazu die Ausführungen Paal-Helge Haugens in seiner Besprechung von Arild Stubhaugs Dinggedichten, in: Syn og Segn 1970, S. 438f. „Sprekker“, Bruchstellen, ist neuerdings ein zentrales Motiv geworden und taucht bei Arnljot Eggen (Sprekker i muren, 1969), Arvid Torgeir Lie und Espen Haarvardsholm auf. Vgl. Walter Baumgartner, „Skandinavische Belletristik; eine Übersicht“, in: skandinavistik 1 (1972), S. 77f. 96 Angesichts der Hypothesen Wolfgang Isers über die Bedeutung textueller Unbestimmtheit für die aneignende, kreative Lektüre (vgl. Die Appellstruktur der Texte, Konstanz 1970), kann darauf aufmerksam gemacht werden, dass skandinavische Lyriker diese Einsicht bereits in den sechziger Jahren in poetologischen Manifesten und in ihrer Praxis deutlich äußerten und anwendeten. Vgl. dazu Sandro Key-Åbergs Lehrgänge zum Verständnis moderner Lyrik, in: Poetisk lek, Uppsala 1961, sowie in: Ordlek bildlek, Stockholm 1966, und Vagn Stehen, „Vekselspillet mellem ordkunsten og andre kunstarter efter tekstrevolutionen 1954“, in: Växelverkan mellan skönlitteraturen och andra konstarter, International Association for Scandinavian Studies, Uppsala 1967, S. 131-142. 97 Zum Interesse für östliche Philosophie, Poesie und für das chinesische Schriftsystem vgl. Jan Erik Vold, „Poesi vestlig-østlig“, in: Samtiden 1966, S. 502-506, weiter z. B. auch Philippe Sollers, „Écriture et révolution“, in: Théorie d’ensemble, Paris 1968, und Dan Turéll, Bogvennen 4 (1971). Die Dezentralisierung der norwegischen Poesie 69 wirken lassen. - Aus der gleichen Sammlung stammt auch ein Gedicht, das immer wieder zur Charakterisierung der neuen Poesie herangezogen werden muss: Die großen Worte habe ich hinter mir. Die großen Worte habe ich hinter mir. Die großen Worte werden kleinere und kleinere Worte vor mir Die großen Worte waren gut genug in meiner Zeit Die großen Worte geben einen geraden Kurs während sie verschwinden Dabei sind die letzten Zeilen dieses Gedichts recht intrikat, nicht zuletzt, wenn man weiß, dass Hegelund sich als Literaturwissenschaftler auf Barockdichtung spezialisiert hat. Neben der Reduktion ist die Ironie die wichtigste sprachliche Selbstkontrolle der neuen Poesie. Die Antinomie der Lüge ist vor allem bei Jan Erik Vold ständig bewusst gemacht. Auf der Umschlagsklappe von kykelipi steht als konkretes Gedicht ein großes „Ja“, ausgespart aus einer Textmasse von lauter „neineineineinein (…)“. Interferenzen zwischen literarischer, rein sprachlicher und Objekt-Wirklichkeit werden aufgesucht. Sie relativieren und korrigieren die Aussage. In Vinduet 4/ 1973 verrät Vold eine seiner Inspirationsquellen: den surrealistischen Maler René Magritte. Vold gibt auch immer den Rahmen seiner Bilder und seinen eigenen Standort an. Damit ist das Erzählte als relativ willkürlicher Ausschnitt deklariert. Als ein Beispiel, ein Modell, eine Fiktion, ein Sprachspiel, das wahr wird in dem Maß, wie es den Anspruch falscher Allgemeingültigkeit ausdrücklich zurückweist. In Mor Godhjertas glade versjon. Ja etwa: „Andere Dinge mögen / größeres Interesse haben, aber hier ist jetzt eine Übersicht über die Wanderung / der Poeten, also hinauf! auf die Kirchtürme der Stadt, / wer mitkommen will (…).“ Wie Einar Økland und Paal-Helge Haugen es sich auch nach Georg Johannesen erlauben können, Naturlyrik zu schreiben, kann Jan Erik Vold nach solchen eingebauten Sicherheitsvorkehrungen Gedichte über Liebe, Meer und Frühling schreiben. Seine 256 Seiten starke glade versjon wird wohl als das gewichtigste Einzelereignis in der Poesie der norwegischen sechziger Jahre stehen bleiben. In der (wiederum von profil-Leuten redigierten) Jahrgangs-Anthologie Gruppe 68 taucht die konkrete Poesie erstmals in reiner Form in Norwegen auf. Baste Grøhn benützt diese Sprache zu politischer Aussage, etwa in seinem Gedicht „USA RAUS AUS VIETNAM“. - Vollständig asemantische konkrete Poesie dagegen schafft Geirr E. Molde Jensen mit seinen auch in internationalem Zusammenhang bemerkenswerten Zahlengedichten - reinen Schreibmaschinentypen-Mustern auf weißem Papier, Graphik: II. Die Dezentralisierung der Lyrik 70 Zur Dezentralisierung der Poesie gehören auch die Öffnung der Literatur zu anderen Kunstarten und die Grenzüberschreitung. Bei Jan Erik Vold ist jeweils das ganze Buch mit seiner Typographie, mit der Umschlagsgraphik, mit Illustrationen und mit der Komposition, inklusive Inhaltsverzeichnis und Impressum ein Gesamtkunstwerk. Der Umschlag ist ein Aluminiumspiegel; die Texte sind blau, rot, gelb und grün gedruckt; Umschlagsklappen müssen aufgeschlagen werden und enthalten Karten; das undefinierbare Lächeln einer mexikanischen Steinfigur ist mehr als eine Vignette; das viele Weiß in dem Gedichtband spor, snø (Spuren, Schnee), 1970, ist künstlerisch integriertes Element dieser sich verflüchtigenden Textwelt. Jan Erik Vold ist auch die Verbindung der Wortkunst mit der Tonkunst in hervorragender Weise gelungen. Er hat zusammen mit der Gruppe des Tenorsaxophonisten Jan Garbarek und des Gitarristen Terje Rypdal zwei LP’s eingespielt, die zum besten gehören dürften, was es an Jazz & Poetry überhaupt gibt. Die Inspiration, die von der profil-Gruppe ausging, hält noch an. Eine neue Zeitschrift - BASAR - redigiert von Leuten der mittlerweile als „die alte“ zu bezeichnenden profil-Gruppe, versucht seit 1974, den Formen- und Ideenreichtum der norwegischen Lyrik durch die Aufarbeitung der surrealistischen Tradition weiter zu stimulieren. 98 Ihre Bemühungen verstehen sich als loyale Kritik und als Korrektiv der sozialistisch-politischen Poetik, die das „neue“ profil seit 1970 dominiert. 98 Vgl. bes. die Lyrik-Nummer 1 (1977), und darin wiederum Tom Lotheringtons Manifest „En gjerning som er nyttig og forgjeves“. Gemeint ist keineswegs eine unkritische Surrealismus- Renaissance: „Der Surrealismus ist die Jugendquelle der Poesie. Eine notwendige Revolte gegen die Diktatur der gesunden Vernunft. / Aber sich dem Surrealismus hinzugeben ist ein Wagnis. Man entfesselt Dämonen. Eine Art kernphysische Sprengung. Politisch gesehen ein bedenklicher Die Dezentralisierung der norwegischen Poesie 71 Im Raum, den das alte profil für phantastische Figurationen geschaffen hat, ist 1972 ein genialer Nonsens-Poet aufgetaucht: Arild Nyquist. 1974 kamen seine verstreut gedruckten Gedichte zusammen mit neuen Texten unter dem Titel Fra ‚Feriehuset September‘ (Aus dem ‚Ferienhaus September‘) heraus. Nyquist debütierte als Prosaist bereits 1963 mit einem Roman, der auf Kindheitserinnerungen baut. Er ließ damals seinen kleinen verspielten und verträumten Helden schon die Ästhetik formulieren, die für ihn heute noch gilt, ja, die das Wesen jeder Ästhetik auf eine denkbar einfache Form gebracht hat: Ich male Bilder von Dingen, die ich sehe. Ich male das Hühnerhaus und die Eiche und den Wald auf der anderen Seite, und den Himmel mit vielen Vögeln. Und dann male ich viele Bilder von Dingen, die ich nicht sehe, die ich mir bloß denke. (…) Kühe male ich blau, Hühner violett, eine Katze male ich gelb mit grünen Streifen, und ich male Barsche, Hechte und Menschen, die fahrradfahren und gehen. Arild Nyquist ist Idylliker, Naivist. Seine Gedichte handeln vom Gemüsegarten, vom Mittagsschläfchen auf dem Sofa, von gutem Essen und hellem Bier, vom Weihnachtsmann, von Mädchen und vom Pfarrer. Und sie handeln vom „Dichter Arild Sofasitzer“ mit seinen „prima Gedichten“. Doch Nyquists Naivismus ist nicht naiv. Seine Idylle ist eine Herausforderung, die er einer Welt entgegensetzt, die, wie ihm und uns bewusst ist, alles andere als eine Idylle ist. Die naivistische Provokation im folgenden Gedicht ist klar: Oooh, Weihnachtsmann - schick mir einen Regenmantel ohne Löcher drin! Schick mir einen Kugelschreiber zu 1 Mark voller Tinte und einen Schraubenzieher mit dem ich die Welt ein bisschen reparieren kann! „Die 1960er Jahre waren ein goldenes Zeitalter“, stellte Einar Økland 1972 fest, aber er fuhr fort: „auch wenn es niemand bemerkt hat (…). Wir sind Schriftsteller in einem Land ohne Kritiker und ohne Publikum.“ 99 Tatsächlich fand die neue Poesie außerhalb eines leicht überschaubaren engeren Kreises wenig Verständnis und keine qualifizierte Kritik, die als Förderung oder Herausforderung hätte wirksam werden können. Das war diesen Poeten schon früh bewusst gewesen. Aber sie hatten, auf der Grundlage einer gewissen Resignation, an Prozess. (…) Eine vernünftige Anwendung des Surrealismus. Das ist ein Widerspruch in sich selbst, aber keine Unmöglichkeit. (…) Mit dem Innersten des Herzens schreiben. Aber zuinnerst im Herzen: seinen Verstand haben“, S. 38. 99 „A New Golden Age for Norway“, in: Vinduet 1 (1972), S. 61 bzw. 62. II. Die Dezentralisierung der Lyrik 72 die Möglichkeit einer Unterwanderung der Bourgeois-Kultur, an die Gewinnung eines neuen Publikums und an eine langsame progressive politische Wirkung ihrer Arbeit geglaubt. Die Enttäuschungen waren zahlreich und groß. Jan Erik Vold hat Norge (Norwegen) schon in seiner „frohen Version“ GNORE genannt. Kykelipi bedeutete in vieler Beziehung eine lange Nase für das Publikum, das ihn nach Mor Godhjertas glade versjon. Ja als affirmativen Hausdichter vereinnahmen wollte. Dort steht nicht nur das Gedicht über den gelungenen Ausbruch aus dem Zirkel. Dort steht u. a. auch: „SAG MAL - WAS / macht er mit seinem tauben Ohr? / Mit dem tauben Ohr? / Ja, mit dem tauben Ohr. / Ahaa - DAS TAUBE OHR, das / braucht er zum Hören.“ Die Grundstimmung war eigentlich immer die des Gedichts BLOMST („Blume“) aus kykelipi gewesen: Grazie ist eine Blume die niemand UNGESTRAFT in der Hand hält, ich weiß es - und dennoch Dieses Gedicht gehört ebenso zum Motiv der sich entkrampfenden Hand bei Vold wie der Prinz, der sein Schwert ablegt! Eines der Engel-Gedichte in Einar Øklands 400-seitigem Kraftakt Gullalder („Goldenes Zeitalter“), 1972, drückt die Problematik der Bewegung, die das Losungswort „schweben, schweben“ hervorgebracht hat, präzise aus: alle möglichen Engel da fehlt es nicht an Variation aber mir aber es ist nicht genug zu fliegen fliegend muss man auch gesehen werden Ohne Publikum, ohne konstruktive Kritik, bestenfalls getragen von repressiver Toleranz, war die Öffnung des geschlossenen Raums eine Öffnung in einen Leerraum. Oder anders: Im Grund ist der Prinz nicht aus seiner Schachtel ausgebrochen, obwohl sie weiter geworden ist und Fenster bekommen hat. In gewisser Weise blieben auch die neuen Poeten dem Dilemma des Centrallyrikers verhaftet: Kommunikationsschwierigkeiten, Einsamkeit, Ambivalenz zwischen zwei Wirklichkeiten - einer in sich geschlossenen künstlerischen einerseits und einer objektiven gesellschaftlichpolitischen andererseits. Im Herbst 1968 überließen die profil-Leute die Zeitschrift einem jüngeren Redaktionsteam. Nummer 4/ 1968 gab noch eine Einführung in das Werk des däni- Die Dezentralisierung der norwegischen Poesie 73 schen Systemdichters Per Højholt, der seine Poetik mit den Worten abgeschlossen hat: „Die Kunst ist, wie alles andere, zu keinem Nutzen.“ 100 Die Nummer 5/ 1968 brachte einen Essay von Helmut Heissenbüttel. Mit Nummer 3/ 1969 waren die Weichen dann aber neu gestellt: Das ganze Heft im größeren Format und mit neuem Cover war Majakowski gewidmet. Sich in den Dienst einer politischen Revolution marxistisch-leninistischer Definition zu stellen, das war die Konsequenz, die die neuen Redakteure und mit ihnen eine ganze Reihe jüngerer und älterer Mitarbeiter aus den traurigen Erfahrungen ihrer Vorgänger und aus ihrer Einsicht in die historische Notwendigkeit zog. Anstatt als Hofnarr von der Bourgeoisie ausgehalten zu werden, wenden sie sich einem neuen Publikum, der Arbeiterklasse, das heißt: einer reellen Aufgabe, der Arbeit für den Sozialismus, zu. Sie glauben nicht daran, dass Leiden nur von Unwissenheit komme und subjektiv überwunden werden könne. Sie wollen die Gesellschaft verändern, nicht die Poesie, um ein Marx-Wort zu variieren. Die zwei grundlegenden Sätze, aus denen die neuen profil-Leute die Konsequenzen ziehen wollen, sind: 1. Jedes Stück Literatur / Kunst wirkt in dieser oder jener Weise politisch; 2. Es gilt, sich zu entscheiden, welcher Sache / Klasse man dienen will. 101 Das hatte Georg Johannesen schon 1966 ausgesprochen. 1. „Wer sagt: schau, diese Rose / lenkt dich von den Blutflecken auf der Straße ab“; 102 2. „Die arbeitenden Menschen, d. h. in diesem Zusammenhang die Arbeiterklasse, haben zu wenige, die für sie sprechen. Aber sie unterhalten die Geistesarbeiter ökonomisch. Wann werden wir eine tiefgreifende solidarische sozialistische Haltung einnehmen? “ 103 Im Gegensatz zu Højholts oben schon angesprochener esoterischer Ästhetik handelt es sich hier in gewisser Weise um Gebrauchslyrik, wie sie Georg Johannesen 1975 in BASAR gefordert hat. Johannesens paradoxale Kriterien deuten an, was die neue linke Poetik von profil in ihrer puristisch-dogmatischen Ausformung zwar nicht wahrhaben will, was aber doch in der dialektischen Praxis ihrer erfolgreichsten Poeten erfüllt ist: „so privat wie möglich schreiben, und mit möglichst wenig Metaphern. Eigennamen müssen genannt werden. Die Kunst muß künstlich werden.“ Das heißt: das Bewusstsein um die Literarität ist auch für die politische Lyrik unerlässlich. Sie 100 Cézannes metode, København 1967, S. 89. 101 Zum Problemkomplex engagierte Poesie vgl. profil 3 (1966) und Jan Erik Vold, „Dikt og Vietnam“, in: profil 4 (1966), S. 24-28 und ders., „Kunst og Vietnam“, in: Dikt og sak, red. av Einar Bjorvand, Knut Johansen, Ingeborg Kongslien, Helge Vold, Oslo 1967, S. 11-15. Weiter, im „neuen“ profil: Morten Falck, „Kunsten i proletariets tjeneste“, in: profil 5 (1969), S. 6-10 und Tor Obrestad, „Problem i tillknytning till ønsket om å skrive litteratur for folket“, in: profil 4 (1971), S. 11-13. Beide scheinen als Hauptquelle Mao Tse Tungs Reden bei der Aussprache in Yenan über Literatur und Kunst benützt zu haben (deutsch: Ausgewählte Werke, Bd. III, Peking 1969, S. 75- 110). 102 Vgl. Nye dikt, 1966, S. 10. Hier klingt natürlich Bert Brecht an: „Was sind das für Zeiten, wo/ Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist/ Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt! “ (An die Nachgeborenen, in: Svendborger Gedichte, Werkausgabe, Frankfurt a. M. 1967, Bd. 9, S. 723). 103 Interview in profil 3 (1966), S. 10. II. Die Dezentralisierung der Lyrik 74 wird sonst, in Verkennung ihrer eigenen Bedingtheiten, ideologisch, auch und gerade wenn sie sich getreu an die jeweiligen Parteiparolen hält. Eines der ersten und bis heute überzeugenden Ergebnisse hat Stig Holmås vorgelegt. Er vereinigt das revolutionäre Bewusstsein Tor Obrestads und den Kampfwillen Georg Johannesens mit der freundlichen, volkstümlichen Art Jan Erik Volds. Erst so ergibt sich eine Poesie, die imstande ist, für und mit der Arbeiterklasse zu sprechen. Holmås’ Debütband heißt Vi er mange („Wir sind viele“) und hat 1970, ebenso wie Tor Obrestads Den norske løve („Der norwegische Löwe“), Rekordverkaufsziffern erreicht. Ein Gedicht bei Holmås heißt Oppfordring („Aufforderung“): Während des Kiruna-Streiks versuchte ich ein Gedicht über den Kampf der Arbeiter für Minimalforderungen zu schreiben. Es gelang mir nicht aber diese Sache ist so wichtig, dass ich den Lesern empfehlen will, den Artikel in ‚Klassenkampf‘ Nr. 1, 1970, zu lesen. Erst hier ist das Dichter-Ich, die individuell schöpferische Persönlichkeit, hinter die Sache zurückgetreten. Damit ist auch das Gedicht endgültig an einen Platz verwiesen, wo es, wie jede andere menschliche Handlung oder Äußerung, nur nach seiner Wirkung in konkreten Zusammenhängen beurteilt wird. Taugt es nicht, ist ein Artikel im Parteiorgan mehr wert. Da sich der Dichter in einer solidarischen Gemeinschaft aufgehoben fühlt, ist das Scheitern eines Gedicht-Projekts kein großes Unglück. Er verweist einfach auf die Arbeit eines Kameraden. Es geht in erster Linie um die Sache, nicht um das Gedicht. Diese neueste, politische Poesie in Norwegen hat sich in den siebziger Jahren quantitativ und qualitativ deutlich manifestiert. Der Vietnamkrieg hatte weltweit als Katalysator einer politischen Bewusstwerdung im marxistischen Sinne gewirkt. In Norwegen kam insbesondere der Kampf der Bevölkerung gegen einen Beitritt zur EWG hinzu. Der Ausgang der Volksabstimmung, ein Entscheid gegen Regierung und Großkapital und zugunsten demokratisch kontrollierbarer lokaler politischökonomischer Einheiten, stimmte zuversichtlich. Die junge Literatur hatte dazu mit Straßentheater und aktuellen Kampfliedern beigetragen. 104 Im Zusammenhang mit einer solchen neuen Volkstümlichkeit sind die Dialektgedichte Oskar Stein Bjørlykkes in Hans Klure, 1974 zu sehen. Hans Klure ist eine gelungene Figur aus dem Volk, der die Gedichte des Bandes in den Mund gelegt sind. Er ist bald siebzig. Aufgewachsen ist er in einem Arbeiter- und Kleinbauernmilieu an der Westküste Norwegens. Er hat in Schiffswerften, in einer mechanischen Werkstatt und als Holzfäller gearbeitet, er ist zur See gefahren 104 profil gab in dieser Kampfzeit zwei Liederbücher im Taschenformat zum Preis von zwei und drei Kronen heraus; sie erreichten hohe Auflagen. Die Dezentralisierung der norwegischen Poesie 75 und hat zeitweilig daneben ein bisschen Landwirtschaft betrieben. Er war verheiratet mit Olga, die er im Gesangsverein kennengelernt hatte; und er hat eine Tochter, die ein Auto besitzt … Was in den klugen und witzigen Gedanken, die sich der Träger von Bjørlykkes Rollengedichten über das Leben, über Gott und die Welt macht, auffällt, ist die Tatsache, dass hier ein Mann sich mit dem Dasein arrangiert hat und ein adäquates Selbstverständnis gefunden hat - ohne dass seine Zufriedenheit, sein kleines Glück als affirmativer Selbstbetrug funktioniert. Hans Klure hat Spaß an seiner Arbeit und in seiner Freizeit, ohne den Mythen der Kulturindustrie zu erliegen, die das System für seine Unterprivilegierten bereithält. Er ist deswegen nicht ohne Kultur, sondern er nimmt teil an einer keineswegs nur negativ bestimmbaren proletarischen Kultur. Wenn er Elemente der Elitekultur aufnimmt, tut er dies ohne Ehrfurcht, die das hierarchische System bestätigt. Und er lässt sich nicht mit Trost abspeisen, der ihn mit schlechten Verhältnissen zufrieden machen soll. Hans Klure ist sich z. B. klar darüber, was stimmt und was nicht stimmt am Märchen vom dem armen Askeladden, der die Königstochter heiratete, wenn er von seiner Kindheit erzählt: Und dann mussten wir hinaus in die Welt und Geld verdienen. Ja, das mussten wir. Das war genau wie in den Märchen, das. Weg vom Herd und hinaus, wie Askeladden. Aber eins kann ich sagen, Königsschlösser waren recht dünn gesät, recht dünn. Hans Klure meint, dass es „ohne Honig nicht geht. (…) Das Süße macht, dass wir es gut haben.“ Deshalb pflegt er das poetische Erleben, und er ist tatsächlich ein rechter Poet: Da ist nicht bloß der Kuhmist an den Sommerabenden. Still ist es auch. Und dann liegt da so ein grauer Nebel über den Feldern. Und dann die Dunkelheit, die so langsam kommt. Das ist wieder „Centrallyrik“, verfremdet durch die drastische erste Zeile. Hans Klure pfeift auf die Tradition und ihre Überwindung, er lässt sich nicht weismachen, dass „Centrallyrik“ heute nicht mehr geschrieben werden kann. Aber sie ist bei ihm auch nicht mit der ideologischen Vernebelung verbunden, die Anlass zu ihrer Überwindung war: „Es gibt vieles, worüber man sich freuen kann“, sagt er, „eine Freude, die mir noch bevorsteht, nenne ich so: Das wird ein prima Tag sein, der Tag, an dem alle Leute Leute sind.“ II. Die Dezentralisierung der Lyrik 76 Hans Klure lässt sich nicht von Metaphern und schönen Bildern verführen: „Die mechanische Werkstatt war wie eine Ziehharmonika. Wir waren viele, solcher von der weißen und solche von der schwarzen Sorte, die dort arbeiteten. Und es waren ziemlich viele Bosse.“ - Das ist gut gesagt („basa“ heißt auf Norwegisch sowohl „Bässe“ als auch „Bosse“! ). Aber Klure vergisst nicht, die wichtige Frage zu stellen, die die Harmonisierung dieses guten Bildes zunichte macht: „Doch wer war es, der spielte? “ Ein durchgehendes Thema bei Oskar Stein Bjørlykkes proletarischem Lebenskünstler ist das Verhältnis zwischen dem Harten und dem Weichen. „Im Weichen wächst es, das Neue und Gute“, sagt Hans Klure. Aber er sagt auch ganz deutlich: „Hart gegen hart, und weich gegen weich. So soll es sein.“ Man denkt an Jan Erik Vold, wenn man liest: „Das Freundliche ist besser als das Zornige. Denn das Freundliche hat stets das Lächeln in sich. Und es gibt nichts, das so stark wäre wie ein Lächeln.“ Aber Klure ist nicht einig mit Jan Erik Vold, wenn dieser schreibt: „Lächle/ - und man plaziert dir/ einen Stiefel/ zwischen den Augen, lächle/ trotzdem.“ - Hans Klure sagt: Du sollst, was falsch ist, scharf fixieren. Du sollst, was gut ist, anlächeln. Du sollst der ganzen Welt zublinzeln. Das tönt eher wie der Schluss von Stig Holmås’ Gedichtsammlung Vi er mange (Wir sind viele), wo es heißt: „ich will die Faust machen/ und euch zulächeln“. In einem solchen Kontext, der politisches Engagement mit Humor und Poesie verbindet, oder anders gesagt: die Inspiration der alten mit der politischen Absicht der neuen profil-Gruppe zu verbinden vermag, erschien auch eine junge Frau, deren Gedichte und Zeichnungen in den letzten beiden Jahren fast in jedem Heft der größeren Literaturzeitschriften Norwegens auftauchten - Sissel Bjugn. Sissel Bjugn ist 1947 geboren. Ihre liebenswürdigen Gedichte fangen die Brechungen ein, denen ihr literarisch geformtes Bewusstsein in ihrem Arbeitsmilieu in der norwegischen Fisch-Gefrierfabrik Kr. Voie A/ S ausgesetzt ist, Brechungen aber auch zwischen ihrer marxistischen Schulung und ihrem Bedürfnis nach Poesie. - Das folgende Gedicht heißt Oppgåve (Aufgabe) und ist gezeichnet: karl marx/ sissel bjugn: nicht das Bewusstsein der Menschen schau! bestimmt ihr Sein dort steigt ein Seestern sondern umgekehrt zu Gott hinauf ihr gesellschaftliches Sein wünsche dir drei Dinge bestimmt ihr Bewusstsein schnell! Die Dezentralisierung der norwegischen Poesie 77 In der gleichen Verschachtelungstechnik sind auch in anderen Gedichten von Sissel Bjugn Texte ineinandermontiert, die einen politischen Bereich - etwa den Raubbau am Fischbestand der Nordsee, die Arbeitslosigkeit - mit einem privaten Bereich - etwa dem Solidaritätserlebnis nach einem Abend in der Diskothek - in Beziehung und Kontrast zueinander setzen. Das letzte Gedicht, das in diesem Aufsatz zitiert werden soll, ist ein Beispiel für Sissel Bjugns charakteristische Kombination von Bild und Text. Der Text spricht von Solidarität am Arbeitsplatz, und die Bildserie verstärkt und ergänzt die Aussage auf eine kühne und witzige Weise. GEDICHT: HILFE! für Kirsti und Nancy Oh! Was für ein großes Kabeljau-Filet! Würdest du so nett sein und mir helfen den Kabeljau zu zerlegen? Danke! Hans-Jørgen Nielsen har - med en hilsen til Karl Marx - lansert tre-fase-modellen for dansk modernisme. Det ble en fruktbar modell som også kan anvendes på norsk poesi. Den tredje (og altså nyeste, riktigste og mest revolusjonære) fasen hos ham var systemdiktningen. Det var i 1968. Nå har vi 1972, og bildet har allerede forandret seg. Vi 105 har ordnet 119 kloke, pregnante og/ eller berømte ytringer om poesi fra vår tid i videste forstand i tre spalter. Teksten vi på denne måten har fått, skal kunne leses både vertikalt og horisontalt. Ved at våre sitater i alle tre spalter er plukket fra et tidsrom på rundt 100 år, blir det nok klart at kronologiske faser som pent og pyntelig avløser hverandre er en pedagogisk fiksjon. De tre forskjellige holdninger til språk og poesi som dokumenteres her, har hele tiden stått ved siden av hverandre. Men den ene etter den andre har etter historiens krav kommet til å stå i forgrunnen. Meningen med collagen er ikke at man her skal kunne skumme sannheter, slik kapitalisten skummer merverdien av andres arbeid. Meningen er snarere at man kan forsyne seg med materiale til å sette i gang med egen produksjon: å tenke seg forbindende tekster til sitatene. Selv om vi i forveien har ordnet stoffet nokså tendensiøst, skulle det likevel være mange muligheter. Gunnar Heiberg beskriver et sted hvordan Sigurd Hoel arbeider: han kutter problemene opp og ordner bitene symmetrisk på skrivebordet. Så undersøker han den første biten. Så undersøker han den andre biten, og den tredje og den fjerde. Og så ler han innimellom. Le, det gjorde vi også, da vi med såre knær krabbet rundt på et stort gulv og arrangerte bitene. Og for til slutt å antyde litt nærmere hva vår allerede nevnte tendens går ut på, vil vi sitere Johan Fredrik Grøgaard med noen linjer som vi mener sier noe om våre tre spalter: hvis diktet ligner et dikt er det noe i veien„ med diktet hvorfor ikke la det ligne en flyvende flodhest eller et brød (…) 105 Collage-teksten er laget i samarbeid med Alken Bruns. Brikker til et essay om poesi Brikker til et essay om poesi 79 Kun Poesien kan frelse Mennesket og Verden. (Paul la Cour, 1948) Poesien är någonting outsägligt, utom och utöver innehållet. (Hans Ruin, 1935) Kunsten er som alt andet ingen nytte til. (Per Højholt, 1967) It’s only a paper moon. (Jan Erik Vold, 1969) fem ord er en linje to linjer er et dikt. (heikki grøhn, 1971) Og nettopp lyrikk må helt klart være noe man uten videre skal kunne undersøke etter bruksverdien. (Bertolt Brecht, 1927) Å sette sammen vakre ord, det er ingen kunst. (Bertholt Brecht, 1938) Poesien er til udenfor sproget og uafhængig af det. (Paul la Cour, 1948) Symboler og sinnbilder skifter. Men bildet, tegnet består. Urbildet, solhvervsbildet, det ukjente tegn, ansiktet som gjenoppstår i stadig nye masker, nye bilder. (Stein Mehren, 1969) Kunstens vesen er teknikk. (Roland Barthes, 1964) det nye diktet er derfor som helhet og i delene enkelt og overskuelig. det blir til seog bruksgjenstand. tankeobjekt - tankespill. (eugen gomringer, 1954) Kunst er agitasjon. Kunsten er altså et politisk våpen. Den er et politisk våpen enten kunstneren er klar over det eller ei, i kraft av sin funksjon, sitt vesen. Spørsmålet vi da må stille oss, blir: Et våpen for hvem? Et våpen for hvilken klasse? (Morten Falck, 1969) Å skrive er, bevisst eller ikke, alltid en politisk handling. Skriving er politikkens fortsettelse med andre midler. (Jacques Henric, Philippe Sollers, 1968) Poesien er i seg selv et værn mod ideologisk forhærdelse. (Ole Wivel, 1953) Selvfølgelig er den „rene kunst “ , idet den angivelig vil være partiløs, nettopp partisk. (Franz Mehring, 1896) II. Die Dezentralisierung der Lyrik 80 (…) jeg kan ikke settes i ideologisk bås og raute. Nei, min diktning ligger forut for slike valg. (Stein Mehren, 1970) Dikt är för mig mystik och musik. (Gunnar Ekelöf, 1957) Digtet er ikke noget, der kommer fra det høje. Det er noget man gør med sproget. (Hans-Jørgen Nielsen, 1968) Ned med de partiløse litteratene! Ned med det litterære overmenneske! (Lenin, 1905) Dikterne og kunstnerne snør ikke fra himmelen, de vandrer heller ikke i skyene, de lever midt i sitt folks og sin tids klassekamper. (Franz Mehring, 1892/ 93) Kun to Ting var Livet værd: Kærligheden og de Øjeblikke da Poesien steg ned til dig. Det var det samme som skete dig. (Paul la Cour, 1948) Først maa du føle i det ordløse, siden udtrykke, hvad din Følelse lod dig se. (Paul la Cour, 1948) Et dikt oppstår ikke av følelser men av ord. (Stephan Mallarmé) Livets växlingar blir likgiltiga för honom, dess olyckor maktlösa, dess korthet illusorisk, så som mången poet anförtrott oss. Det är som hos mystikern: en underbar lycka har bemäktigat sig honom och fyller hans sinne. (Hans Ruin, 1935) Digteren er ikke mystisker, han mediterer ikke, han handler, han er praktiker i det materiale som er hans. (Per Højholt, 1967) Alt samfunnsliv er vesentlig praktisk . Alle mysterier som leder teorien til mysterier som leder teorien til mystisisme finner sine rasjonelle løsninger i den menneskelige praksis og i forståelsen av denne praksis. (Karl Marx, 1845) Brikker til et essay om poesi 81 Diktets oppgave er imidlertid å konstituere virkelighet. Dikteren griper tingene slik at de i hans grep begynner å kjenne glede over sin eksistens. Muligheten for en kongruens mellom ord og gjenstand utgør dikterens lykke og vesen. Navngivning kan til og med gjenskape det skapende fenomen. (Wilhelm Lehmann, 1960) Men i en text vil ord samtidig have en tendens til at indføre kategorien ting = Virkelighed. Digtet må afvise en sådan vag og automatisk symbolisme fordi illusionen om Virkeligheden derved får indpass og digtet ender med at være et postulat om realiteter og ikke nogen realitet selv, med hjemret i virkeligheden. (Per Højholt, 1967) Når vi diskuterer et problem, må vi ta utgangspunkt i virkeligheten og ikke i definisjoner. (Mao Tse Tung, 1924) Vad mitt skrivande ytterst syftar till är att bidra till de förändringar som är nödvändiga för att lösa de antagonistiska motsättningar vi lever under. (Göran Sonnevi, 1967) Digteren genopretter den tabte Inderlighed mellem Ord og Ting. (Paul la Cour, 1948) Kunst er å overvinne avstanden mellom oss og det levende liv, avstanden mellom oss og de briller vi ser på oss selv med. (Stein Mehren, 1964) man underminerar läsarens säkerhet på det heliga sambandet mellanordet och dess betydelse (…) och eftersom tänkandet är beroende av språket blir ytterst varje angrepp mot den gällande språkformen ett berikande av de innötta tankebanorna. (Öyvind Fahlström, 1953) Digter er enhver, i hvem Enheden i alle Ting lever og vidner. (Paul la Cour, 1948) Alle på Kreta lyver, sa mannen på Kreta. (Jan Erik Vold, 1969) Verden er én. (Stein Mehren, 1969) Måtte gudene bevare oss for profetisk rus. (Paul Valéry) Mästare, och inte långhåriga predikare är vad vi behöver nu. (Vladimir Majakovskij, 1912) II. Die Dezentralisierung der Lyrik 82 Hvis man opfatter digtet som en ting med korpus og fremtræden som realitet vil det at benytte ord som vækker forestillinger om ting være en problematisk handling hvis ikke bevidstheden om denne problematik indgår i den poetiske metode. (Per Højholt, 1967) Af det flygtige og forbigaaende uddrager Digtet det bestandige, det uforanderlige. Det, som er Lov, Tingenes Lov og din… I det mangfoldige oplever det Enkelhed, i Rigdommen den videne Fattigdoms smil. (Paul la Cour, 1948) Interessen for verdens ting kan let forskydes til interessen for sproget som ting. Og intet taler for, at sproget skulle være et dårligere motiv end f. eks. poetens ulykkelige kærlighed. (Hans-Jørgen Nielsen, 1968) For å bedømme de litterære formene må man gå til virkeligheten og ikke til estetikken, heller ikke realismens. Sannheten kan forties på mange måter og sies på mange måter. Vi utleder både vår estetikk og vår etikk fra vår kamps krav. (Bertolt Brecht, 1938) Kan man tænke sig en bevidsthed om stilen, der mere angår sproget selv og dets direkte handlende kvaliteter? Ikke dets metafysik men dets fysik. (Vagn Steen, 1966) Diktet är kroppvorden själ och självorden kropp. (Hans Ruin, 1935) Ordet er åndens fallos. (Gottfried Benn, 1951) Sprog du er min bedste qusse. (Vagn Steen, 1969) Brikker til et essay om poesi 83 ordet: det er en størrelse. det er - hvor det måtte falle eller bli skrevet. det er verken godt eller ondt, verken sant eller usant. det eier materialets skjønnhet og tegnets ‚abenteuerlichkeit ‘ . (eugen gomringer, 1954) Wanaka sa: jeg forsøker å fremstille illusjonen som virkelighet, for å avsløre virkeligheten som illusjon. (Stein Mehren, 1961) Noen av dem hvis dikt jeg leser, kjenner jeg personlig. Jeg blir ofte forbauset over at mange av dem i sine dikt viser mindre fornuft enn i sine andre ytringer. (Bertolt Brecht, 1937) Där det lilla tinget syftar ut mot alt vidare korrespondenser, väckar det innom oss en dallrande aning om huru allting är enhetlig, jämförbart, samstøpt. Poesins innersta mystik ligger säkert till en god del häri. (Hans Ruin, 1935) II. Die Dezentralisierung der Lyrik 84 Drømmer ser seg selv og oss, klarere enn vi ser dem og oss selv. (Stein Mehren, 1969) Det dreier seg jo ikke om en intellektuell tenkning, men om diktet som en organisk erkjennelsesprosess. (Erling Christie, 1955) Symbolet vekker anelse. Ordet kan bare forklare. (J. J. Bachofen, 1927) Man får ikke et øyeblikk hengi seg til den illusjon at en arketyp til slutt kan bli forklart og at man dermed er ferdig med den. (C. G. Jung, 1941) Deres skapelsesbegrep kan ikke lenger karakteriseres med begrepet intuitiv innbilningskraft; den litterære kvalifikasjon viser seg snarere under eksperimentets kategori. (Max Bense, 1971) Ved udnyttelsen af sprogets (materialets) inerti kan man benytte sig af spilleregler, logiskmetodiske fremgangsmåder af mer eller mindre tilfældig natur. En betjening af tilfældet du fra metodiske forsætter vil paradoksalt nok accentuere textens præg af tilfældighed, men vil samtidig som udsagn være betinget/ styret af forestillingen om tilværelsens absurditet, inderst inde måske af affektbetonede reaktioner på automation, rationalisering, mekanisering, databehandling osv. (Per Højholt, 1967) Å tilstrebe avmystifiseringen av det som borgerskapet høyttravende kaller „skapelse “ , er en viktig oppgave. Man ville - hvis dette arbeide var gjennomført - få se hvordan kampen for tilegnelsen og kodifiseringen av språket er knyttet til de sosiale kampene (til klassekampen). (Jacques Henric, Philippe Sollers, 1968) Alle spekulasjoner om det skapende menneske er kun egnet til å tilsløre en reell innsikt; det „skapende arbeid “ er nettopp ikke noe arbeid, noen reell prosess, men den religiøse formel som tillater å feire dets begravelse, idet man reiser et monument over det. (Pierre Macheray, 1966) Og grensen som blir nådd er ikke grensen til intet, til det språkløse, til kaos, men grensen til det som ennå ikke kan bli sagt. (Helmut Heissenbüttel, 1967) I diktet bringes erfaringen til liv - tingen gjennomtrenges av sitt eget lys; den får virkelighet i vår tanke. I Kunsten har på ingen måte kraft nok til å oppheve den sivilisatoriske fremmedgjørelse. Det er nok at den bidrar til den Man bør passe seg for å overvurdere kunstens betydning for proletariatets frigjøringskamp. Brikker til et essay om poesi 85 denne forstand er poesien magi og diktet besvergelse. (Erling Christie, 1955) Poesi saa langt fra at være en Flugt, (er) tvært imod høj og uundværlig Gerning i Tingenes Hjerte. (Paul la Cour, 1948) kontinuerlige problembevissthet som den siviliserte verdens beståen beror på. (Franz Mon, 1970) konstellasjonen er ikke noen oppskrift, verken formalt eller tematisk, den nevner ikke de „altfor menneskelige “ sosiale og erotiske problemene; hvis disse problemene ikke for største delen kan løses i livet, hører de kanskje hjemme i faglitteraturen. (eugen gomringer, 1954) Digtet kan altså ikke (…) fungere som album for læserens yndlingsidéer eller som kugleramme til løsning af hans „personlige “ problemer. Det har kunst aldri kunnet. (Per Højholt, 1967) Tacka adjö till all slags, ordnad eller oordnad, privatpsykologisk, samtidskulturell eller universell problematik. Det är givet att orden är symboler, men det är inte något skäl för att poesin inte ska kunna upplevas och skapas med utgångspunkt från språket som konkret materia. (Öyvind Fahlström, 1953) (Franz Mehring, 1869) När jag säger att jag inte tror på litteraturen betyder det inte att jag är likgiltig för formuleringen, eller tycker att det gör detsamma vilka ord man använder. Tvärtom, det är noga hur man uttrycker sig, ordet har en oerhörd makt. (Sara Lidman, 1970) Eftersom vi alla befinner oss i ett ytterligt svårt läge måste vi prata med varann om det. Lyriken har sedan lång tid tillbaka blivit så grundligt förstörd och misskrediterad att jag knappast tror att den är det bästa sättet att prata med varann. Den är kanske just nu till och med det sämsta sättet. Men den går i alla fall att använda, eftersom alla medel kan användas i kampen mot det system som förtrycker och förstör oss. (Anna-Clara Tidholm, 1970) … ingen revolusjonær forfatter eller kunstner kan gjøre noe meningsfylt arbeid med mindre han er nær knyttet til massene, gir uttrykk for deres tanker og følelser og tjener som en lojal talsmann for dem. Bare ved å tale massenes sak kan han fostre dem, og bare ved å være deres II. Die Dezentralisierung der Lyrik 86 Karl Marx sørger for å forandre verden, dikteren sørger for å begripe den. (Wilhelm Lehmann, 1960) elev kan han bli deres lærer. En ting er god bare når den er til virkelig nytte for folkets masser. (Mao Tse Tung, 1942) Poesien (er) ikke bare virkelighet, men mer virkelighet. (Erling Christie, 1955) Virkeligheten rettferdiggjør ikke kunsten. Man går ut fra livet for å nå en annen virkelighet. (Pierre Reverdy, 1919) Billedet er ikke Imitation. Det er selv en verden. (Paul la Cour, 1948) Hvis diktet bare skal være gjenstand, da går det over i malerkunst, lydmønstre, serielle spillteorier og komposisjonsregler, grammatikk, syntaks, grafikk, typografi osv. Det gjør faktisk mye modernistisk poesi - og er derfor ikke lenger poesi. (Stein Mehren, 1964) The medium is the message. (Marshall McLuhan) At en text er rektangulær kan være lige så betydningsfuldt for oplevelsen af den som det faktum at ordet „selvmord “ forekommer i den. (Per Højholt, 1967) Poesien kan inte bara analyseras utan också skapas som struktur. Och inte bara som struktur med tonvikt på uttryck för idéinnehåll, utan också som konkret struktur. (Öyvind Fahlström, 1953) med konstellasjonen blir noe satt i verden. den er en realitet for seg selv og ikke et dikt om… (Eugen Gomringer, 1954) Digtning er ikke nogen udlægning eller fremstilling - det er en ting. Der er ikke noget foran eller bag ved, alt er i digtet. (Per Højholt, 1967) Vi må tale arbeiderklassens eget språk, og vi må avvise alle formelle finurligheter og eksperimenter som hemmer eller vanskeliggjør forståelsen. (Morten Falck, 1969) Om et litterært kunstverk er folkelig eller ikke, er ikke noe formspørsmål. Det er slett ikke slik at man, for å bli forstått av folket, må unngå uvante uttrykksmåter eller bare innta vante standpunkter. Det er ikke i folkets interesse å tilskrive folkets vaner (her: lesevaner) diktatorisk makt. Folket forstår djerve uttrykksmåter, godtar nye standpunkter, overvinner formale vanskeligheter, når det er folkets interesser som kommer til uttrykk. (Bertolt Brecht, 1938) Det er galt å tro at kløften mellom avantgarden og massene er uoverkommelig. Erfaringen viser: med nye kunstneriske midler nærmer man seg massens sosiale bevissthet på en såpass tvingende Brikker til et essay om poesi 87 (…) den højeste af alle Egenskaber: frugtbar, ædel Naivitet. (Paul la Cour, 1948) Af forfatterrollens sækularisering følger også den udbredte allergi mod metaforen som stilmiddel. (Hans-Jørgen Nielsen, 1968) måte at det høye kunstneristiske nivå ikke lenger føles som en hindring, men som kunstverkets mest virksomme moment. (Ernst Bloch, Hanns Eisler, 1937) Metaforerna ger ofta den inspirerande stöten åt ideerna, så som när tanken om en enhetlig, i alt skapat verkande evig kraft ofrivilligt mognar ur det alt överspännande nät av överensstämmelser, som metaforerna knyter mellan nära och fjärran ting. Och ideerna å sin sida vinner poetisk dignitet, i det de tar kropp i metaforerna. (Hans Ruin, 1935) (…) den egendomliga stämning, den obeskrivliga intimitet, som utgår ur mången metafor, härrör av att den inte bara är undervisande, förklarande, förtydligande, assoctionsväckande, utan att den låter (…) det behandlade stoffet omedelbart få del i allhetens liv. (Hans Ruin, 1935) I denne reduksjonen blir metaforen ført tilbake på ordet. (Helmut Heissenbüttel, 1966) Thou shalt not commit metaphor. (Max Black, 1962) har du sagt A har du sagt A (Jan Erik Vold, 1969) Estetene anklager meg ofte for at jeg nedvurderer versets poetiske kvaliteter. Jeg gir for øvrig blaffen i estetene. (Vladimir Majakovskij, 1927) (Man) måste skita i vad som är „konstnärligt helgjutet “ eller „psykologisk medvetet “ (…) (Anna-Clara Tidholm, 1970) Utsøkt ordmusikk har bare å fortelle at her var det ikke mat for mange. (Bertolt Brecht, 1939) Naar Sproget hører op med at være kultisk, mister det sin Oprigtighed og begynder at bevæge sig mod stadig stigende Abstraktion. (Paul la Cour, 1948) Den reelle, dvs. den materialistiske, historieprosess kan ikke unnvære en semantisk materialisme. (…) Basis (arbeidet på signifikantenes plan) er den determinerende faktor ved overbygningens Og vi sosialister avslører dette hykleri, river ned de falske uthengsskilt - ikke for å få en klassefri litteratur og kunst (det vil først bli mulig i det klasseløse sosialistiske samfunn), men for å II. Die Dezentralisierung der Lyrik 88 utarbeidelse („betydninger “ ), og leseren må snu sitt lesesystem opp ned, fordi han først kommer i kontakt med en overflate uten å se dens determinerende faktorer. Modellen for dette er forholdet mellom økonomi og ideologi. (Jacques Henric, Philippe Sollers, 1968) stille opp mot den hyklersk frie litteratur som i virkeligheten er alliert med bourgeoisiet den virkelig frie litteratur som er forbundet med proletariatet. (Lenin, 1905) Poesi begynner først der hvor det er tendens. (Vladimir Majakovskij, 1926) Tendensen alene gjør det ikke. (Walter Benjamin, 1934) Man kunne tale om en inspirasjon beslektet med religionens. (Erling Christie, 1955) Pass deg for abstraksjoner. (Ezra Pound, 1923) Begeistringen som fester seg til noe annet enn abstraksjon er et tegn på svakhet eller sykdom. (Charles Baudelaire, 1845) Författaren är ingen civiliserad medicinman eller profan präst. (Björn Håkanson, 1966) Kunstverker uten kunstneriske kvaliteter har ingen kraft, hvor progressive de enn er politisk. (Mao Tse Tung, 1942) Konstupplevelsen fattas som samtal, diskussion, en kommunikation med bredd och djup. Det aktuella konstverket vill övertyga i en aktiv debattsituation, inte bjuda till passiv vördnad och andakt. (Leif Nylén, 1963) Bakom varje dikt återfinns en svensk skattebetalare. Sverige är en nordisk välfärdsstat. Även sådana fakta är värd att hålla i minnet vid läsningen. (Björn Håkanson, 1966) Brikker til et essay om poesi 89 Det levende Digt vil altid være revolutionært. Naar du ikke ser det revolutionære i det, skyldes det, at det er revolutionært på et særligt Plan, ikke det politiske. (Paul la Cour, 1948) Kunstneren (og filosofen) er en revolusjonær, men ingen politisk revolusjonær. Han vil en dypere og mer altomfattende revolusjon enn den rent politiske, han vil revolusjonere mennesket i verden og verden i mennesket. (Stein Mehren, 1965) Altså er nok verdensrevolusjonen likevel kanskje den evige oppgaven for det i ensomhet bevegede hjerte (…) i hvert fall i den grad den kan oppta dikteren. (Oskar Loerke, 1920) Det bør ikke glemmes, at ophavsmændene også er ganske almindelige arbejdene, skattebetalende borgere og vælgere i velferdsstaten Danmark sidst i 1960’erne. At samme Danmark så ikke heller svæver frit i luften, men f. eks. har en ganske konstant rolle som medudsuger af ulande eller via Nato som understøtter af USA’s folkemord i Vietnam er naturligvis et problem og en anfægtelse for disse poeter som for andre borgere. Men det ville være et urimelig krav, at poeten som poet uden videre skulle føle sig særlig kaldet til f. eks. at gribe ind i lige den problematik. (Hans-Jørgen Nielsen, 1968) Etter våre praktiske iakttagelser kan man sammenfatte motsetningen slik at den moderne kunst har et dypt pessimistisk grunntrekk, mens det moderne proletariat har et dypt optimistisk grunntrekk. (Franz Mehring, 1896) Missmodets fåglar kan nog flyga över huvudet på oss, men vi kan hindra att de bygger bo i håret. (Johanna Schwarz, 1972) Den som skal dikte ei ny bok er likeså einsam. Just så einsam som stevnen på eit skip under fart skjera seg fram i ukjent. Der er ingen med. (Tarjei Vesaas, 1964) Lidelsen er dikterens aura som også i tider uten adel, uten magi, uten gud skiller ham fra menneskene og fører ham i ensomheten, hvor han finner seg selv. (Walter Muschg, 1948) Ensomhet, den moderne dikters ursituasjon. (Hugo Friedrich, 1956) Mitt verk er en blindvei. (Stephan Mallarmé) Vil jeg virkelighet eller vil jeg bare forbli i dette mørke av skjønnhet? (Stein Mehren, 1969) Den unge poesi må i overensstemmelse med sit relativistiske udgangspunkt blive en poesi, der skrives mellem folk og ikke for folket. (Hans-Jørgen Nielsen, 1968) Gomringer bedriver altså, slik sett, liksom en sosialisering av språket, og han går med dette lenger enn de politisk engasjerte poetene som med all sin verbale og fysisk aktive kritikk av de herskende forhold likevel ikke kommer løs fra den borgerlige rettferdiggjørelsespoetikkens metaforiske talemåte. (Helmut Heissenbüttel, 1967) jeg er derfor overbevist om at den konkrete poesien begynner å realisere idéen om en universal fellesskapsdiktning. (eugen gomringer, 1956) Han (den revolusjonære forfattaren) kan igjen begynne å skrive litteratur, ein litteratur som skal bli lese av breie lag av folket, ein litteratur som folk skal bli glad i. Denne kjensle av samanheng må skapa ei heilt ny meiningsdjupn i den kunstnarlege aktiviteten som forfattaren lenge har sakna. Dette kjem av at han står i ein samanheng som forpliktar han utanom kunstens virkelighet. (Tor Obrestad, 1971) La hundre blomster blomstre og hundre tankeretninger strides, det er retningslinjen for fremmingen av kunstens og vitenskapens framsteg og en blomstrende sosialistisk kultur i landet vårt. (Mao Tse Tung, 1942) jeg skal knytte hånden og smile til dere (Stig Holmås, 1970) Jeg føler meg forplikta av Bibelen, som pålegger mennesket å underlegge seg jorda til Han kommer tilbake. (James Gaius Watt, amerikansk innenriksminister, 1981) Industrisystemet er, historisk sett, den logiske utvidelse av slavesystemet og den slavejagende imperialismen til forholdet menneske-natur. Derfor er industrisystemet i siste instans menneskets standpunkt mot livet og for ørkenen. (Carl Amery) På omslaget til Jan Erik Volds Bok 8 LIV fra 1973 ser vi en naiv akvarell av Kari Bøge med et idyllisk Oslofjord-landskap. Følgende dikt finnes i samlinga: Hva skal vi gjøre med våren, det at trærne som stod uten blader nå har fått blader igjen, hva skal vi gjøre med det? Hvorfor dette spørsmålet? Våren er jo noe vi ganske enkelt gleder oss over. Og hvis vi var lyrikere, vil vi kanskje skrive et dikt om våren og om vår glede. Men i (den poesihistoriske) virkeligheten er ikke dette så enkelt. Ideen om at naturen i særlig grad rører ved følelsene våre, og at den inspirerer visse mennesker til å skrive dikt, festnet seg i en bestemt historisk situasjon. Da var byborgernes forhold til naturen faktisk allerede forstyrra gjennom en produksjon som blei mer samfunnsmessig, prega av arbeidsdeling og industrialisering. Denne ideen er ikke mer enn ca. 250 år gammal. Den notoriske affiniteten natur- lyrikk-inderlighet stammer herfra. Jo mer fremmedgjort menneskene så i fortsettelsen blei for naturen, desto høyere blei den verdsatt. Til slutt kunne den til og med bli sett på som sjelelandskap. Jo trangere kår sjelen fikk ved økt samfunnsmessig og teknologisk tvang, desto mer upolitisk, privat og mystisk arta naturlyrikken seg. „Her kommer de fordømte blomstene igjen“ Om moderne naturlyrikk „Her kommer de fordømte blomstene igjen“ 93 I den politisk bevisste og estetisk nyskapende tyske 60-talls-lyrikken falt poetologisk og metapoetisk distansering fra tradisjonen - Hans Magnus Enzensberger i Landessprache, 1960: „Lies keine oden, mein sohn, lies die fahrpläne: sie sind genauer“ - sammen med ironisk diffamering eller total utelatelse av et ynda tema og motivforråd: naturen. Hele naturlyrikk-genren blei betrakta som naiv „veikantlyrikk“, som oppblåst mystisisme eller som ufruktbart esoterisk. Det å fordype seg i grønne nisjer i historia framsto som virkelighetsflukt, nostalgi, regresjon, falsk idyllisering. Stikkord fra naturlyrikkens register førte for det meste til metapoesi om at det ikke lenger er mulig å fortsette å skrive naturdikt. Naturdiktet kom i ideologikritikkens skuddlinje: Det inkarnerte på eksemplarisk vis den forelda ideen om en rein, tidløs poesi, løsrevet fra historie og samfunn. Naturdiktets virkelighetstilslørende funksjon blei om og om igjen brennemerka, med støtte i Brechts linjer fra „An die Nachgeborenen“ i Svendborger Gedichte (utgitt i København 1939): Was sind das für Zeiten, wo Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist. Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt! Brechts dom over de onde tidene blei i snever fortolkning til en dom over den naturlyriske samtalen. Men i dag ser mange ting helt annerledes ut. Vi står overfor en akutt trussel: ødeleggelsen av naturmiljøet i en stadig raskere kjedereaksjon, forårsaka av inngrep av hittil ukjent omfang fra industrisamfunnets side. Dette har fått oss til å se hvilken betydning naturen har - ikke bare for at vi rett og slett skal overleve, men også for en livskvalitet som vi fremdeles kan kalle menneskelig. I likhet med ei gruppe dansker i antologien Spurvens vilje. Om natur og digtning (1980), har tallrike yngre tyske lyrikere og litteraturforskere vist til utfordringa for dagens kritiske og politiske lyrikk som ligger i dette. Utgangspunktet for refleksjonene deres er at den historiske utviklinga, selve naturens tilstand i dag har ført til at lyrikeren ikke lenger kan bruke naturen som upolitisk tilfluktsrom, som projiseringsskjerm for sitt eget subjekt eller som bærer av hellige sannheter. Fra å være inderlighetens domene er naturen blitt et presserende politisk problem. Samtidig har drømmebildet av en ikke markedsført og ødelagt natur, som for ikke lenge sia blei betrakta som nostalgi, i dag fått utopisk karakter. Dette bildet inneholder en protest mot ei skakk-kjørt miljøutvikling. Og fordi den poetiske fiksjonen springer ut av slike virkelige behov, kan den ofte innebære mer virkelighetssans enn vareøkonomiens virkelighet med sitt abstrakte og perverterte forhold til verden. Dette betyr at egenskaper ved lyrikken som var bannlyst i de postmodernistiske, politiserte 60-åra, nå plutselig på nytt er blitt politisk interessante: Drømmen får betydning som mulighetsrealisme. Poesien får sin samfunnsmessige funksjon: Å være et ikke-instrumentelt språk som betoner det emosjonelle ved erkjennelsesinteressen. Den poetiske intuisjonen skaper motstand mot lineær tankegang, teknologisk nyttefornuft og tingliggjøring. Poesien insisterer på menneskeliggjøring av verden, på integrering av opplevelse, tanke og handling. Den holder fast ved visjonen om en organisk helhet … II. Die Dezentralisierung der Lyrik 94 Det nye kravet om en slik „dikterisk“ erkjennelseskvalitet har fått tyngde ved at det i det siste er blitt fremsatt av fysikere, naturforskere og samfunnforskere. Romaklubben: Vår nåværende situasjon er så innfløkt (…) at en kombinasjon av reint tekniske, økonomiske eller juridiske tilak ikke kan føre til noen vesentlig bedring. Helt nye framgangsmåter er nødvendig for å innstille menneskeheten mot mål som fører til likevektstilstander i stedet for videre vekst. Disse framgangsmåtene krever en usedvanlig grad av innsikt, forestillingsevne og politisk og moralsk mot. Det vil være nødvendig med „en åndelig omveltning av praktisk talt kopernikansk omfang“. I Spurvens vilje skriver K.E. Løgstrup: „Er det hybris at mene, at værkets æstetik bringer en indsigt med sig? Må vi ikke overlade videnskaberne erkendelsen? Svaret er, at det kan vi ikke, for det sætter videnskaberne sig op imod.“ En konsekvens av alt dette er for det første at ikke all naturlyrikk må forkastes helt. Andelen av falsk bevisshet i sentrallyrikken - typen Paul la Cour eller Stein Mehren - og sentrallyrikkens overspente og samtidig politisk naive ambisjon generelt må mer enn noensinne gjøres bevisst. Men en kritisk aktualiserende nylesning av tradisjonell naturlyrikk må (kan) framheve det rasjonale potensiale som også rommes i den. Den andre konsekvensen er at de mulighetene for erkjennelse som ligger i et desidert „lyrisk“ språk må gjøres fruktbare for en ny type naturlyrikk i dag. I dag er det å tie om trær blitt en forbrytelse, fordi det skjer ugjerninger mot dem - og dermed mot menneskene. Disse ugjerningene har samme politiske og livsfarlige karakter som de ideologiske og krigerske ugjerningene Brecht retta oppmerksomheten mot i 1939 (og som det sjølsagt også i dag gjelder å bekjempe). Ut fra en kritikk av den tradisjonelle naturlyrikken i den økologiske problembevissthetens tegn kan det avledes kriterier for en ny naturlyrikk. 1) Ingen naiv antroposentrisk omfavnelse av eller estetiserende utbytting av naturen. Ved tilnærminga til naturen, ved humanisering av den og den sympatiserende betraktinga av den, må lyrisk takt bevare bevisstheten om en fremmedhet, en avstand som ikke kan oppheves. 2) Ved poetisk avspeiling av naturen må naturdiktet bevisst „stille ut“ de reelle samfunnsmessige formidlingene av vårt forhold til naturen og volden som øves mot den. 3) Naturmotivet må bli gitt en radikalt ny og politisk produktiv funksjon - med en dialektikk som går videre enn Brechts - for at kritikken av et falskt forhold til naturen ikke skal føre til tilbakefall til seinborgerlig subjektløshet eller naiv nostalgi. Den nye naturlyrikken må eventuelt risikere en nesten hermetisk utilgjengelighet. 4) Den lyriske tenkninga i bilder må utgjøre et korrektiv til den anarkistisk ekspanderende instrumentelle fornuften. Den må forholde seg til naturen på en måte som er i pakt med den erkjennelsesantropologiske kjensgjerninga at instrumentene for vår erkjennelse danner en del av vår organisme, som i sin tur utgjør „Her kommer de fordømte blomstene igjen“ 95 en del av den ytre verden. Den estetiske konfigurasjonen skal bli til en poetisk økologi med funksjonen å skape likevekt. 5) Mellom krampaktig demonstrasjon av fremmedgjøring på den ene sida og overspent forsoningsgestus på den andre sida kunne endelig et naturdikt av ny type tenkes, et naturdikt som viser fram og innøver ei holdning som lar naturen være i fred. Det kunne utgjøre et estetisk for-bilde for et ikke utbyttende forhold til naturen, et for-bilde for økologisk likevekt. I Skandinavia blei naturen aldri ramma av Brechts ytterliggående dom, sjøl ikke i 60åras poetiske revolter. Det har historiske årsaker, bl.a. den seine industrialiseringa. Og: På den tida da Brecht skreiv det siterte diktet „An die Nachgeborenen“ kunne naturen tjene nettopp som symbol på motstand og håp for den antifascistiske skandinaviske litteraturen. Sjøl om natursymbolikken i motstandsdikta transporterte mye ideologisk ballast, og garantisuggesjonen i dem var noe lettvint - „Den som vill döda solen, får sträcka vapen“ (Edith Södergran), eller truismen „etter vinter kommer vår“ blei hyppig brukt som trøsteklisjé i forskjellige varianter under okkupasjonen - leda likevel ikke slike dikt oppmerksomheten bort fra det aktuelle politiske problemet. Riktignok ga omtrent samtidig natursvermeriet hos Knut Hamsun Leo Löwenthal anledning til en kritikk av den regressive naturkultusen: „(Mennesket) kunne bli til en ‚ting‘ som et tre eller en bekk, og det kunne finne større tilfredsstillelse i denne sjøloppgivelsen enn i den håpløse kampen mot de menneskeskapte maktene.“ Tendensen til dette gjør seg sjølvsagt også gjeldende i svært mange tradisjonelle skandinaviske naturdikt. I hvertfall blei også i skandinaviske 60-tallsdikt naturmotivene gjenstand for sakliggjøring, avmytologisering og skepsis, neddempa eller ambivalent kjærlighet og til dels for sarkastisk, anti-poetisk språklig fremmedgjøring, avmytologisering og skepsis, neddempa eller ambivalent kjærlighet og til dels for sarkastisk, anti-poetisk språklig fremmedgjøring. (Se f. eks. Göran Palms „Havet“! ) Men mer av andre grunner enn de som Brecht og de tyske 60-tallspoetene hadde. Det var framfor alt indre litterære fornyelsesprosesser som var avgjørende. Naturlyrikken var en del av, eller til og med sjølve innbegrepet av den seinsymbolistiske sentrallyrikken, som det endelig skulle brytes med. Dette betyr likevel ikke at den ideologikritiske sida ved et slikt språklig og formalt fornyelsesarbeid blei oversett eller ikke var ønsket. Det seinsymbolistiske naturdiktet, der naturen var sjelelandskap eller tegn for en tapt metafysisk sannhet som skulle besverges, eller som brukte naturen som bilde-reservoar for estetiserende utbytting, blei avløst av lakonisk registrerende realisme: Diktet blei „nyenkelt“. Naturen var ikke lenger identifikasjonsobjekt eller projiseringsskjerm for dikterjeget, men gjenstand for observasjon, analyse, kommentar, i høyden kjølig fascinasjon (f. eks. hos Tranströmer). II. Die Dezentralisierung der Lyrik 96 Den såkalte systemdiktninga eller modernismens tredje fase reagerte mot sentimental eller ideologisk natureufori og naturmagi med en radikal språkteknologisk reduksjon av det lyriske språkets referanseog konnotasjonssystem med „konkret poesi“. „It’s only a paper moon“, heter det i 1969 hos Jan Erik Vold. Dikta skulle ikke stå for djupere erkjennelse av noen art, men være eksempler på „grammatikkens poesi“. Hans-Jørgen Nielsen erklærte at de forholdt seg indifferente til den utenomspråklige verden. Dermed var også et skille mellom naturen på den ene sida og en menneskeskapt virkelighet av mer eller mindre tvilsom art - byer, teknikk, massemedia - på den andre sida ikke lenger mulig. Protesten i denne lyrikken mot metafysiske spekulasjoner og naive og ublu antroposentriske tilnærmelser i (natur)lyrikken var radikal. Dessuten la lyrikerne endelig merke til moderne vitenskaper og teknologier, framfor alt lingvistikk og kybernetikk - noe som var på høy tid. Men med sitt kunstteoretiske teknologibegrep gjorde også denne retninga på sin side vold på naturen. Den tingliggjorde den estetisk for en sofistikert sensasjons og for indre litterær polemikks skyld. Dermed reproduserte den på språklig-strukturell måte herre-knektforholdet mellom industrisamfunn og natur og låste fast det fremmedgjorte forholdet til naturen i det vareproduserende samfunnet. Riktignok kunne slike „språkmaskiner“ også avsløre den faren for mennesket som ukontrollert teknikk utgjør. Vagn Steen skreiv i 1962 ei diktsamling med den uironiske tittelen På œventyr i tekniken. Den inneholder bl.a. et dikt som heter „Teknisk er det muligt“. Diktet beskriver hvordan sanseinntrykk forsterkes ved å bli gjenstand for isolering og elektronisk kontroll. Det avbrytes midt i en setning som forsikrer om den nesten totale sikkerheten vi har i dag mot feilkoding og kortslutninger i maskina… Også i dag framstår den urbane „aksept“-ideologien til den norske Profil-gruppa som problematisk. I det som følger vil jeg prøve å fremstille ei utvikling fra politisk og rent estetisk motivert skepsis mot naturdiktet i 60-åra, for ikke å si fra anti-naturlyrikk, til en ny naturlyrikk på politisk grunnlag i de siste åra. I sin antiog metanaturlyrikk viser Georg Johannesen ganske tydelig til Brecht og hans politiske motivasjon. Følgende dikt („Byen 4“) blei offentliggjort i 1966 i samlinga Nye dikt: Jordens brannsår sys igjen med asfalt Blod er rust på lungene men jeg har ikke tall nok i min tale til å tenke det jeg vet: Sannheten om rosen kan ikke mer bli fortalt på de godes språk „Her kommer de fordømte blomstene igjen“ 97 Den som sier: Se på denne rosen leder deg bort fra blodflekkene på veien Den som synger om din hage tier om ørkenen der tornene er de eneste roser Skip av svarte negler skummer i skumringen Volvene bjeffer i baklengs vind: Forståelse fremmes av fuglene og katten som klorer en hånd De to første linjene beskriver en tilstand der menneskets ytre livsrom er ødelagt; symptomene på ødeleggelsen tildekkes teknologisk (med asfalt): Det indre livselementet, blodet, er forgifta, det tærer opp kroppsorganene (som rust tærer opp jern). Det er ikke miljøkastrofer Johannesen har tenkt på her - i 1966 - men de bombene og kjemiske våpnene som verdens mest avanserte industrinasjon tok i bruk for å bombe Vietnam tilbake til steinalderen. Til denne tilstandsbeskrivelsen knyttes det poetologiske refleksjoner, konsekvenser for lyrisk sannhetssøken og erfaringsformulering. „De godes språk“ duger ikke lenger. Og det gamle rosesymbolet har fått et nytt innhold. Den (vakre! ) rosa, som de gode troskyldig, naturreligiøst og apolitisk viser til, makter ikke lenger emfatisk å uttrykke en sannhet. Det røde ved rosa bringer heller tankene til blod som er utgytt enn til kjærlighet, livsfylde, skjønnhet. Tornene på rosa trer i forgrunnen. Det er bare torner som fremdeles kan vokse når mennesket forvandler jorda til ørken. Hvis ikke dikteren er seg bevisst dette, vil han fortie ugjerninger og lede bort fra sannheten. Johannesens dikt sier dette i to umiskjennelige variasjoner over Brecht-linjene om at en samtale om trær er en forbrytelse: „Den som sier: Se på denne rosen/ leder deg bort fra/ blodflekkene på veien“. Og: „den som synger om din hage/ tier om ørkenen/ der tornene er de eneste roser“. Georg Johannesen har oversatt Brecht til norsk. Allerede i den første diktsamlinga hans, Dikt 1959, står det under tittelen „De onde tidene“ med undertittelens henvisning: „En samtale (Etter Brecht)“: I de onde tidene synger bare de dumme De synger: Det er skjønt at gresset er grønt I siste strofe av diktet fra 1966 formulerer så Johannesen den poetologisk-politiske konsekvensen av sin historiske erfaring. Sannheten er bare tilgjengelig for en negativ dialektikk. Forståelse som leder til sannhet er i onde tider ikke mulig gjennom et emfatisk affirmativt språk, gjennom å fordype seg i det skjønne, men må ta utgangspunkt i smertefulle erfaringer - i katten som klorer en hånd! Emfatisk stil - „Se på denne rosen“ - og ordet „synge“ karakteriserer de gode/ dummes språk som tradisjonelt (natur)lyrisk språk. Tilsynelatende blir i den første strofa, som alternativ og bedre garanti for sannhet, et tallspråk (tall nok i min II. Die Dezentralisierung der Lyrik 98 tale) stilt opp mot dette, altså paradigmet for et denotativt, antipoetisk, vitenskapeliggjort språk. Og i et anna dikt fra 1966 skriver Johannesen da også: „Kalenderen er den eneste boken/ jeg gjerne skulle ha skrevet“. Jfr. Enzensberger: „lies die fahrpläne, sie sind genauer! “ Men da må vi spørre: Hvorfor bruker Johannesen likevel i sin lyrikk et ekstremt mangetydig språk, modernistisk underliggjort i sin overflatelogikk? Ikke en eneste setning i diktet vårt har bokstavelig mening. Den siste strofa maner til og med fram den norrøne mytologiens ragnarokk. Georg Johannesens læremester Brecht skreiv jo et ganske anna språk, metaforfattig og klart! Nå er Johannesen en lyriker som arbeider svært bevisst. Vi må anta at dette paradokset signaliserer at dikteren demonstrativt vil holde fast ved lyrisk tenkning og tale - nettopp i konkurranse med det teknologiske tallspråket som påberoper seg å kunne forklare alt. Sjøl om diktet avviser det romantiske rosesymbolet, står jo et anna tradisjonelt symbol usvekka. Forståelsen fremmes av den klorende katten, men også av fuglene - et gammalt symbol for poetisk inspirasjon og visjon! Vi må ikke glømme at en annen viktig læremester for Johannesen er William Blake … Lest som metadikt skulle altså diktet vi har for oss bety en bevisst insistering på lyrisk billedspråk. Dette billedspråket må imidlertid bli gitt en politisk funksjon hvis det skal godtgjøre sin påstand om sannferdighet. Det skal fastholde motsigelser i stedet for å forsone dem. Negativ dialektikk skal erstatte mystisk, harmoniserende visjon. Lyrikken tenker kanskje ikke - i tall, som bare kan fastslå eller anslå et status quo. Men likevel veit den - i bilder, som kan framkalle helhetlige og alternative forestillinger. En har ikke nok tall. Og tall er ikke nok. Faktisk slutter det tidlige diktet „etter Brecht“ om at det er bare de dumme som „synger“ med dette forsettet: Jeg: I de onde tidene er jeg ikke vis jeg synger og taler om de onde tidene Den ofte nesten hermetiske utilgjengeligheten i Johannesens dikt, i ei tid da de andre skreiv nyenkelt, kan oppfattes som pedagogisk beregning: Som bevisst metode til å vanskeliggjøre lesehandlinga. Leseren utfordres til å være med å tenke, bringe egne erfaringer inn i spillet for å få en mening ut av den abrupte serien av bilder. Han skal lære å bryte opp overflater som er tilsynelatende ugjennomtrengelige, å frigjøre seg fra en lineær tankegang, å holde ut spørsmål, og å omgås med motsigelser. Det neste diktet jeg vil ta for meg, står i Jan Erik Volds antilyrikkbok kykelipi fra 1969. Det er typisk for ei distansering fra naturlyrikken som først og fremst har indre litterære årsaker. „Her kommer de fordømte blomstene igjen“ 99 innerst i det hvite er noe rødt - det er kastanjeblomster jeg snakker om kstnjblmstr I 1966 offentiggjorde Günter Eich et dikt som Jan Erik Vold ikke har hatt kjennskap til: Vorsicht Die Kastanien blühen. Ich nehme es zur Kenntnis, äußere mich aber nicht dazu. Utgangspunktet for begge dikt er lyrikerens seigliva fascinasjon over naturskjønnhet og hans lyst til å skrive vakre dikt om dette. Begge de antyda og påbegynte naturdikta i henholdsvis første strofe og første linje er imidlertid av de nye, ikkepatetiske, sakliggjorte typen. Anledningen er en relativt uanselig og isolert naturgjenstand (ikke ei rose! ) og den presise sansninga av den. For begge diktere er til og med dette for mye. Naturdiktet blir avbrutt, den forlokkende naturopplevelsen - Volds tankestrek! - og det vakre språklige bildet blir skrittvis og linje for linje tatt tilbake og dementert. I Volds dikt skuffes forventninga om et naturlyrisk haiku, som denne teksten ville ha blitt om f. eks. bare ordet „kastanjeblomster“, med sin lakoniske aura, hadde stått etter de tre første linjene. I steden oppstår det en estetisk nedtrapping ved den prosaisk lydende setningen „det er kastanjeblomster jeg snakker om“. Den leseren som likevel ikke vil la seg forstyrre sin poetiske innføling med dette, vil definitivt bli frastøtt av den brutalt klaprende haugen av konsonanter i tredje strofe: „kstnjblmstr“! I sin estetiske form er dette diktet et perfekt lite språklig materialbilde i den „tredje fasens“ ånd: konkret lyrikk. Språklig form og semantisk innhold kongruerer med hverandre og er overdeterminert på flere plan: Nedbygginga av det tradisjonelt poetiske uttrykkes i skriftbildet og ved at den lyriske tonen gradvis tas tilbake, til de sangbare vokalene endelig utelates og syntaksen fragmenteres i siste strofe. Antallet linjer i strofene etterligner denne reduksjonsprosessen: De blir færre og færre, fra tre til to og en. Tre linjer til den estetiske fargesansninga i første strofe, som har form av en gåte eller ei lovende antydning. To linjer til annen strofe, som er ei prosaisk løsning på gåten. Ei linje til reduksjonstrinnet, konsonantskjellettet og den syntaktiske ruinen. Det som Günter Eich uttaler diskursivt, - at han ikke lenger vil uttrykke seg på en naturlyrisk måte -, realiseres i Volds dikt språklig-konkret: Naturdiktet ender i en kakofoni, det er ikke annet igjen enn et bokstavdikt. Hvis vi ikke nøyer oss med å tolke Volds dikt som metadikt og konkret lyrikk, men tar den referensielle sida alvorlig likevel, er diktet også en mimetisk „utstilling“ av volden mot naturen. Av de vakre kastanjeblomstene kan det faktisk snart bare være igjen skrøpelige kstnjblmstr … II. Die Dezentralisierung der Lyrik 100 Som tidligere sagt: Volds antinaturdikt er nok hovedsakelig begrunna i en indre litterær polemikk. Men Volds poetologiske refleksjoner i slutten av 60-åra, bl. a. over spørsmålet „Skal litteraturen være skjønn? “ viser at han var seg bevisst at det er en samfunnsmessig formidla sammenheng mellom fornyelsesbehov innafor litteraturen og utenomlitterære historiske prosesser. Han går her ut fra Georg Johannesens dikt „generasjon“ og formulerer tanker som slett ikke er så langt unna dem jeg fant implisitt i det analyserte Johannesen-diktet. Mens Johannesen og Vold skulle anskueliggjøre henholdsvis den politisk og litterært begrunna avstandtagen fra naturdiktet, kan de to neste lyrikerne være eksempel på ei diktning som holder fast ved naturlyrikken, men på en problembevisst måte. De peker dermed fram mot 70-åra. Olav H. Hauge ga i 1971 ut diktsamlinga med den programmatiske tittelen Spør vinden. Der står denne teksten: Kjem T’ao Ch’ien på vitjing ein dag, vil eg syna han kissebærtrei og aplane mine, eg vil helst han skal koma um våren når dei stend i blom. Etterpå skal me sitja i skuggen med eit glas sider, kanskje kann eg syna han eit dikt - um eg finn eitt han likar. Drakane som skyt yver himmelen med gift og røyk etter seg, gleid stillare i hans tid, og fleire fuglar kvitra. Her er ingen ting han ikkje vil forstå. Meir enn fyrr har han hug å draga seg attende til ein slik hageflekk. Men eg veit ikkje um han gjer det med godt samvit. Den første delen av diktet beskriver en idyll med blomstrende kirsebærtre, eplesider og dikt - i det imaginære selskapet til den kinesiske dikteren T’ao Ch’ien. Ifølge mitt leksikon er T’ao Ch’ien, som levde for 1500 år sia, erkeeksemplet på en dikter som ikke er politisk engasjert. Han trakk seg tidlig tilbake fra embetsgjerningene sine, inn i ensomheten, og skreiv betraktninger over livets forgjengelighet, lovprisninger av vinen og personifiserende naturlyrikk i et høyst enkelt språk. Nå betyr ikke Hauges møte med denne gamle idyllikeren nostalgisk flukt fra verden og samtida, men er tvert imot en anledning til refleksjon over at betingelsene for naturlengsel og naturdiktning har enda seg. Nåtidas dikter har slett ingen mulighet lenger for å trekke seg tilbake. Flya - dragene i diktet - flyr over de mest avsidesliggende hageflekker og sprøyter gift og eksos over dem. Mot bakgrunnen av det gamle Kina, som diktet framkaller, er nok tilstanden i verden slik at dikteren mer enn noen gang kunne ha lyst til og grunner for å trekke seg ut av den. Bortsett fra at dette altså „Her kommer de fordømte blomstene igjen“ 101 ikke lenger er mulig, kunne - ifølge Hauge - sjøl ikke en mann som T’ao Ch’ien lenger gjøre dette med god samvittighet. Under overskrifta „Schlechte Zeit für Lyrik“ skreiv Brecht: In mir streiten sich Die Begeisterung über den blühenden Apfelbaum Und das Entsetzen über die Reden des Anstreichers. Aber nur das zweite Drängt mich zum Schreibtisch. I Hauges tilfelle er det både begeistringa over det blomstrende kirsebærtreet og forferdelsen over ugjerningene mot det som driver dikteren til skrivebordet. Vi befinner oss ved det punktet da politisk lyrikk og naturlyrikk begynner å falle sammen: Naturen kan ikke lenger tilby noen nisje i historia. Slik betyr ikke Hauges dikt ei tilbaketrekning til hagen, men det å holde bevisst fast ved naturens verdier og vern av landskapet - ansikt til ansikt med politiske og teknisk-økonomiske makter som bare utbytter og ødelegger natur og landskap. Diktet kan også leses som advarsel mot en ahistorisk klokkertro på Østens gamle kvietistiske poesi og filosofi. For Hauge, Jan Erik Vold og mange andre har østlig diktning og tenkning spilt en viktig rolle, som alternativ til sentrallyrikken og som forbilde for ei sakliggjort naturdiktning. Hauges egne dikt er holdt i T’ao Ch’iens enkle språk. Men slik som Vold og Ivan Malinovski gjorde det med haikuen, har Hauge gitt det enkle språket en ny funksjon. En trøst som den vi finner i følgende haiku-dikt ville bare være en avledende, falsk trøst i dag, neppe troverdig og skjebnesvanger for dem som ville bygge på den. Den møkkete kjelda, snødd ned av plommeblomar. (Issa) Enda en bemerkning om dragene i Hauges dikt. Allerede i 1954 skreiv Rolf Jacobsen et ofte sitert dikt med miljøødeleggelsesproblematikk: „Landskap med gravemaskiner“. Der blir bulldoserne stilisert til mytiske uhyrer: „Hoder/ uten øyne og øynene i baken/ De svinger med kjeftene på lange skaft (…) De har blindede øyner og lenker om føttene.“ Ei slik demonisering av teknikken får all motstand til å framstå som meningsløs. Teknikk som et ukontrollerbart, ikke-menneskelig prinsipp: Den som skriver slik, har alt resignert. Jacobsens dikt regner da også med at „de skal arbeide i århundrer og tygge blåklokkene om til asfalt“! Et anna trekk ved diktet som kan tydeliggjøre avstanden til nyere, mer bevisst øko-lyrikk, er den egosentriske første linja: „De spiser av skogene mine“! [kursivering W. B.] Samtidig virker den ufrivillige humoren i Jacobsens dikt kontraproduktivt forsonende. Hauges mytiske drager har en helt annen funksjon. For T’ao Ch’ien var de en utenommenneskelig realitet, et element i en institusjonalisert mytisk tenkemåte som den gang muligens kunne gripe menneskenes problemer og bidra til å mestre dem. De dundrende jetfly - dragene i den verden Hauges dikt handler om - framtrer i II. Die Dezentralisierung der Lyrik 102 kontrast til T’ao Ch’iens stillere drager just som et menneskelig fenomen. Dette utgjør spenninga i Hauges bruk av dragebildet. I 1968 åpna Einar Økland diktsamlinga Vandreduene med et dikt som har overskrift „Dei fordømte blomane“: Her kjem dei fordømte blomane dyra ikkje kan ete atter utan honning og utan lukt i år som i fjor Ingenting nyttig gjer dei fordømte blomane et ikkje eingong fluger krev berre næring Er det ikkje nok at vi har dei fordømte blomane i herbaria på musea avbilda i våre bøker Vi kjenner dei nå Skal dei aldri slutte å kome Ved at dette diktet står først i boka, kan det leses som poetisk programerklæring, som hardnakka, trassig forsikring om at i denne boka vil på nytt eller fortsatt naturlyrikk, lyrikk overhodet, dukke fram. I 1968 var som kjent kritikken mot enhver litteratur som ikke var klart politisk, toneangivende i den litterære debatten. Så når vi leser diktet metaforisk, som metadikt, uttrykker naturtematikken i det en vilje til å holde fast ved verdier som ikke er direkte politiske, nyttige eller salgbare, men som derfor ikke skal stues unna på et museum. For å tydeliggjøre at naturmotivet også har politisk-økologisk relevans som ikke-metaforisk utsagn, kan vi konfrontere diktets ironiske tale med en uironisk kraftsats av Reagans innenriksminister James Gaius Watt, som har naturvernet under sitt departement. Han har sagt at når en har sett ett redwoodtre, har en sett alle. En naturlyrisk motstand mot en instrumentell fornuft og et tallspråk som tenker i form av eiendom og økning av profittraten, og som i dag utgjør en akutt trusel mot menneskets biologisk funderte forhold til naturen, ja, menneskets fysiske overlevelse, viser seg å være mer politisk framsynt enn Økland kunne vite i 1968. Sluttlinjene i diktet har fått en mer truende klang i dag. De er ikke „Her kommer de fordømte blomstene igjen“ 103 lenger noe seierssikkert retorisk spørsmål. Hvert år etter at diktet blei skrevet er nye planteog dyrearter dødd ut. Nettopp utbredelsen av monokulturer av nyttige planter har vært skjebnesvangert for den økologiske likevekten, der også „unyttige“ arter har sin rolle. Hvis ikke radikale og omfattende tiltak blir satt i verk, vil 20 % av de nålevende artene være utdødd i år 2000. En ørkenframmarsj kan forutses i områder på nesten alle kontinenter. „Utrydding av arter forårsaka av menneskelige inngrep vil nå en eksplosjonsarta størrelsesorden som aldri er sett og kan nå et omfang som ved den diluvianske istida,“ for å sitere Global 2000. La oss nå med Einar Økland gjøre et sprang på elleve år, til en litteraturhistorisk og politisk situasjon der naturlyrikken ikke lenger trenger å rettferdiggjøre seg, ikke lenger skrives på trass eller med dårlig samvittighet, men er blitt gjenstand for en ny, svært berettiget oppmerksomhet. I diktsamlinga med den egenarta tittelen Romantikk fra 1979 står det følgende diktet under overskrifta „Handel med landskap“. Øklands umedgjørlige skrivemåte er nå ikke lenger overmodig ironisk når han vender seg mot naturtemaet, men aggressivt sarkastisk. Det står sinne bak: Stå ikkje berre og stir utover myra. Spør etter prisen. På allting finst det ein pris. På spørsmåla også og på dei som spør. Spør kva dei kostar. Ein kropp og eit tre, spør kva det kostar å leggje dei ned. Prisen på denne handa som senkar øksa og senkar blikket og berre har fire sprekker mellom fingrane, uoverkomeleg er den vel ikkje? Skogshimlen med sin grålege kondens i drift over fjella bortanfor, kva skal den koste? Eller vennskapet bortanfor fleire fylke, kor mykje byr du for det? Du tar mål, du vurderer. Ja. Og Nei. Og Nøyaktig. Lystkjensle. Akkurat der det passar deg best. Akkurat der. Dette ville du gjerne skaffe deg, du som kjem for å slå av ein handel. Du beintfram krev å få betale. Med alt du har. Det er difor du har det. Same kva pris, berre den er høg nok. Du er på leiting, du er ein søkjar. Men du leitar kun etter prislappen. Ja. Alt til sals. Alt har ein pris. Men du, du manglar den rette valuta. Det blir ingen handel. Dessutan, du kom for seint. Det meste av det du står og ser på akkurat her er selt. For ein spottpris. II. Die Dezentralisierung der Lyrik 104 Betalt og henta. Faktisk. Følgende sitat fra en tysk zoolog, Horst Stern, en mann som heller ikke skjuler et berettiga raseri av hensyn til herskende konvensjoner, kan tjene som kommentar til dette diktet, men også til „Dei fordømte blomane“: Naturen vil gå fullstendig tapt hvis de som er dens konkursforvaltere, naturvernerne, lar seg skyve inn på den såkalte saklighetens spor av teknokratene; hvis de begynner å gi etter for anklagen om at de er emosjonelle. Landskap, som sjelelig helhetsoppfatning av foreteelser som karakteriserer et område, kan bare oppleves, det kan ikke kvantifiseres. (…) Oppfatta sanselig har landskapet bare en verdi, ingen pris. Dette er grunnen til konfliktene mellom naturvernerne og dem som oppfatter naturen som vare og som er uvitende om alle tings verdi, men i stedet kjenner alle tings pris. Jeg vil nå ta for meg en type politisk tankelyrikk der nettopp innføringa av naturmotiver, ja, til og med natursymboler, har leda til dikt og hele lyriske forfatterskap som hører til de mest nødvendige i nyere skandinavisk litteratur. Det er estetiske konfigurasjoner som i Løgstrups forstand representerer innsikt og erkjennelse. I de tidlige 60-åra reduserte Göran Sonnevi naturlyrikken til streng saklighet og kjølig distanse. Et lite (anti? )naturdikt fra 1961 lyder slik: Andra dagar är havet bara lugnt med glittrande solreflexer på ytan. Horisonten delar världen i två hälfter, båda lika verkliga: Ett landskap som är allt annat än själens. (Dikter 1959-1973) Men i „Fem dikter maj 1968“ finner vi naturdikt hos Sonnevi som ikke lenger skyr anklagen om emosjonalitet. I den sympatiserende betraktninga av naturen henter Sonnevi nå inspirasjon til sin politiske refleksjon og visjon, til den knytter han „Prinzip Hoffnung“ (Ernst Bloch). Han trenger seg ikke på naturen, men betrakter den med respekt, som en sfære helt atskilt fra menneskene. Når han så likevel viser til den nødvendige stoffvekslinga mellom menneske og natur, skjer dette ikke i utbyttingas tegn, men - dristig - i tegnet „vi“! Den økonomiske basis for alt liv anerkjennes riktignok på materialistisk vis. Men det følgende diktet snakker om to forskjellige former for økonomisk basis. Den som råder nå, hindrer osmosen mellom menneske og tre, samfunn og natur. Den må sprenges. „Då kan avståndet/ mellan träd och mellan människor försvinna“. Det er altså ikke bare menneskenes dårlige forhold til naturen som skal avskaffes, men - på samme tid - menneskenes fremmedgjorthet for hverandre. Det dreier seg ikke bare om ugjerninger mot naturen, men disse må samtidig oppfattes som ugjerninger mot menneskets egen natur - Sonnevi er sosialist. „Her kommer de fordømte blomstene igjen“ 105 Träden står ljust gröna i mjuk, fuktig luft, med lukter och fåglar som inte hörts hela vintern Det finns ett avstånd i detta som om träden slog ut och blommade i ett tomrum helt skilt från människorna som om naturen inte rörde vid människornas liv Att det är fel vet jag Människornas liv är omöjligt utan det ljust gröna som slår ut Den som isolerer naturen från människan väljer att bortse från den ekonomiska basen för allt liv Men just dom här gröna träden vid vägen på morgonen Just dom hör människorna i dom höga betonghusen: Vi! Mellan oss, mellan jag och trädet står en tunn hinna av cellväv som till sist måste sprängas Husens sammanhang, människofigurernas sammanhang, på gatan, på morgonen, utan förbindelse annat än genom ekonomin, skilda åt av det här samhällets väv Vi måste gå samman och spränga den ekonomiska basen för vårt liv Då kan avståndet mellan träd och mellan människor forsvinna (Det måste gå, 1970) For meg ser det ut som diktets lyriske fiksjon foregriper Carl Amerys utkast til en økologisk materialisme. Amery sier bl. a.: „I den økologiske materialismens praksis går ikke lenger bruken av politiske, økonomiske og samfunnsmessige midler ut fra antroposentriske prinsipper. (…) Et slikt valg er ikke antihumant, det sikrer tvert imot den eneste humanismen som fremdeles er mulig. Sonnevis lyriske språk inneholder den samme dialektikken, utvikla av det visjonære menneskeog naturbildet. I „Fem dikter maj 1968“ heter det antroposentrisk „riktig“ og visjonært materialistisk: I människans biologiska natur ingår behovet av en privat sfär Utplånas den kan organismen inte längre existera II. Die Dezentralisierung der Lyrik 106 Den blir en skugga Bara den som har en någotsånär hel kropp kan producera och förändra världen Strävan til helhet Förändrar världen. (Det måste gå, 1970) Mennesket er ikke bare et historisk, men også et naturhistorisk vesen - dette gjelder det å lære å akseptere på nytt. Det er ikke bare menneske, i den forstand at det kjemper mot naturen, det er også sjøl en del av naturen. Dette foregripes som progressiv innsikt, og betyr ikke å gi avkall på menneskets oppreiste gange, likner ikke hamsunsk regresjon. Når det på nytt er snakk om den private sfæren, inderligheten, betegner ikke dette noen flukt. Denne sfæren er tvert imot utgangspunkt for engasjementet, for å forandre verden. Sonnevi holder her på med det samme som en ny økofilosofi som formidler humanøkologisk innsikt med samfunnsteori, som prøver, mens det ennå er tid, å forankre hele den globale livssammenhengen i et sosiobiologisk kretsløp. I dikta sine fra siste halvdel av 60-åra solidariserte Sonnevi seg med frigjøringskampen til det kommunistiske Vietcong. Det at det kommunistiske Kambodsja så sjøl opptrådte som bestialsk undertrykkingsmakt, satte verdensbildet hans på ei hard prøve. Dikt i dagboksform viser en kamp, med den personlige integriteten som innsats, for trua på en sosialisme som eneste form for humanisme. Det samme gjelder, om ikke på samme intense måte, for alle de lyrikerne som behandles i denne artikkelen. På bakgrunn av Georg Johannesens kritiske vurdering av rose-symbolet er det interessant å se at Sonnevi under trusselen om politisk resignasjon på nytt tar opp rosa som symbol og gir det politisk aktualitet. Ved hjelp av det holder han fast ved håpets prinsipp. De ansatsene til opprør og utopi som ligger i kjærlighetsog naturlyrikken, får ny vitalitet i Sonnevis politiske tankelyrikk: Jag visste att också efter revolutionen ska också människor fortsätta döda och dödas Visste också inne i mig att jeg inte skulle tiga om det Den fullständigt klara världen slitsas upp Där finns jord, inälvor Och människor som bär på barn av vitt, „Her kommer de fordømte blomstene igjen“ 107 lysande var - * Vitheten utplånar allt Den mörka rosen öppnar sitt innerstas färger Det finns dofter dör och din hud, mörk och genomskinligheten där jag faller Jag har ångest där och bara där bär mig din kärlek (Språk; Verktyg; Eld, 1979) Det å bruke rosa som lyrisk tegn er ikke uproblematisk. Sonnevi griper stadig fatt i det på nytt og på nytt, for å prøve det, for å forsikre seg om det. Lenger ut i samme diktsyklus står det: „En fred kommer bara inifrån/ inifrån människorna/ Och finns där,/ i den mörka rosens botten/ den finns där/ bortanför all logik“. Men så heter det igjen: „Och den privata/ rosen hjälper inte/ som motbild/ Krossa/ också/ rosen inne/ i mig själv“. Til sjuende og sist, i en avveining av formalteoretisk modelltenkning og personlig, opplevd innsikt, blir likevel denne konklusjonen stående: „Dialektiken får aldrig utplåna/ integriteten“. Dette betyr at det spesifikt lyriske arbeidet her føler seg fram til ei utopisk politisk tenkning, der det å vise til organisk og sjelelig integritet ikke stemples som regresjon og resignasjon, men blir dialektisk oppheva. Denne integriteten blir drivkraft og mål for en samfunnsmessig praksis som i videste forstand er fri for undertrykking og utbytting, dvs. også i forhold til naturen. Et slikt lyrisk tenkearbeid har også Ivan Malinovski stått for helt sia 60-åra, mye på samme måte som Sonnevi. Dette blir særlig tydelig i Vinterens hjerte fra 1980, ei samling politiske læredikt. Indianervisdom får ny aktualitet: „Min landsby er så stor at regnen ikke falder på den“ sagde indianeren „for regnen er også min landsby“ Budskapet i dette diktet er det samme som i et dikt av en mindre kjent danske, Knud Sørensen, som først og fremst har via seg til rein økolyrikk. Del V av Sørensen bok Drømmen om græskar 1974 framstiller en moderne Niels Klim-utopi, der den frustrerte studenten N.K. blir brakt på avveier av en eksplosjon og havner i en verden der mennesket lever i sosial og økologisk likevekt. Et av dikta beskriver hvordan N.K. spiser frokost med ryggen til vinduet: N.K. sidder i sit hus på sin mark og solen skinner. II. Die Dezentralisierung der Lyrik 108 Solen skinner gennem vinduet ind på hans ryg. Han spiser morgenmad. Hvis han vendte sig om og kiggede ud ad vinduet så han en udsigt som han i en anden tilværelse ville ha været betaget af og ha talt længe om. Grønt græs. Gult korn. Og huse og træer spredt rundt om i terrænet. O.s.v. Nu sidder han her i samvær og samtale med resten af den K.ske familie (som pludselig var der og naturligvis altid havde været der) og behøver ikke at vende sig om. Udsigten er der alligevel og han er ikke en der er udenfor. Han er en del af sin udsigt. Hans er bosat i sit landskab som han ikke længere behøver at beundre og fotografere. Han sidder med ryggen til og spiser morgenmad. Hans er med sin rygrad. Maden smager rigtigt på den måde. Malinovski lever ennå ikke i Økotopia. Han går mer direkte inn på samtida enn Sørensen, setter naturens orden opp mot den rådende anarkiske samfunnspraksis: Naturen viser os rundhåndet alt hvad vi ønsker at se: tiden som rum stoffet som kraft følgen som årsag og vice versa - værsåartig! Kun kapitalismens forsker kan den ikke imødekomme: de billeder han venter sig er naturstridige. „Her kommer de fordømte blomstene igjen“ 109 Eller: Naturens husholdning fungerer fornuftigt fra helhedens synspunkt: Kapitalisterne er udyr i den forstand at deres sult overskrider fysikken vokser for vækstens skyld og ustandselig udsondrer et hidtil ukendt antiprodukt: spild såvel af klodens begrænsede kalorier som af disses flittige forbrugere og genskabere arbejdere og bønder som enten udstødes af stofskiftet og omkommer eller ofres i logisk voksende krige hvoraf den kommende blir artens undergang. Malinovski skriver ut fra en ny økologisk bevissthet og innsikt. Han gjør de mest moderne erkjennelsene i naturvitenskapene til sine egne for å videreføre dem i et estetisk rom. I Vinterens hjerte dukker plutselig - med en ny, utopisk og ideologikritisk funksjon - igjen en organologisk tankegang opp, en tankegang som lenge har hatt romantikkog ideologistemplet på seg. Et sted i notene til boka viser at marxisten Malinovski har vært seg bevisst hvor dristig og problematisk det er å bruke organismetanken i progressiv politisk tenkning: Jeg påstår ikke, at naturen er socialistisk. Men når kapitalismens fortalere så længe har hentet argumenter for deres sag i naturvidenskaben (blandt andet hos Darwin) må det være mig tilladt at hente modsatte argumenter sammesteds; der er nok af dem. Malinovskis symbol „vinterens hjerte“ har den samme betydningen som Sonnevis „mörka ros“, den fortsatte bruken av det gamle hjertesymbolet (jfr. også hos Jan Erik Vold) er like dristig: (. . .) som botanikeren Rosa Luxemburg lærer finder træernes store kraftanstrengelse ikke som venteligt sted om foråret men nu i vinterens hjerte. II. Die Dezentralisierung der Lyrik 110 Jeg mener at Malinovskis dikt, framfor alt det lange læredikt som har gitt navn til hele samlinga, bringer mer enn bare argumenter som tidligere har vært underslått (eller vært brukt reaksjonært, som regressiv irrasjonalisme og nostalgi). De viser en ny lyrisk tenkemåte som er åpen mot framtida, sanselig, udogmatisk, men etisk og politisk ubestikkelig, visjonært materialistisk og rasjonal. Slike egenskaper utmerker også Sonnevis lyrikk. Det er en naturlyrikk som oppfyller de krava som blei satt opp i begynnelsen av denne artikkelen. Det er en lyrikk som verken skyr tanke eller følelse. Det er sjølsagt en sammenheng mellom en slik naturlyrikk og den såkalte „nye inderligheten“. Jeg trur jeg har fått vist at en ikke bør være for rask med - enten det nå er i skuffelse eller lettelse - å sette merkelappene politisk resignasjon og irrasjonalisme på denne tendensen i alle dens uttrykk. Det er betegnende at Jan Erik Vold, tilsynelatende en „rein“ lyriker, lanserer følgende formel i den mye diskuterte essaysamlinga Det norske syndromet fra 1980: „poesi = musikalitet + innsikt“. Den retter seg mot språklig klingklang og ordmagi! Så heller enn at en ny irrasjonalisme, ei tilbakevending til sentrallyrikken gjør seg gjeldende, ser det i den skandinaviske lyrikken ved begynnelsen av 80-åra - fra Johannesens rose til Sonnevis „mörka ros“ - ut til at opplysningas dialektikk, under inntrykket av en sivilisasjon som åpenbart er på avveier, blir innhenta og erstatta av en „evolusjonær dialektikk“ eller en „økologisk materialisme“. Den nesten kopernikanske omveltninga i vårt verdisyn, som økologene mener er nødvendig, kommer til syne som mulighet. Det gjenstår nå bare å søke etter et så reint naturdikt som mulig, et dikt som uten å være verken krampaktig anklage eller overspent forsoningsgestus kan gi et estetisk for-bilde av en sameksistens mellom mennesker og natur som er fri for fremmedgjøring. Det fins mange slike enkeltdikt i skandinavisk litteratur, også i den eldre! En lyrisk produksjon som i sin helhet viser og innøver ei slik holdning, finner jeg i Jan Erik Volds forfatterskap fra 1970 og utover. Uforstyrra og dristig holder Vold i sine seinere, klassisk avklarte og lakoniske dikt fast ved ei humanisering i forholdet til naturen som er prega av takt og måtehold. Han sender de vakre dikta sine ut i verden som mild, upolemisk provokasjon og som for-bilde på en bedre tingenes tilstand. Han kjenner truselen mot verden. Men bare sporadisk og lavmælt blir den uttalt i dikta hans. Vold går ut fra at også venner av poesien leser aviser, og at de ikke stenger ute innsikten om verdens faktiske tilstand når de leser dikt. De språkteknologisk og polemisk maltrakterte „kstnblmstr“ fra 1969 rehabiliteres i et dikt fra 1973: Er rennesteinen rennestein? Ja, i går var det slik, i dag er rennesteinen „Her kommer de fordømte blomstene igjen“ 111 kastanjeblomster, rødt i det hvite, gult i det hvite, det var ikke slik i går! Carl Amery, Natur als Politik, Reinbek bei Hamburg 1976. Norbert Mecklenburg, Naturlyrik und Gesellschaft, Stuttgart 1977. Per Højholt/ Vagn Lundbye/ Jens Smærup (udg.), Spurvens vilje. Om natur og digtning, Viborg/ København 1980. Gerolf Fritsch, Das deutsche Naturgedicht - Realität und Utopie, Stuttgart 1978. Edgar Marsch, Moderne deutsche Naturlyrikk, Stuttgart 1980. Tintenfisch 12. Thema: Natur - Oder: Warum ein Gespräch über Bäume heute kein Verbrechen mehr ist, hg. v. Hans Christoph Buch, Berlin 1977. (oversatt av Jo Eggen) Trädet En gammal ek har vänt upp och ner på sig själv men lever ändå. Kronan tycks till och med finna sig väl tillrätta, breder ut sig som en matronas söndagskjol från förra seklet i det unga gräset. Men roten som bökar omkring där uppe i skyn utan att få fäste i den ringaste lilla molntrasa är verkligen en rörande syn. Fåglarna är förbryllade. Om dagen bara inte vore så klar! Genom väggen En människa stiger in till mig genom väggen. Han stannar på det som skulle varit tröskeln om där funnits någon - huvudet har tagit överbalansen och ligger tungt som ett nedfallet plommon på axeln. - Vem bär på ett lidande som är större än mitt, frågar han och breder ut armarna i någon slags Jesusgest. Den dum-pretentiösa frågan överrumplar mig: det där är ju mina ord. Förargad vänder jag mig mot en annan vägg och mumlar ampert att det där ska vi nog bli fler om. (Sonja Åkesson, 1961) Anfangs der 60er Jahre schrieb der Lyriker Lawrence Lipton im Cover Text der LP Jazz Canto, die er produziert hatte, „Poetry and Jazz“ habe sich zu „something like an art form“ gemausert. Diese Art von Musik-Lyrik-Verbindung war damals noch gar nicht alt. Die erste mir bekannte LP mit J&P ist A Modern Jazz Symposium Of Music And Poetry With Charles Mingus von 1957, mit einem Gedicht von Lonnie Elder, gelesen von Melvin Stuart und Langston Hughes. 1958 erschien dann die LP Weary Blues with Langston Hughes mit Musik von Red Allen auf der A-Seite, Charles Mingus auf der B-Seite. Und im gleichen Jahr: Poetry Readings in „The Cellar“ mit Lyrik von Kenneth Rexroth und Lawrence Ferlinghetti zu Jazz. In Jazz Clubs wie Five Spot und Village Vanguard, in Colleges, an Universitäten und auf Open Air Veranstaltungen wurde J&P zu einer regelrechten Mode. Die Beat Poets haben zu ihr beigetragen. Joachim Ernst Berendt hat sie rasch auch in Deutschland eingeführt, wo sich vor allem Peter Rühmkorf, zusammen mit Michael Naura, damit einen Namen machte. In Skandinavien hat Jan Erik Vold zusammen mit Musikern wie Jan Garbarek und Chet Baker bemerkenswertes auf diesem Gebiet hervorgebracht. Seit den 70ern machen viele schwarze Lyriker Jazzoetry und beanspruchen die Fusion von Text und Jazz exklusiv für ihren „Black Nationalism“. Amiri Baraka (LeRoi Jones) gab hier den Ton und das Wort an. Ein beachtliches Korpus dieser Kunst ist auf LPs dokumentiert. Und es ist deutlich, daß für viele Lyriker, die so gearbeitet haben, J&P mehr ist, als ein hübsches, xbeliebiges Experiment. Aus Cover-Texten, Essays, Autobiographien und Interviews läßt sich eine Poetik ablesen, die sich angesiedelt hat zwischen hohem Kunstanspruch - Verweise auf Schönbergs Sprechgesang und Strawinskys „Pierrot Lunaire“! - und Verachtung von „art-ing“ (Barakas Ausdruck), Streben „Back to the Sources of Literature“ (so der Titel eines Essays von Rexroth) und Anknüpfung an subkulturelle Traditionen des Talking Blues, Streetsong, Gospel. Im Ganzen gehört diese Poetik jedoch zu einem „Quest for a Popular Modernism“. 106 Rexroth und Allen Ginsberg auf der einen Seite, Baraka und die Last Poets auf der anderen, wollen alle die Lyrik den elitären bzw. weißen Konventionen und Institutionen entreißen und sie (wieder) in aktuelle gesellschaftliche und kommunikative Zusammenhänge einbringen. „It is very important to get poetry out of the hands of the professors and the squares. If we cant get poetry out into the lifes of the country it can be creative,“ schreibt Rexroth. 107 „Jazz poetry is fun to listen to, and it is even 106 So der Titel einer Monographie: Werner Sollors, Amiri Baraka/ LeRoi Jones, The Quest for a ‚populist modernism‘, New York 1978. 107 Zitiert von Ralph J. Gleason im Covertext zu Poetry Readings in „The Cellar“, LP 1958. Jazz & Poetry Skizze einer bimedialen Gattung. Poetik und Performance-Praxis Jazz & Poetry 115 greater fun to do it,“ ist hier die Losung. „The joy we had in making poetry-music“ ist auch bei Baraka wichtig, aber: „We also wanted to say some things! “ Die Lyrik einer sterbenden Epoche, d. h. für Baraka die des Rassismus, des Monopolkapitalismus und des Imperialismus, „exists mostly on paper […] actually intendet for a particular elite. […] The poetry I want to write is oral by tradition, mass aimed as its fundamental functional motive.“ 108 Während die weißen Lyriker mit der Anbindung an den Jazz ihr Publikum erweiterten - „the club was packed. San Franciscans of every strata of society came to hear what was obviously a new and intriguing artistic excursion.“ 109 - appellieren die Black Poets an alle, die den „You know what I mean dialect“ (Jayne Cortez) oder den „Ghetto Code: Dot-dot-dit-dit-dot-dot-dash“ (Gil Scott-Heron) verstehen. Literarisch stellen sich die Autoren, die J&P machen, in die Tradition einer oral konzipierten genuinen amerikanischen Lyrik von Walt Whitman, Carl Sandburg über W.C. Williams bis u. a. Robert Creely. Thematisch und sprachlich/ formal sind sie von vornherein vom Jazz inspiriert, bzw. sie haben Teil an der „black experience“, der auch Blues, Gospel, Jazz und Rock entspringen. Viele Gedichte sprechen von Lester Young oder Charlie Parker, von Leadbelly oder Bessie Smith, von John Coltrane. Sie tun es in einem colloquial oder Slang-Ton. Sie bilden Bluesstrophen nach (Hughes) oder entwickeln ihre Themen in langen Free Verse-Gedichten rhapsodisch wie Jazzimprovisationen. Und sie gehen mit der schriftlichen Vorlage in der Aufführungssituation sehr frei um. Die Jazz-Qualität des Lebensgefühls der Beat Generation hat Norman Mailer veranlaßt von „White Negroes“ zu sprechen - Rexroth würde ohne Zweifel auch dazugehören. Von den Schwarzen wurde solches natürlich als Anmaßung zurückgewiesen. Sicher ist es ein Unterschied, ob man „den Blues hat“, weil man diskriminiert, kriminalisiert, obdach- und arbeitslos ist, oder ob man Befreiung und Abenteuer sucht als „social climber, climbing down“ (Ferlinghetti im Gedicht „Autobiography“). 110 Nun, so ganz freiwillig und nur lustbetont haben auch die Beatnicks nicht am Rande ihrer ungeliebten Gesellschaft gestanden … Eine ernstzunehmende, folgenreiche bi-mediale und multikulturelle Terraineroberung stellt J&P in jedem Fall dar. In den besten Fällen entsteht ein „Interplay“ 111 zwischen Text und Musik, kongeniale Interaktion zwischen rezitierenden Lyrikern und Jazzmusikern. „There it is, another example of what a poet does with music and what musicians do with poetry“ (Jayne Cortez). Another example: Bekanntere und anerkanntere Beispiele sind ja Oper, Lied, liturgischer Gesang, Rezitativ, Sprechgesang, Theater- und Filmmusik, Musik als Inspiration oder als Motiv in Literatur, etc. 108 Cover-Text von New Music - New Poetry, LP 1981. 109 Gleason, op. cit. 110 Vgl. zu dieser Problematik Diedrich Diederichsen, „Schwarze Musik und weiße Hörer. 1. Teil“ in: Symptome. Zeitschrift für epistemologische Baustellen, Heft 7 (1991), S. 28-39. 111 Zu diesem lyriktheoretischen Terminus vgl. Hans-Werner Ludwig, Arbeitsbuch Lyrikanalyse, Tübingen 1981, S. 56ff. II. Die Dezentralisierung der Lyrik 116 What it does with …: Was Musik und Text aneinander bewirken, welches Dritte ihre Überlagerung entstehen läßt, mag evident sein, es ist aber nur sehr umständlich zu beschreiben. „Lady, if you have to ask, you’ll never know“, soll Lester Young (oder war es Louis Armstrong? ) auf die Frage, was Swing sei, gesagt haben. Für das Zusammenwirken von klassischer Musik und Literatur versucht z. B. der Reader Literatur und Musik von Steven Paul Scher wortreich, aber wenig präzise eine Beschreibung. 112 Über die „Jazz-Ästhetik“ Langston Hughes’, Jack Kerouacs oder Amiri Barakas gibt es ausführliche und erhellende Sekundärliteratur. Doch über die bimediale Gattung J&P ist nichts Einschlägiges geschrieben worden. Oft verzeichnen Bibliographien nicht einmal die LP-Veröffentlichungen, obwohl es Lyriker (u. a. Gil Scott-Heron) gibt, die mehr LPs als Bücher herausgegeben haben, und obwohl es viele Gedichte gibt (z. B. von Jack Kerouac), die nur auf LPs zugänglich sind. Umgekehrt registriert die Jazzforschung J&P nicht. Es fühlt sich wohl niemand zuständig und kompetent für Lyrik und Musik. 113 Und die Musik, um die es hier geht, ist Jazz - ist das überhaupt Kunst? Gegenstand für professorale Anstrengungen? Adorno hat da einmal ein böses Verdikt über den Jazz gesprochen, er sah darin eine Kastrationssymbolik! 114 Mehr Verständnis für das Phänomen J&P wäre sicher in Anlehnung an Bachtin oder den späten Marcuse zu entwickeln. Die leidige Frage nach dem Kunstcharakter von Jazz kann mit Diedrich Diederichsen für unsere Zwecke abgehakt werden: Kunstmusik ist solche, die von ihrem Publikum Spezialisierung verlangt. Popularmusik, die das nicht tut. Da die meiste Popularmusik heutzutage auch, zusätzlich zum breiten Publikum auch von Spezialisten rezipiert wird und darauf auch schon lange reagiert, ohne deswegen ihre populäre Funktion aufzugeben, kann es Musik geben, die beides ist. 115 „Unreine“ (Bachtin! ) gegenkulturelle und multikulturelle Phänomene partizipieren an verschiedenen Kontexten oder Diskursen und können viele Funktionen haben, das ist ihre Stärke. Schon rein textlich haben die Gedichte der Jazz-Poetik, die zu Jazz gelesen werden, interdiskursiven Charakter, sie sind oft Montagen oder Parodien. Und jetzt noch einmal: Was bewirkt der Text bei der Musik, und - wohl vor allem: was macht die Musik mit dem Text? In Begriffen einer strukturalen Semiotik wird man vorerst sagen, daß zu den drei Ebenen eines lyrischen Textes, die laut Jürgen Link dessen Überstrukturierung bedingen - Denotation in der „Mitte“, Konnotationen darüber, Lautliches/ Rhythmisches darunter 116 - hier (mindestens) eine 112 Literatur und Musik. Ein Handbuch zur Theorie und Praxis eines komparatistischen Grenzgebiets, hg. v. Steven Paul Scher, Berlin 1984. Darin 15 Zeilen zu „Jazz und Text“ (S. 235) über ein Gedicht von Max Bense „Jazz Hot“, das angeblich jazzmäßig eine Stelle aus Hegels Logik variiert. 113 Vgl. Schers Einleitung, op. cit. S. 9f. 114 Vgl. Theodor W. Adorno, „Zeitlose Mode. Zum Jazz“, in Prismen: Kulturkritik und Gesellschaft (1955), München 1968, S. 128f. 115 Op. cit. S. 37, Anm. 4. 116 Jürgen Link, „Das lyrische Gedicht als Paradigma des überstrukturierten Textes“, in: Helmut Brackert/ Jörn Stückrath (Hg. l), Literaturwissenschaft, Grundkurs 1, S. 205ff. Jazz & Poetry 117 vierte Ebene hinzukommt, die Musik. Der Effekt ist vorerst perzeptionspsychologisch ein Oszillieren zwischen Vorder- und Hintergrund, bzw. eine Enthierarchisierung dieses Verhältnisses. Semiotisch gesehen entsteht eine zusätzliche Entsemantisierung des Denotats und zugleich eine Semantisierung der musikalischen Elemente. Musik und Text interpretieren sich gegenseitig, wird denn auch immer wieder gesagt. Soziologisch gesehen signalisiert der Jazz, der mit Lyrik kombiniert wird, pauschal die Umfunktionalisierung, Neulokalisierung der Lyrik in Bezug auf Autorintention und Rezeption. Der Jazz nimmt der LYRIK die Aura, oder er gibt ihr eine andere, neue. Musik, Text und rezitatorische, szenische Präsentation (mit der Möglichkeit spontaner, dynamischer, Feedback-bedingter Interaktion) können sich gegenseitig begleiten, verstärken, illustrieren, kontrapunktisch ironisieren, kommentieren, interpretieren, stimmungsmäßig untermalen, in Dialoge eintreten, sich Bälle zuspielen, durch „staging“ einander in den Fokus rücken, etc. Wie diese Effekte entstehen, kann als Verfahren beschrieben werden, 117 auch wenn sie oft spontan, intuitiv zustande kommen. Jack Kerouac z. B. war zutiefst enttäuscht, als Zoot Sims und Al Cohn nach der Einspielung von Blues and Haikus sich nicht einmal das Tape anhören wollten, sondern sich sofort in die nächstgelegene Bar absetzten. Es hatte vor der Aufnahme auch keine großen Absprachen gegeben. Für die beiden war das einfach ein Job wie jeder andere. 118 Aber es ist keineswegs so, daß sie einfach irgendetwas vor sich hingespielt hätten. Jazzmusiker sind es gewohnt, aufeinander zu hören und zu reagieren, sie können auch auf Lyrik hören. Sims und Cohn illustrieren musikalisch schlagfertig und mit Jazzer-Humor die Motive in Kerouacs Haikus: Verwirrte Fliege, schleichende Katze, kalte Knie, bellender Hund, müder Geschäftsmann, etc. Oder sie geben den Gedichten „Hard-hearted old Farmer“ oder „The last hotel“ einen Blues-Hintergrund, der als Ganzes ein Äquivalent zum Text bildet. Ich habe gesagt, die Musik fügt dem lyrischen Gedicht mindestens eine neue Strukturebene hinzu. Musik kann in gewissem Maß auch Semantisches denotieren, in einer Art Onomatopoetik - siehe Hundebellen. Sie kann global einen Kontext aufrufen: Blues, z. B. Und wenn es sich um Jazz Standards handelt, gehört deren Titel und Text zum neuen Kontext des Gedichts, wie wenn Rexroth zum „St. Infirmary Blues“ liest: „Nikolas, you ran away from a hospital“. Gewisse Instrumente, Stile, Formen, Spielweisen, z. B. jungle style, haben bestimmte semantische Konnotationen. Die rein rhythmischen und melodischen Konfigurationen der Musik können mit den thematischen und prosodischen Bewegungen des Gedichts in Beziehung treten. Von der Seite der Lyrik her zielt die Frage, wenn man davon ausgeht, daß die Texte bereits einer Jazz-Poetik angehören, vor allem auf die Rezitationstechnik, die 117 Vgl. Walter Baumgartner, „Jan Erik Vold - Jazz & Poetry“, in: Asmund Lien (red.), Modernismen i skandinavisk litteratur (= XVII Conference of International Association für Scandinavian Studies), Trondheim 1991, S. 399ff. 118 Vgl. Beiheft zu The Jack Kerouac Collection, CDs 1989, S. 7. II. Die Dezentralisierung der Lyrik 118 Musikalität und Fähigkeit des Vortragenden zu Zusammenspiel mit der Band. Die besten Resultate zeigen Live-Aufnahmen, wo Lyriker mit Jazzfeeling und Showman- Talenten ihre Gedichte selbst vortragen. Einfache Head-arrangements (mündlich abgesprochene Arrangements) wirken meist besser als komplizierte Kompositionen. „How can I turn images and personal experiences into a dynamic shout superimposed over the blues“, fragt sich Jayne Cortez, wenn sie J&P macht. Kenneth Rexroth müßte in der Terminologie älterer Literaturgeschichtsschreibung als „the father of jazz & poetry“ bezeichnet werden. In seiner Autobiographical Novel handelt ein Kapitel vom Tea Room oder Club The Green Mask in Chicago. Rexroth arbeitete als 16-jähriger dort und wurde dann Mitbesitzer. Eine bunte und inspirierende Gesellschaft von „bona-fide artists“, writers, musicians and people from show business“, „sophisticated Negroes“, Anarchisten, eine Konzertpianistin und Jazzmusiker der ersten Stunde verkehrten dort. Rexroth lernte Lil Hardin und Louis Armstrong kennen. Eine kleine Hausband mit weniger bekannten Musikern entstand. Jede Woche wurde eine Dichterlesung veranstaltet, u. a. mit Sherwood Anderson, Edgar Lee Masters und Langston Hughes. Und: „Here happened the first readings of poetry to jazz I know“, 119 u. a. mit Rexroth selbst. Rexroth las zu Musik der Hausband eigene Gedichte und Gedichte von Whitman und Sandburg. Zu übersetzten französischen Gedichten ließ er sich von der Konzertpianistin begleiten. Rexroth beschreibt die Entstehung eines antibürgerlich-bohemischen und multikulturellen künstlerischen Lebensstils, wie er in den 20ern in Chicago, New York und Paris entstand und sich von dort aus verbreitete, um in den 60ern in der Beat Generation zu kulminieren. Rexroth war Ende der 50er Jahre wieder am Ort des Geschehens, diesmal in San Francisco. Im Jazz Club „The Cellar“, später Blackhawk, las er zusammen mit der Band des Besitzers eigene Gedichte, und dort entstand 1958 die erste eigentliche J&P-Platte, auf der außer Rexroth noch Lawrence Ferlinghetti zu hören ist. 1960 erschien seine zweite LP: Poetry and Jazz at the Blackhawk. Im Cover-Text schreibt Rexroth, er, Ferlinghetti, Kenneth Patchen und Lawrence Lipton hätten mit J&P eine richtige Welle ausgelöst. Mit der Cellar Band, einem Quintett mit Tenorsax und Trompete ohne sehr bekannte Musikernamen, fühlte sich Rexroth als eingespieltes Team. „We know exactly how to bring out each other’s best points“. Die Band spielt Standards im Mainstream Stil mit gelegentlichen free-jazz-artigen Passagen und komponierten Sequenzen. In vielen Proben und Auftritten haben sich Head-arrangements herausgebildet, die Platz für Spontaneität lassen, so daß sich Musik und Lyrik entfalten können und doch: „go together“. Rexroths cetero censeo, nicht nur auf den Covers seiner J&P-Platten, sondern auch in seinen Essays über Literatur, ist das Plaidoyer für die Abkehr des Lyrikers 119 Kenneth Rexroth, An Autobiographical Novel, New York 1969, S. 167. Jazz & Poetry 119 von der „bookish, academic world“ und die Hinwendung zu einem breiten Publikum, wo er sich der Konkurrenz durch „acrobats, trained dogs, and Singer’s Midgets“ stellen muß. „Precisely what is wrong with the modern poet is the lack of a living, flesh and blood connexion with his audience.“ 120 Lyrik soll face-to-face-Kommunikation sein. Sie soll mit dem Jazz teilen, was Rexroth in einem Essay als dessen Quintessenz darstellt: „a way of life, […] hostility to square society“. 121 Organische Rhythmen der Rede, der Songs, der Musik und des Tanzes sollen die Menschen in einer Gemeinschaft vereinen. Rexroths Poetik insistiert auf rhythmisch und melodisch kontrapunktische Stimmenführung. Die Zeilenteilung seiner Gedichte legt er als formale Notation des Tempos und der Emphase, des Wechsels von Staccato und Legato an, die die mündliche Präsentation vorgeben soll. 122 Eine Gedichtsuite heißt „Written to Music: Eight for Ornette’s Music“ und daraus liest er auch auf der LP von 1960, z. B. den „Married Blues“: „I didn’t want it, you wanted it. / Now you’ve got it you don’t like it. / You can’t get out of it now. (…).“ Am besten zusammengefaßt ist seine (Jazz- )Poetologie und deren Traditionen im Essay „Back to the Sources of Literature“ von 1969. 123 Lawrence Ferlinghetti erhebt den Anspruch darauf, die ersten Gedichte geschrieben zu haben, die von vorherein für den Vortrag zu Jazz konzipiert sind. Das Gedicht „Autobiography“, das er auf der Cellar-LP liest, „really developed right along with the Cellar sessions. […] The big thing is the oral message. My whole kick has been oral poetry“. „We’re trying to capture an audience. Gutenberg had a good idea with printing but it ran away from him and ruined for the poets. Put the clam on the voice! The jazz comes in as part of the attempt to get the audience back.“ 124 Der Jazzkritiker Ralph J. Gleason attestiert Ferlinghettis Gedichten denn auch „a considerable acceptance from the jazz musicians themselves.“ In der Kombination von Jazz und Lesung hat Ferlinghetti eine eigene Form gefunden. Durch Wiederholungen, Parallelismen und Variationen eines Themas versucht er in der Suite „Oral Messages“ - darin „Autobiography“ - musikalische Elemente in eine Sprechrhythmik umzusetzen. Durch Einsatz der Alltagssprache, des Obszönen und durch die Kombination mit Jazz versuchte er, die Lyrik in den Alltagsdiskurs zurückzuführen und sich von der als inauthentisch empfundenen akademischen Lyrik zu distanzieren - liest man über ihn im Lexikon. 125 Die beiden Rexroth-LPs haben Literatur- und Jazzgeschichte geschrieben. Gemessen an der von ihnen ausgelösten Entwicklung mögen sie etwas schlicht klingen, hörenswert sind sie allemal. Rexroths Vortragsstil ist nicht so jazzmäßig, wie seine 120 Cover-Text 1960. 121 „Some Thoughts on Jazz as Music, as Revolt, as Mystique“, in: Kenneth Rexroth, Bird in the Bush. Obvious Essays, New York 1959, S. 20 u. 38. 122 Vgl. Morgan Gibson, Kenneth Rexroth, New York, 1972, S. 94 passim. 123 In: Kenneth Rexroth, The Alternative Society. Essays from the Other World, New York 1970, S. 147- 167. 124 Cover-Text 1958. 125 Hans Peter Rodenberg in Neues Kindler Literatur Lexikon. II. Die Dezentralisierung der Lyrik 120 Poetik und seine Biographie erwarten lassen. Er liest seine Gedichte, z. B. das lange „Thou shalt not kill“, in einem monotonen Litanei-Ton, pathetisch, wie man eben doch auch die verpönte high-brow-poetry früher vortrug. Der jüngere Ferlinghetti swingt schon etwas mehr. Die Head-arrangements sind jedoch gut, und es entstehen schöne Pointen zwischen Text und Musik, die keinen Zweifel daran lassen, daß hier eine Affinität zwischen dieser Lyrik und der Art von Jazz besteht, wie sie die Cellar Band spielt. Einige ambitiöse, auskomponierte Musikpassagen (Fugen) (z. B. wenn Boccherini im Gedicht „Quietly“ erwähnt wird) wirken zu artifiziell, laufen Rexroths Konzeption eigentlich entgegen. Wie auch Rekurse auf Schönberg oder Ezra Pound in der Poetik belegen, mag man doch nicht ganz auf gewisse hochkulturelle Ambitionen oder Legitimationen verzichten. Damals wird es noch nötig gewesen sein. 1958 hat Jack Kerouac im New Yorker Jazz Club Village Vanguard gelesen. Beim zweiten Set begleitete ihn auf Zuruf der hauptsächlich als Showmaster bekannte Steve Allen am Piano. 1959 ist von dieser Formation die LP Poetry for the Beat Generation erschienen. Im gleichen Jahr kam auch die LP Blues and Haikus, wo Kerouac von zwei Musikern seiner ausdrücklichen Wahl begleitet wird: den beiden Tenorsaxofonisten Zoot Sims und Al Cohn. 1981 montierte der Sänger Mark Murphy von Kerouac auf Band gesprochene Passagen aus „The Subterranians“ und „On the Road“ in seine LP Bop for Kerouac. 1989, auf Kerouac, then and now rezitiert Murphy zu einer Rhythm Section Kerouac-Texte. Kerouacs Prosa und Lyrik ist in einem technisch exakten Sinne Jazz-Charakter bescheinigt worden. 126 Seine Texte handeln oft im Jazz-Milieu, sprechen von Blues- und Jazzmusikern, heißen im Titel „Mexico City Blues“ usw. Sein Rezitationsstil weist rhythmische Jazzstrukturen auf. Und: Kerouac verändert während der Lesungen seine Texte spontan improvisierend, er hebt von der Vorlage ab, wie wenn etwa Charlie Parker Standard-Themen anspielt, modifiziert und als Sprungbrett für Improvisationen benutzt. Auch auf der LP ohne Musik: Readings By Jack Kerouac On The Beat Generation von 1959, hören sich seine Gedichte an, wie wenn ein Bluesmusiker eine Serie von Riffs spielt, mit plötzlichen Pausen, unerwarteten Akzenten und zungenbrecherischen Presto-Passagen - letztere wiederum an Charlie Parker erinnernd. Diese LP ist vor einem Publikum aufgenommen und gibt die authentische Kommunikationssituation wieder, in der die Beat Poets am liebsten auftraten. „Somehow Kerouac got drunk, kept everybody entertained, happy and high, and got off his lines on cue all the time.“ 127 Kerouac selbst hat sich verschiedentlich sehr klar über seine Jazz-Beeinflussung geäußert: 126 Vgl. Regina Weinreich, The Spontaneous Poetics of Jack Kerouac, Carbondale & Edwardsville 1987. 127 Gerald Nicosia, „Kerouac as Musician“, in: Beiheft zu The Jack Kerouac Collection, S. 9f. Jazz & Poetry 121 Jazz and Bebop, in the sense of a, say, a tenor man drawing a breath and blowing a phrase on his saxophone, till he runs out of breath, and when he does, his sentence, his statement’s been made. […] that’s how I therefore separate my sentences, as breath separations of the mind. […] I formulated the theory […] never mind what Olson, Charles Olson says. I formulated this theory in 1953 at the request of Burroughs and Ginsberg. Then there’s the raciness and freedom and humor of jazz. 128 Die LP mit Steve Allen ist interessant vor allem, weil sie eine ganze Palette von z. T. unveröffentlichten Gedichten bringt, in denen Jazz und Blues thematisch sind. Die Piano Begleitung ist diskret, oder sagen wir’s: fade. Allen klingt wie ein Barpianist. Die Studioaufnahme ist ohne Vorbereitungen in einem Take entstanden. Ohne direkt die Gedichte illustrieren zu wollen, spielt Allen Blues oder Boogie-Woogie Riffs und Licks zu Gedichten über den legendären Leadbelly, Be Bop Phrasen und schräge Intervalle zum Gedicht „Charlie Parker“ und „How High the Moon“ zu Kerouacs „The Moon her Majesty“. Einzelne Momente von gelungenem Interplay stellen sich ein. Als von der Sessionography nicht nachgewiesener Extra Track ist auf der CD-Neuauflage von 1989 übrigens als letztes ein Schlagzeug und eine Gitarre zum Piano zu hören - und Applaus. Offenbar von einer Live Session. Blues and Haikus mit Sims und Cohn, ebenfalls ohne Vorbereitung in einem Take im Studio aufgenommen, ist ein perfektes Beispiel für Interplay zweier versierter Musiker mit einem Jazzlyriker und artistisch professionellem Rezitator, die alle drei die gleiche Sprache sprechen. Al Cohn debütiert hier als Bluespianist und Kerouac als Bluessänger, Indiz für die guten Vibrationen, die im Studio geherrscht haben müssen - mit oder ohne die Flasche Thunderbird. Zoot Sims „Katze“ und „Hund“ können mit Prokofieffs Peter und der Wolf verglichen werden. Der Producer Bob Thiele hat nicht recht, wenn er meint, die beiden Musiker „just blew without listening“. 129 Weitgehend recht gebe ich hingegen Stephan Ronan, der im Beiheft von den anderen weißen J&P Artisten sagt: Non equalled Kerouac’s success, mostly just stretching their usal reading voices to accommodate the music played behind them. Kerouac, on the other hand, was one of the musicians, a virtuoso of tone and mood. 130 Dies zeigt sich gerade auch auf Mark Murphys Bop for Kerouac. Murphy singt Texte improvisierend wie ein Instrumentalist, „vocalese“, so wie man es auch von Eddie Jefferson oder dem Hendricks/ Lambert/ Ross Trio kennt. Aber die einmontierten Passagen mit Kerouac selbst swingen mehr als Murphys nostalgischer Re-Bop! Im Beiheft zu der CD The Jack Kerouac Collection schreibt Allen Ginsberg: Kerouac knew spontaneity & jazz, unafraid and charming. His Blues and Haikus remain for me the classic of all Beat era jazz poetry recordings, yet to be matched for delighted recitation - verve of pronunciation, deep color of vowel & consonantal bite, exquisite intelligent consciousness in crossing T’s & tonguing against the teeth with 128 Zit. aus Weinreich, op. cit. S. 9f. 129 Beiheft, op. cit. S. 16. 130 Ebda., S. 12. II. Die Dezentralisierung der Lyrik 122 open lips. / Though I’m often credited with innovating American poetic vocalization, my own guru […] is directly Jack Kerouac, originator of that style of poetic oratory. 131 Über seine eigene Beziehung und das Verhältnis seines Schreibens/ Lesens zu Blues und Jazz gibt Ginsberg Aufschluß u. a. im Vorwort zu First Blues and Rags. Außer Kerouac ist eine seiner wichtigsten Referenzen Bob Dylan. Mit Don Cherry, Julius Watkins und Elvin Jones hat Ginsberg 1969 William Blake. Songs of Innocence and Experience herausgebracht. 1989 erschien The Lion for Real mit u. a. Bill Frisell. In Ginsbergs Poetik finden sich alle Elemente, die wir bereits von Rexroth kennen, und die wir bei den Black Poets wieder antreffen werden: die Tuchfühlung mit Blues und Jazz als Remedium gegen die akademisch infizierte Literatur; die thematisch und formal prozessuale Entwicklung des Textes aus dem Rhythmus des Pulsschlags und in Atemkadenzen; der Wille zu spontaner „Kopf-Zunge-Kreation“ aus der Kommunikationssituation heraus. Kerouac wie Ginsberg haben viele ihrer Gedichte nicht an der Schreibmaschine konzipiert, sondern zuerst auf Tonband gesprochen. Ausdruck für das Maß, in dem Ginsberg ein breites Publikum fand, ist die Tatsache, daß Bob Dylans Manager ihn in seinen Stall aufnahm. Mit dem Geld, das er jetzt verdiente, konnte er u. a. Amiri Baraka unterstützen, der damals gerade im Gefängnis saß. 132 Stärker als bei den bis jetzt genannten Lyrikern, versucht Ginsberg bewußt an Jazz und Blues als schwarzer Musik zu partizipieren. „Ich hatte schon eine Form von amerikanischen Blues im Blut, ohne es zu wissen. Ich konnte ihn singen, hielt das aber für literarisch unwichtig.“ Hare Krishna Mantra und Ezra Pound hätten ihn bewußt werden lassen, daß Gesang, Tanz, Musik und Lyrik zusammengehören. Bei Ginsberg ist auch die politisch revolutionäre Funktion der schwarzen Musik und Subkultur stärker artikuliert: The Black tradition keeps the chant going, in the sense that the body chant is still there in jazz and in spirituals, up to the political use of it in ‚We shall Overcome‘ - there still are remnants of Afric chanting and dancing and drumming. / But while in White culture something very shallow and un-chanty […] is the dominant. […] I would say the reason for that is maybe capitalism - that is, usury. People trying to make money out of mass production. 133 Die William Blake-LP hat trotz der illustren Jazznamen in der Besetzung nichts mit Jazz zu tun. Ginsbergs Vertonungen („tuned by“), meist im gemächlichen Dreivierteltakt, und dilettantisch vorgetragen zusammen mit Peter Orlovsky, erinnern eher an mittelalterliche Wirtshausmusik. Der Trompeter Don Cherry darf mit Fingercymbals den Takt angeben. Der Hornist Julius Watkins signalisiert Apokalypse. Und Elvin Jones’ Schlagzeugsolo auf dem einzigen Track, wo er auftaucht, dem letzten, markiert „The iron hand [that] crushed the Tyrant's head / And became a Tyrant in his stead.“ Ginsberg bindet hier seine synkretistische Anti-Ideologie mehr an 131 Op. cit. S. 8. 132 Zu den biographischen Zusammenhängen vgl. Jane Kramer, Allen Ginsberg in America, New York 1974, S. 33. 133 Gordon Ball (ed.), Allen Verbatim. Lectures on Poetry, Politics, Consciousness, New York 1974, S. 33. Jazz & Poetry 123 die zweite Tradition, die auch bei Rexroth neben der Black culture zu den „sources“ führt: die europäische Gegenkultur (Bachtins Lachkultur! ), die etwa mit Villon anhebt. Hervorragendes modernes J&P hingegen ist auf The Lion for Real zu hören. Die Musik ist mal New Jazz, mal Rock mit World-Music-Elementen. Ginsberg hat von Marianne Faithfull den Rat erhalten, das Singen lieber sein zu lassen. Wenn er hier zu Jazz liest, kommt tatsächlich das Black Timbre seines Basses und der Blues, den er im Blut hat, an den Tag. Mit mildem Understatement und selbstironischem Pathos erzählt er z. B. die surrealistische Geschichte: „I came home and found a lion in my living-room. […] Terrible presence, I cry, eat me or die.“ Das Tenorsaxofon (Lenny Pickett) spielt natürlich den Löwen. Das erste Gedicht auf der Platte ist eine Hommage an Kenneth Rexroth. Michael Blairs Musik dazu „might be 4 AM in the soul.“ Die Mode oder die Innovation der multimedialen Lyrik-Präsentation hat sehr schnell auf Europa übergegriffen. In London feierten die Lyriker Adrian Mitchell und Dannie Abse mit dem Michael Garrick’s Trio und Quintett Triumphe. Ihre LP Poetry and Jazz in Concert erschien in den 60ern. In Deutschland mixte Joachim Ernst Berendt zuerst Klassiker und Expressionisten - Heine bis Benn, aber auch Enzensberger - zu bereits existierender Musik von John Coltrane, Miles Davis, Oscar Peterson oder Mal Waldron. Ein pädagogisches Engagement: Lyrik der Jugend schmackhaft zu machen, und ein kultureller Legitimationsversuch: Jazz mithilfe von großer Lyrik salonfähig machen, kommen sich in die Quere. Und die Schauspieler, auch wenn es Gert Westphal ist, swingen nicht. Die Gedichte, die hier mit Jazz kombiniert werden, haben weder thematisch noch formal etwas mit Jazz zu tun. Nur Peter Rühmkorf hat über längere Zeit intensiv mit der J&P-Form gearbeitet. Mir scheint aber, daß sowohl seine Lyrik als auch Michael Nauras Musik zu „art-ing“ neigen. Und Rühmkorf beklagt lieber sarkastisch den Funktionsverlust moderner Lyrik/ Kunst und zeigt seine Kenntnisse in griechischer Mythologie, als daß er sich mit einer andersgearteten Lyrik ein neues Publikum eroberte. Man höre sich sein und Nauras Kein Apolloprogramm für Lyrik von 1976 an. Hier hat allenfalls der Blues „Jetzt mitten im Klaren“ Jazz-Qualität. (Udo Lindenberg oder vielleicht Wolf Biermann müßten mal J&P machen). Günter Grass zusammen mit dem Drummer Günter Baby Sommer groovt richtig! Meine Discographie verzeichnet indes auch durchaus interessante Experimente aus Deutschland und Österreich, mit Brecht- und Lasker-Schüler-Gedichten, oder Ernst Jandl mit dem Vienna Art Orchestra (mehr Spaß hat Ernst nie gemacht! ) In Norwegen hat der Lyriker Jan Erik Vold von 1969 bis heute 12 LP-Seiten J&P produziert. Seine Gedichte und sein Vortragsstil haben eminente Jazz-Qualitäten, und Jazz ist in ihnen oft Thema. Er lebte anfangs der 60er Jahre in Kalifornien und hat William Carlos Williams, Robert Creeley, Bob Dylan und Frank O’Hara ins II. Die Dezentralisierung der Lyrik 124 Norwegische übersetzt. Er agiert so flexibel und professionell vor der Band, daß Red Mitchell, der ihn oft begleitet, meinte, er müsse von Hause aus Tenorsaxofonist sein. Die ersten LPs von Vold zeigen ihn in kongenialem Zusammenspiel mit dem Jan Garbarek Quartett. Hier verbinden sich gewisse Zen-Einflüsse oder Inspirationen, die ja auch bei den Beat Poets eine Rolle spielten, mit Garbareks kühler, eleganter nordischer Jazz-Synthese und ECM-Ästhetik. Später liest Vold seine (und auf einer LP Frank O’Haras) Gedichte zu Standards, gespielt von einer norwegisch-schwedischen Modern Bebop Band mit dem in Stockholm lebenden Amerikaner Mitchell am Bass. Auf einer hervorragend gelungenen Platte von 1988 sind Chet Baker und Philip Catherine beteiligt (Chet Bakers letzte Studio-Aufnahme). Vold hat eine Affinität zu Lester Young und Cool Jazz, aber er zeigt auch zusammen mit Garbarek keine Tendenz zum art-ing. Wolfgang Sandner hat ihm in einem Essay über Garbarek „Kerouac’sche Vortragsweise“ zugesprochen. 134 Doch Volds Rezitation ist womöglich noch flexibler, nuancierter und jazzmäßiger als die Kerouacs. 135 Vold hat auch ein breites Publikum gefunden. Alle seine Lyrikbücher gibt es als Taschenbuch, und mit seiner letzten LP hat er in die norwegische Hitliste Einzug gehalten. Um 1958, also im gleichen Jahr, in dem Rexroths erste J&P-Platte erschien, wurde zum erstenmal auch Langston Hughes’ Lyrik mit Jazz lanciert - sie bietet sich dafür ja in ganz besonderem Maße an. Die Platte heißt nach Hughes’ Debüt-Gedichtband und einem seiner berühmtesten Gedichte Weary Blues. Hughes war an der Konzeption beteiligt. Aber er spielte seine Rezitation nicht direkt mit den Musikern zusammen ein. Leonard Feather montierte Gedichte, die gesondert auf Band gesprochen worden waren, zur Musik einer Mainstream Band mit u. a. Red Allen, Vic Dickenson und zur Musik einer Charles Mingus-Gruppe. Auf der LP Jazz Canto. Vol. I (Vol. II habe ich nicht aufspüren können) von 1960(? ) finden sich neben Gedichten von u. a. William Carlos Williams, Walt Whitman auch welche von Hughes, vorgetragen vom Pianisten Bob Dorough zu Musik des Bob Dorough/ Ralph Pena Quintetts. Die sozialen Bedingungen, die Teil der Geburtswehen des Jazz in den 20er Jahren waren, waren auch die Kräfte, die an der Entwicklung von Hughes als Lyriker wirksam waren. Vachel Lindsay, der in den 20ern das „Jazz-Gedicht“ erfand, entdeckte Hughes anläßlich einer Lesung, die er in einem Hotel gab, wo Hughes gerade einen Gelegenheitsjob hatte. John Unterdecker nennt als Hughes’ größte Leistung, daß er schwarze, populäre Literatur zu einer bedeutenden Kunstform umgebaut habe. Die konservativen Universitäts-verankerten New Critics ignorierend, richtete er sich an ein breiteres Publikum, das weniger auf LITERATUR, denn auf deren „roots“ ansprach. Hughes ließ sich in seinem Schreiben von den vitalsten schwarzen Künstlern der Zeit inspirieren: 134 FAZ Magazin, 23. 11. 1990, S. 16. 135 Vgl. Walter Baumgartner in diesem Band, S. 207. Jazz & Poetry 125 den Bluessängern und Jazzern, die an Straßenecken, in Slum-Bars und Night Clubs und in Küchen und Schlafzimmern zu hören waren. Dort fand er authentisches poetisches Rohmaterial. Seine Lyrik, mit ihren Quellen in der mündlichen Tradition, verläßt sich mehr auf den Ton und die Modulation als auf kanonisierte metrische Muster, aber er spielt auf volkstümliche, witzige Weise mit Reimen und unreinen Reimen. („Ennui“: „It’s such a / Bore / Beeing always / Poor.“) Hinter dem geschriebenen Wort seiner Gedichte vernimmt man Blues-Melodien, Jazz-Synkopen und abrupte Einsprengsel von Prosa: Gossip, Slang, Signifying, Hip Talk. „It’s poetry to be performed rather than to be read.“ 136 Hughes ist tatsächlich als Lyriker und Essayist ein Antizipator der reichen Filiation weißer wie schwarzer antipuritanischer Anti-Establishment-Literatur, an der auch Rexroth und die Beatnicks beteiligt sind. Er wird aber natürlich auch von den Black Poets exklusiv als Vaterfigur beansprucht. 137 Onwuchekwa Jemie hat die Themen und Techniken der Jazz-Ästhetik von Huhes herausgearbeitet und in den Kontext der Afro-American Poetry gestellt. 138 Man kann bei Hughes Blues-Gedichte, z. T. richtige Blues-Texte finden: I went to ma daddy, Says Daddy I have got the blues. Went to ma daddy, Says Daddy I have got the blues. Ma daddy says, Honey, Cant’t you bring no better news? Davon unterscheiden sich Hughes’ Jazz-Gedichte. Sie sind entweder mehr fun oder mehr sophisticated, aber auch subversiver als die Blues-Gedichte mit ihrer „pain swallowed in a smile“. „Most of my poems are racial in theme and treatement, derived from the life I know. In many of them I try to grasp and hold some of the meanings and rhythms of jazz.“ 139 Und weil Jazz „process music“ ist, soll auch jazz poetry performativ sein, ein literarisches Äquivalent zur schwarzen Musik. Jemie nennt drei Hauptprinzipien in Hughes Schaffen: 1. Sein zentrales Anliegen ist der Kampf der schwarzen Bevölkerung Amerikas für Freiheit. 2. Sein Schreiben ist verankert in der afro-amerikanischen mündlichen Tradition. 3. Seine Themen, Motive, Figuren repräsentieren authentische schwarze Haltungen, Erfahrungen, Sprache und Kultur. 140 Als viertes Prinzip würde ich die „audience participation“ nennen, die Hughes sich wünscht, und die er strukturell in seinen Gedichten anlegt. 136 Vorwort zu Onwuchekwa Jemie, Langston Hughes. An Introduction to the Poetry, New York 1976, S. X. 137 Vgl. Amiri Baraka, „Langston Hughes and the Harlem Renaissance“, in: Daggers and Javelins. Essays, New York 1984, S. 149-165. Wichtig war vor allem Hughes’ Essay „The Negro Artist and the Racial Mountain“ von 1926! 138 Vgl. Jemie, op. cit. 139 Zit. aus Jemie, op. cit. S. 11. 140 Ebda., S. 30f. II. Die Dezentralisierung der Lyrik 126 „In the public alliance of poetry and music so challenging in the case of jazz poems, Hughes has been a pioneer. […]: ‚I did poetry readings with a jazz piano, including Fats Waller, in Harlem friend’s homes in the early 1920’s.‘“ 141 Der Jazzkritiker Nat Hentoff hat 1958 einen Essay über Hughes geschrieben, in dem er Hughes über J&P zitiert: The music should not only be background to the poetry, but should comment on it. I tell the musicians - and I’ve worked with several different modern and traditional groups - to improvise as much as they care to around what I read. Whatever they bring of themselves to the poetry is welcome to me. I merely suggest the mood of each piece as a general orientation. Then I listen to what they say in their playing, and that affects my own rhythms when I read. We listen to each other. 142 Hughes’ Gedicht „Ask your Mama“ (1931) ist für eine musikalische Aufführung konzipiert, es gibt eine Art Partitur von Hughes dazu. (Dann wäre Ferlinghetti doch nicht zuerst gewesen! ) Die LP Weary Blues bringt auf der A-Seite Gedichte, die einen „jazz-is-fun“- Stimmung wiedergeben. Red Allen und Sidemen spielen dazu Happy Jazz, arrangiert und z. T. komponiert von Leonard Feather. Mir scheint diese Plattenseite zu wenig organisches Interplay zu bringen, auch wenn vom Stil her Allen und Hughes sehr gut zusammenpassen. Feather will zu viele direkte, illustrierende Entsprechungen von Wort und Musik erreichen, und die Musiker gehen mit viel Humor auf das Spielchen ein (Vic Dickenson „schnarcht“ auf der Trombone, usw.). Ein Stilgemisch entsteht, wenn mal Dixieland, mal Swing, mal Gospel gespielt wird, jedesmal, wenn das Gedicht dies zu verlangen scheint. Es ist fast die Art von „Mickey Mouse score where I’d elaborate on every door slam or footstep“, die Steve Allen vermeiden wollte, als er Kerouac begleitete. 143 Auf der B-Seite kombinierte Feather Gedichte aus Montage of a dream deferred, die ein „more sophisticated setting“ nahelegten, zu Musik, die Charles Mingus extra dazu einspielte. Diese Musik ist aggressiver, entschieden schwarzer, kompromissloser Hard Bop. Mingus ließ sich offensichtlich von Feather nicht dreinreden, aber auch er hat etwas zuviel „literarische“ Ambitionen. Doch, wie Feather im Cover-Text sagt, er hatte ein sensibles Ohr für Hughes’ Aussagen und Fragen und kontrollierte entsprechend den Ablauf der Musik. Ähnlich wie Rexroth enttäuscht Hughes als Rezitator etwas, wenn man ihn z. B. an Baraka mißt, oder an dem schwarzen Sänger John Hendricks, wenn dieser auf der LP New York. New York 1960 (? ) zu George Russels Big Band Gedichte über Manhatten vorliest. Auch Hughes hat noch etwas von einem traditionellen Lyrik-Vortragsstil, was neben Mingus’ radikaler Musik umso mehr auffällt. Flexibler und mehr bluesy als Rexroth liest er allemal. Dagegen ist wohl Bob Doroughs Interpretation von Hughes-Gedichten auf Jazz Canto als kongenial zu bezeichnen. Dorough (der auch auf Ginsbergs Blake-Platte 141 James A. Emanuel, Langston Hughes, New York 1967, S. 146. 142 Zit. aus Jemie, op. cit. S. 81. 143 Beiheft zu The Jack Kerouac Collection, S. 5. Jazz & Poetry 127 mitmachte), steigt mit Scat-Silben ein und singt die Texte im Rahmen von locker präzis-stimmigen und swingenden Head-arrangements. Er holt das Maximum an Jazz-Qualitäten heraus, die in Hughes’ Texten liegen. Von den frühen J&P-Aufnahmen ist eigentlich die erste, mit Charles Mingus, die beste. Es handelt sich um eine Live Session in New York, 1957. Das lange Gedicht „Scenes in the City“ von Lonnie Elder (= Lonne Elder? ) besteht aus einem inneren Monolog eines einsamen Jazz-Club-Besuchers. Die Rezitation ist in ein abwechslungsreiches, aber spontan und musikalisch logisch wirkendes Head-arrangement eingepaßt, mit Tempowechseln, Stops, „Illustrationen“ von Textelementen durch die Instrumente und - sehr wirkungsvoll - mit Wortkulissen, Shoutings und Scat- Fetzen aus dem Off, die wie Publikum-Feedback fungieren. (In was genau die „Assistance from Langston Hughes“ besteht, die der Cover-Text der Neuausgabe von 1983 nennt, konnte ich nicht heraushören.) 1984 brachte Branford Marsalis ein Remake von Elder/ Mingus’ Scenes in the City heraus. Sogar die off-mike feedbacks werden nachgespielt. Etwas zuviel des Guten sind die Schritte, die sich am Anfang nähern, und die quietschende Tür zum Jazz Club. Am Schluß entfernen sich die Schritte - mit dem Tape recorder in Greenwich Village aufgenommen! - wieder. Die letzten Zeilen von Hughes’ „Ask your Mama“ lauten: NO SHOW FARE, BABY — NOT IN THESE DAYS. „Jazz-is-fun“ hat seine Grenzen, und Hughes hatte ja auch seine revolutionär-marxistische Phase, abgesehen davon, daß er nie nur fun war. Die militanten schwarzen Bürgerrechtler der 70er wiesen mit der Verschärfung ihres politischen Kampfes die Fraternisierung mit den Weißen zurück, die Lyriker distanzierten sich von den Beatnicks, denen sich LeRoi Jones, bevor er zu Amiri Baraka wurde, ja zugehörig gefühlt hatte. Die schwarzen Musiker nahmen Abstand von Cool Jazz. Black nationalism, Black Identity, Black Power, BLM, Black is beautiful … und eben auch: Black Esthetic war angesagt. Nikki Giovanni schrieb 1971: Musicians have always been in the forefront of the black experience. […] The blues, like sermons, like the colloquialisms that mark our speech, have always been just beyond the grasp of the insignificant others. […] A people need to have something all to ourselves. The blues will be with us until we ware free. 144 144 Nikki Giovanni, „The Sound of Soul“, in: Gemini. An extended autobiographical statement, New York 1971, S. 117f. u. 120. Vgl. zu dieser Problematik auch: Berthold Klostermann, „Long Black Song. Oralität und Schwarze Musik in der Schwarzen Musik in der Schwarzen Literatur“, in: Jazz Podium, April 1984, S. 3-5. II. Die Dezentralisierung der Lyrik 128 Wenn Rexroth am Jazz als „a revolt towards more natural, wholesome, normal human relationship“ partizipieren wollte, kannte er doch seine Grenzen: The poetic value, the esthetic power, of even commercialized rhythm and blues is extraordinarily high […] This cannot be assimilated directly. For one thing the emotional manipulation of repetition is special to Negro Song, American, Caribean, or African, so much so that it is almost an instinctive skill. With it goes the shifting of accents and quantity, the seemingly irrational emphasis or lengthening of syllables, which few white people can imitate. 145 Dies sind nun genau die Rezitations-Charakteristika der Last Poets (weil sie sich nur mit Rhythmusinstrumenten begleiten, zähle ich sie nicht zum eigentlichen J&P), von Amiri Baraka, Jayne Cortez und anderen, wenn sie zu New Jazz, Funk, City Blues und - Nikki Giovanni - zu Gospel-Chören ihre Gedichte vortragen. Und diese Gedichte sind in und für diesen musikalischen Kontext entstanden, für „Class Struggle in Music“, wie ein Gedicht von Baraka heißt. Die Lyriker bewegen sich wie Musiker auf dem band stand. Oft sind es Live-Einspielungen mit hörbaren Publikumsreaktionen: „art-collective created out oft he context oft he people“ und eben nicht „art-ing“. 146 Jemie schreibt dazu: the younger poets have developed a new school of poetry reading, a style of delivery that brings together black preaching and oratory to the accompaniment of drums, jazz, or gospel music. The performance usually follows the classic leader-chorus pattern which is endemic to African and Afro-American music: the leader recites at rapid-fire pace, and those in the chorus dance, sing, chant, echo, shout, mock, and exhort. The words can be heard and understood, but the words soon cease to be more important than the concert of voices and music and the intense electricity of the performance as a whole. […] If Hughes were alive, he would surely be pleased at this development, for it is a fulfillment of his own lifelong dream of fusing his poetry with black music - although his own readings, with or without musical accompaniment, were by comparison sedate and uninvolved. The emergence of the „preacher style“ of poetry reading is a testimony to the vigor of the folk traditions of which both Hughes and the younger poets are a part. 147 Viele dieser Autoren haben Essays über Politik/ Jazz/ Literatur geschrieben, und vor allem zu Baraka gibt es eine umfangreiche Sekundärliteratur, die seine literarische Jazz-Ästhetik mit Black Estethic überhaupt gleichsetzt und sie expliziert. 148 Etliches von dieser Poetik, abgesehen von der ethnischen und politischen Radikalisierung - ist uns bei Rexroth, Hughes und Ginsberg bereits begegnet, ich brauche es hier nicht zu wiederholen. Baraka ist sogar stolz darauf, daß schwarze Musik von Weißen als kreativ und innovativ anerkannt und adaptiert wird. „Imitation is not negative per se but is how all cultures are enriched. […] Only racists believe truth comes from one nationality! “ Aber, fährt er fort: 145 „Back to the Sources“, op. cit. S. 166. 146 Sollors, op. cit. S. 72ff. 147 Jemie, op. cit. S. 184f. 148 Ebd. Jazz & Poetry 129 Imitation takes on a negative implication because in capitalist America blacks are not only exploitet workers but an oppressed nation […] so that black people never benefit by their energies and innovations […] although the innovators’ contribution will be used readily once they are appropriated by white players. 149 Baraka dreht den Spieß um. Laut William J. Harris ist Barakas „jazz estetic“ technisch gesehen eine Prozedur, die Jazz-Improvisation und „re-composition“ (die Komposition eines Bebop-Themas über den Harmonien eines Standards) als Paradigma für die Konversion weißer Poetik und sozialer Ideen in schwarze benutzt. Von den vielen Spielarten des Jazz adaptiert Baraka den aggressiven Strang von Bessie Smith über Charlie Parker, Charles Mingus, zu John Coltrane, Albert Ayler, Ornette Coleman und Cecil Taylor. In Anlehnung an deren musikalische Techniken befreit sich Baraka von der künstlerischen und ideologischen Dominanz der weißen Kultur „by repeating, and then inverting“ - etwa wie wenn Coltrane die Schnulze „My Favorite Things“ verwendet, und sie vollständig umkrempelt. Bedeutend weniger diskret als Hughes verwendet Baraka Slang, Signifying und Dirty dozens, d. i. wortspielerische Beleidigungen durch Aufgreifen von Charkteristika und Schwächen des Partners, was wiederum Coltrane und andere im Jazz mit musikalischen Mitteln machen (z. B. Charlie Parkers Bizet-Zitate! ). Allgemeiner ausgedrückt handelt es sich um Montage- und Parodie-Techniken, 150 Entauratisierung, wie sie wesentlich ist für J&P - nur radikalisiert. Wie wichtig intime Kenntnis des Jazz und der Jazzwelt auch für die inhaltliche Decodierung einzelner Gedichte der Black Poets ist, demonstriert Henry C. Lacey u. a. anhand des Gedichts „The Bridge, for Wieners and McClure“ von Baraka. Bridge heißt in der Musikersprache der zweite, kürzere, aber harmonisch kompliziertere Teil eines Standards, der nicht so gut im Gedächtnis bleibt. „How does the bridge go? “ „The changes are difficult“ - changes sind Akkordwechsel. Außerdem muß man wissen, daß Sonny Rollins sich zwei Jahre lang von der Öffentlichkeit zurückzog, um sich musikalisch neu zu orientieren, und in dieser Zeit oft auf der Williamsbrigde in New York übte. Bars sind Takte. Head ist der Hauptteil eines Jazzthemas. „I have forgotten the head / of where I am. Here at the bridge. 2 / bars, down the street.“ Das Gedicht ist eine metapoetische Auseinandersetzung mit Wieners und McClure, es ist ein Selbstmordgedicht, und es ist gleichzeitig, symbolisch und konkret, die inside Schilderung eines Jazzmusikers, der mitten im Chorus die Kontrolle über seine Improvisation verloren hat. 151 Baraka hat J&P mit Musikern wie Sonny Murray, Albert Ayler und Don Cherry gemacht. Ein gutes Beispiel ist New Music - New Poetry von 1981. Mit David Murray und Steve McCall bildet er hier ein richtiges Trio. Baraka liest lange Variationsgedichte über „The last revolutionary“, „Against bourgeois art“ („bourgeois poets 149 Vgl. neben Sollors op. cit. auch: William J. Harris, The Poetry and Poetics of Amiri Baraka, Columbia 1985, und: Theodore R. Hudson, From LeRoi Jones to Amiri Baraka: the literary works, Durham 1973. 150 Amiri Baraka, „Jazz. Speech at Black Film Festival“, in: Daggers and Javelines, op. cit. S. 271f. 151 Vgl. Harris, op. cit. S. 15. II. Die Dezentralisierung der Lyrik 130 yodel nonsense about boring absence […] They think theyre shit is profound, and complex / but the people think its / as profound as monkey farts / Now meditate on that“); Gedichte über „Class struggle in Music“ („thought Stravinsky was hip and he was/ but what to do with / Transbluesency. […] John Coltrane/ came down thru the roof blowing Impressions faster than / light.“); Gedichte über „Dope“ und „I love music“. Viele seiner Texte sind dominiert von Anaphern („No … no… no…“) und Wiederholungen mit nur geringfügigen Variationen, aufgebaut wie ein Schlagzeugsolo. Ihre graphische Anordnung sieht aus wie eine Art Schlagzeugpartitur oder eine Sonographie. Barakas Vortragsstil ist denn auch der eines Drummers. Lange Staccato-Passagen „get it, get down, hit it, get up, do it …“) münden in virtuose Wirbel (= lange Prosa-Zeilen). Er schätzt an Steve McCall, daß der bei aller komplexen Artistik „[is] yet able to carry the big rumbling funk fire of nigger-in-the-streetrebellion“. Und David Murray am Tenorsax oder an der Bassklarinette folgt auf dieser LP ebenfalls mehr rhythmischen Impulsen als melodischen Gesetzen. Die drei sprechen die gleiche Sprache: aggressive Rhythmen, dirty tones, dirty words - „setting fire under the white man’s ass“. Free Jazz-Interplay, das sich nicht einmal um Head-Arrangements kümmert und doch ein perfektes Ganzes ergibt. Ein anderer Lyriker, der genuines J&P macht, ist Gil Scott-Heron. Er hat über Jahre hinweg mit denselben Musikern zusammengearbeitet und bildet mit ihnen (u. a. Brian Jackson, keyboards) die Midnight Band. Scott-Heron spielt selbst Piano und kann singen. Er definiert sich als recording artist und writer. Seine Gedichte nennt er „urban city poetry“ 152 und die Musik, in die er sie einbringt bzw. aus der heraus sie entstanden sind, ist nicht so avantgardistisch wie bei Baraka - eben City Blues. Auf seinen Live-Mitschnitten ist zu hören, wie er mit dem Publikum kommuniziert, sich ad hoc von seinem Text entfernt oder ihn variiert, und wie das Publikum seine Pointen mit Zurufen, Lachen, Pfeifen und spontanem Applaus quittiert. Seine Texte sind weniger „dadaistisch“ als die Barakas (der eine seiner LPs Black Dada Nihilism nennt), mehr narrativ, colloquial. Eine repräsentative Auswahl seines Schaffens ist zu hören auf The Mind of Gil Scott-Heron von 1978. Von den Texten her ähnlich arbeitet Jayne Cortez. Sie hat seit 1964 ihre Gedichte (und u. a. die von Langston Hughes) zu Jazz gelesen und bildet mit Musikern wie Bill Cole und Bern Nix ein eingespieltes Team. Ihre Lyrik auf There it is und Unsubmissive Blues (1980) betont die afrikanischen Wurzeln der schwarzen Kultur. Bill Coles exotische Muzette-Improvisationen und Joe Daleys „elephant bull roarer, diesel truck sound“ auf der Tuba unterstreichen diese Referenz eindrucksvoll. Cortez als Rezitatorin kommt in die Nähe von Rapping oder dem Stil der Last Poets: Sie liest gerne auch nur von Schlagzeug und Percussion begleitet („Ogun’s friend“, oder „If the Drum is a Woman“). Schließlich Nikko Giovanni. Sie hat ihre Form zusammen mit Benny Diggs’s New Community Choir gefunden und liest ihre Gedichte auf den LPs Truth is on its Way (o. J.) und Like a Ripple on a Pond (1973) zu Gospelmusik. Ihre mit milder 152 Vgl. Henry C. Lacey, To Raise, Destroy, and Create: The Poetry, Drama and Fiction of Imanu Amiri Baraka, New York 1981, S. 7f. Jazz & Poetry 131 Stimme ruhig vorgetragenen Gedichte scheinen vorerst wenig mit extatischem, frenetischem Gospelgesang und deren religiösen Texten zu tun zu haben. Aber ihre Einbindung in die ritualisierte Interaktion- und Gemeindesituation des Gospels ist legitim. Die Musik gibt der Lyrik eine Tiefe (oder Höhe! ), die die Unterstatements der Texte aktualisiert. Die Soli, Shouts und Chor-Einsätze funktionieren als audience-feedback. „Nikki, the Princess of Black Poetry, is the voice and the messenger, your experiences, my people, are the message“, schließt Vernon Kitabu Turners Cover-Text zu Like a Ripple. „Music is the most perfect language“, sagt Nikki Giovanni in einem der Gedichte. Die von allen hier besprochenen J&P-Künstlern gesuchte audience participation mag eine Fiktion und eine Utopie sein. Sie findet allemal statt zu Bedingungen der Kulturindustrie und der sozialen Unterschiede und rassischen Spannungen in unseren Gesellschaften. Indem sie diese im Text reflektiert und ihnen strategisch mit der Anbindung an Blues-, Gospel- und Jazztraditionen begegnet, spricht sie auf jeden Fall ein breites nonkonformes Publikum an und erreicht es auch. Dem „art-ing“ entkommt J&P wohl nur tendenziell. J&P funktioniert die subkulturellen Elemente, die es aufgreift partiell um, wenn es durch künstlerische Differenzierung und massenmediale Verbreitung dahin gelangt, „wo man jenseits von sozialen Funktionen von ‚gelungenen‘ und ‚schwachen‘ Kunst-Werken“ 153 zu sprechen anfängt. Doch dies ist die Crux aller engagierter Kunst. Bereits Langston Hughes hat das Problem aufgespießt: „One handfull of dreamdust/ Not for sale“. Oder, sarkastisch über die „Be Bop Boys“: Imploring Mecca to achieve six discs with Decca. Auch Kenneth Rexroth war es bewußt: My own generation is now entering the home stretch of collected editions. […] The grazing Post-War II avant-garde is also thouroghly assimilated and its members are now the subject of explications of text themselves. […] Black culture courses now so fashionable in the colleges. […] You always are tempted to become a kept rebel and an ollowed clown. […] This is the problem which all the spokesmen of the counterculture must face every minute - cooptation. 154 Jan Erik Vold hat ein Gedicht, in dem sein alter ego mit der Freundin in Chicago die Wurzeln des Jazz und des City Blues in The South besuchen wollen. Im Bus sind sie die einzigen Weißen. Eine alte Frau schreit hysterisch: „Charlie get off. Charlie get 153 Vgl. Beiheft zu The Mind of Scott-Heron, LP 1978. 154 Kenneth Rexroth, „Poetry in the 70’s“, in: The Alternative Society, op. cit. S. 171, 178f. und 163. II. Die Dezentralisierung der Lyrik 132 off“, bis die beiden den Bus verlassen. 155 Aber Jazz ist eine Weltsprache geworden - Vold macht seine eigene, weiße, europäische oder nordische Variante von J&P: ganz anders, wohl „feeling blue“, aber viel freundlicher als Baraka. Deswegen nicht weniger genuin. Und eine Kluft gibt es auch innerhalb der afro-amerikanischen Bevölkerung Amerikas. Nikki Giovanni - Ehrendoktorin der Wilberforce University („See what the motherfuckers got me! “) 156 - hat auf Like a Ripple ein Gedicht darüber mit dem Titel „Conversation“. Ihr Gespräch mit einer alten Frau in Harlem fängt gut an: „Yes, she said, my man’s gone too“. Aber dann fragt die Frau: „what are you doing here? “ und auf die Antwort „I’m a poet“ kontert sie promt: „that ain’t no reason to be uppity“! Das Gespräch droht in Streit, Signifying, ja Dirty dozens überzugehen. Die junge hübsche Poetin bekommt von der 79-jährigen den Rat: „keep yo dress up and yo pants down and you’ll be/ allright“, und wird in die City zurückgeschickt, wo sie hingehört: „cause you one off them/ technical niggers, and you’ll have problems here.“ Aber vielleicht hätte der alten Frau in Harlem Nikkis Platte doch gefallen, wenn sie sie im Radio gehört hätte. Nikki Giovannis beide LPs sind jedenfalls Hits geworden. Langston Hughes’ „dream deferred“ ist ein von aller Kunst hartnäckig festgehaltene Utopie. In dem hier aufgezeigten „straddling an artistic fence“ (Scott-Heron) erhält sie „tremendous wings“ (Baraka). Lonnie Elder/ Charles Mingus, Scenes in the City, New York 1957. Reissued 1983. Affinity, London AFF 105. Kenneth Rexroth, Lawrence Ferlinghetti, The Cellar Quintet: Poetry Readings in „The Cellar“, San Francisco 1958. Beat Goes Poetry, London BGP 1024. Langston Hughes/ Red Allen, Charles Mingus, Leonord Feather, Weary Blues, New York 1958. Reissued 1966. VSP Verve. VSP / VSPS-36. Jack Kerouac/ Steve Allen, Poetry for the Beat Generation, New York 1958. Reissued as: The Jack Kerouac Collection, 1990. RHINO Records. Jack Kerouac/ Al Cohen, Zoot Zims, Blues and Haikus, New York 1958. Reissued as: The Jack Kerouac Collection, 1990. RHINO Records. Kenneth Rexroth, The Cellar Quintet: Poetry and Jazz at the Black Hawk. Beat Goes Poetry, San Fancisco 1960. London BGP 1019. Jazz Canto. An Anthology of Poetry and Jazz. World Pacific 1960. WP-1244. Jon Hendricks/ George Russel and his orchestra (Bob Brookmeyer, John Coltrane, Bill Evans, etc.), New York, New York, New York 196[? ]. Decca DL 79216. 155 Jan Erik Vold, Cirkel, Cirkel. Das Buch von Prinz Adrians Reise, Frauenfeld 1988, S. 133f. 156 Vgl. Ida Lewis’ Forword: Nikki Giovanni, My House, New York 1972, S. IXf. Discographie (chronologische Auswahl) Jazz & Poetry 133 Allen Ginsberg/ Don Cherry, Elvin Jones, Bob Doroughs, Songs of Innocence and Experience Tuned by Allen Ginsberg, New York 1969. Verve Forecast FTS 3033 und H GII Archetype H3F-4951. LeRoi Jones/ Sonny Murray, Sonny’s Time Now, Nowark 1965. JIHAD 663. (Wiederveröffentlicht: DIW - 25002.) Black Spirits Festival of New Black Poets in America. 1972. Black Forum. A Motown Product B-456-L. Nikki Giovanni/ New York Community Choir, Truth is on its Way, New York. Right on Records RR 05001. Nikki Giovanni/ New York Community Choir, Like a Ripple on a Pound, New York 1973. Nik TOM Records distributed by Atlantic, NK 4200. Bessie Ann Watkins/ Gospel Group, The Preachin’ Woman, San Diego 1973. United Sound, Burbank Cal. USR 51 34. Jayne Cortez/ Richard Davis (b), Celebrations and Solitudes, New York 1974. Strata East Records. SES 7421. Jalaluddin Mansur Nuriddin, Omar Ben Hassen, Abidum Oyewole/ Nilja, The Last Poets Jazzoetry, Los Angeles 1976. Douglas Records. LeRoi Jones/ New York Art Quartet, Black Dada Nihilism, Riverside New York 1965. ESP- DISK 1004. Amiri Baraka [ = LeRoi Jones]/ David Murray, Steve McCall, New Music - New Poetry, india navigation. New York 1981. IN 1048. Jack Kerouac/ Mark Murphy, Bop for Kerouac, Hollywood 1981. Muse Records. New York. MUSE MR 5253. Lonnie Elder/ Brandford Marsalis, Scenes in the City, New York 1984. CBS 38951. Ismael Reeds/ Taj Mahal, David Murray, Lester Bowie et al., Conjure. [o.O.] 1984. american clave. AMCL 1006. William Shakespeare, Robert Hayden et al./ Ronald Shannon Jackson, Pulse, New York 1984. OAO Celluloid. CELL 5011. William S. Burroughs, Tom Waits et al./ John Giorno Band, Smack my Crack, New York 1987. Giorno Poetry Systems Records. GPS 038. Sulieman El Hadi, Jalaluddin Mansur Niriddin/ Abu Mustapha et al., The Last Poets, Freedom Express. Recorded in Willesden, England 1988. Acid Jazz. JAZID LP 8. The Dial a Poem-Poets/ John Giorno, Life is a Killer, Giorno Poetry Systems. GPS. Allen Ginsberg/ Mark Bingham, Bill Frisell et al., The Lion for Real, New York 1989. Island Records, Distr. Ariola Import Service GJ 6004. Jack Kerouac/ Mark Murphy, Kerouac Then and Now. 1989. Muse Records. James Newton/ Anthony Cox, Billy Hart, Mike Cain. Frechen 1990. Delta-Music, Jazzline 11 124. Adrian Mitchell, Dannie Abse/ Michael Garrick quintet and trio, Poetry and Jazz in Concert, London 196[1]. Argo Records, DLP, ZDA 26/ 27. Hans Magnus Enzensberger/ Miles Davis, Donald Byrd, Art Blakey & div. - Joachim Ernst Berendt. 1963. Philips twen. Gottfried Benn. Oscar Peterson, Mal Waldron & div. - Hans Dieter Zeidler, Lyrik und Jazz. 196[? ]. Philips 6300 003. II. Die Dezentralisierung der Lyrik 134 Heinrich Heine/ Attila Zoller, Gert Westphal, Joachim Ernst Berendt, Lyrik und Jazz. 196[? ]. Philips twen 840479 PY. Peter Rühmkorf/ Michael Naura Trio, Kein Apolloprogramm für Lyrik, München 1976. ECM/ SP 2516. Beat Brechbühl/ Jürg Grau, Gras ist Gras, Bern 1978. Waldmusig 1 (Verlag im Waldgut, CH- Frauenfeld). Allen Ginsberg/ Emil Mangelsdorff/ Gert Westphal, Das Geheul. 1981. Trion / Bellaphon International Sound Service 5101/ 2. Bertolt Brecht/ Heiner Goebels und Alfred Hart, Ernst Stötzer, Zeit wird knapp. Eigelstein Musik Produktion LC 8071. Köln 1981. riskant 4014. EFA 5814.08 LP. Christoph Derschau/ Ceddo, Grüne Rose Live, Düsseldorf 1981. Sagitarius 003. Distr. Roof Music, Bochum. Peter K. Wehrli/ Werner Haltinner, Alles von allem. Eine Hymne für Bassgitarre und Sprechstimme. Buch + Single, Arche Verlag. Zürich 1982. Else Lasker-Schüler/ Heinz Becker, Ich träume so leise von dir, Wuppertal 1987. ITM Records LC 8301. Peter Rühmkopf/ Michael Naura, Phönix voran! Buch + Kassette. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1987. Rose Ausländer et al./ Jazz Life Trio Zürich, Confrontation. 198[? ]. ASS 5086 Günter Grass/ Günter Baby Sommer, Lyrik und Prosa. Schlagzeug und Percussion. Steidl Verlag 1987. Jazz Life Trio Zürich, Jazz Choräle. Freejazz und Kyrieeleisen, Düsseldorf, Zürich 198[? ]. EP, ASS 5088. Ernst Jandl/ Mathias Rüegg, bist eulen? Wien 1984. Extraplatte Jazz. EX 316 141. Ernst Jandl/ Mathias Rüegg, vom vom zum zum, Wien 1988. Extraplatte Jazz. EX 316 145. Johannes Bobrowski/ Günter Baby Sommer, Alles auf Hoffnung. Mehr ist nicht zu sagen. Steidl Verlag, Göttingen 1988. Jan Erik Vold/ Jan Garbarek, Briskeby blues, Oslo 1969. Philips 854. 007 AY. Jan Erik Vold/ Jan Garbarek, HAV, Oslo 1970. Philips 6507 002. Jan Erik Vold/ Jan Garbarkek, ingentings bjeller, Oslo 1977. Polydor 2664 388. Jan Erik Vold/ Red Mitchell, Nisse Sandström, Egil Kapstad, Den dagen Lady døde. Jan Erik Vold leser dikt av Frank O’Hara, Stockholm 1986. Hot Club Records Oslo. HCR 30 Jan Erik Vold og Chet Baker, Blåmann! Paris 1988. Hot Club Records. Oslo. HCR. 50. Dies., Telemark Blue, (english version), Hot Club Records HCRCD51 Jan Erik Vold/ Egil Kapstad, Sannheten om trikken er at den Brenner, Oslo 1990. Hot Club Records. HCR 70. III. Jan Erik Vold Før tekstene i fra rom til rom SAD & CRAZY (1967) begynner, er det en side hvor det bare står: 5 4 3 2 1 2 Dette talldikt oppfatter jeg som en slags prøve man må avlegge før man kan tre inn i Volds poetiske byggverk. Det skal helt fra begynnelsen av gjøre det klart for leseren at her er det dikteren, og bare han, som stiller de betingelser som gjelder. Går man med på det, kan man lese videre, og vil forstå. Går man ikke med på det, behøver man ikke lese videre. I Eventyret om alle kattene på rommet har Vold gitt en tydelig pekepinn om hvordan litteratur virker: „Bare når gutten sover kan han se nissen med sekk på ryggen og rød topplue“. Og bare når leseren „sover“, dvs. når han, som i drømme, uten sensurinstansene, aksepterer den verden som her åpner seg for ham, bare da slipper Vold katta ut av sekken, på samme måte som nissen i eventyret. Jeg skal i denne artikkelen ganske enkelt gi en beskrivelse av Jan Erik Volds bøker, slik de nå foreligger for oss. Tiden må sies å være moden for det. Vold har med sine seks bøker (derav en på eget forlag og en som privattrykk) lagt fram en produksjon som utmerker seg ved sin stringente indre konsekvens. Det er en sterk kunstnerisk vilje som her realiseres. Jeg har flere ganger hørt folk si at de ikke har kunnet få så mye ut av Volds bøker, inntil de hørte ham lese, men da følte de også straks kontakt, og forstod. Nå er det faktisk noen av diktene, „blikket“ og det beryktede (og berømte) „kulturuke“ bl. a., som kanskje først kommer til sin fulle rett når forfatteren selv leser dem. Men ellers gjør Vold i bøkene like bevisst bruk av optiske, typografiske virkemidler for å få tydeligere fram hva han vil, som når han under opplesning bruker deklamatoriske og mimiske midler. Det er en vilje til totalvirkning, en stor formell bevissthet som dermed kommer til uttrykk. Vold trenger seg ikke inn på noen, men han trekker seg heller ikke på noen måte tilbake fra leseren. Volds språk har helt fra første stund vært enkelt, muntlig, tilsynelatende fritt flytende. Atle Kittang peker i Lyriske strukturer (s. 109 f.) på hvordan innhold og satsbilde i Volds mellom speil og speil (1956) danner en enhet og harmoni. Det kompliserte speilbildeformene i denne samlingen vanskeliggjør ikke på noen måte lesningen og forståelsen. Det har lykkes for Vold å la diktenes strukturer komme Strukturer i Jan Erik Volds lyriske produksjon Formen III. Jan Erik Vold 138 tydelig fram også i det typografiske bilde, uten på noen som helst måte å gjøre vold mot språket. Volds syntaks er enkel - den mest kompliserte konstruksjon som normalt forekommer er en rekke av underordnede relativsetninger, som han bruker for å beskrive bevegelsesforløp. Ordvalget er ukunstlet, og bildene som på denne måte konstituerer seg, ter seg overraskende, uvanlige, men er alltid av en sjelden plastisitet. Her, i det stilistiske, i billedteknikken og språkbehandlingen, kan alt kontrolleres, med åpne øyne. Her behøver ikke leseren „sove“. Volds bilder stemmer, hans språk er presist og - helt ut i de avanserte eksperimentene i fra rom til rom - strengt motivert. Rytme, linjeog strofeinndeling og diktets ytre skikkelse må nødvendigvis være slik, og ikke annerledes. Istedenfor det nå snart så altfor ofte siterte eksempel Kittang bruker, kan vi her som illustrasjon ta to dikt fra HEKT (1966): historien om en stein på en landevei som har ligget der aldri så lenge en dag kommer en stor lastebil kjørende og steinen presses inn i en av rillene på bildekket der den blir sittende og sirkle rundt og rundt og rundt er steinen stor slynges den brått med rasende fart ut igjen er steinen liten eter den seg inn i det svarte til dekket er kaputt I den strenge konsentrasjon som karakteriserer Volds første diktsamlinger, rulles det her ut et enkelt, konkret bilde, som føres fram til det overraskende dramatiske høydepunkt. De abrupte linjesprangene skaper for det første en viss formell Verfremdung - uten den ville man kanhende lett sprunget over dette „enkle“ dikt om en stein og en lastebil på en landevei. For det annet tvinges man av denne form til raskt akselererende lesning uten pauser, og dermed til gjentagelse av steinens bevegelse i bildekket, en bevegelse som raskt fører til den skremmende klimaks. Det hverdagslige ordvalget virker underkjølt, og bidrar dermed til å gi eksplosjonen på slutten en desto større virkning. (HEKT har i det hele tatt mye av den samme stemning og mye av den samme måte å virke på som cool jazz.) En mangel på alt som heter setningstegn, en diktbegynnelse midt inne i en syntaktisk ufullstendig setning, små bokstaver, adverbet „rundt“, som gjentas tre ganger i tilknytning til verbet „sirkle“ - Strukturer i J.E. Volds lyriske produksjon 139 alt forsterker den tvingende bevegelse som utgjør strukturen i dette diktet. Diktet er denne bevegelse. Tar vi så det sorartede sluttdiktet i HEKT: dagen falt sammen som et korthus jeg våknet på havets bunn vokst fast som tang duvende i tåkelurens fjerne dønninger til jeg langsomt mistet festet og steg som en lat fisk snusende langs bergveggen oppover og oppover liksom trukket av solen ut av sjøen opp i dagen der alt var lys og uten en lyd og jeg sprellende på kroken fri En halvdrømstemning. Hver linje stilles nølende foran oss og danner en syntaktisk og innholdsmessig enhet. Her er bildet mer komplisert, mer komplekst - noe linjesprang for å skape Verfremdung er ikke nødvendig, og ville stride mot den langsomme bevegelsen i diktet. Men også denne bevegelse er - selv om den er langsom - suggestiv, uimotståelig. Det kommer til uttrykk i at diktet består av én eneste setning. En rask bevegelse oppstår i det øyeblikk diktets jeg dukker opp av vannet og opp i lyset. Slutten blir da syntaktisk og typografisk hengende i luften - i nøye samsvar med hva som skjer i teksten. Det man får fram gjennom en formal analyse, behøver ikke alltid være bevisst for dikteren. I Volds tilfelle har vi imidlertid å gjøre med en formelt uvanlig bevisst lyriker. Han har i nær forbindelse med en opplesers forutsetninger og det trykte ords muligheter utarbeidet og utbygd et personlig formspråk der skarpe bilder og tydelige, observerte bevegelser får komme til utfoldelse i en suggestiv, oversiktlig stil. I sine første samlinger dyrker Vold kort-diktet, og utformer hvert enkelt stykke til en juvel, samtidig som han meget omhyggelig komponerer enkeltstykkene inn i en større enhet. I mellom speil og speil bygger han ut speilteknikken. I HEKT utnytter han til det ytterste de muligheter ordgjentagelser og linjesprang frambyr, og lager sin egen, nye form - det syttentil enogtyvelinjede, smale dikt -, som i hektisk, suggestiv bevegelse trenger seg fram til siste linje. Som prototyp kunne nevnes følgende dikt fra HEKT 6: å skru i en skrue først bore med naver så la skrujernet III. Jan Erik Vold 140 få godt feste i skruehodet og ta noen tak forsiktig så ikke skruen kommer skeivt siden ta kraftigere i og tilslutt bare skru og skru til skruen sitter der fra rom til rom SAD & CRAZY går over i prosalyrikk. Allerede i HEKT kunne man se en tendens til å la spenningen bygge seg opp innenfor én eneste setning. De påfallende midler her - som også ansatsvis kunne iakttas allerede i HEKT - er tempusveksling og brudd med den syntaktiske konstruksjon, raffinert utnyttet: Kniv og gaffel krysset på tallerkenen og han behagelig tilbakelent i stolen, da han merket han fikk litt av spaghettien opp i munnen (…) og enda en munnfull, mere mat, mere mat, han må spre maten utover pletten (…) Den for det meste tragiske poengtering i siste linje i mange av HEKT-diktene blir i SAD & CRAZY-boken til tryllekunstnerens nonchalante, ironiske gestus, som løser forbløffelsens trolldom: „(…) og da jeg kryper i seng, under dynen, ligger en pike der - nei, det gjør det forresten ikke. Mor Godhjertas glade versjon. Ja (1968) viser - ved siden av avdelingen „Byen H“, som inneholder tekster som snarere hører hjemme i HEKT-stilen, samt „Sommeren der ute“ og „Tredje bok“, som inneholder konsentrasjonslyrikk - en ny mulighet: ekspansjonslyrikk, digresjonslyrikk, med tilsynelatende uhemmede assosiasjoner, som ofte bare svært løst knyttes til noen rød tråd. Men også her kjenner vi Vold igjen som den bevisste artist. Ved siden av de allerede kjente stilmidler kan vi iaktta f. eks. typografiens muligheter, store og små bokstaver, kursivering, klammer og tegnsetning, utnyttet til det ytterste. På slutten av fra rom til rom står „Eventyret om prinsen i den sorte esken“. Vold har gitt oss tilstrekkelige holdepunkter - ikke bare at han om vinteren tar på seg sin røde topplue - til at vi kan tyde dette individuasjonseventyr allegorisk og anvende det på forfatteren selv. I prinsen i den sorte esken kunne vi - uten å presse allegorien - se den „prelitterære“ Vold. Etter en krise konfronteres han med sitt eget speilbilde, og begynner å artikulere seg - Volds første diktsamling het mellom speil og speil. Etter en fortvilet periode, kjennetegnet ved ville skrik av ord - her kunne blikket og HEKT brukes i vår analogi - ser prinsen seg stående ute i det åpne, ubegrensede rom, i det fri, på grønt gress og under blå himmel. Det tilsvarer den plass fra rom til rom har Utvikling Strukturer i J.E. Volds lyriske produksjon 141 innenfor Volds hele produksjon. Her kommer nå også „de andre“ inn i bildet. Veien er funnet fram til i Mor Godhjerta. Utviklingen fra jeg-opptatt, narsistisk speilproblematikk, over truet, utsatt eksistens i HEKT, indre psykologisk forløsning og til dels psykedelisk bevissthetsutvidelse i fra rom til rom, til varm, til synelatende uproblematisk medmenneskelig kontakt i Mor Godhjerta tegner nesten et romanforløp med en retning fra innestengthet mot åpenhet. Tittelen på hans siste bok tyder imidlertid på at de enkelte bøker er versjoner, altså ikke de til enhver tid eneste riktige „sannheter“, som forfatteren så med sin neste bok distanserer seg fra, eller til og med tilbakeviser. I Volds intervjuer og essays går det klart fram at for ham står disse versjoner av livets mangfoldige muligheter absolutt ved siden av hverandre. I fra rom til rom får man i det minste to versjoner ved siden av hverandre - en trist og en for-rykt. Men også i denne boken er versjonene, som i hele Volds produksjon, framstilt som en suksesjon. Ja, det forholder seg til og med slik at den bevegelse fra innestengthet til åpenhet som avtegner seg fra mellom speil og speil og til Mor Godhjerta, er foregrepet allerede i komposisjonen av den første boken. Jeg’et i det første diktet i debutsamlingen, med sin „sene kabal av ord som ikke går opp“ minner om prinsen med sitt „spill som ikke har noe navn“. Når han ser opp, er det begge steder sitt eget speilbilde han ser. Jeg’ets isolering, dets innskrenkning til selvspeiling, fører til en krise: „nesten kvalt av egne ekko/ kaver jeg meg fri/ og kaster/ stein/ mot/ speil (…)“. Men å slå i stykker speilbildet er bare en fjernelse av symptomet, og fører ikke til noen løsning. Som i fra rom til rom blir løsningen søkt i møtet med „de andre“, her med den elskede. Men modenheten mangler ennå. Også den elskede blir til et speil, til selvbekreftelse: „Nå er din hud mitt speil/ slik trær/ forteller vinden at den er.“ Mot slutten av kjærlighetsdiktene i denne samlingen står: Jeg eier mitt lys Du ditt De dør Stearinen størkner Her blir mørkt som før I fra rom til rom mislykkes møtet med den andre i jeg’ets „fobi“. Et annet forsøk på å unnslippe jeg’et, som da skulle bety å finne sitt egentlige jeg, synes å lykkes: Ditt skrik blir stumt foran treet Den siste avdeling i speilboken bringer virkelig frigjøring, det stjernebesådde kosmos åpner seg for blikket i et vakkert sentrallyrisk dikt: I mai er treet en sang vinden synger Om høsten står treet med stjerner i sine hender III. Jan Erik Vold 142 Likevel - jeg’et er ennå isolert, „speilet å krumme seg over“ dukker opp igjen på den siste siden i boken. Det som interesserer her: bevegelsen innenfor Volds første bok går innenfra og utover. Fra det innestengte jeg bak den nattlige vindusruten eller i speilsalen i begynnelsen av boken til jeg’et foran treet og under stjernehimmelen har en utvikling funnet sted som kan sammenlignes med utviklingen i forfatterskapet som helhet. HEKT beveger seg visselig mer monomant i en stemming av utveisløshet. Men mot slutten, i HEKT 13, melder det seg i den grå drømmen en gul flekk: „var det noen som ropte/ jan erik“. Man tenker på „Eventyret om gutten i det lodne rommet“ (fra rom til rom) eller på diktet „vi sitter i hvert vårt rom“ (mellom speil). Men gul er ikke noen god farve, det lykkes ikke roperen å befri „jan erik“ fra hans marerittaktige isolasjon. Først det tidligere siterte sluttdiktet bringer et „opp i dagen“, i et sterkt paradoks: „og jeg sprellende på kroken/ fri“. Også her altså en utvikling i retning av frigjøring. Sluttbildet med jeg’et „trukket av solen (…) opp i dagen“ svevende i en forløsende og samtidig farlig utsatt frihet, minner om aforismer i Kafkas dagbøker. Tydeligere er utviklingen igjen i fra rom til rom. Fra en „blå“, fordrømt betraktningsmåte i den første avdelingen går utviklingen over det nevrotiske gule videre inn i krisen i den røde avdelingen: „Det er fobi, fobi, sukket han.“ På samme måte som foran treet i mellom speil og speil åpner jeg’et seg også her foran en grønn virkelighet. Og om vi i den første avdelingen har „knyttede hender“ („Du er uten sentrum“), så går til slutt prinsen „istedenfor sverd i hånden (…) med åpne hender, sommer og vinter“. Man kunne se et etisk, moralsk program her, og det er nok delvis riktig. Og dette program faller sammen med Volds estetiske vilje. Den utvikling som her er beskrevet tilsvarer som komposisjonsprinsipp en musikals oppbygning med spenning og avspenning, som f. eks. i de langsomme satsene hos Beethoven: nølende begynnelse med et enkelt motiv, som først må forme seg - voksende bevegelse inntil opprør - og så utklingende, forsonende slutt. Denne oppbygning har ofte også jazzen, som Vold er svært fortrolig med. Det synes å dreie seg om en elementær estetisk grunnform. På spørsmål i et intervju om en dikters største oppgave i dag svarte Vold lakonisk: „å skrive en bra bok“. Da jeg en gang satte skille mellom ham som estet på den ene side og moralist på den annen side spurte han meg: „Hva er forskjellen? “ Såvidt jeg kan bedømme, spiller Vold imidlertid til tross for sin åpenbare mykhet indirekte en ikke ubetydelig rolle i det norske kulturliv. Hvis det er riktig, legitimerer det naturligvis hans holdning fullt ut. Bildene som dukker opp i HEKT og fra rom til rom ville ha vært rusgiftdrømmer eller schizofreni-symptomer, hadde det ikke vært for at de var så fastbundet i en form og kontrollert i en tydelig struktur. Volds prestasjon består i at han har omformet arke- Sirkelen Strukturer i J.E. Volds lyriske produksjon 143 typiske forestillinger til enkle, nye bilder, han har skapt noe vi kunne kalle moderne myter. Gjennom den strenge abstraksjonsprosess forestillingene gjennomgår før de står foran oss som fullt ferdige dikt, strykes det private av, og de blir „anvendelige“ for lesere med de forskjelligste erfaringsbakgrunner. Derfor kan Vold si om seg selv at han har verken rett til eller interesse av å gi en bestemt interpretasjon av tekstene noen forrang. Faktisk er ofte rent motsatte interpretasjoner av en og samme tekst mulig. Som eksempel kunne man bruke følgende enestående dikt fra HEKT: sitter et sted innenfor eller utenfor og føler at en passer er stukket i arket og en tung dråpe tusj glir ut gjennom pennens kjever og trekker etter seg en sirkel i ferd med å sluttes Det altoverskyggende i dette diktet er sirkelens ubønnhørlige bevegelse, en sirkel som langsomt lukker seg. Hvem det er som sitter der, bundet til det som her skjer, blir ikke sagt. Det er nærliggende å sette inn et „Jeg“. Det fascinerende spørsmål er nå: hvor vil dette jeg komme til å sitte når sirkelen har lukket seg? Innelukket, men trygg innenfor sirkelen - utelukket, men fri utenfor sirkelen? Denne opplevelsesstruktur (som altså består i 4 muligheter) er anvendelig på hundrevis av konkrete situasjoner i det daglige liv. På meg virker diktet i høy grad skremmende, og det er det „pennens kjever“, den eneste metaforen i dette konsentrerte bilde, som bidrar til. Et eksempel fra fra rom til rom er „Midt i et veikors“: Midt i et veikors. Det er grålysning, så mørkt at jeg må klatre opp for å se hva det står på veiviseren. Jeg tenner en fyrstikk og leser ROM på den ene pilen, tenner en ny og leser ROM på den andre pilen, tenner en tredje, leser ROM, tenner fyrstikk nr 4 og leser ROM. Jeg ser noe befriende i at det for det første lykkes å tyde hva som står på veiviseren, og for det annet i at man altså kan gå i alle fire himmelretninger og likevel alltid komme til et Rom(a). Selve teksten utelukker imidlertid ikke at man leser ROM som rom og får en opplevelse av innestengthet. (På tysk heter boken Von Zimmer zu Zimmer! ) Til forskjell fra hva tilfellet er i matematikk skjer altså abstraksjonsproscessen i Volds lyrikk til fordel for større mangetydighet og konnotasjon, en omstendighet III. Jan Erik Vold 144 som stiller „enkelheten“ i Volds bilder i et nytt lys. Det er ut fra dette forståelig hvorfor mange dikt i HEKT som er gåter for helt konkrete situasjoner, kan fungere for leseren uten at han løser gåten. I fra rom til rom kan man legge merke til abstraksjonstendensen bl. a. i den betydning farvene tillegges. Enda tydeligere viser dette seg i Mor Godhjerta, fordi det der egentlig gjør seg bemerket som stilbrudd: I diktet „Halldis i døren“, f. eks., opptrer Halldis (Moren Vesaas? ) som „en stor myk grønn/ oval form“ i „dørens brune rektangel“. Bildets rammeskapende funksjon, dets evne til å skape en autonom og håndterlig virkelighet, blir framhevet hos Vold. Det er påfallende hvor ofte Vold ser ut av vinduet og fastholder bildet som innrammes av vindusposten. fra rom til rom åpner med et slikt bilde. „Nå bor jeg i utkanten“ i samme samling viser svært tydelig hvilke utviklingsmuligheter Volds spesifikke billedtenkning har. To ulike bilder kan legges over hverandre og danne en tredje virkelighet, en relativt enkel prosess i dikterens innbilningskraft, som kunne antyde genesen til mange av hans surrealistiske bilder! Svært instruktivt er også følgende eksempel: „Hvordan står det til? Fra vinduet ser jeg bort på landeveien i det fjerne. (…)“ Det tilfeldig (? ) oppdukkende bilde i vindusrammen gir som en filmsekvens svaret på spørsmålet som ble stilt. Et rammebilde har vi naturligvis allerede i speilene i debutsamlingen. Mens vinduet der i det første diktet er blindt og bare speiler jeg’et, uten å slippe noen ting fra utenverdenen inn, betinges den utsatte eksistens i HEKT derimot av at utenverdenen og underbevisstheten med sine bilder skånselløst trenger seg inn på det vergeløse jeg. I fra rom til rom begynner jeg’et å velge og manipulere sine bilder, og dermed er dets integritet garantert. Det siste av disse bilder, som Vold nå kaller „rom“, blir virkelig til et beboelig rom. Jeg’et „har valgt å gå inn i sine bilder og bli der“, sier Vold selv i en kommentar. Det er i denne billedverden Vold nå er i Mor Godhjerta, men her må man si: jeg’et gikk ut og inn i sine bilder. Som med et kamera for øynene velger Vold de utsnitt som skal konstituere den glade versjons verden. Han lar bildet bevege seg og stanse etter sitt eget forgodtbefinnende. Han går inn i sine bilder, og forlater dem igjen: „stans bildet/ i Slottsparken attende mai og se hva du får (…)“. Eller: „I dette dikt skal jeg la bildet stanse på Barkåker (…)“. Vold kan med en slik selektiv betraktningsmåte for et øyeblikk holde seg en mer skremmende, men ikke dermed mindre virkelig verden fra livet og oppleve og beskrive en glad versjon, uten å glemme eller fornekte de andre realitetene. De er nettopp gjennom den bevisste, tydelige rammen hele tiden underforstått: „bare i virkeligheten/ har de to på haugen kommet i krangel (…)“ („Diktet som henger i en rød tråd“). I fra rom til rom kan man iaktta hvordan den ironiske distansering må til for å bevare trykllekunstneren mot å bli offer for sine egne kunster: „(…) og bena mine falt av kroppen (…) bare fordi jeg nøs! “ Rammer Strukturer i J.E. Volds lyriske produksjon 145 Det ironiske (eller i mellom speil og speil brutalt realistiske) brudd er også det middel Vold bruker for å beskytte seg mot å prisgi seg selv på en romantisk og sentimental måte. Særlig tydelig er dette i mellom speil og speil, hvor det ikke alltid er lykkes. Modenheten som preger Mor Godhjerta viser seg bl. a. nettopp i at denne distansering her ikke lenger synes nødvendig, samtidig som sentimentalitet er unngått. Også humoren, som i fra rom til rom snarere var svart humor, er her fin, forstående og varm - GRØNN! Selv om vi kan stille Mor Godhjertas versjon ved siden av versjonene i de andre samlingene som like sann, kan man like fullt fastholde at den representerer en modnet versjon, en versjon som for Vold i mellom speil og speil ennå ikke ville ha vært mulig. Den rettlinjede utvikling jeg har trukket fram, er en fiksjon, en etterrasjonalisering av forfatteren Vold og en forenkling av artikkelforfatteren Walter Baumgartner. Skal Volds verker uttrykke forfatterens virkelighetsoppfatning eller verdensbilde på en adekvat måte, må det ha et korrektiv. En verden som inneholder de forskjelligste „versjoner“ ved siden av hverandre samtidig, kan ikke bare framstilles som en suksesjon. Ved siden av, eller innevevet i den rettlinjede utviklingsstruktur, avtegner det seg i Volds diktning like sterkt en sirkelstruktur. Bevegelsen i farvespekteret i fra rom til rom, fra blått over gult og rødt til grønt, fører en tilbake igjen i nærheten av blått, der bevegelsen begynte - på slutten av det siste eventyret er det da også den blå himmelen som dominerer. Atter en gang det musikalske prinsipp, som jeg allerede har snakket om. En så utpreget rondellform finner man i denne boken bare i dens komposisjon. Desto tydeligere er den imidlertid i enkeltdikt i de øvrige samlingene. I debutsamlingen f. eks. går tanken i diktet „Du ser på meg“ i en sirkelbevegelse fra en vandrer i natten, over natten til sjøen, over det istykkerslåtte speilbilde i sjøen til vinden, og over vinden tilbake til Du’et i begynnelsen. I denne sammenheng blir det klart at sirkelen egentlig bare er en utvidet speilstruktur, beriket med en dimensjon. I HEKT dominerer sirkelbevegelsen. Et lokomotiv går „rundt og/ rundt i ring“, en sirkel er i ferd med å sluttes, et sirkelformet dikt beskriver et elektrisk jernbaneur, en eik blir til sentrum i en enorm klokkeskive, en stein sirkler i et bildekk. Sidsel Paasches illustrasjoner er alle innskrevet i en sirkel, og når man ser på dem som en serie, får man inntrykk av en kule som triller. I fra rom til rom ruller jeg’et „innskrevet i en sirkel“ ut i verdensrommet. Endelig kan den kostelige historien om en spaghettispisers regresjon også sees som en sirkelbevegelse. Påfallende stor rolle spiller sirkelen i Mor Godhjerta. Det er faktisk to dikt med overskriften „Liten krets“. Jeg siterer et av dem, fordi det er av sentral betydning for holdningen i denne samlingen, og fordi det samtidig skal stå som antydning om en sammenheng mellom sirkelsymbolet og den arketypiske helhetsforestilling og mellom denne igjen og opplevelsen av moderlighet: Sirkel og spiral III. Jan Erik Vold 146 Din mor må ha vist deg mye kjærlighet sa Siri neste morgen og jeg videre til mor. En sirkel beskriver bl. a. også „Poetenes vandring“ og indirekte „Hei Sidsel! “ Den eksplisitte overskrift „Liten krets“ på to dikt bør avgjort oppfattes som et vink om å lete etter andre og større sirkler i denne boken. Det er karakteristisk nok bare i Mor Godhjerta sirkelen kan oppfattes som helhetssymbol. Som bevegelse, som struktur, er det en tilbakevenden til utgangspunktet - negativt formulert: ingen viderekomst, ingen utvikling til tross for bevegelse; i det siterte sirkeldikt om passeren en prosess som ustanselig stenger inne eller stenger ute. Positivt formulert: en fullkommen bevegelse, hvilende i seg selv, i det siterte dikt „Liten krets“ en bevegelse som formidler trygghet. Den rettlinjede utvikling, framskritt mot et mål, og sirkelbevegelsen, som utelukker utvikling, er kunstig revet fra hverandre i min framstilling. Egentlig griper de på mangfoldig vis inn i hverandre. Før man kan trekke endelige slutninger om arten av Volds diktning, må man imidlertid finne en fellesnever for de to bevegelser. Man kan å sammenligne en slik flerdimensjonal tenkning med det som går for seg i såkalt båndgeometri - Möbiusbåndet: Man tar en papirstrimmel og limer den sammen i endene, etter først å ha vridd den ene av dem rundt en gang. På et slikt bånd er bevegelse og dynamikk mulig. Man kommer i sirkelbevegelsen stadig tilbake til samme sted, men hver gang på en annen side. Denne struktur henger sammen med et verdensbilde der det ikke finnes noe absolutt Over og Under, ikke noe eneste riktige mål. Her fører ikke alle veier til Rom(a), men „fra rom til rom“. Et spiralformig strukturert verdensbilde eller verdensopplevelse åpner en ny dimensjon. Det er dette Volds tankemessige, fantasimessige og formelle mangfold grunner seg på. Det gjør det mulig for ham å få „frihet til å fabulere, til ganske enkelt å skrive for moro skyld, til å gjengi innfall“, som han sa i et intervju. Det gjør det mulig for ham også å sette humor og tragikk i samme nære forbindelse med hverandre som hans forbilder på dette område har gjort, de tragikomiske klovner Chaplin, Bob Dylan, Beckett. I samme intervju sier Vold: Jeg tror på humor som livsholdning, en holdning som er det tragiske og det komiske som ett og det samme aspekt, som føler varme for menneskenes streben etter et bedre liv, samtidig som den vet at et annet liv enn dette ikke er mulig. Denne holdning tillater ham å utforske surrealistiske virkeligheter, og i neste bok å prise furukongler og blåtrikken. Den romlige forestilling av et slikt bånd er nå den grunnstruktur Jan Erik Volds forfatterskap kan innfanges i, både når det gjelder elementære stiltrekk, enkeltdikt, bøkenes komposisjon og utviklingen i forfatterskapet som helhet. Den gjør det også mulig for oss å oppfatte Volds forfatterskap i alle dets aspekter som en helhet, et Strukturer i J.E. Volds lyriske produksjon 147 mangefasettert, komplekst forfatterskap. Med et begrep fra den klassiske estetikk: den gjør det mulig for oss å se enheten i det mangfoldige. Der vi tidligere i min framstilling har sett bevegelsen i de enkelte bøker i forhold til helhetsutviklingen som en avspeiling av en makrostruktur i mikrostrukturen viser det seg nå en enhetlig gjennomgående bevegelse. Volds forskjellige „versjoner“ lar seg plassere i „båndgeomerien“, og bevegelsen fra den ene side til den andre tilsvarer sannsynligvis i høy grad virkelighetens ambivalens. Ja, den innfanger et syn på virkeligheten i fra rom til rom som nonchalant ignorerer alle konvensjoner syn, hørsel og opplevelse normalt beveger seg i - uten å sprenge rammen for en rasjonelt og sensuelt begripelig lyrikk. Den tillater dynamikk, uten å stagnere i en forenklet deterministisk systemtenkning. I denne forestillingsstruktur virkeliggjør Vold en dikterholdning som Dag Solstad i et foredrag har formulert på følgende måte: „en frigjøring til å spille ut alle de muligheter som åpner seg for et jeg som ikke er avgrenset, bestemt, lineært“ (Moderne prosa, s. 32). Volds kamera-syn er ikke det „inadekvate menneskes“ syn - Solstad kaller det „rollebevissthet, spilleglede, bevegelighet, innsikt, bevissthet“ (s. s., s. 34) - nemlig et liv såvel mellom den nærmeste og den fjerneste omverdens muligheter som mellom det egne jeg’s muligheter. Det er et engasjement i frihet som Gunnar Ekelöf har gitt følgende berømte formulering: När man kommit så långt som jag i meningslöshet är vart ord åter intressant Med denne „spillerholdning“ er vi på vår Vold-ettergjorte spiral tilbake i nærheten av utgangspunktet, ved Volds estetisk-artistiske engasjement. Som det skulle ha gått tydelig fram, er dette i hans likeså mangesidige som konsekvent gjennomstrukturerte verk identisk med virkelighetsengasjementet. Den estetiske, moralske og metafysiske tenkning i Volds lyriske produksjon er en og samme sak. (norsk ved Helge Vold) I litt gammelmodige tyske romaner forekommer det ofte at forfatteren med et glimt i øyet sier til leseren: „Der geneigte Leser merkt etwas.“ Det er alltid et godt utgangspunkt å være åpen, positiv og mottagelig når man vil forstå et annet menneske - å være en „velvillig tilhører eller leser“. Særskilt gjelder dette naturligvis når man har å gjøre med en poet. Nettopp fordi Jan Erik Vold er en poet, overrasker og overrumpler han oss på ny med hver nye bok. Mange er blitt skuffet over Jan Erik Volds nyeste bok kykelipi når de har sammenlignet den med fjorårets tour de force Mor Godhjertas glade versjon. Ja. Også jeg - ved første gangs lesning. Men la meg her - som en arbeidshypotese og i kompletterende hensikt - skrive om hvorfor kykelipi står verdig og nødvendig i rekken av Volds hittil seks viktige diktsamlinger. Kanskje en „geneigt“ leser finner ut ting som en skuffet leser overser. Jeg har lyst til å lansere 16 stikkord, 16 måter å lese kykelipi på. Poeten Vold har evnen til å se der vi ingenting ser. Eller han ser ting som vi nok kan ha sett, men ikke turdet vedkjenne oss som opplevelse. Vold tør. Og han formidler til oss hva han opplever. Ta diktet om fotballkampen Norge-Bulgaria, der det var 24’975 tilskuere: (…) Hadde ikke jeg vært der ville det vært 24 974 tilskuere. Nåja. Kampen endte 0-0, den. Vold oppdager ikke bare merkelige ting i omverdenen, han ser dem også i selve språket. Språket er jo også vår omverden, først og fremst naturligvis dikterens og - skulle man tro - leserens: SPRÅK hätäjarru nödbroms emergency brake notbremse „Jeg er bare ute og går i språket“, kommenterer han selv i fjorårets bok. Der står også setningen „vend blikket hvor som helst og du har/ noe som foregår, du har noe/ som er virkelighet, du har et BILDE“. Vi minnes at evnen til å ha barnets undring overfor verden er kunstens mest elementære forutsetning. Men poeten - hva sier han? 1. Aha-opplevelsen III. Jan Erik Vold 150 Vold behersker som få andre den pregnante, drepende eller mangetydige, ironiske eller underfundige, alltid slående formuleringen. Han arbeider med språket til resultatet blir like uimotsigelig som en tautologi. Jeg fornemmer en glede, en tilfredsstillelse ved så perfekte stykker språk som f. eks. BESKRIVELSE Først en utstrakt arm, lett hevet, med hånden dinglende slapt ned, så en langsom senkning, uhyre forsiktig, men til slutt en løs og ledig sving på halen - kua har gjort fra seg. Det er språkkunst ut fra eksakt iaktagelse, og med et lite retorisk tricks: armen og hånden viser seg å være metafor for en kuhale … Verden og språket har også et akustisk, musikalsk og rytmisk aspekt. Vold tar spesielt vare på dette. Hans virtuositet på området kommer på en humoristisk måte til uttrykk når han ved hjelp av en slags metaforisk transkripsjon overfører rent akustiske foreteelser til språket. Samtidig er det et innlegg i EU-debatten: HVA KLOKKENE SIER sto-re klokker sier JA-TAKK JO-TAKK min-dre klokker sier TJA-TAKK TJO-TAKK men-de-små-vi-har-i-lommen: neisåfaen neisåfaen neisåfaen NEI! Brechts intensjon med det litterære grepet „Verfremdung“ var å skape avstand mellom det som skjer på scenen og publikum, forhindre at publikum uten videre identifiserer seg med helten. Men i lyrikken har det samme tekniske knepet motsatt virkning. Ved å vise fram en ting i uvante former og omgivelser ser vi den på en ny måte, den får „appeal“, „touch“ og „sensation“ (i ordenes egentlige og positive betydning). Derfor er det bedre å snakke om forunderliggjøring. 2. Sett og formulert 3. Hørt og formulert 4. Forunderliggjøring Men poeten - hva sier han? 151 Den enkleste form for denne teknikk er naturligvis å ta en ferdig tekst ut av dens sammenheng og sette den inn i rammen av en diktsamling: FYRDIREKTØREN MELDER: Gamla lysbøye i Sildegapet, fyrlistenr 1686 er pårent og satt ut av drift. Egentlig er hver metafor en forunderliggjøring. Men når nå metaforer og symboler og lignelser hele tiden har vært så flittig anvendt i lyrikken, kan man jo oppnå en ny og sterkere effekt ved å avstå fra å bruke dem. I kykelipi finnes nesten ingen metaforer, men poesien blir ikke borte av den grunn - tvertimot: Frostmorgen og sol Øverst i treet sitter skjæra og ser på verden 17 november 1965 Vold klarer å redusere en hendelse til en energetisk kjerne som alltid også er et plastisk, enkelt bilde. Det forteller alt - øyeblikkelig forstår vi. En hel roman om ulykkelig kjærlighet reduseres således til fem linjer: LITEN VISE På korsryggen min kjære har en føflekk som jeg aldri mer skal se - Jeg synes det er en befrielse at vi midt i en diktsamling, som jo skal være noe seriøst og helst litt uforståelig, får servert respektløst tøv - nei, unnskyld - „Teuves - 2 dusin stk.“ Spesielt godt liker jeg nr. 22: Valkendorff hikker i motvind Det må være noe med den lydlige eller grafiske kiasmen i midten: ff - kk. Og med valliterasjonen - også den plassert som speiling av kiasmen i begynnelsen og i slutten av linjen! Og med variasjon i vokalene: va/ vi. Meteret er daktylos som i heksameteren. Valkendorff var da også en VIP i det dansk-norske dobbelmonarkiet og har fått dedikert mange endeløse heksameter-hyldningsdikt. Volds dikt er kortere - bare et halvt vers. En tid var Valkendorff, nest etter kongen (Frederik III og Christian IV) 5. Forkortinger 6. Humor og lek III. Jan Erik Vold 152 den viktigste mannen i riket, falt i unåde. Det var kanskje da han hikket i motvind, eller på en av tjenestereisene sine til Norge? Gjennom alle ordleker, parodier, angrep og programerklæringer skimtes hele tiden Volds anstrengelser for ikke å ta seg selv og omverdenen altfor høytidelig, for ikke å bli slave av sine egne eller andres myter. Vold er kanskje - som mange kunstnere - litt selvopptatt og egosentrisk. Men hvem vil ta det ille opp, når han selv finner på å lansere det nye ordet „selvdigger“, og prøver det: (. . .) foran speilet, under fire milde øyne: SELVDIGGER - That’s all. Men - og her ligger en fare for misforståelse - Volds lekne påfunn med språket, med virkeligheten og med sin forfatterrolle er underfundige og subtile. Det er like lite bare tøv som Ekelöfs „Strountes“-dikt bare er strunt. Volds morsomme arrangementer er på et annet plan ofte et middel til å vinne ny og uvant innsikt og til å teste språkets utsagnskraft, eller omvendt: avsløre dets upålitelighet. Som oftest er det en demonstrasjon av språkets rikdom og muligheter. I oppregningen Sem Kam Jafet Sjoa Vinstra forfører ramse-rytmen oss til å godta dette nonsens ukontrollert. Det kjennes riktig fordi det glir så selvsagt over tungen. Men hva har tre brødre fra Det gamle testamentet å gjøre med to navn på elver i Gudbrandsdalen? Er det en følge av norske skoleelevers litt for raske oppramsing av navn i bibelhistorie og geografi? Ikke alt som skjer, skjer i språket. Men det skjer mye der, og det er viktig å være klar over dette. Lekende tar Vold for seg et lettvint lite dikt av Wessel om smørrebrød og kjærlighet, der de velkjente poengene dikteres av rimene, og han spør: „mon ikke/ han tok dobbelt feil“. Eller han undersøker ordspråk. Og det viser seg at de fungerer gjennom en språkets forførelseskraft. Undersøker man dem nærmere, holder de ikke stikk. har du sagt A har du sagt A er mer enn en vits eller en intetsigende tautologi. Det er en irettesettelse av den dumme talemåten som vil lure oss til å godta at „har man sagt A, må man også si B“. Hit hører også en del parodier på kjente nasjonale sanger. Jeg mener det er en genistrek når Vold i diktet „Miljø“ tar på ordet en romantisk overspent metafor som i årevis har „forført“ det norske folk, og tester den i et eksperiment. 7. Selvironi 8. Språktest Men poeten - hva sier han? 153 Hvordan skulle det ta seg ut i virkeligheten: - og fjellene selv ropte langt hallo hallo En del av diktene i „kykelipi“ er kommentarer til den aktuelle kulturpolitiske og litterære situasjon i et land som Vold allerede i sin „glade“ versjon døpte om til GNORE: SI MEG - HVA bruker han det døve øret til? Det døve øret? Ja, det døve øret. Nåh - DET DØVE ØRET, det bruker han til å høre med. I fjorårets bok står det et sted: „Elskede, du ber/ om trøst - og jeg/ som bare har bilder å gi -“. Ved et forhold til omverdenen som prinsipielt skiller seg fra den praktiske og sedvanlige danner kunsten sin egen autonome virkelighet. Dennes relasjon til den virkelighet vi vanligvis forhastet pleier å betegne som den eneste, ligger i analogien, i dens mytekarakter og modellkvalitet og i at den er forbundet med vårt alles underbevisste. Jan Erik Vold lar leseren aldri være i tvil om at den verden hans bøker konstituerer er en metaeller pseudoverden, en verden av papir og formale konstruksjoner, Tydeligst står det å lese i MITT NYE DIKT Mitt nye dikt begynner slik. Siden fortsetter det med noen linjer til og når jeg synes det er langt nok sier jeg STOPP. Slik blir da mitt nye dikt. 9. Kommentarer 10. Billedverden III. Jan Erik Vold 154 På et sentralt sted i kykelipi leser vi at „Alle på Kreta lyver, sa mannen på Kreta“. Det er en programerklæring som gjør de tilsynelatende enkleste diktene vanskelige å tolke. Hva er løgn og hva mener forfatteren? For også den som lyver mener noe. Det kreves av leseren at han - som på omslagets innsider - kan skille ut et JA som dannes av bare neineinei… Her ligger grunnen til at mange så grovt misoppfattet Mor Godhjertas glade versjon. Ja som bare positiv og virkelighetsnær og siden ble skuffet over kykelipi. De forvekslet boken med virkeligheten og ville en gang for alle forplikte dikteren til denne. Men Vold vil og må verge sin frihet og rørlighet. Han velger nye synsvinkler, attityder og versjoner. Han prøver med hver ny bok en annen holdning og utforsker dens muligheter. „En vet aldri hva en kan komme over, famle, famle“ stå det i Mor Godhjerta. Vold har vært sterkt opptatt av Michelangelo Antonionis film Blow up. På slutten av denne filmen ser man en tenniskamp som spilles uten ball. Spillet fungerer, tilskuerne følger med. Hovedpersonen i filmen stiller seg imidlertid skeptisk og undrende til dette. Men da den imaginære ballen flyr ut av banen, tar han den opp og kaster den tilbake (dvs. han går med på leken). Nå hører han hvordan ballen slår mot racketen og mot marken - den er blitt virkelig - like virkelig som en symfoni var virkelig for Mozart, selv om han ennå ikke hadde skrevet den ned, selv om den aldri var blitt spilt av et orkester. Nøyaktig det samme som i Blow up hender i diktet „Det er ikke så virkelig som du tror (det er virkeligere, vet du)“: „(- SIEMENS-trikken/ er slutt, nå er det/ HØKA-trikkene som går/ - ingen smekking der). Smekk! “ Dette er kunstnerens virkelighet, og den er til og med ofte blitt betegnet som en realitet av høyere grad enn vår så avgjort forgjengelige ytre verden. Vold har også et dikt om det: IKKE FOR DET AT DEN FJERDE DIMENSJON SKULLE BEHØVE NOEN PR, IKKE NÅ LENGER, MEN - (…) ingenting er lettere enn å si at 2 pluss 2 er 5, eller at 2 pluss 2 er 4, det er ikke det det skal stå på - det er verre å snakke sant. (…) Og denne „fjerde dimensjons“ virkelighet er rikt og fast gjennomstrukturert. Volds diktsamlinger er usedvanlig strengt komponert. Tydeligst i mellom speil og speil fra 1965, mest komplekst kykelipi. Dette krever av leseren at han utover opplevelsen av 11. Billedverdenens virkelighet 12. Struktur Men poeten - hva sier han? 155 det enkelte dikt setter det inn i samlingens sammenheng, inn i den bevegelsen komposisjonen tegner opp. Først i den funksjon et dikt har i samlingens helhetsmønster kan det tolkes definitivt. kykelipi som helhet kan igjen settes i relasjon til de forutgående bøkene, og da ser man plutselig at mangt er nødvendig som tidligere syntes slumpartet, uforståelig eller dårlig. Dette utelukker selvsagt ikke at man kan sette mer pris på enkelte dikt i en samling enn i en annen. Hva jeg her har delt opp i nummererte punkter finnes naturligvis i alle mulige kombinasjoner samtidig i de fleste diktene. Denne stramme arkitekturen er ved første gangs lesning ikke uten videre overskuelig. Men alt har betydning: omslagets for-, bakog innsider med de grafiske innslagene, kapitelinndelingen, vignettene, diktenes rekkefølge. Men det er man jo etterhånden vant med hos Jan Erik Vold. Noen av meta-diktene i kykelipi opptrer på avgjørende steder i boken som den lett ironisk smilende guiden: GOD DAG! Jeg er et dikt. Kom skal jeg ta deg i hånden og leie deg fram (…) Senere i boken, når man skulle være mer fortrolig med denne diktsamlingens logikk: TIL LESEREN Jeg hadde et visst overtak på deg i begynnelsen, merket du det? - jeg burde kanskje nevne det nå som jeg er i ferd med å slippe grepet - for du finner vel etter hvert at vi står i grunnen nokså likt, ikke sant? Det burde allerede ha framgått at vi har å gjøre med en uvanlig (for Jan Erik Vold vanlig) rik diktsamling. Det gjelder ikke bare på det horisontale planet, men også på et vertikalt eller diakronisk plan. I „kykelipi“ har Vold tatt med dikt fra ulike faser av sin utvikling. Ved første blikk er det lett å kjenne igjen noen sentrallyriske metafordikt fra „speil-tiden“, slik som det vakre billeddiktet „Bølge“. Men også bjørkens „evige hvite knestrømpe“ og byens „hvite lag av glemsel … som en pasient/ med 13. Kaleidoskop III. Jan Erik Vold 156 omslag lagt i nattens løp“ hører hjemme her. En del haiku-lignende dikt må ha oppstått enda tidligere. En brytning med disse uttrykksmåter spores i et lite dikt der Vold ved formal fremmedgjøring og ironi ødelegger det sart-poetisk sette bildet av en kastanjeblomst og slutter brutalt av: kstnjblmstr (Les det høyt! ) Vi kjenner igjen HEKT-stilen og vi finner SAD & CRAZY-varianter og ikke så få dikt i Mor Godhjertas ånd. Slik betraktet utgjør kykelipi et slags partitur til de fem tidligere diktsamlingene. Den er en oppvisning av Volds mange registre og rike muligheter, men også av en bærende kontinuitet og stringens i utviklingen. Tre dikt i kykelipi har tittelen „Rondell“, og minst 10 dikt har denne formen, som slutter sirkelen med siste linje. Dermed hviler diktet sluttet i seg selv, men er også på en måte kastet tilbake til utgangspunktet. Denne forkjærlighet for sirkelen er påfallende i alle Jan Erik Volds bøker, den må henge nært sammen med hans livsanskuelse og kunstoppfatning. Sirkelen - den meste fullkomne geometriske figur - kan samtidig gi uttrykk for trygghet og isolasjon, bevegelse og stagnasjon, perfeksjon og sterilitet, modenhet og regresjon. Så fylt av motsetninger er faktisk Volds verk, og med utgangspunkt i sirkelstrukturen kunne man etter min mening finne fram til noe av det mest sentrale i hans lyriske univers: Det er ingen som har slike øyne som deg Derfor ser du meg ikke Derfor ser jeg deg ikke Det er ingen som har slike øyne som deg I kykelipi har Vold tatt med en del dikt av andre, navngitte lyrikere: Georg Johannesen, Stein Mehren, Ivan Malinovski, Tomas Tranströmer, Carl Fredrik Reuterswärd, Peter Bichsel, Robert Creeley, William Carlos Williams … Dessuten finnes det en hel del mer eller mindre skjulte hilsener og litterære allusjoner, blant annet til Gunnar Ekelöf. Leseren må bli slått av hvordan disse fremmede elementer uten brytning føyer seg inn blant Volds egne tekster. Hvis Vold ikke hadde navngitt forfatterne, ville vi uten tvil trodd at hans selv hadde skrevet disse diktene. Jeg mener at dette er et indisium på at Vold - utover en provinsiell norsk målestokk - hører hjemme i det tyvende århundres modernistiske lyrikk. The Beatles gir uttrykk for en beslektet holdning i sine tekster. Bob Dylan ville sikkert like Volds dikt. Peter Bichsel har skrevet etterordet til den tyske utgaven av fra rom til rom SAD & CRAZY. Og på en opplesningsturné i Sveits og Tyskland hadde Vold spontan og øyeblikkelig kontakt med folk i Berlin, München, Zürich etc. 14. Sirklene 15. Poetisk verdensspråk Men poeten - hva sier han? 157 Jan Erik Volds poetiske univers har mange og solide forankringer i det univers som kunsten (alle kunstarter) over hele verden utgjør. Vold er med på å konstituere dette univers. Hvis man følger en forfatter i hans utvikling og hvert år venter spent på hans nye bok, er den første reaksjonen forbausende nok ofte skuffelse. Den nye boken tilsvarer ikke våre forventninger. Årsaken til dette er lett å se. Vi har dannet oss et bilde av forfatteren på grunnlag av hans forrige bok. Bildet har ikke endret seg, eller det er i vår dårlige hukommelse eller i vår ønsketenkning til og med blitt forfalsket. Men forfatteren har naturligvis utviklet seg sterkt, desto sterkere og i desto mer uventet retning jo større hans begavelse er. Man sier gjerne at kunsten er forut for sin tid. Hver forfatter som ikke bare er en habil litterat, er sine lesere i det minste den tid forut som ligger mellom hans nestsiste og hans nyeste bok. Det er nettopp kunstnerens uvane at han ikke uten videre lar seg tilpasse og innordne. Han motstår til stadighet innsnevrende klassifiseringsforsøk, rømmer fra museet hvor vi gjerne ville se ham katalogisert og uskadeliggjort. Og han rømmer - uten å be sine velmenende eller hoderystende lesere om råd - også fra de myter han selv har skapt, så snart de truer med å kvele ham. Se på tittelen og omslagsbildet til Jan Erik Volds nye bok: Et underfundig og gåtefullt smilende ansikt som sier „kykelipi“. Diktet som har gitt navn til boken er bygd på fire spørsmål som med klisjéartet automatikk allerede inneholder svaret: Hanen sier KYKELIKY, trikken sier PLING-PLING-PLING, bokfinken sier ELSKEDE VIV, piken sier ELSKER DU MEG? Men hva poeten sier, det kan vi - som i dette diktet - ikke vite noe om på forhånd. Han sier det vi ikke venter. Her i diktet, og altså også i Volds nye bok: ( . . . ) men poeten hva sier han? Poeten han sier: KYKELIPI (oversatt av Eystein Eggen) 16. Dynamikk Da Jan Erik Vold forærte meg I Vektens tegn. 777 dikt, skrev han som dedikasjon: „Til Walter som har vært med fra begynnelsen av! “ Det stemmer. Vi var begge stipendiater i Uppsala 1965. Jan Eriks debutbok var ferdig, og han skrev på HEKT. Vi bodde i en tvårummare med felles kjøkken og bad. Jeg husker ennå lyden av hans gamle skrivemaskin. I Elg har han et dikt om den: REMINGTON M/ OPPDRAG Remington m/ oppdrag klimprer videre i natten. Remington m/ oppdrag gjør lange pauser, så kommer’n igjen, med nye hastige steg. Går på. Står på. Kjenner ikke målet, kjenner veien. En rastløs elg på drift gjennom byens drag. Klover med hæljern. Hvert gatekryss et valg. Vi hadde også felles utsikt fra høyblokken på Eriksberg. Og der kan vi begynne: Ich wohne jetzt in einem Außenquartier, zuoberst in einem Hochhaus. Vom Fenster sehe ich auf eine Gruppe Föhren. Um Mittag zeigen die Schatten der schlanken Föhrenbeine genau nach Norden. (Mein Zimmer schaut nach Westen.) Bevor die Sonne untergeht, fallen die Schatten gegen Osten. Wenn man diese beiden Bilder übereinanderlegt, erhält man ein Gitter von Schatten auf dem Schnee. (Es ist Winter.) Dette prosadikt står i fra rom til rom SAD & CRAZY, jeg siterer det for moro skyld fra den tyske oversettelsen som kom i 1968, et år etter at den var kommet ut i Norge. 157 Det er et godt dikt. Påfallende er presisjonen i beskrivelsen av den enkle iakttakelsen: Først betrakterens ståsted som betinger fenomenet: „utkanten av byen, øverst i en høyblokk. Fra vinduet ser jeg ned på en furumo“. Så en presis angivelse av tidspunkt og skyggenes retning: „Midt på dagen peker skyggene av de slanke furuleggene rett mot nord.“ Nå kommer en presisering i parentes: „(Mitt vindu vender mot vest.)“ Betrakteren liker utsikten, og han liker å stå ved vinduet, det framgår, uten at det blir nevnt eksplisitt, av at han registrerer skyggenes forflytning til øst i dagens løp. Det står ikke „om kvelden“ for sluttpunktet, men mer presist med tanke på fenomenets årsak: „Like før solen går ned faller skyggene mot øst.“ Og nå kom- 157 Von Zimmer zu Zimmer. SAD & Crazy, übersetzt von Walter Baumgartner, Olten und Freiburg 1968. Barberblad, kastanjer, blåswix og kjærlighet - noen nærlesninger i Jan Erik Volds lyrikk III. Jan Erik Vold 160 mer det som gjør diktet til dikt på innholdsplanet, det som jeg for eksempel ikke hadde kommet på, tross at jeg hadde samme utsikt som dikteren. Teksten fastholder utsikten som to BILDER - og legger dem ovenpå hverandre, så at man i diktet ser noe man ikke ser i virkeligheten: „Om man legger disse to bildene oppå hverandre får man et gitter av skygger på snøen.“ Diktet slutter med en parentes til: „(Det er vinter.)“, og dermed har jeg sitert hele teksten også på norsk. Siste parentes er kanskje overflødig. Det sto allerede at det ligger snø. Kanskje skulle den senere Jan Erik Vold ha utelatt den. Men den hører til diktets kompositoriske virkemidler. Gjennom den får vi en symmetri i diktet siden teksten altså har en parentes i midten og i slutten. De litt pedantiske, la oss si prosaiske parentesene virker antipoetisk i forhold til de forventningene til høystemt, organisk harmoniserende språk og symboliseringer som forutgåtte lyrikkepoker har skapt hos leseren. Men dikteren fornekter seg ikke helt tradisjonelle virkemidler. Det finnes en vakker rekke med allitterasjoner i setningen „Mitt vindu vender mot vest“. Den språklige rytmen er avbalansert og jazzmessig - allerede da med en affinitet til Lester Young - i vekslingen mellom lange og korte setninger. Der får den siste korte parentesen rytmisk karakter av en sluttklem. Og vi har faktisk i denne nesten naturvitenskapelig nøkterne beskrivelsen en antropomorfisering: „furuleggene“! Hvis vi leter etter en symbolikk i denne teksten, gjør vi det på eget ansvar, men vi kan jo søke støtte i konteksten fra mellom speil og speil til de nyeste diktsamlingene og spørre om gitteret som dikteren ser har noe med fangenskap å gjøre. Eller med frigjøring, ettersom han jo ikke befinner seg i eller bak eller under gitteret, men opphøyd over det, i solen. Eller altså også på dette plan en overlagring av - nå - to bevisstheter, noe i retning av sluttdiktet i HEKT: „sprellende på kroken/ fri“. Men egentlig står det ikke i teksten. Man kunne også spørre hvorfor denne betrakteren/ beskriveren hele tiden står ved vinduet? Bare fordi han liker utsikten? Eller fordi han er ensom? Skal vi se en symbolikk i det at det er vinter? Peter Bichsel har skrevet etterordet til den tyske utgaven. Han konstaterer at Volds tekster er skriveøvelser, forsøk på tegninger. Den intensive iakttakelsesøvelsen fører da til at gjenstanden blir enestående, et førstegangsfenomen. Og det som er enestående (einmalig) blir surrealt. Faktisk finnes det i fra rom til rom surrealistiske dikt. Mekanikken som produserer surrealisme, ansatsen, blir demonstrert i vårt dikt med dets dobbeleksposisjon av to momentopptak. Noe annet Bichsel peker på, viste seg å være profetisk for hele den senere Vold. Man skulle kunne sette Vold i bås med de tyske konkrete poeter, mener Bichsel, men de er doktrinære, deres tekster holder opp sine egne lover og passer seg for brudd. „Volds tekster derimot lukker seg ikke, de åpner seg til og med, med eller uten hans vilje, mot sentimentaliteter.“ Bichsels konklusjon er at det er akkurat det som gjør Vold til dikter! Barberblad, kastanjer ... 161 Mens jeg tenkte over foredraget mitt i anledning av æresdoktoren vår, 158 gravde jeg i gamle og nye esker med notater, brev, forlagskorrespondense, avisutklipp, oversettelsesutkast, særtrykk etc. Jeg håpet å finne manus til et foredrag om Jan Erik Volds kjærlighetslyrikk jeg engang holdt i Amsterdam - jeg fant det ikke. Men jeg husker at et dikt fra HEKT spilte en viktig rolle i min argumentasjon: er du glad i meg spurte hun om natten drømte jeg jeg holdt hennes hode i mine hender og snittet med barberblad et kutt på skrå under hvert av øynene hennes ja sa jeg det tror jeg jeg er Jeg bruker dette diktet iblant i undervisningen. Etter at vi har oversatt det og er blitt klar over det forferdelige som står her, pleier jeg å spørre studentene, særlig kvinnene, om de ville likt å få dedikert dette dikt av kjæresten sin. Da ser de forferdet på meg. Diktet opererer med den for Vold typiske abrupte og forventnings-/ spen ningsskapende linjedelingen og manglende interpunksjon. Første strofe virker i så måte, og også ellers „normalt“ som et kjærlighetsdikt. Men setningen er ikke ferdig der man skulle tro, etter „drømte jeg“. Hele diktet er en eneste lang setning. Før man begynner å lese videre i neste strofe tror vel hver leser at nå kommer en vakker erotisk drøm eller en eller annen tradisjonell kjærlighetbekreftende symbolikk. Første linjen i strofe to motsier ikke dette, tvert imot: „jeg holdt hennes hode“ - enjambement - „i mine hender“. Men der, eksakt i midten av teksten, kommer sjokket, to snitt med barberblad under øynene hennes. Jaha, tenker man, han elsker henne ikke, han hater henne. Ikke noe kjærlighetsdikt altså. Men det kommer en brå vending til, et sluttpoeng som er nesten enda vanskeligere å ta enn sadismen som åpenbarte seg i drømmen. Jegets tolkning av drømmen er formulert vanskelig også syntaktisk og stilistisk, talespråklig nonsjalant: med tre „jeg“ der to av dem støter mot hverandre. Overraskende blir den stygge drømmen oppfattet som en bekreftelse av kjærligheten: „ja sa jeg/ det tror jeg jeg er“. Tror! Dybdepsykologisk og ifølge Freuds drømmetydning er det nok hold i denne troen. Det viktigste inntrykket som står igjen etter den hverdagslige åpningen og den harmløse slutten av diktet er selve intensiteten i det som står i midten. Når en sterk kjærlighet ikke kan og vil formulere seg i følelsesladede og patetiske eller sentimentale ord, bryter drømmen fortrengningen, om enn i forvrengt form, og sier det 158 Artikkelen ble skrevet til et seminar ved Universitetet i Oslo i anledning utnevnelsen av Jan Erik Vold til æresdoktor, 30. august 2000. - III. Jan Erik Vold 162 som skal sies i en voldsom fornektelse. Diktet inneholder ikke noe oksymoron, men det har et oksymorons struktur. Oksymoron griper dikterne til når de vil si noe viktig og sterkt som de ikke kan uttrykke annet enn med en selvmotsigelse. Men diktet kan leses på en annen måte også. Kanskje er det slik at Jeg hater henne som hele tiden spør og maser „elsker du meg“. Han kanskje kom til å hate henne fordi hun aldri kan bli trygg på kjærligheten hans og må spørre gang på gang. (I En som het Abel Ek står det i et dikt: „Den selvfølgelige kjærlighet/ kommer ikke med utsagn/ om hvor på kjærlighetens skala/ den befinner seg pr. i dag“! ) Så sier han det til henne i så sterke ord som mulig, men har ikke hjerte til å la utsagnet stå i all sin brutalitet, kommer med en halvhjertet trøst til slutt: „det tror jeg jeg er“. En tredje tolkning kunne være at vi har å gjøre med hat-kjærlighet, hat og kjærlighet på en og samme gang, ikke så uvanlig i virkeligheten og i hvert fall ikke noe labert forhold! Paradokset formuleres da også allerede rent språklig i diktet vårt med en uhørt slagkraft i og med vekslingen mellom banale forventninger og hensyn til partneren i begynnelsen og slutten av diktet, og den voldsomme lidenskap i utsagnsinnholdet innenfor denne rammen - formulert med en vivisektørs kalde, pedantiske eksakthet: „på skrå“, „under hvert av øynene hennes“! En bekreftelse for den siste tolkningen kan vi finne i et dikt fra kykelipi: MON IKKE-DIKTET at smørrebrød er ikke mat og kjærlighet er ikke hat det er for tiden hva jeg vet om smørrebrød og kjærlighet skrev johan herman wessel, mon ikke han tok dobbelt feil Dette diktet fremmedgjør Wessels aforisme allerede med at det bare har små bokstaver, manglende interpunksjon og voldsk linjedeling. Og det har formelt samme overraskende sluttvri som diktet med barberblad-drømmen. Hva Vold her sier, er at hat og kjærlighet ikke utelukker hverandre ved nærmere ettertanke eller større livserfaring. Henning Hagerup trekker fram et dikt av Robert Creeley som Vold har oversatt og gitt en positiv vurdering i Storytellere: av kjærlighet kunne jeg kløyve skallen din i to og sette et stearinlys ned bak øynene dine … Hagerup mener at å kløyve skallen til et annet menneske ikke er noe man gjør i kjærlighet, og at det er rart at Vold ikke har noen innvendinger mot disse linjene hos Creeley, samme Vold som kritiserer Olaf Bull når denne skriver om sin elskede at Barberblad, kastanjer ... 163 „Dig vil jeg ømt i rytmer nagle fast! “ Hagerup mener å ha tatt Vold i en selvmotsigelse. 159 Poenget i Volds kritikk av Olaf Bull er imidlertid at Bull som dikter gjør vold mot kvinnen for kunstens skyld - Klaus Theweleit, Peter von Matt og mange feministiske litteraturforskere har påpekt den inhumane estetisismen der mannlige diktere gjør seg til diktere på bekostning av et symbolsk kvinnemord eller et realt svik mot kvinnen. Eksemplene rekker fra Orpheus over Dante og Goethe til Hamsun og Gottfried Benn. Jan Erik Volds drøm om barberblad under den elskedes øyne og Creeleys lystmorderiske fantasi har ingenting med dette å gjøre; selv om de er kunst, handler de ikke om kunsten, men om livet. Jan Erik Volds dikt „minner om verden“, ikke bare de i Sorgen, sangen, veien som har denne undertittelen. Creeleys dikt har forresten samme overraskende avslutning som Volds: Er ikke liv laga uten en kastanje i neven, det vesle sparket vi gir hverandre en gang iblant Tre mulige tolkninger av et eneste lite Vold-dikt, en intertekstuell horisont og en litteraturhistorisk diskusjon i utkanten. Slik er det. „SO IST ES“ er faktisk et dikt av Peter Bichsel som Vold oversatte og føyde inn i kykelipi. slik er det sier man et tre for eksempel er slik slik er et tre og et tre er ikke slik og alt er ikke slik slik er det Ja, hvorfor ikke - skal vi gå over til å snakke om trær hos Jan Erik Vold - et annet „weites Feld“? Kan en lyriker i vår tid, lenge etter Brechts dikt om det at å skrive om et tre betyr å tie om tidens forbrytelser, kan en problembevisst lyriker ennå skrive naturlyrikk, besynge et tre, f. eks.? Vold har alltid skrevet om havet, døden og kjærligheten, om sorgen og lykken. Furutrær, bjørketrær og kastanjetrær finnes det nok av i hele hans tekstverden. Noen av hans tre-dikt er blant de vakreste dikt han i det hele tatt har skrevet, trass i at han i kykelipi brutalt tømmer ordet kastanjeblomster til det bare er „kstnblmstr“ igjen. Han rehabiliterer kastanjeblomstene i Bok 8: LIV: 159 Sml. Ole Karlsen (red.), Jan Erik Vold og Jan Erik Vold, Oslo 2000, s. 301f. III. Jan Erik Vold 164 Er rennesteinen rennestein? Ja, i går var det slik, i dag er rennesteinen kastanjeblomster, rødt i det hvite, gult i det hvite, det var ikke slik i går! Altså ikke bare slik eller slik, men slik og slik! Et vakkert tre-dikt står som sluttvignett i mellom speil og speil: I mai er treet en sang vinden synger Om høsten står treet med stjerner i sine hender Et dikt uten Jeg, men formulert av en som ser - og hører. Enkelt og raffinert i sin parallellisme pluss variasjon i tidsangivelsen, vokalismen og rytmen: „I mai […] Om høsten“. Først er treet dematerialisert, egentlig er det bare subjekt i grammatisk forstand, det eksisterer bare som sang, sunget av vinden. Etterpå er treet så å si kommet ned på bakken, det „står“. Materialiseringen er imidlertid ikke antipoetisk, den blir kompensert av at treet nå har stjerner i sine hender, en kompensasjon også på saksnivå: istedenfor bladene det har mistet (derfor kan vinden ikke synge i det mer), har det fått stjerner. Stjernene og de antropomorfiserte grenene og kvistene er tradisjonelle lyriske ingredienser, og strengt tatt likner et tres grener ikke egentlig hender - men diktet er vakkert. Med tanke på Profil-gruppens poetikk kan man også i dette diktet konstatere en bevegelse fra den metaforiske himmelferden (som allerede Gottfried Benn bannlyste fra moderne lyrikk), en tendens fra det eteriske mot det mer konkrete, jordnære. Og de poetiske midlene er sparsomme, symbolikk er fraværende. I det allerede nevnte senere dikt om den selvfølgelige kjærligheten står det imidlertid noe om en sammenheng mellom kjærligheten og vinden: Den selvfølgelige kjærlighet har ingen ord for den elskedes smil. Er mer lik vinden slik vinden vandrer i treet. Jan Erik Vold har skrevet svært lange, prosa-nære dikt, overdådig fylte med hverdagslig stoff, anekdoter og mange slags resonnement - pølsesnakk kaller Erik Barberblad, kastanjer ... 165 Skyum-Nielsen dem, uten å mene det negativt. 160 Og han er med kanskje største delen av det lyriske forfatterskapet sitt en lakoniens mester. Da jeg skrev en diktanalyse av Tarjei Vesaas’ „Trøytt tre“ for Vinduet - Jan Erik var redaktør da - fikk jeg av Vesaas åtte upubliserte dikt for å komplettere Vesaas-innslaget i heftet. Blant dem var „Frå stogetrammen“, der skyggene som nærmer seg om kvelden oppfattes som et varsel om døden. Nest siste strofe lyder: „Dei første skuggespissane/ når fram til/ føtene våre“. Den siste lyder: „Vi ser roleg opp: / Er du alt der,/ min mørke blom.“ Da jeg viste Jan Erik dette diktet, syntes han som jeg at det var vakkert og gripende. Så la han hånda over siste strofen og sa: „Så raffinert er Vesaas aldri blitt.“ I Basar 2/ 1977 står det et dikt der Vold ikke har gjort noe annet enn å redusere Olaf Bulls „Metope“ til én setning: 161 så underlig stranden ble, da vannet falt I de gamle permene mine fant jeg 1. hovedkorrektur av spor, snø. Det Vold helt til sist hadde arbeidet med, var rekkefølgen av diktene. Bare ett enkeltdikt gjennomgikk en markant forandring, det ble utsatt for en nedskjæring i stil med den Jan Erik virtuelt praktiserte med Vesaas-diktet og faktisk gjennomførte med Bull-diktet. På korrekturarket sto det: du vet, vi jobber med stillhet der andre bruker bomber Det var jo ikke noe ekte haiku. Vold strøk hele siste linjen, forandret linjedelingen og tilføyde ordet „vi“ som siste linje. Nå var det et haiku: du vet, vi jobber med stillhet vi Åpen polemikk, sarkasme hører ikke med i et haiku. Og i et dikt som handler om stillhet kan ikke ordet bomber forekomme, hvis diktet skal være det det snakker om. Men hva med det polemiske, politiske utsagnet fra første versjon? Hva nå med begripeligheten i det hele tatt av den nye teksten? Her må leseren tiltro poeten at han mente noe med det gåtefulle lakoniske utsagnet. Og han må tiltro seg selv å investere på eget ansvar, med sin egen kreativitet, ut fra sin egen situasjon tenke seg fram til den kontrære posisjonen stillheten i diktet er satt opp mot. Teksten gir et hint med det forsterkende, insisterende og menende „vi“ som danner slutten. Betoningen av „vi“ impliserer at det finnes andre, som står for noe annet - hva jobber de med? At det er bomber kunne man kanskje, i Vietnam-krigens tider, ha kunnet komme på, men i haikuboka er det ellers lite eller ingenting som peker på det. Men både da 160 Sml. Ole Karlsen (red.), s. 27ff. 161 Sml. Andreas Lombnæs’ bidrag om Vold i NORskrift 101 (2000). III. Jan Erik Vold 166 og i dag er det for eksempel de tomme tønnene som rumler mest, avisenes skandalestoff, politikernes høyrøstede billige løfter, børsnoteringenes hysteri, den kommersialiserte kunstens reklamemakeri, eller, som Vesaas sier: „Tjatet som har sliti ut/ alle gyldige ord“ 162 man kan tenke på og heuristisk sette inn for det som på en markert måte mangler i haikuteksten. Da blir den begripelig. Siden dette haiku står eksakt i midten av boka, kan man gå ut fra at det er svært viktig. Jeg tenkte på dette da jeg leste en sur anmeldelse av Elg, der diktet „Tekst for kunstmaleren Bendik Riis, Fredrikstad“ ble hengt ut som banalt tøv. Diktet lyder: Et hus. Huset. Det er noe vi trenger. Nå vil jeg ikke påstå at jeg umiddelbart forsto denne teksten eller oppfattet den som et godt dikt. Men jeg kjenner reduksjonsteknikken hos Jan Erik Vold. Og hele forfatterskapet til Vold har en slik autoritet at jeg som en arbeidshypotese heller overskatter enn underskatter hans evne til å skrive gode, meningsfulle dikt. Det vil si at jeg enten lar diktet ligge foreløpig, eller at jeg investerer et tolkningsarbeid, intellektuell og fantasianstrengelse, prøver å finne en lesestrategi som gjør teksten meningsfull. Jeg innrømmer at jeg ikke alltid lykkes. I dette tilfellet (der jeg altså ikke har noe korrekturark som nøkkel) burde jeg sikkert først ha funnet ut hvem Bendik Riis er, hva han sto for, hvilken skjebne han eventuelt har lidt. Men allerede en tekstimmanent lesning fører da litt i retning av en mening. Diktet begynner nølende, som de to første tonene i en solo av Miles Davis - og så pause. Rytmen blir nå omsnudd fra jambe til troké. Motivet - „et hus“ - blir bokstavelig, dvs. grammatisk, mer bestemt. En ny setning begynner med et „Det“ som blir hengende i linjens slutt, så at man foreløpig leser det som demonstrativpronomen, altså enda mer bestemt. Eller omvendt: går bevegelsen fra Huset til et navnløst, substansløst „DET“? Men leser vi videre, skulle det være oppklart: Det er huset som er noe vi trenger. (Eller menes det allikevel: Det = et ord for nesten ingenting, er noe vi trenger, nei det blir for spissfindig - men det står jo der! ) Et hus er noe vi trenger, det er klart og banalt riktig. Huset, det blir mindre banalt: det er vårt hus, det huset vi føler oss trygge i, som vi identifiserer oss med (Blitzhuset, huset i Skåne der Jan Erik, hans kone og barna deres holder til om sommeren, osv.). Med den siste setningen har diktets minimale forløp musikalsk utfoldet seg og kommet i mål. Siden det står så uttrykkelig at det er noe vi trenger, er det kanskje ikke alle som har et hus, et hus som de kan kalle huset. Har kunstmaleren i Fredrikstad blitt kastet ut av huset sitt, av atelieret? Her la jeg diktet til side, lenger kom jeg ikke med det i denne omgangen, men min arbeidstese er blitt bekreftet: Bare banalt tøv er denne skriveøvelse i lakoni nok ikke. Senere har jeg bedt forfatteren om en kommentar. Det viste seg at jeg var på rett spor. Bendik Riis var sinnslidende, han ble fratatt huset sitt og kom på asyl. Vold var 162 Liv ved straumen, Oslo 1970, s. 52. Barberblad, kastanjer ... 167 på en utstilling på Kunstnernes hus: på alle bildene av Bendik Riis så man et hus, samme hus. Diktet tilkom spontant som en hilsen til kunstneren i utstillingens gjestebok, Vold mente at det skulle glede kunstneren. For å finne en avslutning i min egen tekst går jeg tilbake til Volds kjærlighetsdikt og deres lakoni og paradoksi. I BOK 8: LIV står det et dikt som like lite ved første øyekast kan identifiseres som kjærlighetsdikt som „vi jobber med stillhet“ kunne identifiseres som politisk dikt. Det er et reduksjonsdikt, der ordene han og hun, elskede, kjærlighet ikke forekommer: Det er himmel og himmel og himmel og himmel, som når du smører blåswix på skia - først et tynt lag og gnir ut, så et tynt lag og gnir ut, så et tynt lag og gnir ut, så et tynt lag og gnir ut Hva kommer denne firfoldige og stammende himmelsekstasen fra? Ikke bare av det pene været, vel. Teller og tenker man etter så finner man ut at det er to par ski mannen som ikke nevnes i diktet smører. Jeg tenker meg at det er sin kjærestes ski han smører ved siden av sine egne. Teksten som beskriver skismørning, kan leses som kjærlighetsdikt! Og til slutt - uten kommentar - et kjærlighetsdikt som også Henning Hagerup skulle kunne godta, til tross for at det opererer med oksymoron, fra En som heter Abel Ek: Er livet lett som en fjær? Veier fjæren tungt som et liv? Ja, med deg. Jeg har prøvd å forstå noen enkelte dikt av nesten 1200 dikt Vold har publisert. Målet mitt var ikke å konstruere sammenhenger innenfor og mellom diktsamlingene eller en utvikling fra debuten til den „modne“ Jan Erik Vold. Slike sammenhenger er blitt påpekt av mange, senest på Flisa-seminaret 1999, dokumentert i Ole Karlsens bok. Der finnes det mange samstemmige iakttakelser om Volds poetiske teknikker, hans holdninger som versjoner, delvis utfoldet som et forløp fra bok til bok, eller som dialektiske teser og antiteser, delvis implisitt også innenfor hver enkelt bok - III. Jan Erik Vold 168 ikke ja eller nei, mild eller bitter, glad eller sorgfull, ekspansjonseller konsentrasjonslyrikk, bruksdikt eller den rene skjære poesien, men ofte alt dette på en gang. Sammenlign det „JA“ på innbretten av kykelipi som dannes av lutter små „nei“. Og jazzkvalitetene er alltid med, og folkeopplysningen og kjærligheten og lekelysten. Men jeg mener at det er på tide nå at enkeltdikt av Jan Erik Vold blir gjenstand for såkalt diktanalyse - det finnes nok å ta av. Kanskje er det vanskelig med mange av de små diktene hans. De krever en kontekstualisering for at de skal gi mening. Men svært ofte går det også her - mot den første forventning - å interpretere dem tekstimmanent. Jeg har antydet det her, men det viste seg også at jeg hadde bruk for sideblikk til andre dikt eller behov for „realkommentarer“ såkalte heteroreferanser. Den eneste som har gjennomført en grundig monografisk diktanalyse av en Vold-tekst er Andreas Lombnæs i 1977. 163 Lombnæs kaller analysen for „leseøvinger“, og det er en kongenial innstilling overfor Volds „skriveøvelser“ (Bichsel). „Ønskediktet“, som han valgte, er et kort og tilsynelatende bare fleipende nonsensdikt - en ekstrautfordring for tolkeren. Men det finnes jo de lange, rike diktene fra Mor Godhjertas glade versjon. Ja og framover. Burde ikke den utfordringen også tas opp av oss profesjonelle lesere snart? Jeg selv kunne for eksempel ta fatt på „Brevet fra Zürich (som aldri ble skrevet)“ der jeg faktisk var med på poetens vandring. Det er også et litt merkelig kjærlighetsdikt, forresten … 163 Andreas Lombnæs, „Gnorske leseøvinger. A propos Jan Erik Volds ønskedikt i samlingen kykelipi“, i: Meddelanden från Institutionen för nordiska språk vid Stockholms universitet, 2 (1977), s. 125-144. There must be some way out of here said the joker to the thief. (Bob Dylan) 164 Jan Erik Vold ist als ein sehr oslo- und norwegenpatriotischer - und gleichzeitig als einer der am deutlichsten international und kosmopolitisch orientierten norwegischen Autoren, Essayisten und Debattanten der letzten 40 Jahre bekannt. Er ist ein ausgesprochener Lyriker, experimentiert aber an den Rändern der Gattungen, ja überschreitet die Grenzen des Textmediums in Richtung Musik, Film und Bildende Künste. Vold hat eine leicht identifizierbare persönliche Stimme (sowohl in der Schrift wie auch buchstäblich, wenn er seine Gedichte als Jazz & Poetry vorträgt). Gleichzeitig gibt es wohl keinen anderen norwegischen Lyriker, der so viele andere zitiert, so intensiv mit Intertextualität arbeitet, der so viele andere übersetzt, vorliest, in Essays introduziert, Werke anderer (z. B. von Cornelis Vreeswijk) herausgibt, Anthologien redigiert. Ich will dieses Paradox in einem Verstehensrahmen analysieren, der umrissen ist mit dem Gegensatz von Mono- und Interkultur. Die Grenzüberschreitungen, Übersetzungen, die Intertextualität ordne ich einem interkulturellen Projekt zu, wie es besonders deutlich - fast thematisch - in seinem lyrischen Reisebuch von 1979 aufscheint: Sirkel, sirkel. Boken om prins Adrians reise, in der deutschen Übersetzung von 1988: Cirkel, Cirkel. Das Buch von Prinz Adrians Reise, aus dem im Folgenden zitiert wird. 165 Als die Erstausgabe dieses Buches erschien, gab es den Begriff Interkulturalität und die zugehörige Diskussion noch nicht. Meine These lautet, dass ein solches Projekt aber seit der sog. Profil-Revolte in der jungen norwegischen Literatur der 60er vorbereitet war - nur unter anderen Namen und mit teilweise anders akzentuierten Motiven. Norwegen begann sich in „die Weltsprache der modernen Poesie“ einzuschreiben, um den Begriff von Hans Magnus Enzensberger aus dem Vorwort zu seiner Anthologie Museum der modernen Poesie von 1960 zu gebrauchen. Die Profilautoren, mit Jan Erik Vold als einem der maßgeblichen Köpfe der Bewegung, fingen in bisher noch nie dagewesenem Umfang und mit großer Intensität und Dialogizität an, bei schwedischer, dänischer, französischer, amerikanischer, deutscher, polnischer, lateinamerikanischer, japanischer und chinesischer Literatur Anregungen zu suchen, sie nachzuahmen, zu präsentieren, zu übersetzen, sie in den eigenen 164 Aus dem Song „All along the Watchtower“, auf dem Album John Wesley Harding, 1967. 165 Die Übersetzung stammt von Walter Baumgartner und Hannelore Möckel. Der Titel mit dem Wort „Cirkel“, das es im Deutschen in dieser Orthographie und mit der Bedeutung „Kreis“ gar nicht gibt, verdankt sich einer notwendig erschienenen übersetzerischen Entscheidung. Gibt es einen Unterschied zwischen Ja und Nein? Jan Erik Volds Cirkel, Cirkel. Das Buch von Prinz Adrians Reise als transkulturelles Projekt III. Jan Erik Vold 172 Texten offen und versteckt zu zitieren. Ihre Texte und ihre anderen vielfältigen literarischen Aktivitäten waren ein wichtiger Beitrag zum Übergang von der bis damals noch herrschenden norwegischen nationalistischen Monokultur zu einer global orientierten Multikultur. Die Horizonterweiterung und die Hybridisierung erfassten auch die Gattungen, die Kunstarten und die sozial konnotierte Wertungshierarchie. Man experimentierte mit Trivialliteratur, mit Text-und-Musik, bezog Film, Tanz und Bildende Künste in die Textarbeit mit ein, stürzte sich in Performances jeglicher Art. Es war jetzt nicht mehr möglich, der literarischen Debatte zu folgen und die norwegische Literatur zu verstehen, wenn man nicht wusste, wer Lester Young, John Coltrane, Alain Resnais, Federico Fellini, Peter Bichsel, William Carlos Williams, Samuel Beckett, John Cage, Schostakowitsch, René Magritte, Tu Fu und Torbjørn Egner, Alf Prøysen, Bob Dylan und Doris Day waren - man schaue nur mal ins Namenregister von Volds Essaybänden! Oder man schlage einen seiner bis heute 19 Gedichtbände auf und sehe nach, wie viele fremde Autoren, Musiker, Maler etc. dort erwähnt, zitiert (oft in der Originalsprache), paraphrasiert oder durch Anspielungen aufgerufen sind. Dieses intertextuelle Universum bildet auch einen interkulturellen Raum, in dem das Eigene und das Fremde verhandelt und vermischt werden, sich relativieren. Die norwegische Literaturgeschichte beschreibt die Profil-Revolte als einen Ausbruch aus den klaustrophobischen 50ern, als Aufbruch vom „tragischen Modernismus“ zum Postmodernismus, 166 in dessen Folge auch einige „heilige Kühe der Norwegentümelei“ geschlachtet wurden. 167 Die vielen frühen Gedichte von Jan Erik Vold, die davon handeln, den geschlossenen Raum zu verlassen, die Möglichkeiten des Offenen zu nutzen, wurden ausserdem noch zusätzlich biographisch, individualpsychologisch interpretiert. 168 Von heute aus kann man feststellen, dass es - gerade angesichts des von 1814 bis über die Okkupation Norwegens im Zweiten Weltkrieg hinaus anhaltenden nation building im Zeichen einer als autochthon verstandenen Leitkultur - um die literarische Antizipation eines einschneidenden literarisch antizipierten Paradigmenwechsels ging. Zehn bis zwanzig Jahre später erst wurde er durch die Migrationsströme politisch erzwungen und begrifflich bewusst gemacht. 169 Ein lustiges Gedicht in Jan Erik Volds berühmtem, umfangreichen Gedichtband Mor Godhjertas glade versjon. Ja von 1968 handelt von einer Begegnung des Poeten mit dem greisen Literaturprofessor Francis Bull, die beinahe stattgefunden hätte. 166 Vgl. Bruns, „Entfremdung und Antizipation“. 167 Vgl. Rottem, Norges litteraturhistorie, Bd. 7, S. 23-39; Zitat S. 26. 168 Vgl. z. B. Baumgartner, Strukturer i Jan Erik Volds lyriske produksjon, in diesem Band, S. 137-147. 169 Vgl. Knut Kjeldstadli, Norsk innvandringshistorie, Bd. 3: I globaliseringens Tid, Oslo 2003; Jørgen Magnus Sejersted, „Norsk migrasjonslitteratur“, in: NLÅ 2003, S. 80-100. Mor Godhjerta, kykelipi und das Norwegische „Cirkel, cirkel“ als transkulturelles Projekt 173 Beide wohnten im Stadtteil Briskeby. Vom Hofeingang des kleinen Holzhauses, in dem Vold in der Dachkammer wohnte, konnte er hinübersehen auf das stattliche Gründerzeit-Haus, wo im vierten Stock bei Professor Bull stets bis spät in die Nacht hinein Licht brannte. Laut Volds Gedicht sitzt Bull am Schreibtisch und schreibt „om Norges/ største menneske gjennom tidene Bjørnstjerne B“, seine Hand liegt „på toppen/ av et fire meter høyt/ manuskriptfjell.“ Ein Manuskript-Gebirge! Hier setzt eine leichte, aber deutliche Ironisierung dieses supernationalen, monokulturellen Bull’schen Projekts ein. Vold schlägt vor, dass dieses Gebirge „kanskje [var] delt i to/ hauger à 200 cm.“ Er erzählt, dass „Norges Nasjonallitteratur var nettopp/ lansert, dette kjempeverk der Francis velger stammen/ i Deres boksamling.“ Während also Vold auf der gegenüberliegenden Seite des Briskebyvei gleichzeitig daran arbeitet, aus dem „norsk-norske“, dem Supernorwegischen heraus und hinein in die „Weltsprache der modernen Poesie“ zu kommen! Eines Tages steht der Erzähler des Gedichts an der Straßenbahnhaltestelle - zusammen mit Francis Bull. Der berühmte Mann ist „groß und breit, schwarz gekleidet, der Hut/ etwas schräg aufgesetzt, mit breiter ausladender/ Krempe.“ Vold zeigt ein mildes Verständnis und eine gewisse Bewunderung trotz allem angesichts der Größe und Absurdität des Mannes und seines Projekts. 170 Das wird witzig zum Ausdruck gebracht mit einem interkulturellen Vergleich: Francis Bulls Hut, heißt es, sei eine Mischung aus Lester-Young-Hut und Cowboyhut. Das Ich des Gedichts getraut sich nicht, den großen Mann anzusprechen und entfernt sich, zugleich verlegen und provozierend chaplinesk rotierend, er bildet sich ein, dass die Augen des mystischen „schrägbehuteten“ (skråhattede) Mannes aufwachten und die rotierende Gestalt fixierten. Das Gedicht hat den Titel „Sveve, sveve - Francis og Jan Erik“. Die Wörter „schweben, schweben“ 171 machen eigentlich nur Sinn, wenn man das Gedicht als Erzählung über die Befreiung des jungen Poeten von der monomanen Beschäftigung des alten Literaturhistorikers mit dem großen, gewichtigen nationalen Erbe versteht. 172 170 Francis Bull (1887-1974) ist tatsächlich ein verdienstvoller, sehr produktiver Wissenschaftler gewesen. Eine breitere Öffentlichkeit wusste von ihm, dass er während der deutschen Besetzung Norwegens im Konzentrationslager Grini interniert war, wo er die Moral seiner Mitinsassen durch lebhafte Erzählungen aus der Geschichte der norwegischen Literatur stärkte. Noch in den letzten Jahren vor seinem Tod räumte ihm das Fernsehprogramm des staatlichen Rundfunks jeweils am Heiligen Abend eine Stunde ein, in der er ohne Manuskript von der Literatur des 17. und 18. Jahrhunderts sprach, als wäre er dabei gewesen. In der 4-bändigen Norwegischen Literaturgeschichte von Bull/ Paasche/ Winsnes handelt Bulls Band ausschließlich von Bjørnson. 171 Ein viel zitierter Text aus einem anderen „Profil-Buch“, aus Dag Solstads Svingstol, 1967, heißt „Sveve, sveve“! 172 Vgl. das Interview mit Anneken Øverland von 1980: „Vi har alle Francis Bull som litterær far“, in: Jan Erik Vold, Uten manus. Dokumentarisk 1980-2000, Oslo 2001: „Så joda, jeg har reflektert over det norske (S. 34). Han [Francis Bull] bruker litteraturen til å styrke nasjonalfølelsen. Om vi tidfester Francis Bull og hans holdning til 1914 så skjønner man bedre hvorfor den hevdvunne lesemåten i Norge er blitt så avstikkende, sett i en internasjonal sammenheng: Det var nettopp tidpunktet da den litterære modernismen slo gjennom i andre vestlige land. Vel, enhver blir voksen når visse prosesser er gjennomløpt og den tiden kommer kanskje også i Norge en gang…“ (S. 35). Vgl. auch u. a. die Interviews mit Mats Rying (S. 49) und mit Torleiv Grue/ Jón Svein- III. Jan Erik Vold 174 Meine Pointe: Was an der Profil-Revolte als Generationenablösung, literarischer Vatermord und innerästhetischer Innovationsschub aufgefasst wurde, war zugleich ein Übergang von Monozu Multikultur. 173 Schriftsteller, Wissenschaftler und Norweger ganz allgemein haben selbstverständlich auch vor der Profil-Revolte über den Gartenzaun hinaus geschaut. Doch das monokulturelle Wunschdenken ist immer noch stark und zeigt sich, neben Francis Bull, etwa auch bei Hartvig Kiran. In seiner Anthologie „Das Wunschgedicht“, erschienen in einer Auflage von 28.000 Exemplaren von 1965 bis 1971 bei „Den norske bokklubben“, gehen die meisten der Gedichte - sie waren vorher in Kirans gleichnamiger populären Radiosendung zu hören gewesen - in der gleichen Tonart wie Tor Jonssons famoses Gedicht „Norsk kjærleikssong“: „Eg er grana, mørk og stur./ Du er bjørka. Du er brur/ under fager himmel./ Båe er vi norsk natur.“ Jan Erik Volds nächster Gedichtband nach der norwegen- und oslopatriotischen, aber eben doch nicht rein monokulturellen „Mutter Gutherz“ hat den Titel kykelipi. Das Buch erschien 1969, und hier werden ordentlich heilige Kühe geschlachtet. Eine mexikanische Jokerfigur auf dem Umschlag und als Vignette lächelt vieldeutig zur Demontage des Norwegischen. Aus Norge wird Gnore, und „GNORE-KVADET“ geht so: og fluene surra og myggen den beit men like forbanna satt’n Johan og dreit Man könnte sagen, hier gebe Vold eine böse Formel für die norwegische Monokultur. Hartvig Kirans enger formaler und inhaltlicher Horizont wird von Vold parodiert in einem supernorwegisch klingenden Nonsens-Gedicht unter der Überschrift „ØNSKEDIKTET“: Det kvanser seg i Skottfjelldal og kosten står og kvorer og alle kvoiser ligger moys og vakten kroper nilsut og santefrosken lifser seg i taktens glode sendrekt og moys og kals og roys og bro bjørn Jónsson (S. 64) in Uten manus, in denen Vold das Kreisen um das Nationale und das Norwegische für altmodisch erklärt. 173 Am nächsten kommt Vold meiner Begrifflichkeit im Zusammenhang mit seinem 60/ 70er Jahre- Projekt in einer Rezension von Olav H. Hauges Spør vinden: „Verden og virkeligheten har jo i norsk poesi tradisjonelt vært begrenset til hva man har kunnet iaktta innenfor kongerikets grenser: naturen og livets evige kår som det utfoldes foran det norske folks øyne - av stoffområde til en mer politisk/ internasjonal/ verdensbevisst diktning […] er det bare den annen verdenskrig som har fått poetene til å gripe pennene, og da igjen i vrede over krigen i Norge. Verden slik jeg er ute etter her, har dukket opp i norsk poesi med tyngde først i de siste seks-syv årene.“ So geschrieben 1972 (Entusiastiske essays, Oslo 1976, S. 463). „Cirkel, cirkel“ als transkulturelles Projekt 175 har funnet den de kroster. In einem anderen Gedicht in der gleichen Abteilung lesen wir: GOD DAG! (…) Hvordan står det til? Svømmer vildanden fremdeles stille? Og dei gamle fjell i syningom er de alltid eins å sjå? Ingen master på toppen? Ingen hull i siden? Og i vatnet leikar fisken med annan fisk Og elsket er landet Som mor av sønn? Det var bra. Da kan vi gå videre. Hier werden ein paar norwegische Klassiker zitiert und hinterfragt: Ibsen, Ivar Aasen und Bjørnson. Wenn alles beim Alten ist - was es eben gerade nicht ist - , heißt es ironisch, sei ja alles gut, „dann können wir weiter gehen“. Und das ist es, was Vold dann tut! Der Gedichtband, der hier im Mittelpunkt steht, stammt von 1979, als Vold nicht mehr um einen Platz in der norwegischen Literatur kämpfen musste, als er die parodistischen Abstandnahmen von der patriotisch-pathetischen (Natur-)Lyrik (im Gedichtband kykelipi [Titel unübersetzbar], 1969) längst hinter sich hatte und nachhaltig vom Zenbuddhismus geprägt war, angefangen mit der Haikudichtung in spor snø (Spuren, Schnee), 1970. Strukturprinzip und Motive des umfangreichen Gedichtbandes Cirkel, Cirkel folgen einer Weltreise, die Vold 1978 gemacht hatte; die Reiseroute ist am Ende des Buches dokumentiert: Oslo - Stockholm - Leningrad - Moskau - Irkutsk - Khabarowsk - Nahodka - Yokohama - Tokyo - Kyoto - Osaka - Guam - Yap - Guam - Truk - Ponape - Majuro - Honolulu - San Francisco - Arizona - Chicago - Buffalo - New York - Oslo. Darunter, oft nur fragmentarisch und indirekt artikuliert, liegt eine Thematik, die um die Konfrontation und manchmal Kollision mit fremden Kulturen kreist, um Versuche, sie zu verstehen, ja sogar, sie sich anzueignen, sich mit ihnen zu identifizieren. Es sind Versuche, die - vorerst überraschend beim ersten Lesen - auffallend oft scheitern. Hineingewoben in den Reisebericht ist auch eine Liebesgeschichte, so dass die Gedichtsuite auch als „Punktroman“ 174 gelesen werden kann. Mehr oder weniger offen wird von Spannungen, von Kolusionen 175 zwischen den fiktiven Reisegefährten Prinz Adrian und 174 Zu dieser Hybridgattung vgl. Skjeldal, „Det voksne barn“; Lemhagen, „Å ena sidan“. 175 Vgl. Baumgartner/ Möckel, Jan Erik Vold. Das Buch III. Jan Erik Vold 176 Herzdame erzählt, und Herzdame kehrt nicht mit Adrian zurück nach Oslo, sie bleibt bei den Indianern in Walpi, Arizona. 176 Ich werde diesen Gedichtband, der wie immer bei Vold trotz des scheinbaren Plaudertons streng durchkomponiert ist, ausgehend von einem Frageinteresse lesen, das in ihm ein komplexes, durch und durch interkulturelles Projekt sucht. 177 Dabei ist die methodische Überlegung hilfreich, dass diese Gedichte als Elemente eines Punktromans ein narratives Ganzes bilden, von dem aus erst der Sinn eines einzelnen Gedichts bestimmt werden kann. Dazu gehört auch, dass das lyrische Er (Prinz Adrian) wie die Figur eines fiktionalen Erzähltextes behandelt wird. Seine Rede, identisch mit den Gedichten, ist kategorial geschieden von der Autorintention. Adrian braucht nicht Jan Erik Volds Sprachrohr zu sein, ja seine Gedichte können figurenperspektivisch und je nach der Stelle ihres Auftretens im narrativen Verlauf einem situationsinadäquaten Bewusstsein entsprungen sein: Der fiktive Lyriker- Protagonist kann eine Entwicklung durchmachen. Und schließlich gehört Cirkel, Cirkel in seiner Eigenschaft als Reiseschilderung einer hybriden Gattung an. Manfred Pfister sagt von ihr: Situated between fiction and factual prose, it can unsettle our belief in this conventional opposition, and as a transcultural genre mediating between cultures it can problematize culturally encoded projections of Self and the Other. 178 Vorerst aber muss mein theoretischer Rahmen verdeutlicht werden. Unter „Multikultur“ verstehe ich das kontingente Faktum, dass wir sowohl konkret als auch durch das Internet im Zeitalter der Globalisierung und durch eine wohl nie zuvor in diesen Ausmaßen erlebte Migration in einer Situation leben, die in allen Bereichen, angefangen beim Essen, 179 im Nebeneinander von Kulturelementen verschiedenster Provenienz besteht. Moderne Technologie, Reise- und Informationsmöglichkeiten wie Flugzeug, Massentourismus, Fernsehen, Internet, und die Nachbarschaft von Angehörigen der unterschiedlichsten Migrationsgruppen haben anarchisch diese Realität geschaffen. 176 Eine gute Charakteristik vor allem auch der formalen Besonderheiten von Sirkel, sirkel gibt Weibel, „Jan Erik Vold: Cirkel, Cirkel“. 177 In einem Interview mit Janneken Øverland wird Vold gefragt, ob das Buch neben einem philosophischen und einem erotischen auch ein ökopolitisches Thema habe. Vold bestätigt dies. Vielleicht ist Ökopolitik der Begriff, der damals dem, was man heute Interkulturalität nennt, am nächsten kam. Vgl. Vold, Uten manus, S. 38f. 178 Manfred Pfister, „Bruce Chatwin and the Postmodernization of the Travelogue“, S. 83. 179 Vgl. die kritische Analyse von Manuela Bojadzijev, „Fremde Töpfe. Kulinarische Vorstellungen von Multikulturalismus“, in: Mayer/ Terkessidis, Globalkolorit, S. 303-312. Kurzer Theorie-Exkurs III. Jan Erik Vold 178 Ob wir es wollen oder nicht, ob wir es begrüßen oder uns davor ängstigen: die Realität der europäischen urbanen Gesellschaften kann anders als in Kategorien der Multikulturalität gar nicht wahrgenommen und beschrieben werden. 180 Mit „Inter-“ oder „Transkulturalität“ meine ich ein reflektiertes, akzeptierendes und gestaltendes/ gestaltetes Verhältnis zur multikulturellen Realität. Hier geht es um ein ethisches, künstlerisches, wissenschaftliches und/ oder politisches Programm, um eine Utopie vielleicht. Man sieht einen Gewinn darin, sich einen doppelten oder multiplen Blick anzueignen, der das Fremde und das Eigene als interagierende Größen wahrnimmt und einen Raum öffnet für eine Kommunikation, in der das Eigene, die alte hegemoniale Monokultur, sich mit dem Fremden überlappen und vermischen darf, so dass etwas Drittes entsteht, etwas mitten zwischen („inter-“) meinem bekannten Alten; oder etwas, das in einem Transformationsprozess durch („trans-“) diese beiden Positionen hindurchgegangen ist. Es geht um eine Relativierung der Positionen, ohne dass ich mein Eigenes aufgebe oder mich naiv anmaßend mit dem Fremden identifiziere, es mir einverleibe. Die kulturellen Differenzen sollen respektiert werden, aber sie sollen nicht mehr als gegenseitig exkludierend, als höher- oder minderwertig aufgefasst werden, was alles wiederum voraussetzt, dass Kultur und Identität nicht als statische und naturgegebene Größen zu denken sind. In diesem Projekt oder Raum entwickelte sich eine interkulturelle Theorie, die „Kulturen“ (Plural! ) etwa wie folgt definiert: Kulturen sind dynamische Systeme, die relativ offen zueinander sind, sie konstituieren sich gegenseitig und sind in ständiger Veränderung. Sie sind auf Austausch und Wandlung angelegt und konstituieren sich in diesen Wandlungen wechselseitig. 181 „Kultur impliziert Differenz, doch die Differenzen sind nicht mehr, wenn man so will, taxonomisch; sie sind interaktiv und brechen sich gegenseitig.“ 182 Die Kulturen lassen sich nicht eine zur anderen addieren, das wäre bloße, repressiv tolerante oder konsumistische Multikultur, ein Gemischtwarenladen. Sie begegnen, vermischen, alterieren und rekonfigurieren sich. […] Jede Kultur ist in sich ‚multikulturell‘, nicht nur, weil es immer vorgängige Akkulturation gegeben hat und es keine einfache und reine Herkunft gibt, sondern grundlegend deshalb, weil der Gestus der Kultur selbst einer des Vermischens ist: es gibt Wettbewerb und Vergleich, es wird umgewandelt und uminterpretiert, zerlegt und neu zusammengesetzt, kombiniert und gebastelt. 183 „Monokultur“ im eigentlichen Wortsinn gibt es also überhaupt nicht. Es handelt sich hier um einen politisch und wissenschaftlich höchst obsoleten Begriff, um den Wunsch nach einer Leitkultur, die da, wo sie politisch durchgesetzt wurde, noch immer in Kulturlosigkeit und Katastrophen geführt hat. 180 Christoph Wingender, „Berlin als Paradigma einer multikulturellen Werkstatt“, in: Kessler/ Wertheimer, Multikulturalität, S. 165. 181 Vgl. Wierlacher/ Bogner, Handbuch interkulturelle Germanistik, S. 259. 182 Arjun Appadurai, zit. in Bachmann-Medick, Kultur als Text, S. 287. 183 Jean Luc Nancy, „Lob der Vermischung“, in: Lettre International 21, 1993, S. 5f. „Cirkel, cirkel“ als transkulturelles Projekt 179 In dem hier skizzierten Rahmen 184 möchte ich nun Enzensbergers eingangs zitierten metaphorischen Begriff von der Weltsprache der Poesie verstehen, als Analogie zu World Music Fusion etwa. Und auch die Funktion von Intertextualität kann so schärfer gefasst werden. Intertextualität ist ein zentrales Verfahren, um in der Werkstatt der Kunst Transkulturalität zu schaffen und zu reflektieren. Die erste Station auf der Reise von Prinz Adrian und seiner Begleiterin Herzdame ist Stockholm. Im Norden von Stockholm besuchen sie den Maler Jan Håfström. Es heißt von ihm, er sei lange auf Reisen gewesen, jetzt male er Schicht um Schicht Schwarz, als ob er nach Licht grabe, das Licht im eigenen Acker suche. Es geht also um einen Kollegen, der seine Reise - seinen Kreis - abgeschlossen hat, indem er zu sich selbst zurückgefunden hat, bzw. in der Introspektion und nicht in der Begegnung mit der Fremde seine Persönlichkeit zu konstituieren sucht. Und sie besuchen die Witwe Gunnar Ekelöfs, die ihnen erzählt, wie sie die Asche ihres Mannes in Sardes beim Artemistempel in den Fluss gestreut habe. Ein schwedischer Dichter also, der das andere Extrem repräsentiert, der nicht an seine nationalen Wurzeln und Ich- Identität gebunden sein wollte, sondern vielmehr posthum emigrierte, ja förmlich diffundierte. Was wird Adrian wählen? Oder gibt es etwas zwischen Nabelschau (alias Monokultur) und Selbstaufgabe (alias Globalisierung)? Die erste richtige Erfahrung von Fremdem machen die beiden Reisenden in Leningrad. Sie unternehmen eine Fahrt mit der Straßenbahn, um sich wie zu Hause in Oslo vorzukommen. Aber bald kommen sie zu schäbigen Stadtteilen, „über die wir/ nichts/ wissen - mit Kopfsteinpflaster, Läden, Stukkatur/ / und Fahrgästen mit Stahlzähnen/ die wir nie/ mehr/ sehen werden […].“ Man hat gerade den Tag der Oktoberrevolution gefeiert. Und sogar die Ablaufrinnen der Häuser sind anders. Aber sie lassen sich immerhin mit etwas Bekanntem vergleichen, ja mit der Natur, sie sind „[v]om Durchmesser/ eines Birkenstammes“. In Moskau beobachtet Adrian die Menschenmassen, die vorbeiströmen und sich zu Warteschlangen formieren. Er starrt in alle Augen - „Wie ein Fels im Wasserfall. Ja, wir sind/ im/ Namenlosen.“ Hier ist die kulturelle Differenz zu groß. Adrian sieht, aber er lässt sich nicht vom Strom mitreißen, bleibt außen vor, ein Fremdkörper außerhalb der Dynamik des Anderen, er verhärtet sich zu einem Stein. Und er resigniert vor dem Problem, dem Geschehen Sprache zu verleihen, ihm einen „Namen“ zu geben. 184 Da die Transkulturalitätstheorie sich mit der Theorie der Postcolonial Studies überschneidet, kann man zur weiterführenden Orientierung mit Gewinn Elisabeth Herrmanns Aufsatz lesen: „Postkolonialer Diskurs und Literatur der Migration im nordischen Kontext: Prolegomena zu einer anderen Art von ‚Reiseliteratur‘“, in: Van der Liet/ Surmatz, Postkoloniale tilgange til nordisk rejselitteratur. Zur Reiseliteratur in der postkolonialen bzw. transkulturellen und postmodernistischen Perspektive vgl. auch das Themaheft „Reiselitteratur“, NORskrift Nr. 109 (2005). Prinz Adrians Reise - Intro und das fremde Russland III. Jan Erik Vold 180 Das nächste Gedicht handelt von den Krähen über Leningrad und Moskau, und vom Spatz, der zwischen dem Gitter um einen Baum aufpickt, was dort zu finden sein mag. Erneut ist es hier die Natur als etwas Wiedererkennbares, Vertrautes, an das man sich in der Fremde halten kann. Mit einer gewissen Erleichterung denken die beiden an die Abreise mit der Transsibirischen Eisenbahn. Aber zuerst besuchen sie noch den Russischen Staatszirkus. Das Gedicht artikuliert die Beobachtung, dass man nur reagiert auf etwas, also nur das versteht, wovon man eine gewisse Vorerwartung schon hat. Alles andere kann sogar Angst auslösen. Ein Clown muss stolpern, hinfallen, sich neben den Stuhl setzen. Wenn er sich als akrobatischer Jongleur erweist, ist es nicht mehr lustig. „Erst/ nach dem Applaus, als der Clown/ / aus der Manege geht/ und über seine Schnürsenkel stolpert, trauen sich die Kinder/ wieder/ zu lachen.“ Adrian fängt an zu reflektieren, ziemlich fragmentarisch, vorläufig. Der ganze Gedichtzyklus, die ganze Reisereportage ist fragmentarisch. Pointillistisch werden Momente gegeben, Bruchstücke, Puzzleteile, Digressionen, Anekdoten, die der Leser zusammensetzen muss und über die er nachdenken soll. Immerhin: Ich, Adrian, habe/ ein/ neues/ Leben begonnen. Zu meinem, Adrians, neuen/ / Leben gehören/ neue/ Orte, neue Wörter. Und, wenn wir am Abend/ auf die Straße/ / hinaustreten, die alte/ Frage/ vor dem Hotel: Der Neumond über dem Metropol/ - wie neu ist der? Hier wird sowohl das Differente, Neue, als auch das Bekannte, das Wiedererkennbare, das Universelle oder Archetypische festgehalten. Vold spielt an auf ein Gedicht von Olav H. Hauge, in dem es ambivalent oder pessimistisch zur Differenz heißt, „ich setze große Hoffnungen auf den Neumond, aber es ist wohl der alte.“ Die Natur und die „straßenbahnblauen“ Häuser, die man tage- und nächtelang und vom Transsibirien-Express aus sieht, sind sozusagen unproblematisch, Vold und Adrian kennen sie von zu Hause, und Vold ist bekannt als Sänger der blauen Oslo-Straßenbahn und der Birken und Fichten Norwegens. So lassen sich auch in Russland einige schöne Naturgedichte formulieren. Auf der gottverlassenen „Station Zima singt Jevtuschenko Blues“. Unter diesem Titel gibt Vold hier seine Übersetzung eines Gedichts des Russen wieder. Die kulturelle Differenz wird reduziert, indem als Verstehensrahmen eine amerikanische Musik- und Textform verwendet wird, der relativ gesehen vertrautere Blues als Vermittlungsinstanz oder Mittel zur Inkorporierung „des Russischen“. Und Adrian findet sogar einen Archetypus, oder, wie es in der Interkulturalitätstheorie heißt, eine Universalie: die Trauer um eine Frau, die einen verlassen hat. Das ist es ja auch, was Adrian am Ende der Reise widerfahren wird. Nach vier Tagen und Nächten nähern sich die Reisenden dem Meer, und der Zug windet sich zwischen Bergen und Hügeln, „die chinesisch aussehen“, das heißt fremd, aber eben nicht fremder, als man sie sich vorgestellt hat - siehe die Kinder im Russischen Staatszirkus. Die letzte Verszeile lautet: „Die Fenster lassen sich öffnen.“ Das ist ein altes, sinnschweres Leitmotiv in der Lyrik von Jan Erik Vold; es gab sogar schon einmal einen „Prinzen“, der die Schachtel, in die er eingeschlossen war, ver- „Cirkel, cirkel“ als transkulturelles Projekt 181 ließ, im Schlusstext der surrealistischen Kurzprosasammlung fra rom til rom SAD & CRAZY (Von Zimmer zu Zimmer. SAD & CRAZY) von 1967. Das heißt, Adrian will und kann hinausschauen, das Neue näher erforschen, sich im Anderen erfahren. Die erste, eben besprochene Abteilung Gedichte heißt „Durch die russischen Wälder“. Die nächste ist überschrieben mit „Spuren verfolgen“. Mit dem Wald und den Spuren wird u. a. auf die (allerdings nur schwach akzentuierte) Märchenstruktur des Gedichtzyklus verwiesen, die impliziert, dass der Reiseverlauf auch einen Individuations- und Bewusstseinsprozess mit sich bringt. Cirkel, Cirkel hat allerdings nicht das für Volksmärchen obligatorische Happy End mit einem Prinzen, der die Prinzessin und das halbe Königreich bekommt. Es wird sich zeigen, ob ein gelungener Erkenntnisprozess auf einer anderen Bildebene festzumachen ist. Deutlich wird auf jeden Fall durch das ganze Buch hindurch, dass es um ein quest des Prinzen geht. 185 Unsere Reisenden sind also am Stillen Ozean angekommen. Aber bevor die Abteilung „Japan“ beginnt, finden sich unter der Rubrik „Spuren verfolgen“ vier Digressionen. Die erste handelt von Thor Heyerdahl und ist eine der vielen Anekdoten in diesem Buch, die von kleinen Helden, von volkstümlichen Idolen erzählen, von Menschen, die kühne, aber ungefährliche, nicht gerade weltbewegende Ideen haben und Dinge fertig bringen, die ihnen niemand zugetraut hätte. 186 Nur Heyerdahls Mutter glaubte an ihren Sohn: „‚Lass von/ dir hören/ wenn du drüben bist.‘ Und er kam rüber.“ Wiederum scheinbar unmotiviert ist auch das Gedicht über Harpo Marx, eine Szene aus einem Film, den Adrian 1950 gesehen hatte. Nach der Vorstellung hatten die Jungs über die Atombombe gesprochen, und dies ist natürlich die Assoziationsbrücke. Wie die Story von Thor Heyerdahl geht es um Eigenschaften von Märchenhelden, die nie aufgeben, schlau, willensstark, optimistisch und verwegen sind und ohne die, wie im Film „Eine Nacht in Casablanca“, wir verloren wären: Harpo lehnt an einer Hauswand, und als ein Polizist ihn anschnauzt, er brauche das Haus nicht zu stützen und ihn wegreißt, stürzt das Haus ein. Aber wenn Adrian bei der Ankunft in Japan sich daran erinnert, dass sie damals über die Atombombe gesprochen hatten, ist das ein Hinweis darauf, dass die Globalisierung mit Imperialismus und Krieg den Rahmen für die Multikultur darstellt, wodurch das Projekt der Transkulturalität zugleich erzwungen wird und ständig gefährdet ist. 185 Vgl. Bergan, „Når villmannen våkner“, S. 71. In diesem Aufsatz finden sich viele interessante Parallelen zwischen der Reise Helge Ingstads 1926 zu den Indianern in Nordkanada und Adrians Reise! 186 Vgl. Thomas Wägenbaur in Kessler/ Wertheimer, Multikulturalität, S. 139: „Die große Erzählung und ihre Funktoren (Helden) sind passé […]. Es gibt aber noch die Mikronarrative der lokalen Lesarten“, als eine Gegenkraft, denn „auf der politischen Bühne herrschen durchaus noch die ‚großen Erzählungen‘ und seien es die des ‚weißen Mannes‘, des ‚Pluralismus‘ oder des ‚Mehrwerts‘.“ Thor Heyerdahl, Harpo Marx, Buster Keaton, Mojo, Uisakavsak … III. Jan Erik Vold 182 Die lose, oder besser gesagt offene, assoziative Komposition dieses Gedichtbandes, die sich oft bis hinein in die einzelnen Gedichte erstreckt, gibt dem Autor die Möglichkeit, zwischen heterogenen, positiven und negativen, gegenwärtigen und historischen Erfahrungen und - vergleichend - zwischen verschiedenen Orten und Kulturen zu pendeln. Adrian (und die Leser) müssen die Erfahrungsfragmente und die neuen und fremden Impulse mit alten Spuren (eigenen Spuren und Spuren anderer) verknüpfen, ohne rabiat und vorschnell ein System konstruieren und alles in einen Rahmen pressen zu können. Hier geht nicht alles auf in Ja und Nein bzw. Entweder-Oder. Und erst jetzt kommen wir nach Japan, zu der Abteilung mit dieser Überschrift. Auf die Begegnung mit Japan und mit japanischer Kultur sind der Autor und sein Protagonist besser vorbereitet als auf die Begegnung mit Russland. Vold hat selbst Haikus geschrieben. Und er weiß viel über den Zenbuddhismus. 187 Die Frage wird sein, ob er einem Phantom anhängt, das Allen Watts bei den Beat Poeten „Beat-Zen“ oder „Square-Zen“ genannt hat. 188 Das erste Gedicht in der Abteilung „Japan“, mit dem Titel „Der Springbrunnen“, ist, soweit ich es zu beurteilen vermag, kongenialer Zenbuddhismus, und es ist nicht etwa als Übersetzung ausgewiesen. Vold/ Adrian demonstrieren hier, dass sie fast selbst Japaner sind: - und das Wasser fallend und fallend, fallend und fallend, ich hatte einen Namen, aber - 187 Vgl. Ellen Johns, „Bak alle ansikt er intet ansikt“. 188 Vgl. Hannelore Möckel, „Jan Erik Vold. Schellen des Nichts“, S. 20. Das Japanische III. Jan Erik Vold 184 Im darauf folgenden Gedicht: „in diesem Land, wo/ kaum ein Zeichen/ / ist wie zu Hause“, erfährt Adrian dann doch Fremdheit, und er bewältigt sie auf eine handfeste Weise, die auch zenbuddhistisch ist. Adrian hebt einen Nagel von der Straße auf und wendet ein Koan an, wenn er sich selbst auffordert: „Schlag ihn/ in die Wand! “ Man vergleiche das Koan, in dem der Zen-Meister auf die Frage des Schülers, was sein Ich sei, antwortet: „Iss deine Grütze auf! “ Einer der interessantesten Texte für meine Perspektive ist das Gedicht mit dem Titel „Kabuki“: Der Hengst brennt. Der Hof brennt. Der Held wütet. Der Held sinkt auf die Knie und wütet. Gegen den Verrat. Gegen das Schicksal. Gegen die Welt. Es klingt wie Coltrane im Village Vanguard mindestens. So rasend glaube ich, könntest du auch werden, sagt Herzdame - wenn du wolltest. Kabuki ist eine andere Tradition als der Zenbuddhismus mit seinem leisen, lakonischen Quietismus und seiner Verneinung der Gegensätze. Im Kabukitheater gibt es Dramatik und Pathos und eine Brutalität, mit der wir von unserer Kultur her nicht vertraut sind. Japanische Kultur ist also nicht ohne interne Differenzen! Adrian braucht wiederum die amerikanische Musik als Vermittlungsinstanz und Verstehensrahmen, er generalisiert, er holt das Fremde hinein in den eigenen bzw. den ihm vertrauteren Horizont, wenn er die Kabukivorstellung vergleicht mit dem Tenorsaxophonisten John Coltrane in einem berühmten Live-Mitschnitt aus dem New Yorker Jazzclub Village Vanguard von 1961. Die Aufnahme dokumentiert eine für ihre Zeit noch nie gehörte Frenesie in der Soloimprovisation und im Zusammenspiel mit dem Drummer Elvin Jones, dem Pianisten McCoy Tyner und dem Bassisten Reggie Workman. Die Reaktion der Herzdame dagegen ist „typisch weiblich“. Sie projiziert das Theatererlebnis auf ihre Beziehung zu ihrem „zenbuddhistisch“ geduldigen und milden Mann, wenn sie meint, genauso hätte er Grund dazu, wütend auf sie zu sein, wenn er bloß wollte. Herzdame erlebt Adrian als konfliktscheu. Man ahnt einen Kulturkonflikt und einen Konflikt bei unserem Paar, der nicht bearbeitet werden kann, weil Adrian Zenbuddhist spielt.Das Gedicht veranschaulicht das Problem, dass europäisch, westlich sozialisierte Menschen sich nicht ohne weiteres aus dem Zusammenhang gerissene Stücke aus einer fremden Kultur einverleiben, sie aus ihrem ursprünglichen Zusammenhang entfernen und sie in eine soziale Kommunikation hereinholen können, die nach einem anderen Regelsystem funkti- „Cirkel, cirkel“ als transkulturelles Projekt 185 oniert. 189 Es mag auch sein, dass Herzdame als Frau und als weiblicher Künstler andere Probleme hat als zu versuchen, sich ein willenloses zenbuddhistisches Nichts anzueignen. Dass sie Künstlerin ist, aber auch, dass ihr Künstlertum durch die Reise mit Adrian gefährdet ist, weiß der Leser, weil sie im Transsibirien-Express ihr Malkästchen vergessen hat! In dem Interview, das Janneken Øverland mit Vold führte, sagt Vold denn auch, Herzdame fungiere als formidabler Bremsapparat auf die Art und Weise, auf die der Prinz die Welt erfährt. Ihre Stimme liege die ganze Zeit unter dem Text des Mannes, schon fast als aktiver Widerstand. 190 Adrian fährt nun unverdrossen fort, sich „japanisch“ zur Welt zu verhalten. Er schreibt schöne japanische Gedichte - bis sich plötzlich in einer der typischen Digressionen die Erinnerung an ein Foto mit einem rot uniformierten dänischen Briefträger dazwischen schiebt. Das beinhaltet auch die Erinnerung an seinen Vater, der dieses Bild - „ein Druck/ bereits verblasst“ - liebte. Hier müssen viele Glieder im Erkenntnisprozess, den die Reise in Adrian auslöst, weggefallen oder verdrängt worden sein. Ich gehe davon aus, dass alles, was in diesem Buch aufgegriffen wird, wie der Kontext, in dem dies geschieht, der Stellenwert im Ganzen, relevant ist. Hier geht es vielleicht um idiotische, vollständig arbiträre nationale Symbole und Identitätsmarkeure wie die roten Jacken der Postboten in Dänemark. Vielleicht auch um Tiefenpsychologie, um eine angedeutete Revolte gegen den Vater 191 und seinen scheinbar doch noch nicht ganz überwundenen („verblassten“) „Druck“, d. h. das internalisierte westeuropäische und jüdisch-christliche Gesetz des Vaters, die protestantische Ethik und die supernorwegische Monokultur, zu deren Überwindung das „Japanische“ von Adrian instrumentalisiert wird. Wie aus Trotz folgen auf das Postboten-Gedicht drei authentische chinesische bzw. japanische Gedichte in der Übersetzung von Jan Erik Vold - und weitere eigene „japanische“ Dichtungen von Adrian/ Vold. Die Japan-Abteilung ist lang. Adrian fühlt sich fast zu Hause in Japan, er möchte sich jedenfalls nicht von diesem Glauben trennen. 192 Wenn der Leser glaubt, das Kapitel sei abgeschlossen, kommt noch eine kleine Abteilung mit der Überschrift „Zero“, ein Nachtrag zu Japan sozusagen. Hier wird endlich eine Distanz etabliert, die kulturelle Differenz wird markiert. Eines der vier Gedichte handelt davon, wie unsere Erwartungen, das, was wir über die fremde Kultur zu wissen glaubten, unversehens enttäuscht werden können. Das wird mit einer Anekdote über einen jesui- 189 Zur Identifikation von Touristen mit einem selbst erfundenen anderen, vgl. Terkessidis in: Mayer/ Terkessidis, Globalkolorit, S. 77ff. In diesem Zusammenhang könnte man Spekulationen nachgehen, warum Herzdame bei den Indianern bleibt, was das für sie bedeutet und wohin das führt, während Adrian ja doch wieder nach Hause gelangt! 190 Vgl. Vold, Uten manus, S. 38f. 191 Vgl. zum traumatischen Verhältnis von Herzdame zu ihrem Vater das Gedicht „Hotel Howard, neunter Stock“ in der amerikanischen Abteilung von Cirkel, Cirkel. 192 Vgl. Vold im Gespräch mit Noel Cobb, wo es darum geht, ob es möglich sei, ein „Schreibtisch- Buddhist“ oder ein grönländischer Buddhist zu sein („Kan en Eskimo være buddhist? “, in: Vold, Poetisk praksis 1975-1990, S. 295-310). III. Jan Erik Vold 186 tischen Missionar vermittelt, der 1549 ein Zen-Kloster in Kagasjima besuchte. Er fragte den Abt, was die Mönche tun, die da streng konzentriert in Lotusstellung am Boden sitzen. Zur Überraschung des Europäers antwortete der Abt lächelnd: „‚Einige rechnen aus, wie viel Almosen/ / sie in letzter Zeit bekommen haben, andere/ grübeln darüber nach, wie sie sich bessere Kleider/ verschaffen könnten.‘“ Dieses Gedicht ist von Kjell Heggelund auf eine Weise kommentiert worden, die direkt in mein Raisonnement passt. Heggelund bezeichnet das ganze Buch als „Bildungswerk“, verkleidet als Reisebuch. Der Bildungsprozess nehme Form an im Spannungsfeld zwischen Texten aus unterschiedlichen Kulturkreisen, Texten, die alle auf eine Überwindung falscher Bilder abzielen. Anekdoten über die erste Begegnung von Menschen mit der „Geschichte“, bzw. mit den Weißen, werden den Touristen-Erfahrungen von Adrian und Herzdame gegenübergestellt. Es geht u.a. um unsere Vorstellung von den östlichen Kulturen als etwas den unseren diametral Entgegengesetztes. Adrian sei, als „Leserfigur“, die Vold in seinen Text eingeschrieben habe, geprägt von einem ‚romantischen‘ Verhältnis zu allem Östlichen. Im Endeffekt durchstoße Vold die ideologischen Verschleierungen und konfrontiere uns mit unserem eigenen Spiegelbild, da wo wir uns gerne als ‚andere‘ gesehen hätten. Aber andere seien nun einmal andere, konstatiert Heggelund, der offensichtlich von Edward Saids Orientalismus-Begriff aus argumentiert. 193 Gutgemeinte oder naive Bewältigungsversuche der Multikulturalität verfallen leicht in den Fehler, die Differenz zu verwischen, entweder in einer imperialistisch manipulativen Harmonisierung oder in einem essentialistischen Universalismus. Auf der anderen Seite finden sich ebenso falsche fasziniert exotistische Dichotomien und Polarisierungen, deren Abwertungen wie Idealisierungen des Anderen sich einem verdeckten Ethno- und Eurozentrismus verdanken. Es ist das Verdienst von Jan Erik Volds Lyrik in Cirkel, Cirkel, dass der Protagonist auf einen Bildungsweg geschickt wird - mit dem deutlichen Risiko, enttäuscht zu werden. 194 Im Interview mit Janneken Øverland sagt Vold, Adrian komme mit einem leeren Kopf nach Hause zurück - aber deshalb nicht notwendigerweise dümmer! 195 Noch stärker wird die Differenz markiert in dem Gedicht über den Schriftsteller Mishima, der nach allen Regeln der „Kunst“ ein formvollendetes Harakiri begangen hatte. Die letzten Zeilen lauten: „So rollt Vieles/ in Nichts aus.“ Das Wort Nichts ist ein Schlüsselwort in Cirkel, Cirkel. Als Bezeichnung einer als positiv erlebten Indifferenz, Resultat von Meditation, das Satori des Zen, ist es ein Faszinosum, ein Gegenstand der quest. Doch hier nun zeigt es sich, dass es keineswegs nur positiv besetzt ist. Jan Erik Vold, der also - man muss sich dessen immer wieder vergewissern - nicht ganz identisch ist mit dem fiktiven Adrian, obwohl er viele biographische Er- 193 Vgl. Heggelund, Øst er vest og vest er øst, S. 233 und 236. 194 Von Martin Heidegger ist überliefert, dass er während einer Kreuzfahrt im Mittelmeer lieber an Bord blieb, als sich sein Griechenlandbild nehmen zu lassen. Das andere Extrem bilden die Griechenlandtouristen, die sich dort wie Griechen gebärden. Vgl. Mark Terkessidis, „Das Land der Griechen mit dem Körper besuchen“, in: Mayer/ Terkessidis, Globalkolorit, S. 65ff. 195 Vgl. Vold, Uten manus, S. 42. „Cirkel, cirkel“ als transkulturelles Projekt 187 fahrungen mit diesem teilt, hat seinen Text poetisch so angelegt, dass er dem Leser Anlass zur Reflexion über Möglichkeiten, Irrwege und Grenzen der Interkulturalität wird. Der weitere Textverlauf verdeutlicht dies. Es ist nicht möglich, in einem Aufsatz Cirkel, Cirkel so ausführlich zu kommentieren, wie ich es bis jetzt getan habe; im Original umfasst der Gedichtband 307 Seiten. Wichtig für meine Lesart, die nach einem Erzählgefälle sucht, ist es jedoch, aufzuzeigen, dass Adrian im Folgenden Gefahr läuft, sich selbst zu verlieren, wenn er nach „einem echten Stück Nichts“ sucht, und der „Vogel von Kapingamarangi“ ihn lehren will, dass es keinen Unterschied gebe zwischen Ja und Nein. Der Vogel lockt Adrian mit dem Versprechen, „that is/ when your heartache/ comes to an end“! Bezeichnenderweise erlebt Adrian dies in der Südsee, der banalsten exotischen Illusion von uns Touristen - Hula hula „Trauminseln“(! ) -, ein Raum, in dem schon Gaugin der Subjektverlust drohte, und der als Ort der Regression in vielen kitschigen Schlagern, unterstützt von pseudoethnischen Hawaiigitarrenklängen, besungen wird. Das Wagnis Transkulturalität ist aber ein echtes Risiko, es kann in existentielle Krisen münden, 196 das wissen und fürchten die, die ihm mit dem Ruf nach einer Leitkultur begegnen möchten. In Cirkel, Cirkel sieht das so aus, wenn der Vogel Adrian den „Nada-Gesang“ vorsingt: „Die Sonnenmühle mahlte, der Sand/ / glühte, der Prinz/ wusste nicht/ wo er war. Der Prinz/ brach in Lachen aus.“ Delirium, Schizophrenie preist nur als Utopie, wer davon nicht wahnsinnig wird, hat jemand im Zusammenhang mit der Diskussion über Berührungspunkte und Unterschiede zwischen Postmodernismus und Transkulturalität gesagt - witzig, an die Adresse von Deleuze und Guattari. 197 Der Sinn des Geschehensverlaufs in Volds Gedichtbuch dürfte der sein, dass zwar die rigide binäre Logik, die taxonomische Denkweise, die oft dem Westen zugeschrieben wird, überwunden werden soll, aber Unterschiede gibt es trotz allem. Ein Essay von Chang Tung-Sun, der 1971 in Vinduet stand und chinesisches und westliches Denken einander gegenüberstellt, propagiert eine „korrelative Logik“. Vielleicht läge hier die Lösung, und im Projekt der Interkulturalität und mit den Erfahrungen Adrians zeichnete sich eine Art kontrollierter kultureller Hybridität 198 als Utopie ab. 196 Vgl. Wierlacher/ Bogner, Handbuch interkulturelle Germanistik, S. 261: „[Mit dem Polylog der Interkulturalität] bricht jedoch nicht die große Harmonie aus; denn alle Interkulturalität bleibt wie jede Fremderfahrung eine Zumutung, eine Irritation und eine Herausforderung, mit der wir uns ähnlich wie der Künstler im Allgemeinen oder der Orchesterspieler aufs Spiel setzen […].“ 197 Vgl. Thomas Wägenbaur, „Postmoderne und Transkulturalität. Der feine Unterschied“, in: Kessler/ Wertheimer, Multikulturalität, S. 134. 198 Zum Begriff der kulturellen Hybridität, der von Homi Bhabha lanciert wurde, vgl. u. a. Wierlacher/ Bogner, Handbuch interkulturelle Germanistik, S. 261; weiter Mayer/ Terkessidis, S. 10f.: „Aus vielen Gründen verbietet sich der affirmative Gebrauch des Begriffs ‚Hybridität‘. […] Ob Hybridität befreiend oder aufs neue einengend wirkt, ist von Fall zu Fall zu prüfen.“ Krise auf den Südseeinseln III. Jan Erik Vold 188 In diesem Reiseabschnitt wird Adrian nun auch zunehmend bewusst, dass globaler Tourismus und Multikultur in einem Kontext von Imperialismus und schiefen Machtverhältnissen und ungerechter Wohlstandsverteilung vor sich gehen. Er liest auf einer Mauer auf Hawaii: JOIN THE ARMY, SEE NEW PLACES, EAT NEW FOOD, MEET NEW PEOPLE AND KILL THEM! Bis jetzt ging es hauptsächlich um Adrians Begegnung mit dem „Japanischen“, dem Zenbuddhismus, mit einer Kultur, über die der Autor Vold viel weiß, die er sich zu einem gewissen Grad einverleibt hat und die sein Schreiben und Denken bis heute prägt. Wenn Vold jetzt Adrian und Herzdame auf ihrer Weltreise endlich in den USA ankommen lässt, suchen sie den Kontakt zu einer ganz anderen Kultur, mit der Vold als Jazzkritiker und Jazz & Poetry-Artist ebenso gut vertraut sein dürfte - die Musik der Schwarzen in Amerika, der Jazz. Hier bestätigt sich meine dialektische und problematisierende Narrationslektüre. In Chicago wollen unsere beiden Touristen mit einem Bus eine Kultstätte in The South, dem Slum Chicagos, „Geburtsstätte des City Blues“, aufsuchen. Es heißt: „wir […] dachten, wir hätten/ / da was/ zu suchen“! Sie werden jedoch aus dem Bus hinausgeekelt, in dem sie die einzigen Weißen sind: „sofort/ fing eine verbrauchte Frau mittleren Alters/ an/ / los/ zuschreien: ‚Charlie get/ off. Charlie/ get off! ‘“ Der naive Versuch, die Frau zu beruhigen mit der Erklärung, man käme aus Norwegen, scheitert kläglich. Das Gedicht, das sich anschließt, ist wieder eine Anekdote. Sie handelt komplementär davon, wie der junge Lester Young, ergriffen vom Gottesdienst, nach vorne zum Altar gehen will und gestoppt wird vom Schild „NUR FÜR WEISSE“. In Buffalo wollen Adrian und Herzdame den Vibraphonisten Milt Jackson hören. Aber er spielt im vornehmsten Hotel der Stadt, viel zu teuer für unsere Reisenden. D. h. hier ist, was Adrian als Gegenkultur auffasst, zur Elitekultur geworden, 199 und einmal mehr vertun sich die beiden und missverstehen die sozialen Kontextualisierungen und Kodierungen der fremden Kulturäußerungen, wo sie geglaubt hatten, es sei ein Heimspiel für sie … 199 Milt Jackson war Mitglied des Modern Jazz Quartet, das im Frack auftrat und bei den Tagen für neue Musik in Donaueschingen gastierte! USA - Jazz - der Ring schließt sich? III. Jan Erik Vold 190 In dem langen Gedicht „Ohne Worte, Fire Island“ fängt Adrian an, seine Erfahrungen zu bilanzieren. Wieder, wie damals, als der Vogel von Kapingamarangi ihn aufsuchte, hält er sich an einem Strand auf. Aber diesmal geht es um etwas Entgegengesetztes: um nüchterne Besinnung und um eine Relativierung des groß angelegten „Cirkel“-Projekts. Es scheint ein anderes Projekt auf: „AN DEN START GEHEN! mit dem/ was wir haben, um das Leben auf der Erde/ zu leben, unmöglich/ / und notwendig.“ 200 Die Suche nach „der echten Ware“ war nur ein Vorwand, um sich einmalig zu fühlen, findet Adrian jetzt heraus. In der Ambivalenz zwischen dem milden Lester Young - ansonsten Volds Favorit unter den Jazzern - und dem wütenden John Coltrane, zwischen der Schwäche für das Leben des Wasserverkäufers („Stell dir vor! Ein/ Leben/ / ganz/ ohne Fortschritt.“) und der Bewunderung für Leute wie Thor Heyerdahl und andere Helden schlägt das Pendel aus zugunsten der Helden, der lokal aktiven Lebenskünstler, der Akrobaten, Komiker und Stuntmen, von denen so viele Anekdoten in diesem Buch erzählen. Und wieder kommt ein Vogel, aber es ist nicht der Verführer ins Unterschiedslose, wie der von Kapingamarangi. Der Vogel auf Fire Island spricht überhaupt nicht mit ihm, und Adrian sagt sich: „Es gab/ / also Vögel hier draußen? - das hatte er vergessen. Er/ sah sich um.“ Wieder das Aha-Erlebnis des anderen Prinzen am Schluss von Von Zimmer zu Zimmer. SAD & CRAZY! Wenn es Vögel draußen gibt, dann war der sprechende Vogel von Kapingamarangi vielleicht in ihm, eine Einbildung, eine Halluzination? Das „Japanische“, das Kontemplative wird jedoch nicht gänzlich verworfen, es ist jetzt nur besser reflektiert. Die letzten Worte dieses wichtigen Gedichts lauten: „Adrian ging hinunter ans Wasser. Hob/ vier/ rundgeschliffene Steine auf.“ Hier schließt sich ein Kreis von damals, als er in Tokyo einen Nagel „mit einer von vier Seiten geschliffenen Spitze“ aufhob (Kursivierungen von mir). Die beiden letzten Gedichte - Adrian ist jetzt wieder zu Hause in Oslo - sind dann ganz zenbuddhistisch. Oder gibt es da ein neues politisch-historisches Bewusstsein, das den Unterschied zwischen Ja und Nein, zwischen Gut und Schlecht, Vorher und Nachher voraussetzt, in dem Satz: „die letzte/ Kiefer/ / von dem, was/ einmal/ der/ Uranienborgwald war“? Nachdem der Reisebericht sein Ende gefunden hat, folgt ein äußerst merkwürdiger Nachtrag, eine Abteilung mit der Überschrift „Cirkel 2“. Die Überschrift muss bedeuten, dass alles, was vorausgegangen ist, der Cirkel 1 gewesen war. Vielleicht steht der Kreis 2 als pars pro toto für den ganzen ersten Kreis? Das Gedicht beschreibt die berühmte Bilderfolge von Shubun, mit einem Ochsenhirten, der seinen Ochsen verliert, ihn sucht und findet und dann Flöte spielend auf seinem Rücken nach 200 Im Gedicht „Funny“ aus Mor Godhjertas glade versjon. Ja entschuldigt sich ein „Jan Erik Vold“ bei seinen Brüdern, dass er auf Kosten der anderen Millionen Samenzellen eine Eizelle befruchtet hat und zur Welt kam - „ICH MUSS VERSUCHEN, ES SO GUT ZU MACHEN, WIE ICH KANN.“ Der rätselhafte Epilog - Fiasko oder Erkenntnisgewinn? „Cirkel, cirkel“ als transkulturelles Projekt 191 Hause reitet. Dann ist „[d]er Ochse/ vergessen. Die Jagd auf den Ochsen/ vergessen.“ Das zweitletzte Bild der Serie, die hier beschrieben wird, zeigt nichts (oder vielleicht den Vollmond in close up). Im letzten bricht der Ochsenhirte, nachdem er „die Quellen“ aufgesucht hatte, erneut in die Welt auf. Jan Erik Vold hat diese Bilderserie zur Illustration seines Gedichtbandes Bok 8: LIV (1973) verwendet. Das Epilog- oder Nachtragsgedicht erzählt nun weiter, dass Adrian in Kyoto sich auf die Suche machte nach dem Shokokuji-Tempel, wo sich die Originale befinden sollten - wiederum eine Kultstätte und die Suche nach der „echten Ware“ - und wiederum eine - letzte - Enttäuschung! Interessant ist, dass man in Volds Text an der entscheidenden Stelle grammatisch den Ochsenhirten und Adrian nicht auseinander halten kann: Vielleicht ist der Hirte = Adrian anders als Wu Tao Tse, der in sein eigenes Bild hineingegangen und verschwunden ist, aus den Bildern hinausgetreten und sucht sein verlorenes Original? […] Der Ochse vergessen. Die Jagd auf den Ochsen vergessen, „Na und, Adrian? Na und? “ Dann suchte er die Quellen auf. Und zog in die Welt hinaus. Als er nach Kyoto kam machte er sich auf die Suche nach Shubuns Ochsenhüter-Bildern. Aber sie waren aus dem Shokokuji-Tempel verschwunden. Dort herrschte Verfall. Nur eine Tür, die sich im Wind bewegte. Der Abt sagte dass er von diesen Bildern nichts wisse. So provokant antiklimatisch, offen schließt Cirkel, Cirkel. Das Buch von Prinz Adrians Reise. Ist die berühmte Bilderserie nur eine westliche Konstruktion des Östlichen, hat es sie überhaupt je als Original gegeben? Ein japanischer Student, der zu einem Vortrag von mir über das Thema „Japanisches in der norwegischen Lyrik - Jan Erik Vold“ gekommen war, hatte noch nie etwas von Shubun gehört, und die Zeichnungen kamen ihm typisch chinesisch, nicht japanisch vor! War es eine Illusion oder eine Dummheit von Adrian, in Japan, auf den Südseeinseln und in den USA nach der „echten Ware“ zu suchen? Janneken Øverland, im Interview von 1980, setzt Vold mit dieser Frage unter starken Druck: „Für jemand, der nicht mit der buddhistischen Philosophie vertraut ist, kann es leicht so aussehen, dass dieses Nichts auf das ganze großartige Projekt, auf die ganze Reise zurückschlägt.“ 201 Vold räumt ein, dass Adrian ein Antiheld ist, aber er fragt auch, ob es denn so negativ sei, dass es also keine Garantie gebe für die ‚roadmap of the soul‘, dass jeder selbst der Garant für 201 Vold, Uten manus, S. 42. III. Jan Erik Vold 192 seine Ideen sein müsse. Vold sagt auch, dass Cirkel, Cirkel eine neue Perspektivierung eines Stoffes sei, mit dem er sich schon früher beschäftigt habe, ohne dass er sich so tief darauf eingelassen hätte. Es gehe um „en mere ‚tvisynt‘ måte å utforske tingene på“ - eine doppelte Optik also (wie es in der Interdiskurstheorie heißt 202 ), um die Dinge zu erforschen. 203 Und es geht tatsächlich, wie ich glaube gezeigt zu haben, um die Entdeckung des transkulturellen Raums und einer hybriden Transkulturalität mithilfe eines postmodernen Textes. 204 Zusammenfassend kann man sagen, dass Jan Erik Volds Autorintention 1979 und die Rezeption von Sirkel, sirkel. Boken om prins Adrians reise in der Literaturkritik und in der Literaturgeschichte nichts mit der Diskussion um Multikultur und Transkulturalität zu tun hatten - diese Diskussion setzte erst später ein. Bei dem hohen Unbestimmtheitsgrad dieses „Punktromans“, bei der Reisestruktur (engl. „travelogue“! ) und der stark markierten Intertextualität ergibt es jedoch Sinn, wenn man darin ein transkulturelles Projekt sieht. Es zeigt sich dann, dass Vold, bewusst oder nicht, mit Bildern und Anekdoten, mittels Geschichte und Geschichten, und vielleicht sogar via ‚fruchtbare Missverständnisse‘ 205 dem Leser Anlass gibt, zentrale Einsichten und Postulate des Interkulturalitätsdiskurses zu reflektieren und bei Vold vorweggenommen zu sehen. 202 Vgl. etwa Wierlacher/ Bogner, Handbuch interkulturelle Germanistik, S. 259f.: „Der Ausdruck Interkulturalität bezeichnet […] den Zustand und Prozess der Überwindung des Ethnozentrismus durch wechselseitige ‚Abhebung‘ (Scheiffele 1985), die eine kulturelle Brückenstellung oder eine ‚doppelte Optik‘ schafft, Andere und Fremde ebenso wie Alternativen nicht nur stärker als bislang mitzudenken, sondern bis zu einem gewissen Grad auch mit anderen Augen wahrnehmen lässt, so dass ein Miteinander-Begreifen überhaupt erst denkbar und die Voraussetzung für einen Dialog geschaffen wird, bei dem niemand von vornherein das letzte Wort hat.“ 203 Vold, Uten manus, S. 42. 204 Vgl. jedoch den kritischen Vergleich der beiden Positionen Postmodernismus und Transkulturalität bei Wägenbaur in: Kessler/ Wertheimer, Multikulturalität, S. 129-146. 205 Vgl. Bachmann-Medick, Kultur als Text, S. 273: „Gefordert ist […] ein Bereich des Oszillierens zwischen den Kulturen. Hier ist jenseits der Vorstellungen von multikulturellen Synthesen, ja ‚Symphonien‘ von Kulturen, eher die Produktivität von atonalen Ensemblen, von Grenzerfahrungen, Widersprüchen, Hindernissen und Konflikten zwischen den Kulturen aufzuspüren. Ein derartig gebrochener Internationalismus stellt freilich jeglichen vorschnellen Vermittlungsversuchen Fallen. Jede Übersetzung, jede weltliterarische Horizonterweiterung hat mit kulturellem Mißverstehen zu rechnen, dessen Fruchtbarkeit im folgenden in den Vordergrund gerückt werden soll: Kulturelles Mißverstehen kann die Standortgebundenheit und damit die Kritisierbarkeit und Kritikfähigkeit kultureller ‚Positionen‘ ans Licht bringen, und zwar auf der Ebene der interkulturellen Hermeneutik […]. Grundlage solcher Texte ist […] die Verarbeitung von wirklich erfahrener Alterität und selbst durchlebten Kulturkonflikten […].“ III. Jan Erik Vold 194 Jan Erik Vold realisiert eine äußerst notwendige „Weltsprache der Poesie“. Es ist eine künstlerisch-kulturelle Gegenartikulation gegen die nur allzu gut funktionierende globalisierte Sprache des Militärs, der Technologie und der Ökonomie. 206 Volds Buch etabliert einen kontrastiven narrativen Spannungsbogen zwischen einer kosmopolitischen Haltung, multikulturellen Erfahrungen und Problemen des Konstruktions- und Reflexionsprozesses von Interkulturalität. 207 Bachmann-Medick, Doris (Hg.), Kultur als Text. Die anthropologische Wende in der Literaturwissenschaft, Frankfurt a. M. 1996. Baumgartner, Walter, „Strukturer i Jan Erik Volds lyriske produksjon“, in: Vinduet 2 (1969), S. 16-24. Baumgartner, Walter und Hannelore Möckel, „Jan Erik Vold“, in: Akzente 1986, S. 452-463. Bergan, Alexander, „Når villmannen våkner“ [Helge Ingstad], in: NORskrift Nr. 109 (2005), S. 57-76. Bruns, Alken, „Entfremdung und Antizipation in Jan Erik Volds Lyrik“, in: skandinavistik 2 (1973), S. 125-139. Heggelund, Kjell, „Øst er vest og vest er øst“, in: Sigurd Helseth (red.), Dikt og kritikk. En undersøkelse av 17 norske dikt fra 1975-1979, Oslo 1981, S. 230-236. Johns, Ellen, „‚Bak alle ansikt er intet ansikt‘. Jan Erik Vold og zenbuddhismen“, in: NLÅ 1976, S. 128-141. Kessler, Michael und Jürgen Wertheimer (Hg.), Multikulturalität, Tübingen 1995. Kjeldstadli, Knut (red.), Norsk innvandringshistorie, Bd. 3: „I globaliseringens tid 1940- 2000“, Oslo 2003. Lemhagen, Ingmar, „Å ena sidan, å andra sidan. Punktromanen och kortprosans förvandlingar“, in: Vinduet 3 (1999), S. 14-21. van der Liet, Henk und Astrid Surmatz (red.), Postkoloniale tilgange til nordisk rejselitteratur, Amsterdam 2004 (= Tijdstrift voor Skandinavistiek 2/ 2004). Mayer, Ruth und Mark Terkessidis (Hg.), Globalkolorit. Multikulturalismus und Populärkultur, St. Andrä/ Wördern 1998. Möckel, Hannelore, „Jan Erik Vold. Schellen des Nichts. Zen-Buddhismus versus politisches Engagement in der Lyrik“, in: Nordis 4 (1981), S. 15-20. Pfister, Manfred, „Bruce Chatwin and the Postmodernization of the Travelogue“, in: LIT Literature Interpretation Theory 1996, s. 253-267. Rottem, Øystein, Norges litteraturhistorie, red. Edvard Beyer, Bd. 7, Oslo 1997. Sejersted, Jørgen Magnus, „Norsk migrasjonslitteratur“, in: NLÅ 2003, S. 80-100. Skjeldal, Kjærsti, „Det voksne barn må have et navn. Punktroman er godt og misvisende“, in: Den Blå port 36 (1996), S. 7-23. 206 Vgl. Bachmann-Medick, Kultur als Text, S. 290: „Quer zu den Sprachen der globalen Internationalisierung, die eine immer stärkere Angleichung der Lebenswelten zum Ausdruck bringen und zugleich befördern, sind die Differenzierungs- und Differenzleistungen der Literaturen der Welt eine unbequeme Herausforderung. Mit ihrem Vorhaben einer ‚internationalistischen Gegenartikulation‘ [Edward Said] sprengen sie festgefügte Vorstellungen von einer vorgängigen, d. h. (westlich) vordefinierten gemeinsamen Sprache einer universalen Kultur und Literatur.“ 207 Vgl. Bachmann-Medick, Kultur als Text, S. 287, wo etwas Analoges über Amitav Ghoshs Roman In an Antique Land gesagt wird. Literatur „Cirkel, cirkel“ als transkulturelles Projekt 195 Vold, Jan Erik, Von Zimmer zu Zimmer. SAD & CRAZY, übersetzt von Walter Baumgartner, Olten 1968. Vold, Jan Erik, Sirkel, sirkel. Boken om prins Adrians rejse, Oslo 1979. Vold, Jan Erik, Cirkel, Cirkel. Das Buch von Prinz Adrians Reise, übersetzt von Walter Baumgartner und Hannelore Möckel, Frauenfeld 1988. Vold, Jan Erik, Entusiastiske essays, Oslo 1976. Vold, Jan Erik, Poetisk praksis 1975-1990, Oslo 1990. Vold, Jan Erik, Uten manus. Dokumentarisk 1980-2000, Oslo 2001. Weibel, Siegfried, „Jan Erik Vold: Cirkel, Cirkel. Das Buch von Prinz Adrians Reise“, in: skandinavistik 2 (1990), S. 153-155. Wierlacher, Alois und Andrea Bogner (Hg.), Handbuch interkulturelle Germanistik, Stuttgart & Weimar 2003. It is very important to get poetry out of the hands of the professors and the squares. If we can get poetry out into the life of the country it can be creative. Homer, or the guy who recited Beowulf, was show business. (Kenneth Rexroth) In Jan Erik Volds Cirkel, cirkel - neben Mor Godhjertas glade versjon. Ja sicher eines der Hauptwerke in seinem Schaffen - werden bemerkenswert viele Situationen unerfüllter Wünsche beschrieben: Lester Young besucht als kleiner Junge einen Gottesdienst und will, ergriffen von der Predigt, zum Abendmahl nach vorne gehen - da sieht er das Schild „For Whites Only“. Prinz Adrian und Herzdame möchten in Buffalo gerne Milt Jackson hören, der im vornehmsten Hotel der Stadt spielt, - aber der Eintritt ist ihnen zu teuer. In Chicago wollen die beiden die Wiege des Jazz und des City Blues in der South Side besuchen. Aber hier stoßen sie nun sozusagen auf ein „For Blacks Only“ - eine Frau im Bus, wo sie die einzigen Weißen sind, schreit hysterisch: „Charlie get off, Charlie get off“, bis sie den Bus wieder verlassen. Ob Prinz Adrian nun nicht alles erreicht, was er sich von seiner Weltreise verspricht, weil er weiß ist - seine Herzdame verlässt ihn zu alledem noch, bevor er nach Oslo zurückreist, um bei den Indianern zu bleiben - Jan Erik Vold selbst jedenfalls erreichte ein Ziel, von dem er lange sicher kaum zu träumen gewagt hatte. Am 17. und 18. Februar 1988 spielte er zusammen mit Chet Baker in Paris eine Platte Jazz & Poetry ein - eine wahrhaftige Traumbegegnung. „Det er som å ha danset med Doris Day“, sagte Jan Erik Vold in einem Gespräch mit Johan Fredrik Grøgaard später. 208 Dass diese Begegnung musikalisch-lyrisch ein so perfektes Resultat ergab, wie es die Platte Blåmann! Blåmann! in allen Teilen ist, war nur möglich, weil Jan Erik Vold langjährige Erfahrung mit der Mischform Jazz & Poetry besitzt. Und weil die Musiker offensichtlich Sinn für seine Lyrik und seinen Rezitationsstil haben, Respekt vor seiner artistischen Professionalität am Mikrofon. Von hier aus ist daran zu erinnern, dass in Cirkel, cirkel nicht nur Enttäuschungen, sondern auch perfect matches geschildert werden. Etwa wenn Buster Keaton eine Hauswand über sich stürzen lässt, so dass die Fensteröffnung genau da hinfällt, wo er steht. Die Kameraleute getrauten 208 Johan Fredrik Grøgaard, Jan Erik Vold, 50, Oslo 1989, S. 72. Jan Erik Vold - Jazz & Poetry „På med ørene! “ Intro III. Jan Erik Vold 198 sich nicht hinzuschauen, aber Keaton meinte, „10 Zentimeter Spiel, das reicht! “ Bei Vold reichen zwei Nachmittage im Studio. Vold ist mit der Sprache des Jazz intim vertraut. Red Mitchell, der Bassist, mit dem Vold zwei Platten eingespielt hat, vermutete nach der ersten Aufnahmesession, Vold sei von Hause aus Tenorsaxofonist. Einar Økland hat bereits 1969 in Vinduet Volds Lyrik in Mor Godhjerta einen schlendernden, swingenden Duktus und thematische Entwicklung zugesprochen: „Lik Lester Young […] trør han ikkje nedpå taktslaget, men held tonen over, seig og slepande, for så elegant å ta av til skrås - uventa - og med nokre kjælne sløyfer svinge dit han vil - fri.“ 209 Gesagt, bevor Vold anfing, mit Jazzmusikern zusammenzuarbeiten! 1969 erschien die erste Platte Jazz & Poetry von Vold, zusammen mit dem Jan Garbarek Quartett: Briskeby blues. 1970 folgte Hav und 1977 ingentings bjeller, alle mit Garbarek-Gruppen. 1986 wechselte Vold mit der Platte Den dagen Lady døde die Musiker und damit den Jazz-Stil. Sein alter Freund Egil Kapstad am Klavier, Red Mitchell am Bass und der Lester-Young-inspirierte Nisse Sandstöm am Tenorsaxofon spielen Jazzstandards zu Frank O’Haras Lyrik, übersetzt und vorgetragen von Jan Erik Vold. In diesem Stil, und wieder mit Egil Kapstad, ist dann auch die neue Platte mit Chet Baker und die neueste, 1990: Sannheten om trikken er at den brenner, u. a. mit Kapstad und Sandström. Wenn man die Plattenseiten nicht zählt, auf denen Vold unbegleitet liest, sind das zwölf LP-Seiten Jazz & Poetry - ein beträchtliches Parallel-Œuvre zu seiner umfänglichen Buchproduktion! Dazu kommen die zahlreichen Live- und Fernsehauftritte mit den genannten Formationen und z. T. mit Kapstad allein, in Norwegen, Schweden, in der Schweiz und in Deutschland. Noch weiter zurück in Volds „Jazzkarriere“ liegt seine Begeisterung für diese Musik seit den 50ern. Die ersten Texte in Entusiastiske essays 210 handeln von „Poesie og jazz“, geschrieben 1960 und 1961 für Dagbladet und 1962 für profil. Schließlich hat Vold auch, zusammen mit Olav Angell und Einar Økland, das Buch Jazz i Norge (1975) redigiert. Seit Mor Godhjertas glade versjon. Ja, 1968, stößt man in Volds Gedichtbänden auf Überschriften wie „Bo på Briskeby blues“, „Uplift blues“, „Amper juli blues“, „Lena - Botvids blues“, „Lady nynner blues“. In vielen Gedichten werden Namen von Jazzmusikern und Titel von Jazz Evergreens genannt, Jazz-Anekdoten erzählt. Lady ist natürlich, auch wenn eine Frau in Oslo so bezeichnet wird, Billie Holiday. In kykelipi ist die Rede von „Svarttrosten - fuglenes Lester Young“. Und: 209 Vinduet 1 (1969), S. 64. 210 Oslo 1976, S. 10-23. In den 50er Jahren schrieb Vold Jazz-Notizen in Dagbladet. „På med ørene! “ 199 PÅ EN ØDE Ø ville jeg gjerne hatt med Jan Garbareks kvartett, som består av TERJE RYPDAL på gitar ARILD ANDERSEN på bass JON CHRISTENSEN, trommer og JAN GARBAREK, tenorsax fløyte og bjeller. Im selben Band steht das Gedicht „BLID“: Du kaller meg blid, joda - visst er jeg glad. Visst liker jeg loff syriner og fotballkamp, rødkløver Billie & Lester - jeg har muntre øyne. Og jeg har dype depressive anlegg. Damit ist eine weitere wichtige Affinität von Volds Lyrik mit dem Jazz angesprochen: das feeling blue, die galgenhumoristische Melancholie des Happy Jazz. Das Gedicht ist eine Mahnung an die Leser, die in Vold seit Mor Godhjerta ausschließlich den affirmativen Humoristen und Oslo-Patrioten sehen wollten, der „Tale for loffen“ geschrieben hat. Dieses falsche und oberflächliche Bild wird - mit musikalischen Mitteln - auch von der Platte Briskeby blues korrigiert. Die Trommel Jon Christensens und das Saxofon Garbareks zu „Tale for loffen“ und „Funny, tenk at jeg er født“ klingen zwar munter verspielt. Der Gesamteindruck von Musik und Rezitation lässt aber das Traumhafte, Nachdenkliche und unterschwellig „Depressive“ in Volds Lyrik hervortreten. Verträumtheit und Alptraum liegen oft nahe beisammen. Es ist klar, dass die Literaturwissenschaft allen Grund hat, im Falle von Jan Erik Vold die Ausdrucksform, das Medium „Jazz & Poetry“ ernst zu nehmen. 211 Die Kritik hat 211 Ich habe zu diesem Thema praktisch keine Sekundärliteratur finden können. In Steven Paul Scher (Hg.), Literatur und Musik. Ein Handbuch zur Theorie und Praxis eines komparatistischen Grenzgebiets, Berlin 1984, enthält der Beitrag von Horst Petri, „Form und Strukturparallelen in Literatur und Musik“, S. 221-241, einen Abschnitt mit der Überschrift „Jazz und Text“, S. 235. Der Abschnitt handelt nicht von Jazz & Poetry, sondern tut dies als „lediglich emotionale Amalgamierung von Jazz und Lyrik“ ab. Er ist so kurz, dass ich ihn hier in extenso zitiere: „Auf die Möglichkeit, [Texte] im Sinne der Terminologie der Texttheorie durch Anwendung von Jazztechniken aus der Sprache hervorgehen zu lassen, weist Max Bense hin, der als Demonstrationsobjekt einen ‚Sprach- Hot‘ über eine Stelle aus Hegels Logik verfasst hat. ‚Jetzt, jetzt und erst jetzt, jetzt ist das jetzt, das jetzt ist, erst jetzt…‘. Bense geht davon aus, daß ein gegebener Satz durch Anwendung von Repetition, rhythmisierter Variation und Improvisation zu einem ‚Jazz-Text‘ wird. (Dieses Verfahren hat nichts mit dem Versuch gemein, eine lediglich emotionale Amalgamierung von Jazz und Lyrik zu erreichen, z. B. Gedichte Enzensbergers und background-jazz). Die ästhetische Rechtfertigung solcher ‚Texte‘ sieht Bense darin, daß ‚ein reißender, provozierender Rhythmus‘ der Radikalität der lyrischen Aussage ‚noch einigen ästhetischen Reiz oder Glanz‘ verleihen kann. Die bisher be- III. Jan Erik Vold 200 Volds Beiträge dazu immer gerühmt. Dass seine Literatur swingt - geschrieben, wie gelesen - ist schon fast ein Klischee geworden. Es wird auch immer wieder gesagt, dass, wo Volds Lyrik eine Verwandtschaft mit dem Jazz aufweist, die Musik Garbareks, Kapstads und Chet Bakers von vornherein „lyrische“ Qualitäten hat. Kjell Heggelund schreibt auf dem Cover zu Briskeby blues über Volds Gedichte: „Det begyndte som en rytme, tror jeg. Så kanskje Jan Garbarek […] også hørte denne rytmen først? “ Ich will im Folgenden etwas genauer untersuchen und beschreiben, was wohl die meisten von uns spüren: dass die Verbindung von Musik und Wort auf Volds Platten perfekt und kongenial ist, mehr als ein hübscher Einfall, mehr als ein Tribut an eine Mode oder eine smarte Lancierungsstrategie für Lyrik-Bücher. Zuerst möchte ich kurz die Geschichte von Jazz & Poetry skizzieren. Auf dem Covertext zu Poetry and Jazz at the Blackhawk, 1960, schreibt Kenneth Rexroth, er selbst, Langston Hughes und Maxwell Bodenheim hätten schon in den 20ern zum Jazz dieser Zeit Gedichte rezitiert. Auf Schallplatten dokumentiert ist diese Art von poetry performance erst seit 1958, mit der LP Poetry Readings in „The Cellar“. Sowohl die Entwicklung der Lyrik wie des Jazz erlaubte sicher erst jetzt eine künstlerisch zufriedenstellende Verbindung beider Kunstformen. Rexroth und Lawrence Ferlinghetti lesen eigene Gedichte zusammen mit der Hausband des Clubs. Die Motive für ein solches Experiment waren zunächst, die fast immer kitschigen Texte, die zu Jazz gesungen werden, durch gute Lyrik zu ersetzen. Oft handelt diese ja, wie Rexroth schreibt, von denselben Dingen wie Popular Songs und Blues. Mit Vold könnte man sagen: von „kjærligheten som har så mange navn“, oder von „sorgen og lykken“. Man wollte aber auch das Publikum von Lyrik erweitern - Leute aus jeder Gesellschaftsschicht seien gekommen, um zu hören, was offensichtlich eine neue und aufregende künstlerische Exkursion war, betont Ralph Gleason im Covertext von 1958! Man wollte weiter die Poesie von monologischen, geschriebenen Buchstaben weg dem gesprochenen, gemeinschaftsstiftenden Wort zuführen. „Gutenberg had a good idea with printing but it ran away from him and ruined for the poets! “ meinte Ferlinghetti. Jazz hatte ja schließlich bereits thematisch und formal Eingang in moderne amerikanische Lyrik gefunden. Besonders Ferlinghetti schrieb eigens Gedichte für Abende in The Cellar: alltagssprachliche, assoziative lange Parlando-Gedichte, mit Phrasen aus Reklame und Massenmedien, die in den Köpfen der Leute geisterten, denen er aber einen kleinen Dreh und untergründig literarische Allusionen gab. Es war die Zeit der Beat-Generation. Allen Ginsberg schrieb „Howl“ und experimentierte mit Lyrik-Improvisationen auf der Bühne, z. T. auch mit Musik. Jack Kerouac kannt gewordenen Beispiele sind jedoch zu dürftig, um ernsthaft in diesem Rahmen behandelt zu werden.“ Thema „På med ørene! “ 201 tat sich mit Al Cohn und Zoot Sims zu Blues and Haikus zusammen. Modernes Lebensgefühl, Großstadterfahrung und soziale, politische Frustration, wie sie auch den Jazz prägten, sind hier thematisch. Ferlinghetti in seinem Gedicht „Autobiography“ sagt: „I’m a social climber/ climbing down“. Von der musikalischen Seite her beschreibt Bruce Lippincott, der Tenorsaxofonist der Cellar Band, welche Herausforderung es gewesen sei, möglichst emotional auf die Worte des Gedichts zu reagieren. Ein neuer approach to jazz sei entstanden: „Du beginnst die Musik anders zu sehen. Sie wird mehr visuell und breiter […] jeder Musiker ist fasziniert davon.“ Das Resultat schließlich ist, wie Rexroth vorsichtig formuliert, weder eine Revolution des Jazz noch der Lyrik, aber diese Form wird bei uns bleiben, und sowohl Jazz als Lyrik haben eine neue Art sich auszudrücken bekommen, sind ein bisschen reicher geworden. So soll es auch sein, denn es macht Spaß, Jazzlyrik zu hören, und noch mehr Spaß, sie zu machen. Ebenfalls noch zu den Anfängen in den USA gehört die LP Weary Blues, die der Jazz- Impressario Leonard Feather produziert hat. Er holte dazu einen Poeten, an den in diesem Zusammenhang noch niemand gedacht hatte, obwohl es gerade bei ihm nahelag: den schwarzen Lyriker Langston Hughes. Diese Platte ist, anders als die Live-Mitschnitte von Rexroth und Ferlinghetti, ein Laborprodukt. Hughes hat die Texte gesondert auf Band gesprochen; Feather hat dazu für die erste Plattenseite Musik für eine Mainstreamband mit Red Allen, Vic Dickenson u. a. teils komponiert, teils arrangiert und sie Texten von Hughes unterlegt, die einen entsprechenden „jazz-is-fun“-spirit aufweisen. Auf der B-Seite ist Charles Mingus mit einer ‚seriöseren‘ Band verantwortlich für die Musik zu Gedichten, die laut Feather ein „more sophisticated setting“ verlangen. Ein gutes Beispiel von der A-Seite ist Hughes’ „Weary Blues“, ein bekanntes Anthologie-Gedicht, in dem Jazz thematisch ist. Die B-Seite zeigt, dass der 1902 geborene Hughes zu wenig Aggressivität hat, um gegen die Charles-Mingus-Musik anzukommen. Die A-Seite ist besser gelungen. Wenn es Hughes auch in vielen Gedichten um Black Identity geht, ist er doch in den Zeiten der Black Panther noch zuviel Onkel Tom. Red Mitchell hatte damals bereits in den USA bei solchen Veranstaltungen mitgewirkt. Als Vold ihn in Stockholm bat, mit ihm zusammen eine Platte zu machen, sagte er: „Ok, I’m willing to give it another try.“ In den folgenden Jahren muss Jazz & Poetry eine förmliche Mode geworden sein, und infolge Rexroth „a lot of pretty awfull stuff was committed in the joints around the country.“ Anfangs der 60er Jahre sprang die Innovation oder die Mode auf Europa über. Ganz deutlich steht hier am Anfang ein pädagogisches und kulturpolitisches Motiv. Man wollte einerseits mit Hilfe von etablierter Lyrik - Heinrich Heine, Gottfried Benn, Günter Eich, auch bereits Hans Magnus Enzensberger - den Jazz kulturell salonfähig machen und andererseits der Jugend Lyrik schmackhaft zubereiten. 212 212 Der zweite und letzte Sekundärtext zu Jazz & Poetry, Paul Hermann, „Jazz und Lyrik - ein Bericht“, in: Musik im Unterricht 54 (1963), S. 319-321, schlägt unter Vorbehalten vor, den Deutsch- III. Jan Erik Vold 202 Sowohl eine Zeitschrift wie eine Schallplatten-Reihe von damals nannten sich „twen“! Es war die Zeit, als das Modern Jazz Quartett im Frack an den Donaueschinger Tagen für Neue Musik auftrat und der Jazz aus den Jazzkellern in die Schul-Aulen geholt wurde. Jetzt lesen Schauspieler wie Gert Westphal große deutsche Lyrik auf Schallplatten, denen Joachim Ernst Berendt, Leonard Feathers Verfahren folgend, im Studio Musik u. a. von Miles Davis, John Coltrane, Oscar Peterson unterlegt hatte. Neben solchen Montagen und Laborprodukten gab es auch schon Live-Veranstaltungen - am liebsten in Museen für moderne Kunst - wo deutsche Bands zu Schauspieler- oder Dichterrezitationen spielten. Aus England ist mir aus dieser Zeit ein Live-Mitschnitt von der Zusammenarbeit der Lyriker Dannie Abse und Adrian Mitchell mit dem Michael Garrick Trio bekannt: Poetry and Jazz in Concert. U. a. ist diese Gruppierung in der Londoner Festival Hall aufgetreten! Bezeichnenderweise wird das erste dänische Beispiel vom Louisiana Museum und vom Gyldendal Verlag gemeinsam herausgegeben. Louis Hjulmand mit einem Quartett spielt guten modernen Jazz - eigens dazu komponiert - dazwischen lesen u. a. Robert Corydon, Jørgen Sonne, Klaus Rifbjerg Gedichte. Der Covertext vermutet, es sei sicher für viele eine merkwürdige Sache, Jazz und Lyrik-Rezitation miteinander zu verbinden, aber durch diese heiße und konzentrierte Verbindung zweier Kunst-(! )arten entstehe ein neues großartiges und gefährliches Phänomen: „jazz og poesi“. In Deutschland untermalt Emil Mangelsdorffs Quartett auf einer Doppel-LP die Schauspieler-Rezitation von Allen Ginsbergs Das Geheul. Das Attila Zoller Sextett begleitet Gert Westphal, der Heinrich Heine liest. Und Peter Rühmkorf liest auf mehreren, teils live eingespielten LPs zur Musik von Michael Naura eigene Gedichte. Rühmkorf-Naura werden zum Inbegriff von Jazz und Lyrik in Deutschland. In dieser Art nun gibt es aus den 60er und frühen 70er Jahren viele gute bis halbgute „Jazz und Lyrik“ aus Deutschland. Das mag alles in Konzerten gut angekommen sein, auf Schallplatten wirkt es oft wenig spannend. Der frühe Überraschungseffekt ist abgenutzt, und die hochkulturellen und „literarischen“ Ambitionen der Musiker gehen oft auf Kosten der rein musikalischen Logik, der Intensität und des Groove. Auf Schlagzeug wird über weite Strecken verzichtet, die Musik wird soft, mit viel Flöte. Oft ist auch die Lyrik mittelmäßig. Oder ihre teutonische Aggressivität und Kaltschnäuzigkeit hat wenig mit Jazz feeling zu tun (Benn, aber auch Rühmkorf! ). In der Verlängerung dieser Ambitionen, Jazz Kunstakzeptanz zu verleihen und zugleich Lyrik pädagogisch zu vermitteln, gibt es viele Beispiele, in denen die Grenze zwischen Jazz und E-Musik überschritten wird. Ernst Jandls verspielte und witzige Wortexperimente, von ihm selbst gekonnt mit Wiener Akzent vorgetragen, werden unterricht mit der „Sonderbereicherung“ Jazz und Lyrik zu verlebendigen: „Daß es sich dabei weniger um eine organische als um eine synthetische (in Form einer Montage) (Verbindung) handelt, sei vorsichtshalber im voraus erwähnt. […] Kenntnis und Beziehung brauchen dabei natürlich keineswegs mit unbedingter Bejahung avantgardistischer Bemühungen identisch zu sein“ (S. 319)! „På med ørene! “ 203 z. B. 1984 mit entsprechend experimenteller Musik von Matthias Rüegg und Mitgliedern des Vienna Art Orchestra wirkungsvoll untermalt. „Mehr Spaß hat Ernst vermutlich nie gemacht“, wie der Covertext wortspielerisch sagt - aber mit Jazz hat es nicht viel zu tun. In den 70er Jahren schlug in Europa der Rock- oder Fusion Jazz durch. Der Beat pulsiert hier wieder kraftvoll. Formal ersetzen längere musikalische Abläufe die kurzatmigen Kompositionen. Elektronik und viel Percussion halten Einzug ins Instrumentarium und bringen neue Klang- und Effektmöglichkeiten. Modale Harmonik ersetzt die alten Harmonieabfolgen. Jan Garbarek gehört zu dieser Richtung. In Deutschland und in der Schweiz entstanden interessante neue Jazz & Poetry-Aufnahmen. Überraschend gut gelungen ist die LP mit Lyrik der modernen Klassikerin Else Lasker-Schüler zu Musik eines Wuppertaler Duos mit Trompete und Keyboards/ Synthesizer: Ich träume so leise von dir. 1981 ist im Jazzclub Domicil in Dortmund die Hardrock-Lyrik-Platte Grüne Rose LIVE mit der Gruppe Ceddo aufgenommen worden. Hier sind wir weit entfernt von gemütlicher Jazz-is-fun-Stimmung. Dafür erfüllt die Mischform wieder die ursprüngliche Intention, durch lebendige Experimente und Synthesen ein neues Publikum zu gewinnen. Die Texte im Umkreis von Reggae, Rapping, Avantgarde-Rock und New Jazz haben oft hohe lyrische Qualität. Erwähnen muss ich noch die Weiterentwicklung des Genres in den USA. Seit den 60er Jahren haben sich politisch militante Strömungen unter den Schwarzen auch in der Lyrik und in der Musik artikuliert. Es geht um Black Identity, um die Besinnung auf die Wurzeln in Afrika und in der Karibik, und um Klassenkampf. Auch hier ist man weit weg von „Jazz is fun“. Und man sperrt sich gegen die Vereinnahmung des Jazz durch ein weißes hochkulturelles Establishment. „Against Bourgeois Art“ und „Class Struggle in Music“ heißen z. B. Gedichte von Leroi Jones, der sich zu Amiri Baraka umgetauft hat, auf einer Platte mit dem Tenorsaxofonisten David Murray und dem Drummer Steve McCall. Baraka hat auch Platten mit dem New York Art Quartet und mit Sonny Muray, Albert Ayler, Don Cherry u. a. gemacht. Hier ist realisiert, was Charles Mingus mit Langston Hughes noch nicht gelang: aggressiv pulsierender Free Jazz, in dem der Lyriker/ Sprecher mit langen Gedichten nicht neben oder vor den Instrumentalisten liest, sondern gleichberechtigt mit diesen an einem Kollektivunternehmen beteiligt ist. Musik und Lyrik handeln von derselben Sache, sprechen dieselbe Sprache: harty synkopiert und swingend, dirty tones und dirty words. Barakas häufigste Anapher ist no und not: „Not jet-set bohemian glamour! “, „We want poems that kill […] setting fire under the white man’s ass! “ Es ist die Kultur, von der Prinz Adrian in Chicago ausgestoßen wurde, als er im Bus zur South Side zu hören bekam: „Charlie get off“. Nachzutragen wäre auch noch, dass Allen Ginsberg 1989 eine Platte Jazz & Poetry herausgebracht hat: The Lion for Real u. a. mit Bill Frisell. Das erste Gedicht ist eine Hommage à Kenneth Rexroth! III. Jan Erik Vold 204 Will man die Verfahren beschreiben und typologisieren, die bei Jazz & Poetry zur Anwendung kommen, sind Parameter zu beachten wie Musik (Stilart, Komposition, Arrangement, Melodik, Improvisation, Instrumentarium, Rhythmus, etc.), Text (Thematik, Stimmung, Rhythmus), Rezitation (Prosodie, Stimm-Modulation, Dynamik, rhythmische Flexibilität, Swing, etc.) und schließlich das Zusammenspiel dieser Parameter, ihre eventuelle Integration. Die Musik kann den Text begleiten, illustrieren, verstärken, kontrapunktisch kommentieren, interpretieren, ironisch brechen, stimmungsmäßig untermalen, mit ihm in einen Dialog oder in ein Kollektivspiel eintreten, mit Text und Rezitation interagieren. Das einfachste musikalische Verfahren ist hier das zeitliche Hintereinander von Rezitation und Musik im Sinne von Ouvertüren, Zwischenmusik und Coda. Die Lyrik wird unbegleitet vorgetragen, die Musik schafft einen Rahmen dazu, indem sie mehr oder weniger zu den Texten passt, sie miteinander stimmungsmäßig verbindet. Dieses Verfahren lässt sich auch denken mit klassischer Lyrik und klassischer Musik. Reinkultiviert wird es auf der dänischen Platte Jazz og poesie. Im Prinzip, aber mit etwas größerem Integrationswillen, findet es sich auf der Platte Til Jorden, wo Rolf Jacobsen eigene Gedichte liest und Egil Kapstad einen musikalischen Rahmen komponiert hat. Auf der Platte Svarta motiv liest Ulf Palme Gedichte von Stig Carlson über Bunk Johnson, Armstrong, Ellington, Charlie Parker, etc., wobei nach jedem Gedicht eine Originalaufnahme dieses Musikers montiert ist. Als eines neben mehreren anderen Verfahren kommt dieses auf fast allen Jazz & Poetry-Aufnahmen vor. Wo die Synthese von Wort und Musik am weitesten geht, wickelt sich die Solo- Rezitation logisch aus dem Tutti heraus und hört sich an wie ein unbegleitetes Instrumental-Solo oder eine Kadenz. Auf ingentings bjeller gibt es sehr schöne und raffinierte Beispiele dafür, wobei musikalische und textliche Logik gleichermaßen gewahrt bleiben. Bereits Ferlinghetti und Hughes wenden das Stop-and-go an, das von Boogie Woogie und Blues bekannt ist und als Break oder Chase ähnlich auch in Be Bop vorkommt. Ein anderes, relativ einfaches Verfahren besteht darin, dass die Band weiterspielt, aber sich dynamisch zurücknimmt, sobald die Lyrik einsetzt. Der Beat läuft weiter, bloß mit dem Bass oder dem Schlagzeug oder mit der ganzen Rhythmusgruppe. Bläser spielen eventuell eine Nebenstimme, ähnlich, wie wenn sie Jazz-Gesang begleiten. (Nicht sehr elegant ist es, wenn die Musik dabei am Schaltpult zurückgedreht wird. Bei Jan Erik Vold kommt das nie vor.) Manchmal hört der Beat auf, und die Musiker spielen über einer langen Fermate melodische Figuren, Harmonien, Percussions- und Beckenklänge. Die Musik ist präsent, aber bleibt sozusagen in den Startlöchern, bis das Gedicht zu Ende ist. Eine subtile Kombination all dieser Verfahren liegt vor, wenn Jan Erik Vold Texte aus HEKT zu „Love for Sale“ liest. Chet Baker plus Band markieren Einsatz und Schluss jedes Gedichts mit Riffs und Solo-Einsätzen. Ein Gitarrentremolo überbrückt als Pseudofermate die fehlenden bzw. überschüssigen Takte des Chorus. Chet Baker hört hier während der Gedichte nicht immer auf, sondern spielt - wie man es aus seinen Quartett-Auf- Head Arrangements und Sounds „På med ørene! “ 205 nahmen mit Gerry Mulligan kennt - in der Kollektivimprovisation mit Vold die kontrapunktische zweite Stimme. Das Ganze ist, wie immer auf Volds Platten, sehr komplex. Das dritte Verfahren, das ich nennen möchte, ist die musikalische Illustration zum Gedicht. Bereits Lippincott, von Rexroths Cellar Band, sagte, es gelte, in einer Art von Frage-und-Antwort-Spiel musikalisch auf jedes Wort zu reagieren. Oft geschieht dies im Sinne der Programm-Musik. Zu einem Gedicht von Beat Brechbühl macht der Percussionist den Laut eines Messerschnitts nach, der im Text vorkommt. Auf Hughes Weary Blues führt Vic Dickenson auf der Trombone vor, wie Schnarchen tönt, und auf der Mingus-Seite fällt die Hard Bop Band in den typischen Basie- Rhythmus, wenn der Count im Gedicht erwähnt wird. Auf der Heine-Platte imitiert ein sforzato-Akkord auf der Gitarre die geplatzen Seifenblasen im Text. Im Lasker- Schüler-Beispiel folgt der Trompeter mit hohen Tönen dem Blick des Gedichts zu den Sternen. Auf der Brecht-Platte macht das Tenorsaxofon das Krähen des Hahnes nach - ironisch verfremdet, eher wie Hühnergegacker. Louis Hjulmand fängt mit Klaviergeklimper an, nach dem Gedicht von Jorgen Gustava Brandt, das am Schluss von Klaviergeklimper sprach usw. usf. Ein solches Verfahren genießt eigentlich - auch in der klassischen Musik - kein großes Ansehen. Es verführt zu kurzatmigen Aneinanderreihungen von hübschen vordergründigen Effekten. Die reine Verdoppelung des Gedichts mit musikalischen Mitteln ist - vor allem gehäuft - im Grunde unnötig. Besonders auf der von Leonard Feather arrangierten Platte Weary Blues erscheinen die vielen Punkt-für-Punkt-Entsprechungen von Wort und Ton als Kinderkrankheit des Genres Jazz & Poetry. Bei Jan Erik Vold ist dieses Verfahren sehr sparsam, aber subtil und wirkungsvoll eingesetzt. Jon Christensens Besen können z. B. „raslelyden“ von Laub machen (ingentings bjeller), oder Nisse Sandström setzt - diskret - wie ein Auto hupend ein, wenn im Gedicht „Et skritt unna dem“ von Frank O’Hara das Ich auf die Straßen von New York hinaustritt. Hier ist der Effekt doppelt motiviert, weil er gleichzeitig zur überraschenden Freude eines Schwarzen gehört, der ein weißes Ballettmädchen entdeckt. Raffiniert, weil nicht so ‚wörtlich‘ illustrierend, sind viele Stellen auf Volds Platten mit Garbarek. Die Form, die Garbarek pflegt, ist sehr flexibel, und Garbarek reagiert einfühlsam auf Einzelstellen des Textes, ohne je seine eigene musikalische Logik zu verlassen. Auf der Grundlage seiner modalen oder lydisch-chromatischen Harmonik und nicht gebunden an feste Chorus-Taktzahlen, kann er sich jederzeit aus dem Hintergrund lösen und in den Vordergrund treten oder effektvolle Pausen einschalten. Einen sehr schönen Effekt erreicht sein Quartett z. B. mit den Crescendo-Fermaten zur Schlusspointe des Gedichts „Uplift blues“ (Briskeby blues). Wenn sich derselbe Effekt am Schluss der Plattenseite leicht abgeschwächt wiederholt - zur Textstelle „Ikke si det - si JA“ -, dann unterstreicht dies die kompositionelle Einheit von Text- und Musikverlauf auf der ganzen Plattenseite. Das Stück, das sich „Uplift blues“ anschließt, kann das Verfahren der Illustration deutlich machen, wenn es anstatt Einzelwörter oder Motive des Textes dessen Ge- III. Jan Erik Vold 206 samtstimmung unterstreicht. Da dies im Prinzip aller Jazz & Poetry zugrunde liegen sollte, will ich nicht mehr von Illustration sprechen. Vielleicht ist Stimmungsmalerei besser, oder einfach: Interaktion, Zusammenspiel. Immerhin gibt es auch hier Gradunterschiede von direktem bis eher indirektem Bezug von Musik und Text. Nur sehr indirekt ist der Bezug bei Louis Hjulmand, wo der Covertext denn auch bloß konstatiert, dass die Gedichte und der Jazz die moderne Großstadtwelt gemeinsam hätten. Direkter ist die Entsprechung der elektronisch verfremdeten Gitarrenklänge Terje Rypdals und des Klangteppichs der Becken Jon Christensens zu der halluzinatorischen Stimmung, die Jan Erik Volds Gedicht „Desemberlys“ (Briskeby blues) prägt. Genauer, die Musik fügt diese Stimmung dem Gedicht interpretierend hinzu, einem Gedicht, das auf den ersten, oberflächlichen Blick schlicht „nyenkel“ wirken könnte. Besonders der Einsatz von Elektronik in neuerer Zeit erlaubt es, oder verführt dazu, die bizzarsten Effekte hervorzubringen. Ein sehr gut gelungenes Beispiel findet sich auf der Brecht-Platte, wo die Musik - ob es nun Jazz ist oder nicht - „das milde Licht“ und die dumpfe Gefühlswelt Jakob Apfelböcks, der seine Eltern umgebracht und im Schrank versteckt hat, makaber unterstreicht. Bei diesem Verfahren geht Jazz oft in Hörspiel-, Theater- oder Filmmusik über. Stimmungsmäßig mit dem Gesamttext korrespondierend - hektisch, paranoid - ist auch die Wirkung der Musik Chet Bakers zu den HEKT-Gedichten. Sehr gut ist Laurie Anderson, wenn sie Musik, Text und Rezitationsstil in einen ironischen Kontrast bringt. Eine dramatische Flugzeugabsturz-Situation beschwört sie mit monotonem Rhythmus und unterkühlter Rezitation - ein Beispiel für Musik und Lyrik im Grenzland von E-Musik, Jazz und Avantgard-Rock („On the Air“). An den Rezitator stellt die Form Jazz & Poetry höchste Ansprüche, was Musikalität, rhythmisches Gespür, Phrasierung und - für Lyriker ungewohnt - Fähigkeit zu Zusammenspiel und Timing betrifft, so etwas wie Show- oder Performance-Talent und dramaturgische Kontrolle. Kenneth Rexroth hängt noch fest am traditionellen pathetischen Rezitationsstil von Lyrik, und er ist rhythmisch und intonationsmäßig einfallslos. Er strapaziert die jambischen Längen und lässt den Ton nach der Art der Jazzsänger oder -bläser, aber unnuancierter als diese, am Ende regelmäßig fallen. Sein Litaneistil wirkt ermüdend. Ferlinghetti swingt schon etwas mehr. Aber auch noch Langston Hughes liest eigentlich nicht jazzmäßig. Ganz schlimm allerdings sind dann die Schauspieler auf den ersten deutschen Jazz- und Lyrik-Aufnahmen. Vor dem Hintergrund der auch bei viel Drive und intensiven Coltrane-Soli entspannt swingenden Musik wirkt ihre Aufgeregtheit und übertriebene Akzentuierung stilfremd, affektiert - eben theatralisch, und theatralisch ist etwas ganz anderes als die Show-Qualität des Jazz. Jüngere Schauspieler sind da besser. Besonders auf der Brecht-Platte stimmt moderner, verfremdender Sprechstil gut zu Lyrik wie Musik, etwa wenn der Rezitator sich ans Metrum der Musik hält und dabei bewusst falsche Silben betont. Kongenial ist natürlich Amiri Barakas harter Vortrag zum Saxofon David Murrays und zum Schlagzeug Steve McCalls. Hier wird übrigens ganz auf Illustrations- und Stimmungseffekte verzichtet; wie im Coltrane Quartet mit Elvin Jones rast jeder „På med ørene! “ 207 scheinbar allein vor sich hin, und es stimmt doch zusammen. Es herrscht ein fundamentales Einverständnis von Musikern und Rezitator, das - wenn auch auf coolere Weise - bei Jan Erik Vold mit sowohl den Garbarekwie auch den Kapstad-Gruppen da ist. Wo Barakas Vortragsstil an einen Drummer erinnert (in der Verlängerung liegt das Rapping und der Stil der Last Poets), so erinnert Jan Erik Volds Stil an einen Tenorsaxofonisten. Was den Swing betrifft, sind natürlich der Jazzsänger Jon Hendricks, wenn er zu einer Big Band von Georg Russell Gedichte über Manhattan rezitiert, oder der Jazzflötist James Newton, wenn er vor seiner Band sein Gedicht „Today Midnight“ vorträgt, unschlagbar. Jan Erik Volds Vortragsstil ist indes allen Rezitatoren, die nicht von Hause aus Musiker sind, überlegen durch seine Modulationsbreite und die Präsenz der Stimmgebung, durch die Bandbreite der Dynamik und der Tonhöhe, durch das absolut sichere Timing, wie es sonst nur Musiker oder Discjockeys haben. Er ist es durch seinen Rhythmus, der lässig synkopierend über dem Beat liegt und, ebenfalls einzigartig, Notenwerte von Halben über Viertel und Achtel und entsprechenden Triolen und Quintolen ausnutzt, bis zu den virtuosen Sechzehnteln, wie etwa in dem Beispiel mit den HEKT-Gedichten. Außerdem beherrscht Vold souverän die Kunst der Pause. Schön ist auch, dass man keine pädagogische Absicht merkt, sondern spürt, dass hier Jazz und Lyrik aus ästhetischem Impuls zusammengefunden haben. All dies sind Eigenschaften, die bei Vold an Lester Young erinnern. Fast jedes Wort, das der Larousse Dictionaire du Jazz über den Tenor-Stilisten Lester Young sagt, passt auf Vold: Seine rhythmische Aufteilung ignoriert das alte Gleichgewicht von schweren und leichten Taktschlägen und gibt allen 4 Vierteln den gleichen Wert. Indem er munter über die Taktteile springt, bringt Lester Young seine Phrasen außerhalb des Metrums ins Gleichgewicht. Er hat Sinn für Kontraste und überraschende melodische Entfaltung, plötzliche Pausen, gefolgt von Ketten schneller Noten in leichter und luftiger Flucht. Lester Young, der ein großartiger Techniker war, spielte wunderbar leicht und entspannt. Nach dem blendenden Start, wo er das innere Tempo festlegt, lässt er die Töne im Beat ruhen und gibt ihnen erst im letzen Augenblick ihren vollen Wert. Durch überraschende Akzentuierungen erzeugt er einen intensiven Swing. Schließlich soll hervorgehoben werden, dass Lester Youngs Spiel Ausdruck einer schwebenden und melancholischen Zärtlichkeit ist, die eine Persönlichkeit von seltener Sensibilität spiegelt. Diese Eigenschaften nun weisen Volds Gedichte bereits in gedruckter Form auf. 213 Graphisch notiert sind sie durch die eigenwillige Zeileneinteilung, die Volds Markenzeichen geworden ist. Interessant ist es, dass Vold beim Lesen zu Jazz oft ande- 213 Andreas Lombnæs, „Den nødvendige sang. Om sorgen, sangen og veien i Jan Erik Volds forfatterskap“, in: Café Existens 37 (1, 1988), S. 4-10, spricht von „frossen musikk beregnet på øyet, liksom grafikk“ (S. 9). Solo III. Jan Erik Vold 208 ren Gesetzen folgt als denen seiner schriftlichen Zeilensprünge und Stropheneinteilungen - offenbar lässt er sich dabei von der Musik tragen und wandelt seine Gedichte rhythmisch ab, wie Lester Young die Standardthemen, die aus dem Real Book bekannt sind, verzerrt, etwa bei „Tenderly“. Vold ist sich natürlich klar über seine Wahlverwandtschaft mit Lester Young und über deren technische Seite. In einem Essay über die Glåmrik-Comic-Serie, deren souveräne Musikalität er hervorhebt, zieht er den Vergleich zum Jazz und spricht en passant von Lester Youngs Art und Weise, den Rhythmus im Verhältnis zum Grundmetrum zu verschieben. Man kann sich vor Ohren führen, was ich meine: Lester Young himself in dem up-tempo-Stück „One a Clock-Jump“, wo er „langsam“ wirkt, weil er völlig entspannt spielt, und in der Ballade „Tenderly“, die relativ schnell gespielt wird, ohne dass Lester die balladentypische Ruhe verliert, in Aufnahmen von 1955 bzw. 1953 in der Platten-Anthologie Verve Jazzbok. Zum Vergleich mit Jan Erik Vold eignet sich das Gedicht „Den dagen Lady døde“ von der O’Hara-Platte, weil man gleich Nisse Sandström dazu hört, in kongenialem Kontrapunkt zu Vold. Es ist gut zu hören, dass Vold auch den gehauchten und verzögerten Einsatz von Lester Young beherrscht. Auch zusammen mit Garbarek ist die Kühnheit und Sicherheit zu hören, die stimmliche und rhythmische Beweglichkeit und Musikalität überhaupt, mit der Vold Jazz & Poetry macht. Wo Sandström direkt Lester Young als Stilideal hat, bleibt Garbarek im Rahmen insofern, als Young allen modernen Jazz in der Verlängerung des Cool Jazz stark beeinflusst hat. Eines der schönsten Beispiele aus Volds Zusammenarbeit mit Garbarek, wenn man überhaupt aus diesen vollständig durchstrukturierten Zusammenhängen etwas herausnehmen darf, ist „Lady nynner blues“, von ingentings bjeller. Es ist übrigens das einzige Mal, wo Garbarek Blues spielt. Besonders wirkungsvoll ist es, wie er die nachtblaue Straßenbahn andeutet, die vorbeischlingert, und wie auf das Wort „ro“ Rezitation und Tenorsax nach allen rhythmischen Verschiebungen auf dem schweren Taktteil zusammenkommen. Die Aufnahmen, die Vold mit Garbarek gemacht hat, zeichnen sich - wie Garbareks eigene - dadurch aus, dass sich musikalisch ein einziger großer Bogen über die ca. 20 Minuten einer Plattenseite spannt. Sie heben leise an, steigern sich mit dem Einsetzen des Beats, z. B. erst mit dem Bass, dann mit dem Schlagzeug; dann fängt, erst noch zögernd und leise, das Tenor mit Thema oder Improvisation an, die Instrumentierung wird allmählich dichter, und über alle Binnenkontraste und dynamischen Höhepunkte hinweg kommt der Gesamtverlauf gegen Ende wieder zur Ruhe, alles klingt leise aus. Vold komponiert dazu entsprechende Textfolgen. Auf Briskeby blues erhält ein wiederkehrendes rhythmisches Motiv bei Schlagzeug und Bass über Tempo- und Themawechsel hinweg die Einheit aufrecht. Auf der B-Seite von HAV ist ein einziges langes, großräumig strukturiertes Stück von Garbarek zu hören, und nur etwa in der Mitte liest Vold - perfekt getimt - ein kurzes Gedicht. Auf der Seite A mit dem langen Gedicht „Det alle vet“ ist die Musik vierteilig komponiert. Die Seite D von ingentings bjeller gruppiert 20 kleine Gedichte in drei Sätze. „På med ørene! “ 209 Der erste Satz im Tempo slow bis medium fängt ruhig an: aus dem Nichts, aus der Stille, von der in den Gedichten so viel die Rede ist, baut sich auf bis zu „Lady nynner blues“ und mündet dann in eine Pause mit unbegleiteter Rezitation. Der kurze up-tempo-Satz in der Mitte ist charakterisiert durch seinen afrokubanischen Rhythmus („Så lenge det er gøy er det gøy“, usw.). Dann folgt der langsame letzte Satz, in sich durch Intensitätssteigerung und Ausklang gegliedert. Garbarek imitiert darin auf der Flöte japanische Musik zu Volds „zenbuddhistischer“ Lyrik, mit wunderschönem musikalisch-lyrischem Gesamteffekt. Wer die perfekte Synthese der Interaktion von Musik und Lyrik auf den Garbarek/ Vold-Platten, wo einer den anderen interpretiert, für unüberbietbar gehalten hat, mag sich gewundert haben, als Jan Erik Vold mit der O’Hara-Platte und in der Chet-Baker-Session zum alten Kenneth-Rexroth-Stil zurückkehrte. Im Prinzip macht die Bindung an Jazz-Standards mit 12- oder 16-Takt-Chorussen und der mechanischen Abfolge von Thema - Improvisation - Thema die Synthese von Lyrik und Musik schwieriger und den Ablauf kurzatmiger. Dass der Stilwechsel dennoch nicht enttäuscht, ist musikalisch das Verdienst von Egil Kapstad, dem lyrischen Pianisten und „musical director“ der drei letzten Platten. Als langjähriger Freund von Jan Erik Vold ist er mit dessen Poesie intim vertraut. Auch die Wahl Volds, mit Nisse Sandström und Chet Baker zusammenzuarbeiten, ist richtig gewesen. Volds Gründe für den Stilwechsel mögen einmal seine Vorliebe für Mainstream Jazz und Lester Young gewesen sein. Die strengere Form des Standard-Chorus übte Vold ja sozusagen neben den früheren langen Free-Verse-Gedichten, wenn er gerne durchgehend vierzeilige Strophen schreibt und sich oft innerhalb einer Gedichtsammlung auf entweder drei oder vier Strophen per Gedicht beschränkt - fast, möchte man sagen, wie die drei oder vier Kästen der Glåmrik-Serie. Der künstlerische Reiz liegt hier darin, wie man sich innerhalb dieser vorgegebenen Begrenzung musikalisch entfaltet. Imponierend ist dabei, wie oft und dabei spielerisch leicht und sicher es Vold gelingt, was für Solisten in Jazz-Standards üblich ist: seinen Solo-Part innerhalb der 12 oder 16 Takte des Chorus oder deren Vielfachem unterzubringen! Von seiner Entwicklung als Lyriker her entspricht Volds Abkehr von Garbareks ECM-Ästhetik der Rückkehr seiner Lyrik aus exotischen, japanischen Gedankenwelten zu Gedichten, die, wie es sich in Sorgen Sangen Veien ankündigt, „minner om verden“: an das New York O’Haras und an die europäische Jazzmetropole Oslo. Am Ende des Buches über Prinz Adrians Reise steht ja das ernüchternde Gedicht über das Kloster in Kyoto, wo Prinz Adrian die berühmten Ochsenhüter-Bilder von Shubun sehen wollte, aber niemand etwas von diesen wusste. (Auch ein unerfüllter Wunschtraum! ) Der Fats-Waller- oder Foxtrott-Swing, mit dem Vold und Kapstad auf ihrer neuesten Platte die Zen-Anekdote „Dokos Dilemma“ zu John Lewis’ Komposition „Delauney’s Dilemma“ vortragen, wirkt selbstironisch oder auf jeden Fall verfremdend! Improvisation und Coda III. Jan Erik Vold 210 Da aber Mainstream Jazz - blue und fun - unterdessen längst zur Volkskultur auch in Europa/ Norwegen geworden ist, markiert die Rückwendung zu ihm auch Volds erneuerten Lokalpatriotismus und sein Traditionsbewusstsein, sein Einverständnis mit dem Publikum. In Chicago und Kyoto enttäuscht, findet Adrian als Abel Ek und Vold als Autor von Elg multikulturell und international vermittelt heim - was immerhin Egil Kapstads Oslo, Red Mitchells und Nisse Sandströms Stockholm und Chet Bakers und Philip Catherines Paris heißen kann! Was ich mit Volds multikulturellem Lokalpatriotismus meine, liegt vielleicht auch im Titel der Chet-Baker-Platte: Blåmann! Blåmann! Es ist der Titel einer bekannten melancholischen norwegischen Volksmelodie. Kapstad hat sie im Studio probeweise angespielt, und Chet Baker meinte: „That tune sure gets you at once! “ Vinjes Text handelt von einem Jungen, dessen Ziegenböcklein der Bär gerissen hat. Auf der Platte liest Vold dazu das Gedicht „Et nytt møte og all den/ smerte/ dét innebærer“. Wir sind also in Telemark und bei Lester Young und bei Jan Erik Volds „dype depressive anlegg“. Übersetzt ins Englische müsste der Titel der Platte heißen: „Blue Man“ oder „Blues Man“. Multikulturellen Interdiskurs pflegt Vold übrigens auch, wenn er sich um die graphische Gestaltung seiner Bücher kümmert, oder wenn er in einer Rede zum 17. Mai sagt, Kong Olav sehe aus wie Marlon Brando, „bare mye stiligere“, oder wenn es in Elg heißt: „Oscar Mathisen var ikke mindre viktig/ enn Sigrid Undset […] Hvem er poesiens Maradona? Skøyteløypernes/ Li Po? Jazzens Georg Johannesen? “, oder wenn er die norwegische Amsel mit Lester Young vergleicht, oder wenn er in seinem Gedicht viel Englisch zitiert oder spricht. Vielleicht ist das postmodern? Aber zum Schluss noch die Frage: Ist es postmodernistisch? Der elitäre Adorno hat den Jazz als „falsche Liquidierung der Kunst“ abgetan. Er sah in ihm bloß eine simple Form und ein kulturindustrielles Massenphänomen - Show Business. Modernismus ist, laut Adorno, echte Liquidierung der Kunst, Sinnverweigerung, wenn ihre Utopie nicht zu verwirklichen ist. 214 Hier wären Überlegungen über Jazz als Kunst und über modernistische Lyrik, die sich dem Publikum nicht verweigert, anzuschließen, um Adorno möglicherweise zu korrigieren. Øystein Rottem hat 1984 in Dagbladet von einer annähernd Adornoschen Warte aus Vold einen nicht-modernistischen Hang zur Harmonisierung vorgeworfen. Vold hat repliziert: „Min tillit til teksten er at den er autentisk, skrevet av et kjempende menneske, utstyrt med harmonier og disharmonier som de fleste av oss.“ 215 Ich verzichte darauf, diese Diskussion hier weiterzuführen. Carmen McRae pflegt zu sagen: „Oh shit, you can’t loose, if you sing the blues! “ 214 Vgl. Theodor W. Adorno, „Zeitlose Mode. Zum Jazz“, in: Prismen. Kulturkritik und Gesellschaft (1955), München 1968, S. 118-132. Adornos voreingenommene empirieferne Dialektik steigert sich mit seiner Diffamierungsrhetorik in Behauptungen wie: „Zeil des Jazz ist die mechanische Reproduktion eines regressiven Moments, eine Kastrationssymbolik.“ Die „Leistungen des berühmten Jazztrompeters Armstrong [werden] mit denen der großen Kastraten des achtzehnten Jahrhunderts verglichen.“ (S. 128f.) 215 Der Wortwechsel zwischen Rottem und Vold findet sich in Dagbladet vom 25.9. und 2.10. 1984. „På med ørene! “ 211 Kenneth Rexroth, Lawrence Ferlinghetti/ The Cellar Quintet, Poetry Readings in „The Cellar“, San Francisco 1958. Beat Goes Poetry, London BGP 1024. Langston Hughes/ Red Allen, Charles Mingus, Leonord Feather, Weary Blues, New York (1958 ? ) 21966. VSP Verve. VSP/ VSPS-36. Kenneth Rexroth/ The Cellar Quintet, Poetry and Jazz at the Black Hawk. Beat Goes Poetry, San Fransisco 1960. London BGP 1019. Jazz Canto 1. An Anthology of Poetry and Jazz. 1960 World Pacific 196[? ]. WP-1244. Jon Hendricks/ George Russell and his Orchestra (Bob Brookmeyer, John Coltrane, Bill Evans, etc.), New York, New York, New York 196[? ]. Decca DL 79216. Leroi Jones/ Sonny Murray, Sonny’s Time Now, Nowark 1965. JIHAD 663. (Wiederveröffentlicht: DIW - 25002.) Black Spirits Festival of New Black Poets in America. 1972. Black Forum. A Motown Product B-456-L. Bessie Ann Watkins/ Gospel Group, The Preachin’ Woman, San Diego 1973. United Sound, Burbank Cal. USR 51 34. Jayne Cortez/ Richard Davis (b), Celebrations and Solitudes, New York 1974. Strata East Records. SES 7421. Leroi Jones/ New York Art Quartet, Black Dada Nihilism, Riverside New York 1965. ESP- DISK 1004. Amiri Baraka (= LeRoi Jones)/ David Murray, Steve McCall, New Music - New Poetry. india navigation. New York 1981. IN 1048. Jalaluddin Mansur Nuriddin, Omar Ben Hassen, Abidum Oyewole/ Nilja, The Last Poets Jazzoetry, Los Angeles 1976. Douglas Records ADLP 6001. Sulieman El Hadi, Jalaluddin Mansur Nuriddin/ Abu Mustapha et al., The Last Poets. Freedom Express. Recorded in Willesden, England 1988. Acid Jazz. JAZID LP 8. Ismael Reeds/ Taj Mahal, David Murray, Lester Bowie et al., Conjure. [o. O.] 1984. american calvé. AMCL 1006. William Shakespeare, Robert Hayden et al./ Ronald Shannon Jackson, Pulse, New York 1984. OAO Celluloid. CELL 5011. William S. Burroughs, Tom Waits et al./ John Giorno Band, Smack my Crack, New York 1987. Giorno Poetry Systems records. GPS 038. The Dial a Poem-Poets/ John Giorno, Life is a Killer. Giorno Poetry Systems. GPS. Jack Kerouac/ Al Cohn, Zoot Sims, Blues and Haikus. 1989. Rhino Records. Allen Ginsberg/ Mark Bingham, Bill Frisell et al., The Lion for Real, New York 1989. Island Records, Distr. Ariola Import Service GJ 6004. James Newton/ Anthony Cox, Billy Hart, Mike Cain. Frechen 1990. Delta-Music, Jazzline 11 124. Adrian Mitchell, Dannie Abse/ Michael Garrick quintet and trio, Poetry and Jazz in Concert, London 196[1]. Argo Records, DLP, ZDA 26/ 27. Hans Magnus Enzensberger/ Miles Davis, Donald Byrd, Art Blakey & div. - Joachim Ernst Berendt. 1963. Philips twen. Discographie (Auswahl) III. Jan Erik Vold 212 Gottfried Benn/ Oscar Peterson, Mal Waldron & div. - Hans Dieter Zeidler. Lyrik und Jazz. 196[? ]. Philips 6300 003. Heinrich Heine/ Attila Zoller, Gert Westphal, Joachim Ernst Berendt, Lyrik und Jazz. 196[? ]. Philips twen 840479 PY. Peter Rühmkorf/ Michael Naura Trio, Kein Apolloprogramm für Lyrik, München 1976. ECM/ SP 2516. Bertholt Brecht/ Heiner Goebels und Alfred Hart, Ernst Stötzer, Zeit wird knapp. Eigelstein Musik Produktion LC 8071. Köln 1981. riskant 4014. EFA 5814.08 LP. Else Lasker-Schüler/ Heinz Becker, Ich träume so leise von dir, Wuppertal 1987. ITM Reords LC 8301. Peter Rühmkorf/ Michael Naura, Phönix voran! Buch + Kassette. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1987. Rose Ausländer et al./ Jazz Life Trio Zürich, Confrontation. 198[? ]. ASS 5086. Günter Grass/ Günter Baby Sommer, Lyrik und Prosa. Schlagzeug und Percussion. Steidl Verlag 1987. Jazz Life Trio Zürich, Jazz Choräle. Freejazz und Kyrieeleisen, Düsseldorf & Zürich 198[? ]. EP, ASS 5088. Allen Ginsberg/ Emil Mangelsdorff/ Gert Westphal, Das Geheul. 1981. Trion/ Bellaphon International Sound Service 5101/ 2. Ernst Jandl/ Mathias Rüegg, vom vom zum zum, Wien 1988. Extraplatte Jazz. EX 316 145. Beat Brechbühl/ Jürg Grau, Gras ist Gras, Bern 1978. Waldmusig 1 (Verlag im Waldgut, CH- Frauenfeld). Peter K. Wehrli/ Werner Haltinner, Alles von allem. Eine Hymne für Bassgitarre und Sprechstimme. Buch + Single, Arche Verlag. Zürich 1982. Christoph Derschau/ Ceddo, Grüne Rose Live, Düsseldorf 1981. Sagitarius 003. Distr. Roof Music, Bochum. Carl Frederik Prytz/ Terje Rypdal, Bruksdikt for deg og meg, Oslo 1977. Stig Carlsson/ Bunk Johnsson, Louis Armstrong, Fats Waller etc./ Ulf Palme, Svarta Toner, Stockholm. 19[? ]. POGO PLATTAN 101. Robert Corydon, Klaus Rifbjerg m. fl./ Louis Hjulmand, Jazz og poesie, København 1963. Fona, Louisiana/ Gyldendal grammofonplader. Jan Erik Vold/ Jan Garbarek, Briskeby blues, Oslo 1969. Philips 854. 007 AY. Jan Erik Vold/ Jan Garbarek, HAV, Oslo 1970. Philips 6507 002. Trond Botnen/ Svein Finnerud Kvartett. Oslo 1971. Polydor 2920102. Jens Bjørneboe/ Arne Domnerus, Bengt Hallberg et al., Våpenløs. J. B. leser egne dikt, Oslo 1976. Zarepta ZA 34003. Jan Erik Vold/ Jan Garbarek, ingentings bjeller, Oslo 1977. Polydor 2664 388. Rolf Jacobsen/ Egil Kapstad/ Karin Krog, Til jorden, Oslo 1978. ZAREPTA ZA 34016. Dan Turell, Sølvstjernene [Dänemark] 1978. STUK 227. Gunnar Harding och Sumpens Swingsters/ Lars (Sumpen) Sundblom et al., Stockholm 1982. SWAMP RECORDS, SWLP 823. Hvalsange [Dänemark] 1983. Radius RALP 2. Olle Orrje Quintet, Solvarmt, Stockholm 1985. Dragon DRLP 103. Jan Erik Vold, Red Mitchell, Nisse Sandstöm, Egil Kapstad, Den dagen Lady døde. JEV leser dikt av Frank O’Hara, Stockholm 1986. Hot Club Records Oslo. HCR 30. „På med ørene! “ 213 Troubadours Lærling [Dänemark] 1986. Olofsen Records DOC MC 20001-2. Jan Erik Vold og Chet Baker, Blåmann! Blåmann! Paris 1988. Hot Club Records Oslo. HCR 50. Flapper [Dänemark] 1989. Pingo Records. PINGOLP 001. Gunnar Reiss-Andersen/ Ola Calmeyer, Joachim Calmeyer, Jazzpoem. Oslo 1990. Jazzland JL 1. Jan Erik Vold/ Egil Kapstad, Sannheten om trikken er at den brenner, Oslo 1990. Hot Club Records. HCR 70. Trumsolo Jones Jones Jones Jones Jones Jo Jones Jones Jo Jo Jones Jones Jones Jones Jo Jo Jones Jones Joners Jones Jones Jo Jo Jo Jo Jo Jones Jones Jones Jones Jo Jones Jo Jones Jo Jones Joooooooooooooones (Olle Snismarck, 1987) Mich hat noch niemal etwas so suprenirt! Sie wissen wohl, daß da nicht gesungen, sondern deklamiert wird - und die Musique wie ein obligiertes Recitativ ist - bisweilen wird auch unter der Musique gesprochen, welches alsdann die herrlichste Wirkung thut. (W. A. Mozart) Jan Erik Vold skrev på femtitallet jazzkritikk i Dagbladet. Da han i 1976 samlet sin essayistikk til mursteinen Entusiastiske essays, valgte han som de første artiklene i boka det han hadde skrevet 1960 om beat-poetene, om svensk jazzinspirert og jazztematisk litteratur, om Allen Ginsbergs Howl, om Sture Dahlströms „jazzroman“ Änglar blåser hårt, og et lengre essay fra Profil 1962 med tittelen „Poesi og jazz - et spennende møte mellom to kunstarter“. Vold, som den gang mente at „Poetry and Jazz-bevegelsen“ siden 1957, da den slo igjennom i San Francisco, allerede hadde nådd toppen og holdt på å miste gnisten, viser seg godt informert om både musikken/ lyrikken og dens historie og poetikk. Han kjenner til protagonistene som Kenneth Rexroth, Lawrence Ferlinghetti, Jack Kerouac, Langston Hughes. Men han vurderer fenomenet snarere litt skeptisk. Diktene som ble lest til jazz, var ikke egentlige jazzdikt, mener han, og han kritiserer at poesien og jazzen ikke alltid er fullstendig sideordnet i de eksemplene han kjenner til. Det maksimale kravet til J&P eller dens ideelle muligheter ligger ifølge JEV i at oppleserens tolkning av diktet konfronteres med musikerens og at det er her den egentlige integreringen mellom poesi og jazz foregår - i motsetning til dikt som helt enkelt leses til ferdige jazzplater eller til kompliserte arrangementer, der jazzkvalitetene går tapt. Platen Jazz Canto. An Anthology of Poetry and Jazz fra 1960 får beste karakter. Beskrivelsen av de to mest vellykkede numre på den skal siteres. JEV foregripper her noe av det han selv senere - da altså „bevegelsen“ fikk et oppsving igjen i Europa! - skulle prestere av samspill eller integrasjon: ‚Dog‘ (av Ferlinghetti) går i hurtig tempo og starter med et enkelt tema presentert av tenorsaksofon og elektrisk gitar. Det leder tanken mot den stadig gjentatte linjen ‚The dog trots freely in the street‘, og hovedtema i diktet er nettopp hundens vandring i San Franciscos gater. Overalt blir hunden fulgt av improviserte melodilinjer av tenorsax eller gitar, og bak ligger en svingende rytmegruppe som hele tiden holder farten oppe. Bob Dorough oppleser samtidig som han har skrevet det musikalske tema (…) og han har klart å knytte ord og toner svært godt sammen. Legg f. eks. merke til der hvor Dorough selv nærmest spiller jazzsolistens rolle med sin uakkompagnerte passasje: J&P konspirasjon J an Garbarek, Egil Kapstad, Red Mitchell, Nisse Sandström, Chet Baker featuring Jan Erik Vold III. Jan Erik Vold 216 He would rather eat a tender cow than a tough policeman thoug either might do hvoretter trommeslageren setter inn med et break, og tenoristen følger på. ‚Tract‘ (av William Carlos Williams) handler om en begravelse og er bittert ironisk i sin satire over alle de jordiske hensyn til prakt og stas folk flest synes de må ta ved en slik anledning. Stemningen er ypperlig tolket av oppleseren Hoagy Carmichael (…). Ralph Pena har skrevet et stemningsfullt tema som presenteres av gitar og bass med bue, og etter introduksjonen bringer batteristen ved diskret marsjtromming med visper tanken mot et begravelsesfølge i bevegelse. Senere kommer gitaristen inn og følger oppleseren i sine melodiske, vemodige improvisasjoner på en kongenial måte, mens et behagelig svingende komp ligger bak det hele. Det elegante ‚samspillet‘ mellom oppleseren Carmichael og gitaristen Billy Bean er verdt et inngående studium. Da JEV skrev dette, skulle det ennå gå tre år til han debuterte med en diktsamling, og syv år til han selv begynte å lage plater med J&P, plater som så absolutt også er verdt „et inngående studium“ … JEV har fra 1969 til nå utgitt 13 platealbum med Jazz & Poetry, dertil lydboka Volds Voice, 1992 Pytt Pytt Blues og Blåmann! Blåmann! og gjort diverse radioog TV-opptak - et helt oeuvre ved siden av bøkene hans. Med to skiver har JEV kommet på hitlisten i henholdsvis VG og Dagbladet. Han er en poet som det skrives om i jazztidsskrifter og i bøker om jazz. I 1992 sto det en artikkel av undertegnede om Jazz & Poetry fordelt på to hefter i det tyske Jazz Podium. Ideen til å skrive om denne genren fikk jeg fordi den er så viktig hos JEV, og han blir selvfølgelig også omtalt i denne artikkelen - som en av de internasjonalt beste i en lang rekke poeter med Langston Hughes, Kenneth Rexroth, Lawrence Ferlinghetti, Amiri Baraka, Peter Rühmkorf og mange flere. Da det norske Jazznytt ga ut 40-årsjubileumsnummeret for Norsk jazzforbund i 1993, hadde det et foto av Jan Erik Vold på omslaget. Hovedoppslagene besto av et langt intervju med JEV av Roald Helgheim, illustrert med fine fotos av poeten i aksjon på jazzscener og i samtale med Chet Baker, fotografert av Randi Hultin; og en artikkel om JEVs Jazz og Lyrikk av Atle Kittang. Kittang peker på en utvikling hos JEV fra introvertert zenbuddisme, sammen med Jan Garbarek, til en mer ekstrovert, og direkte kommunikasjon med musikerne og publikum, sammen med Egil Kapstad. Helgheim sier - med rette, mener jeg - at „Vi undrar oss over om nasjonen verkeleg har forstått at Jan Erik Volds lyrisk-musikalske prosjekt er ein eineståande institusjon i den vestlege halvkulas kultur.“ Det danske Jazz special har i 1994 et temanummer om jazz & poesi. Leonard Malone, en amerikansk lyriker, bosatt i København, skriver om genren, og han roser JEVs samarbeid med Chet Baker. Peter Poulsen, en veldig god dansk jazzpoet, gjennomgår en såkalt blindfold test med bl.a. akkurat et dikt, „Furukonglesang“, fra J&P konspirasjon 217 Blåmann! Blåmann! , platen med Chet Baker. Poulsen har ingen problemer med å kjenne igjen protagonistene: Det er den genre, jeg kender og bevæger mig i. Jeg var meget imponert over måden, musikken og ordene var integreret på. Han var meget lydhør overfor musikken, og jeg havde fornemmelsen af at han nogle ganger improviserede lidt med ordene, noget jeg aldrig selv har vovet, eller også improviserede med måden at skandere på … jeg har hørt ham lese op en gang … JEV blir selvfølgelig omtalt i Randi Hultins memoarbok I jazzens tegn fra 1991, engelsk oversettelse 1998. Det framgår av avsnittet „Blåmann“ at det var hun (og Jon Larsen fra Hot Club Records) som fikk i stand den formidable platesession med JEV og Chet Baker i Paris, februar 1988. Det finnes to bøker om Jan Garbarek der hans samarbeid med JEV blir omtalt. Tor Dybos, fra 1996 (doktoravhandling fra Trondheim 1995), og Michael Tuckers, utgitt 1998 i England. I Tuckers bok blir JEV nevnt og omtalt på fjorten steder. Tucker er litteraturforsker med kunnskaper om Skandinavia, og jazzkritiker. Han betegner JEV som „one of the strongest scandinavian poets“, og bekrefter meg i at samarbeidet mellom JEV og Garbarek „rates as some of the finest jazz-meets-poetry ever recorded“. Han skriver at JEVs billedspråk og resitasjon forener lettheten i grepet og tyngden i innholdet i en stimulerende, ofte humoristisk likevekt. Om plata ingentings bjeller sier Tucker at den inneholder bølgende, svevende og gåtefulle meditasjoner av Vold og delikate Satie-arrangementer med stor romlig effekt av Bobo Stenson, multitonal perkusjon av Jon Christensen, dype glidende bassmelodier av Palle Danielsson, samt et av Garbareks fineste soli. Garbarek-Vold-Manfred Eicher betegnes som en institusjon som har stimulert mange interessante beslektede prosjekter i Norge. JEV er også årsaken til at det snakkes om jazz i akademiske, litteraturvitenskapelige sammenhenger. Undertegnede har holdt flere foredrag med lydeksempler om JEV og J&P. Et av dem er trykt i Proceedings fra IASS-konferansen i Trondheim 1990. I 1996 arrangerte jeg et symposium om jazz og litteratur i Greifswald med eksperter fra Norge, Sverige, Danmark og Tyskland. JEV og Peter Poulsen holdt foredrag og demonstrerte live hva de sto for - det var der Peter Poulsen hørte JEV! Og Vold hørte Peter Poulsen og var imponert i sin tur … Det ble bok av det hele: Skrive om Jazz. Skrive som jazz, red. Walter Baumgartner, Per Erik Ljung, Frithiof Strauss, Lund 2001. Foredragene og artiklene mine var introduksjoner i genren og dens historie, og kommentarer om samspillet mellom musikk, tekst og resitasjon hos JEV. Jeg prøvde å vise perfeksjonen JEV agerer i genren med, gjennom å ta i bruk både litteraturvitenskapelig og musikkteoretisk argumentasjon og å sammenligne JEVs J&P-prestasjon med andre poeters verden over. I og for seg skulle tiden nå være inne for en mer estetisk-analytisk og kanskje også kritisk beskjeftigelse med JEVs omfangsrike plateproduksjon (og hans aktiviteter som „estradør“, som han selv liker å kalle seg). III. Jan Erik Vold 218 Noen kritiske bemerkninger kan det faktisk være anledning til, hvis man tar genren og poeten på alvor. Med utgangspunkt i at det tidlige samarbeidet med Garbarek nok fortsatt står som det estetisk mest avanserte og innovative som JEV har gjort på området - musikalske og poetiske eksperimenter i kongenialitet, med spenningsoppbygging over hele platesider - kunne det kanskje sies at JEVs samspill med den av ham høyt elskede modern mainstream jazz, fremført av Egil Kapstad-grupper med den Lester Young-inspirerte tenorsaksofonisten Nisse Sandström, ikke har samme avanserthetsgrad. Særlig tydelig blir dette på den nyeste CDen, Storytellers, 1998, med verdenslitterært epokegjørende modernistiske tekster fra Rimbaud, Paul Celan, Gunnar Ekelöf og andre. Mange av diktene kretser omkring døden, og de bruker et delvis hermetisk formog billedspråk. Det oppstår da en estetisk kløft mellom tekstenes vanskelighet og den så å si hyggelige, elegant svingende jazzen de blir framført til. Musikken - så fin og følsom den er i seg selv - byr ikke på samme motstand som tekstene. Musikken fungerer her snarere pedagogisk: med dens hjelp vinner JEV lesere for denne lyrikken - sml. også Obstfelder-plata. Et annet, delvis beslektet problem ser jeg når JEV leser sine egne politisk engasjerte, opprørte og såre dikt til mainstream jazz. Musikken inviterer til digging, til innforstått nytende fotvipping. Men tekstene er av en slik art at Her er huset som Per bygde, 1996, ikke kan legges på gang på gang og bare nytes. (Det er ikke slik at det ikke finnes tyngre dikt på de andre plater, og det er bra at den rene, tankeløse diggingen blir forhindret også på disse, men … Et av de anklagende dikt med dertil svarende, virkelig aggressiv musikk og hard rockbeat finnes derimot på den angivelig bare zen-buddistisk bølgende ingentings bjeller: „Skillingsvise“.) En tredje innvending kunne også være at Kapstad-Vold-gruppene, med først Red Mitchell og senere Terje Venås på bass, uten tvil er perfekte, men at deres samarbeid med JEV ikke egentlig gjennomgår noen kunstnerisk utvikling, ingen påtagelig fornyelse. Eksperimentet gjentas og lykkes hver gang; men det utvides ikke. Man kan høre på Amiri Barakas samarbeid med Steve McCall og David Murray for å få et inntrykk av hva jeg mener. Denne trioen vil „set fire under the white man’s ass“, Baraka liker at trommeslageren står for „the big rumbling funk fire of nigger-inthe-street-rebellion“. De spiller/ leser aggressiv og helt åpen, improviserende free jazz, Baraka leser selv med trommeslagerfrasering og tilløp til shouting style, forlater ordenes språk. Diktet „I Love Music“ handler om Trane (John Coltrane). I en ny bok - Sound States - innovative poetics and accoustical technologies - er Baraka den eneste J&P-artisten som nevnes. Eller hør på Jayne Cortéz. Hun resiterer gjerne med understatement i prosodien, men med skarp stemme og insisterende betoninger og stavelseslengder. Aggressiviteten i teksten kommer først riktig frem gjennom musikken: Hennes band, The Firespitters, med Charles Moffett, tenorsax, Joe Daley, tuba, Bill Cole, musette, Bern Nix, gitar, og Denardo Coleman, drums, har laget en plate med den programmatiske tittelen Unsubmissive blues, 1980. Eksemplet jeg har valgt heter „They Want the Oil, but They Don‘t Want the People“ og består bare av disse ordene som gjentas og J&P konspirasjon 219 gjentas med skiftende lydstyrke, stemmemodulasjon og tempo. Det er fra There it is, 1982. JEV har en lett match overfor mye halvhjertet og halvbra europeisk/ skandinavisk J&P. Men kan han virkelig måle seg med denne estetisk og politisk revolusjonære varianten? Sammenlignet med Baraka, som er en av de beste og mest genuine J&Partistene, er det bare å konstatere at JEV altså står for noe annet, en stil, der han på sin måte kanskje er den beste. Det er den coole, svensk-norske jazzvarianten i forlengelse av Lester Young og Miles Davis. Dette blir umiddelbart klart på det eneste opptaket der JEV leser et dikt til et allerede ferdig plateopptak: „Autumn Leaves“ heter låten, spilt av Miles Davis og Cannonball Adderley. JEV leser diktet „Rekviem i oktober“, CDen ligger bak i boken Kalenderdikt, 1995, og er kanskje ikke så kjent. Med Miles og JEV i ørene gir jeg opp å finne flere hår i suppa eller utdype den antydede problematikken. JEV er en poet som på godt og vondt appellerer til innforståttheten vår, til felles opplevelse, felles verdier - gjerne litt nostalgi -, og hans dikt forutsetter felles kulturell viten hos leserne/ hørerne, blant annet akkurat om jazzen, men også om en viss personkrets og et visst segment av verdenslyrikken. Du må vite hvem Lady er (Billie Holiday), hvem Sverre er (Sverre Udnæs) og Georg (Johannesen), eller hvem Carl er (sønn av Sidsel Paaske, den første trommeslageren hos The Real Thing), eller Kuppern. Og du må kunne din Ekelöf og Vesaas, gjerne også Bob Dylan eller Peter Bichsel, for å forstå sitat og antydninger i diktene. Du må vite hva blåtrikken betydde for oslofolk. Du må ha Willis Connovers metalliske radiostemme i minnet, fra den gangen han annonserte The Voice af America og etter signaturmelodien „Take the A-Train“ introduserte amerikansk jazz i femtitallets Norge (i mitt tilfelle: Sveits). Da kan du smile innviet når JEV leser et trikkedikt til denne låten. JEVs musikalske sikkerhet, den gjensidige innforståttheten også med musikerne, bryter ned all teoretisk tenkbar motstand når tekst og musikk matcher - og det gjør det tross alt som oftest, og da er effekten helt mirakuløs. Michael Naura, den tyske jazzpianisten som sammen med lyrikeren Peter Rühmkorf på 60-tallet introduserte J&P i Tyskland, snakker om „konspirasjon“ mellom poeten og musikerne, det vil i ordets egentlige betydning si: felles åndedrett. Det er en perfekt metafor (ikke så konvensjonell som „felles bølgelengde“) for å beskrive JEV som frontmann foran Egil Kapstadeller Garbarek-gruppene. Han og musikerne hans - selv Chet Baker, som jo ikke forsto norsk - snakker samme „you-know-what-I-mean-dialect“. (Amiri Baraka og Gil Scott-Heron, med tilknytning til Black Power, holder seg innenfor „the Ghetto-Code, Dat-dat-dit-dit-dat-dat-dash“, også kalt „the morseor the remorse code“.) Louis Armstrong skal ha sagt til en dame som spurte ham hva swing egentlig er for noe: „Lady, if you have to ask, you’ll never know! “ Så jeg går ut fra at vi vet. Jeg skal presentere noen av de beste og mest instruktive resultater av „konspirasjon“, og kommentere bare sparsomt, men så konkret, detaljert og teknisk nøyaktig som mulig III. Jan Erik Vold 220 hvordan det er gjort, peke på noen poenger i samspill og musikalitet, og prøve å sette navn på det som gjør at det er så bra. Prinsipielt kan man si at musikken i J&P punkterer auraen rundt lyrikken, eller tilfører, henholdsvis fremelsker en ny, mer folkelig aura. I god J&P er musikken ikke bare akkompagnement, men en likeberettiget, ny stemme som kommer til. Hierarkiforholdet mellom forog bakgrunn oppløses, oppmerksomheten skifter stadig mellom teksten og musikken. Det er blitt påpekt av andre at mange av JEVs dikt kan man ikke lenger lese uten å „høre“ musikken og å falle i JEVs egen rytme fra plateinnspillingene. Musikken tømmer til en viss grad teksten for semantisk innhold, men føyer samtidig nye betydninger til: mer globalt, gjennom blues-stemningen den skaper, eller mer konkret, når den illustrerer lydmalerisk enkelte utsagn i teksten. Den blir et nødvendig aspekt ved diktet. Når det gjelder lydmaleri, er selvfølgelig Garbareks frie, fleksible form best egnet, med den store plassen han innrømmer trommeslageren og bassisten til å utfolde seg, reagere på teksten, skape spesielle effekter. Faren er her rent teoretisk at musikken forlater sin egen logikk, blir bare undermalende, tjenende eller fortaper seg i det som kalles „Mickey-Mouse-score“ (dvs. fordobler overtydelig hvert enkelt motiv i teksten). Garbarek går imidlertid aldri i den fella. Han og hans musikere er sterke personligheter. Musikk og tekst interpreterer hverandre gjensidig, og jazzmusikere er jo vant til å lytte til hverandre, til å reagere på utspill og stemningsskift, kaste og ta opp baller, etc. Det gjør de også i forhold til lyrikerens tekst og hans resitasjon. Jayne Cortéz introduserer et av numrene sine med ordene: „There it is, another example of what a poet does with music and what musicians do with poetry.“ Det er et spørsmål om interaksjon eller interplay. De viktigste observasjonene mine går ut på JEVs musikalitet, hans jazzog rytmefølelse, hans suverene timing, swing, drive og groove, hans melodiske og prosodiske fantasi og djervhet, videre hans søvngjengeraktige sikkerhet i å holde seg innenfor standardlåtenes nådeløse grenser med enheter på 12 eller 16 takters chorus. JEV klarer å plassere diktene, hhv. diktenes avsnitt innenfor chorus-enhetene som en instrumentalsolist. Som resitator oppviser JEV en stor variasjonsbredde innenfor de musikalske parametere som tempi (noteverdier), dynamikk, tonehøyde og - pause. Han utnytter også - veldig viktig i jazzen - stemmemodulasjonen og fraseringen. Han er teknisk sett en virtuos oppleser, en proff bak mikrofonen! Det er nok alt dette som gjorde at Red Mitchell, den amerikanske bassisten på noen av JEVs plater, trodde at Vold måtte være tenorsaksofonist. Pete Brown, engelsk J&P-kunstner, sa om beatpoetene Jack Kerouac og Allen Ginsberg at de egentlig heller hadde ønsket å bli musikere; alle heltene deres er musikere. De prøver å skrive som bebop-musikerne spiller. JEV har også mye av en trommeslagers kvaliteter i måten å lese på, og dette skal følgende eksempel vise. JEV leser permutasjonsdiktet „blikket“, bestående av bare fem ord. (Det kan i så måte sammenlignes med Jayne Cortéz’ „They Want the Oil“! ) Jeg hørte ham lese det på 60-tallet i Uppsala, noen år før han begynte å samarbeide med jazzmusikere. Diktet er blitt tatt opp senere, under et poesimøte på Moderna museet i Stockholm 1987. Resitasjonen er bygd opp som en trommesolo (eller for så J&P konspirasjon 221 vidt som et lengre musikkstykke eller en suite): med langsom, nølende lav begynnelse, forskjellige pregnante rytmiske figurer som introduseres og siden varieres og gjentas i double time tempo, får spenning gjennom pauser, gjør bruk av fire eller fem tonehøyder (som trommesettets forskjellige deler: snare, to eller tre toms, highhat, bass drum). Det minnet meg med en gang om soli av Max Roach som (til forskjell fra McCall) spiller intellektuelt klart, melodiøst og gjennomsiktig strukturert. Diktet leses uten musikk, men jeg har tillatt meg å montere inn et Roach-solo-nummer (med Clifford Brown, trompet) mot slutten - og si at det ikke klaffer som om JEV og Roach hadde sittet sammen i studio … 216 JEVs spesielle fremføringsstil, tonen hans, den milde stemmen, den utdratte fraseringen på grensen til lav sang, har preget mange andre som prøvde seg i genren j&p og beslektede musikk-lyrikk-former, og noen har funnet seg til rette i genren på egen hånd. Jeg nevner lyrikere og opplesningsartister som Jacques Werup, Lars Saabye Christensen, Odd Børretzen og Peter Poulsen. JEVs samarbeid med jazzmusikere begynte med Briskeby blues, 1969, og det var en sterk åpning. Diktet „Tang“, som taler om et sommerminne, blir tett flettet inn i en nydelig drømmeaktig stemning og et bølgende lydmaleri, fremkalt av Jan Garbarek, Terje Rypdal, Arild Andersen og Jon Christensen. Neste plate, med samme gruppe, het HAV, 1971. Side 2 er interessant, fordi den viser særlig tydelig lydingeniørens - her Svein Erik Børjas, på de andre platene Jan Erik Kongshaugs - bidrag til de poetisk-musikalske syntesene i JEVs samspill med Garbarek. Selv om JEV med denne formasjonen også gjorde liveog TV-opptredener, ble diktene for plateproduskjonen lest og tatt opp separat og av lydingeniøren plassert inn i musikken som var komponert og spilt inn med tanke på dem. Hele side 2 på HAV er et eneste langt instrumentalnummer - med bare et lite dikt, musikalsk presist på det rette stedet føyd inn omtrent i midten: tung stille sjø som det sene vak åpner hun seg Neste Garbarek-Vold innspilling er dobbeltalbumet ingentings bjeller, 1977, og det er det mest ambisiøse og gjennomstrukturerte prosjekt i JEVs plateproduksjon i det hele tatt. Min favoritt på den, hvis man da overhodet vil rive noe ut av helheten, er „Lady nynner blues“. Det er den eneste gangen Garbarek har spilt inn en blues. Både han og JEV spenner ut fraseringen veldig djervt over taktslagene og taktgrensene og utvikler linjene sine kontrapunktisk. Men legg merke til hvordan de kommer sammen på det tunge første taktslaget på tekstens „ro“! Og hvordan Garbareks tenorsax 216 Sml. Kritikertorget NRK, 16. 10. og 23. 10. 1999. „ „ “ “ III. Jan Erik Vold 222 markerer tekstens trikk som runder hjørnet! Og så, hvordan Garbarek løfter av mot månen over Nordre gate etter at diktet er slutt. Etter ingentings bjeller begynner den musikalske mainstream-fasen i JEVs J&Pkarriere. Nå blir hans Lester Young-frasering rendyrket og utviklet til perfeksjon. Også her handler det om forskyvninger i forhold til taktslagene. JEV kommer gjerne inn ganske sent i første eller annen takt av tema eller chorus, men da markerer han sin suverene presens med en ekspressiv, hviskende lang stavelse. Slik pleier Miles Davis å åpne soliene sine (i motsetning til f. eks. Cannonball Adderly, som stormer inn allerede før det nye chorus er begynt). Og slik, med mye luft i tonen, pleier Lester Young å starte, for siden å fortsette, akkurat som JEV når han leser, og som tekstene hans er bygget opp: nonchalant slentrende og med sære avvik fra de forventede harmonier eller melodiske/ motiviske bevegelsene. Einar Økland har påpekt slektskapen mellom JEVs tekster og Lester Youngs spillemåte allerede før JEV ble plateartist, i en anmeldelse av Mor Godhjertas glade versjon. Ja, i Vinduet 1968. På plata Den dagen Lady døde, 1986, leser JEV dikt av Frank O’Hara, godt understøttet av Egil Kapstad, Nisse Sandström og Red Mitchell. Diktet „Et skritt unna dem“ handler om synsog hørselsinntrykk og assosiasjoner under en lunsjpause ute på New York Citys gater, dagen da nyheten om Billie Holidays død ble slått opp i avisene. Til denne teksten hører vi en rørlig, busy, fort svingende storbymusikk. Sandström lirker seg svært elegant inn i JEVs ordstrøm på stikkordet „brått tuter alle bilene“ - med å tute på tenorsaxen. Legg merke til JEVs varierte, dynamiske frasering, som en instrumentalist i kollektivimprovisasjon med Sandströms horn. En stor del av fortjenesten for helhetsvirkningen tilkommer selvfølgelig musikerne, men det fungerer bare fordi de kan stole på sin frontmann. Det er JEV som er sentrum og setter i gang alt sammen. Det er han som stimulerer og pådriver interaksjonen. Som et eksempel på „The You-know-what-I-mean-dialect“ kan „Koan for en kulturbyråkrat“ på Blåmann! Blåmann! , 1988, tjene. Bandet spiller „How High the Moon“, og Chet Baker ser ut å ha forstått ikke bare når diktet er slutt, men også diktets poeng. Den bornerte kommunistiske byråkraten, som befinner seg i knipe fordi Jaroslav Seifert fikk Nobelprisen, vet ikke hvem som var kulturminister på Balzacs tid. „Nei nettopp, sa Seifert.“ Og her tar Baker umiddelbart over, som om det var Vold selv som fra resitasjon går over i sang, og leverer en melankolsk, resignert ironisk scat. 217 At det klaffer til de grader mellom poesi og jazz må bety at JEVs dikt allerede i seg selv har jazz-kvaliteter, på mange punkter er inspirert av amerikansk kultur. De forholder seg til jazzoetry eller jazzthetics-linjen i amerikansk lyrikk. Det har å gjøre 217 2012 laget den polske musikforskeren Jan Ciglbauer en mikroanalyse av sporet „Wigwam“ fra samme CD på YouTube med notetranskription og musikk-tekst analyse: www.youtube.com/ watch? v=0dcgTHlf9ME. J&P konspirasjon 223 med den muntlige attityden, det fortellende, med urbaniteten, hverdagsmotivene, inkludert uhøytidelige menneskelige (erotiske) konflikter, med assosiasjonsflytet og synkoperytmen i tekstene, rent bortsett fra de motiviske henspillinger til jazzen og en viss humoristisk-trist bluesfølelse. Der JEV allerede i tekstene opererer med en rik intertekstualitet, blir den i J&P-versjonene så å si utvidet ytterligere med den musikalske intertekst og musikkens eventuelle semantiske konnotasjoner gjennom låttitlene eller visse lydeffekter, viten om biografien til musikerne som spilte dem, etc. I intervjuet med Roald Helgheim sier JEV: Amerikanske jazzmusikarar har alltid fortalt oss at for å kunne spele ein låt bra, må du ikkje berre kunne teksten, men også historien bak låten. Men her blir ein standardlåt med ein spesiell historisk bakgrunn kobla til eit dikt med ei anna historie, forfatta av ein norsk lyrikar. De viktigste aspektene ved jazzoetry som jeg finner realisert i JEVs lyrikk kan nevnes under seks punkter: 1. Anti-elitær holdning. Poesien skal ut av det intellektuelle elfenbenstårnet. Sammenlign JEVs drøm om skøyteog fotballpublikum som jubler til poesien, uttrykt gjennom innersidefotografiene i antologiene POESI 14x14 og POESI PLUSS. Erfaringene diktene setter ord på, deres solidaritet appellerer til og omfatter andre, nye kretser enn det etablerte, alvorstunge litteraturmiljø. 2. Motivutvidelse og motiv-avhierarkisering, bort fra sentrallyrikken; åpenhet mot lavkulturen, den moderne storbyvirkeligheten i alle dens urene og høyst blandede ytringsformer: kyllingvinger i Vøyensvingen, Kampetrikken, enkeltsokker, karamellpapir, men - hvorfor ikke - også furukongler og mislykkede samleier - og vietnamkrigen og zen-buddhisme, nedlegging av barnehager og Bislett stadion, vanskjøtsel av skattepenger, politiovergrep, bestialitet på Balkan som vi blir konfrontert med daglig i avisene og på TV-skjermen … 3. Multimediale overganger og blandinger av musikk, kunst, litteratur og showbusiness, levende kommunikasjon med publikum på dets hjemmebane. Kenneth Rexroth snakket provokativt om at det gjelder å ta opp konkurrensen med dresserte hunder og kabaretsangerinner. Langston Hughes snakket om „audience participation“. Dertil hører gleden ved, og ikke minst evnen til å utfolde seg på en scene, gjerne prate litt med publikum mellom numrene … 4. Parodistisk holdning og intertekstualitet. Lyrikken siterer, forvrenger, imiterer, omfunksjonerer, prøver ut alle mulige former, som når Charlie Parker siterer motiver fra Bizets Carmen eller John Coltrane knar en schlagermelodi, flytter den fra en tradisjon til en annen. 5. Det hele blir da „multikulturelt“ og „interdiskursivt“ (spesialdiskurser føres sammen til nye, uventede almendiskurser). Norske miljøer og tradisjoner blir konfrontert og syntetisert med japanske og amerikanske, høykultur med lavkultur, idrett med litteratur: „Oscar Mathisen var ikke mindre viktig enn Sigrid Undset … Pål Tyldum skisportens Vesaas … Hvem er poesiens Maradona? “ Vinjes III. Jan Erik Vold 224 Blåmann assosieres med Bluesman når den dukker opp i tittelen på plata med Chet Baker. Et veldig godt dikt med sammenkobling av spenninger hos et norsk par på bryllupsreise, japansk gammel dramatradisjon og amerikansk jazz er „Kabuki“ fra sirkel, sirkel, 1979. JEV har aldri lest det opp til musikk, men det er et godt eksempel på mye som jeg kaller jazz-typisk hos JEV i denne artikkelen: den synkoperende linjedelingen og rytmeskiftet, vekslingen mellom korte og lange setninger, stakkato og legato, parataktiske og hypotaktiske syntagmer om hverandre, gjentakelsene, ironien og den undertrykte aggressiviteten, de fortellende innslagene med direkte tale, den forutsatte kulturelle viten: KABUKI Hesten brenner. Gården brenner. Helten raser. Helten legger seg på kne og raser. Mot sviket. Mot skjebnen. Mot verden. Det låter som Coltrane på Village Vanguard minst. Så sinna tror jeg du også kunne være, sier Hjerterdam - om du ville. 6. Av formale kjennetegn kan også følgende nevnes: • Relativt opplagt, men ikke tilstrekkelig og ikke nødvendig engang, er det at diktet snakker om jazz, kaller seg blues i tittelen, har bluesstrofe-form, etc. • Teksten utfolder seg som en improvisasjon, assosierer rundt et motiv, viker av i digresjoner, akkumulerer stoff på en rapsodisk måte, som f. eks. i „Lena - Botvids blues (tematisk)“ fra Briskeby blues, spilt inn på plata Pytt Pytt Blues. • Ledemotiv, gjentakelser og anaforer fungerer som det jazzmusikerne kaller for riffs og sekvenser. • Enjambement (JEVs typiske „uorganiske“ linjedelinger, se Kabuki-diktet) virker som synkoper allerede rent optisk i boka, og de utnyttes slik under opplesningen. Veksling av rytmiske strukturer og setningslengde former tekstene som en jazzsolo, der langsomme fraser plutselig avløses av sekstendelers kaskader og eksplosjoner. • Språket er „urent“, med Bakhtin: dialogisk. Hos JEV forekommer mye dialekt, slang, engelsk, svensk, og sitater fra noe venner har sagt eller andre poeter har J&P konspirasjon 225 skrevet. Og det forekommer litt banning og pornografiske innslag, det de fargede i USA kaller for dirty dozens eller signifying. Som jeg allerede har sagt og demonstrert, har ikke JEV Barakas og andre svartamerikaneres aggressivitet. Kanskje kunne JEV bli like forbanna som John Coltrane på det berømte live-opptaket fra New York Jazzklubben Village Vanguard, hvis han altså ville. Poenget er at han ikke vil. Det er et kunstnerisk valg i samsvar med at det tross alt er noe annet to have the blues fordi man lever i New Yorks eller Chicagos ghetto, enn å være en „social climber, climbing down“ (Lawrence Ferlinghetti) i tekster av en lyriker som lever et relativt velbeskyttet liv i Oslo og Stockholm. Sorgen og sangen er hos ham „Pain swallowed in a smile“ (Langston Hughes). Noe annet skulle være en tilsnikelse. JEV er ingen „white negro“ eller „technical nigger“. Akkurat denne problematikken med den europeiske adapsjonen av svart motkultur tematiseres på en underfundig måte i diktet „Ord til en gravsten“ fra sirkel, sirkel. Det norske paret Prins Adrian og Hjerterdam er i Chicago og vil ta bussen til slummen i South Side. Det er bare svarte i bussen, og en slitt kvinne prøver å mobbe dem ut. Knut Reiersrud lager en spøkelsesaktig sound til JEVs resitasjon på albumet Sannheten om trikken er at den brenner, 1990. Samspillet mellom Nisse Sandström og JEV er hele tiden av en helt utrolig art. De to - og naturligvis Egil Kapstad - stoler virkelig på hverandre. De er i absolutt toppform, løfter formelig av på „Funny“, fra Pytt Pytt Blues, 1992. Peter Rühmkorf snakker i et intervju om at diktlesing til jazz er som seilflyving. Musikken er da noe gitt man må regne med, er nødt til å forholde seg til, på samme måte som seilflyveren er henvist til bærende luftlag. Hos JEV og Sandström kan det gå begge veier - poetens tekst og resitasjon er også bærende luftlag for saksofonisten, og da letter de og svever/ swinger sammen. Låten heter „Parker’s Mood“. JEV er i toppform. Det beste sporet på den nyeste 218 CDen, Storytellers, 1998, er etter mitt skjønn Gunnar Ekelöf-diktet „En verklighet (drömd)“, med Vold-Ekelöf-Sandström og Lasse-Gullin-melodien „Merlin“ i avslappet, men samtidig intens meditasjonssamtale. Det er en musikalsk-lyrisk sammensmelting som man kan høre på gang på gang og bare bli grepet av. Siste eksemplet mitt er fra samme CDen. På den er det for annen gang i JEVs mainstreamfase med en trommeslager, Ole Jacob Hansen (første gang, på Sannheten om trikken, er Jon Christensen med på noen av sporene), dessuten Bernt Rosengren på tenor ved siden av Nisse Sandström, og Roy Nicolaysen på trompet og flygelhorn. 218 Etter at denne artikkel ble trykt kom to CDs til: Drømmemakeren sa (med Egil Kapstad (p), Atle Nymo (ten) samt strykekvartetten On the Corner, 2008 - Blackbird By By (Jan Erik Vold, Arild Andersen (b), Bill Frisell (g), 2010. Dessuten Jan Erik Vold Vokal. The Complete Recordings 1966- 1977, 2009. Opptakt med Chat Baker kom i en versjon, der JEV leser diktene på engelsk: Telemark blue, 2009. III. Jan Erik Vold 226 I rytmeseksjonen spiller Jacob Young gitar og Terje Gewelt bass. Musikalsk leder er som alltid Jan Erik Volds gamle venn Egil Kapstad. I intervjuet med Helgheim sier JEV at Kapstad er den eneste musikeren han kjenner som er genuint interessert i lyrikk. Han kjenner standardrepertoaret i jazzen ut og inn og kan plukke den rette låten med den rette stemningen og den rette rytmen. „Egil har alltid spela den musikken eg sjølv har lytta til, den musikken eg lærde å elske, som alltid overlever og som det er stadig like herleg å frottere seg i.“ Det utvidede bandet på Storytellers kommer veldig fint til utfoldelse på platas siste spor, med det eneste diktet av JEV selv på denne plata. Opplegget med intro av tekst uten musikk fungerer som når Erroll Garner spiller sine lange, tricky, retarderende og spenningsoppbyggende innledninger solo. Man lurer hvor det bærer hen, men endelig kommer han med en befriende gjenkjennelseseffekt i mål hos en standardlåt, kompen setter inn - spenningen er oppløst, musikken svinger i vei. JEV leser „Trikken er et øye som går på skinner“. Låten - hva annet - er „Take the A-Train“. Her kan man, once more, høre hvordan JEV blir ferdig med diktets enkelte avsnitt innenfor chorus og begynner med et nytt avsnitt - og i et nytt stemmeleie og med nye rytmiske figurer - sammen med låtens B-del eller med den nye solisten. Og hvordan instrumentalistenes melodiske og rytmiske poenger gang på gang faller sammen med tekstens og resitasjonens poenger, peripetier og assosiasjonsskift. Når tema setter inn igjen etter soloene, må teksten komme til slutten sammen med det. JEV klarer det uten å forhaste seg, og han bruker den siste korte setningen, sluttklemmen, til en liten kadens på sluttakordens fermate, akkurat som særlig tenorsaksofonister (eller altså pianister som Erroll Garner) liker å gjøre det på samme sted. Formskjemaet for hele forløpet ser da ut som det for en klassisk sonatesats (første satsen i en symfoni): Intro Tema Soli Tema Fermate kadens/ fermate Aog B-del 8 chorus Sml. sonatesatsen: Largo-innledning (hos Haydn) Eksposisjon Gjennomføring Reprise Coda Forresten: På platene med Garbarek blir suiteformen anvendt, men innenfor suitens deler er musikken som oftest bygt opp som en langsom Beethoven-sats (variasjonssats), og samme kurve danner også suitens satser over en hel plateside (sml. særlig side D på ingentings bjeller! ): rolig, nølende begynnelse med et tema som tar form ut av stillheten og av en innsettende rytmisk puls - økning av lydstyrke, tettere instrumentalisering, musikalsk bevegelse og intensitet, kanskje også av tempo, til klimaks - beroligelse ned til hvileog nullpunktet igjen, forsvinnen inn i stillheten. Og slik var faktisk også resitasjonen av „blikket“ i sin helhet bygd opp! J&P konspirasjon 227 I trikkediktets tekst faller den tematiske eksposisjonen sammen med låtens tema, mens utdypingen og digresjonene faller sammen med soliene i tett vev som det også er typisk for gjennomførings-delen i en sonatesats, der eksposisjonens materiale utvikles og knas harmonisk, melodisk og polyfont. Polyfonien i vår låt oppstår sammen med solistene pluss pianisten på den ene siden, og teksten/ resitasjonen på den andre siden. Den er ved flere fortettede steder på høyde med polyfonien hos Gerry Mulligan og Bob Brookmeyer eller hos trombonistduoen Jay and Kai (Jay Jay Johnson og Kai Winding), og det er tillatt, som på mange andre steder, her å tenke på Bach. Skal jeg si mer? Kenneth Rexroth praktisert J&P med forsettet „to get poetry out of the hands of the professors and squares“. Allen Ginsberg ville at poesien skulle utvikle seg fra boktrykkerkunst til det den en gang var: „living vocal social art“. Og dette har JEV med musikerne sine så absolutt klart. Så jeg sier ikke mer … Men kanskje JEV skal få siste ordet. Roald Helgheim spurte ham i intervjuet i Jazznytt, hvor lenge han tenker å holde på med J&P. Svar: „Så lenge det høyrest rett ut. Så lenge vi er på veg og ikkje stivnar til i klisjéar. Det heng jo også saman med spørsmålet om kvar jazzen skal gå. Det står mykje att å utforske.“ Baraka, Amiri, Daggers and Javelines. Essays, New York 1984. Ball, Gordon (ed.), Allen [Ginsberg] Verbatim. Lectures on Poetry, Politics, Consciousness, New York 1974. Baumgartner, Walter, „Jazz & Poetry. Skizze einer bimedialen Gattung: Poetik und Performance-Praxis“, i: Jazz Podium nr. 9 og 10, Stuttgart 1992 [med diskografi]. Baumgartner, Walter, „På med ørene! - Jan Erik Vold - Jazz & Poetry“, i: Asmund Lien (red.), Modernismen i skandinavisk litteratur (= XVII Conference of the International Association of Scandinavian Studies), Trondheim 1991. Gibson, Morgan, Kenneth Rexroth, New York 1972. Harris, William J., The Poetry and Poetics of Amiri Baraka, Columbia 1985. Helgheim, Roald, „Fra Briskeby til Pytt Pytt Blues. Jan Erik Vold i samtale med Roald Helgheim“, i: Jazznytt, nr. 4, Oslo 1993. Hultin, Randi, I jazzens tegn, Oslo 1991. Jemie, Onwuchekwa, Langston Hughes and the Harlem Renaissance. An Introduction to the Poetry, New York 1976. Kittang, Atle, „‚Din lytting skal være din sang‘. Om Jan Erik Vold og Jazz og Lyrikk“, i: Jazznytt, nr. 4, Oslo 1993. Malone, Leonard, „Looking back on the beat. jazz & jazz - poetry & poetry“, i: Jazz special nr. 14, København 1994. Morris, Adalaide, Sound States. Innovative Poetics and Accoustical Technologies, Chapel Hill & London 1997. III. Jan Erik Vold 228 Schroeder, Tom/ Manfred Miller, „Ich bin seit Hellas ziemlich heruntergekommen. Apropos Jazz & Lyrik“, i: That’s Jazz. Der Sound des 20. Jahrhunderts, Ausstellungskatalog, Darmstadt 1988. Rexroth, Kenneth, „Poetry in the 70’s“, i: The Alternative Society, New York 1970. Rexroth, Kenneth, Bird in the Bush. Obvious Essays, New York 1959. Sjögren, Thorbjörn, „Blindfold test [med Peter Poulsen]“, i: Jazz special nr. 14, København 1994. Sollors, Werner, Amiri Baraka/ LeRoi Jones. The Quest for a ‚populist modernism‘, New York 1978. Tucker, Michael, Jan Garbarek, Hull 1998. Vold, Jan Erik, Entusiastiske essays, Oslo 1976 [plateanmeldelser og artikler om Jazz og poesi]. Weinreich, Regina, The Spontaneous Poetics of Jack Kerouac, Carbondale & Edwardsville 1987. Økland, Einar, Anmeldelse av Mor Godhjertas glade versjon. Ja, i: Vinduet 1 (1969). 1. Lawrence Ferlinghetti/ Bob Dorrughi, „Dog“, fra Jazz Canto. An Anthology of Poetry and Jazz, World Pacific 1960 WP-1244. 2. Amiri Baraka, David Murray, Steve Mac Call, „Trane“, fra New Music - New Poetry, india navigation, New York 1981. IN 1048. 3. Jayne Cortéz/ Charles Moffett, „They Want the Oil“, fra There it is, 1982. 4. „Rekviem i oktober“/ Autumn Leaves: Jan Erik Vold og Miles Davis i JEVs Kalenderdikt. 5. „blikket“, Jan Erik Vold og Max Roach, Kritikertorget NRK 1999. 6. Jacques Werup, „Minns du Paris? “, Året då natten var kort, Dragon, Stockholm 1994, DRCD 258. 7. Peter Poulsen/ Jens Søndergaard, „Toftegårds plass“, lydkassett Peter Poulsen Jazz & poesi, 1994. 8. Lars Saabye Christensen/ Kåre Virud, „Blues for en av dagene“, fra: Med lyset på. Norsk utflukt, Blue Wolf Productions 1992/ 93. 9. Odd Børretzen/ Lars Martin Myhre, „Blues fra Oslo Ø“, fra Vintersang, Tylden & CoAS 1997, GTACD 8070. 10. Jan Erik Vold/ Jan Garbarek, „Tang“ fra LP (CD) Briskeby blues 1969, Philips, Norge, 854. 007 AY. 11. Jan Erik Vold/ Jan Garbarek, „Lady nynner blues“, fra CDen ingentings bjeller, PolyGram Records AS, 1992, PACD 09. 12. Jan Erik Vold/ Egil Kapstad, „Et skritt unna dem“, fra Frank O‘Hara: Den dagen Lady døde, 1986, LP Hot Club Records HCR 30. 13. Jan Erik Vold/ Chet Baker, „Koan for en kulturbyråkrat“, fra Blåmann! Blåmann! , Hotclub Records, Oslo 1988, HCRCD 50. 14. Jan Erik Vold/ Knut Reiersrud, „Ord til en gravsten“, fra Sannheten om trikken er at den brenner, Hotclub Records 1990, HCRCD 70. 15. Jan Erik Vold/ Nisse Sandström, „Funny“, fra Pytt Pytt Blues, 1992, Hotclub Records HRCD 75. 16. Jan Erik Vold/ Nisse Sandström, „En verklighet (drömd)“, fra Storytellers, Hotclub Records 1998, HRCD 110. 17. Jan Erik Vold/ Kapstad og venner, „Trikken er et øye som går på skinner“, fra Storytellers. Omtalte J&P-eksempler IV. Edith Södergran, Tarjei Vesaas Inger Christensen, Cornelis Vreeswijk, Cole Porter Der Mond leuchtet, aber er wärmt nicht. (Sprichwort) Durch uns ertönt das Horn der Zeit in der Wortkunst. Die Vergangenheit ist erstickend. (Klebnikow/ Majakowski, 1912) Es soll mir im Folgenden um die Interpretation eines Gedichts gehen, das mich durch seine Kürze, seine Schwierigkeit und seine ethisch-ästhetische Provokation zu einer näheren Beschäftigung reizte: Edith Södergrans „Månens hemlighet“ aus dem Gedichtband Septemberlyran von 1918. Månen vet… att blod skall gjutas här i natt. På kopparbanor över sjön går en visshet fram: lik skola ligga bland alarna på en underskön strand. Månen skall kasta sitt skönaste ljus på den sällsamma stranden. Vinden skall gå som ett väckarehorn mellan tallarna: Vad jorden är skön i denna ensliga stund. Ursprünglich war dieses Gedicht für mich nur ein instruktives Beispiel in einem didaktischen Projekt. Ich legte den Studierenden eine Reihe von Mond-Gedichten vor. In einem brainstorming versuchten wir anhand der historisch und weltliterarisch weitgestreuten Texte einzukreisen, was moderne Lyrik ist, wie sich ihre Verfahren und Inhalte, gerade bei einem sehr traditionellen Bild, wie es der Mond ist, untereinander und von älteren Gedichten unterscheiden. Dieses didaktische Verfahren funktionierte gut, und es ist auch keineswegs originell. In Maria Langs Kriminalroman Vitklädd med ljus i hår (1967) heißt es an einer Stelle: Sen skrev människan tjugonio sidor om två fullkomligt knasiga måndikter. Måndikter bland alla upptänkliga ämnen! Git som antingen inte hadde varit närvarande, när Kurre höll utläggningar om Endymion och Sub luna, eller ocksa varit för trött att plita ner den obetydligaste lilla anteckning, hon hoppade på räddningsplanken om Bostadsbristen, dess orsaker och virkningar. Das Verfahren in meinem didaktischen Projekt kann motivgeschichtlich, intertextuell und kontextuell genannt werden. Die Södergran-Philologie wendet es schon lange an, aber meist bloß, um Einflüssen nachzuspüren. Das Geheimnis des Mondes - oder des Windes? Ein Gedicht von Edith Södergran IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 234 Der Kontext wird oft sehr eng definiert und nur in anderen motivisch verwandten Gedichten von Södergran selbst gesucht oder in solchen, die sie nachweislich gekannt hat. Ein Gedicht aktualisiert jedoch Konnotationen und Assoziationen paralleler und kontrastiver Art in einem ganzen weltliterarischen Text- und Ideologieuniversum: vor, um - und auch nach! - Edith Södergran. Diese „intertextuelle Echokammer“ (Roland Barthes) hat Einfluss auf die Sinnentfaltung des aktuellen kleinen Textes - ob die Autorin nun alle die Mond-Gedichte, die z. B. mir einfallen, gekannt hat oder nicht. Das Gedicht, das ich mir vorgenommen habe, ist nie für sich und textimmanent genau interpretiert worden. Es hat sich sehr bald eine Ansicht darüber durchgesetzt, die mehr auf dem ersten Eindruck denn auf einer Textanalyse beruht. Nur ganz kurz will ich skizzieren, welche Ausgangslage ich in der Forschung vorgefunden habe. Gunnar Tideström, 1949, restituierte den historischen Entstehungskontext, den Anlass zu unserem Gedicht. Im finnischen Bürgerkrieg nahmen Ende April 1918 Mannerheims Truppen, die Weißen, das von den Roten besetzte Raivola ein. „Striden rasade omkring damerna Södergrans hus“ (S. 164). Offiziere von Mannerheims Brigadestab quartierten sich bei Södergrans ein - sie sind im Gästebuch Ediths verewigt. Am 26. April erging der Befehl, die gefangenen Roten zu erschießen. An diesem Tag war Vollmond. Am See von Raivola wachsen Erlen. Mond und Erlen gehören zur äußerst knapp ausgestatteten Szenerie unseres Gedichts. Tideström postuliert mit einer Plausibilität, die ich nicht anzweifle, einen direkten Zusammenhang zwischen diesen Ereignissen und dem Gedicht „Månens hemlighet“. Was uns als Leser dann aber beschäftigen muss, ist die Frage, warum im Gedicht jegliche konkrete Lokalisierung, ja die Identifizierung der Toten als Soldaten fehlt. Waren es Rotgardisten oder Weiße? Was machen wir aus der durch bewusste Reduktion erzeugten Unbestimmtheit dieses Textes? Tideströms Wertung des Gedichts lautet: I sin blandning av brutalaste verklighet och romantiskt-estetiskt avnjutande är denna dikt skrämmande. Men konstnärligt är den ju utomordentligt stark - en av de få dikter i svensk litteratur som Baudelaire knappast skulle ha haft nagot emot att vara fader till (Enckell). Skaldinnan själv har sedan dömt den hårt: ‚förstulen begärlighet efter liklukt, som bör hava publiktycke‘ (S. 165). George Schoolfield (1995) spricht von „the famous (or infamous) ‚Månens hemlighet‘“. Die zwiespältige Auffassung hat sich also bis heute, in ihren Grundzügen unverändert, tradiert. Dabei wurden die beiden Hauptkomponenten, makaberer Ästhetizismus und künstlerische Vollendung, nie genauer spezifiziert, wohl aber mit literarischen Parallelen von der Jahrhundertwende emphatisch abgestützt: Decadance! Olof Enckells Urteil ist noch radikaler. Er spricht von „dekadent perversitet“ und „njutningslysten sadism“, versucht aber gleichzeitig mit literarischen und biographisch-psychologischen Argumenten mildernde Umstände für die Autorin geltend zu machen (S. 80). Ernst Brunner (S. 308) und Staffan Bergsten bemerken, dass die Symbolik des Gedichts unklar sei. „Månen är visserligen inte direkt identifierad med Das Geheimnis des Mondes - oder des Windes? 235 döden men de båda kommer varandra ju ytterst nära“ (Bergsten, S. 136). Bergsten meint, dass Tideströms Lokalisierung und Enckells Baudelaire-Assoziation nicht weiterführten. Es sei deshalb „naturligt att gå till Nietzsche“, um brauchbarere Deutungshilfe zu erhalten. Das ist nicht falsch, aber natürlicher ist es für mich, erst einmal textimmanent der „unklaren Symbolik“ des Gedichts selbst nachzugehen: Erstens will ich genauer dafür argumentieren, dass das Gedicht „Månens hemlighet“ tatsächlich formvollendet ist. Zweitens komme ich zu überraschenden Resultaten, was die Symbolik und damit die ideologische Aussage des Gedichts betrifft. Ich halte es nicht für dekadent und makaber, wohl aber nach wie vor für provozierend, was für mich zu seinem ästhetischen Wert gehört. Zuerst zum Rhythmus, zur Lautgestalt und zur künstlerischen Ökonomie unseres Gedichts. Olof Enckell schreibt in einer Anmerkung, „Månens hemlighet“ sei „nästan metrisk bunden“ (S. 49). Das reimlose Gedicht ist hart gefügt. Jeder der sechs Zeilen entspricht ein Satz. Die ersten vier Zeilen weisen je sechs Hebungen auf. Mit nur wenigen und kleinen Unregelmäßigkeiten haben wir in den ersten beiden Zeilen Trochäen, in den Zeilen 3 und 4 Daktylen. Die ersten drei Zeilen haben männlichen Ausgang, sie enden auf einer betonten Silbe, die jeweils ein ganzes Wort ausmacht: „natt“, „fram“, „strand“. Zusammen mit der harten Fügung entsteht so ein Staccato mit einem semantisierenden Effekt. Die Zeilenaussagen wirken apodiktisch, sie gleichen dem, was Brunner das Staccato der expressionistischen Machtsprache nennt (S. 315). Die Zeile 4, mit der ersten eigentlich schockierenden Aussage, ist die längste des Gedichts. Sie hat einen weiblichen Ausgang: „stranden“. So wird etwas von der Provokation zurückgenommen, als wolle die Autorin - übrigens darin ganz anders als die deutschen Expressionisten - nicht zu dick auftragen. Die Zeilen 5 und 6 zeigen eine abnehmende Zahl an Hebungen, von fünf zu vier in der letzten Zeile. Der daktylische Rhythmus ist beibehalten, aber Zeile 6 hat wieder den apodiktischen männlichen Ausgang. Es ist inhaltlich die zweite und letzte Provokation - das Schönheitspostulat, diesmal ohne rhythmisches Versöhnungsangebot! Meine Inhaltsanalyse wird zeigen, dass das Sinn macht. Auch die Lautgestalt des Gedichts zeugt von einem ausgeprägten Stilisierungswillen. Den rhythmischen Regularitäten entsprechen zwar keine Endreime, aber durchaus auffällige lautliche Rekurrenzen, die ebenfalls zur Semantisierung einladen. Die Zeilen 1 und 4 fangen wortidentisch mit „Månen“ an. Die Zeilen 5 und 6 fangen mit identischen Buchstaben an: „Vinden“, „Vad“. Wo wir in dem Gedicht fast Anaphern (die Södergran sonst häufig anwendet) und fast Anfangsreim haben, bilden die bei den letzten Zeilen außerdem fast einen Stabreim: „Vinden“ … „väckarehorn“ … / „Vad“. Ich wage nicht zu behaupten, dass die Dominanz des Lautes „a“ in dem Gedicht gewollt oder gar sinn-mittragend ist; einen Stilisierungseffekt hat sie dennoch. Die partielle lautliche Rekurrenz in „alarna“ … „tallarna“ dagegen kann semantisiert IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 236 werden - dazu später mehr. Relevant ist sicher die vierfache Rekurrenz der Lautung „skön“, wobei eine davon von einem Homophon erzeugt wird: „skön“ (= schön) und „sjön“ (= der See). Sie verteilen sich auf die Zeilen 2, 3, 4 und 6. Als formales Leitmotiv auf der Signifikantenebene sind diese Lautungen isomorph zum offenbar zentralen Thema (Signifikat) des Gedichts, dem Schönheitspostulat, der vorgenommenen Umwertung des primo facie hässlichen Eindrucks von Leichen. Interessant ist noch die Zeile 4, die ja schon auffiel, weil sie die längste und die erste mit weiblichem Ausgang ist. Dass dieser weibliche Ausgang sich künstlerischem Taktgefühl verdankt und gleichzeitig doch gerade diese Zeile hervorhebt, bestätigt sich, wenn man realisiert, dass der provozierende Satz von dem ungerührt schönen Licht über den Leichen lautlich untermalt ist von einer auffälligen Rekurrenz von „s“ und „s“ plus Konsonant: „skall kasta sitt skönaste ljus … sälsamma … stranden“. Auch ohne Tideströms Restitution einer tatsächlichen Erschießung setzen die Leichen am Strand ja doch eine gewaltsame Verursachung, etwa Krieg, voraus. Bilden die vielen Zischlaute nicht das Zischen der in der Semantik des Gedichts ausgesparten Gewehrkugeln ab? Eine erste denotative Bildbetrachtung, die ich noch zur Formanalyse des Gedichts schlage, zeigt ebenfalls wohlberechnete künstlerische Ökonomie. Die Szenerie besteht aus nur ganz wenigen Elementen: See, Strand, Bäume. Sie ist beleuchtet vom Mond und akustisch belebt vom Wind. Der Mond zeichnet eine Vertikale, der Wind zeichnet eine Horizontale in das Bild. Die Wörter Blut und Leichen, je einmal erwähnt - im Gegensatz zu Mond, Strand und den Bäumen, die je zweimal erwähnt sind, stechen ab von dieser Idyllenschablone. Dass der Wind nur einmal genannt ist, und dass die Bäume bei der zweiten Erwähnung andere sind, dürfte wichtig für die Interpretation sein. Wir haben es tatsächlich mit einem außerordentlich dicht durchgestalteten lyrischen Text zu tun. Seine formale Komplexität bei größter Ökonomie genügt den Ansprüchen von l’art pour l’art in höchstem Maße. Die Formvollendung, im Kontrast zur inhaltlichen Provokation, soll mir aber Anlass sein, den aufgezeigten Spannungen in einer Inhaltsanalyse nachzugehen. Was sich im Lautlichen und Rhythmischen an kühnen Innovationen und Abarbeitungen an der Tradition zeigt (z. B. bei der Isotopiemodulation über die Homophone „skön“ und „sjön“, oder wenn in einem Satz, der von Schönheit spricht, gleichzeitig (Kugel-)Zischen zu vernehmen ist, das den Wohlklang der in derselben Zeile maximal gehäuften „a“ aufhebt), dürfte als Grundlage für die Hypothese ausreichen, dass sich auch im konnotierten oder evozierten Ideologischen entsprechende Komplikationen und Prozesse finden lassen. Was dort ästhetisch konstruktiv ist, dürfte hier erkenntnisproduktiv sein. Signale im Text, wie die Personifizierung des Mondes (er hat ein Geheimnis, er weiß, er wirft sein schönstes Licht) und der Wind, der mit einem Erweckungshorn verglichen wird, zeigen an, dass wir den Text nicht als bloße Situationsbeschreibung Das Geheimnis des Mondes - oder des Windes? 237 dessen, was Tideström als seinen Anlass restituiert hat oder dessen, was das Gedicht in all seiner Knappheit an Landschaft denotiert, zu verstehen haben. Wir sollen ihn als Symbol, als komplexes Bild für etwas anderes lesen. D. h. wir müssen, wie Jürgen Link es in seiner Theorie des literarischen Symbols vorschlägt, die Subscriptio finden, die zur Pictura gehört und die mit solchen Signalen fragmentarisch angedeutet ist. Das ist hier nicht so leicht wie in dem barocken Emblem mit dem Hund, der den Mond ankläfft. Dort ist die Pictura graphisch realisiert. Die Subscriptio erklärt den ideologischen Sinn des Bildes in Klartext und vollständig: Lunarem noctu, ut speculum, canis inspicit orbem: Seque videns, alium credit inesse canem Et latrat; sed frustra agitur vox irrita ventis, Et peragit cursus surda Diana suos. (Andreas Alciatus) Månen i tysthet går sin gång, och achtar ey Hund-glafs, Så gör Last-lös Man, som ährliga lefwer i stillo; Leer åt gabbara-gläntz; och klaffare-tunga förachtar. (Georg Stiernhielm) Die Pictura in Edith Södergrans Gedicht ist, anders als in der klassischen Emblematik, rein sprachlich und bewusst unbestimmt - sie kann vieles bedeuten. Wenn überhaupt die erwähnten Signale Fragmente einer zu suchenden Subscriptio oder Hinweise auf eine solche sind, dann sind sie hier immer noch bildlich. Sie verweisen auf eine Bedeutungsebene, die erst gefunden werden muss. Ich stelle nun einfach eine Reihe von Fragen und formuliere Beobachtungen zu dem schwierigen Text. Weil er so kurz ist, kann ich Wort für Wort vorgehen. 1. Was ist das Geheimnis des Mondes? Was und warum „weiß“ er? Folgt man Tideström, müssen ja viele Menschen gewusst haben, was an diesem Abend geplant war. Konventionell ist der anthropomorphisierte Mond stoischer Zeuge nächtlicher, das heißt sonst verborgener Ereignisse. Aber findet sich in dem Gedicht die Charakterisierung eines Geheimnisinhalts über das hinaus, dessen Zeuge das Sprechersubjekt des Textes ja offensichtlich ist? Es wird eher als mit dem Faktum der Leichen etwas mit der Schönheit zu tun haben, die der Szenerie zugesprochen wird. Oder ist es eine Suggestion, die ihren Inhalt ganz woanders findet als mit dem Mond? 2. Das Aussagesubjekt dieses Textes ist nicht manifest. Es kommt kein „Ich“ vor. Warum nicht? Und wo ist es dennoch fassbar? Dieses verborgene Ich kann es natürlich nur sein, das „weiß“. Es beschreibt die Szenerie und verrät seine eigene Betroffenheit durch seine Wertungen: „en underskön strand“, „skönaste ljus“ und, nun eher mit einem Vorbehalt: „den sällsamma stranden“. In der letzten Zeile, deren Sinn noch lange nicht geklärt ist, konstatiert es noch einmal: „Vad jorden är skön…“. Außerdem verantwortet das versteckte Ich den Vergleich zwischen dem Wind und einem „väckarehorn“. Aber es nimmt sich, soweit ihm dies möglich ist, zurück und projiziert sich und sein Wissen in den Mond, d. h. in eine höhere Instanz. Es unterstellt ihr eine immoralistische, ästhetizistische, überlegen-distanzierte IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 238 Haltung, zu der es selbst sich erst in der Schlusszeile zu bekennen scheint. Dass ihm der Strand mit den Leichen „seltsam“ vorkommt, zeigt seinen anfänglichen Widerstand - das Gedicht ist also keineswegs sadistisch oder unangefochten ästhetizistisch. Doch warum dieses Versteckspiel? 3. Was bedeuten die drei Punkte nach „Månen vet…“? Sollen sie die traditionellen romantischen Erwartungen einer „mondbeglänzten Zaubernacht“ (Tieck) aufrufen; „Guter Mond, du gehst so stille“ (Claudius), usw.? Ich nehme es an. Diese Erwartung wird dann noch in der gleichen Zeile brutal durchbrochen. 4. Was sind das für Kupferbahnen, auf denen die Gewissheit kommt? Wenn wir vom konkreten Anlass des Gedichts ausgehen, könnte es sich um Telegraphendrähte handeln, über die der Befehl zur Erschießung kommt. Schoolfield (1984), der als einziger solche Detailfragen an unser Gedicht stellt, sie aber nur sehr improvisiert beantwortet, assoziiert Geschosswurfbahnen und Kupfer-Patronenhülsen. Das geht aber nicht auf. Es ist ja nicht der Mond, der schießt. Und außerdem steht die Erschießung erst bevor. Wenn wir in der Pictura bleiben und uns z. B. an Edvard Munchs Mondbilder erinnern, handelt es sich dabei um den Reflex des Mondes auf dem See. Vielleicht führt die Deutung der typischen Mondreflexe auf Edvard Munchs Bildern als Phallussymbole zu einem brauchbaren Inscriptio-Element? Und - oder, wenn es sich nicht um Mondreflexe handeln sollte: Könnte die Assoziation von Kupferbahnen zu Telegraphendrähten als Übertragungs- und Kontaktmedium im weitesten Sinne gehen? Wir haben es in diesem Gedicht in jedem Fall mit dem typischen Södergran-Muster zu tun, das Finn Stein Larsen und andere nach ihm aufgezeigt haben: Unten vs. Oben, plus ein vertikales verbindendes Element (oft ein Baum, ein Blitz, etc.). In unserem Gedicht hätten wir das versteckte Ich unten bei den Leichen am Strand, oben den Mond, bzw. die konkrete, ursächliche Instanz, die für das Blutvergießen verantwortlich ist (letztlich Mannerheim), und die Kupferbahnen als Verbindung. Diese Verbindung wäre insofern ein realistischerer Ausdruck für die Beziehung des Ich zum Mond, als es die stillschweigende Identifikation ist. 5. Warum wirft der Mond sein schönstes Licht auf die unmenschliche Szenerie? Erst durch diese unterstellte intentionale Ästhetisierung entsteht der Affront. Der wunderschöne Strand in Zeile 3 ist ein bloßes Faktum. Ist die ästhetisierende Handlung des Mondes zynisch oder tröstlich gemeint? Naiv tröstlich wohl nicht, denn Erwartungen, wie wir sie an Mondgedichte von Claudius, Goethe, Eichendorff herantragen dürfen, sind ja bereits in der ersten Zeile abgewehrt worden. Auch das Ich wertet die Haltung des Monds vorerst offensichtlich als zynisch. 6. Ganz wichtig scheint mir der Wind zu sein, der jetzt plötzlich in dem sonst so einheitlichen Bild auftaucht. Hier kommt nicht nur Akustisches, sondern zum ersten Mal Bewegung in das Bild. Der Vergleich mit einem Horn deutet an, dass auch der Wind Träger einer Intention ist. Von irgendwoher bringt er eine Botschaft, die für die Bewertung der Pictura wichtig ist und die in der evozierten Subscriptio eine Wende auslöst. Ein „väckarehorn“ assoziiere ich am ehesten mit einer alttestamentlichen Posaune, wie sie in der Apokalypse, bei Jericho usw. ertönt, oder dem Gjal- Das Geheimnis des Mondes - oder des Windes? 239 larhorn der nordischen Mythologie. Die rhetorische Figur des Vergleichs führt als solche prinzipiell in die Subscriptio, nur dass diese hier eben noch immer bildlich ist. Wird hier ein biblischer Mythos als Sinnebene eingeführt, in der die Fragen lösbar würden, die der Text bis jetzt aufwarf? Interessant ist, dass das Bildelement Wind/ Horn wie die Kupferbahnen oben eine Verbindung, einen Transfer bezeichnet - hier aber nicht vertikal, sondern horizontal. Das hieße, die Lösung für die Anfechtungen des Ich, das sich mit dem Mond nur zögernd identifizieren kann, wäre womöglich von ganz woanders her als von „Oben“, in der Identifikation mit dem Mond, zu lösen? Dies würde bestätigt durch die Singularität dieser Zeile formal (als einzige fünf Hebungen plus weiblicher Ausgang; lautliche Rekurrenzen gemeinsam nur mit Zeile 3; „alarna“ durch „tallarna“ ersetzt) und semantisch (Wind kommt nur hier vor, alle anderen Bildelemente - Mond, Strand, Bäume - und Tote - blod, lik - erwähnt der Text zweimal). Wenn aus den breiten, optisch eher niedrigen „alarna“ hier die schlanken, hohen „tallarna“ wird, ist dies eventuell eine Kompensation für die verworfene kosmische Vertikale zum Mond. Was könnte dies bedeuten? 7. Was bedeutet der Doppelpunkt am Ende der fünften Zeile? Wer spricht überhaupt die Worte der letzten Zeile? Ich habe oben unter Vorbehalten angenommen, es sei das verdeckte Ich des Gedichts. So scheinen es auch alle Interpreten von Tideström bis zu Brunner ohne weiteres aufgefasst zu haben. Ihr Sadismus-Befund, gemünzt auf die Dichterin selbst, beruht darauf. Der Doppelpunkt wird so gelesen, dass nach ihm das Fazit aus allem vorher Gesagten kommt, und zwar ausgesprochen und verantwortet vom unsichtbaren, direkt mit Edith Södergran gleichgesetzten Ich. Die grammatisch nächstliegende Lesart ist jedoch, dass es der Wind ist, der spricht. Die letzte Zeile wäre dann der Inhalt der Horn-Botschaft, die beim Ich als Erweckung fungiert. Dann kann der letzte Satz gleichzeitig auch schon eine neue Haltung, nämlich die des erweckten Ich ausdrücken. Beide Lesarten des Doppelpunktsatzes überlagern sich. Von der Aufschlüsselung der fünften Zeile hängt offenbar sehr viel ab. Das eigentliche Geheimnis in dem Gedicht scheint der Wind zu enthalten. 8. Bis jetzt war die Rede von einem einzigen, eng begrenzten Schauplatz: einem See mit Bäumen am Strand. Warum heißt es jetzt in der letzten Zeile plötzlich „jorden“? Offensichtlich ist nach der Intervention des Windes/ Erweckungshorns die Szenerie ausgetauscht worden. Oder sie erscheint erweitert und verabsolutiert zur ganzen Erde. Ist dann die Schönheit, von der in dieser Zeile die Rede ist, noch dieselbe wie in Zeile 3 (faktische, natürliche Eigenschaft des Sees) beziehungsweise in Zeile 4 (ästhetisierende Versilberung eines durch Leichen „sällsam“ gewordenen entfremdeten Strandes)? 9. Letzte Frage. Wieso heißt es in Zeile 6 „ensliga stund“? Damit wird noch einmal problematisch, wer hier eigentlich spricht. Aber noch mehr, wie die Zeitverhältnisse in diesem Gedicht überhaupt sind. Die Pictura durchläuft auf jeden Fall zwei Zeitstufen, d. h. es gibt einen narrativen Verlauf, der einer Bewusstseinsänderung des Aussagesubjekts entsprechen könnte. Wohl steht die ganze Szenerie im Präsens, das Geschehen wird als futurisch imaginiert. Aber innerhalb der ersten fünf IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 240 Zeilen mache ich eine Ereignisfolge aus. Zuerst weiß der Mond (eigentlich das Ich), dass Blut vergossen wird. Ab Zeile 3 ist dies geschehen, und zwei unterschiedliche Reaktionen darauf werden mitgeteilt: Der Mond verschönert nach wie vor, oder erst recht, ungerührt die Landschaft. Aber ein Wind erhebt sich und nimmt die Situation zum Anlass einer Erweckung. Ich glaube nicht wie Schoolfield (1984), dass diese Erweckung den Toten gilt, sondern dem Ich, das, sich verbergend, Zeuge des Ganzen ist. Der Wind steht für eine Alternative zum Immoralismus des Mondes. Erweckung, Hornsignale haben etwas mit Aufbruch, Moral, Appell, Aufruf zum Umdenken und situationsveränderndem Handeln zu tun. (Edith Södergran hat das Manifest der russischen Futuristen, dem ich mein zweites Motto entnommen habe, gekannt.) Die Frage bleibt, zu welcher Zeitstufe die Aussage der letzten Zeile gehört. Ich kann sie nicht eindeutig beantworten. Es gibt zwei Möglichkeiten, und das Gedicht verändert seinen Sinn entscheidend, je nachdem, welche man wählt. Bedeutet „ensliga stund“, dass wir uns in der ersten Zeitstufe befinden? Dann gehörte die letzte Zeile chronologisch an den Anfang. Das Gedicht spräche von einer einsamen Idylle, die bald durch ein Blutvergießen gestört werden wird. Streng grammatisch kann nur dies gemeint sein. Die drei Sätze des Textes, die im Präsens stehen (Zeilen 1, 2 und 6), konstituieren den Ausgangspunkt der Zukunftsperspektive. Das Gedicht wäre dann jedoch bloß nostalgisch. (Matthias Claudius um 1918 ist aber nicht mehr möglich, dies hat der Text schon klargemacht: Es geht um mehr als um die Nachtruhe des „kranken Nachbarn“. Ganz zu schweigen davon, dass eine Edith Södergran je einen so unsäglichen Kitsch wie das Gedicht „Månenstralar“ von Carl David af Wirsen verbrechen könnte: „Och månen silfver stänker/ På susande fors och lund […]/ Af strålar, som flyr och bäfva,/ Ett skimrande nät de väfva/ och draga dig hem till sig“.) Und der Satz steht nun einmal nicht am Anfang, sondern am Schluss. Oder bedeutet „ensliga stund“ die Situation des Ich nach dem Blutvergießen, allein mit den Leichen und dem Wind am Strand. Das Präsens wäre dann, ähnlich wie der Doppelpunkt davor, ein Signal für die Verabsolutierung des Resultats der futurisch gedachten Bewegung im Gedicht. Eine kühne Lesart, die mit einer kühnen Dichterin rechnet, könnte auch hier eine Überlagerung, ein doppelt exponiertes Bild eines grammatischen, nostalgischen Präsens (erste Zeitstufe) und - in und mit demselben Satz, der nun aber manifest am Schluss eine andere Bedeutung hat, - des absoluten Präsens annehmen. D. h. derselbe und nur einmal geäußerte Signifikant hätte je nachdem, ob man ihn sich am Anfang oder am Schluss des Geschehens denkt, ein anderes Signifikat. Am Anfang: Einstellung auf ein nostalgisches Bedauern, dass der schöne Strand bald - d. h., wenn er nicht mehr „enslig“ ist - geschändet werden wird. Am Schluss: Ergebnis einer Erweckung, einer neuen historisch-moralischen Perspektive auf die ganze Erde = Menschheit. Die Schönheit in Zeile 4 wäre eine ästhetizistische Haltung, die als falscher Versuch abgewiesen wird, der Nostalgie der ersten Zeitstufe Dignität zu verleihen und sich durch eine Projektion des Ich in den Mond dem schieren Entsetzen zu entziehen. „Schön“ in der letzten Zeile dagegen wäre in einem anderen, Das Geheimnis des Mondes - oder des Windes? 241 neuen Sinn zu verstehen. Die Bedeutung der Homophone gleitet von „skön“ = ästhetisch über „sjön“ = naturschön zu „skön“ = ethisch schön. Das überraschende Resultat meines Gedankenspiels lautet, dass das Gedicht eine dialektische Auseinandersetzung mit und eine Überwindung von sowohl Nostalgie als auch Ästhetizismus und nietzscheanischen Immoralismus auslöst. Der Mond in unserem Gedicht birgt nun kein so großes Geheimnis mehr. Der lunare Phallus, die Vergötzung der phallischen Macht wird abgewiesen, das Ich will kein lunatic sein. Es ist durch die Erfahrung der realen Brutalität aus seinem schönen Traum gerissen worden. Umso größer erscheint das Geheimnis des Windes, der nur einmal, aber sehr exponiert auftritt. Mit anderen Worten: Was ist denn nun der Inhalt der Erweckungsbotschaft, die eine so entscheidende Rolle in dem Gedicht spielt? Bis jetzt blieb sie leer bzw. führte zu sehr abstrakten Konnotationen (Semen) wie Horizontale, moralische Dimension, mythisch. Hier nun stößt die textimmanente Analyse an ihre Grenze. Es böte sich der „Gang zu Nietzsche“ und das Befragen des Södergranschen und weltliterarischen, inklusive biblischen Kontexts an. Man kann so das kleine Gedicht amplifizieren und mit identischen und strukturverwandten Bildelementen anderer, verwandt erscheinender Gedichte interfolieren, in denen die Subscriptio deutlicher ist, das Gedicht also neu konstruieren. Ein solches Vorgehen, das ist mein methodischer Vorbehalt und meine Kritik am Kontextualisierungsverfahren, wie ich es in der Södergran- Forschung gefunden habe, muss von einer vorgängigen textimmanenten Analyse geleitet sein. Man darf die einzelnen Bildelemente nicht isoliert deuten. Sie erhalten ihre aktuelle Funktion erst in der aufgezeigten Spannungs- und Verlaufsstruktur. Zum Beispiel muss die Opposition Mond vs. Wind, die wir gefunden haben, dabei zentral sein. Denn es ist ja keineswegs sicher, dass Mond, Strand, Tote, Wind, Horn, Schönheit, Geheimnis in dekadenten oder expressionistischen Gedichten - ja nicht einmal in allen Gedichten Södergrans in ein und demselben Gedichtband - stets dasselbe bedeuten. Hier liegen Fallgruben, denen die Forschung nicht immer entgangen ist. Wenn man mit Hilfe von Symbollexika (laut denen der Mond sowieso alles mögliche Widersprüchliche bedeuten kann) und etwa anderer Gedichte von Nietzsche, Steiner, Mombert sowie von Södergran selbst den Mond mit Tod assoziiert, dann führt dies zu dem Interpretationszusammenbruch, den Bergsten und Brunner zugeben, wenn sie von undeutlicher Symbolik in unserem Gedicht sprechen. Das Gedicht wäre ohne Dynamik, lediglich rhetorisch redundant. Die Symbolik in „Månens hemlighet“ ist nicht undeutlicher als in anderer modernistischer Lyrik. Aber sie ist anders als in den von den genannten Interpreten zur Entschlüsselung herangezogenen Gedichten. (Das Motiv des toten Soldaten gibt es auch bei Rimbaud und bei Tarjei Vesaas, es stellt wahrscheinlich ein besseres Suchwort dar als „Mond“! Und übrigens: Ein Gedicht von Theodor Däubler, das den Södergran-Komparatisten bisher nicht aufgefallen ist, heißt „Geheimnis“. Es enthält IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 242 die Motive Mond, Tod, Kupfer und Wind: „Der Vollmond steigt auf steilen Kupferstufen/ […] Ein Tier, das starb, hat ihn emporgerufen/ […] nun ist es bloß der Wind.“ Doch anders als im Södergran-Gedicht steht bei Däubler der Wind nicht für eine Alternative, sondern ist ein Äquivalent für den Mond! Dynamischer ist eine Stelle bei Mombert, und ein Horn spielt dabei eine Rolle: „Es war zur Nacht, da ich ins Meerhorn stieß./ Es war zur Nacht, da ich zum Aufbruch blies./ Es war zur Nacht, da ich den Strand verließ.“) Ich meine, dass der Mond in „Månens hemlighet“ strukturell die Position einnimmt, die in dem Unten-Oben-Muster so vieler Södergran-Gedichte aus ihrer sogenannten Elevations- oder Nietzsche-Phase die Sonne, der Adler, die Wolke, die großen Bäume und die großen Männer (Dr. Muralt, oder hier Mannerheim? ) etc. einnehmen. Er stellt also die Folie dar für die ideologisch zweifelhafte und später von Edith Södergran selbst zurückgenommene kosmische und/ oder Übermensch- Projektion. Konkreter Anlass, in unserem Gedicht an diesen strukturellen Ort nun stattdessen den Mond einzusetzen, wird das von Tideström bezeichnete Faktum einer Erschießung am 26. April 1918 gewesen sein, als eben Vollmond war. Aber einmal in den Text eingesetzt, „denkt das Bild“ (Brunner), besser gesagt, es hilft denken, es bewirkt etwas in der Sinnstruktur, lenkt die Semiose in andere Bahnen. Die vom Symbollexikon bezeugte Mehrdeutigkeit von Mond setzt einen selbstkritischen Erkenntnisprozess frei. Gewisse fragwürdige positive Konnotationen des Oben werden eingeklammert. So folgt auf Elevation zwangsläufig der Fall, die Ernüchterung, das nur noch größere Leiden an der schlechten Wirklichkeit, von der man sich abstoßen wollte. Stagnelius in „Endymion“ und Schack-Staffeldt in „Indvielsen“, zwei berühmten romantischen Mondgedichten, wussten dies: „När han vaknar en gång, vad ryslig tomhet / skall hans lågande själ ej kring sig finna! “ Und: „Dog blev fra nu for Tanke og Trang / Jorden et Fængsel“! Diese Bild- und Sachlogik wird in Gedichten überspielt, in denen Edith Södergran die Sonne als zentrales Pictura-Element für das Oben einsetzt. Aber: „Du schaust so kalt herunter, / O Mond, als wäre ich tot“, heißt es in einem in deutscher Sprache geschriebenen Gedicht Södergrans von 1908. In ihren Sonnenhymnen kam Edith Södergran Nietzsche näher als in ihren Mondgedichten, bemerkt Bergsten etwas ratlos (S. 137). Man kann sich fragen, warum eigentlich die ethische Provokation durch ein Gedicht wie „O mina solbrandsfärgade toppar …“ geringer ist als die des m. E. sowieso bisher falsch verstandenen „Månens hemlighet“? Weil dort die Sonnenmetaphorik den Immoralismus und den darauffolgenden Absturz durch Konnotationen wie Wärme, Fruchtbarkeit, Gott, etc. verdeckt oder überspielt. Negative Konnotationen wie Verbrennungstod und Vereinsamung dagegen werden leicht ausgeblendet. Mein Ergebnis lautet nun: In „Månens hemlighet“ ist mit Hilfe der Mondmetapher der Immoralismus und die ideologische Dysfunktionalität des Södergranschen Elevationsdrangs in seiner Fragwürdigkeit unterstrichen. Das Gedicht bearbeitet das Problem dialektisch-bildlogisch. Angesichts des Bildelements ‚Mond‘ kann die Einsicht „stjärnorna är obevekliga“ („Ett Liv“, in Landet som icke är) festgehalten werden: Die Differenz, die absolute Distanz zwischen Mensch und Kosmos muss aus- Das Geheimnis des Mondes - oder des Windes? 243 gehalten werden. Das Gedicht „Aftonvandring“, das in Tideströms Ausgabe der gesammelten Gedichte in Septemberlyran unmittelbar vor „Månens hemlighet“ steht und laut Herausgeber die gleichen Ereignisse zum Anlass hat, versucht noch die Elevation: „Jag är triumfatorn“. Die „gyllenstjärnor“ werden als Zeichen des Auserwähltseins des Ich vom Himmel heruntergeholt. Mit Sternen lässt es sich nicht so gut denken! Edith Södergran hat dieses Gedicht denn auch gar nicht in die Erstausgabe aufgenommen. In „Månens hemlighet“ versteckt sich das Ich, projiziert sich anstelle der offenen Selbst-Apotheose nur heimlich und widerstrebend auf das Oben, das hier nun ein Mond ist: kalt, fern, teilnahmslos leuchtend. Die Elevation, die der Mond ermöglicht, ist eine rein ästhetizistische. Ihm fehlen Konnotationen wie Lebensspender, wie sie die Sonne hat. Und deshalb musste der Wind eingeführt werden. Er ergänzt nun aber nicht die fehlenden Eigenschaften des Mondes, sondern hebt die Projektion auf und stellt das Ich vor eine persönliche Entscheidung im Hier-Unten. In einem anderen Gedicht von 1918, „Visan från molnet“, das Gunnar Tideström in der Standardausgabe von 1949 hinter unserem Gedicht einfügte, wird trotzdem die Elevation wieder gesucht. Dieses Gedicht provoziert mich viel mehr als „Månens hemlighet“. Es wäre, wenn Tideströms Chronologie richtig ist, ein Rückfall in die Position, die in unserem Text meiner Ansicht nach überwunden ist. Das Gedicht steht tatsächlich nicht in der Erstausgabe von Septemberlyran: „Svagare dikter eller sådana vilka genom förmätenhet kunde väcka anstöt ber jag Eder vänligen utesluta“, schrieb die Dichterin an ihren Verleger. Die Überwindung der vermessenen Erhabenheits-Ideologie geschah sicher unter dem Eindruck der ganz konkreten brutalen Unmenschlichkeit im Anlass des Gedichts. Aber sie war zu dunkel in ihrer Bildlichkeit und wohl auch psychologischliterarisch zu diesem Zeitpunkt in Södergrans Entwicklung noch unerwünscht - deshalb die Verkennung des Gedichts durch die Autorin selbst („förstulen begärlighet efter liklukt“). In „Visan från molnet“ herrschten Trotz und Überheblichkeit (wie immer auch durch Södergrans persönliches Schicksal entschuldbar und durch Nietzsche-Einfluss sanktioniert): „Uppa molnet sitter jag och sjunger./ Ned på jorden droppar det kvicksilverhanskratt“. Diese buchstäblich giftige Arroganz ist anstößiger noch als das schöne Licht des Mondes in unserem Gedicht. (Schoolfield deutet das Gedicht 1995 harmlos als Abrechnung Södergrans mit der Literaturkritik.) Was solche Überlegenheit verbürgen soll und inhaltlich so zweifelhaft ausfällt, wird allerdings in „Visan från molnet“ mit rhetorischen Mitteln als fragwürdig sichtbar gemacht, dekonstruiert - vielleicht gerade unter dem Eindruck der humaneren Einsicht, die „Månens hemlighet“ textlich hervortrieb. „Uppa molnen bor allt vad jag behöver“, heißt es - aber dann folgen zwei Antinomien oder Oxymora, d. h. sich selbst dementierende „Präzisierungen“: „mina dagsljussäkra aningar, mina blixtljussnabba vissheter“. (Im Unten-Oben-Muster anderer Södergran-Gedichte kann die energetische Vertikalverbindung, die ich in den „kopparbanor“ von „Månens hemlighet“ sehe, ebenfalls textintentional problematisiert erscheinen, wenn sie bild- IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 244 lich als Blitz realisiert ist. Blitz konnotiert bloß momenthafte Erhellung, kaltes Licht, vor allem aber Zerstörung.) Der genaue und konkrete Inhalt der Alternative, die der Wind in „Månens hemlighet“ ins Bild bringt, muss jetzt noch aus geeigneten Kontexten interpoliert werden. Ich denke, man darf das Gedicht, das Tideström drei Stellen vor unserem plazierte (in der Erstausgabe liegen 26 Gedichte dazwischen), als Inhalt der Horn-Botschaft, als Geheimnis des Windes also, einsetzen: „Världen badar i blod för att Gud måtte leva/ … Hans skaparehänder krama jorden (! ) med kraft“. „Den sällsamma stranden“ wäre dann strukturidentisch mit „sällsamma afton“ im späteren Gedicht „Stjärnorna vimla“: „Tusen händer lyfta duken från den nya tidens ansikte“ (Framtidens skugga, 1920)! Und dieser seltsame Augenblick ist schön nicht an sich, sondern weil er aus übergeordneter geschichtsspekulativer Perspektive richtig ist, weil er eine bessere Zukunft einzuleiten verspricht. Nun ist dieser Gottes- und Teleologiebegriff seinerseits nicht unproblematisch. Aber er ist nicht immoralistisch oder ästhetizistisch. Zumindest ist er ambivalent. Wenn meine Schaltung von „väckarehorn“ zur Posaune des Jüngsten Gerichts relevant ist, dann verweist das Gedicht anstatt auf einen kosmisch-mystischen Ausweg in leere Transzendenz, die das Ich isoliert - „oåtkomligt lycklig vinkande farväl“, wie in „Visan från molnet“ - auf einen historischen und historisch über zweitausend Jahre wirksamen Mythos, also auf eine horizontale, sozialisierende geschichtliche Kraft. Hedberg (1992) und Schoolfield (1992) haben gezeigt, wie wichtig der Mythos bei Södergran ist. Eine relevante Bibelstelle, diesmal aus dem Neuen Testament, lautet etwa: Sogleich nach dem Drangsal jener Tage wird die Sonne sich verfinstern und der Mond nicht mehr geben seinen Schein, die Sterne werden herabfallen vom Himmel, und die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden (…) Und er wird aussenden seine Engel mit lautem PosaunenschalI, und sie werden zusammenführen seine Auserwählten von den vier Winden (Mt. 24, 28-31). Vier Bildelemente aus „Månens hemlighet“ finden sich hier: Mond, Drangsal (lik), Posaune (-horn), Wind! Dass der Wind zwischen „tallarna“ - hohen Bäumen - zum Tönen und Sprechen kommt, deute ich als Anzeichen einer von kosmischen Dimensionen auf den Boden der irdischen Realität zurückgeholten Utopie, die allerdings immer noch eine gewisse Höhenperspektive aufweist, wie sie eine Utopie trotz allem haben muss. Ich möchte sie im Sinne Sartres als immanente Transzendenz auffassen, die hier die pseudoreligiöse oder die notorisch leere Transzendenz der Moderne ersetzt. Tatsächlich ist es in dem späteren Gedicht „Stjärnorna vimla“ nicht Gott, der eingreift, sondern es sind tausend Hände, die die neue Zeit bringen. (In einem Gedicht in Nya sidor och dagsljus, 1952, von Ragnar Thoursie, das Olof Palme gerne zitierte, heißt es: „Över tidens sus i tallar, (…) trår från natt till dag, från nöd till / frihet ifrån fruktan den strävan / som är lika för oss alla. En öppen stad, / ej en befästad, bygger vi gemensamt.“) Das Geheimnis des Mondes - oder des Windes? 245 Die Begrenzung dieser Utopie, die das Gedicht in Edith Södergrans Bilddenken auch bei meiner Lesart noch aufweist, liegt im Fehlen historischer Konkretisierung. „Vad han skapar vet ingen“, heißt es in „Världen badar i blod“. Es bleibt hier doch wieder Gottes - eigentlich des Gedichtes - Geheimnis. Bei welcher historisch-politischen Entwicklung die Leichen am Strand teleologisch richtig und schön im Dienste eines neuen (und, gewiss, immer noch auserwählten) Menschen und einer neuen Welt erscheinen, kann man nicht wissen, wenn der Text sich nicht einmal dafür interessiert, ob es die Leichen von Roten oder Weißen sind. (Mannerheims Truppen haben noch über das Kriegsende hinaus unter den Rotgardisten ein entsetzliches Blutbad angerichtet - 16.000 Tote - die meisten durch Gefangenenhinrichtungen.) Spätestens beim Zweiten Weltkrieg hätte Edith Södergran auch eine solche Utopie verworfen. Nach Auschwitz, My Lai und Bosnien kann man noch Gedichte schreiben, aber nicht mehr solche. * Eine so einfache und eindeutige Subscriptio wie zu einem barocken Emblem ließ sich zu dem modernistischen Gedicht nicht formulieren. „En text blir ju konstnärlig bland annat genom att den gör motstand mot de interpretationer som söker lägga fast en bestämd betydelse och genom att den öppnar för många delvis oförenliga kontextualiseringar“, schrieb Johan Hedberg anlässlich Edith Södergrans „Dagen svalnar …“. Es geht um „det spel med tecken och mening som den metaforiska situationen alstrar“ (1988, S. 62, 63). In ihrem Gestus der Wahrheitssuche und der Kraft, sich die Welt verändert vorzustellen (Jørgensen), von der sie zeugen, sind Edith Södergrans Gedichte revolutionär. In ihren Inhalten verbleiben sie zweifelhaft oder schwebend. Aber das „wissen“ ihre besten Texte selbst. Sie halten ihren Widerspruch aus und machen ihn erkenntnisproduktiv für den Leser. Die besten Gedichte sind nicht die späten, christlich-regressiven, anthroposophischen und naturlyrischen, auch wenn diese uns schöner, sympathischer und vernünftiger vorkommen sollten - z. B. „Månen“ mit dem illusorischen Trostangebot des natürlichen Jahreszeitenzyklus. Die besten sind die der Elevationsphase mit all ihren Ungeheuerlichkeiten, z. B. „Månens hemlighet“. Die eindeutige ästhetizistische und nietzscheanische Festschreibung ihrer Ideologie ist gar nicht so sehr der Sinn der Texte an sich, als vielmehr Effekt ihrer bisherigen Rezeption und Interpretation. Es ist nicht die einzig mögliche Lektüre, wie ich habe zeigen wollen. Was die Schönheit der Södergranschen Gedichte und auch die Schönheit betrifft, die am Schluss des Gedichts, das ich analysiert habe, beschworen wird, gilt absolut der Dichterin eigenes Wort: „Skönhet är inte den tunna såsen i vilken diktare servera sig själva.“ IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 246 Södergran, Edith, Samlade Skrifter 7. Dikter och aforismer, red. Holger Lillqvist, Helsingfors 1990. Södergran, Edith, Samlade Dikter, red. Gunnar Tideström, Stockholm 1949. Bergsten, Staffan, Jaget och världen. Kosmiska analogier i svensk 1900-talslyrik, Uppsala 1971. Broich, Ulrich/ Manfred Pfister, Intertextualität. Formen, Funktionen, anglistische Fallstudien, Tübingen 1985. Brunner, Ernst, Till fots genom solsystemen, Stockholm 1985. Enckell, Olof, Esteticism och nietzscheanism i Edith Södergrans lyrik, Helsingfors 1949. Hedberg, Johann, „Om diktinterpretationens problematik: Några reflexioner i anslutning till Edith Södergrans ‚Dagen svalnar…‘“, in: Edda 1988, S. 61-64. Hedberg, Johann, „Edith Södergrans mytvärld“, in: Historiska och litteraturhistoriska studier 67, Helsingfors 1992, S. 181-19l. Jørgensen, Bo Hakon, „Visionernes dialektik i Edith Södergrans digtning“, in: Kritik 24 (1972), S. 5-30. Larsen, Finn Stein, „Et grundmønster i Edith Södergrans første digtning“, in: Edda 1958, S. 298-309. Link, Jürgen, Die Struktur des literarischen Symbols, München 1975. Link, Jürgen, „Das lyrische Gedicht als Paradigma des überstrukturierten Textes“, in: Helmut Brackert/ Jörn Stückrath (Hg.), Literaturwissenschaft, Grundkurs 7, Reinbek 1981, 2. überarbeitete Fassung 1994, S. 15-29. Schoolfield, George C., Edith Södergran: Modernist Poet in Finland, Westport, Conn. 1984. Schoolfield, George C., „En Edith Södergran-myt“, in: Historiska och litteraturhistoriska studier 67, Helsingfors 1992, S. 289-304. Schoolfield, George C., „Blasting and Bombardiering: Tentative Suggestions on Edith Södergran’s ‚Visan från molnet‘“, in: Festskrift til Johan Wrede, Helsingfors 1995, S. 145- 150. Tideström, Gunnar, Edith Södergran, Helsingfors 1949. Man blir ikke lys ved å forestille seg lyse ting, men ved å gjøre seg det mørke bevisst. (C. G. Jung) TRØYTT TRE I ein dal 1 der ingen vankar har største treet falli framover, vidt utbreidt, med greiner og kvister pressa mot jorda som i famntak 2 etter uendeleg lengt. Hivt seg framstupes, og det er dult kva grunnen var, for ingen storm har blåsi. Men der ligg det som ved eit mål. Der ligg det blindt og dauvt og vil berre eitt, og får det - for graset har alt byrja 3 det stille gripande spelet som her skal skje. Graset har alt byrja vaksi inne mellom kvistene. Det vil vekse seg langt i livd der, og visne og falle utover som blakt hår til hausten, og neste år vil det vekse oppatt lenger, og dekke over meir, og mugg og mose vil ta fatt med si løynde suging og graset vil vekse opp og falle ned og vekse opp og falle ned Trøytt tre Et dikt - en myte hos Tarjei Vesaas Trøytt tre 249 med åra går 4 og mugg og mose et, og treet vil ligge urørleg djupare og djupare i sitt famntak og byrje å bli det andre - med graset veks og fell over som bleikt, heimekjent hår - og alt er lenge sidan borte 5 og hundre år er berre som ein augeblink for det som varer. Dette diktet, som står i samlingen Lykka for ferdesmenn fra 1949, utmerker seg ved sitt enkle naturbilde, ved sin motiviske konsentrasjon, ved den gjennomført lavmælte tonen og den sakte bølgende og vuggende rytmen. Gjentagelsene fremkaller en poetisk-magisk suggesjon. I diktets siste halvdel glir de enkle, korte setningene, forbundet gjennom „og“ og „og“ over i hverandre, selv utover strofeinndelingen. Men også diktets motiver er vevd inni hverandre. Strofeinndelingen markerer en eksposisjon, en lengre midtdel med „handlingen“ og en avslutning. Jeg har delt inn diktet i fem sekvenser, da blir det tydelig hvordan eksposisjon, midtdel og epilog overlapper, eller glir umerkelig over i hverandre. Sekvens 1 er den objektive, rent saklige konstatering av at et tre har falt og ligger presset mot marken. Men med sammenligningen i de to siste linjer av første strofe (som i famntak …) forberedes allerede den antropomorfisering av treet som gjennomføres i diktets fortsettelse. Jeg velger derfor å betegne dem som begynnelsen til sekvens 2. Treet er her ikke direkte personifisert, men det blir likevel beskrevet med antropomorfe uttrykk: det har hivd seg framover, som i favntak, etter uendelig lengsel. Fraværet av en ytre årsak til at det har stupt, synes å antyde at det har lagt seg ned som følge av en så å si ‚personlig‘, frivillig beslutning. Siden står det også: „det vil berre eitt“. Treets handling har imidlertid passivitet som mål: det blir liggende blindt og døvt. Her begynner gresset å overta handlingen i diktet, det er min sekvens 3. Også gresset skildres vagt antropomorft: det begynner et spill, det er som hår, det gror ned treet, nesten som en bevisst handling. I en kontrapunktisk bevegelse vokser gresset i årstidenes rytmiske opp og ned, mens treet synker ned og dør i en eneste langsom bevegelse. Treets endelige oppløsning skildres likevel først i siste strofe. Og der, med tiden som en ny handlingskomponent, lar jeg sekvens 4 begynne. Årene og gresset blir ensomme igjen på scenen, siden treet forvandles til „det andre“. De fire siste linjene kaller jeg sekvens 5. I en overraskende vending blir nå det som vi ifølge utgangspunktet og fortellingens presensform har forestilt oss i en fremtid - treets oppløsning - flyttet langt tilbake i tiden: „- og alt er lenge sidan borte“. Tidsforestillingen blir ikke bare snudd opp ned, den blir relativisert radikalt: „og hundre år er berre som ein augeblink“. Mine fem sekvenser er altså bestemt ved at det hver gang er en ny faktor som dominerer diktets forløp, et skifte i synsvinkelen som bringer et nytt motiv til bildet: IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 250 1: en fortellersituasjon, forfatteren orienterer leseren, stiller opp en ramme for bildet. 2: Treet som „handlende“ tiltrekker seg interessen, forfatteren forsvinner liksom ut av bildet. 3: Gresset overtar. 4: Motivet tid kommer til, og treet blir helt borte. 5: Dikteren overtar på ny og runder diktet av. Rammen omkring handlingen sluttes. Alt er bilde, og alt som foregår, skjer i bildet. Selv ikke slutten skiller seg ut med en nærgående pekefinger, men vokser tematisk og stilistisk helt selvfølgelig ut fra bildet. Bildet har sin egenverdi som fin poetisk beskrivelse av et tres fall og oppløsning i jorden. Diktets formale struktur byr på en rekke sublime overraskelsesmomenter og på en utvikling. Om man vil kan man nøye seg med dette. Vil man imidlertid vite noe om hva diktet kan innebære som symbol, må man gå ut fra de få diskrete antydninger til personifisering, som leder tankene til å ta treet som bilde på et menneske. Allerede i titelen blir treet „menneskeliggjort“: det er trett (noe man bare i overført betydning kan si om et tre). At det er det største treet bidrar ytterligere til å merke det ut. Noe tyder til og med på at det kanskje aldri har vært et konkret tre som utgangspunkt for diktet (slik det jo kunne tenkes). Treet står i en dal „der ingen vankar“! I hvert fall blir vårt tre ved dette rykket ut av en konkret geografisk og botanisk sammenheng. En symbolsk tolkning er uten videre berettiget. Alt som er sagt om treet, kan vi nå si gjelder i noen monn også for et menneske. At et menneske symboliseres gjennom et tre, er ikke uvanlig i mytologi, i eventyr, i folketro og i litteratur. Mange bønder planter et tre for hvert barn som fødes. Tuntreets fall tas ofte som varsel om husbondens nær forestående død. Hos Vesaas ligger diktet „Natta, Gunnar og bjørka“ (Løynde eldars land) tett opp til den første forestillingen. Ospene „Mattis-og-Hege“ i Fuglane har oppstått av en replikk Vesaas hørte: „Tustegranene i ei myr kan gje ein mangt å tenke på“. Endelig er Sandeltreet også et „trett tre“. For å finne ut hva dikteren oppnår ved å karakterisere et menneskes død ved å beskrive den symbolsk gjennom et tres fall, må vi omhyggelig tolke treets egenskaper og adferd i diktet, samt de andre motivenes (dalens, gressets, „det andres“ og tidens) karakter og innbyrdes forhold. Ordene „lengt“, „famntak“ karakteriserer for det første det dødbringende fallet som en positiv, ettertraktelsesverdig hendelse. (Sammenlign uttrykket „dødens favntak“). Ja, treet/ mennesket vil mer - og får det: fullstendig oppløsning i „det andre“. Favntak og „det stille gripande spelet“ leder tanken i retning av en kjærlighetssituasjon. Grenenes favntak besvares av gressets oppovervoksende og nedoverdragende bevegelse. Gresset får her funksjon av armer. Det sammenlignes også med Trøytt tre 251 hår som faller utover - de åpne armer og det utslåtte hår til en kvinne som tar imot sin elsker. Det merkelige er at denne kvinnen, hvis armer og hår vi skimter, ikke nevnes. Det er jorden. Ettersom treet har sprunget ut fra jorden, kan den anses for treets mor - moder jord. (Av jord er du kommet, til jord skal du bli, sies også om mennesker.) Derfor er hennes hår „heimekjent“. I betraktning av ur-moderens alder vil det også stemme at håret hennes beskrives som „blakt og bleikt“. På den ene siden er det et kjent teknisk grep i litteraturen ikke å nevne det egentlige, bare sirkle det inn - desto større betydning får det. På den annen side må det vesentlige - Gud - i mange religioner aldri nevnes, noe som er uttrykk for Guds numinositet. I vårt dikt bidrar der i hvert fall til at vi skjønner at det ikke er spørsmål om treets/ mannens kjødelige mor. „Det andre“ må innebære mye mer enn en konkret mor kan bety for sin sønn. Det første man oppnår ved å skildre et menneskes frivillige - og positivt erfarte - død gjennom bildet av et tres oppløsning i jorden, kan allerede konstateres: arketypen „moder jord“ og „urmoderen“ aktualiseres og forklarer dødens forlokkende tiltrekning. Denne død formidler befrielse fra det personlige ansvar, selvforglemmelse, fred, som et barn kan finne det hos sin mor. Nå er det tross alt noe i diktet som gir denne milde forlokkende død en underliggende skremmende hentydning til disharmoni. For det første er det tragisk at treet bare ved å dø kan oppnå målet for sin lengsel. Her spiller treets alder en avgjørende rolle. Er treet ennå ungt, oppfatter vi det mer tragisk enn om det var gammelt. I diktet får vi ikke vite mye om det. At treet var det største i dalen, behøver slett ikke bety at det var det eldste. Det kunne like gjerne bety at det var det sterkeste. Iallfall er det det mest individuelle og det mest eksponerte. Ikke bare det mest verdifulle, men også det mest truede. De to eneste vurderende adverb treets endelige tilstand karakteriseres ved, er negativt ladede: blindt, dauvt. Men det mest avgjørende i min opplevelse av diktet, et stille sjokk, er likevel det sted der det plutselig dukker opp „mugg og mose“ og tar fatt „med si løynde suging“. (Strengt tatt burde jeg ha betegnet dette sted som en sekvens for seg. Den griper over i sekvens 4 og i siste strofe.) Det er som det her skulle opptre en uventet og uønsket tredje part i det milde kjærlighetsmøtet. Det står også at mugg og mose „et“. Der er det ikke gressers favntak, men en grusom oppslukende aspekt ved moder jord som antydes. En meget nær beslektet utforming av vårt motiv står i samlingen Ver ny, vår draum (1956), et dikt som heter „Trollgras“, og som har form av en fristers tiltale: Kom ned. Kom ned. Still berre, du og ditt: - vi skal gro over det (…) Du kan ligge lye med vi gror deg ned. IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 252 Her nevnes hverken tre eller menneske, men ved lesningen setter vi spontant inn et menneske. Med „du og ditt“ antydes sorg og livsproblemer som årsak til at tilbudet om tilintetgjøring kan ha noen tiltrekning - årsaken som vi ved det trette treets fall ikke fikk vite noe om. Men også i „Trollgras“ er det en liten ting som gjør at det suggestive løftet plutselig får en uventet skremmende aspekt: Vi har rust og jordslag og merkelege flekker å sette på deg. Tittelen „Trollgras“ antyder dessuten det falske og farlige ved gressets lokking. Diktet „Trøytt tre“ er altså preget av en ambivalens som korresponderer med den kontrapunktiske formale struktur. Den negative, skremmende tonen som nesten uhørlig blander seg i den søvndyssende vuggevise, forholder seg til denne omtrent som gressets opp og ned til treets kontinuerlige ned, eller som skiftningen av synsvinkler og handlingsfremmende motiver til den stadig fremadskridende uavbrutte handlingutviklingen. Det gjenstår å tolke sekvens 5. I en dristig, men likevel ikke presset vending, fører dikteren oss her fra det tidsperspektiv hvor treet blir til jord igjen, til en helt annen tid-virkelighet. Dette svarer til sekvens 1, der en analog oppheving av det vante geografiog rombegrep skjedde. Også på dette plan sluttes rammen. Jeg fornemmer en eventyrtone i begynnelsen og slutten: „I ein dal der ingen vankar …“, „- og alt er lenge sidan borte …“ Den bidrar ytterligere til at bildet løftes ut av hverdagens sammenheng og stilles inn i et perspektiv der andre lover gjelder - kanskje ikke bare for tid og rom, men også for død og liv. Det er ikke uinteressant at også romanene Vårnatt, Fuglane og Is-slottet har en utpreget eventyrslutt: Kanskje vi treffest att når du er blitt vaksen. Gå no legg deg, og sov. (Vårnatt) Kor stor eller liten den fuglen kunne vera høyrdest ikkje. (Fuglane) Ingen kan vera vitne når is-slottet stuper. Det skjer om natta, etter at alle barn er i seng. (- - -) Der skal den sprengde isen flyte, med små kantar av seg oppi vass-skorpa, sigle og bråne og ikkje finnast. (Is-slottet) Dette kan ses utelukkende som et (konvensjonelt) stilistisk grep. Men det kan også være et indisium på at vi har å gjøre med symboler og arketypiske bilder slik Carl Gustav Jung har beskrevet dem. I Vesaas’ tilfelle er jeg overbevist om at en betraktningsmåte med utgangspunkt i det sistnevnte leder videre inn mot sentrum av fenomenet. Vi kommer her til en siste mulig symbolsk tolkning, eller en videre aspekt ved den tolkning vi alt er kommet fram til. Treets nedsynking i jorden respektive menneskets død som tilbaketrekning til urmoderlivet, kan symbolisere et menneske som trer inn i en eventyr/ drømmeverden, eller - psyologisk formulert - et jeg som dukker under i det kollektivt ubevisste. Denne aspekt ved tre/ jord-symbolet er svært viktig, for her åpner det seg en utsikt til at døden bare er forbigående, at treet skal reise seg, jeget dukke opp igjen fra det ubevisste - og da kanskje beriket lik en eventyrhelt som Trøytt tre 253 kommer hjem fra sin reise med en skatt han har funnet, med en rik og vakker prinsesse til hustru, eller i det minste klokere enn før han dro. Av utallige myter og eventyr med dette innold er det blitt konstruert en slags prototype eller paradigma: historien om Jonas i hvalfiskens buk. Enten det dreier seg om å gå seg vill i en hule, kjempe med en drake, eller å reise til underverdenen, så er det alltid samme struktur. Dette er et arketypisk mønster som også kommer til uttrykk i nevrotikeres og schizofreni-truedes tegninger av trær som luter mot jorden eller vokser tilbake til den. I en bok av Jung finnes to avbildninger av slike tegninger, som skal ha oppstått spontant og uten at pasienten som tegnet dem var seg bevisst at hun gav et bilde av sin sinnstilstand. Jung kaller den psykiske prosessen som uttrykker seg i slike arketypiske bilder for regresjon. Jeg ville ikke be leseren følge hele min skolemessige analyse av et så lite og enkelt dikt som „Trøytt tre“ og mine vidløftige assosiasjoner, som i forhold til utgangspunktet kunne virke som digresjoner, dersom jeg ikke var overbevist om at vi gjennom motivet og symbolet „trøytt tre“ kan komme langt inn mot en av livsnervene i Vesaas’ forfatterskap. Jeg behøver her bare antyde at fortellingen om tusten Mattis’ død i vannet og Unn i is-slottet klart har regresjonsmytens struktur. Jeg kan minne om at minst tre kapitler i Båten om kvelden, som inneholder Vesaas’ mest personlige myter, har samme struktur som myten om Jonas i hvalen, det vil si med lykkelig utgang. Et av dem er en skildring av et selvmordsforsøk i vannet. Blant Vesaas’ siste dikt ber jeg leseren se på „Ei lita uro“ og der særskilt feste seg ved at barnet har kommet seg bort „i eit hav“, at det har mistet „dei fire leiene“ og at det går i „den rare verda fra før det vart født“. 219 La oss videre ta Vesaas’ andre roman Sendemann Huskuld fra 1924. Der er motivet „trett tre“ allerede helt gjennomført. 219 Disse diktene sto i samme nummer av Vinduet som min artikkel „Trøytt tre“. De ble tatt med i Vesaas’ posthume diktsamling Liv ved straumen, som kom om høsten samme år (1970). Et tre i et kosmisk eller mystisk rom som vokser tilbake til jorden. Tegningen stammer fra en av C. G. Jungs pasienter og er publisert i Jungs bok Von den Wurzeln des Bewusstseins, Rascher Verlag, Zürich 1953. IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 254 Aa det var atter denne rare ting med moldi som alt kjem fraa og alt gjeng til. Og vel kom han ihug at han sjølv lutte som eit gamalt tre mot marki, ferdig til aa stupe. Regresjonen spiller en viktig rolle i den psykiske modningsprosess som Jung kaller individuasjon eller selvtilblivelse. Individuasjonen blir ofte fremstilt som et voksende tre, men også som en reise, en vandring. (Jonas foretar den i hvalen! ) Den består av to hovedfaser som er polart og dialektisk forbundet med hverandre. Først gjelder det for mennesket å tilpasse seg den ytre virkelighet og å bygge opp et motstandsdyktig jeg (og persona). I denne fase er frigjøring fra foreldrene et viktig ledd i utviklingen. Regresjonen, kontakten med det ubevisste, er her farlig i tre henseender. For det første er det livet, ikke døden som er målet. En søken tilbake er livsflukt og svakhetstegn og kunne ende i selvmord. For det andre er det altfor nærliggende at man i regresjonslengselen forveksler den arketypiske urmoder - som i det ubevisste er årsak til denne lengsel - med sin konkrete mor. Følgen ville da være infantilitet eller det beryktede freudske incest-ønske. For det tredje er faren stor for at det ennå svake jeget oppslukes av det ubevisste, noe som ville resultere i alle mulige grader av psykisk sykdom opp til schizofreni. Mellom førtiog femtiårsalderen inntreffer „die Lebenswende“ (titelen på en bok av Jung). Nå blir regresjon et nødvendig middel til å knytte jeget stadig sterkere til selvet, som har sitt sentrum i det ubevisste. Her må mennesket, hvis det vil utvikle seg videre, ta risikoen og trenge inn i det ubevisste. Farene er de samme som ovenfor, men mennesket burde på dette stadium være bedre rustet for en slik reise, ha større sjanse til å vende tilbake fra den. Til sist blir døden nå det endelige mål det gjelder å forberede seg på. En rekke arketypiske bilder hjelper - ifølge Jung - mennesket til å klare den krevende oppgave å integrere innhold fra det kollektivt ubevisste i jeget. Først og fremst morsarketypen. De har alle til felles at de forener motsetningene i seg. Morsarketypen har en oppslukende og fødende aspekt, og her er vi igjen ved myten om Jonas i hvalen og ved bildet av treet og moder jord. Dersom individuasjonen mislykkes, kan resultatet bli at utviklingen stopper i puberteten, med et livslangt meningsløst opprør mot foreldre og dype konflikter med det motsatte kjønn til følge. Velkjent i kunsten er også den som allerede i individuasjonens første fase våger seg for dypt inn i „mødrenes rike“. Det er typen på det raskt utbrente ungdommelige geni som ender i sinnssykdom eller selvmord. Vesaas hører tydelig hverken til typen bråmoden og hurtig visnende drømmer, eller til typen evig yngling, men var snarere en moden, vis dikter, som for eksempel Pär Lagerkvist og Gunnar Ekelöf. Hvis man leser Båten om kvelden, kan man likevel få en anelse om at han en viss tid var farlig nær førstnevnte type. „Siglaren“ (kap. 5) har med en håndsbredd berget seg fra speilenes blendverk og vannets dragningskraft, når han etter „ulykker som har komi som skred“ søker trøst hos et moderlig element som for ham forvandler seg til en oppslukende mor - elven. Vesaas fremstiller i sitt forfatterskap gang på gang selvtilblivelsesprosessen og utsnitt av den, enkelte særskilt viktige faser som pubertet, frigjøring fra foreldrene, Trøytt tre 255 den første kjærligheten, menn i „Lebenswende“ og ansikt til ansikt med døden. Den opprinnelige livslede, livsflukt og dødslengsel (ofte i uselvstendig utforming i de tidligste bøkene - sentimental eller patetisk) integreres i Vesaas’ senere bøker som et nødvendig ledd i personenes etiske modningsprosess. I den litterære tradisjon er naturligvis utviklingsromanen det konvensjonelle utgangspunkt for Vesaas’ første vandringsog pubertetsromaner. Men Vesaas har stadig mer og mer fortettet og stilisert denne vandringen: fra Klas Dyregodts endeløse, forvirrete reising fram og tilbake i landet, over Jons tre dagers reise (i Brannen), til Hallsteins vandring fra rom til rom i løpet av en natt (Vårnatt). Slik nærmer Vesaas seg en mytisk fremstillingsmåte som viser mange arketypiske kjennetegn, i takt med at den vinner i kunstnerisk plastisitet og uttrykksstyrke. Det ser ut til at den symbolske og mytiske gehalt i en litterær tekst tiltar i takt med at personer, skueplass og handling reduseres ved stilisering. Ut fra denne iakttagelse kan man selvfølgelig modifisere Jungs lære når det gjelder arketypenes psykiske, respektive psykoide genese. Analogt med de høye krav individuasjonsprosessen stiller til mot, beredskap til etisk handlekraft og jegstyrke, ser vi i Vesaas’ forfatterskap om og om igjen mennesker som kjenner seg dradd mot trossig konfrontasjon med brann, sug, stup, dur under jorden, vide vannsletter, mørke berg, villskap og ondskap. Ofte går mennesket under som Mattis i vannet eller forsvinner som Unn i is-slottet. Men likevel er Vesaas aldri villig til å befri sine personer fra kravet om at de skal gjennomleve sine kriser til bunns, helt til nullpunktet. Det er en nådeløs betingelse på godt og ondt. Denne strukturen som går igjen hos Vesaas: ned til nullpunktet og (eventuelt) opp igjen til en høyere, personlig tilkjempet bevissthet og innsikt - er en eksakt speiling av myten om Jonas i hvalen, heltens kamp med draken i hulen (ormen hos Vesaas! ), frøet i jorden, etc. Siden vi nå allerede har trukket inn så mye psykologi, kan jeg også nevne at dette igjen stemmer med Jungs krav på psykiatrisk terapi: for at helbredelsen skal kunne begynne, må regresjonsprosessen støttes i sitt forløp inntil den når et prenatalt stadium. I direkte forlengelse av Jung har R.D. Laing og „antipsykiatrien“ formulert den tanke at den „indre reise“ formidler „transcendental erfaring“ og ikke bør stoppes før den har nådd nullpunktet eller det prenatale stadium, der den av seg selv vil endre retning. Hos Vesaas er Kimen og Bruene analogier til denne reise til nullpunktet og tilbake. Johan Tander i Bleikeplassen bukker under i den strabasiøse prosessen. Etter å ha overvunnet sine selvmordstanker taler mannen i kapitlet „Siglaren“ (Båten om kvelden, s. 75) først bare hundespråk! Med utgangspunkt i stikkordet „kimen“ kommer jeg nå inn på den siste aspekt i det kompleks jeg har trukket fram, ut fra et lite dikt av Vesaas: mysterieformen av individuasjonsprosessen med morsarketypene som aktualiseres i dens forløp. Formelen for den er: fødsel-død-gjenfødelse. Dette leder oss tilbake til tre-symbolet som utløste hele det mytologisk/ psykologiske skredet. I Sendemann Huskuld blir fødsel-død-fødselmysteriet (tydeligvis i analogi med religiøs tradisjon) fremmanet helt direkte ved den rent ut sakrale dyrkelse av „moldi og konnet“. Det fører her uvilkårlig tankene til reinkarnasjonsforestillinger eller troen på et evig liv etter IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 256 døden. Huskulds offerdød i dette „mold og konn“-mysterium overbeviser imidlertid ikke helt. Men den samme arketypen som i forgangne tider skapte denne religiøse forestillingen - som Vesaas i Sendemann Huskuld overtok dødfødt og forgjeves forsøkte å blåse liv i - har fått en ny og levende „Einkleidung“ i „Trøytt tre“. Dette dikt eier hele den poetiske kraft og overbevisende evne som selv et aldri så lite utsnitt av et av Vesaas’ hovedtemaer er i besittelse av. Det leder direkte inn mot sentrum av hans rike og ennå ikke på langt nær tolkede forfatterskap. Det lille diktet er en ny personlig myte - mytologem i et verk med dype røtter i „mødrenes rike“. Fortolkeren faller ofte for fristelsen til å konstruere opp en ferdig og avrundet løsning. Han blir et offer for systemtvang og gjør innrømmelser til publikums forventning. Men allerede dikteren kan gi etter for samme mekanisme. Det er tegn på kunstnerisk format hvis han kan unngå det. Like ubekymret som Vesaas i sine første bøker blander sammen senromantiske stilgrep, meldodramatiske handlingselementer og religiøs symbolikk, leder han også handlingen til en lykkelig slutt. Eller han gir i det minste leseren mulighet til å finne et forsonlig budskap. Jo mer han senere konsentrerer seg om noen få eksistensielle temaer, og jo mer han fortetter dem til symboler og myter, desto vanskeligere blir det for ham å avrunde dem til „et positivt budskap“. Det ville være galt å lukke øynene for dette, eller å tolke det vekk. Ingenting skulle stenge oss mer ute fra forståelse av Vesaas’ forfatterskap. På tross av at jeg med utgangspunkt i diktet „Trøytt tre“ har skrevet om selvtilblivelse, til og med om gjenfødelses-mysterium - begge deler spiller en stor rolle hos Vesaas - må jeg til slutt fremheve at selve diktet „Trøytt tre“ bare handler om regresjon uten håp om gjenfødelse. For meg har det ikke vært om å gjøre å tolke dette bort. Jeg har prøvd å bidra til å løse gåten: hvorfor virker Vesaas tross alt ikke nedslående på leseren, men evner med sine beste dikt, noveller og romaner å utløse en reaksjon som synes ligne tragediens katarsis? Det må være resultatet av en sublim dialektikk på og mellom ulike plan. Jeg har analysert to. På ett av dem kan vi forklare det med at tanken er blitt forløst i den kunstneriske form. Dette er en mulighet som Baudelaire har formulert: „Det er kunstens store privilegium at det forferdelige, uttrykt kunstnerisk, blir til skjønnhet, og at den rytmiserte, strukturerte smerte fyller oss med en stille glede.“ Men det er noe hos Vesaas - et etisk alvor, en nesten naiv fromhet - som gjør at man ikke slår seg til ro med denne forklaring alene. Derfor har jeg på et annet plan forsøkt å dra nytte av noen hypoteser som C. G. Jung har formulert på mytenes område. (norsk ved Eystein Eggen) Die Entmystifizierung dessen anzustreben, was die Bourgeoise hochtrabend „Schöpfung“ nennt, ist also eine dringende Aufgabe. (Tel Quel) 220 Aus verschiedenen Gründen scheint mir dem Text 221 Båten om kvelden (abgekürzt BOK) von 1968 größte Bedeutung für die Erforschung der Vesaas’schen Produktion zuzukommen. BOK ist ganz offensichtlich als Schlussstein konzipiert, 222 schon sein Titel deutet darauf hin. Es beginnt mit zwei Vorreden, die erste bestehend aus zwei Gedichten, wovon das zweite unter dem Titel „Ormen i Ormekrå“ schon 1965 in einer Osloer Tageszeitung gedruckt stand. 223 Es soll Gegenstand dieses Aufsatzes sein. Die Entstehung des Gedichts „Ormen i Ormekrå“ kann bis 1962 - in seinem Keim gar bis 1955 - zurück verfolgt werden. Es steht aber noch in einer weiteren Hinsicht am Anfang 224 von BOK. Auf einem Zettel 225 im Arbeitsmaterial zu BOK, datiert 21.5. (1967), findet sich folgender Vermerk: Ein serie, tilknyting til Ormen i Ormekrå. Små stykke. Glimt frå skrekk og okkup. / krig 226 Darunter notierte Vesaas einige Ideen, die zum Teil zu Kapiteln von BOK ausgearbeitet, zum Teil fallen gelassen worden sind. Man darf also in unserem Gedicht eine Art organisatorischen Ausgangspunkt für die Arbeit an BOK sehen. ∗ 220 Motto: „Réponse à la Nouvelle Critique“, i: Théorie d’ensemble, Paris 1968, S. 386. Die Begründung lautet: „On verrait, si ce travail était mené à bien, comment la lutte pour l’appropriation et la codification du langage est liée de près aux luttes sociales (à la lutte de classes).“ Im engeren - rein literaturwissenschaftlichen - Sinn dazu etwa Pierre Macheray, Pour une théorie de la production littéraire, Paris 1966, S. 85: „Toutes les spéculations sur l’homme créateur sont destinées à éliminer une connaissance réelle: le „travail créateur“ n’est justement pas un travail, un processus réel, mais la formule religieuse qui permet d’en célébrer les funerailles, en lui élevant un monument.“ 221 Der Ausdruck Text erlaubt es uns, die traditionelle Genrebestimmung zu suspendieren. 222 In einer letzten ertragreichen Arbeitsperiode entstand im Sommer 1969 noch die Gedichtsammlung Liv ved straumen, die 1970 postum erschien. 223 Dagbladet 23. 1. 1965. 224 Vesaas begann im Januar 1967 intensiv an BOK zu arbeiten. Am 7. 1. notierte er auf einem Zettel: „Endeleg ein samlande grunnplan.“ Huset og fuglen, red. Walter Baumgartner, Oslo 1971, S. 246. 225 Zu Vesaas’ Gewohnheit, Ideen auf Zetteln festzuhalten und später auszuarbeiten, siehe Tarjei Vesaas, red. Jan Erik Vold, Oslo 1964, S. 127ff. und Huset og fuglen, S. 245ff. 226 Faksimile in Huset og fuglen, S. 246. Zur Entstehung eines Gedichts von Tarjei Vesaas IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 258 Als Zeugnisse des Entstehungsprozesses von „Ormen i Ormekrå“, der sich über 13 Jahre erstreckte, waren mir 14 Textvarianten zugänglich. 227 Datiert 23.5.1962, findet sich folgende bleistiftgeschriebene Textskizze, unsere erste Version: Den blome-dal! Den lauve-li. Blad bøyer seg, fargar spelar. Ingen har (enno) vori der. (Det ventar) Det er som det ikkje fanst (andre enn) Den flygande fuglen (som sett seg ikkje ned) sett seg aldri aldri ned (her nede), (men som) (uten) fangar (alting) (alt) synet opp i farten. (det han ser) og flyg vidare, stadig vidare - til det mørke auga hans vil/ har (sett) møtt alt eingong. Den kvile-dal. (det paradis) Så bryt det fram: Diese Skizze als Ganze ist durchgestrichen und wird gefolgt von einer neuen, undatierten, d. h. vom selben Tag oder jedenfalls vor dem 5.1.1965, der zweiten Version: Den blome-dal! Den lauve-li. Blad bøyer seg, fargar spelar. Ingen har enno vori der. Den flygande fuglen sett seg ikkje ned, men fangar synet opp i farten og flyg vidare - stadig vidare til det mørke auga hans har møtt alt eingong. Den kvile-dal (Så like ved) for ingen. Berget ris i veret som berre fuglen kjem over, og berre fuglen ser (ser kva som) under sitt hastige flog: Dei har alle kvite kinn. Har stansa, ligg på bakken, greier ikkje lenger på ei stund. Dei har våte hårtjafsar ned i panna. Dieser Text soll struktural beschrieben werden, 228 um die Logik der Entwicklung, die er in den weiteren Varianten durchmacht, aufzeigen zu können. Ort und Zeit: ein einsames Tal im Herbst. In dieser Landschaft Figuren: 229 Ein Vogel fliegt darüber. Menschen mit weißen Wangen liegen auf der Erde. 227 Halldis Moren Vesaas hat es mir ermöglicht, Tarjei Vesaas’ literarischen Nachlass einzusehen. Mit ihrer freundlichen Erlaubnis zitiere ich daraus und benutze Auskünfte, die ich dort gefunden habe. Ein handschriftliches Blatt aus dem Arbeitsmaterial ist hier in Faksimile wiedergegeben. Das Material soll später der Universitätsbibliothek Oslo übergeben werden. Ich gebe Durchstreichungen mit runden Klammern an, offene Alternativen mit Schrägstrich. 228 Ich berufe mich im Folgenden hauptsächlich auf A. J. Greimas und R. Barthes. „Durch die Beschreibung kommt es (…) zu einer Übersetzung der impliziten Gegebenheiten der figurativen (mythischen oder praktischen) Manifestationen in ein explizites (metasprachliches) Modell.“ Greimas, Strukturale Semantik, Braunschweig 1971, S. 124. Die „strukturalistische Tätigkeit“ (Barthes) besteht darin, die Elemente des Textes zu isolieren, Einheiten zu setzen. Dann wird untersucht, in welcher Weise deren positionsbedingte Differenzen Bedeutung hervorbringten. So „kommt das Werk als konstruiertes (strukturiertes) zum Vorschein.“ Barthes in: Die strukturalistische Tätigkeit, Kursbuch 5 (1966), S. 194. Vgl. dazu weiter Greimas, Strukturale Semantik, S. 128ff. Die Analyse wird hier nur so weit getrieben, als es notwendig erscheint, um den Arbeitsprozess unseres Gedichts als nicht zufälligen evident zu machen. Methode und Terminologie konnten deshalb vereinfacht werden. 229 „Landskap med figurar“ heißt Atle Kittangs Formel für BOK; „Genre, landskap og meining“, in: Norsk litterær årbok 1970, S. 40. Zur Entstehung eines Gedichts von Tarjei Vesaas 259 Auf welche Weise konstituiert dieses Motiv-Inventar das Thema? Um die Frage beantworten zu können, soll der Text etwas systematischer in Einheiten zerlegt werden. 230 Wir setzen an 231 bei dem auffälligen Kontrast zwischen den spielenden Farben einerseits und den weißen Wangen andererseits. Wir sehen darin die Artikulation einer Opposition, deren Terme wir A und B nennen können. Diesen beiden Termen eines elementaren Bedeutungssystems weisen wir die im Text manifestierten Motive je als semantische Felder zu. So knüpfen sich an den Term A „blome-dal“, „fargar spelar“, („paradis“), „Blad bøyer seg“. An den Term B knüpfen sich „Kvile-dal for ingen“, „kvite kinn“, „greier ikkje lenger“, „våte hårtjafsar i panna“. Die Opposition dieser zwei Motivgruppen als für den Text konstitutiv bestätigt sich durch ihre stilistische Präsentation. Der Übergang von Term A, der „blome-dal“-Idylle, zum Term B, dem Anblick der weißen Wangen, wird signalisiert als dramatischer Umschlag im Textgeschehen, vor allem in der ersten Version: „Så bryt det fram: “ Übrig bleibt noch ein Motiv, das wir als dritte Einheit setzen wollen: der Vogel, der als unberührter und einziger Zeuge über die Landschaft hinwegfliegt. Aus seiner Sicht scheint der Kontrast, der uns zur Annahme einer Opposition A vs. B geführt hat, nicht zu bestehen. Es geht eine starke ironische Wirkung davon aus, dass der Leser unter „synet“ zuerst den Anblick des idyllischen, farbenprächtigen Tals verstehen, dann aber den makaberen Inhalt einsetzen muss. So wird die Setzung einer zweiten Opposition nahegelegt, manifestiert in „fugl“ - Term C - einerseits und „synet“, bestehend aus „fargar“ (Term A) und „kvite kinn“ (Term B) andererseits. Die Landschaftsmotive, die einer ersten, vorläufigen Beschreibung sehr gut als eine Einheit dienten, weisen wir jetzt als qualifikativen Kontext den schon gesetzten drei Einheiten zu. So charakterisiert z. B. „berget“ den Vogel: „Berre fuglen kjem over“. „Kvile-dal“ ist eine Aussage über die Männer mit den weißen Wangen. Die Opposition oben („fugl“) vs. unten („dal“) ist eine Artikulation der Opposition „fugl“ vs. „synet“. Wir können nun erwarten, mit Hilfe von nur drei Einheiten zu einer relevanten Strukturbeschreibung zu gelangen. Die Buchstabensymbole für die Terme entsprechen den Abkürzungen für die lexikalisierten Kerne der Einheiten: A „blome-dal“; B „kvite kinn“; C „fugl“. 230 „(…) die Zerlegung der Rede - insofern man sie einer semantischen Analyse unterwerfen will - in „Wörter“ (ist) nicht relevanter, vielleicht sogar weniger relevant (…) als ihre Zerlegung in Syntagmen oder Äußerungen. (…) so sind die Lexeme, die Paralexeme und die Syntagmen unbestreitbar Kommunikationseinheiten verschiedener Dimensionen und verschiedener Struktur, auch wenn sie unter dem Gesichtspunkt der Bedeutung oft vergleichbar und gelegentlich sogar äquivalent sein können.“ Greimas, Strukturale Semantik, S. 34ff. 231 Siehe Greimas, Strukturale Semantik, S. 13ff. IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 260 (1.1) A vs B; A vs C; B vs C Bei diesen drei Oppositionen handelt es sich um elementare Strukturen. 232 Wie sich später rechtfertigen wird, brauchen wir nur die erste zu beschreiben. Sie ist mehrfach manifest artikuliert. 233 Einmal auf einer Achse, die wir Farbigkeit nennen können: Weiter auf einer Achse Bewegung: Und auf einer Achse Lebewesen: Die Art dieser manifesten Artikulationen gestattet die Annahme einer impliziten Artikulation auf der Achse Leben: Auch wenn man nicht vom Kapitel „Vaska kinn“ in BOK rückschließen will, wo es sich um tote Soldaten handelt, sondern die weißen Wangen, deren Anblick erschre- 232 Dazu Greimas Strukturale Semantik, S. 16ff. Es handelt sich um Sem-Artikulationen. Vollständigkeit der Sem-Analyse und richtige hierarchische Reihenfolge im Sem-System (S. 25ff.) ist für unseren Zweck nicht erforderlich. 233 Derselbe Sachverhalt ist bei Thomas E. Poulsen, „Om assimilationsmotivet i Tarjei Vesaas’ digtning“, in: Edda 2 (1971), S. 118 angesprochen, wenn es in einer relevanten Präzisierung von Kittangs Formel „Landschaft mit Figuren“ heißt: „individet indsættes og agerer i sit eget sjælelandskab.“ Zur Entstehung eines Gedichts von Tarjei Vesaas 261 cken macht, als Zeichen für Müdigkeit oder Krankheit nimmt, strebt diese Reihe ja nach dem Schlussterm Tod. Mythische und Bildungsassoziationen schlechthin bilden ebenfalls Ebenen, in denen sich unsere Opposition implizit artikuliert. Etwa Paradies (in der ersten Version manifest) vs. irdisches Jammertal oder Totenreich. Falls man den Rückschluss von BOK für legitim hält, lässt sich auch eine Opposition Natur vs. Kultur explizieren, insofern wohl vegetatives und menschliches Leben sterblich ist, es der herbstlichen Vegetation in unserem Text aber vergönnt sein wird, eines natürlichen Todes zu sterben, während die Menschen an der kulturellen, technologischen Institutionalisierung des Todes teilgenommen haben, die Krieg heißt. Da nun sowohl A als auch B einzeln zu C in Opposition treten, können beide zusammen als ein Term betrachtet werden: (A+B). Im Text geschieht dies ja auch explizit mit der Lexikalisierung „synet“. Wir können schreiben: (1.2) (A+B) vs C Als ganzheitliches System ist (1.2) den Teilsystemen (1.1) hierarchisch übergeordnet, es handelt sich um eine komplexe Struktur. In unserem Fall subsumiert sie nicht nur die untergeordneten Oppositionen, sondern sie neutralisiert die Opposition A vs. B (dagegen nicht A vs. C und B vs. C! ). Wir beschreiben die manifesten Artikulationen auf denselben Achsen wie oben: Farbigkeit: Bewegung: Lebewesen: Implizit, oder nur zum Teil manifest, artikuliert sich diese Opposition ebenfalls auf der Achse Leben: IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 262 Eine neue Artikulationsachse soll eingeführt werden: Begrenztheit: Die Artikulation in der Vertikalen, (A+B) unten vs. C oben, kann auch eine mythisch/ religiöse sein: irdisch vs. himmlisch, wobei der Term (A+B) in der ersten Version vielleicht manifest artikuliert ist: „her nede“. Die Überdetermination durch die vielfachen Artikulationen unserer konstitutiven Oppositionen geben dem Text eine starke Redundanz. Es ist die für Vesaas charakteristische Erscheinung, die angesprochen ist, wenn viele Leser seine Schreibweise „zu symbolisch“ finden. 234 Die Tatsache, dass sich Vesaas’ Arbeit am vorliegenden Text u.a. als ein Abbau der Überdetermination darstellt, deutet darauf hin, dass Wertungsfragen hier ansetzen können. Wir sind jedoch dankbar für die leichten Verifizierungsmöglichkeiten, die sich von der Überdetermination her für die Relevanz der hier gewählten strukturalen Beschreibungen ergeben. Im übrigen kann hier bemerkt werden, dass Literatursprache in ihrem Wesen immer überdeterminiert ist. 235 Auf dem gleichen Blatt wie die beiden eben beschriebenen Textskizzen steht - ebenfalls mit Bleistift - eine Umarbeitung in Verszeilen, datiert 5.1.1965, also fast drei Jahre später, 236 die dritte Version: Den blome-dal. Den (lauve-) einsam-lid (Blad bøyer seg) Lauv logar opp for runnen tid. (Og fargar spelar der) (Høg feber logar) Så er det ikkje meir. Ingen har enno komi. Den flygande fuglen døden - men han sett seg (ikkje) aldri ned. Synet fangar han i farten (han sett seg aldri ned) Stadig vidare. Fangar synet i farten - til det mørke auget hans har møtt alt. Den stilla ikring Orme-krå (-stein) der barnet støkt stod stirde på at ingenting kom fram. 234 Es gilt für die Literatur das Gleiche, was Barthes über den Mythos sagt: Sie ist eine konnotative Sprache, gebaut über das vorgefundene „objektsprachliche System“. Mythen des Alltags, Frankfurt 1970, S. 93. 235 Atle Kittang, Genre, landskap og meining, S. 53. 236 Das Datum könnte sich bloß auf die Veränderung beziehen. Anhand der Handschrift kann nichts gesagt werden. Zur Entstehung eines Gedichts von Tarjei Vesaas 263 Ingen har enno komi. Barnet er borte, og ormens fine ryggrad skin avskrapa og burtløynd (einstad) langt i nettene Den smale vinden i ei grann grann (bein-)grind. Als erste Beobachtungen sind anzumerken: Erst jetzt tritt unser eigentliches Ormekrå-Thema auf. Eine Einheit des ersten Themas, die Motivgruppe „kvite kinn“ entfällt. Eine inhaltliche Motivation für die Verbindung der Themen einsames Tal, Vogel und Schlangenversteck in ein und demselben Gedicht ist kaum gegeben. In der weiteren Arbeit mit dem ersten Thema ist aus dem „kvile-dal“ ein „einsamlid“ geworden. Damit ist einer der bevorzugten „magischen Orte“ 237 in Vesaas’ persönlicher Mythologie angesprochen - „lia“. Der bewaldete Berghang ist bei ihm die Stätte der Begegnung, des Erlebnisses. 238 „Einsam-lid“ wäre die Stätte der Begegnung mit dem Tod. 239 Der Vogel wird denn jetzt auch „fuglen døden“ genannt, Vesaas hat interpretierende Namen eingeführt. Ein neues Motiv erscheint, die Zeit: „runnen tid“. Wir wollen sie als eine weitere Achse betrachten, auf der sich das Oppositionen-Ensemble von oben artikuliert: Durch Einführung eines chronologischen Ablaufs kann die Opposition A vs. B, die vorher durch zwei Motivgruppen manifestiert war, als vorher vs. nachher in ein und demselben Bild ausgedrückt werden. Das Laub hat gelebt („fargar spelar“), beugt sich dann aber als Vergängliches der transzendenten Zeit („bøyer seg for runnen tid“). Die Manifestation unseres Terms C macht, dass die Struktur äquivalent bleibt: (3.2) C vs. (A 1 + A 2 ) Diese Opposition artikuliert sich auf der Zeitachse wie folgt: Diese Artikulation ist natürlich ein Spezialfall der Artikulation begrenzt vs unbegrenzt, die wir schon für (1.2) gefunden haben. Die Artikulation auf der Achse Le- 237 Im Gedicht „Liene“ (Dikt i samling, Oslo 1969, S. 80) von 1949 werden aufgezählt: „regn-li“, „kvitveis-lier“, „gjente-lier“, „harde tømmer-lier“, „svelte-lier“, „manns-lier“, „dimme synde-lier“, „klare forsonings-lier“, „døds-lier“, „gløymsle-lier“. Unser „Einsam-lid“ scheint die letzten zwei, evtl. drei Glieder dieser Reihe zu subsumieren. 238 Das „-dal (…) ingen har enno komi“ erinnert an den Schauplatz des Gedichts „Trøytt tre“ (Dikt i samling, S. 87): „I ein dal der ingen vankar“, den ich als Ort der Regression zu bestimmen versucht habe. Vgl. „Trøytt tre. Et dikt/ en myte hos Tarjei Vesaas“, in: Vinduet 2 (1970), S. 123-129. Und in diesem Band, S. 246-254. 239 Vgl. Kittang, „Genre, landskap og meining“, S. 47f. IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 264 ben ist durch die Lexikalisierung „fuglen døden“ manifest geworden, und der zu C opponierende Term (A + B) erscheint in dieser Artikulation ebenfalls als (A 1 + A 2 ), innerhalb nur einer Motivgruppe: „som feber logar“ und „blad bøyer seg“, d. h. krank sterben ( tot). Wie sieht das Thema aus, und wie verbindet es sich mit dem ersten? Vorerst kann man sagen, dass das ganze neue Thema an die Stelle des Motivs „kvite kinn“ getreten ist. Beide Sequenzen sind eingeteilt in zwei Strophen à drei bzw. acht und sieben Zeilen. Als äußerlich formale Klammer wirkt die Zeile „ingen har enno komi“, die wörtlich an paralleler Stelle in der ersten und in der zweiten Sequenz erscheint (je erste Zeile, zweite Strophe). Einmal auf diese Parallele aufmerksam, wird man auch bemerken, dass die Landschaften - einmal „blomedal“, das andere mal „Orme-krå“ - an sich entsprechenden Stellen eingeführt sind (erste Zeile, erste Strophe). Noch einmal parallel sind die Figuren dieser Landschaften eingeführt, „fuglen døden“ resp. „ormen“ und „barnet“ (zweite Zeile, zweite Strophe). Wir stellen weiter fest, dass sich „det mørke auget“ und „vinden“ entsprechen (zweitletzte Zeile, zweite Strophe). Anstelle der entfallenen weißen Wangen von Menschen haben wir jetzt die weißen Knochen einer Schlange. Verstärkt wird der Zusammenhang der beiden Sequenzen durch den Umstand, dass sich Landschaft und Figuren der ersten mit denen der zweiten in oppositionelle Relationen bringen lassen: „Blome-dal“ vs. „Orme-krå“ (etwa in der mythischen Artikulation Paradies vs. (Sünden-)Fall). 240 Für die Figuren gilt „fuglen døden“ vs. „barnet“/ „ormen“ (etwa in der Artikulation über der Zeit stehend vs. der Zeit unterworfen). Das neue Thema soll nun auch als geschlossenes System betrachtet werden; wir haben gesehen, dass es seine eigene Landschaft und seine eigenen Figuren aufweist. Eine erste Opposition, zwischen „barnet“, und „ormen“ ist leicht zu erkennen. Wir benennen sie als Terme D und E. Die Relation zwischen den beiden ist inhaltlich als Angst interpolierbar. Es ist die Angst als zweideutiges psychologisches Phänomen, 241 wie es Kierkegaard beschrieben hat: „Angest er en sympathetisk Antipathie og en antipathetisk Sympathie.“ 242 Eine Begegnung, eine Handlung zwischen dem Kind und der Schlange findet nicht statt. Die einzige Handelnde in diesem Text ist die Zeit. Sie manifestiert sich 240 Claude Lévi-Strauss beschreibt einmal, wie eine binäre Opposition unter gewissen Bedingungen einen dritten, mediatisierenden Term erzeugen kann: Strukturale Anthropologie, Frankfurt 1971, S. 247. Es wäre verlockend, diesen Strukturtypus hier einzuführen, würde aber die Darstellung unnötig komplizieren. 241 Begrebet Angest, Samlede værker, København 1862-64, Bd. VI, S. 136. Eine positive Relation dieser Art besteht nicht zwischen A und B. 242 Der Ausdruck Homologie wurde von Lévi-Strauss in den Strukturalismus übernommen. Vgl. dazu Barthes, Essais critiques, Paris 1964, S. 209f. Analogie dagegen würde nicht nur Funktionsgleichheit, sondern auch Substanzgleichheit voraussetzen. Es entsprechen sich z. B. nicht die Terme A und D, sondern die Relationen zwischen z. B. A und B einerseits und D und E andererseits. Vgl. weiter dazu Greimas, Strukturale Semantik, S. 154. Zur Entstehung eines Gedichts von Tarjei Vesaas 265 als grammatischer Wechsel von Präsens und Präteritum und realisiert einen dritten Term F. Die Zeit als aktive, unbegrenzte, über Kind und Schlange gesetzte, neutralisiert auf gleiche Weise wie der Vogel in der ersten Sequenz die Opposition zwischen den beiden anderen Termen. Sie führt das Kind vom Schlangenstein weg und bringt den Tod der Schlange. Sie ersetzt den Angstzustand durch einen indifferenten oder gar ästhetischen Anblick („fin ryggrad“, „grann grann grind“). Nach den oben beschriebenen Entsprechungen der Motive in den beiden Sequenzen scheint der Analogieschluss zulässig, in „vinden“ die bildliche Manifestation des Terms F zu sehen, so wie an der parallelen Stelle „det mørke auget“ figurativ zur Manifestation des Terms C gehört. (3.1) D vs E, D vs F, E vs F (3.2) F vs (D+E) In der komplexen Struktur (3.2) wird die Opposition D vs. E nicht nur subsumiert sondern wie in (1.2) neutralisiert. (1.2) und (3.2) sind äquivalent. Da sie sich darüber hinaus auf den gleichen Achsen artikulieren, sind die beiden Themen homolog, d. h. funktionsgleich, ein überraschendes und gewichtiges erstes Resultat der Analyse. Setzen wir nun diese Struktur an der Stelle von B in unser erstes Modell ein: Da die alte Formel C vs. (A+B) hieß und B in der neuen Ganzheit durch die Struktur mit der Formel F vs. (D+E) ersetzt wurde, heißt die Formel für den ganzen Text als hierarchische Struktur: C vs {A vs [F vs (D+E)]} Eine andere Möglichkeit, 243 den Text zu beschreiben, ist als parataktische Kombination zweier homologer Strukturen. Dies ist möglich, da wohl B entfallen ist, die Struktur der ersten Sequenz aber durch die Aufspaltung von A in A 1 und A 2 äquivalent geblieben ist: 243 Da es sich um unfertige Fragmente handelt, würde es erstaunen, wenn ihre Struktur eindeutig wäre. IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 266 C vs (A 1 + A 2 ), F vs (D+E) Die Art, in der Vesaas am Text weiterarbeitet, zeigt, dass die zweite, einfachere Struktur wirksam war. Die vierte Version unseres Textes, datiert 7.1.1965, bringt einige stilistische Varianten. Wichtig erscheinen mir die Veränderungen in der zweiten und dritten Zeile: Liv/ lauv logar opp (for) ved runnen tid Ein ljuvleik ingen fann. Hier ist auch der andere Term der Opposition auf der Achse Leben lexikalisiert: „Liv“ (vs „fuglen døden“). Das Absterben dieses Lebens wird als Aufflammen angesichts der kontinuierlichen Zeit zur Schönheit („ljuvleik“), entsprechend der zweiten, homologen Sequenz, wo der Tod der Schlange als ästhetischer Anblick dargestellt ist. Erwähnenswert sind weiter drei am Schluss angefügte und dann wieder gestrichene Zeilen: Det mørke auget ser og ser det redde (hjartet) livet ter og ter sin seige ville trass Diese Ergänzung scheint dem Bedürfnis entsprungen zu sein, die beiden Sequenzen stärker miteinander zu verknüpfen. Das dunkle Auge aus dem ersten Thema wäre jetzt auch ein Motiv des zweiten Themas, und zwar in der strukturellen Position von F, die Manifestation „vinden“ verdoppelnd. Ein neues Moment ethisch-psychologischer Art käme dazu in Opposition: „livet (…) sin seige ville trass“. Die fünfte Version (siehe Faksimile), undatiert, aber vor dem 12.1., bringt eine folgenschwere Umstellung der Sequenzen. Das Ormekrå-Thema wird an den Anfang gestellt. Das Motiv, das sowohl C als auch F bildlich manifestiert, macht eine metonymische Verwandlung durch, sichtbar in folgender Reihe, deren Glieder vorläufig noch alle im Text (mit oder in den vorausgehenden Versionen) realisiert sind: „fugl“, „fuglen døden“, „det mørke auget hans“, „det mørke auget“, „flygande (trøytte) auget“. In dieser Reihe steht „fuglen døden“ für eine extrem deutliche, sich selbst interpretierende Fassung des Gedichts, während „det mørke auget“ die Möglichkeit einer extrem dunklen Fassung darstellt. Zur Entstehung eines Gedichts von Tarjei Vesaas 267 In der letzten Strophe wird - ebenfalls ein folgenschwerer Schritt - dieses Motiv explizit mit dem dominanten Term F (Einheit Zeit) in Verbindung gebracht, was uns nicht mehr überrascht: fuglen bortom tid (…) Die sechste Version vom 8.1. - von jetzt an maschinengeschrieben mit Bleistiftkorrekturen - bringt die entscheidende, in der fünften Version vorbereitete Zusammenziehung der beiden Textsequenzen, und zwar zugunsten des später hinzugekommenen Ormekrå-Themas. Ich gebe die achte Version, vom 12.1. wieder, die sich von der sechsten und siebenten nur geringfügig unterscheidet: Den ventinga ved ormekrå - Kvart barn stumt stod stirde på at ingen (orm) ting kom fram/ ut. Ingen ting kom fram, og alle barn kvarv. Men ormens fine beingrind skin i nattmørkret (under steinen) inni stein-opet. Avgøymt avplukka. (Saman med små vinddrag) Einsleg med vinden. Han (kom) ville aldri (fram.) ut og under hælen Det lid lenger enn langt. (Det) Spelar (og teier der) ein song der for ingen. (Smale) Vind(ar) i ei grann (grann) kvit grind. Det mørke auget (kom der nok) har vori her (også der.) (Det mørke flygande) Trøytte søkande auget, som stilnar kvart spørsmål, og kvart kryp. Det svarte allvetande auget i kvilefuglen bortom tid og namn. „Det mørke auget“ wird - sehr schön kontrastierend unmittelbar nach „kvit grind“ - deutlich als bildliche Manifestation des Zeitmotivs eingeführt. „Vinden“ erscheint hier prädikativ erweitert durch „spelar ein song“. Es kann jetzt kein Zweifel mehr bestehen, dass dieses Bild verdoppelnd neben „det mørke auget“ zum Term F gehört. So verifiziert sich unser Analogieschluss von oben und damit das ganze Homologiemodell. Die Formel muss jetzt, nachdem nach B auch A entfallen ist, etwa für die Artikulation auf der Zeitachse so lauten: Die Schlusszeile repetiert in einem Konzentrat unsere Struktur, wenn man „tid“ mit Vergänglichkeit übersetzt und „namn“ mit persönlichem Schicksal, d. h. hier die in Angst erwartete Begegnung eines Kindes mit einer Schlange. IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 268 Die neunte Version, vom 13.1., bringt gewisse Erweiterungen des Motivs „vind“: „Spelar ein (vind der) tone som aldri høyrest (for ingen)/ einstonig i ei (grann) kvit grind“. Die Reihe „fugl“… „auga“, ebenfalls zum Term (C/ F) gehörig, wird um zwei weitere Glieder erweitert: „Allvetande auget“ und in der zehnten Version „det myndige auget“. Das Gedicht trägt in dieser Version den Titel „Kvilefuglen“. Die Versionen neun bis zwölf zeugen von Vesaas’ unermüdlicher Arbeit an Einzelheiten untergeordneter Ebenen: Wortwahl, Rhythmus, Strophen- und Zeileneinteilung, Satzbau. 244 An der Struktur, wie sie in der letzten Formel beschrieben ist, ändert sich jetzt nichts mehr. Erwähnt werden müssen noch die letzten Veränderungen im Zuge des Abbaus struktureller Wiederholungen, wie sie bei der sechsten Version eingesetzt haben. In der dreizehnten Version sind die letzten zwei Zeilen, die wir als Rekapitulation erkannt haben, wieder gestrichen. Diese Version kam im Dagbladet am 23.1. zum Abdruck. Von den Gliedern der Reihe, die den Term C im Verlauf der Varianten und zum Teil simultan innerhalb ein und derselben Version manifestiert haben, ist jetzt nur noch „auget“ mit dem Prädikaten „trøytt“, „myndig“ und „mørk“ manifest. „Fuglen“ ist aus dem Text verschwunden, die dunkle Text-Möglichkeit ist realisiert. Illustrativ (aber strukturell wiederholend) wird „auget“ erweitert: Det trøytte myndige auget finn alt, når fram til alt Det mørke auget som stilnar kvart gjeremål og kvart kryp. Kvar orm. Zwischen der Dagblad-Version und der endgültigen Version in der ersten Vorrede von BOK liegt noch eine undatierte vierzehnte Version. Die endgültige Version in BOK unterscheidet sich von ihrer unmittelbaren Vorstufe, abgesehen von der Zeilen- und Stropheneinteilung, erst gegen den Schluss. Der rhythmisch unversöhnt dastehende Schluss wird durch Erweiterung der Illustrationsreihe zu C gemildert: Auget som stilnar kvart gjeremål, og kvar tanke, og kvart kryp, og slangen i si bitre forbanning. Dass die der strukturellen Straffung gegenläufige Illustrationsreihe den Term (C/ F) erfasst, scheint die dominante Funktion zu bestätigen, die wir diesem Term in der Struktur des Gedichtes zugewiesen haben. Andererseits erscheint sie als ein Zuge- 244 Diese Veränderungen sind natürlich keineswegs unwichtig, wenn man die Arbeitsweise Vesaas’ studieren will. Sie fallen aber außerhalb des Rahmens unserer Untersuchung. Zur Entstehung eines Gedichts von Tarjei Vesaas 269 ständnis an den Leser, denn der Text ist im Verlauf des Kontraktions- und Reduktionsprozesses sehr dunkel geworden. Noch eine kleine strukturelle Veränderung innerhalb des Terms (C/ F) muss der Ordnung halber erwähnt werden. „Vinden“ und „auget“ erscheinen nicht mehr als Verdoppelung eines Terms auf der gleichen Ebene: Spelar ein vind der for ingen, lydlaust i hårgranne grind. Spelar forbi det mørke auget. „Vinden“ und „auget“ stehen hier nicht mehr einfach nebeneinander, sondern sie sind in eine hierarchische Relation zueinander getreten. F („vinden“) erscheint als C („auget“) untergeordnet. Der Effekt ist eine Perspektivierung dessen, was wir transzendente Zeit genannt haben. Sie gewinnt eine Art räumlicher Anschaulichkeit. Wir schreiben die Schlussformel: (C F) vs (D+E) ∗ Fünfter Entwurf zum Gedicht „Ormen i Ormekrå“ IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 270 Zusammenfassend wollen wir noch einmal den Verlauf des Arbeitsprozesses verdeutlichen, in dem das Gedicht „Ormen i Ormekrå“ entstanden ist. Er erscheint als offensichtlich logische Abfolge von Kontraktionen und Transformationen der Motive und Bilder. Am Anfang stand ein Thema in Form einer Textskizze mit den konstitutiven Einheiten „blome-dal“ - „kvite kinn“ - „fugl“. Die Ausarbeitung der Skizze stellt sich dar als verschiedene, respektive verdoppelte oder kontraktierte Manifestationen der Terme eines Systems, das äquivalent blieb. Die verschiedenen Artikulationsmöglichkeiten des Oppositionenensembles wirken dabei als Relaisstationen 245 für metonymische und metaphorische Substitutionen. Die Bilder, die so realisiert wurden, konnten in Reihen bis zum Selbstkommentar einerseits und bis zu völliger inhaltlicher Verdunkelung andererseits gehen. Jetzt wurde eine Einheit („kvite kinn“) des ersten Textes durch eine Sequenz ersetzt, die selber wiederum drei Einheiten aufwies: „barnet“ - „ormen“ - Zeit/ „vinden“. Inhaltlich erschien die Kombination in keiner Weise motiviert, unsere Analyse ließ uns jedoch - unerwartet, aber die Relevanz der gewählten Methode bestätigend - erkennen, dass die beiden Sequenzen homolog sind, ihre Kombination somit strukturell motiviert war. Zu dieser zweiten Sequenz, dem Ormekrå-Thema, findet sich in Form einer Tagebuchnotiz die allererste Idee, und zwar fast sieben Jahre zurück, am 12.9.1955: Bein i månenetter skin kvitt Eine Analyse dieses Mikrotextes zeigt, dass er als generativer Komplex 246 für das ganze Gedicht wirken konnte, weil er bereits dessen Struktur aufweist, allerdings nicht in allen Termen manifest und nicht in alle Artikulationen entfaltet. „Bein“ (Knochen) setzt als Term einer elementaren semantischen Struktur früheres Leben voraus und zieht die Dimension Zeit als Artikulationssache der Opposition nach sich. Der Ausdruck „skin kvitt“ versöhnt mit Nacht und Tod. Damit diese Neutralisation aber eintritt, braucht es ein übergeordnetes Element, hier den Mond (später realisiert in den Äquivalenten „vind“, „auge“). Die Formel für zwei herausgegriffene Artikulationen 247 würden lauten: (4.1) (4.2) 245 Vgl. dazu Greimas, Strukturale Semantik, S. 123: „(…) Orte, an denen die wechselseitigen Substitutionen der Seme vorsichgehen.“ 246 Mein Ausdruck, in Anlehnung an de Saussures Begriff „terme générateur“, der von Barthes, Essais critiques, S. 240ff., in die strukturale Literaturwissenschaft eingeführt wurde. 247 Gewählt wurden Artikulationsweisen von hohem Rang in der Hierarchie des Sem-Systems. Vgl. Greimas, Strukturale Semantik, S. 27. Zur Entstehung eines Gedichts von Tarjei Vesaas 271 Für das erste Thema kennen wir den generativen Komplex nicht. Es ließe sich denken, dass es die Vorstellung „kvite kinn“ gewesen war. 248 Aber auch der Vogel, die Faszination eines Anblicks, einer Perspektive, die der Mensch nicht teilen kann, könnte als Term einer Struktur die Bilder „blome-dal“ vs „kvite kinn“ nach sich gezogen haben. Kehren wir nach diesem Exkurs zum Entwicklungsprozess unserer Variante zurück. Die Reihenfolge der beiden Sequenzen wurde jetzt umgestellt, und das erste Thema wurde vom später hinzugekommenen ausgestoßen 249 , hat aber von ihm das Motiv „det mørke auget“ in strukturell entsprechender Position behalten. Dies war möglich, weil die Sequenzen homolog sind. Auf diese Weise wurden strukturelle Wiederholungen rückgängig gemacht. Weiter wurde Überdetermination teilweise abgebaut. Zu deutliche Termrealisationen wurden in die reine Bildsprache zurückgenommen. Der Text pendelte schließlich in einen Zustand struktureller Komplexität ein, der dem Autor offensichtlich als Gleichgewicht erschien. Die letzten gegenläufigen Änderungen am Schluss halte ich für Zugeständnisse an den Leser. Der chronologische Entstehungsverlauf (nicht die Struktur! ) kann räumlich verdeutlicht werden: Nach dem, was eingangs über die Bedeutung des Gedichts „Ormen i Ormekrå“ für BOK gesagt wurde, lässt sich denken, dass auf analoge Weise, wie aus der Idee „Bein i månenetter“ das Gedicht entstanden ist, aus diesem wiederum der Makrotext BOK hervorgegangen wäre: als Serie homologer Strukturvarianten, deren Terme jeweils verdoppelt, angereichert oder ersetzt wurden durch äquivalente Bilder mit den verschiedenen Artikulationsebenen als Relais. Das zu erwartende Resultat wäre eine 248 In Bruene spielt die weiße Farbe der Unterseite eines umgewälzten Steines eine große Rolle. 249 Das ausgestoßene Thema ist zum Kapitel 7, „Vaska kinn“, in BOK geworden. IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 272 Beschreibung der Form, im strengen Sinn eines hierarchisch gegliederten Ensembles von Kombinationsregeln, das die strukturelle Einheit von BOK begründet. 250 Eine tradtionelle genreorientierte Beschreibung leistet das nicht. Vielleicht ließe sich so erklären, was sich der idealistischen Ästhetik als unerklärlicher Rest des Symbols 251 oder gar als Numinosität des Archetypus 252 entzieht. Von welcher Bedeutung es wäre, wenn eine solche Formbeschreibung gelingen würde, dürfte an der Tatsache klar werden, dass bereits die Romane Sandeltreet, 1936, Brannen, 1961, und Bruene, 1967 sich ohne weiteres als formal verwandt mit BOK erkennen lassen. Obwohl die hier aufgezählten Romane allen Kritikern großen Eindruck machten - nicht zuletzt wegen ihres numinosen Charakters - konnten sie mit den traditionellen Beschreibungsmitteln doch immer nur als episodisch oder gar chaotisch charakterisiert werden. 253 Aber: „Das Kunstwerk ist, was der Mensch dem Zufall entreißt.“ 254 Es gilt für den Interpreten, auf einer theoretischen Ebene das zu reproduzieren, was Vesaas im bildlichen Schreibprozess geleistet hat. 255 Oder anders: Es gilt das, was Vesaas dem Zufall entrissen hat, in der Aneignung des Textes ein zweites Mal dem Zufall zu entreißen, indem man seine poetische Logik expliziert. 250 Diese strenge, von Barthes in Die strukturalistische Tätigkeit vorgeschlagene Verwendung des Begriffs Form scheint sich mit der von „sprogbygning“ bei Hjelmslev zu decken. Vgl. Omkring sprogteoriens grundlæggelse, § 21. 251 U. a. Hans Ruin, Poesiens mystik, 2. Aufl., Lund 1961, S. 11: „Poesien är någonting outsägeligt, utom och utöver innehållet.“ Weiter etwa J. J. Bachofen, Versuch über die Gräbersymbolik der Alten, Leipzig 1927, S. 60f.: „Das Symbol erweckt Ahnung. Das Wort kann nur erklären.“ 252 C. G. Jung, Einführung in das Wesen der Mythologie, Zürich 1941, S. 142: „Man darf sich keinen Augenblick der Illusion hingeben, ein Archetypus könne schließlich erklärt und damit erledigt werden.“ 253 Siehe für BOK Ingeborg Kongslien, „Omkring kritikken av Tarjei Vesaas: Båten om kvelden“, in: Norsk litterær årbok 1969. Torben Broström, Fremmede digtere i det 20. århundrede, København 1968, S. 265f. versucht die Schwierigkeit mit einem genretranszendierenden Begriff „poetisk roman“ zu lösen. Atle Kittang, „Genre, landskap og meining“ treibt die Formanalyse von BOK ein schönes Stück voran, indem er die Vesaas’sche Form angesichts einer Opposition syntaktische vs. semantische Dimension der letzteren zuweist. (Ich hätte das Begriffspaar Syntagma vs Paradigma vorgezogen.) Mit seiner Bemühung um den Aufweis des architektonischen Willens in BOK bewegt sich Kittang allerdings in der Ebene der syntagmatischen Oberflächenstruktur. 254 Barthes, Die strukturalistische Tätigkeit, S. 194. 255 Barthes sagt in Die strukturalistische Tätigkeit: „Das Wesen der Kunst ist Technik.“ Die Frage, ob diese Technik dem Künstler bewusst ist oder nicht, ist natürlich sekundär. Lévi-Strauss, Strukturale Anthropologie, S. 45f. spricht von einer wissenschaftsgeschichtlichen Revolution im Zusammenhang damit, dass sich die Phonologie bei Trubetzkoi konstituierte, indem sich das Augenmerk von den bewussten Spracherscheinungen auf die unbewusste Infrastruktur lenkte. Diese „phonologische Umwälzung“ steht aber am Anfang jeder strukturalistischen Wissenschaft. Sie scheint mir in ihrer Bedeutung mit derjenigen in der Psychologie Freuds vergleichbar, wo manifeste Ausdrücke als vom Unbewussten strukturiert aufgedeckt werden (besonders schön in Freuds Beschreibung der „Traumarbeit“ fassbar). Marx hat ein Entsprechendes in der Kritik der politischen Ökonomie geleistet (Vgl. dazu die Diskussion und Kritik in Lucien Sebag, Marxismus und Strukturalismus, Frankfurt 1967). Der Norweger Tarjei Vesaas (1897-1970), Bauernsohn und Autodidakt, darf als einer der bedeutendsten und eigenwilligsten Lyriker Skandinaviens gelten. Einfachste und sparsamst eingesetzte Motive, ganz konkrete Naturbilder, geholt aus der ländlichen Umgebung seines Hofes Midtbø in Vinje, Telemark, verwandelte er in liebenswerte, zarte Poesie und - alptraumartige, seltsam hysterische Welten. Harmlose Dinge wie Steine, Berge, See, Straße, Haus, Wiese, Moore, Insekten kehren unversehens eine dämonische Seite hervor. Viele dieser Angstbilder tauchen seit Vesaas’ Debüt 1923 in seinem 40-bändigen Werk immer wieder auf: Das ambivalente Erlebnis einer frischgemähten Wiese wird zum Bild grausamer Zerstörung eines Mikrokosmos von Gräsern, Blumen, Insekten und Feldmäusen. Gleichzeitig sind da der betörende Heuduft, Sommer, Reife. Die Angst vor Dämmen, die brechen könnten, vor Felsstürzen, Überschwemmungen, lauernden Schlangen, saugenden Mooren und kosmischen Katastrophen wird als Herausforderung erlebt, Verantwortung als Lebensretter zu übernehmen. Oder als Versuchung, regressiver Todessehnsucht nachzugeben. Vesaas hat sich als Dichter sehr langsam und sehr selbständig entwickelt. Im Frühwerk erscheint vieles sentimental und melodramatisch, macht den Eindruck des forciert Literarischen oder auch des privat Idiosynkratischen, das schlecht zusammenging mit den bäuerlich-realistischen Schauplätzen der Romane. 1940 dann erschien der Roman Kimen (deutsch Nachtwache 1964 und 1966), und von da an schrieb Vesaas seine modernistischen Prosameisterwerke: schwer zu charakterisierende, aber unmittelbar ergreifende Texte, die kaum mit anderen Romanen vergleichbar sind. Wenn der Begriff nicht schon belegt wäre, könnte man sie Magischen Realismus nennen. Die Sprache ist zum Äußersten lakonisch, die Szenerien sind stark stilisiert, die Repliken geheimnisvoll. Diese Texte öffnen einen tiefen Raum für seelisches Echo. Es ist die Zeit des Zweiten Weltkriegs, und die Angst-Obsessionen werden von da an und bis heute erkennbar als allgemeingültige Erfahrungen der Gegenwart. 1946 erschien das erste der nur fünf Gedichtbücher dieses Autors, der von Anfang an zum Lyrischen neigte. Auslösend war die Lektüre der Gedichte Edith Södergrans gewesen, der für Skandinavien bahnbrechenden Modernistin aus Finnland. Vesaas lernte von ihr u. a., dass Gedichte keine Reime und festen Metren zu haben brauchen. Liv ved straumen (Leben am Strom) ist postum erschienen. Die meisten Gedichte stammen aus den letzten Jahren vor Vesaas’ Tod. Vorausgegangen war 1968 die Prosalyrik Båten om kvelden (deutsch Boot am Abend 1970). Wie dort, tauchen auch hier die vertrauten und erschreckenden Motive und Themen noch einmal auf - aber in einer neuen Aura: entspannt, gelassen, manchmal sogar humoristisch. Das Ich dieser letzten Gedichte kann sich über einen Schlager des populären schwedischen Nachwort zur deutschen Übersetzung von Tarjei Vesaas’ Leben am Strom IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 274 Troubadours Evert Taube freuen und ihn zitieren: „Willst du meines Herzens König sein? “ Oder Vesaas schreibt: „Der Ätna ist aufgesetzt und raucht aus der Tülle“, wie eine Teekanne auf dem Herd - in einem Gedicht, wo auch die Rede von einem Gehirn ist, das an Höhe verliert wie ein angeschossenes Flugzeug. In einem Bild gefallener Soldaten, das er sich vergegenwärtigt, heißt es: „Und da beginnt es natürlich zu regnen! “ Wenn rings um ihn die Berge in Abgründe stürzen, kommt ein winzig kleines Haus „folgsam herangefahren“, ihn zu retten. Der Tod, die Nacht, gegen die früher angekämpft werden musste, ist dem alten Vesaas etwas Natürliches, etwas Richtiges am Ende des Weges. Er ist vorbereitet. Vesaas hat die Schlussredaktion seines letzten Buches nicht mehr selbst vornehmen können. Vielleicht hätte er sonst viele der hübschen, humorvollen, auch erotischen Gedichte der letzten Jahre mit aufgenommen, die ich im Nachlass fand. Zum Beispiel „Roter Fleck“: Vielleicht ist der rote Fleck am westlichen Herbsthang eine wilde, kleine Espe, deren leuchtende Blätter Fieber bekommen haben? Oder der rote Fleck westlich am Sund ist eine gewaltige und süße Beere? Es gibt solche auch, unter unsern vielen Wünschen, und alles, woran man lange genug glaubt, wird zu einem kommen. Der geheimnisvolle Fleck jenseits des Sundes ist ein guter Werktagspulli, den die Burschen auf dieser Seite kennen, von dem sie schweigen und wissen. Und das Boot muss vom Pfosten gelöst werden - sachte beginnt das Herz zu klopfen, wenn das Boot lautlos über den Sund gleitet, wenn der Junge am Abend hinüberfährt. Doch auch ohne diese Gedichte ist Leben am Strom kein depressives oder deprimierendes Buch. Zwar liegen die naturlyrische Epiphanie und der Schock negativer psychischer Grenzerfahrungen, Paradies und Unterwelt in der Einbildungskraft dieses Dichters unmittelbar nebeneinander. Aber Vesaas erreicht eine Katharsis beim Leser, indem er sich mit fast kindlich zu nennender Offenheit dem Schönen und mit großem Mut dem Schrecklichen ausliefert und es künstlerisch gestaltet. Die Wirkung gleicht der, die etwa auch Faulkners The Sound and the Fury haben kann. Vesaas hat neben Edith Södergran auch Faulkner in Leben am Strom ein Gedicht gewidmet. Es kann als poetologisches Selbstzeugnis gelesen werden. Und auch er Nachwort zur deutschen Übersetzung 275 hat einen Roman mit einem debilen Helden geschrieben, vielleicht seinen besten: Fuglane (1957, deutsch Die Vögel 1961). Dessen Hauptperson sei ein „Selbstporträt mit Vorbehalt“, bekannte Vesaas. In einer der wenigen und zurückhaltenden poetologischen Äußerungen Vesaas’ erfahren wir, dass er oft seine Ideen aus Träumen bezog. Er hatte stets Papier und Bleistift auf dem Nachttisch liegen, um sie sofort notieren zu können. Viele dieser Zettel sind bewahrt. Bewahrt sind auch die vielen Bearbeitungen, die Vesaas diesen Initialbildern unterzog, bis er sie als fertige Gedichte aus der Hand gab. Dabei machten sie durch kleine Eingriffe und Aussparungen entscheidende Veränderungen durch, wenn sie auch, wie etwa „Alptraum vom großen Sog“, noch in der gültigen Version den Eindruck eines direkten Traumnotats machen können. Ein interessantes Beispiel, weil es auch die künstlerische Reifung seit seinen Anfängen beleuchtet, ist das Gedicht „Die kleinen Nager“. In einem Gedicht „Die Schneewehen“, von 1925, das nie in Buchform erschienen ist, kann man eine Vorstufe dazu sehen. Die Schneewehen verführen dort einen lebensmüden Mann, sich einem sanften Tod hinzugeben. Die letzte Strophe bietet dem Leser einen sehr konventionellen natursymbolischen Trost an: „Jeder nackte Zweig, der über der Schneewehe schaukelt, hegt einen heimlichen Traum: dass aus dem Leinen des Todes braune Knospen zu Laub und Blüten werden.“ In „Die kleinen Nager“ in Leben am Strom sind es Mäuse, die - nicht selbstverschuldet - von den Schneemassen erdrückt werden. Die ersten Versionen des Gedichts enthielten am Schluss ebenfalls ein Trostangebot in Form einer buchstäblich metaphorischen Himmelfahrt: „Im Frühling wird ein Vogel sie in den Schnabel nehmen und gen Himmel führen.“ Allerdings wird dieser Trost relativiert: „Sie wissen nichts davon und werden es nie wissen, dass sie in den Himmel gekommen sind.“ Die endgültige Form der Schlusszeilen belässt es bei der nackten und harten Tatsache: (…) Zum Frühling wird irgendein Vogel sie finden, etwas ängstlich an ihnen hacken, sie in den Schnabel nehmen, sie anheben und sie fallen lassen. Das erinnert an William Carlos Williams Gedicht „Complete Destruction“: It was an icy day. We buried the cat, then took her box and set match to it in the back yard. Those fleas that escaped earth and fire died by the cold. Auf eine Interviewfrage, moderne Literatur sei oft pessimistisch, antwortete Vesaas in seiner notorischen Wortkargheit: „Mit guten Gründen.“ Doch die Frage ist naiv IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 276 und defätistisch. Vesaas fügte hinzu: „Der Mensch ist gezwungen, hartnäckiger Optimist zu sein.“ Sein immer mehr zwischen die Zeilen zurückgenommenes Festhalten an einem Prinzip Hoffnung, an der bedrohten Würde des Menschen, Vesaas’ Ethos des Standhaltens und „Mittendrin“-Seins erhält Gewicht, weil dabei das Schwierige nicht mit billigem Trost weggezaubert wird. Und weil das Fazit dieser Lyrik dem Leser als Aufgabe überantwortet wird, ohne vorformuliert zu sein. In Vesaas’ Schlafzimmer auf Midtbø hing ein geschnitztes Wandschränkchen, das er von einem geisteskranken Holzschnitzer geschenkt bekommen hatte. Es zeigt ein Ruderboot mit zwei Männern. Die traditionellen Akantusranken der norwegischen Volkskunst, die das Motiv umrahmen, sind aus der Form geraten, sie wirken expressionistisch bedrohlich. Die schwarzen Augenhöhlen der Männer im Boot lassen an Charons Boot denken. Vielleicht hat Vesaas den Titel seines letzten Prosabuches, Boot am Abend, von diesem naiven - und visionär-modernistischen - Kunstwerk bezogen. Vesaas’ eigenes Werk ist nicht Naive Kunst, sondern autochthoner Modernismus - eigenwillig und selbstbewusst entwickelt in einem künstlerischen Abstraktions- und Objektivierungsprozess, aber in intimem Kontakt mit einer ländlich-norwegischen Tradition und höchst persönlicher Landschaftserfahrung. Manchmal klingen Volksliedrhythmen und -reime in seinen freien Versen an, was die Übersetzung nicht immer nachvollziehen konnte. Die schwer zu beschreibende Faszination wie auch die Dialektik von Trost-Verweigerung und Katharsis mag an die Musik Jan Garbareks erinnern, der in seinem Medium die Sprache der Weltmusik mit einem schwermütigen nordischen Ton und Volksliedmotiven zu dramatischer Schönheit verbindet wie Vesaas die Weltsprache der modernen Poesie mit der Natur Telemarks. Garbarek hat in einem Interview über seine Affinität zu Andrej Tarkowski, dem „Poeten des Films“, gesprochen, als spräche er über Vesaas: „Er schuf oft faszinierende Traumbilder, kleine Dinge, die Prozesse auslösten. Und so denke ich selbst, wenn ich komponiere. Es muss ein Raum für Deutungen entstehen, und es muss etwas hinter der Wirklichkeit liegen.“ Als Viggo Brøndal 1940 Præpositionernes theori 256 herausgab, sprach er die Hoffnung aus, dass seine Arbeit nicht nur für Sprachforscher von Bedeutung sein möge. Die Ironie der Wirkungsgeschichte Brøndals besteht darin, dass er innerhalb der Linguistik in den Schatten Hjelmslevs zu stehen kam, während Svend Erik Larsen 1972 in Exil zum Abschluss seines Versuchs, Brøndal zu aktualisieren, feststellen kann: Det er (…) ikke mærkeligt at det er ikkelinguister der har bidraget mest til en påpegning af Brøndals aktualitet, idet både faglitterære skribenter (fx. Greimas, Lévi-Strauss og herhjemme Niels Egebak) og skønlitterære forfattere (fx. H.-J. Nielsen, Inger Christensen, Göran Printz-Påhlson og særlig Klaus Høeck) har demonstreret et kendskab til Brøndals forfatterskab. Det er utvivlsomt de translinguistike discipliner der vil kunne hente størst inspirasjon hos Brøndal. 257 Eine weitere Ironie in dieser Wirkungsgeschichte liegt darin, dass die Aktualisierung Brøndals auf dem Umweg über den modernen Strukturalismus und die Semiologie in Frankreich erfolgte, wo Brøndal seine solide Position als Vorgänger hat, auf dem man neben de Saussure, Trubetzkoi, Propp, Jakobson und Hjelmslev aufbaut. Auch Inger Christensen kannte ihre Strukturalisten, bevor sie - durch sie auf ihn aufmerksam geworden? - auf Brøndal stieß. Sie schreibt über ihre Arbeit an Det: På dette tidspunkt var jeg bestemt gået i stå, hvis jeg ikke havde fået fat på Viggo Brøndals Præpositionernes teori. Hans forsøg på at analysere sprogets relationsord kunne direkte læses, som om det drejede sig om det relationsnet digtningen i forbifarten opretter. Hos Brøndal valgte jeg otte ord, der kunne holde i uafbrudt bevægelse og samtidig organisere den svimmelhed, bevægelsen nødvendigvis ville fremkalde (…). Samtidig mærkede jeg mig, at Brøndal om universalitet skrev: „Den allervidest gående Synthese vilde endelig omfatte alle Zoner og Grader af Relationsarter (…). En sådan Totalrelation måtte efter sin Natur stå på selve Tankens Grænse, den måtte som Udtryk for Oplevelsens Kvalitet være af næsten mystisk Karakter. 258 Die Bedeutung, die Viggo Brøndal für Inger Christensens Det hat, ist in diesem Zeitungsartikel wohl stark betont, aber sehr salopp formuliert. Liest man Brøndal, wie Inger Christensen vorschlägt, als handle es sich um das Relationennetz, das sie in Det - und hier ist die Lyrikerin offensichtlich zu bescheiden - „im Vorübergehen“ errichtet hat, zeigt es sich, dass sie nicht nur einfach „acht Wörter gewählt“ hat, son- 256 Viggo Brøndal, Præpositionernes Theori. Inledning til en rationel Betydningslære, København 1940 (= Festskrift udg. af Københavns Universitet i Anledning af Universitetets Aarsfest November 1940), S. VI. 257 Svend Erik Larsen, „Aspekter af Viggo Brøndals sprogfilosofi“, in: Exil 2 (1972), S. 1-27; S. 24. 258 Inger Christensen, „I begyndelsen var kødet“. Berlingske Aftenavis Weekend, 18./ 19. Juli 1970, S. 9. Zur Bedeutung von Viggo Brøndals Präpositionentheorie für Inger Christensens Det IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 280 dern das elfgliedrige System von Brøndal in einer Weise auf ein achtgliedriges gebracht hat, dass das System als Ganzes dabei intakt blieb. 259 Wenn man Brøndals Beschreibung der gegenseitigen Relation der Präpositionsfunktionen folgt, um sein Modell in einem Flussdiagramm anschaulich zu machen, sieht das so aus: Bei Inger Christensens dreimal wiederkehrenden Kapitelüberschriften fehlen die Begriffe Pluralität und Generalität (5, 6). Das heißt: Sie fehlen nicht, denn dadurch, dass die Kategorie Integrität vorhanden ist, die den fehlenden Kategorien übergeordnet ist, sind diese implizit im System aufgehoben: Bei der Suspendierung der drei Kategorien mag mitgespielt haben, dass es sich dabei um „sekundäre Relationsarten“ handelt: „de udformer og udfolder en allerede given Verden især med Hensyn til dens Proportioner.“ 260 Darum ging es Inger Christensen in Det nun allerdings nicht. Wir stehen damit bereits vor der Frage, welche Funktion die Übernahme von „acht Wörtern“ aus Brøndals Theorie in Det hat. Die Achtergliederung ist entstehungsgeschichtlich und inhaltlich der Überlagerung durch das Modell Brøndals vorgeordnet. Es wäre allein schon deswegen vergebliche Mühe, nach Punkt-für-Punkt-Entsprechungen zwischen dem System, das Det bildet, und Brøndals Präpositionensystem zu suchen. Eine (vertikale) Analogie besteht nicht, in der etwa ein Kapitel „symmetrier“ inhaltlich tatsächlich symmetrische Relationen beschriebe. (Allerdings befinden sich in den Abschnitten „totalite- 259 Zur Zahl 8 als Strukturierungsprinzip vgl. Gert Kreutzer, „System und Prozess. Zur Form von Inger Christensens Det“, in: skandinavistik 2 (1975), S. 118f. 260 Brøndal 1940, S. 34, S. VI. Brøndals Präpositionentheorie und „Det“ 281 ter“ jeweils die umfassendsten Visionen, und grosso modo lässt sich zeigen, dass die schrittweise Bewegung zu immer umfassenderen Synthesen auf den Zeitpunkt „totaliteter“ zu nachgezeichnet ist.) Auch eine (horizontale) Homologie besteht nicht: Der Inhalt der Kapitel „transitiviteter“ verhält sich nicht gleich zum Inhalt der Kapitel „kontinuiteter“ wie die entsprechenden Begriffe im Definitionensystem Brøndals. Die Begriffe wurden als zur Verfügung stehendes Namensystem übernommen. Sie fungieren als globales Signal für eine Beziehung zu oder ein Einverständnis mit Brøndals Art, seinen Gegenstand zu inventarisieren, zu typisieren und zu konstruieren. Die „acht Wörter“ aus Brøndals Präpositionentheorie organisieren weniger die „unabgebrochene Bewegung“ des langen Gedichts in strenger Parallelität zu Brøndals Modell, sie markieren vielmehr, dass sie organisiert sind - allerdings in einer der Brøndalschen Organisation verwandten Weise. Wie Brøndal seinen wissenschaftlichen Diskurs konstruierte, konstruierte Inger Christensen ihr Gedicht. Die Namen aus der relationellen Logik - Brøndal übernahm sie von Carnap, Russell u. a., „dog med visse Correctiver og Suppleringer“ 261 - sind für Lyrikleser vorerst ohne Konnotationen. Sobald man sich ein bisschen in Brøndal eingelesen hat, 262 kann man die Verwandschaft, die mit ihnen signalisiert wird, präziser beschreiben. Sie liegt in der sprachphilosophischen Haltung, die man als strukturalistisch, d. h. antimetaphysisch, antisubstantialistisch und - mit Derrida zu sprechen - antilogozentristisch bezeichnen muss. Selbstsicher lakonisch fertigt Brøndal Bergson und Croce in zwei Nebensätzen ab, 263 und Larsen gesteht Brøndal zu, dass die Grundbegriffe, die er anwende, „er oppstået gennem en kritisk nedbrydning af selve metafysikkens grunnpiller, de aristoteliske kategorier.“ 264 Dieser Standort wird durch einige Motti (von Greimas, Sollers) als der von Det angezeigt und kommt explizit inhaltlich zum Ausdruck, ebenso in der kompliziert, aber kohärent strukturierten Komposition, dem „Relationennetz“, das sich auch immer selbst thematisiert und kommentiert. In Brøndals Arbeit über Ordklasserne von 1928 265 steht ein Satz, der die Intention Inger Christensens mit der poetischen Sprache von Det genau bezeichnet: Et Sprog er nemlig, som en Geometri, et System af Begreber, som vi fra vort Stade og efter Evne anvender paa en Verden og hvorved vi - hvem ved? - maaske skaber denne Verden. 266 Hier hat die von Hans-Jørgen Nielsen mit „dritte Phase des Modernismus“ bezeichnete experimentelle Literatur bereits vor Inger Christensen angesetzt. Nielsen schreibt über sie in einem Aufsatz, dem er das obenstehende Brøndal-Zitat als Motto voranstellte: 261 Ebda., S. VI. 262 Vgl. die Bibliographie im Nachtrag zu Brøndal, Essais de linguistique générale, København 1943. Über Brøndal vgl. Knut Togeby, Svend Erik Larsen, Klaus Høeck. 263 1940, S. 3. 264 Aspekter, S. 23. 265 Viggo Brøndal, Ordklasserne, København 1928, S. 183. 266 Ebda. IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 282 Den fastholder litteraturens karakter af system, af metodisk frembragte sprogmodeller, idet den samtidig opfatter dette system som forlæg for verden og ikke omvendt. En tanke der er foregrebet hos en sprogforsker som Brøndal. 267 Eine so hochspezialisierte Theorie über einen kleinen Ausschnitt des linguistischen Gegenstands, wie sie Brøndals Präpositionentheorie darstellt, konnte ja die Lyrikerin bei ihrem großen Projekt nur inspirieren, weil sie von Brøndal als Anfang einer systematischen Analyse der gesamten Sprache gedacht war. 268 Was eine solche für unser Verständnis der „Welt“ bedeutete, wird durch die obigen Zitate klar. Die Präpositionen boten sich Brøndal als Ausgangspunkt an, weil sie die „mest direkt relationelle“ sind, und: „Der turde da neppe være for dristig at antage (…), at alle specielle Ordbetydninger defineres analogt med Præpositioner: alene ved Relationer.“ 269 Es ist einsichtig, dass eine strukturalistische Präpositionentheorie Modellcharakter haben kann für die Konstruktion eines „semantischen Universums“. Greimas’ Strukturale Semantik, 270 der letzterer Ausdruck entnommen ist, macht dies deutlich. Die Tatsache, dass Inger Christensen bei weit fortgeschrittener Arbeit an Det Brøndals Theorie als so große Hilfe empfand und Begriffe daraus so nahtlos integrieren konnte, dürfte darauf beruhen, dass ihr lyrisches Projekt auch in Anlehnung an Greimas’ analytisches Projekt konzipiert war und sie also bei Brøndal quasi eine überschaubare Vorstufe von Greimas’ Modell eines semantischen Universums fand. * Ein Gegenpol zum rationalen Willen und logisch-geometrischen Plan von Det kündet sich in Mottos der Romantiker Novalis und Blake an und manifestiert sich inhaltlich in Themen, die man der „Antipsychiatrie“ zuweisen kann. 271 Ein Widerspruch besteht dabei nur an der Oberfläche. Seine dialektische Aufhebung, resp. die Dekonstruktion des Raums, in dem ein solcher Widerspruch unumgänglich ist, nämlich des metaphysischen, ist gerade die zentrale Leistung von Det, die durch die strukturale Auffassung eines produktiven und gleichzeitig determinierten Diskurses ermöglicht wurde. Svend Erik Larsen führt Brøndals Gedanken immer wieder bis an Derridas Grammatologie 272 heran. Wenn es bei Brøndal heißt, alle negativen Reaktionen deu- 267 Hans-Jørgen Nielsen, „Mere end tre ting jeg vet om systemdigtningen“, in: Vindrosen 6 (1968), S. 75. 268 1940, S. V.; vgl. auch den Untertitel von Præpositionernes Theorie, S. 118. 269 Ebda. 270 Algirdas Julien Greimas, Strukturale Semantik. Methodologische Untersuchungen, Braunschweig, 1971 (= Sémantique structurale. Recherche de méthode, Paris 1966). 271 Vgl. Bernhard Glienke, „Themen in Systemen“, in: skandinavistik 2 (1975), S. 103ff. 272 Jaques Derrida, Grammatologie, Frankfurt a. M. 1974, (= De la grammatologie, Paris 1967); S. 107. Die dänische Übersetzung (Om grammatologi, København 1970, S. 133) scheint mir die eigenwillige Sprache Derridas besser, weil interpretierend wiederzugeben. So heißt es anstatt „Verzerrung“ ombrydende bearbejdning und anstatt „Furche“ læsespor. „Parcours“ soll zwar mit „discour“ korrespondieren, deutlicher ist jedoch das forløb der dänischen Übersetzung. Vgl. auch die französische Ausgabe, S. 90. Brøndals Präpositionentheorie und „Det“ 283 teten auf den Schlusspunkt des Satzes und darüber hinaus auf einen vom Satz unabhängigen „transzendenten“ Gegenstand - andererseits wieder: einen Gegenstand, der eben in der Synthese aller negativen Reaktionen Existenz bekomme, kommentiert Larsen, der Gegenstand werde also in seiner Unabhängigkeit erst vom Diskurs produziert und sei auf diese Weise gewissermaßen dem Diskurs nachgeordnet, gleichzeitig aber wiederum vorgeordnet als Gegenstand, auf den sich die diskursive Praxis richte. Eben diese dialektische Doppeldeutigkeit ist bei Inger Christensen textkonstituierend - sie thematisiert sich z. B., wenn es heißt: Fordi ordene sætter verden i scene Fordi verden holder ordene på plads (…) har spejlet en eller anden bagvendt glydighed som sandheden mangler (S. 43) Der Spiegel mit der „verkehrten Gültigkeit“ kann hier für das dialektische Modell stehen, das die „Wahrheit“, d. h. eine außerhalb des Diskurses liegende metaphysische Wahrheit dekonstruiert. Svend Erik Larsen bemerkt nun anlässlich Brøndal, es sei, als veranlasse Brøndals Transzendenzbegriff ihn, „zustimmend zu nicken“, wenn Derrida seinerseits mit einem Transzendenzbegriff den szientistischen Objektivismus der Glossematik, also eine andere, nicht eingestandene Metaphysik kritisiert: Nur um nicht wieder in diesen naiven Objektivismus zurückzufallen, beziehen wir uns hier auf eine Transzendentalität, die wir andernorts in Frage stellen. Und auch weil wir glauben, dass es ein Diesseits und ein Jenseits der transzendentalen Kritik gibt. Die Rückkehr des Jenseits ins Diesseits verhindern heißt, in der Verzerrung (des Diskurses) die Notwendigkeit eines Parcours anzuerkennen. Dieser Parcours muss im Text eine Furche hinterlassen. Ohne diese Furche und dem bloßen Inhalt seiner Schlussfolgerungen überlassen, wird der ultra-transzendentale Text dem vorkritischen Text zum Verwechseln ähnlich sein. 273 In der dialektischen Textauffassung 274 Brøndals - Greimas’ - Derridas - Christensens kann man also nicht, wie Larsen bei Brøndal bemerkt, linear von der Sprache zum Wesen des Gedankens (und zur Wahrheit der Welt) vordringen wie in der Metaphysik, ebenso wenig, wie man von der Annahme angeborener Ideen das Wesen der Sprache verstehen lernen kann. Man könnte - so Larsen - aber von der Sprache reden, als ob sie Denken, d. h. ein kreatives Phänomen sei. Und man könnte vom Denken reden, als ob es Sprache sei, d. h. ein strukturiertes Ganzes. Die Formel „som om“ aber spielt in Det eine große Rolle. Schließlich prägt sie das Gedicht „TEKSTEN universaliteter 8“, eine Stelle also, an der ein unbefangener Leser das handgreifliche, fertige Resultat des langen Diskurses erwarten würde: 273 Ebd. S. 17. 274 Vgl. dazu Hugo Hørlych Karlsens Zusammenfassung und Anwendung auf Det in: Skriften, speilet og hammeren. En kritisk analyse af en række nyere eksperimentelle danske forfatterskaber, København 1973, S. 22-47, bzw. S. 265-284 und S. 21. IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 284 Jeg ser de letter skyer Jeg ser den lette sol Jeg ser hvor let de tegner Et endeløst forløb Som om de føler tillid Til mig der står på jorden Som om de ved at jeg Er deres ord (S. 223) Hørlych Karlsen schließt eine grammatologische Lektüre von Det mit folgendem Satz: Verden opfattes/ opleves i og gennem sproget, det bestemmer os som bevidsthed - men „Det“ viser selv, at ikke kun sproget må revolteres for at ændre verden. Den skripturelle revolte må forbinde sig med en praksis, der realiserer HANDLINGEN i en verden, man altid allerede er bestemt af. 275 Diese Forderung scheint er von außen an Det heranzutragen. 276 Doch sie ergibt sich aus der dialektischen Text/ Welt-Auffassung selbst, die Det darstellt. Ebenso wie es Die Wahrheit nicht gibt, gilt darin Wittgensteins Satz „Das Rätsel gibt es nicht.“ 277 Das muss aber bedeuten, dass der Mensch überall zum verändernden, kreativen Denken und Handeln aufgerufen ist, wo sich Rätsel als „das Rätsel“ darstellen oder wo historisch dominante Betrachtungsweisen und Herrschaftsformen als Die Wahrheit versteinern. Das „som om“ ist dabei nicht, wie auch angenommen werden könnte, 278 Ausdruck der Resignation als Folge eines falschen politischen Bewusstseins, sondern gerade die Form des penetrierenden politischen Bewusstseins Inger Christensens. Ivan Malinovski, ein gewiss nicht des Existentialismus verdächtiger Zeuge, nannte eine Gedichtsammlung von 1968 Leve som var der en fremtid og et håb. * Logik und Phantasie sind in Det keine antinomischen Denkformen mehr. Darin liegt vielleicht das spezifische dichterische Engagement von Det. Von der Relationslogik, die Brøndal seiner Theorie zugrundelegt, gilt, wenn sie voll entfaltet wird, nach von Brøndal zitierten Worten Russells: at medens Logiken før var en Skranke for Mulighederne, er den nu blevet den store Befrier for Fantasien, Midlet til at opstille utallige Alternativer - som det saa bliver Erfaringens Sag at vælge imellem. 279 275 Ebda. 276 So auch Glienke, S. 111. 277 Ludwig Wittgenstein, Tractatus logico-philosophicus. Logisch-philosophische Abhandlung, Frankfurt a. M. 1964, S. 114. 278 Vgl. Glienke, S. 111. 279 1940, S. 50, vgl. Bertrand Russell, The problems of Philosophy, London 1912, S. 231. Brøndals Präpositionentheorie und „Det“ 285 Hier genau liegt die Wirkung der strukturalistischen Inspiration Inger Christensens auf ihr Schreiben. Det präsentiert sich als Resultat einer befreienden Phantasie, die sich bis ans „beinahe Mystische“ bewegen kann, ohne dem Mystizismus zu verfallen. Denn das „beinahe Mystische“ verdankt sich nicht einer absoluten, letztlich immer theologischen, das heißt hier ideologischen Transzendenz, sondern ist im Prinzip eine im menschlichen Denken/ Schreiben produzierte und verfügbare Dimension. Angesichts der von Inger Christensen eindringlich geschilderten Erfahrung der Angst, die uns innerhalb der gegenwärtigen realisierten Möglichkeiten nicht loslässt, scheint es sinnlos und selbstdestruktiv, an ihnen festzuhalten, ohne andere zu verwirklichen zu versuchen. Det zeigt die Notwendigkeit der Befreiung und die Denkmethode, innerhalb derer sie als möglich erscheint, auf. Aber es gibt keine fertige Lösung. Jede „Wahrheit“ dekomponiert sich selbst im dialektischen Prozess. Havet Jag står framför havet. Där är det. Där är havet. Jag tittar på det. Havet. Jaha. Det är som på Louvren. (Göran Palm, 1964) There are more things in heaven and earth, Horatio, than are dreamt of in your philosophy. (William Shakespeare, Hamlet, I, 5) 1964, als die erste Schallplatte von Cornelis Vreeswijk erschien, war ich Stipendiat in Uppsala. Zu der neuen Welt, die sich mir dort auftat, und zu der epochemachenden politischen, kulturellen und ideologischen Öffnung mit Folgen für einen ganzen Lebensstil, die die Sechziger mit sich brachten, gehörte auch das Phänomen Cornelis. Ich kaufte alle Platten, die in der Folge erschienen - heute CDs - , und ich habe Vreeswijk in Gröna Lund und später im Chat Noir in Oslo live erlebt. Meine norwegischen Freunde, als ich 1968 bis 1970 in Oslo lebte, waren alle Vreeswijk-Fans - Jan Erik Vold sang gerne zu vorgerückter Stunde „Slusk blues“ oder „Mördar Anders“. Sprüche wie „Jag gör allt för min publik, ta mig fan“, „Och det var ju bra det“, „Koppla av, mindre krav“, „Nakna damer ska man inte titta på. Fy skäms på sig, medborgare, som tittar ändå! “, „Dekadens råder här i vår socken försant. Prästens tös har fått barn med en jazzmusikant“ passten für viele Situationen und gingen in meinen Alltagswortschatz ein. Nicht zu vergessen: „För var dag blir det bättre, men bra lär det aldrig bli.“ 1968 hielt ich in der Schweizerischen Gesellschaft für skandinavische Studien einen Vortrag, in dem ich Vreeswijk in eine Tradition von Lasse Lucidor über Bellman und Ferlin einordnete. Oskar Bandle und Hans Kuhn waren einigermaßen schockiert, als ich in voller Lautstärke den „Lasse liten blues“ abspielte. Inzwischen ist Vreeswijk ein legitimer Gegenstand wissenschaftlicher Anstrengungen geworden - 1996 disputierte Ulf Carlsson über den berühmt-berüchtigten schwedisch-holländischen Liedermacher. Ich war Opponent, 300 Leute im Saal, und natürlich legten wir ein paar CDs auf. Im Jahr 2000 erschien die „Nationalupplaga“ von Vreeswijks gesammelten Schriften, herausgegeben von Jan Erik Vold: drei Bände im Schuber von zusammen 1637 Seiten, vornehm weißer Einband, schwarzes Leinen, Vorwörter, Kommentare und Register. Das Spannungsverhältnis zwischen gegenkultureller und anarchistischer Vreeswijkscher Haltung und seinem Publikum auf der einen Seite, akademischer Umarmung auf der anderen Seite ist immer noch virulent. Rezensenten der Gesamt- Polaren Pär im Nebel und Cornelis Vreeswijk in der intertextuellen Echokammer IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 288 ausgabe protestierten gegen die Klassikeraufmachung. 280 Carlssons Abhandlung hat den Untertitel „Artist - vispoet - lyriker“ und unternimmt es, den Estradör als Lyriker mit starken Einflüssen von Gunnar Ekelöf zu nobilitieren. Auch wenn ich meine, dass Vreeswijk trotz hochliterarischer Ambitionen in seinem BLM-Debüt, in drei Gedichtbänden und in vielen erst von Vold veröffentlichten nachgelassenen Gedichten seinen wichtigsten Einsatz als Liedermacher - Texter und Performer - leistete und wenn ich im folgenden die Ekelöfsche Dimension in Vreeswijks Schreiben etwas herunterspiele, bin auch ich der Ansicht, dass der ruppige Barde ein sehr belesener, bewusst arbeitender und ambitionierter Schriftsteller war. Unübersehbar und zahlreicher, als ich 1968 wissen konnte, sind die intertextuellen Verweise auf Lucidor, Bellman, Sjöberg, Taube, Ferlin. Viele seiner Lieder sind dunkel. Und auch wenn andere beim ersten Zuhören „voll ankommen“, entdeckt man meist erst bei wiederholtem Hören und Lesen, wie intrikat und komplex sie sind. Diese Lieder sind nicht für eggheads geschrieben und verlangen nicht per se nach akademischer Exegese - ihre genauere Lektüre steht dennoch nicht prinzipiell im Widerspruch zu ihrer Intention und ihrer genuinen popularkulturellen Funktionsweise. Montage- und Parodietechnik, Stilbrüche, harte Schnitte, Lyrismen gefolgt von Vulgarismen („Hon gav mig mitt första sår i min själ, / hon gav mig skavsår på knäna“ 281 ), hybride Aussagesubjekte, private Chiffren, Metareflexionen und intertextuelles Spiel mögen Kennzeichen modernistischer Lyrik sein. Zusammen mit falschen Reimen und falschen Betonungen im Reimwort unterstreichen sie die rasche Folge der Pointen, mit denen der Entertainer sein Publikum überrascht und gefangen hält. Typische Rezeptions- und Kommunikationssituationen für diese Art Lieder (visor, chansons, songs) sind der Club, die Kneipe, der schwedische „folkpark“. Einen letzten großen Triumph feierte Vreeswijk 1987 beim Rockfestival in Roskilde. Das Publikum ist stark motiviert, es will sein Idol sehen und hören. Aber es ist auch distrahiert durch Biertrinken, Bratwurstessen, Plaudern, Flirten, Freunden-Zuwinken. Und es warten und locken andere Unterhaltungsangebote - z. B. Louis Armstrongs All Stars, damals, 1965, in Gröna Lund, wo auch noch ein Mann auf einem 20 Meter hohen Mast im Scheinwerferlicht saß und einen Weltrekord brechen wollte, und ein Stripteasezelt der Troubadourbühne Konkurrenz machte. Der Liedermacher muss also die Aufmerksamkeit ständig auf sich ziehen und neu wecken. Lieder auf Tonträgern werden an Feten zu später Abendstunde aufgelegt. Oder sie kommen aus dem Radio, während man am Frühstückstisch die Zeitung liest, sich 280 Vgl. u. a. Pelle Andersson in Aftonbladet, 4. 12. 2000: „Att placera folk på den finkulturella piedestalen brukar inte skapa större intresse och fler lyssnare - snarare tvärtom. Jag tycker att Cornelis är en fantastisk vispoet. Bättre finns inte.“ 281 „Ann-Katarin“, in: Skrifter I, S. 29. Polaren Pär im Nebel ... 289 im Auto über den Stau und die anderen Verkehrsteilnehmer ärgert, und wo gleich Mozarts „Kleine Nachtmusik“ und „When I’m 64“ von den Beatles die leichte Mischung vervollständigen. Auch mit Rücksicht auf diese Situationen müssen die Pointen dicht aufeinander folgen und leicht erfassbar sein. Nun gibt es aber auch typische Rezeptionssituationen für diese Gebrauchslyrik, die das Verstehen auch schwierigerer Sinnangebote begünstigen. Man kann in der Badewanne liegen und entspannt und konzentriert zugleich eine Vreeswijk-Platte anhören. Und vor allem: Platten hört man viele Male. Wenn der Artist populär ist, ja eine Fangemeinde hat, dann werden Text und Musik auch diskutiert, man macht einander auf versteckte Pointen und textliche Raffinements aufmerksam, und man wird den gedruckten Text nachlesen, die einzelnen Lieder in den Kontext des ganzen Albums und früherer Einspielungen stellen, sie mit Platten anderer Liedermacher vergleichen - hier fängt das Expertengespräch an, die „Wissenschaft“. Das bedeutet, dass in den primo facie lustigen und frechen Texten durchaus ein literarischer Mehrwert angelegt sein und von den Fans realisiert werden kann. Hinzu kommt, dass Vreeswijk mit einer speziellen holländischen Tradition des „Zuhör- Chansons“ vertraut war und an sie anknüpfte. 282 Auch wenn ihn nicht alle Fans begrifflich fassen werden, hat ein solcher ästhetischer Zugewinn und Komplexitätsüberschuss an dem berechtigten Eindruck teil, dass Vreeswijks Texte besser sind als die vieler anderer Troubadourkollegen. Viel Text setzt sich im Gedächtnis fest, weil er so gut vertont ist und vom Meister C so unnachahmlich treffsicher vorgetragen wird. In Live-Situationen können außerdem Moderation, Gestik und Mimik dem Publikum auf die Sprünge helfen. In diesem Aufsatz will ich mich im Dialog mit Ulf Carlsson mit der „Visa till Polaren Pär när han gick in i dimman“ 283 beschäftigen. Ich stelle den Text, angeregt von Carlsson, in einen größeren intertextuellen Zusammenhang. Aber ich finde andere Intertexte als Carlsson und ziehe andere Schlüsse aus den aktualisierten Bezügen als er. Intertextualität kennzeichnet alle Literatur. Innerhalb einer weiten, universellen Intertextualitätskonzeption rechnet man damit, dass jeder Leser seine eigenen Prätexte zum aktuellen Text in Bezug setzt, d. h. auch solche, die der Autor gar nicht gekannt hat. Eine operativ eingeschränktere Konzeption rechnet nur mit Prätexten, die im aktuellen Text markiert sind und deren Kenntnis beim Rezipienten autorintentional vorausgesetzt wird. 284 Allerdings kann auch hier Vieles Prätext sein: ein Gattungskonzept, ein Stil, eine poetologische, ideologische oder politische Diskus- 282 Vgl. Interview mit Peter Mosskin in Musikens makt 8 (1975). 283 Das Lied findet sich auf der LP Narrgnistor och transkriptioner, 1976, und in Skrifter I, S. 223f. 284 Vgl. Ulrich Broich/ Manfred Pfister, Intertextualität. Formen, Funktionen, anglistische Fallstudien, Tübingen 1985, S. 25ff. und S. 31ff. IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 290 sion, Zeitungsstoff, Fernsehprogramme, ein Autorname, Popkultur, Bildende Kunst, philosophische Paradigmen, etc. Die größte intertextuelle Dichte erreicht prinzipiell die Parodie, und gerade die Parodie ist eine literarische Technik, die bei Vreeswijk fast jeden Text durchsäuert, wenn nicht dominiert. Wenn Vreeswijk die demokratische Folkhem-Ideologie aufs Korn nimmt und singt: „Herr Carlsson är svag för kvinnor, / herr Andersson för alkohol, / Var och en får vad han behöver, detta kallas för demokrati“, dann ist vorerst ein bestimmter simplifizierter politischer Diskurs parodiert. Carlsson macht jedoch darauf aufmerksam, dass diese Stelle noch sehr viel präziser auf Karl Marx’ Kritik des Gothaer Programms verweist, wo es darum geht, dass jedem Menschen von den Gütern entsprechend Kapazität und Bedürfnis das seine zusteht. 285 Vreeswijks notorische Publikumsanrede „Medborgare“, auch gebräuchlich als Bezeichnung von Protagonisten in den visor, verweist auf den stolzen Citoyen der französischen Revolution, aber auch auf die Folkhem-Rhetorik Per Albin Hanssons. In einem Text von 1964, „Perfect Time Killer“, wird „Medborgare(n), som glider på ströget fram“ angesprochen, der leicht manipulierbare gedanken- und verantwortungslose Mann von der Straße, der seinen, wie man es damals nannte, falschen Bedürfnissen nachgeht. Das heißt, auch wir, das Publikum, werden frech in diese Kategorie subsumiert. 286 Solche Intertextverweise sind nicht kompliziert zu realisieren. Das gilt auch für viele Bibelallusionen und -zitate, Shakespeare-Prätexte etc. bei Vreeswijk. Auch Marx und Samuel Beckett, Bob Dylan, Sartre, Camus waren damals so aktuell, dass Vreeswijk damit rechnen konnte, dass das Publikum seine Anspielungen auf sie erkannte und zur Erweiterung des vordergründigen Stockholmhorizonts der Texte in die Sinnkonstruktion einbezog. Man kann aber seine Prätexte zu weit weg suchen, sie fügen dann nichts zum Verständnis oder Resonanzboden der Folgetexte hinzu. Beim römischen Klassiker Martial hat der Literaturforscher Carlsson ein Gedicht aufgespürt, in dem von Friseurinnen die Rede ist, die keine Bärte stutzen. 287 Dieses Gedicht braucht man nicht zu kennen, um zu verstehen, dass in „Droskblues“ Prostituierte gemeint sind, wenn die „direktörer, sutenörer, arrangörer och entreprenörer“ nach Mitternacht noch einen „raksalong“ aufsuchen. Das Zitat von Martial könnte höchstens zur kulturgeschichtlichen Legitimierung oder Enttabuisierung des ältesten Gewerbes der Welt dienen. Vreeswijks Text apostrophiert aber den Freierverkehr gerade äußerst kritisch-sarkastisch! Auf was ich hinaus will: Beim Anführen möglicher Intertexte sollte man sich gewisse diskurs-ökonomische Beschränkungen und Relevanzregeln auferlegen. Es gilt auch, die Prätexte zu hierarchisieren, u. a. je nachdem, ob sie sich auf den thematischen Kern, das thematische Feld oder dessen Rand beziehen. 288 Thematischer Kern der „Visa“, um die es hier gehen soll, ist die traumatische Begegnung mit dem ganz Anderen, mit dem Numinosen. Dazu habe ich in der Lyrik 285 Vgl. Ulf Carlsson, Cornelis Vreeswijk. Artist - vispoet - lyriker, Lund 1996, S. 20. 286 Vgl. ebd., S. 19. 287 Vgl. ebd., S. 128. 288 Vgl. Broich/ Pfister, Intertextualität, S. 211ff. Polaren Pär im Nebel ... 291 Vreeswijks zwei Intertexte gefunden. Aus der unendlichen Reihe aller anderen möglichen Intertexte zum Thema Transzendenz, Mystik, Halluzination zog ich Prätexte heran, die das Thema mit denselben Motiven verbildlichen wie Vreeswijk. Es sind Texte, die Vreeswijk mit größter Wahrscheinlichkeit gekannt hat, Texte, die jedenfalls signifikant sind für die literarische Situation, aus der heraus auch Vreeswijks „Visa“ entstanden ist. Sie stammen von Nils Ferlin, Lars Gyllensten, Tomas Tranströmer und Bengt Nerman. Was passiert, wenn man Vreeswijks Text in diese Echokammer versetzt? Vorerst aber ein kleiner Exkurs. Ähnlich wie in Bellmans Episteln gibt es quer durch die Lieder von Vreeswijk eine Gruppe von Personen, die wiederkehren: z. B. Fredrik Åkare, Polaren Pär, Personliga Person, Ann-Katarin, Nanette, Veronika. Diese Charaktere sind nicht so konsistent und ihr Auftreten konstituiert nicht ganz so deutlich wie bei Bellman einen epischen Verlauf, doch ein Stockholmpanorama aus der Perspektive von unten ergeben sie ebenfalls. Immerhin hat Vreeswijk unter dem Arbeitstitel „Polaren Pärs pamfletter“ einmal eine Art Ersatz für einen 60er-Jahre-Roman, der nie geschrieben worden ist, geplant: „Frän samhällsskildring eller En ur-stockholmares vision på stan och livet - och polisen“, „ett elastisk projekt“. 289 Polaren Pär - der Kumpel Pär - hat Züge von Vreeswijk selbst, aber auch unverkennbar von Bellmans Fredman, Movitz und Fader Berg. Er wird auf Vreeswijks erster LP, Ballader och oförskämdheter, 1964, eingeführt. Seine Geliebte hat ihn rausgeschmissen, und der Sänger/ Erzähler macht sich Sorgen um ihn: „Är det nån som har sett min polare Pär,/ han är skyldig mig femti spänn.“ Er könnte sich dem Suff ergeben, sich vielleicht gar umgebracht haben. „Det är klart det är marigt att bli blåst av en brud/ men man kan väl ta det lugnt ändå? “ 1966, auf der LP Grimascher och telegram, ist Polaren Pär liebeskrank - „skjortan är ren och blicken blank“. Pär nimmt seine Gitarre mit zu ihr nach Hause, aber am Ende konstatiert er: „‚Kostar mer än det smakar det där! ‘/ Jävlar i det! Sa Polaren Pär.“ 1973 auf Linneas fina visor, gibt er als Ich-Erzähler eine skurrile Autobiographie. Hier „schultert er (s)eine Geige“, er scheint ein frustrierter, unangepasster Oberklassejüngling zu sein - „men ska det gå åt skogen till/ så sker det med musik! “ 1974, auf Getinghonung, versucht er vergeblich beim Sozialamt Geld abzugreifen. Später trifft er den Sozialarbeiter im Gyllene Freden, und die beiden trinken auf Kosten des Sängers (Cornelis) - „Men skål för kapitalet! sa Polaren Pär.“ Sein nächster Auftritt geschieht in „Visa till Polaren Pär när han gick in i dimman“, 1976. Hier ist er Segler und hat eine „Laute“ dabei. Eine Vision oder Halluzination versetzt ihn „in den Nebel“. „Hej hå! “, 1978, auf der LP Narrgnistor 2, scheint eine logische Fortsetzung der traumatischen Vision in Jungfrufjärden zu sein: Pär ist zum obdachlosen, stigmatisierten Alkoholiker geworden: 289 Vgl. Skrifter, S. 499f. Zur Figur des Polaren Pär vgl. Carlsson, S. 92-100. IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 292 När jag sitter i solen och dricker öl hej hå, hej hå! Just när jag sitter Så kommer det nån och kallar mig knöl. Undra sen på att man är bitter! Ebenfalls auf Narrgnistor 2 macht sich Pär Gedanken über Umweltverschmutzung und Verhältnismäßigkeit gesetzlicher Vorschriften. Aber er ist kein Gesellschaftskritiker. „Håll Sverige rent, sa Polaren Pär / och stängde av mopeden“ - schließlich geht es um fünfzig Kronen Bußgeld, die er sich gerne erspart. Die letzte Station in dieser Karriere - soweit sie im offiziellen Schallplattenschaffen Vreeswijks dokumentiert ist, wird auf Hommager & pamfletter, 1982, beschrieben: Polaren Pär leert sein Bankfach. Auch hier ist er Musiker, diesmal mit einem „Horn“ und einem Stoß Arrangements. „Men tills vidare må sägas: Polaren Pär? Jo, han stack! / Inte ens ett testamente finns i hans bankfack! “ Polaren Pär ist ein Freund des Sängers, manchmal sein zweites Ich: In Felicias svenska suite, 1978, schreibt er eine Huldigung an Axel Sandemoses Felicia. In Texten, die Jan Erik Vold unter dem Titel Enskilda sånger, Skrifter 2, ediert hat und die nur zum Teil auf späteren Sammel-CDs und Live-Mitschnitten eingespielt sind, erfahren wir mehr über Polaren Pär. 1965, auf Cornelis LIVE i Göteborg ist er bereits entgleist: „Polaren Pär gick ut för att ha kul en kväll / och när han kom till sans låg han i en cell.“ In Manuskripten aus den 60er Jahren im Nachlass gibt es ein Lied, in dem Pär mit Polaren Pål, Sportiga Marie und Bleka Nanette eine Wohnung teilt; die Mädchen gehen anschaffen - „Varför är dom inte så bra som vi? / Äh, sluta nosa i andras affär: / Nanette älskar Pål och Marie Polaren Pär! “ Einmal tanzt Pär mit Nanette, „dyraste damen på Park Aveny“. In den nur als Musikheft veröffentlichten Narrgnistor vom Anfang der 70er Jahre ist Pär im Krankenhaus gelandet. Dieses Lied erinnert formal und inhaltlich sehr an Bellman - z. B. Epistel 23, 30 oder 34. Pär ist auch hier Musiker: „Jag har tappat taget om mitt livs schablon / och kan inte ta en enda ton.“ Nach seiner Genesung erwacht sein Verlangen nach Sex („Kära syster sno dig“) und Alkohol - „Upp ur sängen alltså! Var är närmsta krog? “ Erst in den Skrifter veröffentlicht sind die folgenden zwei Texte: „Balladen om heminevrinet“ ist ebenfalls ein Bellman-Pastische. Pär ist im Krankenhaus und braucht ein Schmerzmittel gegen seine Leberkrämpfe. „Nå - hans lever lever än. / Mera brännvin kräver den.“ In „Polaren Pär har gått genom ekluten“ beschreibt Vreeswijk eine auch für ihn selbst typische Situation: „I fjol var jag pank som en klockarhatt. / I år har jag guld på banken.“ Die „Damen“ fragen sich: „- hur klarar han livhanken? “ An den Anfang von Polaren Pärs pamfletter stellt der Herausgeber Vold „Får jag presentera Polaren Pär“. Der Text jongliert mystifizierend mit einem Per, der nicht identisch sei mit Pär. Per „har gått in i dimman, tyvärr“ - das ist aber gerade der Pär von Jungfrufjärden und all den oben besprochenen Texten, der von jetzt an „utan prick på sitt änne“ leben muss. Der Per, um den es jetzt geht, ist deutlicher als früher ein Pseudonym für Vreeswijk: „Jag talar och kan sjunga / utan dubbel tunga.“ In einer „Visa“ prügelt er sich mit Personliga Person, d. h. mit dem angepassten Spieß- Polaren Pär im Nebel ... 293 bürger, der meint, „att jag var ett riktigt jävla svin / som rackat ned på Sverige och på demokratin.“ In einem weiteren Text sind es doch wieder Jag (= Cornelis), Pär (der erste) und Fredrik Åkare, von denen gesagt wird, dass sie früher in einer schäbigen Kneipe „på Söder“ soffen und nachher die feinen Leute vor dem Grand Hotel provozierten. Jetzt aber haben sie Karriere gemacht, Fredrik ist Dozent, Pär Verleger, nur „jag“ ist derselbe geblieben, „den superarrogante“. Nach ihrem Besuch eines besseren Lokals provoziert ihre Angepasstheit die Jugend, man ruft ihnen nach: „Borgarsvin! Stenålders punk! “ „En sång om Polaren Pärs plastaxelväska“ ist wieder eine sarkastische, halbfiktionale Autobiographie: „(…) varje fylla blir en visa, varje misstag ett resultat.“ Von Pär wird noch einmal in den von Vold unter der Rubrik „Sena sånger“ zusammengestellten Texten gesprochen - „Polaren Pär har tömt kärlekens kalk.“ Die Figur des Polaren Pär ist also mehrdeutig. Mal ist er ein Bekannter von „jag“ (Cornelis), mal Cornelis selbst. Mal spielt er Geige, mal Horn (Jazz-Jargon für Saxophon) oder Laute (ironisch anachronistisch für Gitarre). Mal ist er gesellschaftlicher Bodensatz, mal verfügt er immerhin über ein Bankfach, fährt Moped, segelt sogar in den Schären. Schließlich verschwindet er im Nebel, der Pünktchen über dem A in seinem Namen beraubt (oder er wird Verleger, d. h. verschwindet in die uninteressante Welt des Establishments), aber ersteht wieder auf als ein anderer Pär, der immer schon mitgemeint war = Cornelis. 290 Schauen wir uns jetzt endlich den Text an: Polaren Pär är ganska trasig. Hela hans värld har gått itu. Han tror sig ha sett ett flygande tefat i lördags morse kvart över sju. Han tog en tur på Jungfrufjärden. Vinden var fin. Och focken slog. Plötsligt blev allting tyst i världen. Vågorna sjönk och vinden dog. Allting blev laddat, konstigt och farligt. Märkliga dofter steg ur sjön. Rodret satt fast, helt oförklarligt! 290 Wie gesagt ist die Figur Pär nicht konsistent, auch nicht, wenn man mit zwei verschiedenen Pärs (Per = Ex-Pär und Pär = Cornelis) rechnet. Vold hat ein Gedicht mit der Überschrift „Till min Polare Pär då hans hustru dog“ gefunden, vgl. Skrifter II, Anmerkung zu S. 452. Dass Pär = Per verheiratet war, geht nicht aus den anderen Texten hervor, und auf Pär = Cornelis passt der Tod einer Ehefrau auch nicht, ebenso wenig, dass ihn seine Mutter gehasst hätte, wie in „En sång om Polaren Pärs plastaxelväska“ behauptet wird. Zu Vreeswijks Biographie vgl. die Erinnerungen von Freunden, Ehefrauen und Verwandten in Oscar Hedlund, Cornelis. Scener ur en äventyrares liv, Stockholm 2000. Interessant ist, dass der Abschnitt in Lars Lönnroth/ Sverker Göransson, Den svenska litteraturen, Bd. V, Stockholm 1989, überschrieben ist mit „Polaren Vreeswijk“, S. 291ff. IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 294 Till råga på allt blev solen grön! Och det blev tystare än själva döden. Något gled in i vår atmosfär. Slocknad var vinden, solen och glöden. Nu är det klippt, tänkte jag, sa Pär. Ingen idé att lämna skutan. Inte en käft mer på sjön mer än jag. Varenda sträng sprang av på lutan. Radion dog - och det var jo bra! Stel som en pinne, andades bara, satt jag på toften, tung som bly när något som jag ej kan förklara gled in i Jungfrufjärdens sky. Men jag kan säga dig så mycket att det var höljt i silverglans. Det var ett himmelens sanna smycke som över Jungfrufjärden fanns. Och jag blev kall och min själ blev naken för detta föremålets skull. Varenda gång jag tänker på saken måste jag gå och supa mig full. Medborgare, vem kan förklara? Vem kan slå huvudet på en spik? Polaren Pär kan inte svara annat än i termer av ren mystik. Säg, var det efter eller före Pär tog sig några jamare? Den som öron har, kan höre. Den som har ögon, han kan se. Was sieht also hier, wer Augen hat - und dazu eine literaturwissenschaftliche Brille? Was hört, wer Ohren hat für intertextuelle Echos? Carlsson gibt keine auführliche Gedichtinterpretation. Sein kurzer Kommentar nimmt „die transzendenten Zeichen“ im Text ernst. Ich zitiere: Den lyriska visionsbeskrivningen - „ett himmelens sanna smycke“, „min själ blev naken“ - bryts mot de prosaiskt formulerade reaktionerna hos Pär - „stel som en pinne“, „måste gå och supa mig full“, „Jungfrufjärden“ är ett namn vars religiösa övertoner både anknyter till den kvinnliga guddomligheten och till den „vik“ som får en speciell status i Felicia-cykeln. Kontrasteringstekniken är här komiskt tillspetsad men kan ändå uppfattas som en sammanlänkning av två ferlinska attityder, „busen Fabian“ och den existentielle grubblaren. 291 291 Carlsson, S. 100. Polaren Pär im Nebel ... 295 Während die Konnotation Heilige Maria für einen Schweden, der in den Stockholmer Schären segelt, wohl nicht direkt auf der Hand liegt, und die Verbindung zu Felicias „vik“ nur via ein anderes Lied über Polaren Pär 292 zustandekommt, sind tatsächlich die zitierten lyrischen Visionsbeschreibungen Zitate oder sprachliche Anleihen aus Prätexten von Mystikern. Man könnte auch „höljt i silverglans“ und die plötzliche Stille, die eintritt, dazuzählen. (Als in Oehlenschlægers „Guldhornene“ das zweite Horn von Gallehus gefunden wird, heißt es: Da standser Ploven, Og en Gysen farer Igiennem Skoven. Fugleskarer pludselig tier, Hellig Taushed Alt indvier. 293 Aus den mittelalterlichen Heiligenvitae ist der Wohlgeruch bekannt, der von Heiligen ausgeht, hier allerdings sind es „märkliga dofter“. Wenn dann aber die Sonne grün wird, ist das nicht mehr die Sprache eines Mystikers, sondern eines Verrückten. 292 „Polaren Pär gör sin reverence“, 1978, Skrifter I, S. 278; kommentiert bei Carlsson, S. 99. 293 Vreeswijk braucht diesen Text nicht gekannt zu haben. Eher unwahrscheinlich ist es auch, dass er Bellmans fiktiven Zeitungsbericht in einem Hochzeitsgedicht von 1780, unterzeichnet von Christian Wingmark (ansonsten bekannt aus Fredmans Epistlar) kannte. Die „mystische“ Erscheinung, von der hier berichtet wird, ist Amor, der früh morgens, bei vollständiger Stille aus einer durchsichtigen Wolke erscheint. Die „vimmelkantiga ögon“ des Berichterstatters verfallen in einen lieblichen Schlummerzustand - wahrscheinlich hat er mit Fader Mollberg die Nacht durchgezecht. „Hvad jag tänkte och nu vet, det har jag mig förbehållet, och detta alt påtager jag mig med flera Vittnen bevisa, om så påfordras.“ Standardupplaga IX, Stockholm 1950, S. 134-136. IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 296 Unvermittelt mit der Mystikersprache und ernüchternd ist es, wenn Pär in Slang denkt: „Nu är det klippt.“ Vreeswijk bettet dieses Gedankenreferat umständlich distanzierend ein: „tänkte jag, sa Pär.“ Parodistisch wirken auch die Stilbrüche „ett himmelens sanna smycke/ som över Jungfrufjärden fanns“, mit der Inversion und dem unbeholfenen, ausdrucksschwachen „fanns“. Der Effekt wiederholt sich gleich noch zweimal: „min själ blev naken/ för detta föremålets skull“ und - jetzt nicht nur sprachlich inadäquat „saken“, sondern auch inhaltlich: „Varenda gång jag tänker på saken/ måste jag gå och supa mig full.“ Unser Text besteht aus Erzählerreferat in den ersten fünf Zeilen der ersten Strophe und Erzählerkommentar in der ganzen letzten Strophe. Dazwischen findet sich, ohne dass dies deutlich markiert ist, eine Mischung aus Gedankenreferat, innerem Monolog und direkter Rede Pärs. Der Erzähler berichtet und bewertet ganz nüchtern, Pär sei ein kaputter Typ, der glaube, eine fliegende Untertasse gesehen zu haben. Der Titel der „Visa“ sagt dasselbe. In der letzten Strophe deutet der Erzähler zuerst an, Pär habe nicht erst nachher, sondern bereits vor seiner „Vision“ zu viel getrunken. „Medborgare, vem kan förklara? “ ist eine ironische rhetorische Frage. Die Antwort ergibt sich von selbst: Delirium, Halluzination. Wenn es heißt, dass Pär nicht anders als in Begriffen „reiner Mystik“ antworten könne, bedeutet Mystik im Verständnis des Erzählers schlicht: prätentiöser Unsinn, höherer Blödsinn. In den letzten beiden Zeilen greift der Erzähler in ironischer Mimikry selbst die religiöse Sprache auf, mit der sich Gläubige der Verifikation von Wundern und Erscheinungen entziehen und an die Evidenz appellieren, die nur Eingeweihten zugänglich ist. Diese Sprache stammt aus Bibelstellen, die oft und gerne von Fundamentalisten, Sektierern, Neureligiösen und Leuten im Besitz einer „spirituellen“ Einsicht zitiert werden. Bei Markus steht zu lesen: Euch ist das Geheimnis des Reiches Gottes anvertraut, zu den Außenstehenden kommt es in Gleichnissen, und so werden sie mit Augen sehen und doch nicht sehen, mit Ohren hören und doch nicht verstehen - so daß sie sich nicht bekehren und keine Vergebung finden. 294 Innerhalb des Textteils, der aus der Perspektive Pärs geschrieben ist, fungiert der Kontrast zwischen der gestelzten „mystischen“ Ausdrucksweise einerseits und den scharfen Stilbrüchen und den trivialen Folgen der unerklärlichen Erfahrung andererseits (die Gitarrensaiten rissen! ) als gnadenlose Selbstentlarvung eines selbstmitleidigen, sentimentalen Säufers auf dem Weg „in i dimman“, in die Benebelung. Die Halluzination verklärt er als Vision, um sich wichtig zu machen. Anstatt ein Bekehrungserlebnis wird sie so für ihn zu einer Entschuldigung dafür, dass er weiter trinken muss. Was könnte der wirkliche, äußere Auslöser der Vision gewesen sein? Wenn der Wind gut ist, aber die Fock flattert, dann ist das schon mal ein Manövrierfehler des Seglers. Der silberne Gegenstand am Himmel? Vielleicht ein Flugzeug, vielleicht 294 Vgl. auch Jesaja 6, 9-10; Matthäus 13, 9-17; Markus 4, 9-12; Lukas 8, 4-8. Polaren Pär im Nebel ... 297 irgendein metereologisches Phänomen. An der Stelle, wo Pär berichtet, das Radio sei verstummt, unterbricht ihn der Erzähler kurz mit einem sarkastischen Kommentar, auf der Schallplatteneinspielung ganz deutlich durch Stimmveränderung markiert: „och det var ju bra! “ Damit zitiert der Erzähler Personliga Person aus einem anderen Lied, den resignierten realistischen Beobachter, der aus guten Gründen nicht alles sagt, was er denkt (z. B. über seine „vidriga dotter“). Warum ist es gut, dass das Radio gerade im Augenblick der Erscheinung verstummte? Vordergründig: Vreeswijk war schlecht auf Sveriges Radio zu sprechen. Wichtiger: Weil das Radio ausfällt, kann das merkwürdige Ereignis weder verifiziert noch falsifiziert werden. Ein außergewöhnliches Wetterphänomen oder ein Ufo wäre im Radio gemeldet worden. So aber kann niemand Pär sein exklusives Erlebnis nehmen, er darf sich als Auserwählter verstehen und kann mit guten Gründen und unter mildernden Umständen weitersaufen. Eine Nuancierung ist noch anzubringen. Wenn Pär sich gnadenlos selbst ausliefert, ist es nicht ebenso sicher, dass Vreeswijk ihn ohne Mitleid und Verständnis bloßstellt. Das Jesus-Zitat am Schluss könnte ein gutmütig schmunzelndes Angebot an sowohl Pär als auch das Publikum sein, der Erscheinung und Pärs Reaktion eine gewisse Würde zu lassen. Bezogen auf Pär selbst hieße dies, dass ihm seine Lebenslüge generös zugestanden wird. Das wäre der Vreeswijk, den man kennt: loyal gegenüber den Verlierern der Gesellschaft, gnadenlos aber gegenüber dem Establishment, wenn es z. B. hier mit Mystik liebäugeln möchte. Darin wäre Vreeswijk wiederum verwandt mit Bellman, der seinen lungenkranken Alkoholikern, allen voran Fredman, die kulturell nobilitierenden antik-mythischen Überhöhungen ihrer Schicksale großmütig gönnt. Zum Beispiel die lyrische Ekstase in der 6. Strophe der Epistel 23, wenn Fredman vom Rinnstein aus den Tagesanbruch erlebt, um sich dann prompt den ersten Schnaps geben zu lassen, oder wenn Fredman in der Epistel 79 angetrunken in der Kneipe sitzt und zu seinen Todesgedanken eine Rokoko-Oper mit Theaterdonner und Sturm imaginiert, wo „Charon i luren tutar“. Aussagelogisch, figurenperspektivisch sind dies (genau wie Polaren Pärs spiritueller Höhenflug) „märkligaste inbillningsblomster“, Realität gefiltert durch Fredmans Bewusstsein, wie Lars Lönnroth betont. 295 Es gibt noch einen späteren Intertext, der zum „visionären“ Lied von Polaren Pär in einen Sinnbezug gesetzt werden kann. Er stammt von Lars Demian, der wie fast alle schwedischen Liedermacher deutlich in die Tradition gehört, die über Vreeswijk zurück auf Bellman geht. Auf dem Album Man får vara glad att man inte är död von 1994 singt Demian das Lied von „Fyllot och Miss World“, das als Replik auf Epistel 23 und 79 gelesen werden kann. 296 Der Obdachlose, der in einer Silvesternacht betrunken und frierend im Rinnstein liegt, erlebt im Delirium, dass eine Limousine anhält, aus der ihm eine Frau zuwinkt, „vacker och blond som en sagans gudinna“, 295 Lars Lönnroth, Den dubbla scenen: Muntlig diktning från Eddan till Abba, Stockholm 1978, S. 162. 296 Diese Parallele verdanke ich einer Greifswalder Seminararbeit von Beate Klingenberg, Trinken bis zum Tod. Wiederkehrende Motive in der schwedischen Liedtradition bei Carl Michael Bellman und Lars Demian, Sommersemester 2003. IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 298 und ihn mit Zigarre, Cognac und heißen Küssen tröstet - wenn es denn in der brutaleren Wirklichkeit nicht schon der Todesengel ist, von dem der Erzähler in den letzten beiden Zeilen konstatiert: „För i morse när klockan slog fem / Kom en ängel och tog honom hem …“ Moderne Mythen wie Ufos und Schönheitsköniginnen aus dem Angebot der Bildzeitung, bzw. in Schweden von Expressen bieten sich solchen Randexistenzen eher als Figurationen der Transzendenz an als die Mutter Gottes. Die gesangliche Darbietung und die instrumentale Begleitung bestätigen meine säkulare Interpretation. Die Musik ist nicht wie üblich bei Vreeswijk eleganter Jazz von Jan Johansson, Björn J: son Lindh oder Vreeswijks eigene Bluesgitarre. Ein steifbeiniger Elektrobass spielt hier das Intro, ein stereotyper Triolen-Auftakt des Schlagzeugs bereitet den Texteinsatz vor. Der Rhythmus ist ein derb überbetontes Off-beat. Und nach jeder Strophe kommt ein quietschiges, banales Altsax-Zwischenspiel. Tatsächlich ist diese Spur als einzige auf dem Album in Hilversum aufgenommen, Henny Kluvers spielt Saxophon. Ich denke, dass es sich hier um bewusste Entauratisierung und Ironisierung der im Raum stehenden Mystik-Thematik mit musikalischen Mitteln handelt. Vreeswijks Gesang, die Intonation, das Timbre sind grobschlächtig, er identifiziert sich mit der für einen Entertainer dankbaren Rolle des Besoffenen. (Die anderen Lieder auf der Platte sind z. T. sehr lyrisch, zärtlich, bloß mit akustischer Gitarre, manchmal zusätzlich mit Jazz-Flöte instrumentiert, Vreeswijks Timbre ist weich, der Vortrag leise.) In der Lyrik Vreeswijks gibt es mindestens zwei Gedichte, die „transzendente Zeichen“ (Carlsson) enthalten und auch motivische Verwandtschaft mit unserer „Visa“ zeigen. Das Mottogedicht des Gedichtbandes En handfull gräs, 1970, ist eine Art moderner Mythos, vielleicht geht es von einem Traumnotat aus. Tidigt en morgon korsar han asfalten kastar en handfull gräs framför ekporten och släntrar vidare så stenstoderna skälver. Det finns en slags dimma. Den lever vi i. I den synes vi stundom som lax i forsen men gräset han kastar är medlidandets gräs. (apropå filmen 8 1/ 2 av Federico Fellini) Wer ist das erschreckende „han“, das schlendernd Steinpfosten zum Beben bringen kann? „Dimma“ - Nebel - verbindet als Schlüsselwort 297 dieses modernistische Ge- 297 Der Hinweis auf Fellinis Film 8 1/ 2 gibt vielleicht einen Schlüssel zum Verständnis des Gedichts. Carlsson, S. 200, macht darauf aufmerksam, dass im Film stumme Traumsequenzen vorkommen, in denen der Protagonist Klarheit, ein Zeichen vom Himmel sucht. Eine rasche Suche über Google ergibt, dass eine Szene des Films im Manus wie folgt beschrieben wird: „Über einem schmiedeeisernen Tor ein großes K. Im Hintergrund, im nächtlichen Nebel, ist ein schloßartiges Gebäude aufgetaucht, ein Fenster ist erleuchtet.“ Polaren Pär im Nebel ... 299 dicht mit der oben analysierten Geschichte von Polaren Pär, wobei hier aber nicht Alkoholnebel, sondern eine existentielle Bedingung des Menschen gemeint ist. Das Gedicht ist emblematisch aufgebaut, wie etwa Goethes „Über allen Gipfeln“. Zuerst ein reines Bild (Pictura), dann die Deutung (Subscriptio). Vreeswijks erste Strophe ist das Bild, vielleicht sogar mit einem realistischen Kern: Zigeuner pflegen einander mit Zeichen aus Grashalm zu signalisieren, was sie in einem Haus erwartet. Die zweite Strophe bringt, wenn auch immer noch in hermetischer Sprache, eine generalisierende Deutung. „Han“ verbleibt mystisch, aber „vi“, die Leser, sind konkret. Unsere Existenz kann uns wie Nebel vorkommen. Wenn wir uns dabei wie ein Lachs im Wasserfall fühlen, dann wegen unseres „happy consciousness“ (Herbert Marcuse), unserer ahnungslosen Zufriedenheit in einem objektiv schlechten Leben. Oder weil wir oft gegen den Strom schwimmen müssen. Wenn das Gras im Zusammenhang mit den bebenden Steinpfosten in der ersten Strophe bedrohlich wirkt, wird es in der letzten Zeile des Gedichts als etwas Tröstliches interpretiert: Gras des Mitleids. Vielleicht auch als ein biblisches und barockes Vergänglichkeitssymbol („Alles Fleisch, es ist wie Gras“, Jesaja 40,6), tröstlich für alle, die sich in diesem Leben abstrampeln. 298 Von diesem ganz anderen Textuniversum aus fällt nun für mich ein Hauch von Mitleid auch über Polaren Pär in seinem Nebel. Ein anderes Gedicht von Vreeswijk, das zu unserem Themenkomplex gehört, heißt „Paradox om klockor“. Es wurde in den 60er Jahren geschrieben und erst in Skrifter III publiziert. Carlsson analysiert es unter der Rubrik „Outsidern, diktandet och döden: Gunnar Ekelöf“. 299 Och då jag aftontid vid trädet står och allt som är högt är fuktigt, allt som är grönt är platt - faller stjärnorna i insjön likt klockor i julgranen. Som man är intet, som man är intet där man tåligt står. Det strängt upptagna trädet då hör ej sin stam vidröras. Men jag, vattnande, ser saker mer spännande än döda hundar vid kanalbanken. Kupar sig rymden som svartmålat glas? Bakom månen är gud. Döden är hög i natt. Fläktar svalt. Dagen den ofrånkomliga lyser alltjämt med sin frånvaro. Och som man är intet, sover man innerligt. 298 Carlsson kommentiert dieses Gedicht ohne den Bezug zu Polaren Pär, den ich herstelle, als erstes in einem Abschnitt mit dem Titel „I dimman och drömmen“, vgl. S. 199ff. 299 Vgl. Carlsson, S. 171ff. IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 300 Aus Volds Kommentar geht hervor, dass das Gedicht „Ernst, en gamling“ gewidmet ist. Während Carlsson zu „En handfull gräs“ bemerkt, die Anstrengungen des Dichters, die Zeichen der Transzendenz zu deuten, erhielten einen ironischen Charakter, tendiert er hier dazu, den durch Ekelöf-Prätexte konfirmierten mystischen Charakter ernst zu nehmen, obwohl er sieht, dass die Ekelöf-Anspielung parodistisch ist und die orphische Position des Dichters dissonant gebrochen dargestellt wird. Das wäre ja noch klassisch modernistisch, Ekelöfsch, wenn man will. Und Ekelöf war einer von Vreeswijks Hausgöttern. 300 Ich sehe es trotzdem anders. „Paradox om klockor“ demontiert, profaniert die Transzendenz, verhöhnt die Hoffnungen auf eine schon längst als leer erkannte Transzendenz - wenn auch nicht so brutal wie die Story vom Polaren Pär in Jungfrufjärden. Das lyrische Ich behauptet hier Gottes Existenz und nicht, wie der vulgäre Pär, die eines Ufos. Aber der Weltraum ist schwarzbemaltes Glas, undurchsichtig, und Gott verbirgt sich hinter dem Mond. Vielleicht ist Gott identisch mit dem Tod, der kühl, d. h. wie in „En handfull gräs“ tröstlich fächelt. Der unausweichliche Tag, der wieder kommen wird, könnte ein Analogon zum Wasserfall sein, in dem sich die Lachse, d. h. wir abmühen müssen, wenn wir nicht mehr wie nachts im Schlaf oder im Tod „intet“, nichts sind. Die Dissonanzen und parodistischen Züge, die Carlsson registriert, stehen in der ersten Hälfte des Gedichts. Die Sterne werden mit Glöcklein am Weihnachtsbaum verglichen, der Baum wird zur Interieurdekoration degradiert. Eine solche Parodietechnik verwendet Vreeswijk häufig in seinen Visor, um falsche Prätentionen zu demontieren (z. B. in „Tältet“ und „Jultomten är faktisk död“ 301 ). Ich belaste sie stärker als Carlsson. Das Gedicht handelt vorerst und ganz konkret von einem „Ich“, einem Mann, der an einen Baum pinkelt. Alles, was hoch ist, meint hier wohl die Büsche - der Mann muss aufpassen, dass seine Kleider nicht nass werden. Alles, was grün ist, ist platt: eine Wiese, uninteressant für den gelangweilten Blick der herumschweift, während unser Mann es plätschern lässt. Der Baum ist „streng besetzt“ - wie eben eine Toilette besetzt ist. Der Blick des Mannes schweift weiter und trifft auf tote Hunde am Kanalufer. Die Situation ist äußerst trivial, ja trist. Also versucht der Mann seinen Blick von der Horizontalen in die Vertikale zu wenden, um spannende Dinge zu sehen - „Dinge“, sprachlich platt wie die „Sache“, die Pär schaut. Hohe Gedanken bieten sich jetzt an, Ekelöfsche Gedanken vielleicht sogar. Lyrische Motive und Formulierungen melden sich und werden pflichtschuldigst katalogmäßig abgearbeitet: Firmament, Gott, Tod. Dadurch werden sie ironisch ausgehöhlt. Dann ist unser Mann fertig mit seinem Geschäft, erleichtert von sowohl körperlichem Druck wie geistig-lyrischem Leistungsdruck. Er ist „nichts“, d. h. sein Kopf ist wie seine Blase entleert. Er kann hingehen und selig schlafen. Das ist meine Interpretation dieses Gedichts, wenn ich es vor der Intertextfolie der Polare-Pär-Visa lese. Die sinnstiftenden Relationen gehen nicht nur vom Prätext 300 Vgl. Bim Vreeswijk in Hedlund 2000, S. 407. 301 Auch hier mit Mitleid für den kleinen Lasse, der noch an den Weihnachtsmann glaubt! Polaren Pär im Nebel ... 301 zum aktuellen Text, sondern auch der aktuelle Text wirkt zurück auf den Prätext! Meine Konstruktion ist nicht die einzig mögliche. Aber ich finde das Gedicht so gut genug. Eine transzendente Isotopie, auf die Carlsson von vornherein abhebt, möchte ich hier zwar nicht unbedingt ausschließen. Vreeswijk hat tatsächlich sehr ernste modernistische Gedichte über den Tod geschrieben. Zu kommentieren wäre dann allerdings im vorliegenden Gedicht der Kontrast von trivialer Ausgangssituation und mystischer Elevation. Es mag durchaus eine Pointe sein, dass das Transzendente sich meldet, gerade dann und dort, wo wir es am wenigsten erwarten. Die je unterschiedliche mögliche Interpretation ist abhängig davon, welchen Prätext man stärker belastet: Polaren Pär oder Ekelöf. Eine andere Determinante, die interpretationssteuernd ist, ist der poetologische Epochenkontext, den man ansetzt. Die Prätexte, die Carlsson findet und die von Lucidor über Bellman zu Ferlin und Ekelöf zweifelsohne relevant sind, entstammen literaturhistorisch beträchtlich älteren Zeiten. Das macht sie einerseits interessant, zeigt Vreeswijk als belesenen Lyriker. Andererseits verdeckt das die Sicht auf die poetologischen Gemeinsamkeiten Vreeswijks mit seinen Zeitgenossen. 302 Bevor ich diese mithilfe von näher liegenden Prätexten aufzeige, noch ein kleiner Exkurs, zurück in die 30er Jahre. Ein intertextueller Bezug zu unserer Visa von Polaren Pär, den Carlsson nicht hergestellt hat, obwohl sonst Ferlin nach Bellman und Ekelöf zu den frequentesten Prätextlieferanten gehört, die er in seiner Abhandlung nachweist, ist Nils Ferlins „Den stora kometen“ aus Goggles, 1938. Ein Komet, dessen Existenz man abstreiten möchte, „bevisade sin plats i skyn / för hela menigheten“ - „Först blev det ganska tyst i byn“! (Man vergleiche Polaren Pär: „Plötsligt blev allting tyst i världen“! ) Die guten Leute fassen den Kometen als Mahnung Gottes und Zeichen des nahen Weltuntergangs auf und werden schnell fromm und tun Gutes. Aber weil die Katastrophe nicht eintrifft, fallen sie rasch in ihren alten Trott zurück: „- Vi skålar för den dag som är/ och litar på Vår herre! “ So leicht ist es für Pär nicht, sich seines Schocks zu erwehren, und so oberflächlich wie Ferlins Protagonisten behandelt Vreeswijk das Thema Transzendenz nicht in seiner Lyrik. Ferlins Satire ist verwandt mit u.a. Vreeswijks „Perfect Time Killer“ auf seiner ersten Platte. Die Prätexte, die ich jetzt noch heranziehen möchte, stammen von Lars Gyllensten, Tomas Tranströmer und Bengt Nerman. Moderna myter von Lars Gyllensten erschien 1949 und wurde 1964, in Vreeswijks Schallplatten-Debütjahr, in Bonnierbiblioteket neu aufgelegt. Gyllensten und nicht zuletzt dieses Buch spielte in den sechziger Jahren eine große Rolle in der 302 Aus diesem Grund habe ich hier die intertextuellen Bezüge zu Bellman nur flüchtig angedeutet, nicht ausgeführt. Sie würden Stoff für einen eigenen Aufsatz geben, der sicher noch einmal geschrieben wird! IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 302 „trolöshetdebatt“. Gyllensten schreibt in einer Anmerkung am Schluss von Moderna myter: „Situationen (att vara tappad bakom vagnen, utan något att hålla sig till) är hypotetisk, lösningen (att hålla sig själv i handen och linka vidare) är disjunktiv - och det är bara det kategoriska som kan vara pretentiöst.“ Seine ethische und poetologische Konsequenz daraus lautet: „ironien (försöker) leda fram till en övertygelselös, medveten livsstil, där man själv i varje ögonblick skapar sin verklighet som en artefakt eller en lek.“ 303 Gyllenstens Buch enthält Kurzprosa und Novellen und schließt mit einer Parodie auf das „Vater unser“. Eine der Kurzgeschichten heißt „Konfrontation“. Sie handelt von einem Mann, der eine Vision oder eine Halluzination hat. Eine Pointe ist dabei wohl, dass es sich um einen Ingenieur handelt, einen Rationalisten, der dafür eigentlich nicht empfänglich sein sollte. In einem desorganisierten, mahlenden inneren Monolog wird beschrieben, wie der Mann vom Kartenspiel in einer Baubaracke in Nordschweden aufsteht und hinausgeht, um Wasser zu lassen. Plötzlich glaubt er, er habe „fått fnatt“ oder „nippran“ (vgl. Pärs Slang: „Nu är det klippt“! ) - er sieht in der Ferne einen riesigen Mann, der Menschen aufsammelt und in einen Sack steckt. Auch ihn lässt das Erlebnis nicht mehr los, er geht in den Nebel hinein, in ein nie endendes Selbstgespräch (der Text endet mit drei Pünktchen nach „För det är ju omöjligt. Eftersom …“), mit dem er sich der Erfahrung erfolglos durch Rationalisierung zu erwehren sucht. Vielleicht war es doch nur irgendein Lichtphänomen? Oder war der Sack eine Klarinette? Eine Oboe? Wo Vreeswijk das Radio als mögliche Verifikation ins Spiel bringt, denkt der Ingenieur, wenn seine Beobachtung real gewesen wäre, hätte doch etwas in der Zeitung gestanden. Er versichert auch - wenig glaubwürdig - sie hätten über eine Woche lang nichts getrunken außer Kaffe. Tja - „medborgare, vem kan förklara? “ Als Ich-Erzählung hat dieser Text keinen allwissenden Kommentator, der das Phänomen erklären bzw. die Lösung an die Leser delegieren könnte, wie in der Polaren- Pär-Visa, keine Instanz, die bewerten könnte wie es um die Validität und Dignität dieses transzendenten Einbruchs in den Alltag oder dieser parapsychologischen oder schizophrenen Erfahrung steht. Die Erfahrung auch dieses Pinklers hat keine höhere Geltung, das wissen wir aus anderen Texten Gyllenstens. In Moderna myter steht z. B. auch ein Text, der davon handelt, wie schwierig es ist zu wissen, ob es das Einhorn gibt, wo es lebt, wie man dorthin gelangt, etc. Hier kommentiert der Erzähler lakonisch: „Men det är inte heller nödvändigt.“ Gyllensten geht es um Abstandnahme von Grübeln über Transzendenz. Worüber man nicht sprechen kann, das gibt es vielleicht gar nicht. Auf jeden Fall soll man darüber schweigen. Tomas Tranströmers erster Gedichtband 17 dikter, 1954, fängt an mit einem „Preludium“, das als poetologisches Programm gelesen werden kann. Uppvaknandet är ett fallskärmshopp från drömmen. Fri från den kvävande virveln sjunker 303 Lars Gyllensten, Moderna myter, 2. Aufl. Stockholm 1964, S. 174 u. S. 177. Polaren Pär im Nebel ... 303 resenären mot morgonens gröna zon. Tingen flammar upp (…) I dagens första timmar kan medvetandet omfatta världen (…). Der erstickende Wirbel des Traums ist als Metapher für die hermetische schwedische 40-tals-Lyrik gedeutet worden. Befreit davon, gilt es jetzt die Dinge, die Welt zu entdecken, nicht ein Transzendentes zu suchen. 304 Das erste Gedicht nach dem „Preludium“ ist ein berühmter Anthologieklassiker geworden, „Storm“: Plötsligt möter vandraren här den gamla jätteeken, lik en förstenad älg med milsvid krona framför septemberhavets svartgröna fästning. Nordlig storm. Det är i den tid när rönnbärsklasar mognar. Vaken i mörkret hör man stjärnbilderna stampa i sina spiltor högt över trädet. Wieder eine Situation, die thematisch und motivisch an Texte in der von mir hergestellten Intertext-Kette erinnert. Es geht um eine unverhoffte, stark erlebte Begegnung mit einem Naturphänomen, einer alten Rieseneiche vor dem Hintergrund des aufgewühlten Meeres und des Sternenhimmels. Hier gibt es keinen Kommentar zum Bild wie in den drei Vreeswijk-Texten, keine Andeutung eines tieferen Sinnes, einer Transzendenz. Und wahrscheinlich soll man so etwas hier gerade nicht suchen. Aber Metaphern und Vergleiche intensivieren das Miterleben des Lesers, evozieren seine Identifikation mit der Ergriffenheit des Wanderers. Eine andere Isotopie als die konkrete wird nicht angedeutet. Natürlich könnte man anfangen, darüber zu philosophieren, was das für ein Wanderer ist, woher er kommt, wohin er geht. Ich glaube aber nicht, dass das intendiert ist. Es gibt eine horizontale und eine vertikale Bewegung im Text und einen zeitlichen Verlauf wie in Vreeswijks „Paradox om klockor“. Aber im letzten Satz liegt der Wanderer wach im Bett, mit einem synästhetisch erweiterten Bewusstsein - gerade nicht in dumpfem Schlaf, in erstickenden Traumwirbeln oder gar im Nebel - er hört die Sternbilder wie Pferde in ihren Boxen stampfen. Das Gedicht spricht von einem Anblick, von einer irdischen, rein ästhetischen Evidenzerfahrung, einer säkularisierten Epiphanie. In der Verlängerung und zum Teil auch politisch radikalisierten Konsequenz dieser Ästhetik entstand in Schweden die Poetik der „nyenkelhet“ - der Neuen Einfachheit. Man hat den „Neueinfachen“ vorgeworfen, sie seien flach. Bengt Nerman nimmt diesen Vorwurf in seinem zweiten Gedichtband, Talade dikter, 1963, auf: „Det finns de som säger/ att den vers jag skriver/ är slapp och trivial/ (…) att såhär kan man inte finna smultronställena.“ Nerman antwortet offensiv: „Men visa mig 304 Vgl. Brita Wigforss, „Tomas Tranströmer. Med händerna i haydnfickor“, in: Karl Erik Lagerlöf (Hg.), Femtitalet i backspegeln, Stockholm 1968, S. 151-156. IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 304 dina leksaksslott/ ska ja krossa dem åt dig.“ Er hält fest: „Jag vet också att lyckan kan kasta sig över mig/ bakifrån.“ Wie für Tranströmer und sogar für Gyllensten gilt auch für Nerman, dass das Staunen, die Erfahrung des ganz Anderen, auch des Unheimlichen zur Existenz gehört. Tranströmers Sternbilder, die wie Pferde in ihren Boxen stampfen, haben ja auch etwas Unheimliches, Bedrohliches! Nur dass damit keine Metaphysik oder gar pseudoreligiöse Mystik prätendiert ist. Das heißt aber nicht, dass man sich der Grenzerfahrung verschließt und einfach unbeeindruckt, wie die Spießer in Ferlins Satire, wieder zu „fart och ras“ und „kräftkalas“ zurückkehrt. Bengt Nerman hat ein schönes Gedicht in Talade dikter, das in meine Echokammer um Polaren Pär auf Jungfrufjärden gehört - „Fisken“: Åtta nät två nya två från förra året två ombyggda med ny undertärn två med uråldrigt bomärke på nackstickan använde vi för att fånga dig Nu ligger du med buken upp i en plastbalja och vi vet inte ens ditt namn Först trodde vi att du var en vanlig fisk fast sjuk men då öppnade vi dina gälar och eftersom vi fann dem mörka av blod förstod vi att du var frisk fast annorlunda: en fisk som inte stod i fiskboken Vi lät dig ligga i plastbaljan med buken upp till morgonen därpå Då sa vi alla att vi inte tyckte om dig och eftersom du var för stor för katten gick vi upp på läsidan av ön där berget stupar brant och vattnet går djupt och kallt Där kastade vi i dig Vi trodde måsarna skulle äta dig men så länge vi kunde se flöt du orörd vit, med buken upp Sen tog visst blåsten hand om dig Es geht um einen Fisch, der „anders“ ist - und der „nicht im Fischbuch steht“, da wo bei Vreeswijk das Radio und bei Gyllensten die Zeitungen schwiegen. Hier trifft das Unerklärliche nicht ein isoliertes, existentiell exponiertes lyrisches Ich. Das Phänomen wird von einer Gruppe („vi“) registriert und diskutiert. Der Gegenstand und die Umstände sind realistisch, ja technisch präzise bezeichnet, es ist heller Tag. Polaren Pär im Nebel ... 305 Dennoch, oder umso mehr öffnet sich ein Raum für das Staunen, wie Ernst Bloch es als essentiell für gute Literatur postuliert, bleibt ein Anflug von der Angst, die laut Kierkegaard den Menschen erst zum Menschen macht. Vreeswijk hat die von mir herangezogenen Autoren und die poetologische Diskussion in ihrem Umkreis gut gekannt. Er hat mit größter Wahrscheinlichkeit auch die Texte gelesen, die ich zitiert und als Intertexte zu seinen Gedichten und der Visa über Polaren Pärs Ufo-Erlebnis aktualisiert habe. Er hat 1963 nicht als neueinfacher sondern als hermetischer Lyriker in BLM debütiert. Im Spannungsfeld zwischen Ekelöf, den Neueinfachen und dem gesellschaftskritischen und burlesken Blues lese ich seine Lieder und Gedichte. Broich, Ulrich/ Manfred Pfister, Intertextualität. Formen, Funktionen, anglistische Fallstudien, Tübingen 1985. Carlsson, Ulf, Cornelis Vreeswijk. Artist - vispoet - lyriker, Lund 1996. Hedlund, Oscar, Cornelis. Scener ur en äventyrares liv, Stockholm 2000. Lönnroth, Lars, Den dubbla scenen: Muntlig diktning från Eddan till Abba, Stockholm 1978. Lönnroth, Lars/ Sverker Göransson, Den svenska litteraturen, Bd. V, Stockholm 1989. Gyllensten, Lars, Moderna myter, 2. Aufl. Stockholm 1964. Vreeswijk, Cornelis, Narrgnistor och transkriptioner, 1976. LP Philips 6423 086. Vreeswijk, Cornelis, Från Narrgnistor och transkriptioner och Linnéas fina Visor, 1992. CD Philips 512 566-2. Vreeswijk, Cornelis, Skrifter I-III, hg. von Jan Erik Vold, Stockholm 2000. Wigforss, Brita, „Tomas Tranströmer. Med händerna i haydnfickor“, in: K.E. Lagerlöf (Hg.), Femtitalet i backspegeln, Stockholm 1968, S. 151-156. Let’s Do It Birds do it, bees do it, Even educated fleas do it, Let’s do it, let’s fall in love. In Spain, the best upper sets do it, Lithuanians and Letts do it, Let’s do it, let’s fall in love. The Dutch in old Amsterdam do it, Not to mention the Fins, Folks in Siam do it - think of Siamese twins. Some Argentines, without means, do it, People say in Boston even beans do it, Let’s do it, let’s fall in love. Romantic sponges, they say, do it, Oysters down in oyster bay do it, Let’s do it, let’s fall in love. Cold Cape Cod clams, ‘gainst their wish, do it, Even lazy jellyfish, do it, Let’s do it, let’s fall in love. Electric eels I might add do it, Though it shocks em I know, Why ask if shad do it - Waiter bring me shad roe! In shallow shoals English soles do it, Goldfish in the privacy of bowls do it, Let’s do it, let’s fall in love. (Cole Porter, 1928) Lehr und Kunst Ist gegen die Natur umbsunst. 305 Et av Cole Porters mest populære numre er „Let’s Do It“ fra musicalen Paris, uroppført 8. oktober 1928 ved Music Box Theatre, NYC, der den gikk 195 ganger. Handlingen består i at en amerikansk overklassemor forhindrer sønnens bryllup med en parisisk showbizz-stjerne. Hun intrigerer, og pariserinnen gifter seg isteden med sin dansepartner. Happy end er faktum, når mesalliancen er forhindret og to par - hvert innenfor sitt eget sosiale lag - skal gifte seg. „Let’s Do It“ er nummeret den parisiske starletten blir forført med av sin kollega og kommende ektemann. Allerede 1928 og 1929 kom original-musicalversjonen ut på plate (på CD i 1992). Men låten „Let’s Do It“ gjorde seg fort uavhengig av musical-konteksten. I løpet av de samme to årene kom det hele 16 plater der den er med, 12 av dem under tittelen „Let’s Do It“. Bl. a. ble den spilt av Paul Whiteman and His Orchestra, av Dorsey Brothers’ Orchestra og av Ray Ventura. 306 Av senere innspillinger er kanskje Louis Armstrongs versjon med Oscar Peterson Quartet, Ella Fitzgeralds med Paul Smith/ Barney Kessel Quartet og Dinah Washingtons med Hal Mooney and his Orchestra mest kjent. Også Frank Sinatra har sunget låten. Della Reese synger den som Cha cha med refrenget: „Let’s cha cha cha! “ Det er blitt en riktig svingende jazzlåt, men det finnes få rent instrumentale versjoner - det er åpenbart teksten som fenger. Særlig Armstrong henter maksimum ut av dens dobbeltbetydninger. Den handler jo ikke, som refrenget harmløst påstår, om to fall in love, men om let’s make love. („Let’s Misbehave“ var den opprinnelig tittelen, før den ble erstattet av „Let’s Do It“ til premièren.) Birds do it, bees do it Even educated fleas do it, Let’s do it. Let’s fall in love. In Spain the best upper sets do it, Lithuanians and Letts do it, Let’s do it, let’s fall in love. Osv. Om Cole Albert Porter, og ikke minst når det gjelder akkurat vår låt, er det ofte og med rette blitt sagt at han skriver sofistikerte tekster med genial musikalsk adapsjon. 305 Arthur Henkel/ Albrecht Schöne, Emblemata, Handbuch der Sinnbildkunst des XVI. und XVII. Jahrhunderts, Stuttgart 1967, sp. 437. 306 Sml. The Virtual Cole Porter, www.geocities.com/ Broadway/ 932/ porter, og: www.coleporter.org. Cole Porter Goes Baroque. Lek med det seksuelle tabu. Intertekstualitet i „Let’s Do It“ IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 308 Ideen til „Let’s Do It“ er imidlertid ikke Cole Porters egen. Utgangspunktet fra teksten om birds og bees, Lapps and Finns og alle de andre som „do it“ er å finne i Det gamle testamentes skapelsesberetning: Og Gud gjorde de ville dyr, hvert efter sitt slag, og feet efter sitt slag og alt jordens kryp, hvert efter sitt slag. Og Gud skapte mennesket […] til mann og kvinne skapte han dem. Og Gud velsignet dem og sa til dem: Vær fruktbare og bli mange. Da Noa får i oppdrag å sikre artenes overlevelse når syndfloden kommer, heter det litt senere i Første Mosebok: Jeg vil oprette min pakt med dig, du skal gå inn i arken, du og dine sønner og din hustru og dine sønners hustruer med dig. Og av alt som lever, av alt kjød, skal du ta et par av hvert slag med inn i arken for å holde dem i live med dig; han og hun skal det være. Av alle slags fugler og av alle slags fe og av alle slags kryp på jorden skal par for par komme inn til dig for å holdes i live. Jeg er ikke sikker på om Cole Porter var så bibelkyndig, men det er jo merkelige formuleringer, og de står på de første sidene i Bibelen. Mange illustratører har tegnet dette tog av par av alle slags dyr. Det finnes imidlertid ytterligere en tradisjon for vårt tema, og den ligger så nær opp til Porters utforming at det må være direkte derfra han har oppslaget. Som skandinavist kjenner jeg den best fra 1600-tallets svenske bryllupsdiktning. Likhetene er så iøynefallende at man fristes til å spørre om Porter kan ha lest Georg Stiernhielm, Lasse Lucidor eller Gunno Eurelius Dahlstierna. Det kan han naturligvis ikke ha gjort - ingenting tyder på at han kunne svensk. Og Dahlstiernas dikt med temaet, som passer nesten best sammen med Cole Porters tekst, finnes bare i to eksemplarer, ett i Stettin, ett i Greifswald. De ble skrevet 1696 til et bryllup i Stralsund. 307 Temaet, som i den tyske barokkforskningen kalles „die große Liebeskette“, 308 forekommer i en snarere abstrakt formel som hos Dahlstierna kan lyde: At hwar och en/ som de blir nämnde/ börja gå I Paar och Paar/ som Naturen täckts att ämna. Eller: Så er Naturens Wijs/ att Twå sig samman-para: Ty så gör Ewas Ätt/ som Diur och Foglars-Skara. Mønsterdannende for den svenske tradisjonen var Georg Stiernhielms „Bröllops beswärs Ihugkommelse“ fra ca. 1600-tallet. 309 Der vies temaet nesten 80 vers. Særlig 307 Erik Noreen fant dem i Stettin og publiserte dem i Samlaren 1940, s. 105-118. Jeg fant dem i samlingen Vitae Pomeranorum i Greifswalds universitetsbibliotek. 308 Sml. Hans-Georg Kemper, „Geordnete Liebe. Diesseitsbejahung und Daseinsbewältigung in der Barock-Lyrik (Opitz und Gryphius)“, i: Janota/ Scheuer/ Kemper, Deutsche Literaturgeschichte. Mittelalter und Barock, Düsseldorf 1980, s. 94. Det mest kjente eksempel er Paul Flemings „Früelings Hochzeit“, inspirert av den panerotiske italienske filosofen Marsilio Ficino. 309 Om dateringen og attribueringen se Bernt Olsson, Den svenska skaldekonstens fader, Lund 1974, s. 50f. Cole Porter Goes Baroque 309 av luftens dyr blir det oppregnet en lang og festlig rekke. Alle gjør sin plikt: landog skogdyrene, og de som lever i vannet, og: Summan ähr det: all diur, all Fiskar, Fåglar och Örter [! ] Para sig ihoop, all ting bestrijder Lille Cupido. Men ey diuren allen, utan också Diurenes Herre, Mennischian, ähr och nu till Lust fast mehra benägen. --- Gammal och Vng, Rijk, fattig, och Skiön, Leed, Lärd eller Olärd Starck och Svag, Lång, Låg, all ting som finneß i Werlden Teer sig ihoop, Magnet och Ståhl, …. 310 Samuel Columbus uttrykker seg 1667 i Georg Stiernhielmske heksametre: Jntet lefwande finns i dä gansk’ obegrijpliga runda Hwarkenn i Högden/ i Diupet/ i Lufften/ i Hafwet/ å Jorden/ Hwilket Kärlekens Macht och Lust ey röner och skönier. Dylijka går det i Hand med thet ädle förnufftige Diuret […]. Det „ädle förnufftige Diuret“ er mennesket, så klart. Columbus kan også formulere det enklere, i et dikt fra 1669: Naturen all will thet beiaka / At ensamt lefwa ledsamt är: Dän minste Fogel har sin Maka / Som han för andra håller kär. 311 Til forskjell fra Bibelens relativt abstrakte, men suggestive formuleringer ved hjelp av gjentakelser, blir temaet i barokklitteraturen „amplifisert“, dvs. utbrodert og illustrert konkret i prinsipielt endeløse variasjonsrekker i overensstemmelse med barokkpoetikkens inventio-teknikker. Og det blir retorisk pyntet på etter alle kunstens regler (ornatus). I barokke bryllupsdikt er det, annerledes enn i Bibelen, ikke nødvendigvis direkte Guds vilje som gjør at det går som det går, men naturens. Det er klart at dette lå nærmere for Cole Porter. I den innledende strofen hos ham heter det da også: „It is nature, that’s all,/ Simply telling us to fall in love“. En kritiker i Esquire konstaterte på 1930-tallet at „Porter discovered the facts of life and zoology at the same time - he became the great leader of the habits of rabbits school of popular songs“. 312 Det lyder moralsk indignert, tross tilføyelsen at „Let’s Do It“ er den beste teksten i denne genren. Men uansett var denne „skolen“ altså minst 250 år gammel da Porter sluttet seg til den, og besto av barokktidens mest berømte og respektable diktere over hele Europa. Den hadde i sin tur forbilder i den greske og romerske antikken. 313 310 Bernt Olsson, Bröllops beswärs Ihugkommelse I, Lund 1970, s. 4f. 311 Samuel Columbus, Samlade dikter II, utg. Bernt Olsson och Barbro Nilsson, Stockholm 1995. s. 62 og s. 93. 312 Citat fra William McBrien, Cole Porter. A Biography, New York 1998, s. 121f. 313 Sml. Bernt Olsson, Bröllops beswärs Ihugkommelse, op. cit. bd. II, s. 14f. IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 310 Når formelen blir utfoldet i barokk lærdom og poetisk lekelyst, kan det hos Dahlstierna - med innrim og tre L-assonanser - hete: Att Oxen fölier Koon/ och Gumsen med sit Fåår; Ja Vargen lop i går med sin Fru Låår om Låår. Sitatet ovenfor fra „Bröllopsbeswär“ fortsetter slik: Så den Rijke, som har med Gull upfylte Skatuller, Gånger i dantz hooß dhe Gullgläntzande Dyre Madamor. Det barokke topos er strukturert etter klassifiseringen av skapningene som i Bibelen. Havets dyr, landdyr (ev. med en underavdeling i ville og tamme dyr, firbente dyr og krypdyr - Bibelen skiller også mellom rene og urene dyr), luftens dyr og til slutt mennskene: „de förnämste Diur som Jorden monde draga“. I Lufft/ i Hafwet ock på wijda Jorden all Är ey så wildan Stig: där paar ey råkes skall. (Dahlstierna) Der kan det så regnes opp representanter for de mest forskjellige og underlige dyr, og mennesker med de mest forskjellige yrker og vaner, fra fjerne og eksotiske land, unge og vakre, gamle og stygge, samt mytologiske helter, guder og fabelvesener. 314 Alt dette har jo Cole Porter i prinsipp i „Let’s Do It“! (Men han har ikke barokkens spekulative dimensjon, som kommer inn med det s.k. kosmiske bryllup - mellom solen og jorden, regnet og havet, magnet og stål.) Porters intertekstuelle lek med den barokke tradisjonen er så tydelig at „hvert esel må jo se det“ (som Brahms sa til en dame som mente at det var litt for mange Beethoven-lån i hans Første symfoni). Jeg fant et engelsk tekststed som Porter kunne ha tatt som utgangspunkt. Det står i diktet „Colin Clout comes home again“ fra The Shepheards, 1579, av Edmund Spenser: Thenceforth they gan each one his like to loue, And like himselfe desire for to beget, The Lyon chose his Mate, the Turtle Doue Her deare, the Dolphin his own Dolphinet. 315 Det er mulig at Cole Porter hadde lest „The Shepheards“ eller et utdrag av det i en antologi. I hvert fall er det vår teksttypes idé in nuce, og et bevis for at den også forekom i England. At Porter var universitetsutdannet - fra Yale - vet vi. Han gikk på forelesninger og seminarer om bl.a. Shakespeare og de engelske romantikere. 316 Senere kom han til å lage musical av The Taming of the Shrew - Kiss me Kate, 1948. Og i „Let’s Do It“ er det faktisk et tydelig spor av hans Shakespeare-lesning. I den resitativliknende innledningsstrofen (Verse) som står foran den egentlige teksten finnes som et både tekstlig og melodisk framhevet element at the Bluebird synger „Spring, 314 Se også f. eks. så sent som hos Gustaf Fredrik Gyllenborg i „Herdevisa“, Rokokolyrik i urval av Björn Julén, Stockholm 1962, s. 115ff. 315 Sitert hos Bernt Olsson, Bröllops beswärs Ihugkommelse, op. cit bd. II, s. 45. 316 Sml. McBrien, s. 44ff. Cole Porter Goes Baroque 311 spring“, og the little Bluebell synger „Ding, ding“. I Shakespeares As You Like It finnes en berømt „Song“ som nesten lyder Cole Portersk, om man kan si det slik: It was a lover and his lass With a hey, and a ho, and a hey nonino, That o´er the green corn-field did pass In the spring time, the only pretty ring time, When birds do sing, hey ding a ding, ding: Sweet lovers love the spring. Sammenlign med Cole Porters innledning: When the little Bluebird, who has never said a word Starts to sing: „Spring, spring“; When the little Bluebell, in the bottom of the dell, Starts to ring: „Ding, ding“ [.] Visst var Cole Porter sophisticated! At Porters tekst nesten passer best sammen med diktene som Dahlstierna skrev til et bryllup i Stralsund, kan skyldes at både Dahlstiernas tekster og Porters forutsatte engelske forbilde fra barokkeller renessansetiden i sin tur har hatt samme forbilde og forsynte seg av samme repertoar fra helt tilbake til antikken og fram til barokken. Den intertekstuelle tekstproduksjonen over temaet „Let’s Do It“ fortsetter også etter 1928. Jeg kjenner ikke „the habits of rabbits school“ som omtales i Esquire. Men jeg kjenner noen parodier eller videre bearbeidelser av „Let’s Do It“ (som altså i sin tur er en parodi på barokke bryllupsdikt). Cole Porters engelske venn Noel Coward har skrevet én og framført den selv. På svensk finnes to versjoner av sangen, skrevet av hhv. Gösta Rybrant og Lars Amble. På dansk har vi en versjon fra Robert Arnolds penn og Preben Uglebjergs stemme. Peter Tosh har en reggae-adapsjon, og Bloodhound Gang en raptekst med referanse til vår Cole Porter-låt. Jeg antar at denne tradisjonen har mange flere utløpere. Mønsteret som ligger til grunn for alle disse variantene kan kalles en tekstmaskin. Man kan tillempe begrepet „ikke fast tekst“ 317 på den, dvs. en tekst som er strukturert i stil med den ikke skriftfestede fortelleog balladetradisjonen. Tekstens variabilitet er så å si et strukturkjennetegn, slik at hver „performer“ kan dikte eller altså i våre dager: skrive videre på den versjonen han kjenner til, hvis han har forstått dens formale genereringsmekanisme og tematiske grunnidé. Dette kan føre til nesten identiske tekstpassasjer hos forskjellige forfattere, selv om de ikke behøver å ha skrevet av fra hverandre. Barokkdikterne, Cole Porter og senere medlemmer av „skolen“ har ikke plagiert en tekst, de har bare overtatt en idé og en metode, og produsert sine egne tekster med den. Porters egen tekst er i seg selv en „ikke fast tekst“: Det finnes 317 Sml. kapitlet „Der unfeste Text“ i: Joachim Bumke, Die vier Fassungen des ‚Nibelungenklage‘, Berlin & New York 1996, s. 53ff. Robert Kimbal gjør rede for sine utgiverprinsipper i The Complete Lyrics of Cole Porter, (1992) og han kommenterer: „It is helpful, perhaps, to think of a published song as offering a view of a lyric at one particular point in the creative process. A cast recording gives us another view at another stage in the process“! IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 312 en del varianter og to apokryfe strofer til „Let’s Do It“. Og den inngår altså i en større litteraturhistorisk resirkuleringsprosess. La oss gå litt nærmere inn på tekstmaskinen og dens historiske dimensjon og tekstlige raffinementer. Det har altså vært en latinsk eller gresk antikk poet i begynnelsen, men så langt som til Adam og Eva skal vi ikke gå nå, selv om det nok i virkeligheten var med dem det hele begynte. Vi begynner med den barokke diktningen i Sverige (jeg kjenner også eksempler i tysk, fransk og nederlandsk litteratur med inventiones fra samme repertoar). Selve emnet eller temaet var en alvorlig sak for barokk-poetene. Det fungerte i poesiens formildende antidiskurs mot katolisismens og protestantismens fryktskapende og disiplinerende syn på seksualitet, der man knapt hadde positive ord for forelskelse, lyst, erotisk lek og seksualitet. 318 Biskop Haquin Spegel skriver i sitt gigantiske versepos Gudz verk och Hwila at Lust-liuflig Venus haar them henne nog berömma/ Jag kenner henne ej … […] dy är hon kallad worden All Kärlekz Moder kär/ alt Wänskapz foster-Amma/ Omskönt otuchtig Folk misbruka tjdt thet samma. 319 De første forsøkene var relativt stivbente. Stiernhielm gjør bruk av svært høytidelig heksameter, han blir først burlesk (og kvinnefiendtlig! ) når han senere i diktet behandler det svenske frieriets og bryllupsfeiringens „beswär“. I og med at vi nærmer oss senbarokkens manierisme åpnes det for mer fantasifulle artistiske utbroderinger, metaforiseringer og sammenkoblinger med store kontraster. Intendert eller ikke, kan de bli ganske humoristiske eller parodiske. Målet er i alle fall at leseren/ tilhøreren skal bli overrasket, beundre poetens verskunst og fantasi. Eksemplet fra Spenser, 1579, fortoner seg som ganske moderat, men også der ser man viljen til språklig variasjon og spesielle effekter, f. eks. gjennom antropomorfisering av dyrene. 318 Denne tesen argumenterer jeg utførlig for i en artikkel om Dahlstiernas Stralsund-bryllupsdiktning i: skandinavistik 1 (2001). 319 Bernt Olssons och Barbro Nilssons utgave, Bd. I, Stockholm 1998, s. 212f. Cole Porter Goes Baroque 315 Hos Lasse Lucidor, i et bryllupsdikt fra 1668, finner vi igjen den høytidelige, barokkpompøse „Häufung“, dvs. den lange, språklig uformidlede opptellingen. Han begynner med „formelen“: „Alt hwad här finn’s/ ifrå thet högsta til thet sidsta/ Thet giffter sihg ihoop.“ Når han blir konkret, er det „det högsta“ som nevnes først. Solen, „foebus’ gyl’ne Strål“, gifter seg med jorden og avler og føder „Gräß/ Örter/ Blomster/ Trän ock hwad meer synbart är“ som f. eks. „wild’ och spake Diur“, „Foglar/ Ormok Maskar/ Ohyror/ Flugor Bijr ok hwad i Watnet plaskar“. Det er underforstått at disse også „do it“, men det blir sagt eksplisitt i fortsettelsen. Det står også at det skjer ifølge naturens lov, men - obs! også til „den gode Gudz behagh“: Diur löpa medh hwar ann’/ Fisk leker/ Lufft-fät paras Alt makar sig ihoop/ hwa son’s Nampn bär wil Faras. Hwi skulle Menniskian sigh icke wilia giffta Om sitt förgängli’ Namps åminnelse at stiffta? Förvthan gifftermåhl kan Werlden ey bestå Men genom Gifftermåhl all Lust ok nytta få. 320 („Faras“ betyr å bli far, ifølge Stina Hanssons kommentar.) Det var kanskje nødvendig med alle eksemplene og betoningen av de gode grunnene, med tanke på de dydige møer, opptuktet til fromhet og kyskhet, som satt i bryllupslaget - og som jo tross alt skulle „do it“ før eller senere. (Kanskje Shakespeares Taming of the Shrew og mange eventyr av typen „Prinsessen som ingen kunne målbinde“ til syvende og sist handler om dette problem? ) Og først etter slike forsikringer, men i alle fall! - kunne det snakkes om „Lust“, men i umiddelbar sammenheng med den også om nytte. Det er selvfølgelig snakk om ekteskapelig lyst, og den er tillatt, ja ønsket av Gud og Luther og kongen - ikke minst fordi, „tå höwer man ey tiggia/ Olovligh kärleekz leek“! Seksualitet utenfor ekteskap ble den gangen betegnet som „Hoor“, „Lönskeläge“ og „Möökränkning“, det var både synd og forbrytelse. Etter den rike mannens kjærlighet nevner Stiernhielm i „Bröllopsbesvär“ den fattige, som „sig frödgar i Löndom“. Slikt kunne ha dødsstraff til følge. Nå var kanskje Lucidor ikke selv så dydig. Men han visste hvordan man måtte skrive i det teokratiske svenske riket for at diktet skulle gå gjennom sensuren - han satt noen måneder i fengsel på grunn av et bryllupsdikt som ikke fulgte reglene. På den andre siden må man si: Også hos Cole Porter tjener sangen „Let’s Do It! “ til at man blir gift. I alternativ-nummeret „Let’s Misbehave“, som ellers anslår frekkere toner/ ord for „un peu d’amour“ - „Why keep the brakes on? Let’s misbehave! “ - kommer, som et sent ekko av den barokke, kirkelig kontrollerte, dydige kjærligheten, en forsikring (i dobbel forstand): „You know my heart is true“! Hos Dahlstierna glimrer teologisk-kirkelig moralisme med sitt fravær, og det er ikke atypisk for barokk diktning. Formuleringene blomstrer frodigere, sidestillingen av eksemplene kan virke svært morsomme, om ikke groteske. Han påberoper seg 320 Lars Johansson (Lucidor), Samlade dikter, utg. Stina Hansson, Stockholm 1997, s. 38. IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 316 ikke Gud, men „Naturens Wijs“ og „ett gammalt Lag/ som tages än i Ackt“. Hos götisisten Dahlstierna er denne loven en førkristen, folkelig svensk skikk. Av „foglar/ Wilde djur och Hafwets blanka Fää“ regner han opp „Myror små, den naakta gröna Fröö … [som] qväder för sin Möö“, og „Björn för Wännen sin sig bogar“. Han går ut fra at også „Necken“ gjør det. Hos menneskene konstaterer han bl. a.: Ja, Groo och Torbjörn blee och entelig ett Paar/ Fast han på Trääbeen gick; doch hon Kuuthålot war. På en måte som foregriper Cole Porters lettere og lapper (altså: samer) og nederlendere skriver Dahlstierna: Ty foger han [Astrild] nu snart en Pålska med en Skotte/ En Finska kommer och en Frans-man wäll til måtte. En Tyska med en Swänsk gjör och gott Bröllops-Laag Af ödets Under makt och Astrills Wällbehag. Det er godt sagt ved et bryllup i Stralsund mellom en svensk embetsmann og en tysk kjøpmannsenke! Og legg merke til: Det er ikke til Guds, men til Astrilds, den svenske Amors, behag dette bryllupsmarked fungerer! Dahlstierna skrev syv dikt på svensk til bryllupet i Stralsund, og avsluttet syklusen med et åttende dikt på tysk som er det litterært mest ambisiøse. Det handler så å si bare om alle dem som „gjør det“ - hele 52 eksempler! Han begynner med mennesker („Vom kalten Lappen-Land biß an den Hottentott“, etc.), fortsetter med „Wallfisch“, og sier at Der flüchtige Delfin kan sich demüthig bücken/ Vor seine Bett-Freundin/ und machen krummen Rücken. Vis-à-vis Cole Porters kanskje overraskende, og undertiden groteske „Cold Cape Cod clams“ er det interessant at også Dahlstierna regner med at „Die Muscheln reichen [sich] den stummen Liebes-Kuß! “ Fra luftens beboere nevner Dahlstierna et eksempel på tamme og et på ville fugler - turtelduen og ørnen. Fra jordens firbente beboere nevner han løven, bjørnen og tigeren. I resten av de 43 versene om vårt tema blir han esoterisk eller fysiokratisk - som Stiernhielm før ham. Ikke bare planter og trær elsker, men jern kysser stenen, og polarstjernen elsker nordpolen. Jeg har laget en oppstilling av dyr, planter og mennesketyper som forekommer hos noen barokkpoeter, inklusive en nesten ukjent svensk poet, Peter Olufsson Warnmark (han skrev også to dikt til bryllupet i Stralsund), og de som forekommer hos Cole Porter og Porter-parodiene jeg har funnet. Bokstavene i parentes betyr A = Amble; BH = Bloodhound Gang; C = Coward; D = Dahlstierna; L = Lucidor; R = Rybrant; St = Stiernhielm; T = Tosh; U = Uglebjerg; W = Warnmarck Tabell Cole Porter Goes Baroque 317 Barokk Cole Porter etter Porter Kosmos: Sol, jord, etc. (D/ L/ St) Guder: Joppiter (D), Neptunus, etc. (St) Zeus (U) Fabelvesener: Necken, Troll (D) Abstrakt: Ewas Ätt (D), Hwar och en (D) us mammals (Let’s Missbehave) nature vem som helst (R), varenda en (A), han, hon, den, det (R/ A/ U), den ene og den anden (U) mammals (BH) Luftens dyr: Fogel Adler/ örn (D/ L/ St/ W), Turtelduvan (Sp/ D/ W), Anckan (W), Orren (W) birds eagles black bird, nightingales, larks, canaries, cuckoos, owls, penguins birds (T/ C), fuglen (U) Insekter: Bijr (L) Myror (D) bees fleas, dragon flies, mosquitoes, katydid, lady bugs, moths, locusts, centipedes bin, bees (C/ A/ R/ U) ants (T) Krypdyr: Orm och mackar (L) whelks and winkles Vanndyr: Hafwets blanka Fää (D/ W) Frö (D) Wall-fisch (D), Delphin (D, Sp) Muscheln (D) goldfish clams oysters sponges, jellyfish, electric eals, shad, soles, salmon, en fisk (U) Ostron (R) IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 318 sturgeon, cod Landdyr: Lejon (D/ W/ Sp) Björn (D/ W) Tiger (D), Leopard (W), Elefant(W), Elg (W), Hjort (W), hare (D i vignetten) ape (D i vignetten) bears chimpanzees camels (Let‘s Misbehave) kangaroos, giraffes, hippopotami sloths monkeys (C) zebras (BH-cover) Discovery Channel (BH) Husdyr: Hönan (W), Ko (D) Getter (D) Får (D/ W) Gås (W) goldfish, guinea pigs, pekineses fowls (T) Goats (T) Får (R) Planter: „Gräß/ Örter/ Blomster/ Trän“(L) Weinstock, etc. (D) (Bluebell) Beans Blommor (R) Mennesker: Lapper (D) En Finska (D) Argentinier (D) Peruaner (D), Brazil (W), etc. Frants-Mann (D) Spania (D), Polen (D) Holland Hottentotter (D,W) Kinesare (D) Laps Finns Argentines Dutch Chinks Japs, Lithuanians, Letts, Siames The Royal Set Napoleon, Marie Antoinette Peru (R), Brazil (R), Beduin (R), Sascatchewan (R), Paris, Nice, etc. (R), Toreador (R) Belgiums and Dutch (C) Aly Khan (C), kong Faruk (C, U), shahen (U), Prinsesse Margaret Cole Porter Goes Baroque 319 En fattig (St) Den Rijke (St) dyre Madamor (St) wij Christne vs. Hottentotter etc. (W) Skrantug och Lijten, Koppärrs-bijten, På Trääbeen, Kuuthålot (D) Blue clerk Mam’selles (Sinatra), refined lady (Armstrong) (U) The House of Commons (C) Parliament (C), Jens Otto Krag etc. (U) Leading Writers, T. S. Eliot, etc. (C), Jens August Schade (U) Bureaucrats, kontorist (C/ R) Doctors (T), Nurses (T), Judges (T), Lawyers (T) Uncles and aunts (C) Trippers (C), Foodcranks (C), Teddy Boys (C) Artists (C), singers, players of instruments (T), En pank (R) En rik (R) Yndig brud, stud (U) Hedning och frälst (A/ R) Psykopat og skizofren (U) Alt dette tatt i betraktning er kanskje Cole Porters høyst merkelige serie av vesener som „do it“ ikke lenger så overraskende. Vittig er den likevel. Vittigheten hos Porter består ikke minst i de rent språklige midlene han bruker når han overtar et gammelt tema og en gammel poetisk oppskrift. La oss nå se litt nærmere på hans tekst for å belyse den kunstneriske teknikken. Porters tekst består som sagt av en innledende strofe 321 som introduserer emnet. Emnet „amors makt“ forbindes gjerne allerede i barokken med våren og fuglene og blomstene som tegn på denne gledens og erotikkens årstid. Bryllupet i Stralsund fant sted i juni, og Dahlstierna begynner et av diktene med: „Nu är den liuffsta Tijd/ aff Föbus hand oss gifwen! / Naturens ädla Macht man nu i all ting ser.“ Samme oppslag har Shakespeares dikt ovenfor, som jeg altså mener Cole Porter har en intertekstuell 321 Innledningen kalles hos Porter Verse, mens de følgende strofene kalles Refrain. Det egentlige refrenget er imidlertid linjene 6 og 13 i hvert „Refrain“ (strofe): „Let’s do it, let’s fall in love“. IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 320 referanse til i innledningen. Porter bearbeider motivet språklig med gjentagelser og innrim: „sing - spring - spring“ og „ring - ding - ding“ samt flere rim som „Bluebird - word“, „Bluebell - dell“ og „above - love“ i en tekstsekvens som ellers snarere har karakter av en prosa-innledning - men akkurat „Spring, spring“ og „Ding, ding“ framheves melodiøst med et markant musikalsk motiv - mer om dette senere. Innledningen slutter med en „prosaisk“ formulert allmenn-filosofisk konstatering: „It’ nature, that’s all …“ Det hele vekker en spenning, tesen krever en utredning og eksemplifisering som altså nå kommer: „And that’s why Birds do it, Bees do it …“ [min kursivering]. Den første strofen begynte opprinnelig med mennesker. Porter har senere forandret teksten, fordi han mente den kunne såre noen. Først sto det: And that’s why Chinks do it, Japs do it Up in Lapland little Laps do it, Let’s do it, let’s fall in love. De første dyrene som nevnes i den nåværende strofe 1 kan - bortsett fra at de er en klisjé i seksualundervisningens diskurs - gjelde som poetiske dyr, de tilhører luftens rike, men de holdes også sammen av allitterasjonen: „birds and bees“. Det tredje eksemplet danner en kontrast, et fall fra sublime høyder til det lavkomiske og groteske - tross at vi fortsatt så å si befinner oss i luftens sfære: Hva er „educated fleas“? I motsetning til biene som er vakre og nyttige og flittige, er loppene urenslige, stygge skadedyr. De parrer seg nok normalt på en uestetisk og tankeløs måte - men ikke engang veloppdratte, dvs. dresserte eksemplarer i et loppesirkus kan altså motstå kjærlighetens/ naturens makt! Strofen går deretter frekt over til mennesker. Spanjolene kobles sammen med „Letts“ når de tilhører „The upper sets“ - fordi det rimer. Lithuanians og Letts er naboer i Baltikum, og begynner på „L“. Antakelig var disse folkene like langt fra Porters kjente verden som hottentottene fra Dahlstiernas och Warnmarcks, slik at bare å nevne dem - i likhet med lappene/ samene (som er små, fordi vi da får så mange „Ler“ på engelsk) - av den grunn er litt komisk. Det smarteste triks i denne strofen er at „Letts“ danner et innrim med „let’s“, og at man derfor godtar at de gjør noe som man ellers kanske ikke ville mistenkt dem for. Teknikken som driver fram assosiasjonene og de komiske effektene er altså av språklig og retorisk art: Teksten har jo ikke noe narrativt eller dramatisk forløp. Den blir styrt av bevegelser innenfor paradigmer som rim, innrim, allitterasjon („Cold Cape Cod clams“, „shallow shoals, English soles“). Det semantiske paradigme kan byttes ut ved et lydlig sporskifte, eller det kan være overstrukturert (som hos Stiernhielms „Lång, Låg“). Retorisk-semantiske kontraster som ideologisk og poetisk konnoterer høyt-lavt, nært-fjernt, og som også hos den kontrasterende sidestillingen av ulike mennesker og dyr skaper humoristiske effekter, kan styre tekstens gang. I melodiens B-del er det plass i teksten for små digresjoner, bemerkninger, sidekommentarer til publikum: „Waiter, bring me shad roe“, „think of the Siames Twins“. Den første B-delen begynner kanskje litt poengløst. „Not to mention the Finns“ betyr vel at det at de „do it“ er noe alle vet. Litt smartere er påstanden at Cole Porter Goes Baroque 321 „Some Argentines [do it] without means“ - på grunn av innrimet. Og at i Boston „even Beans“ gjør det er en konsekvens av samme rim. Dermed får vi også hos Cole Porter - sannsynligvis uten tilsiktede barokk-naturfilosofiske implikasjoner - et kjærestepar fra plantenes rike! Samtidig var the Beans en kjent familie i Boston, og denne byen assosieres med Boston Baked Beans. Strofe 2 er viet luftens dyr. Nattergalen gjør det i mørket, mens pingvinene er mer ublyge, de gjør det på isen, „in flocks, on the rocks“, med et ekstrapoeng for whiskykjennere. Videre har vi „Old owls“, „when they‘re out of season, grouse do it“, etc., alt i alt ni eksempler. Noen av dem skal vi komme tilbake til straks. Strofe 3 fører oss til det våte element. Der må vi stole på hva „they say“! Det hele er så interessant at det må brukes to strofer 322 på dette motivreservoaret eller topos, dvs. i retorikken: sted, der dikteren finner „argumenter“. Hva er „romantic sponges“? Og tenk på østers og muslinger! Og på elektriske åler, de gjør det „though it shocks them“ - kanskje også moralsk? Når man ikke ser men bare hører teksten, kan „english soles“ også bety engelske sjeler - viktorianere! Det vittigste og frekkeste her er at soles rimer på bowls, slik at gullfisken får det privilegium å kunne gjøre det „in privacy“ - samtidig som man jo da ser dem i forstørrelse gjennom glasset! Det ser forresten ut som Porter er opptatt av eller finner det særdeles komisk med dyr i fangenskap. I strofe 2 heter det: „Canaries, caged in the house do it“. Og enda morsommere: „Even little cockoos, in their clocks do it“, der „clocks“ samtidig er en sterk semantisk kontrast til rimordet „rocks“: det spissborgerlige lille gjøkurfengselet vs. den ville naturen eller verdensmannens whiskyglass! Blant vannets dyr har Porter „sponges in the tub“. Og „Beans [in Boston]“ - gjør de det i hermetikkboksen? Jeg fant en representant fra dette fengselsparadigmet hos den ellers nesten glemte Peter Warnmarck i et bryllupsdikt fra 1706. Han skriver ikke om gullfisken, gjøken eller svampen, men om hönan, og gjennom rimtvangen oppstår det en semantisk spenning mellom naturen og „buren“ som svarer til den mellom „rocks“ og „clocks“: Jag tänkte/ alt har GUD gitt uti Naturen Alt para sig ihoop/ och leka med hwar an’/ En Hiort hoop med en Hind/ en Qwinna med en Mann/ En Höna med en Tupp/ omskjönt i Hönße-Buren. 323 Apropos Hjort, hoop, Hind, Höna, Hönße-Buren: Også hos de andre barokkpoetene og faktisk hos Cole Porter finner vi påfallende mange allitterasjoner. Det slumpaktige, prinsipielt uavsluttelige i oppregningen av eksempler fra et så stort paradigme som levende vesener blir understreket av forbindende halvsetninger av typen „not to mention“, „Think of“, „they say“, „I might add“. Armstrong, som tilføyer en del „oh yeah“, „yes“, „mamma“, „mmm“ og „nnn“ (og som fremhever 322 „Verse 3 (english production)“ i min utgave består av deler av strofe 3 pluss noen nye linjer. Sml. Cole Porter 100 th Anniversary, 1991 Warner Bros. Publications Inc., s. 15. „English production“, d. v. s. revyen Wake Up and Dream, 1929. 323 Petter Olufsson Warnmarck, Parnassi Grönskande Blomsterwall, Göteborg 1709, s. 89. IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 322 allitterasjonene med stor suffisanse) introduserer sjimpansen med et „And I say“, som Porters „I’m sure“, når det gjelder giraffene. I Frank Sinatras innspilling blir teksten fra nå av strukturert løsere. Det virker som om han hadde glemt ordene og var nødt til å improvisere, dikte litt selv. Han bytter om på strofene og tekstelementene. Også Armstrong gjentar delvis det som allerede er sagt, eller fyller på med scat. Sinatra har en strofe om Napoleon som jeg ikke kjenner fra noe annet sted. De utnytter altså den „ikke faste tekstens“ muligheter kreativt. Systematikken i dyreklassene går riktignok i vasken når giraffer og ørner nevnes i samme setning, men giraffene gjør det „on the sly“ og ørnene „as they fly“, så det rimer pent, og begge har det altså ikke lett. Armstrong regner med at „the most refined lady does it“ (istedenfor lady bugs), og han spør „what’s the use of balls“ (der Porter snakker om „moth balls“)! Teksten er lang. Som „ikke fast tekst“ er den i prinsipp uendelig. Gjennom sin oppramsingsstruktur er den kanskje lettere å dikte videre på eller improvisere over enn å memorere ord for ord. Ella Fitzgerald og Paul Smith/ Barney Kessel måtte gjøre flere opptak, og på CDen er disse nå kommet med. På ett av dem avbryter Ella midt i og utbryter: „It’s so long! “ Som hos noen barokkpoeter er det faktisk en fare for at slike kataloger tross alle retoriske raffinementer blir litt kjedelige. Ella og mange andre vokalister synger da også bare to av fem strofer, mens Armstrong synger fire, med stor variasjon i melodiens og rytmens behandling. Strofe 4 handler om insekter, som „sentimental centipedes“. Og „mosquitoes, heaven forbid, do it“. „Refined Ladybugs“ gjør det bare „when a gentleman calls“. „Moths in your rugs“ hører til fengselsparadigmet, og de lar seg ikke stoppe av „moth balls“. Strofe 5 er viet landdyrene, og da dukker selvfølgelig sjimpansene opp først - de gjør det „in the zoos“. Hør hvordan Armstrong dveler ved „chimpanzees - zoos“. (Noel Coward i sin versjon er som alltid frekkere: „Monkeys, wherever you look, do it“.) Når det gjelder „old sloths“, grubler Porter over at de gjør det „though the effort is great“. Av kenguruene er det kun „some courageous“ individer som „do it“ - om det nå skyldes at de lange bakbeina er i veien eller at Porter likte nesten-rimet og allitterasjonen „courageous - kangaroos“. Bjørnene og pekingeserne har det til felles med sjimpansene, gullfisken, etc. at de gjør det hhv. i fangenskap og i siviliserte omgivelser: „bears in pits do it,/ even Pekineses in the Ritz do it“. Frank Sinatra har som sagt en en strofe til. Etter de eksotiske folkeslagene kommer han til samfunnets støtter, autoriteter, som altså også … Det begynte allerede med „the upper sets in Spain“, og i dyreriket med „High-browed old owls … they’re supposed to be wise“. Men nå kommer vi til „the royal set“. Der gjør man det, siden man kan fransk, „sans regret“. Assosiasjonen går fra det franske språket til Napoleon. Napoleon ble bedratt av Marie Antoinette, og det markeres med et falskt rim. Dessuten kan det i uendelighet gjentatte „do it“ her varieres med imperfektum „did Cole Porter Goes Baroque 323 it“. (Det finnes en amerikansk vits som jeg hørte av Dizzy Gillespie: „The telegraphists daughter did it, did it, did it“): The royal set sans regret did it And they considered it fun Marie Antoinette did it - with or without Napoleon. Siden „Antoinette“ midt i linjen rimer med „sans regret“ (i engelsk uttale), er det vel først og fremst hun „blant the royal set“ som ikke angret. Fallet fra de sosiale høydene markeres hos Sinatra (med umotivert imperfektum): Parliament pleasure bent did it Mam’selles every time they’re short of rent did it. Coward er her igjen frekkere. Han snakker om „visiting statesmen“ som „do it in cars“. Et formalt karakteristikum i teksten som minner om hhv. anaforog epiforteknikken hos barokkdikterne er den stadige gjentakelsen av kvintessensen, de to ominøse ordene „do it“. De rimer - med unntak av innrimet „Letts, let’s“ - ikke på andre ord. I hver A-del forekommer de tre ganger, i B-delen tre ganger. Dvs. man hører dem 12 ganger i hvert chorus. Denne insisteringen kunne virke kjedelig og masete, men vitsen er at etter tre gjentakelser som man tror er en påstand om sex, kommer den harmløse romantiske klisjeen „Let’s fall in love“ - hver gang like overraskende. Man kan bli lettet eller skuffet av denne forskyvningen på meningsplanet, alt ettersom. Strukturen har et fint navn: isotopimodulasjon (sml. Soles - souls). Cole Porters bruk av den ligner de gåtene som pleide å ledsage barokke bryllupsdikt. De var gjerne på fransk, slik at barna ikke skulle forstå dem, eller for at alles oppmerksomhet skulle skjerpes ekstra mye. Gåtene var formulert slik at alle straks tenkte på noe seksuelt, mens den rette løsningen var svært harmløs. Her er et eksempel på et tysk dikt, skrevet til et bryllup i Stockholm: Nu rahtet ihr Jungfer’n/ ihr liebes Göttinnen Was dieses wol sey/ Ey saget es frey/ Noch eh ihr euch werdet begeben von hinnen. Es ist glatt und rauch So wie der Gebrauch/ Man steckt es ins Vaß/ Biß es wird recht naß/ Dann sagt es treulich Was vorgieng neulich. […] Herr Bräutigam sagt an Ob ihrs nicht gethan Und offt gebraucht dieses Ding mit Lust So wird Ihn’n allen/ Schreiben bewust. Jan Drees, Die soziale Funktion der Gelegenheitsdichtung, Stockholm 1986, s. 450. 324 324 IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 324 Brudgommen har meget ofte „gethan“ det - til og med „gethan mit Lust“. Han var skriver, og den rette løsningen er antydet i siste linje: en penn å skrive med. McBrien skriver i sin monografi om Cole Porter: „Porter’s use of the pronoun „it“ is masterful. He follows Mallarmé’s advice to suggest rather than to name. […] Porter plays tricks with the audience: we first think that the antecedent of „it“ is sex, but the faux naive speaker is more loftily proposing not sex but love.“ McBrien gjør oppmerksom på at Porter trikser på samme måte med ordet „that“ i „You’ve Got that Thing“ og „Don’t Look at Me That Way“. I førstnevnte låt dukker det forresten opp en representant for serien elskende dyr: You’ve got that thing, you’ve got that thing, That thing that makes birds forget to sing. Og endelig har vi altså i denne Cole Porter-låten også kjæresteparet Adam og Eva: You’ve got what Adam craved when he With love for Eve was tortured. Og i „Let’s Misbehave“ står det også følgende linjer: They say that bears Have love affairs, And even camels; We’re merely mammals, Let’s misbehave. Forresten hører det med til vår intertekstuelle ekko-sal at Woody Allen bruker „Let’s Misbehave“ i sin film „What You Always Wanted to Know About Sex“. Bloodhound Gang har en raplåt der de kombinerer „Let’s Do It“ med „Let’s Misbehave“: „You and me, baby, we ain’t nothing but mammals/ Let’s do it like they do in the Discovery Channel! “ Det er blitt sagt at det barokke topos av elskovskjeden på jorden og i kosmos på lang sikt bidro til sekulariseringen av den vesterlandske tenkning. Fra å være de fornemste av alle dyr i den barokke diktningen er vi i hvert fall i denne tekstpassasjen hos Cole Porter (og hos Bloodhound Gang) hentet ned på samme nivå som alle andre pattedyr. Den barokke bryllupspoesien er per se mer belærende enn en musical-tekst, som først og fremst skulle være underholdende - hvilket barokk bryllupspoesi riktignok også skulle være. Det er ikke dermed sagt at Cole Porters tekst ikke har sin ideologiske betydning eller funksjon. Den likner til og med den barokke bryllupsdiktningens intensjon. Sml. McBrien, s. 121. 325 325 Cole Porter Goes Baroque 325 1600-tallets bryllupspoesi var nok på mange måter affirmativ, konservativ, særlig når den ble skrevet av de mange diktende prester. Når dr. theol. Petter Olufsson Warnmark konkretiserer elskovskjeden vår med fremmede menneskeslag, påstår han først at „Them iag til Tidzfördrif/ mig ärnar teckna opp“. Men så forteller han om deres frieriog bryllupsvaner, for - ganske sjåvinistisk, ville vi si i dag - å fordømme dem og til slutt peile seg inn på vår alene riktige og saliggjørende protestantiske adferd. I Malabar finner han jus primae noctis - som om ikke uskikken også fantes i hans nærmere omgivelser! Hos „Hottentotter som i Indien [sic! ] fortöfwa/ Brudefolcket i ett Skriande sig öfwa.“ I Libya registrerer Warnmark „Then stygga Hedna-Sed/ at alle the som gå/ I Bryllopz Laget/ sku then stora Frihet få/ At then wäna Brud på leena Dunen pröfwa“. Han forteller om liknende styggedommer i Kina, Egypt, Brasil, Etiopia, for til slutt med lettelse å konkludere: Så har wij Christne tå berömelige Seder […] Then Sed den bästa är/ som vijd Gudz Ord sig stödjer. Cole Porter, når han fleiper med lapper og finner, er ikke politisk korrekt, men han er allikevel ganske harmløs sammenliknet med Warnmark. Og Porter skiftet som sagt ut en strofe om „chinks and japs“ som han selv syntes kunne såre noen. Som produsent av kulturindustrielle artikler som musicals og songs som skulle gå over hele verden var jo dette rent økonomisk også fornuftig av ham. Barokkpoesi, ikke minst der den tematiserte kjærligheten, bidro altså på lengre sikt til sekulariseringen. En litt mer distinkt tese som jeg argumenterer for et annet sted går, som allerede antydet, ut på at spesielt bryllupsdiktningen henvendte seg til de ugifte unge menn og først og fremst kvinner og bidro til å bryte ned eller mildne motstanden mot seksualitet som ble innprentet av en seksualfiendtlig kirke. Seksualfiendtligheten har overlevd fram til våre dager - ikke minst i Amerika, sml. siste presidentskandale. McBrien forteller en god anekdote som viser hvordan Porters sang i en konkret situasjon gjør dobbeltmoralen synlig. En far ba sin unge datter å synge „Let’s Do It“ sammen med ham. Hun svarte: „Daddy, if you don’t want me to do ‚it‘, why do you want me to sing about it? “ Egentlig er det merkverdig at Porters „Let’s Do It“ ble en slik suksess. Eller snarere: Den kan jo nesten bare ha blitt det fordi puritanismen og dobbelmoralen sitter dypt i oss. Vi er takknemlige hver gang den får seg et spark - i vittig og spøkende form, og i kunstens eller showbusinessens frirom, så sensurlystne moralister med gledesdrepende og til syvende og sist dysfunksjonale og urealistiske bud kan overlistes. Eller, om vi er puritanere selv, fordi vi iblant gjerne lar oss kile litt av leken på grensen av det seksuelle tabu. Som det er blitt sagt om litteraturens funksjon: Den 327 Warnmarck, op. cit., s. 60-65 328 Se fotnote 314. 329 Sml. „Introduction“ i: Merry E. Wiesner, Christianity an Sexuality in the Early Modern World. Regulating Desire, Reforming Practice, London & New York 2000. I barokke bryllupsselskaper lot man gjerne barn lese opp de tvetydige gåtene for å gjøre det hele mer pikant! 326 326 327 328 329 IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 326 synliggjør grensene, relativiteten av de til enhver tid gjeldende „meningssystemene“, problematiserer dem, bidrar til å forandre dem. „You’ve got that kiss, that kiss that warms/ That makes reformers reform reforms“, som Cole Porter også skrev. Kunsten, litteraturen har denne effekten fordi den leker, og den leker ikke minst i intertekstualitetens ekko-sal. Den står på naturens side i den forstand at den - til og med i ortodoksiens og regelpoetikkens tid - er nonkonform. I mottoet til dette essayet står det at mot naturen er pedagogikken og kunsten maktesløse. „Kunst“ betyr i dette sitatet imidlertid dressur. Setningen er gjengitt på et emblem - altså kunst i vår forstand. Det viser en ape som løper bort fra sin herres dressurforsøk fordi noen kaster nøtter til den. I den utvidede kommentaren til emblemet blir dette tillempet på menneskets seksualitet: En mann ville flykte fra sin avhengighet av kvinnen og gå i kloster. Men ikke før ser han kvinnen igjen, så faller han for henne på ny. Et motiv i bryllupsdiktningen er forresten også at jentene ikke skal late som om de er av „Nunne-Släkt“ (Lucidor, Warnmark). Interessant er det at Noel Coward fra det puritanske England - og noen tiår senere enn Porter - er betydelig mer provoserende enn sitt amerikanske forbilde - for ikke å snakke om Bloodhound Gang. Der Cole Porter ramser opp en del autoriteter i en mild humoristisk kontekst, eller snakker om Napoleon fra en historisk fortid som egentlig berøver keiseren autoriteten på forhånd - med eller uten Marie Antoinettes sidesprang -, lister Coward opp en lang rekke navngitte aktuelle VIPs, autoriteter og autoritetsinstitusjoner som/ der man gjør det. La oss se litt på „elskovskjede“-tradisjonen som tok utgangspunkt i Cole Porters tekst - som vi jo har vært inne på noen ganger. Først Noel Coward. Han har en innledning, akkurat som Porter. Her handler den om ulike forfatteres behandling av emnet kjærlighet: „Mr. Irving Berlin must have emphasized sin in a charming way./ Mr. Coward, you know, wrote a song or two to show: sex is here to stay./ Richard Rogers, it´s true, takes a more romantic view/ of a slight biological urge./ But it really was Cole, who made the hole thing merge.“ I strofene siterer Noel Coward „birds and bees“, og „Dutchs“ fra Cole Porters tekst. Ellers har han en lang rekke tankeog lattervekkende eksempler av egen oppfinnelse i den prinsipielt uavsluttelige serien Porter (og barokkpoetene) har begynt på. Det skjer kongenialt med kombinasjoner av både semantiske og lydlig-formale paradigmer - som jeg har påvist i Porters utgangstekst. Han er imidlertid ikke så interessert i dyr som i mennesker. Rettere sagt: Han gir Porter-sangen en vri i retning samfunnssatire. Etter „monkeys“ går han brått over til samfunnsstøtter, VIPs og kjendiser og andre eksponerte samfunnsgrupper. Han blir så konkret at han nevner navn. Det begynner bare relativt morsomt: „Even Hildegard and Hutch do it. […] Robert Kimball skriver i The Complet Lyrics of Cole Porter (1992): „Porter’s willingness to dare, limited as it was, did help pave the way for today’s more salubrious climate.“ (s. xxi) 330 330 Cole Porter Goes Baroque 327 Marlene might do it,/ but she looks far too young.“ Men så går han over til „our leading writers“ og nevner bl.a. „Somerset and the Maughams [! ]“. „The Brontës felt that they must do it,/ Mrs. Humphrey Ward could just do it.“ Those T. S. Eliot and Fry did it, - they did it in verse. Priestley and I do it, But we have to rehearse. Voldsomme lattersalver ved hvert nye poeng på liveopptaket jeg har teksten fra viser at Coward appellerer til dype behov for avsublimering hos sitt publikum. „McCarthy did it once, but it took a long time“. Og så: The House of Commons en bloc do it, Civil Servants by the clock do it, Let’s do it, let’s fall in love. Foodcranks who only eat roots do it, Teddy boys in horrid suits do it. „Kith and kin more or less do it/ Every uncle and aunt…“. Dertil kommer „Those girls that turned into chaps“. En gruppe hos Coward består av kongelige, men annerledes enn hos Porters/ Sinatras „royal set“ nevnes her navn som var aktuelle på 50eller 60-tallet, da sangen ble skrevet: Aly Khan og kong Faruk. Omtrent midt i teksten, der også „birds and bees“ nevnes, formulerer Coward sin filosofi i tilknytning til Porters innledning: „It is just nature elle même/ Merely singing just the same old song“. I Sverige finnes det to ganske frie oversettelser av Cole Porters tekst - i riktig forståelse av den „ikke faste tekstens“ muligheter og krav som originalen legger opp til. En av oversetterne er komponisten og sangforfatteren Gösta Rybrant. Refrenget lyder hos ham nesten som fra en lærebok i svensk grammatikk: „Varenda en kan det, män kan det. Han och hon och det och den kan det. Kan du det? Kan du bli kär? “ Rybrant følger først Porters innledning. Men der Porters „little blue clerk“ synger mot månen, har Rybrant: „en trist kontorist får i ögonen nå’t visst, när han ser på en välformad vrist“. Dessverre holder den videre oversettelsen eller bearbeidelsen ikke helt hva denne begynnelsen lover, den har ikke Porters smartness og slagkraft. „Så bli inte nervøs: det är kärleken som kommit lös“ for Porters „it’s nature, that’s all“. Ledemotivet heter hos Rybrant „kan det“ istedenfor „do it“. Og istedenfor oppfordringen „let’s fall in love“ har Rybrant et spørsmål: „kan du bli kär? “ Det ser ut som Rybrant på dette punktet oversetter fra en annen og vagere versjon av vår Portersang, Theodore Koehler og Harold Arlens „Let’s Fall in Love“; der står det også et spørsmål: „why shouldn’t we fall in love? “ Rybrant har bare to strofer, og sammenstillingen av eksemplene virker mer planløs enn hos Porter, ofte mer abstrakt forklarende enn slagkraftig og vittig. Den andre svenske versjonen er av Lars Amble, skrevet til en revy med tittelen „Can Can“, 1973. Den ligner sterkt Gösta Rybrants tekst. Nølingen istedenfor Por- IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 328 ters frekke imperativ og triumfalt humoristiske panerotiske forkynnelse er ikke bare kjedelig, men direkte pinlig: „så måste någon svara på/ mitt frågande/ kan jag det/ kan jag bli kär? “ Slutten lyder så her: „ja men förstår ni mig om jag säger att/ det här börjar kännas riktigt skakande/ att inte riktig veta ifall jag/ kan det/ kan jag det/ kan jag bli kär/ Usch! “ Ja, usch! I Cole Porters musical bidro teksten til å overtale en kvinne. Frigjort fra musicalen som den for lengst er blitt, er den en oppfordring til alle mennesker. Hos Amble er den blitt fordreid, liksom trukket inn i et enkelt jegs selvplagerske psyke og muligens usikre kjønnsidentitet. Sangen beskriver en ubesluttsom elsker, og akkurat denne masete usikkerheten er kanskje tenkt å virke ekstra parodisk-komisk i kontrast til Porters bråkjekke original. Det skal kanskje være litt Hamlet her, som i Koehler/ Arlens sang som også hos Amble hører til pretekstene: „We might have been meant for each other/ To be or not to be,/ Let our hearts discover,/ Let’s fall in love,/ Why shouldn’t we fall in love? “ I Danmark har vi en versjon av „Let’s Do It“ fra 1959 som ser ut til å være direkte inspirert av Noel Cowards. Robert Arnold har skrevet, og Preben Uglebjerg har sunget den. Innledningen begynner slik: „I United States der sad en komponist,/ og komponisten var Cole Porter selv…“ Arnold ser ut til å ha kjent Rybrant/ Amble også, strofene begynner med „Hun gør det, han gør det,/ hver en mand gør det“. Men Arnold overtar det egentlige refrenget som engelsk sitat fra Cole Porter. Teksten går direkte på navngitte politikere og kjendiser, inklusive prinsesse Margaret (Lord Snowdowns kone): Prinsesse Margaret, som slet ikke tør det, Må gi’ efter for trangen, Æh, eks-kong Faruk gør det I en halv snes ad gangen. Arnold/ Uglebjerg har mange navn fra den danske revyog filmverdenen, samt av politikere som f. eks. Jens Otto Krag. Fra dyreriket teller de opp „en bi, en fisk og en fugl“. Den danske teksten er heller ikke språklig så raffinert, den stoler på frekke antydninger som for meg som ikke-dansk, og nesten femti år senere, ikke alltid virker. Preben Uglebjerg presenterer den imidlertid feiende flott under utnyttelse av Porters melodiske raffinementer. I Tyskland har Hildegard Knef skrevet og sunget en morsom, meget selvstendig „oversettelse“ med tittelen „Sei mal verliebt“. Av visse hentydninger å dømme er den fra 60-tallet. Max Rabe synger den med 20-tallskoloritt til filmen om Knef: „Für mich soll’s rote Rosen regnen“, 1995. Knef har bare gullfisken fra Porters original, resten er egen oppfinnelse. Hun overtar imidlertid helt tydelig Porters språklig-stilistiske finesser: Ochs tut es, Kuh tut es, ein gesundes Känguruh tut es, tu es, sei mal verliebt. Der Fink und Star auf dem Dach tun es, Cole Porter Goes Baroque 329 Bachforellen ohne Bach tun es, Ach tu es, sei mal verliebt. Knef synger om at en krokodille gjør det - „bitte frag mich nicht wie! “ -, om „ein alter Walfisch im Tran“, mennesker fra Tutua(? ) til Luzern og „ein Eskimo ohne Licht tut es“. Og så til og med: „Ich tu es, ich bin verliebt.“ „Nerz mit viel Herz tut es, für die Pelzindustrie.“ Agenter i øst og vest og en student „ganz ohne Protest“ (= sekstiåtter? ) gjør det. Slutten lyder: „Ein Betriebsausflug im Gras tut es,/ Spaß macht es, sei mal verliebt! “ Endelig finnes det også en reggae-adapsjon av „Let’s Do It“, Peter Tosh synger den. Peter Tosh er ikke litterært så sofistikert som Porter og Coward, han konsentrerer seg om budskapet. Det måtte da være den avslappet gyngende reggae-musikken som står for en mild form for selvironi og for kunstnerisk lekelyst. Han overtar ikke melodien, og skifter tema, men bibeholder/ benytter „tekstmaskinen“. Temaet er hasjrøyking, og refrenget og sangtittelen heter „Let’s Legalize It“. De som „do it“, røyker hasj, altså er „singers“, „players of instruments“, „doctors“, „nurses“, „lawyers“, „judges“ - her tar Tosh autoritetene til inntekt for sin freakposisjon. Men Tosh har også representanter fra dyreriket: „birds“, „ants“, „fowls“ og „goats“. („Ants“ har Tosh felles med Dahlstiernas „myror“! ) Grunnen til at man skal gjøre det - „legalize it, don’t criticize it“ - har hos Peter Tosh som hos Cole Porter og Dahlstierna noe med naturen å gjøre. Det skal nemlig være godt mot „flu“, „astma“, „tuberkulosis“ og til og med mot „trombosis“. En låt og sangtekst som parodieres så ofte, må være svært kjent. „Sesamstraße Muppets“ ser ut å forutsette at låten vår også er kjent av barna. Eller den syntes helt enkelt at „tekstmaskinen“ ga morsomme muligheter også for en barnesang - og Porters melodi er bibeholdt i „Let’s Lay An Egg“. I den tyske oversettelsen begynner den slik: Tauben tun es, Falken tun es, Papageientaucher auch tun es, wir tun es, wir legen ein Ei. Teksten er strukturert etter kontrastprinsippet: „Kröten tun es, der Alligator auf dem Sumpf tut es“, „Igel tun es,/ Dinosaurier sowieso tun es.“ Hos paret „Schnecken“ og „Schlangen“ har vi også her en allitterasjon. Det pedagogiske fasit er: „So fängt für uns das Leben an.“ Cole Porter har ikke de encyklopediske ambisjonene som vi finner hos barokkpoetene, og hans filosofi er mer overfladisk. Det trekkes underholdende poenger av sidestillinger av underlige dyr og eksotiske menneskeslag, og produseres en del vittig nonsens, mens det på 1600-tallet nok var ekte zoologisk og geografisk interesse med i spillet. I barokktiden var det helt utenkelig å la katalogen omfatte de kongelige. Og om jeg mener at barokklitteraturen, ikke minst bryllupsdiktningen, bidro til mentali- IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 330 tetsforandringer, så var den aldri samfunnskritisk, og av gode grunner veldig forsiktig med samfunnssatire. Barokkdikterne gjorde - revolusjonært - naturens lov gjeldende overfor statskirkens, mens Cole Porter både provoserer og morer det gode (men musicalog jazz-diggende) borgerskapet med en rapport fra dyrenes seksualliv. Bloodhound Gang henvender seg til en lyttergenerasjon som er oppvokst med Discovery Channel og etter hvert har sett seg lei av kopulerende hvaler og sebraer i close up. Når jeg nå kommenterer melodien, skjer det med det forbehold at jeg ikke har sett originalpartituret til musicalen eller hørt originalopptaket fra 1928, der „Let’s Do It“ synges som duett av en mann og en kvinne. Jeg vet ikke om harmoniseringen og andre jazzmessige kvaliteter av låten er Cole Porters fortjeneste. Porter, som har bidratt med så mange numre til The Real Book, jazzens standardrepertoar, hadde egentlig ikke mye til overs for jazz. Men anmelderne ved uroppførelsen kalte „Let’s Do It“ „a bright and snappy tune“. Sangen ble rost som „this joyously tuned and worded anthem with which Bordoni rang twelve bells.“ Irene Bordoni sang i hovedrollen som Paris-starletten. Komposisjonen har uten tvil en del jazzkvaliteter, ikke i det melodiske, men i det rytmiske. Det må skyldes den monotone melodien at den nesten aldri blir spilt rent instrumentalt. Hele komposisjonen ser ut til å være konsipert først og fremst med tanke på at teksten kan leveres i full tydelighet, og der bruker Porter en del smarte triks. Slik har da også Louis Armstrong oppfattet det. Når man hører hans opptak, kan man knapt gjøre seg en forestilling om hva som egentlig står i notene. Men, som det står i heftet til CDen om denne interpretasjonen med Oscar Peterson Quartet fra 1957: „Cole Porters Let’s Do It never was in better hands; […] The tempo is so deliberate that few could have sustained it, and Peterson & Co. are very helpful in maintaining the velocity - the pianist in particular keeps it flowing. But that tempo gives maximum weight to the lyrics, and Armstrong doesn’t drop a stitch.“ Melodien er ganske enkel, en slags omsnudd „Yes, Sir, That’s My Baby“, altså charleston, som nok var det mest jazztypiske Porter visste om i 1928. Noel Coward og flere andre som har tolket den da også temmelig fort. 332 Sml. McBrien, s. 370. McBrien, s. 121. 331 332 331 Cole Porter Goes Baroque 331 Spilt i medium tempo, som er blitt det vanlige, inviterer den til offbeat-spill i trommene, og da svinger den bra. Antydninger til offbeat har også Louis Bellson i Peterson Quartet, når kvartetten mot slutten bygger opp den rytmiske intensiteten, tross det ekstremt langsomme tempoet. Innledningen har som sagt både når det gjelder tekst og melodi resitativ-karakter. Melodien beveger seg nølende litt opp og ned, men i tredje og syvende takt munner den ut i et markant motiv med et stort intervall (kvintsprang). Dette motivet framhever og imiterer fuglens „Sping, sping“ (Armstrong synger: „Swing, swing“! ), blomstens „Ring, ring“. Oscar Peterson gjentar motivet med triller som et ekko på Armstrongs ganske flegmatiske fuglekvitter. Til slutt, på første slag i avslutningstaktene av de 16 takters resitativ synges tekstens sentrale budskap på samme motiv som nå i en mer bekvem liten ters fører til grunntonen: „fall in love“. Den egentlige sangen har formen A(8)A(8)B(8)A’(8). A-delen begynner med en opptakt av tre fjerdedeler på g som markerer at nå begynner det å svinge, nå går vi i gang. Armstrong betoner de tre opptaktsslagene veldig sterkt og rytmisk markert, som om han skulle stampe inn tempoet. Effekten er så mye sterkere, etter at han avslutter resitativet med to lange fermater på „love“ og „Oh yes! “ Hvis trommeslageren na betoner slagene 2 og 4, får han plass til off-slagene i melodien - den har pause på andre slaget. Melodien består egentlig bare av dette innfall av én takts lengde. „Let’s Fall in Love“ av Koehler/ Arlen er en imitasjon av Cole Porter, men med mer markante intervaller: IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 332 De fleste jazzmusikere spiller dette synkopert og „in thirds“, så likheten blir enda tydeligere: Motivet flyttes siden hos Cole Porter litt opp og ned i sekvenser, men uten at det oppstår en riktig melodisk bue. Låten kretser med en tendens til småskaliakromatikk hele tiden om seg selv - og det kan jo oppfattes som et poeng siden teksten også gjør akkurat det! Harmonisk kan man iaktta noe liknende. A-delen begynner ikke med grunnakkorden, men med moll-parallellakkorden på taktslagene 1 og 2, først da kommer grunnakkorden. Dette kan også høres som en eneste akkord: grunntreklang med sixte ajoutée (omkring 1928 den mest „jazzige“ akkorden, elsket av Boogie Woogie-pianistene). Det vil si den harmoniske bevegelsen er lite distinkt. Dertil kommer at motivets minimale tonefølge g, gess, f kan bli stående på samme trinn, når vi får septimakkorden på dominanten: B-delen (the bridge) har ikke, som det ellers pleier å være, et nytt, kontrasterende melodisk motiv. Det eneste er at motivets første note nå ligger på grunntonen, og at den ikke kuttes av med en pause. Dette understreker det insisterende i teksten. Ella Fitzgerald f. eks. holder ut denne første tonen i B-delen over en hel takt, dvs. hun insisterer enda mer: Man kan sammenligne Porters B-del med B-delen i Koehler/ Arlens „Let’s Fall in Love“. Den har den kontrasterende B-delen med nytt melodisk material som er det normale for en jazz-låt: Cole Porter Goes Baroque 333 Motivet flyttes nå litt mer rundt i harmoniene, med den følgen at vi får noen jazzmessige forminskede septimer i taktene 4, 6 og. 7. Samtidig er teksten der litt mer fleksibel i syntaks og assosiasjoner. Refrenget gjentas ikke lenger i hver femte takt, men først når A-delen (A’) kommer igjen. I hele det 32-takters choruset får vi høre motivet 19 ganger. Det andre melodiske materialet har ingen selvstendig funksjon, det er bare den allerede nevnte opptakten og så en slags opptaktsfigur til, med punkterte åttendedeler som hjelper til å transportere motivet oppover: I A’-delen får vi - endelig! - en markant oppadstigende bevegelse av motivet over tre trinn. Det flyttes - i forhold til melodien ellers - nesten triumfalt opp en forminsket kvint fra startpunktet (dvs. en liten ters over grunntonen = bluenote! ) og siden en ren kvint fra der det begynte så ubestemmelig en ters under grunntonen, og til sist en sekst. Slik legges det opp til klimaks og ordene „let’s fall in love“ i chorus-slutten - bare hør på Ella Fitzgeralds interpretasjon! Melodien underbygger altså spenningen som det legges opp til i teksten med alle de gjentatte ledemotiviske „do it“, til vi til slutt med sterke musikalske argumenter blir forsikret om at det er „fall in love“ det handler om, og ikke det vi trodde. Ideologisk klimaks eller antiklimaks - i melodien er det romantikken som triumferer når den fra de lave sfærene (en ters under grunntonen) har beveget seg oppover. Dog ikke høyere enn en kvart over grunntonen. Det er ingen barokk koloraturarie som besynger den „Sanne Kjærlighet“ på det høye c. (Porters „True Love“ derimot er en kitschaktig langsom vals …) * Fred Lounsberry, som har skrevet en hel bok om Cole Porters lyrikk, skriver i heftet til CDen med Ella Fitzgeralds versjon utførlig om at vår songwriters tekster er preget av en kombinasjon av intelligens, modenhet, frekkhet, tilbakeholdenhet, slagkraft, realisme og dannelse. John Updike skriver i forordet til The Complete Lyrics of Cole IV. Södergran, Vesaas, Christensen, Vreeswijk, Porter 334 Porter (1992): „He [Cole Porter] brought to the traditional and somewhat standardized tasks of songsmithing a great verbal ingenuity, a brave flexibility and resourcefulness“. Alt dette passer jo absolut på „Let’s Do It“. Så jeg håper ikke at noen mener det samme om min letsdoitologi som Ella Fitzgerald sa om vår Cole Porter låt: „It’s so long! “ (norsk ved Helge Vold) Lars Amble, Jan Boquist, Ulla Sallert, Can can, CD Honda Music Int. 1 104. Louis Armstrong, Let’s Do It, Verve CD 529 017-2. Bloodhound Gang, The Bad Touch, Geffen CD 497 085-2. Noel Coward, 100 Years of Cinema, CD 2, R2CD.40-25/ 2. Billie Holiday, Lady Day’s Immortal Performances, CD 53006 AAD. Hildegard Knef, Für mich soll’s tausend rote Rosen regnen, eastwest records 0630-12998-2. Ella Fitzgerald Sings the Cole Porter Song Book, CD Verve 537 257-2. Peggy Lee/ Benny Goodman, Everything I Love, CD ACUM 20.3046-HI. Della Reese, Cha Cha Cha, RCA 886 828-919. Sesamstraße, Ernies Tierleben. Lieder und Geschichten, BMG 7432154218 2. Peter Tosh, Legalize It, Virgin CDV 2061, 0777 7 87038 2 2. Preben Uglebjerg, Gyngerne og karusellen, FANCD 8906. Dinah Washington in the Land of HI-FI, EmArcy 826 453-2. Diskografi (utvalg) At elske Danmarks roterende dreng nummer eet er jeg avgjort nu. 13800 lygtepæle i København og Frederiksberg vidner nu om min evige, udødelige, patenterede kærlighed til kvinden, som jeg uden at rødme kalder min unge elskede og kysser med en energi som en roeknuser. Ingen tildeler os idrætsmerket for de uendelige aftners vandringer med vores marathonkærlighed. Og de sammenflettede fingre er komplicerede som heksenøgler. Vi gør oss frygtelig umage med alting. Det gælder om at elske rigtigt alle synes at vide hvordan man gør. Vi arbejder energisk for at lære det. Farvel ta’r tre timer og morgenen kommer kørende i sporvogn fra Ndr. Fasanvej og samler mig op til barmhjertig slummer efter kraftprøven. (Klaus Rifbjerg, 1956) „Strukturer i Jan Erik Volds lyriske produksjon“, in: Vinduet 2 (1969), S. 16-24. „Trøytt tre. Et dikt - en myte hos Tarjei Vesaas“, in: Vinduet 2 (1970), S. 123-129. „Men poeten - hva sier han? “ (Über Jan Erik Vold), in: Samtiden 3 (1970), S. 185- 196. „Zur Entstehung eines Gedichts von Tarjei Vesaas“, in: skandinavistik 1 (1972), S. 54-70. „Brikker til et essay om poesi“, in: Vinduet 4 (1972), S. 42-48 [zus. mit Alken Bruns]. „Zur Bedeutung von Viggo Brøndals Präpositionentheorie für Inger Christensens Det“, in: skandinavistik 2 (1975), S. 136-142. „Die Dezentralisierung der norwegischen Poesie“, in: Aspekte der skandinavischen Gegenwartsliteratur, hg. von Detlev Brennecke, Heidelberg 1978, S. 173-196. (= Umgearbeitete und à jour geführte Fassung des gleichnamigen Aufsatzes von 1973 in: Scandinavica Supplement 1973, S. 77-105.) „Her kommer de fordømte blomstene igjen“, in: Samtiden 1 (1983), S. 60-70. „‚På med ørene! ‘ Jan Erik Vold - Jazz & Poetry“, in: Modernismen i skandinavisk litteratur som historisk fenomen og teoretisk problem, red. av Asmund Lien, Trondheim 1991, S. 393-410. „‚Centrallyrik‘ - ein obskurer Begriff im skandinavischen Diskurs über Lyrik, in: Edda 4 (1991), S. 337-344. Auch in: Walter Baumgartner (Hg.), Wahre lyrische Mitte - ‚Zentrallyrik‘? Ein Symposium, Frankfurt a. M. 1993, S. 13-29. „Jazz & Poetry. Skizze einer bimedialen Gattung: Poetik und Performance-Praxis“, I und II, in: Jazzpodium Jg. 41, September 1992, S. 4-10, und Oktober 1992, S. 20-25. Auch in Walter A. Koch (Hg.), Die Welt der Lyrik. Acta Colloquii, Bochum 1994 (= Bochumer Beiträge zur Semiotik, Bd. 30), S. 1-23. „Konzeption und Problematik des Begriffs Zentrallyrik“, in: Walter Baumgartner (Hg.), Wahre lyrische Mitte - ‚Zentrallyrik‘? Ein Symposium, Frankfurt a. M. 1993, S. 123-138. Quellennachweise Quellennachweise 337 „‚Unvergleichlich größeres Genie‘ - aber ‚Mißachtung aller Gesetze der Kunst‘. Dysfunktionalität des Begriffs Zentrallyrik“, ebda., S. 145-160. „Das Geheimnis des Mondes - oder des Windes? Ein Gedicht von Edith Södergran“, in: skandinavistik 1 (1997), S. 1-14. „Barberblad, kastanjer, blåswix og kjærlighet - noen nærlesninger i Jan Erik Volds lyrikk“, in: NORskrift, nr. 101, Oslo 2000, S. 25-36. „J&P konspirasjon! “, in: Ole Karlsen (red.), Jan Erik Vold og Jan Erik Vold, Oslo 2000, S. 210-227. Nachwort zu Tarjei Vesaas, Leben am Strom, übersetzt von Walter Baumgartner, Frauenfeld 2000, S. 56-60. „Cole Porter Goes Baroque“, in: Walter Baumgartner, Per Erik Ljung, Frithiof Strauß (red.), Skriva om jazz - skriva som jazz, Lund 2001, S. 95-128. „Polaren Pär im Nebel und Cornelis Vreesvijk in der intertextuellen Echokammer“, in: Karin Hoff et al. (Hg.), Poetik und Gedächtnis. Festschrift für Heiko Uecker, Frankfurt a. M. 2004, S. 407-425. „Gibt es einen Unterschied zwischen Ja und Nein? Jan Erik Volds Cirkel, Cirkel. Das Buch von Prinz Adrians Reise als transkulturelles Projekt“, in: Über Grenzen. Grenzgänge der Skandinavistik. Festschrift zum 65. Geburtstag von Heinrich Anz, hg. v. Wolfgang Behschnitt und Elisabeth Herrmann, Würzburg 2007, S. 239-262. Norwegisch: „Jan Erik Volds diktsamling Sirkel, sirkel som transkulturelt prosjekt“, in: Thor Ola Engen et al. (red.), Norge 1905-2005. Monokultur og multikultur. Nasjonsbyggende diskurser 1905-2005, Hamar 2006, S. 107-123. „Fins elgen? “, in: Tidskrift för classiska studier, nr. 1 (2011) (= Festkrift för Claes- Göran Holmberg, red. Katarina Bernhardsson et al.), S. 10-11. S. 10: Aus: Jan Erik Vold, mellom spiel og speil, Oslo 1965, Faksimile. S. 14: Johann Wolfgang Goethe, „Ein gleiches“ (Abendlied), 1780. S. 30: Aus: Arild Nyquist, Nu er det jul igjen! Og andre dikt, Oslo 1972. S. 49: Aus: Gunnar Ekelöf, Strountes, Stockholm 1955. S. 52, 91, 136, 148, 158, 196, 230: Sidsel Paaske, Illustrationen zu Jan Erik Vold, HEKT, Oslo 1966. S. 54: Aus: Jan Erik Vold, kykelipi, Oslo 1969 (Buch-Innenklappe). S. 70: Aus: Geirr Erlend Molde Jensen, „Talldikt“, in: gruppe 68. Ny norsk diktning, Oslo 1968. S. 77: Aus: Sissel Bjugn, Den første avisa på Lofotveggen og andre tekstar 1972-1977, Oslo 1978. S. 112: Aus: Sonja Åkesson, Leva livet, 1961. S. 113: Aus: Sandro Key-Åberg, Gebildete Menschen, übersetzt von Walter Baumgartner, Olten 1970 (= Bildade människor, Stockholm 1964), Faksimile. S. 169, 170, 177, 183, 189, 193: Bilder aus dem Ochsenhüter-Zyklus von Tensho Shubun (15. Jahrhundert), abgedruckt in: Jan Erik Vold, Bok 8: LIV, Oslo 1973. S. 214: Olle Snismarck, aus der Anthologie Den blågula trumpeten, red. Olle Snismarck, Stockholm 1987. S. 232: Faksimile aus: Andreas Alciatus, Emblemata, Padua 1621. S. 247: Aus: Carl Gustav Jung, Von den Wurzeln des Bewusstseins, Zürich 1954. S. 278: Aus „Prologos“ in: Inger Christensen, Det, København 1969, Faksimile. S. 286: Aus: Göran Palm, Världen ser dig, 1964. S. 306: Aus Cole Porters Musical Paris, 1928. S. 313-314: Faksimile des ersten Emblems in: Jacob Cats, Maeghden-Plicht, Amstelredam 1618, abgedruckt in: Samlade dikter av Lucidor, utgivna av Fredrik Sandwall, Stockholm 1930 (= Svenska författare 4, Bd. II). S. 335: Aus: Klaus Rifbjerg, Under Vejr med sig selv, København 1956. Bildnachweise Beiträge zur Nordischen Philologie Band 1 Oskar Bandle: Die Gliederung des Nordgermanischen. 1973, 117 Seiten und 23 Karten Band 2 Conradin Perner: Gunnar Ekelöfs Nacht am Horizont. 1974, 250 Seiten Band 3 Heinz Klingenberg: Edda - Sammlung und Dichtung. 1974, 185 Seiten Band 4 Oskar Bandle u.a.: Studien zur dänischen und schwedischen Literatur des 19. Jahrhunderts. 1976, 225 Seiten Band 5 Hartmut Röhn: Untersuchungen zur Zeitgestaltung und Komposition der Islendingasögur. 1976, 159 Seiten Band 6 Ulrike Sprenger: Untersuchungen zum Gebrauch von sá und nachgestelltem inn in der altisländischen Prosa. 1977, 282 Seiten Band 7 Hans-Peter Naumann: Sprachstil und Textkonstitution. Untersuchungen zur altwestnordischen Rechtssprache. 1979, 188 Seiten Band 8 Wilhelm Friese u.a.: Strindberg und die deutschsprachigen Länder. Internationale Beiträge zum Tübinger Strindberg-Symposion 1977. 1979, 396 Seiten Band 9 Wolfgang Pasche: Skandinavische Dramatik in Deutschland. Björnstjerne Björnson, Henrik Ibsen, August Strindberg auf der deutschen Bühne 1867- 1932. 1979, 310 Seiten Band 10 Aldo Keel: Innovation und Restauration. Der Romancier Halldór Laxness seit dem Zweiten Weltkrieg. 1981, 161 Seiten Band 11 Oskar Bandle u.a.: Strindbergs Dramen im Lichte neuerer Methodendiskussionen. Beiträge zum IV. Internationalen Strindberg-Symposion in Zürich 1979. 1981, 289 Seiten Band 12 Jürg Glauser: Isländische Märchensagas. Studien zur Prosaliteratur im spätmittelalterlichen Island. 1983, 357 Seiten Band 13 Radko Kejzlar: Literatur und Neutralität. Zur schwedischen Literatur der Kriegs- und Nachkriegszeit. 1984, 278 Seiten Band 14 Hans Joerg Zumsteg: Olav Duuns Medmenneske-Trilogie. 1984, 304 Seiten Band 15 Festschrift für Oskar Bandle. Zum 60. Geburtstag am 11. Januar 1986. Herausgegeben von Hans-Peter Naumann unter Mitwirkung von Magnus von Platen und Stefan Sonderegger. 1986, 316 Seiten Band 16 Bjørnstjerne Bjørnsons Briefwechsel mit Deutschen. Herausgegeben von Aldo Keel. I. Teil: 1859-1898. 1986, 414 Seiten Band 17 Bjørnstjerne Bjørnsons Briefwechsel mit Deutschen. Herausgegeben von Aldo Keel. II. Teil: 1899-1909. 1987, 330 Seiten Band 18 Andreas Heusler an Wilhelm Ranisch. Briefe aus den Jahren 1890-1940. In Zusammenarbeit mit Oskar Bandle herausgegeben von Klaus Düwel und Heinrich Beck. 1989, 739 Seiten Band 19 Nordische Romantik. Akten der XVII. Studienkonferenz der International Association for Scandinavian Studies 7-12. August 1988 in Zürich und Basel. 1991, 528 Seiten Band 20 Stefanie Würth: Elemente des Erzählens. Die þættir der Flateyjarbók. 1991, 170 Seiten Band 21 Susan Brantly: The Life and Writings of Laura Marholm. 1991, 206 Seiten Band 22 Thomas Seiler: På tross av - Paal Brekkes Lyrik vor dem Hintergrund modernistischer Kunsttheorie. 1993, 193 Seiten Band 23 Karin Naumann: Utopien von Freiheit. Die Schweiz im Spiegel schwedischer Literatur. 1994, 226 Seiten Band 24 Wilhelm Friese: Halldór Laxness. Die Romane. Eine Einführung. 1995, 164 Seiten Band 25 Stephen N. Tranter: Clavis Metrica: Háttatal, Háttalykill and the Irish Metrical Tracts. 1997, 226 Seiten Band 26 Stefanie Würth: Der „Antikenroman“ in der isländischen Literatur des Mittelalters. Eine Untersuchung zur Übersetzung und Rezeption lateinischer Literatur im Norden. 1998, 294 Seiten Band 27 Wolfgang Behschnitt: Die Autorfigur. Autobiographischer Aspekt und Konstruktion des Autors im Werk August Strindbergs. 1997, 325 Seiten Band 28 Hans-Peter Naumann / Silvia Müller (Hrsg.): Hochdeutsch in Skandinavien. Internationales Symposium, Zürich 14.-16. Mai 1998. 2000, 254 Seiten Band 29 Bettina Baur: Melancholie und Karneval. Zur Dramatik Cecilie Løveids. 2002, 234 Seiten Band 30 Uwe Englert: Magus und Rechenmeister. Henrik Ibsens Werk auf den Bühnen des Dritten Reiches. 2001, 368 Seiten Band 31 Oskar Bandle: Schriften zur nordischen Philologie. Sprach-, Literatur- und Kulturgeschichte der skandinavischen Länder. Herausgegeben von Jürg Glauser und Hans-Peter Naumann. 2001, 638 Seiten Band 32 Jürg Glauser / Barbara Sabel (Hrsg.): Skandinavische Literaturen in der frühen Neuzeit. 2002, 350 Seiten Band 33 Susanne Kramarz-Bein: Die Þiðreks saga im Kontext der altnorwegischen Literatur. 2002, 396 Seiten Band 34 Astrid Surmatz: Pippi Långstrump als Paradigma. Die deutsche Rezeption Astrid Lindgrens und ihr internationaler Kontext. 2005, 618 Seiten Band 35 Iris Ridder: Der schwedische Markolf. Studien zu Tradition und Funktion der frühen schwedischen Markolfüberlieferung. 2002, 276 Seiten Band 36 Barbara Sabel: Der kontingente Text. Zur schwedischen Poetik in der Frühen Neuzeit. 2003, 171 Seiten Band 37 Verschränkung der Kulturen. Der Sprach- und Literaturaustausch zwischen Skandinavien und den deutschsprachigen Ländern. Zum 65. Geburtstag von Hans-Peter Naumann herausgegeben von Oskar Bandle, Jürg Glauser und Stefanie Würth. 2004, 582 Seiten Band 38 Silvia Müller: Schwedische Privatprosa 1650-1710. Sprach- und Textmuster von Frauen und Männern im Vergleich. 2005, 370 Seiten Band 39 Klaus Müller-Wille: Schrift, Schreiben und Wissen. Zu einer Theorie des Archivs in Texten von C.J.L. Almqvist. 2005, XII, 510 Seiten Band 40 Jürg Glauser (Hrsg.): Balladen-Stimmen. Vokalität als theoretisches und historisches Phänomen. 2012, 195 Seiten Band 41 Anna Katharina Richter: Transmissionsgeschichten. Untersuchungen zur dänischen und schwedischen Erzählprosa in der frühen Neuzeit. 2009, X, 327 Seiten Band 42 Jürg Glauser / Anna Katharina Richter (Hrsg.): Text - Reihe - Transmission. Unfestigkeit als Phänomen skandinavischer Erzählprosa 1500-1800. 2012, 319 Seiten Band 43 Lena Rohrbach: Der tierische Blick. Mensch-Tier-Relationen in der Sagaliteratur. 2009, XII, 382 Seiten Band 44 Andrea Hesse: Zur Grammatikalisierung der Pseudokoordination im Norwegischen und in den anderen skandinavischen Sprachen. 2009, 254 Seiten Band 45 Jürg Glauser / Susanne Kramarz-Bein (Hrsg.): Rittersagas. Übersetzung, Überlieferung, Transmission. 2014, 274 Seiten Band 46 Klaus Müller-Wille (Hrsg.): Hans Christian Andersen und die Heterogenität der Moderne. 2009, 241 Seiten Band 47 Oskar Bandle: Die Gliederung des Nordgermanischen. Reprint der Erstauflage mit einer Einführung von Kurt Braunmüller. 2011, XXV, 117 Seiten und 23 Karten Band 48 Simone Ochsner Goldschmidt: Wissensspuren. Generierung, Ordnung und Inszenierung von Wissen in Erik Pontoppidans Norges naturlige Historie 1752/ 53. 2012, 296 Seiten Band 49 Frederike Felcht: Grenzüberschreitende Geschichten. H.C. Andersens Texte aus globaler Perspektive. 2013, 312 Seiten Band 50 Thomas Seiler (Hrsg.): Wildgänse und Windmühlen. Aspekte skandinavisch-iber(oamerikan)ischer Kulturbeziehungen. 2013, VIII, 231 Seiten Band 51 Klaus Müller-Wille/ Joachim Schiedermair (Hrsg.): Wechselkurse des Vertrauens. Zur Konzeptualisierung von Ökonomie und Vertrauen im nordischen Idealismus. 2013, XXVI, 213 Seiten Band 52 Hendrik Lambertus: Von monströsen Helden und heldenhaften Monstern. Zur Darstellung und Funktion des Fremden in den originalen Riddarasögur. 2013, 260 Seiten Band 53 Alois Wolf: Die Saga von der Njálsbrenna und die Frage nach dem Epos im europäischen Mittelalter. 2014, VIII, 113 Seiten Band 54 Walter Baumgartner: Gibt es den Elch - Fins elgen? Aufsätze 1969-2011 zur neueren skandinavischen Lyrik. Essays 1969-2011 om nyere skandinavisk lyrikk. 2014, 338 Seiten Narr Francke Attempto Verlag GmbH+Co. KG • Dischingerweg 5 • D-72070 Tübingen Tel. +49 (07071) 9797-0 • Fax +49 (07071) 97 97-11 • info@francke.de • www.francke.de JETZT BES TELLEN! Thomas Seiler (Hrsg.) Skandinavischiberoamerikanische Kulturbeziehungen Beiträge zur Nordischen Philologie 50 2013, VIII, 231 Seiten, €[D] 39,00 / SFr 50,70 ISBN 978-3-7720-8480-5 Zum ersten Mal überhaupt werden in diesem Band die vielfältigen historisch-kulturellen, literarischen und populärkulturellen Beziehungen zwischen Spanien/ Südamerika und den skandinavischen Ländern beleuchtet. In der Imagination der Nordländer gilt Spanien aufgrund seines maurischen Erbes und seiner peripheren Lage als Ort des radikal Fremden, der sich einem Verständnis weitgehend entzieht und dessen Fremdheit auch das Identitätsgefühl des Beobachters erschüttert. Spanien nahm in nordischer Optik überdies eine Schlüsselstellung ein, wenn es darum ging, Fragen der aufkommenden Moderne zu diskutieren. Für die Spanier waren die nordischen Länder eine terra incognita, die als weißer Fleck auf der Landkarte mit den fantastischsten Vorstellungen angereichert wurde. Die Skandinavier galten als in jeder Beziehung maßlos und barbarisch. Theoretisch fundiert wurde diese Einschätzung mit den klimatischen Verhältnissen sowie dem Abfall vom rechten (katholischen) Glauben. Die Beiträge dieses Bandes analysieren die wechselvolle Geschichte gegenseitiger Imagination und produktiver Missverständnisse. Narr Francke Attempto Verlag GmbH+Co. KG • Dischingerweg 5 • D-72070 Tübingen Tel. +49 (07071) 9797-0 • Fax +49 (07071) 97 97-11 • info@narr.de • www.narr.de JETZT BES TELLEN! Michael Schäfer / Werner Schäfke Sprachwissenschaft für Skandinavisten Eine Einführung narr studienbücher 2014, X, 141 Seiten, €[D] 24,99 / Sfr 27,50 ISBN 978-3-8233-6810-6 Dieses Studienbuch behandelt in sechs Kapiteln zu Semiotik, Phonetik, Phonologie, Morphologie, Semantik und Syntax die klassischen Teilbereiche der Linguistik. Durch die Verwendung von Beispielen und Übungsaufgaben zu den skandinavischen Sprachen (Dänisch, Schwedisch, Norwegisch, Isländisch und Färöisch) werden die Leserinnen und Leser mit der Terminologie und den Methoden dieser sprachwissenschaftlichen Teildisziplinen vertraut gemacht. Jedem Kapitel geht eine Checkliste der zu erwerbenden Terminologie voraus. Die erläuterten Methoden umfassen die grundlegenden Analysemethoden der strukturalen Linguistik. Sie werden ergänzt durch neuere Ansätze der betreffenden Teilbereiche, um die Leserinnen und Leser an die jüngere Forschung und weiterführende Literatur heranzuführen. Darauf folgen Übungsaufgaben, die die Terminologie des jeweiligen Kapitels wiederholen und die Möglichkeit bieten, die erworbenen Methoden anhand von Beispielen aus den skandinavischen Sprachen zur Anwendung zu bringen. Die Kapitel werden jeweils durch eine Bibliographie der weiterführenden Literatur und Handbücher ergänzt. Die vorliegende Aufsatzsammlung schildert vor dem Hintergrund einer Kritik der spätidealistischen Lyrikauffassung der philosophischen Ästhetik die Entauratisierung der modernen Lyrik anhand von einzelnen Œuvres sowie von Gedichtinterpetationen und der Gattung Jazz & Poetry. Bei der Zeitspanne von über 50 Jahren, in der die Aufsätze entstanden sind, ergibt sich bei aller Kontinuität im Denken des Autors auch eine kleine Geschichte der wechselnden methodischen Paradigmen des Faches. Außer zu Jan Erik Vold präsentieren die vorliegenden Aufsätze Lektüren der Lyrik moderner Klassiker wie Edith Södergran, Tarjej Vesaas, Inger Christensen und des Liedermachers Cornelis Vreeswijk. Historische Übersichten beleuchten die Entwicklung der Naturlyrik und Bewegungen im Spektrum von spätsymbolistischer Lyrik, konkreter Poesie und politischen Gebrauchsgedichten bis zum Postmodernismus. So stellt das Buch insgesamt eine große Anzahl repräsentativer Lyriker aus Dänemark, Schweden und Norwegen vor. Prof. em. Dr. Walter Baumgartner , Promotion und Habilitation an der Universität Zürich, war zuletzt Inhaber des Lehrstuhls für neuere skandinavische Literaturen an der Ernst Moritz Arndt-Universität Greifswald.