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Wertanalyse-Praxis für Konstrukteure

2018
978-3-8169-8408-5
expert verlag 
Bernd Klein

Das Buch zeigt die Theorie und Praxis der Wertanalyse im Konstruktions- und »Fabrikprozess«. Es wird die Vorgehensweise nach den neuesten DIN-Normen sowie den VDI-Richtlinien des VDI-Wertanalyse-Zentrums dargestellt. Neben einfachen Leitbeispielen werden WA und einige ergänzende Hilfstechniken anhand von drei umfangreicheren Fallstudien aus der Industrie eingeübt.

Bernd Klein Wertanalyse-Praxis für Konstrukteure Wertanalyse- Praxis für Konstrukteure Ein effizientes Werkzeug für die Produktentwicklung Prof. em. Dr.-Ing. Bernd Klein 2., neu bearbeitete Auflage Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / www.dnb.de abrufbar. Bibliographic Information published by Die Deutsche Bibliothek Die Deutsche Bibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data are available on the internet at http: / / www.dnb.de ISBN 978-3-8169-3408-0 2., neu bearbeitete Auflage 2018 1. Auflage 2010 Bei der Erstellung des Buches wurde mit großer Sorgfalt vorgegangen; trotzdem lassen sich Fehler nie vollständig ausschließen. Verlag und Autoren können für fehlerhafte Angaben und deren Folgen weder eine juristische Verantwortung noch irgendeine Haftung übernehmen. Für Verbesserungsvorschläge und Hinweise auf Fehler sind Verlag und Autoren dankbar. © 2010 by expert verlag GmbH, Wankelstr. 13, D-71272 Renningen Tel.: +49 (0)71 59-92 65-0, Fax: +49 (0)71 59-92 65-20 E-Mail: expert@expertverlag.de, Internet: www.expertverlag.de Alle Rechte vorbehalten Printed in Germany Covergestaltung: r 2 röger & röttenbacher, büro für gestaltung, Leonberg / Ludwig-Kirn Layout, Ludwigsburg Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Vorwort zur 2. Auflage V Vorwort zur 2. Auflage Die Ingenieurtätigkeiten „Entwickeln und Konstruieren“ wandeln sich zeitgleich mit dem technischen Fortschritt. Stand anfänglich die mechanische Technik im Vordergrund, so werden heute die Systeme durch elektrische/ elektronische und informationstechnische Subsysteme immer komplexer. Hiermit ist verbunden, dass Kunden immer leistungsfähigere Produkte/ Systeme zu niedrigeren Preisen und innerhalb kurzer Lieferzeiten erwerben wollen. Darauf muss auch die Konstruktionsmethodik reagieren, da die Weiterentwicklung der Technik zukünftig an den Nahtstellen mehrerer Wissensdomänen (s. Mechatronik, Bionik) erfolgen wird. Diese Tendenz ist auch in der Fachliteratur zu erkennen. Alternativ zur Konstruktionsmethodik verbreitet sich in der Praxis immer mehr „Google Sprint“und „Scrum“. Diese Vorgehensweisen sind als Rahmen zu verstehen, die auf die Verkürzung von Entwicklungszeiten und der besseren Erfassung der Kundenforderungen ausgerichtet sind. Innerhalb dieser Rahmen lassen sich bewährte Methoden wie Wertanalyse/ Wertverbesserung, DfMA und TRIZ integrieren, da diese eine verbesserte Teilzielunterstützung ermöglichen. Damit gibt es auch nach 70 Jahren noch eine Zukunft für WA und dies war letztlich die Motivation für die Überarbeitung des Manuskriptes. Calden bei Kassel, im August 2018 B. Klein Vorwort zur 1. Auflage Der vorliegende Praxisleitfaden soll die Grundzüge der Wertanalyse (WA) als integrierte Methode zur Konzipierung „innovativer und kostengünstiger Produkte und Dienstleistungen“ mit einem hohen Kundennutzen darlegen. Er stützt sich auf die WA-Praxis und die breite Konstruktionserfahrung des Autors. Als Zielgruppe sollen primär Entwickler in der Produktkonstruktion erreicht werden. Die Daten und Fakten wurden aus bewährten Standardwerken, Normen und Richtlinien übernommen und geeignet weiterentwickelt. Unter diesen Standards sind hier besonders hervorzuheben: die alte DIN 69910: 1987 „Wertanalyse“ (zurückgezogen 1996), die VDI 2800: 2006 „Wertanalyse“ (zurzeit noch Entwurf), die VDI 2801: 1970 „Wertanalyse - Begriffsbestimmungen und Beschreibung der Methode“, die VDI 2803: 1996 „Funktionenanalyse“, die VDI 2805: 2004 „Methodengestützte Projektarbeit in der Wertanalyse“ (zurzeit noch Entwurf), das neuere VDI-Handbuch „Wertanalyse - Idee, Methode, System“ (von 1995) sowie die beiden alten VDI-Taschenbücher T 35 „Wertanalyse“ (Ausgabe 1975) und T 75 „Wertanalyse - Ein neuer Weg zu besseren Betriebsergebnissen“ (Ausgabe 1975) bzw. Vorwort VI die Schrift Nr. 220 des WiFi *) , Wien „Das Arbeiten mit Wertanalyse“ (2. Auflage/ 11.92) und die Schrift Nr. 221 des WiFi, Wien „Wertanalyse und Organisationsentwicklung“ (1. Auflage/ 10.91), der REFA-Bd. 3 „Kostenrechnung und Arbeitsgestaltung“ und die neuen Normen DIN EN 1325: 1996 und DIN EN 12973: 2002 zum umfassenden „Value Management“. Obwohl alle diese Schriften eine sehr systematische Vorgehensweise predigen, zeigt die Erfahrung, dass WA-Objekte selten einen völlig geradlinigen Verlauf nehmen. Dies ist eine Folge dessen, dass die erforderlichen Informationen meist nie geordnet vorliegen, sondern erst zweckgerecht aufbereitet werden müssen. Flexibilität in der Ablaufplanung sollte daher nicht als Mangel, sondern als notwendiger Eingriff zur Verkürzung eines ansonsten längeren Projektlaufs angesehen werden. Die Praxis zeigt jedoch, dass eine Systematik immer zielführender ist als eine sprunghafte Intuition und damit nicht in Frage gestellt werden braucht. Eine weitere Erfahrung ist, dass letztlich nur Übung zum gewünschten WA-Ergebnis führt, wofür das Fachbuch dem interessierten Leser mit seinen Beispielen den Weg weisen will. Kassel, im April 2010 B. Klein *) Zentrum Wertanalyse im Wirtschaftsförderungsinstitut der Wirtschaftskammer Österreich, Postfach 130, Wiedner Hauptstraße 63, A-1045 Wien Inhaltsverzeichnis VII Inhaltsverzeichnis 1 Vorgeschichte............................................................................................................... 1 2 Perspektiven der WA-Anwendung .............................................................................. 5 3 Chancen mit Wertanalyse ............................................................................................ 8 4 Einsatzfelder von Wertanalyse................................................................................... 11 5 Notwendigkeiten für WA-Arbeit ............................................................................... 15 6 WA-Moderation ......................................................................................................... 18 6.1 Motivation zur Teamarbeit......................................................................................... 18 6.2 Moderationstechniken ................................................................................................ 21 6.3 Problemkategorien ..................................................................................................... 22 7 Das System „Wertanalyse“ ........................................................................................ 24 8 Funktionen ................................................................................................................. 27 8.1 Funktionsdefinition .................................................................................................... 27 8.2 Funktionsgliederung................................................................................................... 28 8.3 Erstellung eines FAST-Diagramms ........................................................................... 31 8.4 Funktionskosten ......................................................................................................... 34 9 Schwerpunktbildungen............................................................................................... 37 9.1 ABC-Analyse ............................................................................................................. 37 9.2 Pareto-Analyse ........................................................................................................... 38 9.3 Kostenhebel................................................................................................................ 39 10 Kundenforderungen erfüllen ...................................................................................... 41 10.1 Wertorientierung ........................................................................................................ 41 10.2 Alternativen bewerten ................................................................................................ 42 10.3 Objektive Nutzenermittlung....................................................................................... 44 11 Zielgerichtete Kostensenkung .................................................................................... 49 11.1 Erfolg versprechende Ansatzpunkte .......................................................................... 49 11.2 Kostenpotenziale erschließen..................................................................................... 50 11.2.1 Bedeutung der Konzeptphase..................................................................................... 52 11.2.2 Einfluss der Stückzahl................................................................................................ 55 11.2.3 Einfluss der Materialkosten ....................................................................................... 57 11.2.4 Teilekomplexität hinterfragen .................................................................................... 59 11.2.5 Kostenpotenzial Verbindungstechnik ........................................................................ 61 11.2.6 Oberflächenausführung und Toleranzen .................................................................... 66 11.3 Betriebswirtschaftliche Kenngrößen .......................................................................... 69 11.3.1 Statische Investitionsrechnung................................................................................... 70 11.3.2 Dynamische Investitionsrechnung ............................................................................. 71 Inhaltsverzeichnis VIII 12 Zielbezogene WA-Arbeitspläne................................................................................. 75 12.1 WA-Standard-Arbeitsplan ......................................................................................... 75 12.2 Quick-WA .................................................................................................................. 78 13 Leitbeispiel Produkt-WA ........................................................................................... 79 14 WA-Arbeitsplan-Struktur........................................................................................... 88 15 Kurzkalkulationsverfahren ....................................................................................... 100 15.1 Ermittlung der Herstellkosten .................................................................................. 100 15.2 Volumenbezogene Werkstoffkosten und Relativkosten-Zahlen.............................. 102 15.3 Zielkosten................................................................................................................. 106 16 Reverse Engineering und Benchmarking................................................................. 108 16.1 Bezug zur WA.......................................................................................................... 108 16.2 Sich zum Besten entwickeln .................................................................................... 109 16.3 Methodik des Benchmarking ................................................................................... 111 16.4 Vorgehensplan ......................................................................................................... 112 16.5 Benchmarking-Arten................................................................................................ 114 16.6 Benchmarking-Projekte ........................................................................................... 115 16.7 Stärkung des Quality-Engineering-Ansatzes ........................................................... 117 17 Zusammenwirken WA mit QE-Strategien ............................................................... 118 17.1 Synergie zwischen WA und QFD ............................................................................ 118 17.2 Synergie zwischen WA und TRIZ ........................................................................... 119 17.3 Synergie zwischen WA und ProKon ....................................................................... 121 17.4 Synergie zwischen WA und Google-Sprint ........................................................... 125 18 Gemeinkosten-Wertanalyse ..................................................................................... 126 18.1 Gemeinkostenpotenzial ............................................................................................ 126 18.2 Methodik der GWA ................................................................................................. 127 18.3 Typische GWA-Ergebnisse...................................................................................... 128 18.4 Aufwand-Nutzen-Relation ....................................................................................... 129 18.5 Ergebnisumsetzung .................................................................................................. 130 19 Anwendung kreativer Techniken ............................................................................. 131 19.1 Anwendungsfelder ................................................................................................... 131 19.1.1 Individuelle Kreativität ............................................................................................ 132 19.1.2 Team als Kreativpotenzial........................................................................................ 136 19.1.3 Überblick über Kreativitätsmethoden ...................................................................... 138 19.1.4 Problem und Umfeld ................................................................................................ 139 19.2 Bewährte Kreativitätstechniken ............................................................................... 140 19.2.1 Brainstorming........................................................................................................... 140 19.2.2 Brainwriting ............................................................................................................. 142 19.2.3 Brainwriting-Pool..................................................................................................... 142 19.2.4 Brainwriting 6-3-5.................................................................................................... 142 19.2.5 Brainstorming-Eingriffe ........................................................................................... 142 19.2.6 Kreative Sprünge/ kreatives Imaging........................................................................ 143 19.2.7 Galeriemethode ........................................................................................................ 144 19.2.8 Synectics .................................................................................................................. 144 19.2.9 Techniken der Analogie ........................................................................................... 145 Inhaltsverzeichnis IX 19.2.10 Reizworttechnik ....................................................................................................... 146 19.2.11 Morphologie ............................................................................................................. 147 20 WA-Einführung im Unternehmen ........................................................................... 149 Anhang 1: Unterstützende Arbeitstechniken.......................................................................... 152 QFD/ House of Quality ........................................................................................................... 152 Anhang 2: WA-Fallstudien .................................................................................................... 155 Fallstudie 1: Quick-WA an einem PKW-Lehnenversteller.................................................... 155 Fallstudie 2: Quick-WA an einem PKW-Türfeststeller ......................................................... 161 Anhang 3: WA mit DFMA-Fokus ......................................................................................... 166 Fallstudie 3: Suche nach der minimalen Teilezahl................................................................. 166 Fallstudie 4: Ölpumpe für PKW-Motor ................................................................................. 170 Musterlösung zur Fallstudie 4 ................................................................................................ 175 Fallstudie 5: Namensschild zur Individualerkennung ............................................................ 176 Fallstudie 6: Türhaltegriff für PKWs ..................................................................................... 184 Fallstudie 7: Anwendung von Kreativitätstechniken ............................................................. 192 Anhang 4: Tabellenanhang..................................................................................................... 195 A. Zu MTM - PROKON 1.................................................................................................... 195 B. Zu MTM - PROKON 2.................................................................................................... 197 Literatur .................................................................................................................................. 201 Stichwortverzeichnis .............................................................................................................. 204 Vorgeschichte 1 In den Büros der Unternehmen wachsen nicht nur die Gummibäume, sondern leider auch die Kosten. Nur deutlich schneller. 1 Vorgeschichte Die Idee, das Prinzip und die Vorgehensweise der Wertanalyse wurde im Jahre 1947 unter der Begrifflichkeit „Value Analysis“ und später „Value Engineering“ von L. D. Miles (Chefeinkäufer von General-Electric/ USA) begründet. Mit dem Ausklingen des 2. Weltkrieges bestand die Sorge des Managements von GE darin, dass infolge der weltweit ansteigenden Nachfrage nach Gütern eine Rohstoffverknappung einsetzen könnte, die auch bei GE zu Produktionsproblemen führen würde. Man beauftragte somit Miles, diese Situation zu untersuchen. Miles ging von der Tatsache aus, dass in Mangelzeiten oftmals Ersatzlösungen entstehen, die niedrigeren Materialeinsatz haben, zu geringeren Kosten hergestellt werden und den gleichen Ansprüchen genügen wie die ursprünglichen Lösungen. Sein hieraus abgeleitetes Vorgehensmodell sollte Produkte gleicher Funktionalität zu einem günstigeren Nutzwert entwickeln helfen. Hierzu griff er auf die zur damaligen Zeit schon bekannten methodischen Elemente der Teamarbeit, des Funktionsbegriffs, der Analysetechniken und der Ideengenerierungsprinzipien (Kreativitätsmethoden) zurück und verknüpfte diese in einem hierarchischen Arbeitsplan. Miles definierte den Zweck der Wertanalyse / VDI95/ als „eine organisierte Anstrengung, die Funktionen eines Produktes für die niedrigsten Kosten zu erstellen, ohne dass die erforderliche Qualität, Zuverlässigkeit und Marktfähigkeit des Produktes negativ beeinflusst wird.“ In den nachfolgenden stürmischen Entwicklungsjahren zeigte sich, dass die WA nicht nur auf Produkte (gegenständliche Objekte), sondern ganz allgemein auf jede Art von Leistung (nicht gegenständliche Objekte) anwendbar ist. Durch die intensive Vortragstätigkeit von Miles fand sein Verfahren schnell großes Interesse in der amerikanischen Industrie. Später wurde WA von öffentlichen Auftraggebern bei Beschaffungsmaßnahmen und bei Rüstungsprojekten verbindlich vorgeschrieben. Im Jahre 1959 wurde in den USA die SAVE (Society of American Value Engineering) gegründet, die sich bis heute der Weiterentwicklung der WA und der Ausbildung von Wertanalytikern widmet. Parallele Aktivitäten gab es in Deutschland mit der Gründung des ZWA/ Zentrums Wertanalyse (1975) *) , in Österreich (ZWA), in Frankreich (AFAV) und Japan (S. J. V. E.). Wertanalyse wird somit weltweit als wirkungsvolles Verfahren / GÜN71/ zur Wertverbesserung von bestehenden Leistungen (Value Analysis: Verbesserung einer eingegrenzten Situation innerhalb eines größeren Gesamtsystems) und zur Wertgestaltung (innovatives und kostengerechtes Entwickeln) von entstehenden Leistungen (Value Engineering: Neue Lösungswege finden, ohne Veränderung von angrenzenden Um-Systemen) eingesetzt. Eine *) Anmerkung: Definition von WA nach DIN 69910: Die WA ist ein System zum Lösen komplexer Probleme, die nicht oder nicht vollständig algorithmierbar sind. Sie beinhalten das Zusammenwirken der Systemelemente. Vorgeschichte 2 Gliederung zeigt das folgende Bild 1.1, wobei der Schwerpunkt in der Wertverbesserung liegt. Bild 1.1: WA-Strategien und deren Restriktionen bei der Umsetzung In vielen europäischen und asiatischen Ländern existieren mittlerweile Normen und unterstützende Leitfäden (z. B. WiFi, JUSE), die den Nutzen nachhaltig belegen. Dabei reicht die WA weit über einfache Ratio-Ansätze hinaus bzw. hat Anstöße zu „Integrierten Rationalisierungsansätzen“ gegeben, die sich in vielen Unternehmen zu einer zweiten Ertragsstraße herausgeschält haben. Aber auch hier gilt, dass die Relation Nutzen zu Aufwand stets kritisch zu hinterfragen ist. Mit dem Erfolg der Wertanalyse ist auch der Anspruch / GIE98/ gewachsen, welches sich in der Weiterentwicklung zum allumfassenden Value Managementansatz (s. DIN EN 12973) widerspiegelt. Der VM-Ansatz soll alle betrieblichen Funktionen umfassen und den Wertgedanken (siehe Kapitel 10) in den Mittelpunkt allen Handelns stellen. Dies umfasst das Bemühen, eine maximale Bedürfnisbefriedigung für Kunden bei angemessenem Unternehmensgewinn und bei wirtschaftlichstem Einsatz der Ressourcen zu erzielen. Der Ablauf einer Wertanalyse orientiert sich an bewährten systemtechnischen Strukturen und nutzt Elemente der Problemlösungstechnik, die sich auch in anderen Methoden (beispielsweise Kepner-Tregoe) wiederfinden. Wesentlich ist hierbei die Orientierung an einen Arbeitsplan, dessen Systematik in hohem Maße erfolgsbestimmend ist. Die hauptsächlichen Schritte des Ablaufs zeigt nachfolgend Bild 1.2 am Beispiel einer üblichen Wertverbesserung. Vorgeschichte 3 Analyse des Ist-Zustandes Wertanalyse Stärken-/ Schwächenbewertung Neukonzeption techn./ wirtschaftl. Bewertung Festlegung eines Real-Zustandes Vorgaben erfüllt? Realisierungsentscheidung Vision über Soll-Zustand nein Abgleich mit den Unternehmensressourcen Wertanalysearbeitsplan ja Optimierung Bild 1.2: WA-Ablauf als systemtechnische Struktur Dieser Ablauf wird später im Kapitel 12 weiter detailliert, so dass er Leitfadencharakter mit einer strikten Zielorientierung erhält. Bereits Miles hat in seinem ersten WA-Konzept ein schrittweises Vorgehen in vier Stufen proklamiert. Dies zeigt Parallelen zu René Descartes *) , der in seinem Werk „Discourse de la methode“ vier wesentliche Regeln zur Lösung von Problemen aufgestellt hat. I. Nichts für wahr halten, was nicht so deutlich und klar erkannt ist, dass es nicht in Zweifel gezogen werden kann II. Schwierige Probleme in Teilschritten bearbeiten III. Stets vom Einfachen zum Schwierigen fortschreiten IV. Immer prüfen, ob bei einer Untersuchung Vollständigkeit gegeben ist *) Anmerkung: *1596, 1650, französischer Philosoph und Naturwissenschafter, Begründer des Rationalismus („Ich denke, also bin ich“) Vorgeschichte 4 Diese Erkenntnisse ist die Basis allen ingenieurmäßigen und wissenschaftlichen Arbeitens. Hieraus hat sich auch eine allgemeine Methodenlehre entwickelt, wobei immer bestimmte Stufen zu befriedigen sind, wie die Entsprechung zur Wertanalyse zeigt. Logische Stufen der Kybernetik Analogie: WA-Schritte 1. Initialphase = Projekt vorbereiten 2. Informationsphase = IST-Situation analysieren 3. Definitionsphase = SOLL-Zustand beschreiben 4. Kreativphase = Lösungsideen entwickeln 5. Bewertungsphase = Konzepte festlegen 6. Realisierungsphase = ein Konzept entwickeln Das logische Stufenkonzept findet sich nicht nur in den „6 Arbeitsschritten der WA“, sondern auch in der „6-Schrittmethode von REFA“ und auch in den „4 Arbeitsschritten der Konstruktionsmethodik“ / PAH07/ wieder. Nach einer 70zig jährigen Entwicklungszeit ist zu prognostizieren, dass Wertanalyse auch die Weiterentwicklung der Konstruktionsmethodik zu „Google-Sprint“ und „Scrum“ als integraler Ansatz weiter unterstützen wird. Perspektiven der WA-Anwendung 5 2 Perspektiven der WA-Anwendung Unternehmen werden regelmäßig mit neuen Methodiken konfrontiert, die meist größere Erfolge in der Kostenreduzierung versprechen als Wertanalyse. Was zeigt hingegen die Realität? Viele so genannte neuen Durchbruchsansätze weisen immer wieder die vier Kernelemente „Kosten, Qualität, Abläufe und Zeit“ / HÄN74/ auf, die minimiert, verbessert oder optimiert werden sollen. Hiermit hat aber die WA-Arbeit schon vor 70 Jahren begonnen. Insofern ist Wertanalyse nicht überholt, sondern lebt weiterhin in übergreifenderen und neuartigeren Prozesskonzepten. Bereits Miles hat WA weitestgehend ganzheitlich gesehen und einen weiten Fokus über die Herstellung einzelner technischer Objekte hinaus gelehrt. Dieser miteinander verknüpfte Ablauf soll Bild 2.1 verdeutlichen. Bild 2.1: Systemintegrität eines WA-Prozesses Heutige WA-Projekte zeigen immer häufiger diese komplexe Verbundstruktur, da infolge permanenter Verbesserungsmaßnahmen der Vergangenheit größere Erfolge nur noch durch eine integralere Betrachtungsweise erzielbar sind. Diese stellt auch höhere Anforderungen an die WA-Teams, die immer komplexere Technikinhalte umsetzen müssen. Ein weiterer Trend *) ist, dass innerhalb einer WA die Entscheidungsbasis bzw. der Methodenverbund immer breiter wird. BNE, QFD/ TRIZ, FAST, DfMA, FMEA, Prozesskostenrechnung und rationale Vergleichsverfahren werden zunehmend verstärkt in die Handlungsabläufe (siehe VDI E 2805) eingebunden und benötigen gefestigte Methodenkompetenz von den Akteuren. Die WA erschließt mit der Overhead-Value-Analysis (OVA) bzw. Gemeinkosten-Wertanalyse (GWA) ein neues Arbeitsfeld mit einem bisher noch unausgeschöpften Potenzial. *) Anmerkung: BNE (Bottleneck Engineering = Erfassung der Kundenforderungen), QFD/ TRIZ (Quality Function Deployment = Umsetzung der Kundenwünsche mit Innovationen), FAST (Function Analysis = Findung und Strukturierung von Funktionen), DfMA (Design for Manufacture and Assembly), FMEA (Fehler, Möglichkeiten und Einfluss- Analyse) Perspektiven der WA-Anwendung 6 Der methodische Ansatz (integrierte Organisationsentwicklung) ist demgemäß zu erweitern und auf die andersartigen Zielgrößen auszurichten. Innerhalb des Systems-Engineerings (alternative Systemgestaltung) stellt WA heute einen unverzichtbaren Baustein dar, wenn es darum geht, Problemlösungsprozesse / KAN92/ effizienter und wirtschaftlicher zu gestalten. Dies alles sind Indizien dafür, dass die WA-Arbeit nicht nachlassen wird, sondern zunehmend breiter angelegt ist; es wird für den geschulten Wertanalytiker wahrscheinlich nie einen Mangel an herausfordernden Aufgaben geben. Bild 2.2: WA-Spirale zur Stärkung des Unternehmenserfolges Wertanalyse ist insofern eine Grundstrategie zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und Wahrung der Innovationskraft eines Unternehmens. Marktaktive Unternehmen sehen in WA eine permanente Aufgabenstellung und integrieren in WA-Strategien immer wirksamere Methoden bzw. individualisieren WA für den integrierten Produktentstehungsprozess (PEP). Die hiermit verbundene Zielsetzung ist aber nicht widerspruchsfrei, da WA den typischen Konflikt zwischen größtmöglicher Bedürfnisbefriedigung bei geringsten Kosten erfüllen soll. Dies steht aber dem unternehmerischen Ziel, einen hohen Gewinn erwirtschaften zu wollen, entgegen. Daher ist ein Umdenken notwendig, in dem sich ein Unternehmen als „Dienstleister für Kunden“ versteht und sich dementsprechend am Markt positioniert. Die wirkenden Konflikte macht noch einmal Bild 2.3 deutlich. Eine ausgewogene Erfüllung wird meist einen Kompromiss notwendig machen. Bild 2.3: Zielquadrat der WA-Konflikte ( ZK =Zielkonflikt, ZV = Zielverträglichkeit, ZU = Zielunterordnung) Perspektiven der WA-Anwendung 7 Die Bewertung des Wertes einer Lösung muss stets aus dem Blickwinkel des Nutzers (s. Differenzierungsmerkmale) erfolgen, d. h., es besteht eine starke Abhängigkeit zwischen dem Grad der Erfüllung und dem dafür akzeptierten Preis sowie der Qualität. Es ist gerade eine Domäne von QFD, hier einen ausgleichenden Kompromiss für die Kundenakzeptanz zu finden. Bild 2.4: Gewichtete Differenzierungsmerkmale der Kunden Ein zusätzlicher Aspekt von WA-Arbeit muss anfängliche „Geduld“ sein: Meist wollen Unternehmensleitungen zu viel und möglichst gleich. Der Erfolg von WA ist jedoch mittelbis langfristig zu sehen und sollte in einer Gesamtstrategie eingebunden sein. Die Erfahrung zeigt, dass Unternehmen mit einer gut organisierten WA-Arbeit deutlich erfolgreicher sind, als Unternehmen mit unorganisierten Ad-hoc-Aktivitäten. Chancen mit WA 8 3 Chancen mit Wertanalyse WA muss im Unternehmen als Chance begriffen und nachhaltig gelebt werden. Ist diese Motivation nicht gegeben, dann stirbt WA nach kurzer Zeit des Eifers am Desinteresse der Mitarbeiter / VDI75/ . In WA-Projekten werden aktive Mitarbeit, Risikobereitschaft und die Einhaltung von Terminen gefordert, dies ist unbequem und führt oft zu der Abwehrhaltung: Dazu haben wir keine Zeit, die Termine lassen sich nicht halten, das Ergebnis wird uns nicht weiterbringen, die alte Kalkulation war falsch, wir sollten stattdessen ... Für den WA-Praktiker ist dann sofort klar: Nicht-Können ist der Vorwand, Nicht-Wollen ist der Grund (n. Seneca) - oder hier fehlt die Einsicht, überhaupt an Verbesserungsmaßnahmen arbeiten zu wollen. Wertanalyse kann in Unternehmen auf Dauer nur erfolgreich sein, wenn die folgenden Voraussetzungen gegeben sind: WA muss im Unternehmen als Methode bekannt sein und qualifiziert unterstützt werden können. WA muss von den Chefs gewollt und sollte in Entwicklungsprozessen (PEP) verpflichtend sein. Dies umfasst auch eine geeignete Verankerung in der Unternehmenspolitik. Jede WA muss vorbereitet, geplant und von den Zielen abgestimmt sein. und WA sollte langfristig angelegt sein und immer durch eine Kosten-Nutzen-Bewertung begründet werden. Oder auf einen griffigen Nenner gebracht: WA muss dem Unternehmen mehr Vorteile bieten, als es an Aufwand erfordert. Nachteile durch WA Vorteile durch WA (+) (-) Bild 3.1: Begeisterungsebene der WA-Anwender Insofern stellt sich die Frage: Was kann somit Wertanalyse leisten, oder wo sind die Erfolgspotenziale? In der Praxis haben sich als Anwendungsfelder / KLE74/ der WA bewährt: bestehende Produkte zu verbessern, neue Produkte optimal zu gestalten, bestehende Arbeitsabläufe und die erforderlichen Hilfsmittel zu verbessern, neue Arbeitsabläufe mit ihren Hilfsmitteln zu gestalten Chancen mit WA 9 und andere nicht gegenständliche Objekte zu gestalten oder optimierend zu verbessern. Insofern tut sich ein weites Chancenfeld auf für Nutzensteigerungen (Hersteller, Anwender, Allgemeinheit), Produktivitätssteigerungen und Qualitätsverbesserungen. Als Richtlinie können für Kostenziele und Aufwand / HÄN95/ in etwa genannt werden: Bei einer erstmaligen Untersuchung eines Objektes durch Wertverbesserung kann mit einer durchschnittlichen Kostensenkung von 10-20 % bei einfachen Objekten (kleiner 15 Teile) und mit 20-25 % bei komplexen Objekten (kleiner 30 Teile) gerechnet werden. Wird dasselbe Objekt nach einigen Jahren wieder untersucht, so kann aufgrund der Innovationsrate mit einer erneuten Kostensenkung von weiteren 5-7 % gerechnet werden, weil sich meist die Fertigungstechnologie weiterentwickelt hat. Der Gesamtaufwand für eine erfolgte WA-Untersuchung (einschließlich der Realisierung) liegt bei etwa 10-25 % der Kostensenkung, die im ersten Jahr erzielt wird. Etwa 1/ 3 aller Wertanalyseprojekte scheitern in der Praxis, weil mit der WA-Methode zu unsystematisch gearbeitet wird. Unternehmen, die WA als permanente Aufgabe verstehen, verbessern damit ihr jährliches Betriebsergebnis viel effizienter, als wenn diese Verbesserung aus einem Verdrängungswettbewerb heraus erzielt werden müsste. Langfristig zeigt sich, dass diese Unternehmen über die erlangte Kostenführerschaft fast automatisch neue Kunden und Marktanteile hinzugewinnen. Die durchschnittliche Nettorendite im Maschinenbau beträt ca. 5 % vom Umsatz, d. h., von 10,- € Umsatzwachstum verbleiben nur 0,50 € als Gewinn! Von 10,- € WA-Erfolg verbleiben ca. 20 % als Brutto- und 12 % als Nettogewinn. Das heißt, eine WA ist doppelt so wirksam wie Umsatzwachstum! Unternehmen sind daher gefordert, zweigleisig zu fahren und alle technologischen und marktwirtschaftlichen Chancen zu nutzen. WA muss dabei zur spezifischen Kernstrategie (VM) erhoben werden. Bestätigt werden diese Aussagen durch eine Studie der Unternehmensberatung Arthur D. Little in amerikanischen Maschinenbauunternehmen, die sich mit einer etablierten WA-Kultur deutlich besser entwickelt haben, als Unternehmen ohne Nutzung von zyklischen Kostensenkungsstrategien. Dies macht sich auch bemerkbar durch eine höhere Kundenzufriedenheit, eine größere Produktivität und einer niedrigen Marktreaktionszeit. Chancen mit WA 10 hoch niedrig Kundenzufriedenheit Marktreaktionszeit Produktivität groß bleibend hoher Gewinn Bild 3.2: Erfolgskoordinaten von Unternehmen mit WA-Einsatz Dies lässt sich durch weitere Daten unterstreichen: Unternehmen mit regelmäßigem WA-Einsatz haben im Durchschnitt 20-25 % Eigenkapitalrendite vor Steuern und 12-14 % Umsatzrendite. Unternehmen mit sporadischen Kostensenkungsaktivitäten haben nur 8-10 % Eigenkapitalrendite und 3-5 % Umsatzrendite. Regelmäßige Kostensenkungsprogramme in den administrativen Funktionsbereichen (Ratio- Maßnahmen) müssen daher genauso wie Wertanalysearbeit in die Unternehmensstrategie eingebunden werden. Einsatzfelder von WA 11 4 Einsatzfelder von WA In Unternehmen mit einer WA-Tradition werden alle Hauptumsatzträger einer turnusmäßigen Wertanalyse unterworfen. Gegenstand einer Objekte-WA können in der Anwendung ein Erzeugnis und dessen Herstellung sein. In diesem Fall spricht man von einer Produkt-WA (PWA). In einem anderen Fall können aber auch Tätigkeiten oder Tätigkeitsfolgen in Verwaltungen analysiert werden, welches dann als Gemeinkosten-WA (GWA) bezeichnet wird. Hierzu konkurrierende Methoden werden in der Literatur als Design to Cost (DTC) bzw. Product Design for Manufacture and Assembly (DFMA) angepriesen. Eine weitestgehend vollständige Anwendungsumgrenzung versucht Bild 4.1 zu geben. Produkt-WA industrielle Produkte Software Dienstleistungen Betriebsmittel-WA Werkzeuge Vorrichtungen Teilmaschinen Gemeinkosten-WA Arbeitsabläufe, Organisation Prozess-WA Herstellprozesse Geschäftsprozesse Informationsprozesse Logistikprozesse Umweltschutz-WA Stoffeinsatzprozesse Energieprozesse Recyclingprozesse Bild 4.1: Spektrum der WA-Anwendungen in der Praxis Die Nutzung der WA-Methodik ist immer dann zu empfehlen, wenn die folgenden Kriterien erfüllt sind: Eine Problemstellung ist im Spannungsfeld zwischen Technik und Kosten zu lösen. Hierzu ist interdisziplinäre Teamarbeit erforderlich. Die Zielvorgabe zur Kostensenkung schreibt einen Wert um 20 % oder mehr vor, das heißt, es ist eine große Anstrengung erforderlich. (Bei geringeren Vorgaben liegt gewöhnlich eine einfachere Rationalisierungsaufgabe vor, die auch ohne die WA-Methodik gelöst werden kann.) Wettbewerbsprodukte werden bei gleicher Leistung zu geringeren Preisen angeboten. oder Einsatzfelder von WA 12 Ein Auftraggeber (z. B. öffentliche Hand) verlangt einen Nachweis, dass die Herstellkosten nicht unverhältnismäßig überzogen sind. Mit der Anwendung ist auch immer die Frage von Nutzen zu Aufwand verbunden. Es ist insofern selbstredend, dass nur Projekte einer Wertanalyse unterworfen werden sollten, die eine bestimmte wirtschaftliche Dimension haben und für die Umsatzsicherung eines Unternehmens von Bedeutung sind. Es ist hiernach weder förderlich noch motivierend, WA-Anstrengungen auf Nebensächlichkeiten zu konzentrieren. Da durch WA-Arbeit auch die Adaption von neuen konstruktiven Lösungen und neuen Herstelltechnologien angestrebt wird, dürfen die Zwischenzeiträume für Wertanalysen nicht zu groß werden. Es empfiehlt sich überhaupt, zu jedem Produkt einen so genannten Änderungspool (Sammelliste, siehe Seite 159) anzulegen und je nach Notwendigkeit eine neue Produktgeneration zu erzeugen. Dies erweist sich in der Praxis meist als viel effizienter, als sporadisch initiierte Änderungen. Erfahrungsgemäß wird nämlich durch die permanente Umsetzung von nur kleinen Verbesserungen viel unnötige Kapazität gebunden und oft zu hohe Werkzeugkosten verursacht. WA-Wiederholungszeiträume Branche WA-Rhythmus Kommunikations- und Elektronikprodukte nur Wertgestaltung Automobilkomponenten alle 2-3 Jahre Maschinenbaukomponenten alle 3-5 Jahre Weiße Ware (elektrische Küchengeräte) alle 5 Jahre oder Wertgestaltung Bild 4.2: Sinnvolle Zwischenzeiträume für WA-Aktivitäten Zielgerichtete WA-Arbeit verlangt somit eine organisatorische Einbindung in eine „life-cycle- Planung“ und ist eine periodische Tätigkeit. Der Einsatz von WA macht Unternehmen leistungsfähiger, in dem die Produkte und Dienstleistungen verbessert und somit die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden. Zuvor wurde Wertanalyse als eine weitestgehend technisch fokussierte Methode dargestellt, die zwar einen hohen Querschnittsbezug hat, aber nicht in das Management eines Unternehmens hineinwirkt. Mit dem Konzept des Value Managements (VM nach DIN EN 12973) ist in neuerer Zeit ein übergreifender Ansatz entstanden, der alle Managementfunktionen dem wertorientierten Denken unterordnet. Dies bewirkt langfristige Konstanz bei den Methoden und eine permanente Überprüfung auf Wirksamkeit und Zielorientiertheit. Voraussetzung dazu ist eine VM-Kultur, welche Teamarbeit, Kommunikation, Kostenbewusstheit und eine allumfassende Kundenorientierung als beständige Werte versteht. Das sich hieraus entwickelnde Betriebsklima regt Innovationen an, bündelt Synergien und führt zu einer besseren Ressourcennutzung in allen Unternehmensbereichen. VM-Prinzipien binden somit Ur-Elemente zusammen, die in der Vergangenheit häufig schon erfolgsbestimmend waren. Einsatzfelder von WA 13 VM-Schlüsselprinzipien wirksamer Einsatz von Methoden und Werkzeugen Beachtung externer und interner Umfeldfaktoren Managementstil positive menschliche Dynamik (Verhaltensweisen) Bild 4.3: Schlüsselprinzipien des Value Managements nach DIN EN 12973 Wenn Management bisher die fachlich neutrale Organisation von Abläufen und die Planung des Ressourceneinsatzes war, verlangt VM wesentlich mehr, nämlich die konsequente Anwendung des Wertkonzeptes, d. h. Schaffung von Werten für ein Unternehmen, die Kunden und auch für die Mitarbeiter, die Anwendung des Funktionenkonzepts, welches das Setzen von Zielen und das Erreichen messbarer Ergebnisse verlangt, die Förderung von Kreativität beim Lösen von Problemen auf allen Stufen einer Organisation, die absolute Ausrichtung auf Kundenorientierung, d. h. das regelmäßige Ermitteln von Kundenbedürfnissen und dessen Befriedigung extern wie intern, die Installation von quantitativen Bewertungsfahren, um die Leistung auf allen Organisationsstufen transparent machen zu können, sowie ein Fortschrittsdenken auf allen Ebenen der Unternehmensführung und der Leistungserbringung. In diesen Managementprinzipien ist indirekt der maßgebliche Faktor „menschliche Dynamik“ eingebettet: Management funktioniert in der Realität nur, wenn die Führungsqualität auf die Menschen ausgerichtet wird. Menschen müssen motiviert, geachtet und sich in einem Unternehmen entfalten können. Die Inhalte des VM (siehe Bild 4.4) sollen somit die technischen, humanen und betriebswirtschaftlichen Prozesse (PEP = Produkt-Entstehungs- und Dienstleistungs-Prozess) in einem Unternehmen unterstützen und verfolgen eine langfristige Perspektive. Demgegenüber ändern sich die meisten Managementprinzipien (z. B. Management by Exception/ Delegation; by Objectives/ Zielvereinbarungen; by Delegation/ Einbezug etc.) in zeitgetriebenen Abständen. Einsatzfelder von WA 14 Bild 4.4: Inhalte eines übergreifenden Value Management-Konzeptes Es ist oft das Ziel von KMUs, eine beständige Strategie zu leben und einen eigenständigen Weg zu gehen, weshalb Value Management hier gerne aufgegriffen wird. Notwendigkeiten für WA-Arbeit 15 5 Notwendigkeiten für WA-Arbeit Um WA erfolgreich betreiben zu können, müssen die Methodikelemente verstanden, trainiert und in die Organisation eingeführt werden. Dazu sind die im Bild 5.1 zusammengefassten Grundvoraussetzungen zu schaffen. ganzheitlicher Ansatz systematisches und methodisches Vorgehen Wert- und Funktionsdenken Kunden-und Gewinnorientierung kreative Teamarbeit WA Bild 5.1: Voraussetzungen erfolgreicher WA-Arbeit Das zielgerichtete Zusammenwirken dieser Methodikelemente macht erst das „System Wertanalyse“ aus. In Unternehmen, in denen Wertanalyse wenig Erfolg hat, liegt die Ursache regelmäßig im Fehlen eines der aufgeführten Methodikelemente. Organisation Der maßgebliche Unterschied zwischen Rationalisierung und Wertanalyse ist der Zeithorizont. Rationalisierung ist gewöhnlich kurzfristig ausgerichtet, während Wertanalyse als eine beständige und langfristige Aufgabe anzulegen ist. WA verlangt die Übernahme von Projekt- und Ergebnisverantwortung, welche gewöhnlich von einem Wertanalysebeauftragten wahrgenommen wird. Dieser ist gewöhnlich der Geschäftsleitung zu unterstellen, die somit nach außen die Bedeutung der WA-Arbeit signalisiert. In diesem Zusammenhang ist es auch sinnvoll, ein WA-Ausschuss einzurichten. Diesem Ausschuss sollten weitere leitende Mitarbeiter eines Unternehmens angehören. Zu den Aufgaben gehören Projektauswahl und Projektdefinition, Planungs- und Umsetzungsunterstützung sowie WA-Controlling (Wirksamkeitsbewertung). Systematik und Methodik Ratio-Aktivitäten werden oft intuitiv und ohne Plan betrieben. Der Erfolg ist daher auch nur zufällig und nicht nachvollziehbar. Die Wertanalyse befindet sich hingegen auf einem höheren Niveau, da hier systematisch und mit einer vorgegebenen Methode ein Arbeitsplan (6 Hauptschritte mit 28 Teilschritten) abzuarbeiten ist. Die Inhalte des Arbeitsplans haben sich in der Praxis bewährt und führen gewöhnlich zu einer deutlichen Verbesserung eines gegebenen Ausgangszustandes. Es ist daher wichtig, dass man sich bei WA-Projekten relativ „starr“ an den Inhalt des Arbeitsplans hält, auch wenn dies als umständlich angesehen wird. Notwendigkeiten für WA-Arbeit 16 Wert- und Funktions-Denken Der weitere Unterschied zur Rationalisierung besteht im umfassenden Wert-Funktions- Denken der Wertanalyse. Natürlich beschäftigt sich auch der Rationalisierungsfachmann mit Funktionen und Kosten, nur sind „Kosten“ von der Dimensionalität weniger als „Wert“. Hierzu eine kleine Analogie: Ein Hersteller von Gabelstaplern leidet unter Wettbewerbs- und Kostendruck und beschließt, geeignete Aktivitäten einzuleiten. Bei einem fokussierten Ratio-Projekt würde man die Fragen stellen: - Wie können die Materialkosten gesenkt werden? - Wie kann das Produkt billiger gefertigt werden? - Wie können die Einzelteile kostengünstiger hergestellt oder zugekauft werden? - Welche Reserven liegen noch im Fertigungsprozess? Die Wertanalyse sollte möglichst früh einsetzen, idealerweise sobald sich erste Probleme am Markt abzeichnen. Innerhalb eines WA-Projektes würde man dann die folgenden tiefergehenden Fragen stellen: - Was ist die Funktion des Gabelstaplers? Antwort: Gewichte von einem Ort zu einem anderen transportieren. - Was kostet es, ein Gewicht von 100 kg etwa 10 m weit über einen Höhenunterschied von 2 m zu transportieren, und zwar in 5 Minuten, 1 Minute oder in 30 Sekunden? Diese Frage zielt auf den Wert einer Funktion. Bei der ersten und vielleicht noch bei der zweiten Zeitvariante kann man annehmen, dass die Aufgabe weiter mit dem herkömmlichen Gabelstapler-Konzept zu bewältigen ist. Für die dritte Zeit-Variante wird man allerdings eine Innovation (stabiler Schnelltransport) finden müssen, da diese Aufgabe mit den bekannten Mitteln nicht lösbar erscheint. Wenn also ein Unternehmen technologisch führend sein will, so sollte Wertgestaltung als ein Instrument der Entwicklungsplanung / VDI78/ aufgenommen werden, da hiermit neue Betätigungsfelder erschlossen werden können. Kreative Arbeitsweise Einer der wichtigsten Aspekte der Wertanalyse ist das systematische Suchen nach Alternativen oder neuen Ideen. Dies bedingt, dass sich engagierte Menschen mit Ideenfindungsmethoden (z. B. Brainstorming, Synektik, Bionik oder TRIZ) in einem „angemessenen“ Umfeld kreativ betätigen können. Der damit verbundene Prozess ist heute so weit erforscht, dass Ideenfindung weitestgehend organisiert werden kann. Eine weitere unterstützende Voraussetzung ist Gruppendynamik, d. h. Ideenfindung in Kleinteams. Der Erfolg von Kleinteams beruht auf kognitive, motivationale und methodische Effekte. Mit Kognition wird hier die Situation beschrieben, dass Teams geäußerte Ideen „weiterspinnen“ können, was auf Stimulanz und Assoziation beruht. Motivation entsteht des Weiteren durch Arbeiten am gemeinsamen Ziel und führt zu erhöhtem persönlichen Einsatz. Methodik rundet dies ab, weil die meisten Kreativitätsmethoden nur zielführend im Team Notwendigkeiten für WA-Arbeit 17 praktiziert werden können. Neben den aufgeführten Voraussetzungen beruht der Erfolg von Ideenfindungsworkshops auch auf Systematik, wozu es die folgenden Elemente (siehe auch VDI 2806) zu verknüpfen gilt. Problemanalyse und Problemformulierung Ideensuche und Konzipierung möglicher Lösungen Bewertung von Lösungsalternativen und Auswahl einer Alternative Konkretisierung der ausgewählten Lösungsalternative Teamorientiertheit Eine der wichtigsten Säulen der Wertanalyse ist das Arbeiten in interdisziplinären Teams bzw. Kleingruppen (siehe VDI 2807). Teamarbeit ist für den Problemlösungsprozess anerkanntermaßen sehr wichtig, funktioniert aber nur, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind: gemeinsame Zielvorstellung, Akzeptieren von Ziel und Aufgabe, gemeinsames Streben zur Zielerreichung, bejahen von Regeln, Eingliederung in eine Gruppe, bewusste Teilnahme an Aktionen und Höherbewertung des Teamerfolgs als den persönlichen Erfolg. Teamarbeit funktioniert in der Praxis aber nur, wenn ein Problem „reif“ genug ist. Ganzheitlichkeit Hinter WA muss eine Geisteshaltung stehen und die Bereitschaft zur ständigen Veränderung. WA-Arbeit in einem Unternehmen ist daher „Unruhe“. Diese Unruhe sollte aber nicht nur isoliert in einem Unternehmensbereich bestehen, sondern sich wellenförmig auf andere Unternehmensbereiche ausdehnen. WA ist meist dann besonders erfolgreich, wenn der ganze „Fabrikprozess“ eines Produktes betrachtet wird. Erfahrungsgemäß wird man dann das größte Potenzial (80 %) im Konzept und der Fertigungsplanung finden. Die Praxis zeigt, dass die Implementierung von Wertanalyse ein längerer Prozess ist, der von Schulungsmaßnahmen und Projektarbeit begleitet werden muss. Erfahrungsgemäß festigt sich WA-Arbeit etwa nach drei bis vier durchgeführten Projekten. Vor diesem Hintergrund sollten gerade die ersten WA-Projekte sorgfältig ausgewählt werden. Für die Akzeptanz ist es erfahrungsgemäß wichtig, schnell große Erfolge vorweisen zu können. WA-Perspektive: nach 3-4 Projekten ist WA gefestigt, erster wirtschaftlicher Erfolg nach 10-12 Monaten, in der Gesamtkostenrechnung erst nach 18-20 Monaten voll wirksam, WA-Aufwand beträgt meist nur 1/ 4 des Kostensenkungspotenzials. WA-Moderation 18 6 WA-Moderation 6.1 Motivation zur Teamarbeit Wie zuvor herausgestellt, ist Wertanalysearbeit im Wesentlichen Teamarbeit, welche ein zielgerichtetes Arbeiten auf Zeit beinhaltet. Ein WA-Team besteht gewöhnlich aus einem „anleitenden Wertanalytiker“ *) und sachkundigen Spezialisten. Ein Team sollte nicht größer als 5-7 Teilnehmer sein; darüber hinaus ist effizientes Arbeiten meist nicht mehr möglich. Die Teammitglieder sollten Grundkenntnisse in der Wertanalyse haben, um möglichst wenig Energie in Verfahrens- und Ablauffragen zu binden. 0 100 % Herkömmlicher Problemlösungsablauf Produktionsfachmann Logistikfachmann Vertriebsfachmann - E+K- Fachm. Zeit Problemlösungsablauf in Teamarbeit Team E+K-Fachmann Produktionsfachmann Logistikfachmann Vertriebsfachmann 25 % Zeiteinsparung durch Teamarbeit Bild 6.1: Durch WA-Arbeit eingesparte Zeit gegenüber einem sequenziellen Ablauf Ein bewährtes Erfolgsrezept ist: Teams müssen horizontal und vertikal zusammengestellt werden („Nimm auch vom Geringeren Rat an.“). Vorteile der interdisziplinären und interfraktionellen Teamarbeit: Probleme werden gründlich aufbereitet, von allen Seiten und in allen Auswirkungen betrachtet; hohe Identifikation der Teammitglieder mit den erarbeiteten Vorschlägen; spätere Realisierung wird zielorientiert begleitet. *) Anmerkung: Nach VDI-Anspruch (Transferzentrum Wertanalyse, Düsseldorf) soll ein Wertanalytiker zwei Grundseminare besucht haben, in denen allgemeine WA-Fertigkeiten vermittelt werden. Ein so genannter „Wertanalyse-Koordinator“ muss noch ein ergänzendes Aufbauseminar zur strategischen Unternehmensführung absolvieren. Der Koordinator soll die Fähigkeit erwerben, WA mit anderen Methoden und Ansätzen zu koordinieren. WA-Moderation 19 Auch für die WA-Arbeit gilt die grundsätzliche Feststellung, dass „ein großer Teil des Erfolges in der Vorbereitung“ liegt. Diese Vorbereitung hat der Produkt- oder Prozesseigner (ganzheitlich verantwortliche) und der WA-Koordinator zu leisten. Dem Eigner obliegt hierbei die inhaltliche Vorbereitung (Problemstrukturierung) und dem WA-Koordinator die organisatorische Vorbereitung (Methoden- und Ablaufplanung). Der Problemeigner hat als Aufgabe wahrzunehmen: das Problem zu definieren, die Ziele, Randbedingungen und Freiräume festzulegen, die Bewertungs- und Entscheidungskriterien zu formulieren. Entsprechend gehören zu den Kernaufgaben des WA-Koordinators (siehe VDI E 2801): alle WA-Projekte verantwortlich zu koordinieren und zu steuern, - Konformität der Projektziele mit der Unternehmensstrategie abzustimmen, die WA-Teams methodisch zu führen, ein Projekt gemäß dem WA-Arbeitsplan voranzutreiben, die WA sowie unterstützende Methoden und Tools ergebnisorientiert einzusetzen, weitere Gestaltungspotenziale zu erkennen und zu erschließen sowie interner und externer Botschafter der Methode zu sein. Diese Aufgabenteilung muss vom Team unterstützt werden, in dem auch bestimmte Grundregeln für die Zusammenarbeit eingehalten werden. Hierzu gehört: pünktliches Erscheinen, aktives Zuhören, keine Einzel- oder Privatgespräche, - Einhalten der Tagesordnung und der Zeitvorgaben, - Bereitschaft, Konsens zu erreichen, - Offenheit gegenüber allen Lösungsansätzen, - Übernahme von Verantwortung für den Fortschritt. Ein weiterer wichtiger Erfolgsfaktor für eine Wertanalyse ist die Interdisziplinarität, d. h., die WA-Teammitglieder sollten fachlich alle Gebiete um das WA-Problem abdecken, denn nur darin liegt die Chance, tatsächlich Neuerungen finden zu können. So wurden beispielsweise in WA-Sitzungen Chemiker und Physiker eingebunden, die Impulse für neuartige Ansätze gegeben haben, die sicherlich so von Ingenieuren nie in Betracht gezogen worden wären. Unabhängig davon gilt heute die Aussage, dass wahrer Fortschritt nicht mehr ausschließlich aus einer Fachdisziplin folgt. Zukünftige Innovationen liegen an der Nahtstelle (siehe Bild 6.2) von zwei oder mehreren Disziplinen. Mit Teamarbeit gilt es daher, das „Gold in den Köpfen der Mitarbeiter“ abzuscheiden und nutzbringend einzusetzen. WA-Moderation 20 Verfügbares Wissen I ndividuum Unternehmen Industriezweig Gesellschaft Menschheit Lösung Konzept 4 Konzept 5 Konzept N Konzept 2 psychologische Trägheit Varianten Konzept 3 Varianten Varianten Varianten Varianten Strömungs-/ Thermodynamik Mechanik/ Mechatronik Elektrizität Magnetismus Physik, Chemie, Biologie Bild 6.2: Wissensbasen von Erfindungen und Korrelation zwischen Individuum und Menschheit Eine besondere Herausforderung liegt in der Führung und Motivierung von WA-Teams unter der Prämisse, mit hohem Wirkungsgrad den gewünschten Erfolg zu erzielen. Dazu müssen die folgenden Voraussetzungen geschaffen werden: 1. Vor den eigentlichen Arbeitssitzungen sollte eine Vorbereitungsphase eingeplant werden. Alle Teammitglieder sind an die Problemstellung heranzuführen und die erforderlichen Unterlagen sind bereitzustellen. 2. Für die Aufgabenstellung ist eine Zielprojektion festzuschreiben, die das technische und wirtschaftliche Ideal umfasst, welches realistisch zu erreichen ist. 3. Die Teammitglieder sind so zu rekrutieren, dass im Sinne der Aufgabenstellung die bestmöglichen Kompetenzen konzentriert werden. und 4. Die Zusammenarbeit des Teams ist unter das Leitmotiv einer breiten Harmonie zu stellen, weil dies die Voraussetzung für größtmögliche Kreativität darstellt. Dem „anleitenden Wertanalytiker“ werden daher nicht nur fachliche Kompetenz, sondern genauso soziale Kompetenz abverlangt, um gruppendynamische Prozesse beherrschen zu können. WA-Moderation 21 POSITIVE Stütze der Sitzung Ergebnisse zusammenfassen lassen Bewusst in die Diskussion einschalten REDSELIGE Zwischenredner taktisch unterbrechen Redezeit begrenzen SCHÜCHTERNE leichte Fragen stellen Selbstbewusstsein heben Lob verstärken ABLEHNENDE Ehrgeiz wecken seine Kenntnisse und Erfahrungen anerkennen und zunutze machen DICKFELLIGE Uninteressierte nach seiner Arbeit fragen Beispiele aus seinem Interessengebiet bringen lassen ERHABENE „das hohe Tier” keine Kritik üben „Ja-aber-Technik” anwenden AUSFRAGER der schlaue Fuchs will Moderator reinlegen seine Fragen zur Stellungnahme an Gruppe weitergeben ALLESWISSER Gruppe zu seinen Behauptungen Stellung nehmen lassen STREITSÜCHTIGE sachlich & ruhig bleiben nicht in Streit einlassen durch Gruppe widerlegen lassen Taktik des „toten Winkels” Bild 6.3: Einbinden unterschiedlicher Teilnehmer in Gruppenarbeit Die Kunst besteht somit darin, die einzelnen Charaktere im positiven Sinne so zu koordinieren und zu lenken, so dass das Ziel einer Wertanalyse erreicht wird. Deshalb muss der Moderator die Problemlösungssowie Moderationstechniken punktuell gezielt einsetzen können. 6.2 Moderationstechniken Überall dort, wo Teams mit der Lösung von Problemen unter der Randbedingung höchster Effizienz betraut werden, ist die Funktion eines Moderators (lat. Mäßiger, Lenker) erforderlich. Der Moderator muss eine Persönlichkeit mit anerkannter sozialer Kompetenz, aber kein Fachexperte *) sein: Ein Moderator steht neben dem Geschehen und lenkt, in dem er das Potenzial des Teams auf die Aufgabenstellung leitet. Gemäß dieser Auffassung und dem Rollenbild von Moderation gilt: *) Anmerkung: Wallenstein hat über seine Fähigkeiten gesagt: „Als Feldherr muss ich nicht der beste Schütze sein. Ich weiß aber, wer meine besten Schützen sind, wo ich sie hinstellen muss und wie ich ihnen ein Schussfeld bereite.“ WA-Moderation 22 - Ein Moderator ist für den Prozess, nicht für den Inhalt verantwortlich. - Ein Moderator soll neutral sein. - Ein Moderator soll Gegensätze in einem Team integrieren. - Ein Moderator soll für ein konstruktives Arbeitsklima sorgen. und - Ein Moderator ist für die Zeitplanung verantwortlich. Hieraus leiten sich die grundsätzlichen Moderationsregeln ab: - Ein Moderator hält sich inhaltlich raus. - Ein Moderator fragt mehr, als dass er selbst redet. - Ein Moderator wertet nicht. - Ein Moderator ergreift nicht Partei für eine Position. - Ein Moderator lässt immer das Team entscheiden. und - Ein Moderator soll das Team anspornen. Die Beherzigung dieser Regeln stellt im Allgemeinen die Voraussetzung für ein gutes Zusammenwirken im Team dar. Nach Untersuchungen der SAVE zeichnen sich erfolgreiche WA-Moderatoren durch die folgenden Eigenschaften aus: die Fähigkeit zum Organisieren, die Neigung, den Dingen auf den Grund gehen zu wollen, das Treffen von Entscheidungen auf der Grundlage von Daten und Fakten und die Konsequenz, alle Maßnahmen abzusichern. Diese Eigenschaften sind nicht angeboren, sondern können erlernt werden (siehe VDI 2801: Berufsbild Value Manager). 6.3 Problemkategorien Eine bekannte Erfahrungstatsache ist, dass die Güte der Aufbereitung eines Problems entscheidend für den Erfolg und damit die Effizienz eines Teams ist. Es ist Aufgabe des Moderators und des hauptsächlich Problemeigners, in einer Vorlaufphase das Problem so vorzubereiten, dass es für Teamarbeit reif ist. Verzögerungen folgen gewöhnlich aus fehlenden Informationen, unvollständigen Unterlagen und schlecht organisierten Zusammenkünften. Eine gute Vorbereitung ist die Hälfte des Erfolgs. WA-Moderation 23 Hierzu sind im Bild 6.4 einige identifizierende Merkmale aufgeführt, die Probleme einordnen helfen. Der zeitliche Umfang des Vorlaufs ist dabei von der Problemkategorie abhängig. Im Allgemeinen benötigen schlecht strukturierte Probleme etwa den doppelten Bearbeitungsaufwand wie gut strukturierte Probleme. „gut strukturierte Probleme“ „schlecht strukturierte Probleme“ völlige Kenntnis über alle Problemelemente nicht alle Problemelemente sind bekannt Problemelemente stehen in gesetzmäßigem (erkennbaren) Zusammenhang nur für wenige oder gar keine Problemelemente existiert ein gesetzmäßiger Zusammenhang Problemlösungsprozess ist logisch und systematisch Lösungssuche ist eher ungerichtet, intuitiv oder zufallhaft in der Regel existiert nur eine gute Lösung viele alternative Lösungen sind möglich Lösung ist als Optimum nachweisbar optimale Lösung ist nicht bestimmbar Bild 6.4: Merkmale konträrer Problemkategorien Die gezeigte Einordnung führt letztlich zu der Abgrenzung von „Aufgabe und Problem“ (siehe auch VDI 2805): Eine Aufgabe ist eine Anforderung, ein eindeutig beschriebenes Ziel durch ein bekanntes Vorgehen mit Sicherheit zu erreichen. Ein Problem ist gegeben, wenn ein Ausgangszustand zu einem besseren Endzustand (Ziel) geführt werden soll, der Weg dorthin aber nicht vorgegeben ist. Die Qualität der Zusammenarbeit ist umso herausfordernder, je höher das angestrebte Innovationsniveau sein soll. Damit schließt sich wieder der Kreis zur Nutzung von Ideenfindungsmethoden. Das System „Wertanalyse“ 24 7 Das System „Wertanalyse“ Die neue Zielsetzung der Wertanalyse ist „Ganzheitlichkeit“ beim Bearbeiten von WA- Objekten. Der Anspruch des Ganzheitlichen soll vor Augen führen, dass eine Problemlösung nicht nur isoliert auf das Objekt zu richten ist, sondern in gleichem Maße Nutzer/ Kunden, Markt und Umwelt (Recycling, Energieaufwand, Abgase) berücksichtigen soll. Bild 7.1: Systemansatz der Wertanalyse Vor diesem Hintergrund besteht eine große Analogie zwischen der WA-Methode und der Systemtechnik / DIN14/ . Ein System ist gekennzeichnet durch eine Struktur (Aufbau, Anordnungs-, und Beziehungsschema seiner Elemente und Eigenschaften), wenigstens eine Funktion (Wirkung, Zweck), wenigstens je einen Eingang und Ausgang (Durchsatz von Informationen, Energie, Stoff), einen Zustand (momentanes Verhalten) und ein Umfeld (Vernetzung mit weiteren Systemen). Hieraus folgt, dass unübersichtliche Probleme erst zu strukturieren sind, bevor man sich mit der Lösung befassen sollte. Ein sehr wirksamer Ansatz dazu ist die strukturierte Problemanalyse, deren Ziel es ist, aus einem unübersichtlichen Problem ein transparentes Ziel zu generieren. Hierzu kann beispielsweise die „Black-Box-Darstellung“ im Bild 7.2 genutzt werden. Diese verknüpft die vorstehenden Systemelemente zu einer logischen Struktur (Funktionsanalyse). Das System „Wertanalyse“ 25 NF 1 NF 2 NF 3 NF 4 NF 5 NF 6 A(t) E(t) HF Bild 7.2: Komplexitätsebene einer Systemstruktur Für die Lösung eines Problems erfüllt die Funktionsstruktur eine wichtige Aufgabe. Man erkennt das Zusammenwirken der Funktionen und kann zielgerichteter nach erfüllenden Lösungsprinzipien suchen. Die Funktionsstruktur wird wesentlich von den Systemgrenzen beeinflusst, die somit fallweise nicht zu eng oder zu weit gezogen werden dürfen. Eine sinnvolle Modellbildung hat sich daher schalenförmig über das Um- und Obersystem zum Objekt hinzuentwickeln. Bei der hierbei durchzuführenden Abstraktion werden dann die Schnittstellen bzw. Übergangsbedingungen sichtbar. Am zweckmäßigsten erkennt man diese mittels der Funktionsmodellierung, die letztlich auch zum Problemkern führen soll. Auto Fahrzeugtüre Umsystem (Wie entwickelt sich das Auto? ) Systemgrenze Obersystem (Wie entwickelt sich die Türe? ) Objektgrenzen Scharniere Fensterheber Schloss 1. Objekt 2. Objekt 3. Objekt Systemintegration zum Türmodul Bild 7.3: Eingrenzung eines WA-Objektes und Findung der „richtigen“ Aufgabe Ein typisches Beispiel für das Ziehen von Systemgrenzen mag die WA-Untersuchung einer Pkw-Türe abgeben, welches im Bild 7.3 angedeutet ist. Die Analyse eines Objektes kann zwar isoliert erfolgen, muss aber immer im Zusammenhang mit tangierenden Systemen gesehen werden. Das heißt, die Weiterentwicklung von Objekten hängt immer von der Weiterentwicklung des Systems ab. Die Objekte Scharniere, Fensterheber, Schloss etc. stoßen letztlich bei der funktionellen Überarbeitung an Grenzen und können nur weiterentwickelt werden, wenn sich auch das Obersystem weiterentwickelt. Im Das System „Wertanalyse“ 26 Extremfall muss sogar die weitere Existenz des Objektes in Frage gestellt werden. Gerade die angesprochene Türe ist hierfür ein treffendes Beispiel. Als Subsystem verfügt sie über viele autonome Objekte, die sich nur optimieren lassen, wenn in das Subsystem hineinintegriert wird. Das Ergebnis dieser Bemühungen ist der „Türmodul“ (VW, Audi) als neues Untersystem. Weiterentwicklungen auf der Ebene des Türmoduls werden wieder ein neues Optimierungspotenzial aufzeigen, womit eine nie endende Kette gebildet wird. Miles hat für Wertanalytiker 13 Grundregeln (siehe auch VDI 2807 bzw. VDI13/ ) formuliert, die wie folgt zu beherzigen sind: WA-Arbeitsregeln: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. Verallgemeinerungen vermeiden Kosten feststellen lassen und prüfen Informationen aus besten Quellen beschaffen Zerlegen, verfeinern, neu erfinden Schöpferische Phantasie entwickeln Hindernisse erkennen und überwinden Spezialisten und/ oder Berater fragen Kosten für Toleranzen und besondere Anforderungen ermitteln und berücksichtigen Funktionalere Produkte von Zulieferanten verwenden Lieferantenerfahrungen nutzen Spezielle Verfahren und Effekte auf Anwendbarkeit prüfen Verpflichtende Normen beachten Geld des Unternehmens wie das eigene ausgeben Bei jeder Art von Projektarbeit sollte man diese Regeln vor Augen haben. Diese helfen nicht nur Augenblickshindernisse zu überwinden, sondern stellen insgesamt eine Richtschnur für erfolgreiche WA-Arbeit dar. Funktionen 27 8 Funktionen 8.1 Funktionsdefinition Technische Objekte werden geschaffen, weil sie eine bestimmte Aufgabe erfüllen sollen, die als Wirkung oder Vorgang realisiert werden. Unter einer Funktion ist somit im Sinne der Wertanalyse (/ HÄN95/ , KOR77/ ) zu verstehen: „eine von einem Objekt (Funktionsträger) erfüllte (Istfunktion) bzw. zu erfüllende Aufgabe (Sollfunktion)“. Neben der Aufgabenstellung ist die Funktion der zentrale Orientierungspunkt einer WA und die wichtigste Basis für Vergleiche. Durch Funktionen werden klare Prioritäten gesetzt. Nicht das Produkt, sondern der von ihm erwartete funktionelle Gesamtnutzen für den Kunden steht im Vordergrund einer WA. Die vom Produkt zu berücksichtigenden Soll-Funktionen und deren Funktionserfüllung (Güte der verwirklichten Lösung) sollen sich am Werturteil des Kunden, also an dem von ihm erwarteten Nutzen, orientieren. Insofern wird die Funktion zum eigentlichen Werturteil. Ein Mehr an Funktionalität bringt daher eine Wertsteigerung für das Produkt mit sich, sofern dieses Mehr den Erwartungen der Kunden entspricht. Bei nicht erfüllten Funktionsanforderungen wird selbst ein günstiger Preis und eine gute Gesamtqualität nicht ausreichen. Funktionen werden in der WA kurz und knapp mit einem Hauptwort und einem Tätigkeitswort (Zweiwort-Identifizierung) beschrieben; hierbei soll das Tätigkeitswort nach Möglichkeit quantifizierbar sein, also messtechnisch erfasst werden können. Beispiele: Lasten transportieren, Wärme erzeugen, Zeit angeben. Die Funktionsdefinition zielt auf die Abstraktionsebene einer Aufgabenstellung und sollte deshalb so weit gespannt werden, dass damit keine Festlegung verbunden ist. Demgegenüber weist eine sehr enge Soll-Funktionsdefinition meist sofort auf eine Lösung, z. B. Last heben Hubwerk, Wärme abstrahlen Radiator, Zeit anzeigen Zifferblatt, hin und behindert die kreative Suche. Benzin pumpen Benzin fördern Flüssigkeit transportieren symbolisch ikonisch real Abstraktionsgrad kein mittlerer hoher Bild 8.1: Qualität der Ideenproduktion in Abhängigkeit vom Abstraktionsgrad der Funktionsformulierung Funktionen 28 Ein sehr oft gemachter Fehler ist, dass mit einer Funktion nur eine eventuelle Möglichkeit ausgedrückt wird, z. B. Flüssigkeitsförderung ermöglichen, Drehmomentübertragung gestatten, Materialbeschaffung erlauben etc., welches wiederum zu neutral für eine Funktionsbeschreibung ist. Gerade WA-Erstanwender neigen dazu, diese Spielregeln als unnötig abzutun und sich gleich intuitiv der Aufgabenstellung zuzuwenden, womit meist jedoch nur Zufallserfolge verbunden sind. 8.2 Funktionsgliederung Die Aufgaben, die ein Produkt für die Kunden zu erfüllen hat, lassen sich also durch Soll-Funktionen beschreiben. Diese Aufgaben ergeben sich immer aus einer bestimmten Zielsetzung. Solche Zielsetzungen setzen sich regelmäßig aus technischen und nichttechnischen Faktoren zusammen. Zur eindeutigeren begrifflichen Trennung dieser Zielvorstellungen dient die Charakterisierung in Gebrauchsfunktionen und Geltungsfunktionen, so wie im Bild 8.2 aufgeschlüsselt. - - Hauptfunktionen Nebenfunktionen WA-Funktionen Funktionsarten Funktionsklassen Geltungsfunktionen Gebrauchsfunktionen Bild 8.2: Untergliederung der Funktionen in der Wertanalyse Diese lassen sich folgendermaßen abgrenzen: Unter Gebrauchsfunktionen werden jene verstanden, die zur technischen und wirtschaftlichen Nutzung eines WA-Objektes unbedingt erforderlich sind. Geltungsfunktionen sind jene, die die Gebrauchs- oder Nutzungsfunktionen eines Objektes nicht wesentlich beeinflussen. (Sie erfüllen die Aufgabe, geschmacklichen oder prestigeorientierten Ansprüchen zu genügen.) Die beiden Funktionsarten können nur gewichtet werden, wenn Klarheit über die jeweilige Zielsetzung herrscht. Hierbei werden unterschiedliche Gesichtspunkte wie Leistung, Handhabung, Wartung, Sicherheit, Aussehen, Herstellbarkeit, Kosten und anderes mehr gegeneinander bewertet. Direktere Bedeutung für ein Produkt hat allerdings die Abgrenzung in die beiden Funktionsklassen Hauptfunktionen und Nebenfunktionen: Die Hauptfunktionen kennzeichnen die eigentlichen Haupt-Aufgaben oder den Verwendungszweck. Ihre Erfüllung ist unerlässlich. Funktionen 29 Die Nebenfunktionen kennzeichnen weitere notwendige Aufgaben, die dazu beitragen müssen, die Hauptfunktionen zu erfüllen. Objekt Gebrauchsfunktion Geltungsfunktion Bleistift Mine halten Mine schützen Schreibkultur vermitteln Schreibtisch Arbeitsfläche bieten Ablage aufnehmen Status dokumentieren Unternehmensstil ausdrücken Lack Korrosion verhindern Optik/ Aussehen verbessern Vordrucke Informationen speichern EDV-Einsatz verbessern Werbebotschaft vermitteln Bild 8.3: Funktionsarten in Zweiwort-Nomenklatur Über die Hauptfunktion wird festgelegt, was ein Objekt alles können oder tun soll. Möglich ist auch, dass ein Objekt mehrere Hauptfunktionen hat. Entsprechend können die Nebenfunktionen nach den folgenden Gesichtspunkten gefunden werden: - Welche technisch-physikalischen Voraussetzungen müssen für die Funktionsweise wie gegeben sein? - Welche markt- und kundenorientierten Besonderheiten müssen wie berücksichtigt werden? und - Welche Konstruktionsdetails sind zu realisieren? Bei vorgegebener Aufgabenstellung können die Funktionsklassen durch die beiden Kernfragen „Warum? “ und „Wie? “ voneinander abgegrenzt werden: Die Frage „Warum wird die Funktion bei diesem Lösungsvorschlag erfüllt? “ zielt auf eine höherrangige Funktion Hauptfunktion ab. Die Frage „Wie wird die Funktion bei diesem Lösungsvorschlag erfüllt? “ weist auf eine rangniedrigere Funktion Nebenfunktion hin. Im umseitigen Bild 8.4 ist zu einigen Objekten eine kurze Funktionsbeschreibung mit Hervorhebung der Hauptfunktionen gegeben. Für die Charakterisierung wurde die zuvor definierte Zweiwort-Identifizierung verwendet. Darüber hinaus wird im Value Management (siehe DIN EN 12973) noch unterschieden in „Nutzerbezogene Funktionen (NBF)“ und in „Produktbezogene Funktionen“. Intention ist es dabei, den Kundenforderungen noch einmal ein besonderes Gewicht zu geben. Die Definition dieser Funktionsarten ist auf Seite 94 gegeben. F UNKTIONSART F UNKTIONSKLASSE F UNKTIONSKLASSE Erzeugnis Gebrauchs- Geltungs- Funktionen typische H AUPT funktionen Hauptwort Tätigkeitswort typische N EBEN funktionen Hauptwort Tätigkeitswort Glühlampe x x Licht erzeugen Strom Glühdraht Lampe leiten erhitzen befestigen Kfz-Scheinwerfer x x x Licht Lichtstrahl abgeben bündeln Karosserie Neigung Befestigung zieren verstellen vorsehen Schraube x Teile verbinden Keilwirkung Axialkräfte Reibung erzeugen bewirken hervorrufen Krawatte x Träger schmücken Krawatte befestigen Bild 8.4: Beispiele für WA-Funktionsdefinitionen Funktionen 30 Funktionen 31 8.3 Erstellung eines FAST-Diagramms Ein sehr wirksames Hilfsmittel zur Ist-Funktionsanalyse und Soll-Funktionsgenerierung ist das FAST-Diagramm (Funktionen - Analyse - System - Technik). Die Vorgehensweise geht auf C. W. Bytheway *) (Methodik aus dem Jahre 1963) zurück, der im Rahmen von herausfordernden Entwicklungsaufgaben eine Funktionen-Analyse-Technik entwickelt hat, die bei vielen Problemen erfolgreich war. Den Nutzen wird ein Anwender jedoch nur bei einem hinreichend komplexen Problem erkennen. Vorstellung ist es, dass ein WA-Team damit beginnen soll, für ein bestehendes Produkt mithilfe des FAST-Diagramms die „IST-Funktionen-Struktur“ in einem logischen Pfad zu entwickeln. Meist erfordert dies mehrere Iterationen, bis letztlich die Grundstruktur der benötigten Funktionen vorliegt, die insgesamt die Systemstruktur bilden und das wertanalytische Potenzial aufzeigt. Im nächsten Schritt werden die eingehenden Funktionen in einer Zweiwort-Charakteristik so abstrahiert, dass keine Vorprägungen mehr für Prinzipien vorliegen. Dies impliziert, dass das Diagramm mit den erforderlichen Haupt- und Nebenfunktionen als „Soll-Funktionen-Diagramm“ neu aufgezogen wird. Damit ist wieder das Feld für den sich anschließenden kreativen Prozess bereitet, der nunmehr offen ist für neue konstruktive Lösungen für Nebenfunktionen oder deren Zusammenfassung zu insgesamt weniger Teilen. Im umseitigen Bild 8.5 ist das Prinzip des FAST-Diagramms gezeigt. Man beginnt gewöhnlich damit, den Untersuchungsrahmen (Scope) abzustecken und eine charakteristische Gesamtfunktion festzulegen. Aus der Gesamtfunktion gilt es dann, die notwendigen Basisfunktionen (sie werden durch Zusammenwirken aller übrigen Funktionen im Untersuchungsrahmen erfüllt) zu entwickeln. Durch die gerichtete Frage WIE? werden die weiter erforderlichen Folgefunktionen (FF) auf dem logischen Pfad (LFP) abgeleitet. Möglichweise sind durch Parallelfunktionen (PF) auch alternative Verknüpfungen vorhanden oder herzustellen. Die Funktionenstruktur ist eindeutig, wenn sich durch die rechtsseitige Fragestellung mit WARUM? oder WOZU? ein logischer Zusammenhang ergibt, damit ist sichergestellt, dass dahinter auch ein richtig funktionierender Zusammenhang steht. Diese Logik ist auch auf die Verknüpfung zwischen der/ den Basisfunktion/ en (HF) und den akzeptierten Nebenfunktionen anzuwenden. Falls bei der folgenden Gesamtbetrachtung noch Spezifikationen, einmalige Funktionen oder ständige Funktionen eine Rolle spielen sollten, so sind diese im oberen Bereich des Diagramms anzuordnen, wie die nachfolgenden Beispiele zeigen. Die in diesem Feld eingetragenen Hinweise haben nicht nur Platzhalterfunktion, sondern meist haben sie den Stellenwert von Randbedingungen und sind daher bei der Problemlösung zu berücksichtigen. *) Anmerkung: Charles W. Bytheway, amerikanischer Professor, beschäftigte sich mit Kreativitätsforschung und Wertanalyse. Funktionen 32 ÜF notwendige Basisfunktion (BF) unabhängige Folgefunktion (FF) Folgefunktion (FF) unabhängige Folgefunktion (FF) akzeptierte NF1 Vorgaben / Spezifikationen WANN? Rahmen (Scope) des untersuchten Problems WARUM? / WOZU? (Was muss sein, dass ...? ) WIE? / WODURCH? (Was muss geschehen, dass ...? ) WA-Funktionen Funktionen, die nur einmal erfüllt werden Funktionen, die ständig erfüllt werden LSL RSL unerwünschte Folgefunktion (FF) akzeptierte NF2 unabhängige Folgefunktion (FF) FF unerwünschte PF mögliche Parallelfunktion (PF) logischer Pfad akzeptierte NF3 Bild 8.5: Prinzip des FAST- oder Struktur-Diagramms innerhalb seiner Systemgrenzen (SG) Struktur eines FAST-Diagramms Aufgabe (ÜF): übergeordnete Funktion (funktionales Ziel): kleine und mittlere „Objekte mit variabler Geometrie transportieren“ Basisfunktion (BF HF): „Objekt greifen“, „Objekt bewegen“ etc. Folgefunktionen (FF): Von links nach rechts schließen sich weitere Folgefunktionen (FF) des Greifers an: „Bewegung erzeugen“, „Finger anlegen“. Alternativ können auch Parallelfunktionen (PF) existieren. Oberes Feld: Im Notizbereich werden wichtige Vorgaben und Funktionen, die zwar gefordert, aber nicht eingeordnet werden können, notiert. Systemgrenzen: festlegen zwischen Ein- und Ausgängen (linke/ rechte Scope- Linie) Funktionen 33 Das Beispiel im Bild 8.6 zeigt die Soll-Struktur eines FAST-Diagramms für die Entwicklung eines flexiblen Roboter-Greifers, der unterschiedliche Bauteile greifen, unter Kontrolle bringen und zu einer Verarbeitungsstation transportieren soll. Die dazu erforderliche übergeordnete Grundfunktion ist „weit“ definiert und durch drei Hauptfunktionen gegeben. Weiter zeigt das Diagramm, wie die Folgefunktionen zusammenwirken und welche Parallelfunktionen (zusätzlich, gleichzeitig, gleichbedeutend etc.) möglich oder notwendig sind. Spezifikationen Sicherheitsnormen beachten Einmalige Funktion Einfache Fertigung Ständige Funktionen Greifer steuern Greifer überwachen Einfache Handhabung Leichte Instandhaltung Schmutzunempfindlichkeit gewährleisten Robustheit gewährleisten variable Objekte transportieren Objekte bewegen Objekte greifen Greifer konfigurieren Kraftschluss/ Reibschluss erzeugen Formschluss erzeugen Finger bewegen Bewegung erzeugen Finger anlegen Kraft aufbringen Liniearbewegung erzeugen Geometrie verändern Finger anpassen Energie umwandeln 3-Finger (parallel Griff) 3-Finger (zentrischer Griff) 2-Finger Griff Fingerstellung ändern Einzelbewegungen erzeugen Energie bereitstellen Objekte anbieten WARUM? / WOZU? Was muss sein, dass..? WIE? / WODURCH? Was muss geschehen, dass...? Finger antreiben Greiferbewegungen steuern Bild 8.6: FAST-Diagramm eines flexiblen Roboter-Greifarms / JOO07/ Das Ziel der Diagrammerstellung ist letztlich aber zu einer einfacheren Lösung zu kommen, weshalb als Ergebnis neben den Hauptfunktionen noch die hinreichend weit abstrahierenden Nebenfunktionen gesucht sind. Mit den gefundenen vier Nebenfunktionen kann sodann der kreative Suchprozess durchgeführt werden. Funktionen 34 8.4 Funktionskosten Zu den wesentlichen Prinzipien der Wertanalyse gehört die Verknüpfung von Funktionen und Kosten. Vorgabe ist es in der Regel, eine gleiche oder bessere Funktionserfüllung mit geringeren Kosten (resp. Herstellkosten) zu realisieren. Dies bedingt, dass geeignete funktionale Zuordnungen von Kosten möglich sind. Manchmal erweist sich dies als problematisch, da zwar in einer Kalkulation exakte Material-, Fertigungs- und Montagekosten ermittelt werden können, eine eindeutige Aufschlüsselung auf Funktionen vielfach aber nicht möglich oder eine Frage der Abgrenzung (Teile an der Schnittstelle von Baugruppen) ist. Insofern kann man oft die richtige Gewichtung von Funktionskosten noch anzweifeln, welches für alternative Betrachtungsweisen jedoch unwesentlich wird, wenn alle Zuweisungen nach gleichen Maßstäben erfolgen. Zusammenfassend lässt sich also feststellen: Funktionskosten sind eine auf die konstruktiven Zusammenhänge bezogene Kostenaufschlüsselung. Sie zeigen in einem gewissen Grade die wirtschaftlichen Konsequenzen von konstruktiven Überlegungen auf und weisen auf Schwerpunkte oder auch Schwachpunkte hin. Mit Funktionskosten können vergleichbare Kosten für grundverschiedene Lösungen ermittelt werden. Die Kombination günstiger Lösungen für die jeweiligen Funktionen ist wertgerechtes Gestalten im Sinne der WA. Funktionskosten sollen zum wertbewussten Denken in Alternativen anregen, weil sie den direkten Wertvergleich herausfordern. Werden im Rahmen von Re-Design-Projekten neue Lösungsansätze bzw. geplante Verbesserungen für Produkte mit Hilfe von Funktionskosten verglichen, so führt dies immer wieder auf potenzialhaltige Fragestellungen, wie beispielsweise: - Steht der für eine Funktion getriebene Aufwand in einem angemessenen Verhältnis zu anderen, wichtigeren oder unwichtigeren Funktionen eines Untersuchungsobjektes? - Wie viel ist eine Funktion überhaupt dem Kunden wert? Welchen zusätzlichen Erlös bringt eine zusätzlich angebotene Funktion? - Was kostet eine Funktion, wenn sie durch die Vorschläge x, y, z verwirklicht wird? - Welche Einzelteile können entfallen, wenn eine Funktion nicht bzw. nicht in dem bisherigen Umfang erfüllt werden müsste? - Welche Herstelloperationen benötigt eine Funktion, und wie lassen sich diese vereinfachen oder reduzieren? - Wie hoch sind die Funktionskosten von vergleichbaren Wettbewerbslösungen? Die praktischen Schwierigkeiten bei der Bildung von Funktionskosten können einfach überwunden werden, wenn man das prozentuale Zuordnungsprinzip nutzt, wie nachfolgend an dem Beispiel „elektrischer Profi-Grill“ gezeigt werden soll. Funktionen 35 Beispiel: Bildung von Funktionskosten / HÄN95/ , Ableitung aus dem Funktionenbaum IST-Funktionsgliederung bzw. Funktionenbaum Grillgut befestigen Formschluss herstellen WARUM? Heizspirale vorsehen Tropffett auffangen Grillgut befestigen Grillgutentnahme ermöglichen 1.1.1 1.2.1 1.3.1 1.3.2 1.4.1 1.4.2 2. Ordnung Grillgut aufnehmen Grillgut drehen WARUM? Grillgut beheizen Grillgut transportieren 1.1 1.2 1.3 1.4 1. Ordnung Grillgut garen 1. WIE? Nebenfunktionen Hauptfunktion Gliederungstiefe 4 1 Gehäuse komplett 2 Getriebemotor 3 Schalteinheit 4 Heizspirale 5 Drehspieß komplett 6 Fleischhaken 7 Tropfpfanne Funktionen 36 Funktionskostenanalyse Funktionen HF: Grillgut garen Funktionsträger Grillgut aufnehmen Grillgut drehen Grillgut beheizen Grillgut transportieren HK (€) 1. Gehäuse, kompl. 33 % 4,- 33 % 4,- 33 % 4,- - - 12,- 21,4 % 2. Getriebemotor - 100 % 16,- - - 16,- 28,6 % 3. Schalteinheit - 50 % 4,- 50 % 4,- - 8,- 14,3 % 4. Heizspirale - - 100 % 12,- - 12,- 21,4 % 5. Drehspieß 25 % 1,- 25 % 1,- 25 % 1,- 25 % 1,- 4,- 7,1 % 6. Fleischhaken - 100 % 2,- - - 2,- 3,6 % 7. Tropfpfanne - - 100 % 2,- - 2,- 3,6 % 5,- 13 % 27,- 46 % 23,- 40 % 1,- 1 % 56,- 100 % Welche Schlüsse sind aus der Analyse zu ziehen? 1. Der Schwerpunkt der WA muss somit sein, die beiden dominierenden Funktionen kostengünstiger zu realisieren. 86 % v. HK entfallen auf diese beiden Funktionen und hier ragen heraus: der Getriebemotor, die Heizspirale und das Gehäuse. 2. Da hierunter zwei Kaufteile sind, wäre der einfachste Weg, weltweit nach günstigeren Zulieferanten zu suchen. 3. Wenn hier keine Erfolgsaussichten bestehen, muss an Alternativen gearbeitet werden: - Getriebemotor ersetzen Federspeicherantrieb vorsehen, - Heizspirale weglassen Heizen wird Problem des Kunden, z. B. Holzkohle einfüllen 4. Bei den möglichen Alternativen ist zu hinterfragen: Wie macht dies der Wettbewerb? Wie kommt das bei Kunden an? und Bei welchem Preis würde der Kunde hierzu bereit sein? 5. Wenn Objekte bei etwas weniger oder anderer Funktionalität, jedoch mit guter Ausführungsqualität, preislich etwas günstiger werden, haben sie bei einem bestimmten Kundenkreis trotzdem bleibende Akzeptanz. Schwerpunktbildungen 37 9 Schwerpunktbildungen Wie bei allen Fragestellungen geht es auch bei wertanalytischen Betrachtungen darum, dass man seine Kräfte und Ressourcen konzentriert einsetzt. Dies verlangt Schwerpunksetzungen auf umsatzrelevante Systeme, kostenbestimmende Produkte sowie auf bearbeitungs- und montageintensive Teile. Wenn die Schwerpunkte nicht sofort zu erkennen sind, sollte versucht werden, diese durch eine Systematik transparent herauszuarbeiten. 9.1 ABC-Analyse Ein Hilfsmittel zur Erkennung derartiger Schwerpunkte ist beispielsweise die ABC- Analyse, die auch in anderen Zusammenhängen angewandt wird. Man stellt nämlich bei diskreten Strukturierungsaufgaben fast immer charakteristische Häufigkeitsverteilungen fest, womit Ansatzpunkte für Maßnahmen mit großer Hebelwirkung sichtbar werden. Übertragen auf Produktprogramme kann gestützt auf empirische Erhebungen behauptet werden, dass „ein großer Teil des Gesamtumsatzes von einem kleinen Teil wichtiger Erzeugnisse“ bestritten wird, und dass umgekehrt ein kleiner Teil des Umsatzes auf eine größere Anzahl weniger wichtiger Erzeugnisse zurückgeht. So unterscheidet man: A-Teile: Das sind die wichtigsten Produkte mit dem größten Anteil, und zwar am Umsatz, Deckungsbeitrag oder Kosten. B-Teile: und Das sind die weniger wichtigen Produkte. C-Teile: Das sind die unwichtigen Produkte mit einem geringen bezogenen Anteil. Diese Charakterisierung ist mittlerweile in der Industrie üblich, wenn man über Schwerpunktbildungen bei wirtschaftlichen Problemstellungen nachdenkt. Aus einer Vielzahl von Analysen hat man dann die folgende Verteilung abgeleitet, die eine idealisierte Angabe ist, die bei konkreten Analysen ungefähr so eintreten wird. A-Teile B-Teile C-Teile Umsatz in % 75 20 5 Anzahl der Teile in % 5 20 75 *** ** * Im Bild 9.1 ist die Analyse einer realen Baugruppe mit 23 Bauteilen dargestellt. Auf nur zwei Bauteile entfallen 75 % der gesamten Herstellkosten, weitere fünf Bauteile erzeugen 20 % HK und sechzehn Bauteile tragen nur 5 % HK zur Gesamtkostensituation bei. Schwerpunktbildungen 38 10 10 20 20 30 30 40 40 50 50 60 60 70 70 80 80 90 90 100 100 A = 8,7 % / 75 % B = 21,7 % / 20 % C = 69,9 % / 5 % Mengenanteil in % Herstellkosten in % (30,4; 95) (8,7; 75) Bild 9.1: Exemplarische ABC-Analyse Es ist somit selbstredend, dass gravierende Kostenreduktionen nur erreichbar sind, wenn man sich bei einer WA auf die A-Teile abstützt. 9.2 Pareto-Analyse Eine ebenfalls weitverbreitete Methode zur Schwerpunktbildung ist die Pareto-Analyse. Sie hilft mittels einer Häufigkeitsgewichtung die „wenigen wichtigen“ von den „vielen unwichtigen“ Einflüssen auf eine Situation zu trennen. Die Methode geht auf den italienischen Wirtschaftswissenschaftler Vilfredo Pareto zurück, der sich Anfang des 19. Jahrhunderts mit Einkommen, Reichtum und anderen Ungleichverteilungen befasst hat. Ziel einer Pareto-Analyse ist es daher immer, Ungleichheiten aufzuzeigen. Die bekannte 80/ 20-Regel („Achtzig Prozent unserer Geschäftsaktivitäten stammen von zwanzig Prozent unserer Kunden.“ oder „Achtzig Prozent der Kosten werden von zwanzig Prozent der Teile hervorgerufen.“) ist im Wesentlichen die Zusammenfassung der Erkenntnisse von Pareto. Bei dem folgenden WA-Beispiel soll es um die Beseitigung von Kundenreklamationen an einem optischen Gerät gehen, welche entweder konstruktiv oder organisatorisch behoben werden sollen. Hierzu ist die Häufigkeit der Reklamationen erfasst worden. Schwerpunktbildungen 39 Problem Häufigkeit Einstellglieder der Optik defekt Skalierung der Optik zu ungenau fehlerhafter Zusammenbau verkratzte Optik sonstige Fehler 43 % der Fälle 31 % der Fälle 16 % der Fälle 6 % der Fälle 4 % der Fälle Die Auftragung dieses Sachverhaltes zeigt Bild 9.2. 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 % 43 31 16 6 4kummulierte Gesamthäufigkeit Auftretenshäufigkeit Einstellglieder defekt Skalierung zu ungenau fehlerhafte Montage verkratzte Optik sonstiges 74 % Bild 9.2: Erstellung der Summenhäufigkeit von Fehlern Beide Vorgehensweisen nach ABC- oder Pareto-Analyse führen jeweils zu identischen Aussagen beim gleichen Problem. 9.3 Kostenhebel Ein Aspekt der WA-Arbeit ist immer auch die direkte Kostensenkung bei der Realisierung eines gefundenen neuen Konzeptes. Dies setzt eine gute Kenntnis im kostengerechten Gestalten von Bauteilen voraus. Bei normalen Produkten mit gewöhnlichen Schwerpunktbildungen 40 Anforderungen gibt es im Wesentlichen drei Problemkreise, die im Rahmen einer Kostenbetrachtung zielführend analysiert werden sollen. Zirkaanteile an den Herstellkosten eines Maschinenbauproduktes: 30-40 % sind Materialkosten 20-30 % sind Fertigungskosten 30 % sind Montagekosten Hierhinter sind verschiedene Einzelmaßnahmen verborgen, und zwar Materialeinsatz verringern: Bauteile gewichtsoptimal auslegen und gestalten, kostengünstiges Material einsetzen, Rohteil günstigst wählen und ausnutzen, eventuell Rohteil mit „fertiger“ Oberfläche (blankgezogen oder ähnlich) einsetzen; günstigstes Herstellverfahren wählen: Herstellverfahren orientieren sich an der Stückzahl, werkzeuggebundene Verfahren (Schmieden, Gießen, Umformen) erfordern große Stückzahlen, werkzeugunabhängige Verfahren benötigen kleine Stückzahlen; nur notwendige und kostengünstige Bearbeitung wählen: einfache Bearbeitungsverfahren wählen, Nebenzeit reduzieren (d. h. kein Werkzeugwechsel, kein Umspannen, Messen automatisieren), große Flächen segmentieren und nur Bezugsstellen bearbeiten; Montageaufwand verringern: möglichst wenige und einfache Teile schaffen, Teile müssen einfach zu handhaben und zu fügen sein, Teile sollten symmetrisch/ unsymmetrisch sein, Positionierhilfen vorsehen, möglichst wenig Verbindungsaufwand erzeugen. Viele der angesprochenen Punkte lassen sich noch detaillierter darstellen, weshalb auf Kosteninformationssysteme verwiesen sei, in welche noch weitergehende Vorschläge katalogisiert sind. Kundenforderungen erfüllen 41 10 Kundenforderungen erfüllen 10.1 Wertorientierung Zentrale Begriffe in der Wertanalyse sind „Kosten“, „Wert“ und „Nutzen“. Direktes Ziel einer WA ist es stets, einen hohen Wert (für den Nutzer) zu niedrigen Kosten (Hersteller) realisieren zu wollen. Gewöhnlich ist dies mit einem hohen Gewinn verbunden. Gemäß DIN EN 1325 ist Wert definiert als „Beziehung zwischen dem Beitrag der Funktion (bzw. WA-Objektes) zur Bedürfnisbefriedigung und den Kosten der Funktion (bzw. WA-Objektes)“. Dies lässt sich in der folgenden Relation *) transparent darstellen: Ressourcen von Einsatz n Bedürnisse von ng Befriedigu WERT . Die beiden Faktoren müssen so aufeinander abgestimmt werden, dass ein möglichst großer „Kundennutzen“ ausgewiesen werden kann. Wert ist zudem kein statischer Begriff, sondern ergibt sich immer aus einer bestimmten Perspektive heraus: Ein Kunde wird einen hohen Wert empfinden, wenn er ein Maximum an Bedürfnisbefriedigung zu niedrigen Kosten enthält. Ein Hersteller arbeitet „wertgerecht“, wenn er mit geringen Ressourcen die Kundenbedürfnisse erfüllen kann. Eine Verwaltung kann eine Wertverbesserung erzielen, wenn durch Veränderungen in der Abwicklung von Vorgängen dasselbe Ergebnis in kürzerer Zeit mit geringerem Aufwand vorliegt. In jedem Einzelfall müssen Zähler und Nenner möglichst exakt spezifiziert und quantifiziert werden. Eine Wertoptimierung kann nur durch Veränderung des Quotienten erfolgen. Im umseitigen Bild 10.1 sind die verschiedenen Möglichkeiten zur Erzielung von Wertzuwächsen entwickelt worden. Ein Beispiel mag sein: einsatz Ressourcen größerer g efriedigun Bedürfnisb hohe sehr Airbags durch Auto im serhöhung Sicherheit Als eine wichtige Erkenntnis vermittelt diese Betrachtungsweise, dass auch eine Wertverbesserung durch Steigerung der Bedürfnisbefriedigung bei gleichzeitiger Erhöhung des Ressourceneinsatzes (s. VDI 2808) möglich ist, wenn die Bedürfnisbefriedigung stärker ansteigt als der Ressourceneinsatz. *) Anmerkung: Die Relation ist nicht mathematisch als Bruch zu verstehen, sondern sie soll eine Vorteilsbeziehung ausdrücken, wobei jeweils abgewogen werden sollte. Kundenforderungen erfüllen 42 sehr viel mehr Befriedigung viel mehr Befriedigung mehr Befriedigung gleiche Befriedigung etwas geringere Befriedigung = = etwas höherer Ressourceneinsatz gleicher Ressourceneinsatz geringerer Ressourceneinsatz viel geringerer Ressourceneinsatz sehr viel geringerer Ressourceneinsatz oder oder oder oder Bedürfnisbefriedigung Ressourceneinsatz = Bild 10.1: Alternativen zur Erzielung von Wertzuwächsen Für eine objektive Wertermittlung soll man sich bemühen, den Grad der Bedürfnisbefriedigung möglichst zu quantifizieren. Hierzu bietet es sich erweiternd an, den Erfüllungsgrad = Ziel Soll Realität Ist einer Lösung auszuweisen. Ein optimaler Erfüllungsgrad sollte den Zahlenwert „1“ aufweisen, während schlechtere Erfüllungsgrade im Wertebereich zwischen „0 bis 1“ (siehe Seite 47) liegen. 10.2 Alternativen bewerten Im Allgemeinen sind WA-Teams gehalten, für eine zu überarbeitende Aufgabenstellung eine Vielzahl von Alternativen zu entwickeln. Aus Zeit- und Kostengründen können jedoch nicht alle Lösungen weiter verfolgt werden, deshalb sollten zuallererst die offensichtlich ungeeigneten Lösungen sofort ausgefiltert werden, nur die danach noch verbleibenden Lösungen sind es wert, weiter bearbeitet zu werden. Oft läuft dieser Auswahlprozess in den Köpfen der WA-Teilnehmer ab. Dies ist jedoch nicht nachvollziehbar, weshalb in der Praxis die Forderung nach einer systematischen Vorgehensweise besteht. Innerhalb der WA braucht diese aber nicht neu erfunden werden, sondern es bietet sich hier an, eine bewährte Auswahltechnik aus der Konstruktionsmethodik zu übernehmen. Die so genannte „Auswahlliste“ ist für eine Schnellauswahl und Separation von geeigneten und ungeeigneten Varianten für eine Lösungsanforderung nach im Wesentlichen Kundenforderungen erfüllen 43 von sechs Kriterien abhängig erstellt worden. Umseitig ist im Bild 10.2 eine Standardauswahlliste / PAH05/ wiedergegeben. Die Kriterien A und B können eindeutig mit einer JA-NEIN-Entscheidung abgearbeitet werden. Zu den Kriterien C und D sind meist Hintergrundinformationen erforderlich, die eventuell eine kurze Untersuchung erfordern. Die Kriterien E und F sind hingegen etwas subjektiv und als solche zu werten. Um die Vorgehensweise zu konkretisieren, soll das folgende kleine Beispiel behandelt werden. Aufgabe: Es soll ein kompaktes Stadtfahrzeug für zwei Personen entwickelt werden, welches zukünftige Probleme in Ballungsräumen lösen soll. Randbedingungen: ein wirtschaftliches Antriebskonzept mit geringem Verbrauch (Kraftstoff, Strom oder Ähnliches); minimalen Emissionen ( 2 CO , Geräusche); kurzfristig nutzbar (d. h. im 2-Stunden-Takt Energie für 100 km verfügbar haben) Das WA-Team glaubt, die Aufgabe mit den folgenden Lösungsvarianten erfüllen zu können: Konzept: G Vi D R V1 = Wankelmotor V2 = Verbrennungsmotor V3 = E-Motor V4 = Hybridantrieb V5 = Gasmotor V6 = Wasserstoffmotor ------------------------------- G = Getriebe D = Differenzial R = Räder Da nicht alle Varianten weiterverfolgt werden können, sollen in einem K.-o.-Verfahren die erfolgversprechendsten Ansätze herausgefiltert werden. Umseitig ist die Vorgehensweise im Detail dargestellt worden. Letztlich führt dies dazu, dass den Varianten V5 und V6 hypothetisch die größten Umsetzungschancen zugebilligt werden. Kundenforderungen erfüllen 44 LBK Uni-Kassel AUSWAHLLISTE Blatt: Seite: Lösungsvariante (Lv) eintragen: Lösungsvariante (Lv) nach ( ) Ja ( ) nein ( ) Informationsmangel ( ) Anforderungsliste überprüfen ENTSCHEIDEN Lösungsvarianten (Lv) kennzeichnen: Verträglichkeit gegeben Forderungen der Anforderungsliste erfüllt Grundsätzlich realisierbar Im eigenen Bereich bevorzugt Erkenntnisstand ausreichend Bemerkungen/ Hinweise/ Begründungen + - ? ! ( ) Lösung weiterverfolgen ( ) Lösung scheidet aus ( ) Information beschaffen (Lösung erneut beurteilen) ( ) Anforderungsliste auf Änderung prüfen + - ? ! Lv A B C D Aufwand zulässig E F Entscheidung V1 V2 V3 V4 V5 V6 1 2 3 4 5 6 + + + + - + + + + + + ? + + + ? + - + + + - + ! + - - + + + - + + + + - Anfälligkeit wegen Dichtleisten erfüllt CO -Forderung nicht 2 Ladezeit wahrscheinlich zu lang nicht für Stadtverkehr geeignet hat sich bewährt mit Autogas Versuchsfahrzeug zeigt gute Ergebnisse - - - - + + 7 8 9 10 11 12 13 14 Datum: Moderator: Team: Bild 10.2: Schnellauswahl von erfüllenden Lösungsvarianten 10.3 Objektive Nutzenermittlung Eine direkte Kosten-/ Nutzen-Bewertung ist meist nicht sofort möglich, weil der Erfüllungsgrad einer Lösung vom Zusammenwirken bzw. der Erfüllung vieler Teilziele abhängen wird. Demgemäß ist also ein transparentes System zur objektiven Bewertung erforderlich. Hierfür steht letztlich die Nutzwertanalyse (NWA / ZAN70/ ) zur Verfü- Kundenforderungen erfüllen 45 gung. Die Systematik besteht darin, dass ein Zielsystem aus allen relevanten Teilzielen geschaffen wird und diese in Beziehung zu einer Gesamtlösung gesetzt werden. Am einfachsten lässt sich dies an einem kleinen Beispiel mit einer nachvollziehbaren Aufgabenstellung darstellen. Es mag die Situation gegeben sein, dass ein bestehender Verbrennungsmotor verbessert werden soll. Im Pflichtenheft sind eine Anzahl von Eigenschaften aufgeführt, die aus technischer und wirtschaftlicher Sicht zu gewichten sind. Im Bild 10.3 ist dazu das Zielsystem entwickelt worden. verbesserter Verbrennungsmotor hohe Wirtschaftlichkeit robuste Bauweise hoher Wirkungsgrad einfache Fertigung hohe Lebendauer lange Wartungsintervalle einfache Montage/ Demontage geringer Kraftstoffverbrauch leichte Bauart verschleißfeste Oberflächen gute Schmierung Zielbereiche Zielstufen i Z ii Z iii Z iiii Z Bild 10.3: Struktur eines Zielsystems Es wird empfohlen, die einzelnen Teilziele . etc Z ii möglichst positiv zu formulieren, also: nicht „keine Verluste“, sondern „hoher Wirkungsgrad“; nicht „Gewicht senken“, sondern „leichte Bauart“. Das Prinzip der Nutzwertanalyse wurde zuvor benutzt. Dieses besteht darin, horizontal die Zielbereiche zu strukturieren und diese dann vertikal mit abnehmender Komplexität zu ordnen. Der nächste Schritt erfordert nun das Zielsystem zu- und untereinander zu vergleichen, welches im folgenden Bild 10.4 exemplarisch gezeigt ist. Das heißt, die vorstehende Struktur wird übernommen und Ebene für Ebene mit Gewichtungen versehen. Die oberste Ebene legt das eigentliche Oberziel fest und hiervon werden die Teilziele heruntergebrochen, bis die unterste Ebene erreicht ist. Als Darstellungsmittel werden Kreise gewählt, die in drei Felder aufgeteilt werden. Die Teilziele und Ebenen werden in den abgeteilten Halbkreisen durch Indizierung vermerkt. Darunter wird mit der Ebenengewichtung eine Nivellierung zum vorstehenden höheren Teilziel herstellt. Die Zielgewichtung stellt hingegen den Bezug jedes Teilziels zum Oberteil her. Kundenforderungen erfüllen 46 1 Z 112 Z 1,0 1,0 12 Z 0,4 0,4 11 Z 0,6 0,6 0,3 0,18 111 Z 0,7 0,42 121 Z 0,4 0,16 122 Z 0,3 0,12 123 Z 0,3 0,12 1112 Z 0,7 0,29 1111 Z 0,3 0,13 1222 Z 0,5 0,06 1221 Z 0,5 0,06 1. Ebene: 2. Ebene: 3. Ebene: 4. Ebene: Ziel Ebenengewichtung Zielgewichtung 0,13 0,29 0,18 0,16 0,06 0,06 0,12 0 , 1 g i Bild 10.4: Ermittlung der Gewichtung für alle Teilziele Die Gewichtsrelationen bauen sich somit wie folgt auf: 11 Z ist mit 0,6 und 12 Z mit 0,4 in Bezug zu 1 Z zu gewichten. 111 Z ist mit 0,7 und 112 Z mit 0,3 in Bezug zu 11 Z zu gewichten, jedoch in Bezug zu 1 Z mit 0,42 und 0,18 zu gewichten. Das Gewicht von 1111 Z zu 1 Z ergibt sich somit aus 13 , 0 126 , 0 0 , 1 x 6 , 0 x 7 , 0 x 3 , 0 . Sinnvoll ist es, ein Test auf Konsistenz der Gewichtung durchzuführen. Der Test besteht darin, je Ebene die Summe aller Zielgewichtungen zu bilden, die dann Eins ergeben muss: z. B. 4. und 3. Ebene: 0,13 + 0,29 + 0,18 + 0,16 +0,06 + 0,06 + 0,12 = 1,0. Das eigentliche Ziel der bisherigen Vorbetrachtungen ist, Alternativen bzw. Varianten vergleichbar zu machen. Dies bedingt noch, dass ein Punkteschema verfügbar ist, mit dem der unterschiedliche Erfüllungsgrad einzelner Teilziele eingeordnet werden kann. Ein Vorschlag hierzu gibt Bild 10.5 wieder. Kundenforderungen erfüllen 47 Werteskala Nutzwertanalyse Richtlinie VDI 2225 WA Pkt. Bedeutung Pkt. Bedeutung konstr. Eigenschaften 0 absolut unbrauchbare Lösung 1 sehr mangelhafte Lösung 0 unbefriedigend extrem kompliziert 2 schwache Lösung 3 tragbare Lösung 1 gerade noch tragbar kompliziert 4 ausreichende Lösung 5 befriedigende Lösung 2 ausreichend mittel 6 gute Lösung mit geringen Mängeln 7 gute Lösung 3 gut einfach 8 sehr gute Lösung 9 über die Zielvorstellung hinausgehende Lösung 10 Ideallösung 4 sehr gut (ideal) sehr einfach Bild 10.5: Werteskala zur Abstufung von Eigenschaften An der Punkteverteilung bzw. der Feinheit der Abgrenzung wird sichtbar, dass unterschiedliche Methoden auch verschiedene Abstufungen nutzen. Da es hier keine feste Regel gibt, sollten Anwender nach ihrer Präferenz eine Werteskala heranziehen. Die zuvor hergeleiteten und spezifizierten Schritte waren notwendig, um letztendlich ein eindeutiges Bewertungsschema zum Vergleich von Alternativen aufstellen zu können. Im umseitigen Bild 10.6 ist eine beispielhafte technische Rangung von zwei Motorvarianten durchgeführt worden. Die Bewertungstabelle ist eine Übertragung von Bild 10.3 und Bild 10.4, hierbei ist darauf zu achten, dass die Abhängigkeiten über alle Ebenen richtig übertragen werden. Das heißt, es kann für 111 Z nur 1112 1111 Z Z übernommen werden, was eigentlich logisch ist. Entscheidend ist hierbei das Erreichen des höchsten „ungewichteten Gesamtwertes“ oder des höchsten „gewichteten Gesamtwertes“. In der durchgeführten Bewertung ist die Motorvariante V5 geringfügig besser als die Motorvariante V6. Somit ist gezeigt worden, dass innerhalb einer Wertanalyse Lösungen möglichst quantifiziert bewertet und danach auch in eine Randordnung gebracht werden sollten. Bewertungskriterien Eigenschaften Variante 5 (Gasmotor) Variante 6 (Wasserstoffmotor) Nr. Gew. Einh. Eigenschaft 1 i Wert 1 i w gew. Wert 1 i wg Eigenschaft 2 i Wert 2 i w gew. Wert 2 i wg 1 geringer Kraftstoffverbrauch 0,13 Verbrauch g/ kWh 240 8 1,04 300 5 0,65 2 leichte Bauart 0,29 Leistungsgewicht kg/ kW 1,7 9 2,61 2,7 4 1,16 3 einfache Fertigung 0,18 Komplexität kompliziert 2 0,36 mittel 5 0,9 4 hohe Lebensdauer 0,16 Laufleistung Fahr-km 80.000 4 0,64 120.000 7 1,12 9 einfache Montage/ Demontage 0,12 Aufwand Minuten 160 8 0,96 180 7 0,84 1 g i 1 i Gw 23 1 i Gwg 5,61 2 i Gw 21 2 i Gwg 5,32 Bild 10.6: Bewertungsliste zur Rangung von Alternativen bzw. Varianten Kundenforderungen erfüllen 48 Zielgerichtete Kostensenkung 49 11 Zielgerichtete Kostensenkung 11.1 Erfolg versprechende Ansatzpunkte Jedes einst neue Produkt veraltet oder steht mit der Zeit im Wettbewerb zu moderneren Produkten. Es besteht somit eine Notwendigkeit zur Produktpflege bzw. Produktüberarbeitung, um konkurrenzfähig zu bleiben. Zielrichtung ist es, hierbei gewöhnlich die Funktionalität und Kostensituation zu verbessern, um das Produkt neu positionieren zu können. Die Felder, die dabei abzuklopfen sind, betreffen regelmäßig die Konstruktion, Herstellung, Montage und Logistik um ein Produkt, wobei unterschiedlich große Potenziale aktiviert werden können. Es ist nicht unüblich, dass WA-Teams bei der erstmaligen Überarbeitung in eine Reduzierungsgröße von 15 bis 20 % von HK kommen. Mit wiederholter Überarbeitung wird dieses Potenzial natürlich auch geringer. Der für eine Wertanalyse aufzuwendende Gesamtaufwand sollte möglichst nicht größer sein als 10- 25 % der Kostensenkung des ersten Jahres. Im umseitigen Bild 11.1 ist aus einer Umfrage / EHR85/ ein Maßnahmenkatalog dargestellt, der das Ergebnis einer Befragung von 42 WA-Teams ausweist, die insgesamt 135 WA-Projekte bearbeitet haben. Hierbei wurden 32 einzelne Ansatzpunkte herausgestellt, die im Querschnitt zu Kostensenkungserfolgen zwischen 10-30 % geführt haben. Die in den Balken eingetragenen zahlenmäßigen Nennungen resultieren aus Mehrfachangaben und sind insofern auch als Häufigkeit für wirksame Ansatzpunkte zu interpretieren. Schwerpunkte für Kostensenkungen (HK): 9 % durch Konzeptüberarbeitung, 56 % durch Feinarbeit an der Konstruktion und der Montage, 19 % durch andere Fertigung, 16 % durch Einkauf/ Logistik Welcher Erkenntnisgewinn kann aus der Auflistung gezogen werden? Zunächst gibt es nicht unendlich viele Gestaltungs- und Veränderungsansätze in der Praxis, d. h. man kann sich konzentrieren auf bestimmte Schwerpunkte. Weiter sollen die aufgeführten Maßnahmen bewirken, dass man über einzelne Ansatzpunkte noch einmal nachdenkt, wenn man glaubt, alles durchdacht zu haben. Meist gibt es noch irgendwo kleine Reserven im Konzept, in der Fertigungsorganisation, in den Prozessen oder in der Montage, die man ausschöpfen kann. Der Schwerpunkt „Konzept“ scheint hier unterbewertet worden zu sein. Erfahrungsgemäß ist der Kostenerfolg eines neuen Konzeptes viel größer, etwa 30-40 % von HK. Ein einfaches Konzept ist hinsichtlich der Kosten meist nicht zu unterbieten. Zielgerichtete Kostensenkung 50 63 Anzahl der Funktionen verringert 45 Funktionsprinzip verändert 13 zulässige Beanspruchung geändert 63 Teilezahl reduziert 63 mehrere Teile zu einem Teil vereinigt 39 kompliziertes Teil in einfachere Teile aufgetrennt 65 kostengünstigeres Fertigungsverfahren 49 grundsätzlich anderes Fertigungsverfahren 86 fertigungsgerechter Gestalten 66 Werkstoff geändert 72 Halbzeug geändert 19 Materialoberfläche geändert 16 mehr Normteile eingesetzt 19 Teilfamilie (Baureihen/ Baukasten) eingeführt 30 statt Eigenfertigung jetzt Fremdbezug 19 statt Fremdbezug jetzt Eigenfertigung 44 konstruktive Änderung von Kaufteilen 54 Montage geändert 58 Fertigungsablauf geändert 14 Materialfluss verbessert 43 Betriebsmittel geändert 24 Fertigungsverfahren leistungsfähiger 22 weniger Materialabfall 4 Verwertung von Abfallmaterial 6 Qualitätsprüfung vereinfacht 33 anderer Lieferant für Material 40 anderer Lieferant für Kaufteile 40 kostengünstigerer Bezug 17 mehr Kaufteile 17 weniger Kaufteile 13 andere Bestellmengen 14 Einsatz von Serienteilen Konzept Entwurf überwiegend Konstruktion überwiegend Arbeitsvorbereitung überwiegend Einkauf 63 45 Bild 11.1: Ansatzpunkte für Kostensenkungsmaßnahmen (1.170 Nennungen) 11.2 Kostenpotenziale erschließen Durch die Übersicht von Bild 11.2 sollen weitere Hinweise gegeben werden, durch welche Ansätze welche Kostenarten (siehe allgemeingültiges Kosten-Kalkulationsschema nach DIN 32 992, T. 1 zurückgezogen) direkt oder indirekt beeinflusst werden können. Zielgerichtete Kostensenkung 51 Kostenart beeinflussbar durch verantwortlich MEK weniger oder weniger hochwertiges Material, ggf. Zulieferteil einsetzen, Normteile berücksichtigen Konstruktion, Einkauf MGK standardisieren, Teilevielfalt verringern, Lager verkleinern, Logistik verbessern, weniger Bestellvorgänge Konstruktion, Arbeitsvorbereitung, Materialwirtschaft FLK Bearbeitung verringern, Halbzeuge mit fertigen Oberflächen einsetzen, weniger Aufmaß vorsehen, Toleranzen und Oberflächengüten zurücknehmen, möglichst einfache Teile, große Lose anstreben Konstruktion, Arbeitsvorbereitung FGK teurere Arbeit vermeiden, gut organisieren, Selbstkontrolle bei QS Fertigung SEF Sonderwerkzeuge vermeiden, Standardvorrichtungen bzw. Normalien einsetzen Konstruktion, Arbeitsvorbereitung EKK Standardisierung, Baureihen bzw. Baukästen, CAD, Arbeitsteilung Konstruktion VVGK hoher Standardisierungsgrad, EDV Konstruktion, Vertrieb SEV Zielgruppenansprache verbessern Vertrieb Bild 11.2: Beeinflussbarkeit von Kostenarten durch die Konstruktion Die hieraus abzuleitenden Maßnahmen / EHR00/ lassen sich am wirksamsten durch die Aufgabenstellung, das Konzept, die Stückzahl, die Teilekomplexität und die Arbeitsorganisation beeinflussen. Mittels der „Aufgabenstellung“ werden die Anforderungen an ein Produkt festgelegt. Eine Aufgabe mit vielen einengenden Anforderungen verstellt meist den Weg zu einer einfachen und kostengünstigen Lösung. Deshalb sollten Anforderungen sehr allgemein definiert werden, um noch ausreichende Freiheiten für das Konzept zu haben. Als „Konzept“ wird eine konkretisierte Prinziplösung bezeichnet. Das heißt, es sollten Skizzen existieren, die die Funktionsweise und die benötigten Teile zeigen. Die Erfahrung lehrt, dass das „erste Konzept meist nicht das Beste“ ist, d. h., gewöhnlich werden mehrere Konzepte erforderlich sein. Henry Ford (1863-1947) hat beispielsweise von seinem T-Modell zwanzig Entwürfe angefertigt, bis er ein ideales Automobilkonzept mit wenigen Teilen hatte, die einfach zu fertigen und leicht zu montieren waren. MK HK FK SK Zielgerichtete Kostensenkung 52 Dies sollte motivieren, auch einmal ein Konzept zu verwerfen und einer neuen Idee nachzugehen. Die „Stückzahl“ kennzeichnet eine Einzelfertigung, Klein- oder Großserienfertigung. Hiermit wird die Produktgestaltung sowie der Vorrichtungs- und Werkzeugbedarf festgelegt. Aufwendige Maschinenrüstungen, Vorrichtungen und Werkzeuge amortisieren sich bekanntlich nur bei größeren Stückzahlen. Die hiermit verbundenen Einschränkungen schlagen sich unmittelbar in den Herstellkosten nieder. Eine weitere wichtige Eigenschaft ist die Teilekomplexität, die in ihren Ausprägungen typische Kostentreiber beinhaltet. 11.2.1 Bedeutung der Konzeptphase Zuvor ist bereits der Zusammenhang zwischen einem einfachen Konzept und niedrigen Herstellkosten hergestellt worden. Oftmals zeigt sich, dass Konzepte zu aufwändig sind, weil zu viele Teile und eine komplizierte Mechanik verwendet worden sind. Derartige Konzepte kann man nur bis zu einer bestimmten Stufe auf Kostengerechtheit überarbeiten, ohne wirkliche Wettbewerbsfähigkeit erreichen zu können. Die Ursache ist in der Regel darin zu suchen, dass entweder gar keine bzw. viel zu wenig Konstruktionszeit auf die Konzeptfindung verwandt worden ist. Bekanntlich sollten Neuentwicklungen sehr bewusst vier Phasen durchlaufen, und zwar Planen Konzipieren Entwerfen Ausarbeiten ca. 15 % ca. 10 % ca. 25 % ca. 50 % 100 % 0 % In der Planungsphase wird die Aufgabenstellung formuliert. Um ein marktgerechtes Produktprofil zu finden, ist auch hier hohe Professionalität erforderlich, wozu ein bestimmtes Zeitkonto einzuplanen ist. Auf Basis des verbal beschriebenen Produktprofils ist die Konzeptphase zu durchlaufen. In der Konzeptphase sollen erfüllende Prinziplösungen gefunden werden. Um letztlich über Lösungswege entscheiden zu können, sollten mehr als zwei Prinziplösungen erarbeitet werden, so dass noch einer in Reserve (Plan B) ist, wenn ein anderer scheitern sollte. Nachdem einige Konzepte vorliegen, ist eine Bewertung derselben vorzunehmen, um die Favoriten auszufiltern, die es weiter zu verfolgen gilt. Als ein treffendes Beispiel für ein günstiges Konzept mag die Ideensuche für eine Wende- und Zuführeinrichtung für Kronkorken stehen. Diese Aufgabe wurde in der Vergangenheit in dem Unternehmen einmal mit der Hilfsenergie Elektro-Magnetismus und zu einem späteren Zeitpunkt mit Druckluft gelöst. Beide Realisierungen haben sich aber als zu kompliziert und störungsanfällig erwiesen, so dass eine Neukonstruktion erforderlich ist. Zielgerichtete Kostensenkung 53 Vor der eigentlichen Konzeptfindungsphase ist es immer zweckmäßig, sich den funktionellen Ablauf bzw. Zusammenhang klarzumachen. Sichtbar werden dann neben dem Hauptproblem, die durch Nebenfunktionen beschriebenen Teilaufgaben: Kronkorken (geordnet) zuführen übereinanderliegende Kronkorken in eine Ebene bringen Kronkorken in geforderte Lage bringen Kronkorken aus beliebiger Lage in Reihe bringen Bild 11.3: Verallgemeinerte Ablauffolge des funktionellen Zusammenwirkens des Verschließens einer Flasche mit einem Kronkorken Damit ist die Hauptfunktion definiert. Für die Nebenfunktionen müssen im Weiteren technische Lösungen gefunden werden. Die hierauf beruhenden Konstruktionsprinzipien sind nachfolgend wiedergegeben: 1. Magnetische Wende- und Zuführeinrichtung Bild 11.4: Konzept einer magnetischen Kronkorkenvorrichtung / ROD91/ Prinzip: „Richtig liegende“ Kronkorken werden weitergeleitet, „falsch liegende“ Kronkorken werden gewendet. Zielgerichtete Kostensenkung 54 2. Druckluftunterstützte Wende- und Zuführeinrichtung Bild 11.5: Konzept einer druckluft-induzierten Kronkorkenvorrichtung / ROD91/ Prinzip: Der Druckluftstrahl findet bei „richtig liegenden“ Kronkorken keine Angriffsfläche, der Kronkorken wird weitergeleitet. Bei „falsch liegenden“ Kronkorken trifft der Luftstrahl auf eine Angriffsfläche, der Kronkorken wird gewendet. Analysiert man die Prinzipien mithilfe einer Funktionsanalyse, so kommt man letztlich zu einer Minimallösung mit den folgenden Nebenfunktionen: Lage prüfen Kronkorken wenden Kronkorken geordnet zuführen Kronkorken abführen Wendeeinrichtung Die Konsequenz aus dieser Betrachtung ist eine Wende- und Zuführeinrichtung nach Bild 11.6, die das kostenlose Schwerkraftprinzip nutzt. Daraus folgt die Motivation immer nach bewährten physikalischen Grundprinzipien (z.B. Magnetismus, Reibung/ Selbsthemmung, Schwerkraft etc.) zu suchen. Zielgerichtete Kostensenkung 55 3. Wende- und Zuführeinrichtung mit Schwerkraft Bild 11.6: Nutzung eines physikalischen Grundeffektes / ROD91/ Prinzip: Der Kronkorken wird „senkrecht“ gestellt und fällt jeweils in Richtung des Schwerpunktes. Damit ist eine Einrichtung konzipiert worden, die in jeder Hinsicht „ideal“ ist. 11.2.2 Einfluss der Stückzahl Bekanntlich hat die herzustellende Stückzahl enormen Einfluss auf die Stückkosten. Bei jeder Fertigung fallen nämlich „einmalige Kosten“ (Rüstzeit, Werkzeuge/ Vorrichtungen) und „stückzahlproportionale Kosten“ (Material, Fertigungs- und Montagezeiten) an. Im Allgemeinen wählt ein Konstrukteur ein Fertigungsverfahren recht treffsicher aus. Nach der DIN 8580 / DIN03/ sind etwa 44 Fertigungsverfahren mit 151 Abwandlungen bekannt, so das in der Praxis immer noch ein Optimierungspotenzial vorhanden ist. Kein Konstrukteur kann diese Breite mit seinem Wissen abdecken, so dass die wirtschaftlichste Wahl eines Fertigungsverfahrens letztlich eine Teamentscheidung zusammen mit Fertigungsspezialisten sein wird. Ein exemplarisches Beispiel für den Zusammenhang zwischen einem Fertigungsverfahren, der Bauteilgestalt und den Fertigungskosten gibt der Kipphebel im folgenden Bild 11.7 ab. Zielgerichtete Kostensenkung 56 Bild 11.7: Stückkosten-Vergleich verschiedener Fertigungsverfahren / EHR85/ Je nach zu fertigender Stückzahl ist eine Herstellung als Guss-, Schmiede- oder Schweißteil möglich. Im Kostenverlaufsdiagramm sind zu diesen Verfahren die wirtschaftlichen Stückzahlen zu entnehmen: - Eine Schweißlösung ist gegenüber Gießen bis 75 Stück kostengünstiger. - Bis etwa 700 Stück ist Gießen günstiger als Schmieden. - Bei sehr großen Stückzahlen ist Schmieden das kostengünstigste Verfahren. Neben der Werkzeugamortisation erweist sich bei großen Stückzahlen auch die Prozesszeit als dominanter Faktor. Hierzu gehört auch der Nacharbeitsaufwand. Bei kleiner Stückzahl ist dies weniger kritisch als bei einer größeren Stückzahl. Einen Stückzahleffekt kann man bei fast allen Fertigungsverfahren feststellen, welches noch einmal Bild 11.8 verdeutlicht. Direkt reagieren die Rüst- und Fertigungskosten infolge einer wirtschaftlicheren Prozessführung, indirekt reagieren die Materialkosten wegen der Rabattierung größerer Abnahmemengen. Einzelkosten Gießen € Gesenk € Freihand schmieden € Schweißen € Werkstoffkosten je Stück MK 0,62 0,62 0,75 0,48 Modell-(Gesenk-) Kosten EK 145,00 1.088,00 - - Lohnkosten des rohen Teils 0,60 0,90 8,02 3,40 Lohnkosten der Bearbeitung je Stück LEK 5,10 3,46 5,18 4,40 Herstellkosten je 1 Stück-Herstellung HK 151,32 1.092,98 13,95 8,28 Herstellkosten pro Stück Zielgerichtete Kostensenkung 57 Rüstkosten RK Herstellkosten pro Stück [€/ Stück] hergestellte Stückzahl/ Los Einzelfertigung Kleinserienfertigung Serienfertigung Massenfertigung 1 10 100 1.000 10.000 100.000 Materialkosten MK A B C D Grenzstückzahl Fertigungskosten FK Bild 11.8: Einfluss der Stückzahl auf einen Fertigungsprozess Ebenso kann man an den Kostenverläufen beobachten, dass Stückzahländerungen die Kosten teils sprunghaft verändern. Ein weiterer Effekt ist, dass alle Einmalkosten (Rüsten, Werkzeuge, Vorrichtungen und Entwicklungskosten) mit zunehmender Stückzahl letztlich unwichtig werden, da sie auf alle Teile umgelegt werden können. 11.2.3 Einfluss der Materialkosten Die Materialkosten von Produkten liegen etwa zwischen 35-40 % von HK, daher beinhalten sie auch ein mögliches Einsparpotenzial. Im umseitigen Bild 11.9 ist eine Übersicht über verschiedene Materialgruppen gegeben, deren Kostenrelationen in etwa als konstant bleibend angesehen werden können. Dieses Verhalten hat Kesselring (Autor der VDI-R 2225) über viele Jahre beobachtet und damit die Grundlage für einen „Relativkostenkatalog“ für Werkstoffe geschaffen. Bauteile gut ausdimensionieren. Möglichst kostengünstiges (Massen-)Material einsetzen. Manchmal kann aber auch höherwertiges Material zu einem geringeren Materialeinsatz führen. Zielgerichtete Kostensenkung 58 allgemeine Baustähle 1,0-1,1 Einsatzstähle 1,1-2,3 Vergütungsstähle 1,2-2,7 warmfeste Stähle 2,0-2,9 Nitrierstähle 2,6 nicht magn. Stähle 4,1 nicht rostende Stähle 3,2-5,8 hochwarmfeste Stähle 5,1-9,2 Messing 6,8-8,0 Elektrolytkupfer 9,5-10,0 Kupfer-Zinn-Legierung 17,3 Kupferknetlegierung 17,1-27,0 Al-Legierung 2,9-3,9 Mg-Legierung 3,5-4,5 Reintitan 37,7 Titanknetlegierung 39,6 PVC 1,0 Polyamid 3,3 Plexiglas 3,9 Hartgummi 4,5 Hartgewebe 6,8 PTFE (Teflon) 15 Fichte 0,06 Buche 0,1 Holz Kunststoffe NE-Metalle Stähle 0 5 10 15 20 25 30 35 40 unterschiedliche Sorten Rundmaterial Werkstoff-Relativkosten (nach VDI 2225) relative Werkstoffkosten V K heute S 235 1 37 St für k V , Bild 11.9: Werkstoff-Relativkosten für Stabstahl nach VDI 2225, Bl. 1 Die Tabelle bezieht sich auf gezogenes Rundmaterial, welches aber für fast alle Halbzeuge repräsentativ ist. Weiter kann angenommen werden, dass sich der Kilopreis von allgemeinem Baustahl derzeit bei 1,40-1,50 € (bei Abnahme von 1.000 kg) bewegt, allerdings mit ansteigender Tendenz. Die Preise für Sondergüten sind in den letzten Jahren stark angestiegen (Basis 2018), beispielsweise: - Feinkornstähle, höherfest Stähle 1,50-2,00 €/ kg, - Dualphasen-, Complexphasen-Stähle 2,00-2,70 €/ kg. Ähnliche Tendenzen sind bei NE-Metallen festzustellen, wobei hier immer extremer der hohe Energieeinsatz durchschlägt. Für Rohmaterial (Basis 2018) gilt etwa: - Al-Gusslegierungen 2,70-3,00 €/ kg, - Al-Knetlegierungen 3,00-3,50 €/ kg, - Mg-Gusslegierungen 3,50-4,50 €/ kg, - Mg-Knetlegierungen 4,00-5,00 €/ kg. Die Erkenntnis hieraus ist, dass man zunächst versuchen sollte, mit preisgünstigem Material die Vorgaben zu erreichen. Zielgerichtete Kostensenkung 59 11.2.4 Teilekomplexität hinterfragen Als ein erheblicher Kostentreiber hat sich die Teilekomplexität erwiesen, die mehr oder weniger verdeckte Kosten erzeugt. Diese Kosten entstehen durch zu viele Teile, viele unterschiedliche Fertigungsoperationen, aufwändige Logistik, schwieriges Handling, zeitaufwändige Fügung, zusätzliche Anpassarbeit etc. Es ist selbstredend, dass diese Kosten zu einem großen Teil vermeidbar sind, wenn Prinzipien des „funktions-, produktions- und montagegerechten Konstruierens“ genutzt werden. Vor diesem Hintergrund sei auf die McKinsey-Studie „Vom theoretischen Minium zum praktischen Optimum“ (Auszug: VDI-Nachrichten vom 21.02.1997) verwiesen, in der dargestellt wird, dass die meisten Maschinen nach dem additiven Prinzip konstruiert werden. So wies beispielsweise ein Bearbeitungszentrum 330 verschiedenartige Teile auf, obwohl die natürliche Funktionsteilezahl bei theoretisch 31 Teilen liegt. Letztlich konnte bewiesen werden, dass mit 90 unterschiedlichen Teilen die gleiche Funktionalität erreicht werden kann. Das Synonym für Gegensteuerung bei Komplexitätszunahme ist DFMA (Design for Manufacture and Assembly), welche als Methode jeweils funktions-, herstell- und montagegerechtere Konzepte verfolgt. Ein genauso wirksamer, aber viel praxisgerechterer Ansatz stellt hier jedoch MTM/ ProKon (Produktionsgerechte Konstruktion) *) dar. ProKon ist ein Hilfsmittel für Konstrukteure und stellt den Bezug zwischen einer einfachen Gestaltung und Montage dar. Die Hypothese ist: Produkte, die sich einfach montieren lassen, müssen auch einfach gestaltet, gefertigt und verbunden werden. Ein ProKon-Projekt läuft im Allgemeinen dreistufig ab, und zwar: - Zuerst wird ein Ist-Zustand analysiert, danach wird ein Ideal-Zustand festgelegt (Merkmale: minimale Teilezahl, einfaches Design, einfache Fertigung) und auf dieser Basis ein Real-Zustand erarbeitet. Ein schönes Beispiel für diese Vorgehensweise ist die im Bild 11.10 dargestellte und analysierte Klemmschelle für die Kabelbefestigung. *) Anmerkung: MTM = Methods-Time Measurement; Methode, Arbeits- und Montageabläufe „zeitoptimal“ zu strukturieren Zielgerichtete Kostensenkung 60 IST-Zustand Variante A Variante B Montage-Ablauf: Dübel in (vorgebohrtes) Loch einsetzen Klemmschelle ansetzen Schraube ansetzen und eindrehen Montage-Ablauf: Klemmschelle mit angespritztem Dübel in (vorgebohrtes) Loch einsetzen Schraube ansetzen und eindrehen Montage-Ablauf: Klemmschelle in (vorgebohrtes) Loch einsetzen und einschlagen Bild 11.10: Konzepte mit geringer Teilezahl für die Kabelbefestigung (nach / PRO07/ ) Mithilfe des systematisierten Ansatzes wurde die Klemmschelle über die vorgenannten drei Stufen optimiert. Der Erfolg bestand darin, dass eine Lösung mit 3 Einzelteilen, zu 2 Einzelteilen und letztlich zu nur 1 Einzelteil weiterentwickelt werden konnte. Bild 11.11: Noch nicht erschlossene Kostenpotenziale im Unternehmen (nach / PRO07/ ) Nach einer Studie der MTM-Wirtschaftsberatung, Stuttgart liegt heute das größte Kostensenkungspotenzial in der „kostengerechten Gestaltung und Montage“. 20-40 % kosten- und montagegerechte Gestaltung 15 % KVP- Maßnahme 10-20 % Arbeitssysteme 5 % neue Fertigungstechnologien Zielgerichtete Kostensenkung 61 11.2.5 Kostenpotenzial Verbindungstechnik Einen erheblichen Anteil an den Montagekosten hat die gewählte Verbindungstechnik. Ganz pauschal lässt sich feststellen, dass die meisten Verbindungen überdimensioniert und daher zu teuer sind. Man kann dies beispielsweise gut beobachten bei der Befestigung von Pkw-Rädern. Es finden sich Lösungen, bei denen Felgen mit 3, 4 oder 5 Schrauben befestigt sind. Bei älteren Sport- und Rennwagen ist es üblich, mit einer zentralen Radmutter zu arbeiten. Dies erscheint zwar unbedeutend, aber bei 50 Mio. produzierten Pkws/ Jahr summiert sich das Weglassen von nur einer Schraube schon als interessantes Einsparpotenzial. Bei einem großen Automobilhersteller hat man im Zuge eines Kostensenkungsprogramms festgestellt, dass über 1.500 verschiedene Schrauben als Ersatzteile vorgehalten werden und dafür ein ganzes Hochregallager benötigt wird. Es lässt sich damit auch wertanalytisch gut begründen, dass die Verbindungstechnik stets einer besonderen Betrachtung bedarf. Im nachfolgenden Bild 11.12 ist eine Übersicht über typische Verbindungstechniken im Automobilbau (gewichtet als Relativkostenzahl *) ) wiedergegeben. Basis der Kalkulation sind zwei Bleche aus Stahl bzw. Aluminium, die vernietet, verschraubt, verklebt, verlötet und verschweißt wurden. Als Bezugsverfahren ist „Punktschweißen“ (RKZ = 1) von Stahlblechen gewählt worden. Damit ergibt sich etwa die folgende Durchschnittsrelation bei einem reinen Festigkeitsfokus in der Serienproduktion eines großen Automobilzulieferanten. RKZ Stahl Aluminium Punktschweißen 1 2,9 Kleben 1,7 1,7 Buckelschweißen 1,3 - Nahtschweißen 3,6 5,5 Laserschweißen 3,3 5,0 Löten 5,3 5,7 Nieten 3,0 3,0 Stanznieten 1,4 1,2 Schrauben 4,0 4,5 Markant ist immer wieder, dass die Verbindungstechnik von NE-Metallen einen viel höheren Aufwand verlangt. Ursächlich ist hier die geringere Steifigkeit (E-Modul) und die viel höhere Wärmeleitfähigkeit im Vergleich zum Stahl. Schweißverfahren werden somit nicht nur länger dauern, sondern auch eine höhere Prozessgüte mit entsprechenden Kosten verlangen. Weitere Details sind der umseitigen Tabelle zu entnehmen. Angemerkt sei noch, dass die Relativkostenzahl nur das Herstellen der Verbindung wertet, der weitere Aufwand an Investitionen oder Logistik bleibt unberücksichtigt. *) Anmerkung: Ermittlung von Relativkostenzahlen nach DIN 32 992, T. 3 Zielgerichtete Kostensenkung 62 Konstruktion St Al Halbrundniet DIN 660 2,6 2,6 Nieten (4 x) Senkniet DIN 661 3,5 3,4 Durchgangsloch 3,6 3,6 Gewindeschneiden 3,7 3,7 Blechdurchzug DIN 7952 4,1 Setzmutter (Kalei) 3,9 3,9 Schweißmutter DIN 929 4,4 Schrauben (4 x) Heli-Coil 7,0 Bild 11.12: Relativkostenzahlen (RKZ) für Blechverbindungen von Stahl und Aluminium nach Kalkulation von VW (Nfz-Werk, Hannover, Basis 2008) In der Praxis ist es aber nicht immer zweckgerecht, eine Verbindung nur unter Festigkeitsgesichtspunkten zu bewerten. Manchmal spielen auch andere Faktoren eine Rolle, wie beispielsweise hohe Zuverlässigkeit, visuelle Inspektionsmöglichkeit oder die Reparaturfreundlichkeit. Ergänzend zu den vorherigen Ausführungen zeigt daher Bild 11.13 eine Gewichtung unterschiedlicher Verbindungsmöglichkeiten im Leichtbau (nach Firma Siemens), deren Resümee jedoch mit der vorherigen Tendenz übereinstimmt. Konstruktion St Al Kleben Aralid AW106/ HV953U Tri-Entfettet 1,7 1,7 Schutzgasdurchlaufofen (4 x gepunktet) 3,7 Hartlöten mit Flamme Teile verkupfert 6,9 Punktschweißen (4 x) 1,0 2,9 Buckelschweißen (4 x) 1,3 Schutzgas-Lichtbogenschweißen v. Hd. 1-seitig 4,3 Metall-Lichtbogenschweißen v. Hd. 1-seitig 2,9 Schutzgas-Lichtbogenschweißen v. Hd. 2-seitig 7,4 Schweißen Metall-Lichtbogenschweißen v. Hd. 1-seitig 4,4 Zielgerichtete Kostensenkung 63 Haupteigenschaften der Verbindungen Verbindungsverfahren Festigkeit Montagekosten Aussehen Zuverlässigkeit visuelle Inspektion Reparatur Ausrichtungsgenauigkeit flexible Ausrichtung kleine TEile große Teile Schrauben 1 4 3 1 1 1 2 2 3 1 Widerstandsschweißen 1 1 2 3 3 3 3 1 1 1 Lichtbogenschweißen 1 4 2 1 2 2 3 1 3 1 Hartlöten 2 5 1 1 2 3 3 1 1 1 Nieten 2 3 2 1 1 3 1 3 3 1 Kerben 3 1 3 2 1 3 1 3 2 3 Verlappen 3 1 1 1 1 3 3 2 1 3 Kleben 2 2 1 2 3 3 3 1 1 2 Spezialverbindungselemente 2 3 3 1 1 2 2 2 3 1 Schlüssel: ausreichend = 3, sehr gut = 2, am besten = 1 Bild 11.13: Bewertung von Verbindungstechniken für den Gerätebau (nach / EHR00/ ) Wie aus den Bewertungen hervorgeht, ist eine Schraubenverbindung im Allgemeinen eine sehr teure Verbindung, die unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten eigentlich vermieden werden sollte. Trotzdem werden in sehr vielen Fällen aus funktionellen Gründen Schraubverbindungen notwendig sein. Im Bild 11.14 sind Kosten-Ausnutzungstendenzen für Sechskant- und Zylinderkopfschrauben wiedergegeben. Basis ist hier die Sechskant-Schraube M 16 x 55 - 5.6 mit der RKZ = 1,0, welche die niedrigste Festigkeitsklasse repräsentiert. Man erkennt, dass die 8.8-Qualität (Massenschraube) kostengünstiger ist und die 10.9-Qualität etwa doppelt so teuer ist. Der Griff zu einer höherfesten Schraube kann sich dennoch auszahlen, da die festere Schraube regelmäßig eine Normgröße kleiner gewählt werden kann. Oftmals sind hiermit Folgeersparnisse (kleinere Flansche, dünnere Wandstärken etc.) verbunden, die ein Vielfaches der Schraubenmehrkosten betragen können. Zielgerichtete Kostensenkung 64 A4-2 10.9 8.8 5.6 A4-2 10.9 8.8 0,32 0,1 0,06 0,1 0,6 0,15 0,1 0,59 0,18 0,1 0,15 0,82 0,2 0,14 1,0 0,32 0,19 0,27 1,38 0,35 0,2 1,6 0,5 0,3 0,42 2,3 0,55 0,36 4,4 1,2 0,65 1,0 8,2 1,16 0,8 8,1 2,1 1,4 2,0 20,3 2,75 2,0 16,5 6,2 3,1 4,6 31 8,0 5,8 36 8,8 10,6 10 43,5 19,2 17,5 58 15 18 17 85 35,1 32,1 182 44,6 30 217 50 38,3 288 111 66 343 107 1320 400 200 120 1500 400 325 4 000 6 300 10 000 16 000 25 000 40 000 63 000 100 000 160 000 250 000 400 000 630 000 1 000 000 1 600 000 2 500 000 4 000 000 Vorspannkraft F [N] V M6 x 30 M8 x 35 M10 x 40 M12 x 45 M16 x 55 M20 x 70 M24 x 80 M30 x 90 M36 x120 M48 x 160 M64 x 220 M80 x 260 Schraubenabmessung max. zul. Vorspannkraft F in N 6kt.- Schraube DIN 931 Relativkostenzahlen 10.9 8.8 5.6 A4-2 Festigkeitsklasse Zyl.-Schraube DIN 912 Bild 11.14: Relativkosten von Schrauben in Abhängigkeit von der Vorspannkraft (nach DIN 32 991, T. 1) Letztlich ist aber nicht die Schraube maßgebend, sondern die „Kosten für die Herstellung einer Schraubverbindung“. Diese Tendenz kann Bild 11.15 entnommen werden, welche im Wesentlichen das „Loch“ erfasst. Zielgerichtete Kostensenkung 65 1 2 4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 24 26 28 30 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Relativkostenzahl M36 M24 M12 Bild 11.15: Relativkosten von Schraubenverbindungen (nach DIN 32 991, T. 1) Als Tendenz ist zu erkennen, dass eine Schrauben-Durchgangsbohrung am kostengünstigsten ist, das Einbringen eines Gewindes die Verbindung doppelt so teuer macht und ein weiteres Einsenken des Kopfes noch einmal 50 % teurer ist. Es wird darüber hinaus Anwendungsfälle geben, wo Fixierverbindungen notwendig sind oder die Aufnahme von Querkräften zu erfolgen hat. Für diese Aufgabe eignen sich Stiftverbindungen, deren Ausführung auch in einem Kostenstreufeld zu erfolgen hat, welches Bild 11.16 entnommen werden kann. Zielgerichtete Kostensenkung 66 DIN 1481 DIN 1473 DIN 1 DIN 7977 DIN 1481 - DIN 7 DIN 7 Ø 10 35 Spannhülse Zylinderkerbstift Kegelstift Kegelstift mit Gewindezapfen Zylinderstift Spannhülse mit Verschlussschraube Zapfen mit Innengewinde Zylinderstift mit Verschlussschraube Relativkostenzahl 1,0 1,5 2,0 2,5 Bild 11.16: Relativkostenvergleich für die Herstellung von Stiftverbindungen (nach / EHR00/ einschließlich des Teils, der Bearbeitung und Montage ( 10 mm, Länge: 35 mm) 11.2.6 Oberflächenausführung und Toleranzen Ein weiteres Feld zur Entfeinerung von Produkten und zur Vereinfachung der Montage zeigt sich in der Oberflächenausführung und der Tolerierung. Erfahrungsgemäß können mit diesen beiden Maßnahmen etwa 8-10 % der Herstellkosten beeinfluss werden. Eine bekannte Tatsache ist, dass die erzeugte Oberflächenrautiefe direkt von der Vorschub- und Schnittgeschwindigkeit abhängig. Das heißt, raue Oberflächen sind hinsichtlich der Fertigungskosten günstiger als feine Oberflächen. Eine Fein- oder Feinstbearbeitung sollte daher auf das nur unbedingt notwendige Maß begrenzt werden. Im Bild 11.17 ist eine Gewichtung der üblichen spanenden Fertigungsverfahren durchgeführt worden, welche wieder Richtungsentscheidungen unterstützen können. Zielgerichtete Kostensenkung 67 Fertigungsverfahren Läppen, Honen Rundschleifen, Feinbohren + Feindrehen Räumen, Feinschleifen Reiben 25,0 20,0 15,0 12,0 Toleranz (in m) Drehen 8,0 7,0 4,5 3,0 1,0 0 Ausbohren auf Bohrwerk Bohren, Hobeln Fräsen Sägen, Trennschneiden Relativkostenfaktor (RKZ) grob Bild 11.17: Toleranzabhängige Relativkosten einiger spanender Fertigungsverfahren (nach Universität Toledo/ Ohio) für Teile mittlerer Größe, bezogen auf 100 Stück Die Rangung zeigt, dass die relativ groben Fertigungsverfahren natürlich kostengünstiger sind als Verfahren, die als „fein“ einzustufen sind. Der Nichtfertigungsfachmann wird trotzdem überrascht sein, wie groß die tatsächlichen Kostensprünge sind. Diese Tendenz geht auf die Bezugsbasis Maschinenstundenkosten zurück, die bei aufwändigeren Fertigungsverfahren eben viel höher sind als bei einfachen Fertigungsverfahren. Ein weiterer Aspekt besteht in der Veredelung von Oberflächen, um eine bessere Korrosionsbeständigkeit zu erreichen oder über die Oberfläche die Produkteigenschaften Verschleißbeständigkeit und Härte gezielt zu verändern. Insbesondere beim Bau von Vorrichtungen/ Betriebsmitteln kann vielfach auf eine Oberflächenveredelung nicht verzichtet werden, weshalb hiermit Zusatzkosten verbunden sind, die wiederum minimiert werden sollten. Im Bild 11.18 ist dazu wieder eine Übersicht über die Bearbeitung von Blechen gegeben, deren Relativkosten jedoch auch repräsentativ für andere Teile sind. Zielgerichtete Kostensenkung 68 Relativkostenzahl 1,0 1,25 1,75 2,0 2,25 3,5 phosphatiert, gefettet verkupfert vernickelt glanzverzinkt gelb chromatiert lackiert, Gütegrad grob hartverchromt lackiert, Gütegrad fein RKZ Stahlblech 100 100 1,25 Bild 11.18: Relativkostenzahlen für die Oberflächenbehandlung von Blechen (Quelle: VW) Für den praktischen Einsatz ist somit eine Tendenz zur kostengerechten Ausführung aufgezeigt. Eng damit verknüpft sind oft weitere Maßnahmen, die auf eine Verbesserung der Produkteigenschaften durch Glühen, Vergüten, Einsatzhärten und Nitrieren ziehen. Eine Einordnung zur Kostenwertigkeit zeigt Bild 11.19. 250 200 150 100 50 0 0,1 1 10 100 1.000 10.000 Werkstückgewicht [kg] Relativkostenzahl pro kg Material Gasnitrieren Einsatzhärten Vergüten Glühen Bild 11.19: Relativkostenzahl je Kilo Material für die Wärmebehandlung von Stahl Abschließend gibt Bild 11.20 zu diesem Problemkreis die Kostentendenz für die Herstellung der Passfunktionalität wieder. Die Kurve bestätigt die bekannte Erfahrungsregel, dass „einer Halbierung des Toleranzfeldes eine Verdopplung der (reinen) Fertigungskosten“ gegenüber steht. Zielgerichtete Kostensenkung 69 4 3 2 1 0 5 20 50 75 100 Relativkostenzahl I II III IV Toleranz m Bearbeitungsverfahren verlangte Toleranz (mittleres Spiel) Passungsmöglichkeit Achse Bohrung 1. m T 5 m H5/ h5 gedreht, geschliffen, geläppt gebohrt, geschliffen, gehont 2. m T 20 m H8/ h8 gedreht, geschliffen gebohrt, geschliffen 3. m T 50 m H10/ h10 gedreht gebohrt, gerieben 4. m T 75 m H11/ h11 Halbfabrikat blank gezogen gebohrt Bild 11.20: Fertigungskostenanstieg bei kleineren Toleranzen Die vorherige Kostenbetrachtung kann somit mit der bewährten Konstruktionsregel beendet werden: „Nicht das Mögliche, sondern nur das Notwendige vorsehen“. Dies folgt der Erkenntnis, dass ein Kunde normalerweise nur an die Funktionalität und weniger an der Genauigkeit der Teile interessiert ist. 11.3 Betriebswirtschaftliche Kenngrößen Vernünftige Entscheidungen über die Umsetzung von WA-Erkenntnissen in Produkt- oder Prozessalternativen können nur getroffen werden, wenn diese auf Daten und Fakten beruhen. Es ist insofern sinnvoll, WA-Vorschläge als Investitionen anzusehen und Wirtschaftlichkeitskenngrößen (Rentabilität, Gewinn etc.) einzusetzen, um deren Ertragskraft bestimmen zu können. Hierbei muss man zwischen statischen und dynamischen Verfahren unterscheiden: Statische Verfahren beruhen auf der Annahme, dass alle Einnahmen und Ausgaben eines WA-Vorschlags in aufeinanderfolgenden Perioden für den Investitionszeitpunkt von gleicher Bedeutung sind. Der Zeitstrahl spielt also keine Rolle. Dynamische Verfahren berücksichtigen hingegen die zeitlichen Unterschiede im Anfall von Einnahmen und Ausgaben über verschiedene Perioden. Gegenüber einer technischen Produktbewertung (mehrdimensionales Zielsystem) bezeichnet man Wirtschaftlichkeitsverfahren als eindimensionale Bewertung, da hier nur eine einzige Kenngröße als maßgebend angesehen wird. Zielgerichtete Kostensenkung 70 11.3.1 Statische Investitionsrechnung Bei der Bewertung der Vorteilhaftigkeit von einzelnen WA-Vorschlägen werden im Wesentlichen die Rentabilitätsrechnung, die Gewinnschwellenrechnung und die Amortisationsrechnung herangezogen. a) Rentabilitätsrechnung (ROI - Return on Investment) Zur wirtschaftlichen Bewertung von WA-Vorschlägen wird am häufigsten als Renditekennziffer der ROI vorgeschlagen. Dieser kann als Quotient aus den zu erwartenden Erträgen und Kosten gebildet werden: Kapital es eingesetzt Gewinn erwarteter Kosten geschätzte Ertrag r geschätzte ROI . (11.1) Anstatt wie zuerst definiert, kann der ROI auch aus dem erwarteten Gewinn zum eingesetzten Kapital angesetzt werden. Weiterhin ist es üblich, auch die Erfolgswahrscheinlichkeit einzuarbeiten: Kosten aller Erträge aller x lichkeit Wahrschein ROI . (11.2) Voraussetzung der ROI-Betrachtung ist, dass alle WA-Alternativen zum gleichen Zeitpunkt verwirklicht werden können, sowie die Erträge und Kosten aus einem WA-Vorschlag über den Betrachtungszeitraum gleichmäßig anfallen. b) Gewinnschwellenanalyse (Break-Even-Analyse) Mit der Break-Even-Analyse lässt sich die Menge (Schwellenmenge) eines neuen Produktes bestimmen, welche mindestens abgesetzt werden muss, um die Kosten zu decken. Gelingt es, eine größere Menge des Produktes zu verkaufen, so wird ein Gewinn erzielt, darunter fällt ein Verlust an. Am so genannten Break-Even-Point (BEP = Gewinnschwelle) muss somit der Gesamterlös des neuen Produktes gleich den Gesamtkosten sein, d. h. v G f G K x K P x (11.3) mit G x = Absatzmenge am BEP, P = Verkaufspreis, f K = gesamte Fixkosten, v K = variable Stückkosten. Damit folgt für die mindest erforderliche Absatzmenge am BEP v f G K P K x . (11.4) Zielgerichtete Kostensenkung 71 Falls die Absatzmenge x größer ist als G x , wirft das neue Produkt einen Gewinn ab. Dieser berechnet sich zu G v v f x x K P K x K P x G . (11.5) Erlös/ Kosten (€) Verlust Gewinn Gesamtkosten v K (variable Kosten) f K (Fixkosten) x = 0 G x (Break-Even-Point) Menge x (in Stück) Erlös Bild 11.21: Break-Even-Point-Analyse im Kosten-Erlös-Schaubild Wenn also mithilfe der BEP-Analyse ein WA-Vorschlag einem anderen vorgezogen werden soll, so muss dieser einen größeren Gewinn ausweisen. c) Amortisationsrechnung (Payback-Periode) Um WA-Projekte zu vergleichen, kann auch die Amortisationszeit herangezogen werden. Kriterium ist hier die Zeitspanne, in der sich eine Investition bezahlt macht: ) Jahr / (€ mmen Nettoeinko ttliches durchschni (€) satz Kapitalein ) Jahren in ( AT . (11.6) Im Grunde gibt die Amortisationszeit nur eine Information über das Investitionsrisiko, woraus aber keine Erkenntnis über die Rentabilität folgt. 11.3.2 Dynamische Investitionsrechnung Die dynamischen Verfahren der Wirtschaftlichkeitsrechnung verfolgen den Zweck, die Dynamik des künftigen Marktgeschehens einzubeziehen. Dazu wird der zeitlich unterschiedliche Anfall von Ausgaben und Einnahmen berücksichtigt. Geläufige Verfahren sind die Kapitalwertmethode und die Interne Zinsfuß-Methode. d) Kapitalwertmethode Die Kapitalwertmethode geht davon aus, dass die Wirtschaftlichkeit oder Rentabilität eines WA-Projektes aus der Differenz aller diskontierten (abgezinsten) Einnahmen und Ausgaben folgt. Diese Differenz heißt „Kapitalwert“. Zielgerichtete Kostensenkung 72 Bei diesem Ansatz werden also alle Einnahmen und Ausgaben (nicht Kosten und Erträge), die durch ein neues Produkt entstehen, zusammengestellt. Alle Einnahmen und Ausgaben, die später als zum Entscheidungspunkt (Zeitpunkt „0“) zur Förderung und Realisierung eines WA-Vorschlags anfallen, müssen mit einem Kalkulationszinssatz auf den Zeitpunkt „0“ abgezinst werden. Auf diese Weise werden die zu verschiedenen Zeitpunkten anfallenden Beträge vergleichbar gemacht, d. h., sie werden in ihrem Barwert ausgedrückt: n n n n 2 2 2 1 1 1 0 0 q R q A E q A E q A E A C . (11.7) Hierin bezeichnen 0 C = Bar- oder Kapitalwert, 0 A = Anlaufausgaben, i E = jährliche Einnahmen, i A = jährlicher Kapitaleinsatz (Ausgaben), R = Liquiditätswert aller Investitionen in das Projekt, n = Anzahl der Jahre des Lebenszyklus, n n 100 / p 1 1 q 1 = Abzinsungs- oder Diskontfaktor, p = Zinsfuß/ Zinssatz (%). Aufgrund der Diskontierung besitzen insofern unsicherere Einnahmen- und Ausgabenschätzungen späterer Perioden einen geringeren Einfluss auf das Rentabilitätsergebnis als zeitnahere. Die Kapitalwertmethode beantwortet somit die Frage: Wie viel ist ein WA-Vorschlag unter Berücksichtigung von abgezinsten Ausgaben und Einnahmen wert? e) Interne Zinsfuß-Methode Anstelle des Kapitalwerts kann auch der Zinsfuß/ Zinssatz selbst zum Maßstab für die Beurteilung der Kapitalverzinsung durch ein neues Produkt herangezogen werden. Danach wird der tatsächliche Zinssatz i berechnet, der sich aus der Schätzung des Kapitaleinsatzes, der Einnahmen- und Ausgabenreihen und des Restwerts ergibt. Weil dieser für ein Produkt speziell ist, wird dieser auch interner Zinsfuß oder interne Rendite benannt. Er wird daher definiert als der Barwert der Rohgewinne, welcher exakt dem Kapitaleinsatz (Kapitaleinsatz/ Kapitalwert = 1) entspricht oder was dasselbe ist, bei dem der Kapitalwert gleich null ist: n n n n 1 1 0 0 ) 100 / i 1 ( R ) 100 / i 1 ( A E 100 / i 1 A E A 0 C . (11.8) Am Aufbau der Gleichung erkennt man, dass die Auflösung nach i auf eine Gleichung n-ten Grades führt, die nur in einfachen Fällen lösbar ist. Aus diesem Grunde versucht man, den internen Zinsfuß näherungsweise durch Iteration zu ermitteln. Hierzu nimmt Zielgerichtete Kostensenkung 73 man zwei Versuchszinssätze an, berechnet den Kapitalwert und interpoliert dazwischen linear. Hierzu sei ein kleines Beispiel in Anlehnung an / BRO06/ gegeben. Annahme möge sein, dass vor Auslauf eines Produktes in n = 3 Jahren noch eine Ratiomaßnahme durchgeführt werden soll. Hierzu würden Einmalausgaben an Werkzeugänderungen von € 000 . 9 A 0 anfallen. Der Restwert der Werkzeuge wird dann noch einen Erinnerungswert von € 1 R haben. Die Geldströme werden sich voraussichtlich wie folgt einstellen: 1. Jahr 2. Jahr 3. Jahr Einnahmen i E 7.000 € 6.000 € 5.500 € Ausgaben i A 2.000 € 2.200 € 2.800 € Der interne Zinsfuß (effektive Rendite) gibt nunmehr an, mit welchem Zinssatz der Rohgewinn zur Verzinsung des eingesetzten Kapitals 0 A führt. Hierzu wollen wir die Rechnung mit den beiden „Versuchszinssätzen“ 1. % 10 i 1 V und 2. % 20 i 2 V durchführen. Jahr i i A E (Zeitwert) Abzinsungsfaktor für % 10 i 1 V i i A E (Barwert) 1 5.000 € 0,909 4.545 € 2 3.800 € 0,826 3.139 € 3 2.700 € 0,751 2.028 € Barwert der Rückflüsse 9.712 € Kapitaleinsatz 0 A -9.000 € Kapitalwert 1 C 712 € Jahr i i A E (Zeitwert) Abzinsungsfaktor für % 20 i 2 V i i A E (Barwert) 1 5.000 € 0,833 4.165 € 2 3.800 € 0,694 2.637 € 3 2.700 € 0,579 1.563 € Barwert der Rückflüsse 8.365 € Kapitaleinsatz 0 A -9.000 € Kapitalwert 2 C -635 € Zielgerichtete Kostensenkung 74 Da einmal ein positiver und einmal ein negativer Kapitalwert entsteht, muss für 0 C 0 der interne Zinsfuß zwischen den beiden Versuchszinssätzen liegen. Aus der Interpolationsformel ergibt sich somit der Zinssatz zu % 3 , 15 712 635 10 20 712 10 [%] C C i i C i i 1 2 1 V 2 V 1 1 V . Die lässt sich auch grafisch ermitteln. 10 15,3 % 20 V i , i 635 C 2 0 C 0 712 C 1 Kapitalwert Bild 11.22: Grafische Ermittlung des internen Zinsfußes Zielbezogene WA-Arbeitspläne 75 12 Zielbezogene WA-Arbeitspläne 12.1 WA-Standard-Arbeitsplan Wie zuvor schon herausgestellt, ist der Erfolg einer Wertanalyse unmittelbar mit der Abarbeitung des vollständigen WA-Arbeitsplanes verbunden. Ein Projekt sollte alle Grundschritte des „einfachen Arbeitsplans“ mit den entsprechenden Teilschritten (hier in Anlehnung an VDI 2800 Bl. 2, siehe Bild 12.1) durchlaufen. Grundschritte Teilschritte 1. Projekt vorbereiten 1.1 WA-Objekt auswählen und Moderator benennen 1.2 Grobziele und Untersuchungsrahmen festlegen 1.3 Arbeitsgruppe auswählen 1.4 Einzelziele aus Grobziele herleiten 1.5 Projektablauf planen 2. IST-Situation analysieren 2.1 Objekt- und Umfeldinformationen auswerten 2.2. Lösungsbedingte Vorgaben ermitteln 2.3 Funktionsstruktur erstellen 2.4 Teile-/ Funktionskosten bestimmen und bewerten 2.5 Montageaufwand ermitteln 3. SOLL-Zustand beschreiben 3.1 Vorinformationen auswerten 3.2 Lösungsbedingte Vorgaben festlegen 3.3 Soll-Funktionen festlegen 4. Lösungsideen entwickeln 4.1 Ideen sammeln 4.2 Neue Ideen entwickeln 4.3 Herstellkosten schätzen und bewerten 5. Konzepte festlegen 5.1 Bewertungskriterien festlegen und anwenden 5.2 Lösungsideen bewerten 5.3 Ideen zu Konzepten verdichten und darstellen 5.4 Herstellkosten der Konzepte bewerten 5.5 Konzepte ausarbeiten 5.6 Entscheidungsvorlage erstellen 5.7 Entscheidungen herbeiführen 6. Ein Konzept verwirklichen 6.1 Realisierung im Detail planen 6.2 Realisierung einleiten 6.3 Realisierung überwachen 6.4 Projekt abschließen mit Ergebnisbericht WA-Controlling Realisierung im Plan? (überprüfen nach 3-4 Monaten) Bild 12.1: Modifizierter WA-Arbeitsplan nach VDI 2800 Der gezeigte Arbeitsplan ist gegenüber dem Urkonzept etwas erweitert worden, aber auch hier gilt, dass der Erfolg einer Wertanalyse „im strengen Abarbeiten der aufgeführten Grundschritte“ liegt. Bei den Teilschritten ist hingegen oftmals ein Variieren zweckmäßig, um beispielsweise Vorbereitungszeiten abzukürzen. Das flexible Handhaben des Arbeitsplans sollte auch für das Öffnen unterstützender Methoden gelten. Beispielsweise lassen sich im Grundschritt 2 gut „QFD“ (Quality Zielbezogene WA-Arbeitspläne 76 Function Deployment) und „MTM-ProKon“ (Produktionsgerechte Konstruktion nach DfMA) einbauen. Mit QFD kann die Lücke zur Erfassung von Kundenwünschen und die Produktbewertung aus Kundensicht geschlossen werden. Mit ProKon lässt sich die Ist-Situation und später der Soll-Zustand hinsichtlich seiner Montage- und Servicefreundlichkeit bewerten. Als ebenfalls sehr wichtig ist noch ein Berichts- und Controllingschritt hinzugefügt worden: Im WA-Bericht wird noch einmal die Problemstellung und die Abarbeitung der Grundschritte dokumentiert. Für spätere WAs am gleichen Objekt ist damit die Historie beschrieben und begründet, warum man sich letztlich für die Lösung entschieden hat. Spätere Entgegenhaltungen können somit entkräftet werden. Das WA-Controlling soll letztlich überwachen, ob die Prognosen der WA eingetreten sind und gegebenenfalls aufdecken, was der Umsetzung entgegensteht. Mittlerweile ist das Normenwerk zur Wertanalyse völlig überarbeitet worden. Intention ist es, dass sich im europäischen Wirtschaftsraum die konventionelle, technikbezogene Wertanalyse zu einem „Value Management“ (siehe DIN EN 12973) weiter entwickelt. Value Management soll ein Managementstil sein, welcher drei Grundsätze verfolgt: 1. Ein ständiges Bemühen, den Wert eines Unternehmens zu verbessern 2. Konzentration auf Ziele und Sollvorgaben sowie 3. Konzentration auf Funktionen, um innovative Ergebnisse zu erreichen Parallel zu diesem Managementansatz wurde ein „erweiterter“ WA-Arbeitsplan konzipiert, der eine Richtschnur für den ganzheitlichen Ansatz sein soll. Für fest umrissene, technische Aufgabenstellungen scheint dies aber einen viel zu weiten Horizont zu haben. In diesem Manuskript wird daher weiter der so genannte „einfache“ Arbeitsplan genutzt. Zielbezogene WA-Arbeitspläne 77 Grundschritte Teilschritte 0. Vorbereitung des Projektes 0.1 Projektbeschreibung 0.2 Untersuchung der Durchführbarkeit des Projektes, Risikoanalyse 0.3 Rentabilitätsstudie 0.4 Entscheidungsträger und WA-Projektleiter auswählen 1. Projektdefinition 1.1 WA-Objekt 1.2. Rahmenbedingungen der Studie 1.3 Prämissen der Daten über das Problem 1.4 Marketingziele 1.5 Allgemeine Ziele 1.6 Um welche Interessen geht es? 1.7 Ressourcen 1.8 Mitwirkende 1.9 Vorbereitende Risikoanalyse 2. Planung 2.1 Bildung eines Arbeitsteams 2.2 Ausarbeitung eines ersten Zeitplans 2.3 Festlegung des Arbeitsraumes 3. Umfassende Daten über die Studie sammeln 3.1 Informationssammlung 3.2 Detaillierte Marktforschung 3.3 Verschiedenes 4. Funktionenanalyse, Kostenanalyse, Detailziele 4.1 Formulierung des Bedarfs und Funktionenanalyse 4.2 Kostenanalyse und Funktionskosten 4.3 Festlegung der Detailziele und Bewertungskriterien 5. Sammeln und Finden von Lösungsideen 5.1 Sammeln existierender Ideen 5.2 Entwickeln neuer Ideen 5.3 Kritische Analyse 6. Bewertung der Lösungsideen 6.1 Bewertung und Kombination der Ideen 6.2 Auswahl der Entwicklungsaufgaben 6.3 Arbeitsprogramme für die Entwicklung 7. Entwicklung ganzheitlicher Vorschläge 7.1 Studien, Prüfungen, industrielle Entwicklung 7.2 Follow-up, Koordination 7.3 Bewertung der Lösungen 8. Präsentation der Vorschläge 8.1 Auswahl der vorzuschlagenden Lösung 8.2 Ausarbeitung von Realisierungsprogrammen 8.3 Gliederung umfassender Daten über die Vorschläge 8.4 Erlangung einer Entscheidung durch den Entscheidungsträger 8.5 Information des WA-Teams und Auflösung 9. Realisierung 9.1 Unterstützung der Realisierung 9.2 Lösung unerwarteter Probleme (Reaktivierung des WA-Teams) 9.3 Ergebnisse der Realisierung, Vergleichen mit den prognostizierten Ergebnissen 9.4 Verteilung der Ergebnisse 9.5 Gegebenenfalls Erstellung eines Systems zur Sammlung von Einsatzerfahrung Bild 12.2: WA-Arbeitsplan für den Value-Management-Ansatz nach DIN EN 12973 Zielbezogene WA-Arbeitspläne 78 12.2 Quick-WA In der Praxis liegen oftmals größere Einschränkungen bei Objektüberarbeitungen hinsichtlich einer Herstellkostensenkung vor, so dass damit auch eine geringere Motivation in der Abarbeitung des vorstehenden WA-Arbeitsplans besteht. Diese Situation ist meist dann gegeben, wenn das Funktionsprinzip und Fertigungsverfahren weitestgehend festliegen und nur ein geringer Änderungsspielraum verbleibt. Im strengen Sinne handelt es sich somit um ein Ratioprojekt, welches sicherlich auch nicht der Anwendung des gesamten WA-Werkzeugkastens bedarf. Fertigungsfachleute schätzen, dass nur 1/ 3 des jährlich neu gewonnenen Technologiewissens sofort in die Praxis umsetzbar ist. Meist vergehen 2-3 Jahre, bis die entsprechende Prozesssicherheit gewährleistet werden kann. Ratioprojekte sind eine zeitnahe Umsetzung des konstruktiven und fertigungstechnischen Wissenszuwachses zur Kostenanpassung von Objekten. Manchmal stoßen Ratiomaßnahmen auf größere Widerstände als WA-Projekte, weil „schnelle“ Aktivitäten über den eigenen Verantwortungsbereich organisiert und Verantwortlichkeiten geschaffen werden müssen. In letzter Konsequenz kann behauptet werden, dass notwendige Preisanpassungen von Objekten die Folge von nicht rechtzeitig durchgeführten Ratiomaßnahmen ist. Wenn somit Ratioprojekte als Vorstufe einer Wertanalyse angesehen werden können, so stellt sich die Frage, wie eine zielführende Vorgehensweise strukturiert werden sollte. Ein Vorschlag hierzu ist der folgende Arbeitsplan mit 5 Schritten und 13 Teilschritten. Auch hierfür gilt wieder, dass dieser systematisch und vollständig abgearbeitet werden soll. Grundschritte Teilschritte 1. Aufgabe vorbereiten 1.1 Ratioobjekt auswählen und Moderator benennen, Team festlegen 1.2 Einsparziel abschätzen 1.3 Ablauf planen 2. Ausgangssituation analysieren 2.1 Zielkosten festlegen 2.2 ABC-Analyse durchführen 2.3 Schwerpunkte setzen 3. Funktionenanalyse durchführen 3.1 Funktionenstruktur zeichnen 3.2 Haupt- und Nebenfunktionen festlegen 4. Ratio-Ideen sammeln und bewerten 4.1 Kreative Suche nach Ideen 4.2 Ausfiltern realisierbarer Ideen 4.3 Kosten-Nutzen-Bewertung 5. Ratio-Ideen umsetzen 5.1 Umsetzbarkeit prüfen 5.2 Fertigungsunterlagen erstellen Ratiobericht/ Ratiocontrolling Bild 12.3: Gestraffter WA-Arbeitsplan für eine Quick-WA Im Anhang 2 wird eine Quick-WA auf zwei Probleme angewandt, um die Praktikabilität des Arbeitsplans zeigen zu können. Leitbeispiel Produkt-WA 79 13 Leitbeispiel Produkt-WA Als kompaktes Leitbeispiel für die Anwendung einer Wertanalyse soll die folgende Taschenlampe dienen. Die Vorgeschichte hierzu sei, dass ein kleines Produktionsunternehmen die im Bild 13.1 gezeigte Taschenlampe in mehreren Varianten herstellt und vertreibt. Wegen einer zunehmenden Kostenkonkurrenz ist seit längerer Zeit ein kontinuierlicher Absatzrückgang zu verzeichnen, weshalb zunächst eine Lampe wertanalytisch überarbeitet werden soll. 1. Grundschritt: Projekt vorbereiten Das für die WA gesetzte Ziel ist Kostenreduzierung um 20 % von HK bei unverändertem Kundennutzen. Als WA-Beispiel ist die Taschenlampe sehr übersichtlich, da sie nur aus 8 Teilen besteht und deren funktionelles Zusammenwirken sofort einsichtig ist. 2. Grundschritt: IST-Situation analysieren 5 6 7 8 1 2 3 4 1 Gehäusedeckel 2 Gehäuse 3 Birne 4 Reflektorgehäuse 5 Feder 6 Kabel 7 Schalter 8 Batterie Stückliste: Bild 13.1: Technisches Prinzip der Taschenlampe xyz/ 4711 Nach einer Diskussion im WA-Team wird als nutzerbezogene Hauptfunktion (NBHF) *) definiert: „Lichtstrahl erzeugen“. Des Weiteren bestehen noch produktgezogene Hauptanforderungen (PBHF) an das Produkt, und zwar hinsichtlich „Wirtschaftlichkeit gewährleisten“ und „Handlichkeit garantieren“. Ein Objekt hat im Allgemeinen mindestens eine Hauptfunktion. Wie gezeigt, sind jedoch auch mehrere Hauptfunktionen unterschiedlicher Rangordnung möglich. *) Anmerkung: Wenn eine Taschenlampe ohne Strahleinstellung vorliegen würde, könnte man als HF „Licht erzeugen“ spezifizieren. Leitbeispiel Produkt-WA 80 Bei der Überarbeitung der Taschenlampe sollte ein neues optisches Erscheinungsbild angestrebt werden. Zulässig sind Teileänderungen und eine neue Farbgestaltung. Als Vorgabe besteht aber, dass auch die überarbeitete Taschenlampe mit den bestehenden, eigenen Fertigungseinrichtungen (Blech- und Kunststoffverarbeitung) herstellbar bleiben soll. Im Bild 13.2 ist eine Funktions-Kosten-Zuordnung durchgeführt worden, diese orientiert sich hier an der Frage: Welche Aufgabe erfüllt ein Teil? und Was kostet es, eine Funktion zu erfüllen? Die zuvor festgelegte Funktionsumwidmung (eigentliche NF wird ergänzende HF) ist ebenfalls gekennzeichnet worden. Die Auflistung gibt auch einen Hinweis über Kostentreiber, in einer WA sollte man sich zuerst auf die großen „Kostenblöcke“ konzentrieren und hierfür eine akzeptable Lösung suchen. Manchmal führt dies sehr schnell zu einem ersten Erfolg. Pos./ St. Teil Was macht das Teil? Funktionsklasse Kosten HK [€] 1(1) Gehäusedeckel Batteriewechsel zulassen Rausfallen verhindern PBHF NF NF 0,10 2(1) Gehäuse Batterien aufnehmen Schalterbefestigung vorsehen Kabelbefestigung vorsehen Deckelbefestigung vorsehen Reflektorgehäuse aufnehmen Birne aufnehmen Ergonomie berücksichtigen NF NF NF NF NF NF PBHF NF 2,00 3(1) Birne Licht erzeugen NBHF 0,50 4(1) Reflektorgehäuse Birnenwechsel zulassen Birne schützen Licht reflektieren Brennpunkt verstellen PBHF NF NF NF NF 1,20 5(1) Feder Anpressdruck erzeugen NF 0,05 6(1) Kabel Stromkreis schließen Strom leiten NF NF 0,08 7(1) Schalter Stromunterbrechung vornehmen PBHF NF 0,15 8(2) Batterie Energie speichern Energie abgeben Gewichtsgrenze einhalten NF NF PBHF NF 2,80 6,88 Herstellkosten Bild 13.2: Funktionsgliederung und Herstellkosten-Aufschlüsselung Das WA-Kostensenkungsziel beträgt somit 1,38 €. Im folgenden Bild 13.4 sind den aufgeführten Funktionen die Kosten zugeordnet. Dies führt zu der Darstellung der Funktionskosten. Oft kann diese Zuordnung nicht eindeutig durchgeführt werden. Als Regel sollte aber gelten, dass die Tendenz stimmt. 81 Funktionskosten [€] 7,27% Gehäusedecke Gehäuse Birne Reflektorgehäuse Feder Kabel Schalter Batterie in [%] 100% Funktionsträger 0,10 2,00 0,50 0,08 0,15 2,80 6,88 0,05 1,20 0,07 0,03 1,56 0,05 0,08 0,20 0,11 - 0,50 0,15 - 0,60 0,40 0,05 0,05 0,08 0,15 0,07 0,03 1,56 0,05 0,08 0,20 0,11 - 0,50 0,15 0,60 0,40 0,05 0,05 0,08 0,15 1,45 % 29 % 17,44 % 1,16 % 2,2% 40,7 % Kaufteil 0,7% Bild 13.3: Funktionskosten-Analyse 81 Leitbeispiel Produkt-WA Leitbeispiel Produkt-WA 82 Die Funktionskosten können nämlich nicht direkt der Produktkalkulation entnommen werden. Eine Kalkulation ist gewöhnlich bauteilorientiert angelegt, während für eine Wertanalyse die durch eine bestimmte Funktion hervorgerufenen Kosten zu analysieren sind. Aufgabe des WA-Teams muss es demzufolge sein, allen Funktionen verursachungsgerechte Kosten zuzuweisen. Diese können entweder rechnerisch bestimmt oder müssen abgeschätzt werden. Die Funktionskostenübersicht hilft dann weiter, Arbeitsschwerpunkte auszumachen. Hierzu dient die zuvor im Kapitel 18.6 dargestellte ABC-Analyse. Übertragen auf das Beispiel können dann die folgenden Eingrenzungen vorgenommen werden: A-Teile = Batterien mit 40,7 % Gehäuse mit 29 % Reflektorgehäuse mit 17,44 % = 87,14 % B-Teile = Birne mit 7,27 % C-Teile = Gehäusedeckel mit 1,45 % Feder, Kabel mit 1,86 % Schalter mit 2,2 % = 5,51 % Dies führt zu der Erkenntnis, dass man sich bei den WA-Maßnahmen ausschließlich auf die A-Teile konzentrieren sollte, da das Potenzial aller anderen Teile nicht die Kostensenkungsvorgabe erfüllen kann. 3. Grundschritt: SOLL-Zustand beschreiben Der Soll-Zustand definiert die Vision vom Objekt. Das heißt, wie sollte eine funktionelle, kostengünstige, wirtschaftliche und ergonomisch zweckmäßige Taschenlampe aussehen. Auch muss in diesem Schritt geklärt werden: Ist der Fokus auf eine „Anpassungskonstruktion“ *) oder auf eine „Neukonstruktion“ zu legen. Im vorliegenden Fall sollen nur die Funktionen der Taschenlampe kostengünstiger erfüllt werden. Das Prinzip ist also nicht in Frage zu stellen. Dies hat zwei Konsequenzen: 1. Die Funktionen können sehr konkret definiert werden und 2. Nur die unmittelbar notwendigen Funktionen sind technisch zu realisieren Dies führt zu dem Funktionsdiagramm von Bild 13.4. *) Anmerkung: Anpassungskonstruktion = Verbesserung eines Objektes, ohne das Prinzip oder die Technologie zu ändern Leitbeispiel Produkt-WA 83 HF (WARUM / WOZU? ) NF 1. Ordnung (WIE? ) NF 2. Ordnung (WIE? ) “Wirtschaftlichkeit gewährleisten” Batteriewechsel zulassen Stromunterbrechung vorsehen Birnenwechsel zulassen “Lichtstrahl erzeugen” Energie umwandeln Licht bündeln Licht reflektieren Energie speichern Energie leiten Brennpunkt verstellen “Handlichkeit garantieren” Gewicht minimieren Ergonomie berücksichtigen Maße begrenzen Energie abgeben Bild 13.4: Funktionsdiagramm für eine Taschenlampe Da dies zuvor noch nicht ganz ausdiskutiert war, sei noch die folgende Erläuterung gegeben: Die Tiefengliederung erfolgt immer durch die Fragestellung „WIE? “, also Lichtstrahl erzeugen Frage: „WIE? “ Antwort: NFs abgeben Energie umwandeln Energie Umgekehrt führt die Frage „WARUM? “ oder „WOZU“ stets zur übergeordneten Funktion, also Frage: „WARUM Energie abgeben? “ bzw. „WOZU Energie abgeben? “ Antwort: Um einen Lichtstrahl zu erzeugen HF und Eine Hauptfunktion ist dann gefunden worden, wenn die Antwort auf die Frage „WARUM/ WOZU? “ zu dem eigentlichen Zweck führt. 4. Grundschritt: Lösungsideen entwickeln Als das dominierende Teil wurde die Batterie in der Taschenlampe eingegrenzt, die hier als Kaufteil eingeht. Mögliche Ansatzpunkte zur Kostensenkung ergeben sich somit aus der Fragestellung: - Gibt es alternative Lieferanten mit vergleichbarer Qualität zu günstigeren Konditionen? - Zu welchen Bedingungen kann der derzeitige Lieferant kostengünstig liefern? - Lassen sich mit einer größeren Batterie Kosten gegenüber zwei kleinen Batterien einsparen? Leitbeispiel Produkt-WA 84 Unterstellt man, dass die Kostenvorgabe nicht schon an der Batterie zu realisieren ist, wird man die beiden anderen A-Teile ebenfalls analysieren müssen: - Beim Gehäuse ergibt sich somit die Frage: Muss dies so aufwendig gefertigt werden? Befriedigt nicht auch ein Rohrgehäuse die Anforderungen? Ist für die Gehäusdeckel- und Reflektorgehäuse-Befestigung unbedingt ein Gewinde notwendig? Lässt sich die Schaltersituation vereinfachen? ... - Beim Reflektorgehäuse ergeben sich ähnliche Fragen: Kann die Scheibe eventuell aus Plexiglas hergestellt werden? Wie lässt sie sich dann einfach befestigen? Kann die Reflexionsschicht durch eine Folie gebildet werden? Ist das ganze Reflexionsgehäuse nicht auch als einstückiges Spritzgutteil herstellbar? ... Aus dieser Diskussion ergeben sich so viele Ansatzpunkte, die bisherige Ausführung in Frage zu stellen, dass das Kostenziel sicherlich zu erreichen ist. Damit soll die Wertanalyse aber nicht beendet werden, sondern ein Ziel war es auch, über Neuerungen nachzudenken und diese gegebenenfalls einfließen zu lassen. Im Rahmen eines Brainstormings hat das WA-Team nun verschiedene Alternativen für die einzelnen Teilfunktionen der Taschenlampe eruiert. Die Übertragung in den morphologischen Kasten ist im umseitigen Bild 13.5 durchgeführt worden. Dies ermöglicht ein spezielles Prinzip: - In der ersten Spalte werden die Nebenfunktionen aufgelistet. - Zu jeder Nebenfunktion werden mögliche Realisierungen aufgeführt. - Durch Kombination von Teillösungen wird eine Gesamtlösung bzw. eine Lösungsvariante gebildet. Möglichkeiten Energie umwandeln chem. in Batterie Energie abgeben Kabel Lichtwellenleiter direkter Massenschluss Licht bündeln Abstandsfokussierung Linse Sandwichscheibe Licht reflektieren poliertes Metall aufgedampfte Schicht Lackierung Batteriewechsel zulassen Schraubgehäuse Verschnappung Einschweißung Stromunterbrechung vornehmen Schiebeschalter Folientaster Massenstreuung Birnenwechsel zulassen Einschraubung Verklemmung Verklebung Verkrampung Gewicht minimieren Alu-Gehäuse Ergonomie berücksichtigen Durchmesserbegrenzung Variante 2 Variante 1 Solarzellen Federspeicher mech. Schwungmasse Hohlspiegel Folie Verklebung Dünnblechausführung Kunststoffausführung Handausbuchtungen Bananenform Nebenfunktionen (Nf ) 1 Bild 13.5: Morphologischer Kasten für eine neue Taschenlampe Leitbeispiel Produkt-WA 85 Leitbeispiel Produkt-WA 86 5. Grundschritt: Konzepte festlegen Im vorliegenden Fall können im morphologischen Kasten zwei Varianten ausgemacht werden, die einen hohen technischen Reifegrad haben und auch wirtschaftlich im Rahmen liegen. Ohne tiefere Diskussion wird für die Umsetzung die Variante 1 gewählt, da diese im heutigen technologischen Spektrum des Unternehmens liegt. 6. Grundschritt: Ein Konzept verwirklichen Die abschließende Realisierung wird im gewählten Beispiel darin bestehen, die Verbesserungsvorschläge umzusetzen und seriengerecht einfließen zu lassen. WA-Bericht/ Controlling Alle Entscheidungen eines WA-Teams sollten auch nach längerer Zeit nachvollziehbar sein. Es ist daher geboten, den Ablauf und alle Entscheidungen zu dokumentieren. Zur Dokumentation sollte unbedingt auch das Controlling (Kostenüberwachung) gehören, welches zu verfolgen hat, dass das WA-Ergebnis auch wirtschaftlich eingetreten ist. Resümee: Wertanalysen in der Praxis sind sehr unterschiedlich von den Vorgaben: Meist sind die Aufgaben sehr eng gestellt, sodass das WA-Team sich nur mit der Optimierung einer bestehenden Lösung auseinandersetzen muss. Aufgabenstellungen, bei denen ein WA-Team völlig frei ist, sind eigentlich sehr selten. Wenn es sich also um Anpassungsprobleme durch Optimierung bestehender Lösungen handelt, dann ist eine Fragetechnik sehr zielführend, die ein WA-Moderator beherrschen sollte, wie etwa: Funktionsoptimierung - Ist eine Funktion überhaupt notwendig? - Kann eine Funktion vereinfacht werden? - Kann eine Funktion mit anderen Funktionen zusammengefasst werden und mit welchen? - Muss eine Funktion gemäß der Aufgabenstellung erweitert werden und wie? - Muss die Funktionssicherheit verbessert werden? Qualitätsoptimierung - Muss die Qualität eines Objektes erhöht werden? - Kann die visuelle Qualität reduziert werden? - Kann das Objekt durch Zurücknahme von Vorgaben entfeinert werden? Designoptimierung - Ist das Design noch zeitgemäß? - Muss das Design den Funktionen angepasst werden? Leitbeispiel Produkt-WA 87 - Ist das Design konform zum Corporate-Identity? - Ist das Design der Verpackung noch ansprechend? Kostenoptimierung - Ist die Konstruktion zu optimieren und wie? - Ist die Fertigungsgerechtigkeit zu verbessern und wie? - Ist eine Entfeinerung (Toleranzen, Oberflächengüte) möglich und wie? - Kann das (Herstell-) Verfahren optimiert werden und wie? - Kann die Verpackung kostengünstiger gestaltet werden und wie? - Kann die Material- und Auftragsdisposition optimiert werden und wie? - Ist die Art der Lagerhaltung kostengünstiger zu gestalten und wie? - Kann der Materialfluss optimiert werden und wie? - Können Organisationsabläufe entfallen oder zusammengefasst werden und wie? Alle nach außen hin wirksamen Veränderungen sind immer aus der Sicht des Kunden zu bewerten. Der Blickwinkel „akzeptiert der Kunde dies“ ist meist verengend, demgemäß ist es oft besser, den Standpunkt zu beziehen, „dem Kunden die Veränderung erklärbar“ zu machen. WA-Arbeitsplan-Struktur 88 14 WA -Arbeitsplan-Struktur Zuvor ist bereits der Umfang eines Arbeitsplans und eine beispielhafte Anwendung diskutiert worden. Im Folgenden sollen die Grundschritte mit den erforderlichen Teilschritten und Hilfsmitteln / KAN92/ weiter konkretisiert werden. Grundschritt 1: Projekt vorbereiten Eine sorgfältige Projektvorbereitung ist die wichtigste Voraussetzung für einen gesicherten Projektablauf und gute Ergebnisse. Teilschritt 1.1: WA-Objekt auswählen und Moderator benennen Nach Vorgabe und mit Priorität ein geeignetes WA-Objekt auswählen. Kriterien können sein: a) geschäftspolitische Gesichtspunkte, b) besondere Schwerpunkte (Ordnung nach Herstellkosten/ Umsatz, Ertrag, Qualitätskosten usw.) oder c) Lebensdauer/ Lebensphase eines Objektes. Der WA-Koordinator (als Vertreter der Geschäftsleitung) legt mit dem Problemeigner das WA-Team fest. Teilschritt 1.2: Grobziele und Untersuchungsrahmen festlegen Alle Grobziele und die Bedingungen, unter denen etwas realistisch erreicht werden soll, sowie der Untersuchungsrahmen müssen vom Auftraggeber festgelegt werden. Teilschritt 1.3: Arbeitsgruppe auswählen Ein WA-Team sollte interdisziplinär aus 5-7 Mitgliedern plus WA- Koordinator bestehen. Normalerweise existiert ein „Problemeigner“, der das Problem bestmöglich lösen soll. Dies kann auch bedeuten, dass das WA-Team temporär um Spezialisten erweitert werden muss. Teilschritt 1.4: Einzelziele aus Grobzielen herleiten Grobziel in Einzelziele detaillieren; Randbedingungen festlegen, die durch Unternehmenspolitik, Gesetze, Vorschriften etc. und den Untersuchungsrahmen gegeben sind. Teilschritt 1.5: Projektablauf planen Schätzung des Zeitrahmens, Eck- und Einzeltermine vorausschauend verbindlich festlegen, Terminplan abstimmen WA-Arbeitsplan-Struktur 89 Hilfsmittel zu Grundschritt 1 1. Arbeitsblätter für die Grundschritte erstellen, um den Ablauf zu dokumentieren 6 Grundschritte = mindestens 6 Formblätter 2. WA-Projektmappe anlegen Es sollte für jede durchzuführende WA eine Projektmappe angelegt und für die Produktlebensdauer archiviert und fortgeschrieben werden. Die Projektmappe muss nicht aus „Papier“ bestehen, sondern oft ist ein WORD-Dokument besser handhabbar. 3. Terminplanerstellen. Dieser sollte sich an den sechs Grundschritten orientieren G1 G2 G3 G4 G5 G6 Tage, KW etc. Arbeitsschritte Meilensteine Endtermin WA-Arbeitsplan-Struktur 90 Grundschritt 2: IST-Situation analysieren Das Analysieren der Ausgangssituation des WA-Objektes bedeutet dessen umfassendes Erkennen mit dem Zweck, durch Abstrahieren in Form von Funktionen ein möglichst breites Lösungsfeld zu erschließen. Bei vorhandenem Ist-Objekt stellt dieses zusammen mit seinem Umfeld die Objektsituation im Ausgangszustand dar. Es ist hierbei nicht notwendig, eine vollständige Historie aufzuzeichnen, sondern es sind nur die aktuellen Daten und Fakten zu erfassen, die für die Weiterentwicklung Bedeutung haben. Teilschritt 2.1: Objekt- und Umfeldinformationen beschaffen Anwender-, Markt-, Unternehmens-, Wettbewerbsdaten sowie relevante Gesetze, Vorschriften etc. sammeln und auswerten. Stand des Wissens dokumentieren. Problemliste erstellen. Teilschritt 2.2: Lösungsbedingte Vorgaben ermitteln Vorhandene lösungsbedingte Vorgaben feststellen und erforderlichenfalls quantifizieren. Teilschritt 2.3: Funktionsverknüpfung erstellen Die Ist-Funktionen formulieren. Ist-Funktionen gliedern in Funktionsarten (Gebrauchs- und Geltungsfunktionen) und Funktionsklassen (Haupt- und Nebenfunktionen). Gegebenenfalls eine Funktionsstruktur erstellen, um das Zusammenwirken aller Teile zu erkennen. Teilschritt 2.4: Teile/ Funktionskosten bestimmen Den Funktionen über die Kosten der Funktionenträger die beanspruchten Kostenanteile zuordnen und daraus eine Funktionskostenmatrix erstellen. Teilschritt 2.5: Montageanteil ermitteln Der Montageaufwand kennzeichnet die Komplexität eines Objektes. Mit ProKon kann eine (Hand-)Montage abgebildet und zeitlich bzw. geldlich quantifiziert werden. WA-Arbeitsplan-Struktur 91 Hilfsmittel zu Grundschritt 2 1. Funktionsgewicht: Ermittlung des Funktionstyps durch gezieltes Fragen Dient Funktion unmittelbar dem Zweck des Objekts? diese ? Ist dies eine wichtige Funktion? Hauptfunktion Nebenfunktion JA Dient Funktion nur mittelbar dem Zweck des Objekts? diese ? JA NEIN ? JA NEIN Hilfsfunktion unnötige Funktion NEIN 2. FAST-Diagramm (Functional Analysis System Technique-Diagramm): Dient zur Analyse eines Objektes hinsichtlich des Zusammenwirkens der notwendigen Funktionen einmalige Funktionen ständige Funktionen Spezifikationen übergeordnete Funktion akzeptierte Funktion WARUM? Warum muss das sein? logischer Pfad BF(HF) FF 2.1 FF 2.2 FF 1 PF 3.1 FF 3.2 Rahmen (Scope) LSL RSL BF = Basisfunktion meist HF FF = Folgefunktion PF = Parallelfunktion ) s NF ( i WIE? Wie muss „was“ geschehen? WA-Arbeitsplan-Struktur 92 Beispiel: „Textmarker“ Wahrnehmung erzeugen Farbe auftragen Kontraste erzeugen WARUM? WIE? FF 1.1 FF 1.2 FF 1.3 3. Funktionenbaum: Stellt die Abhängigkeiten zwischen der HF und den NFs dar HF NF WARUM/ WOZU? WIE? 1. Ordnung 2. Ordnung Kraftstoff fördern 1 Kraftstoff zuführen Kraftstoff weiterleiten 1.1 1.2 Anschluss vorsehen Rohrleitung vorsehen Schmutz zurückhalten 1.1.1 1.2.1 1.2.2 NF 4. Funktionen-Teile-Zuordnung: Ist-Analyse zur Darstellung des Teileaufwands bzw. der Teilezuordnung HF NF Teil 1 Teil 2 Teil 3 Teil 4 ... Teil n HF 1 NF 1.2 NF 1.3 NF 2.1 NF 2.2 HF 2 NF 1.4 NF 1.1 WA-Arbeitsplan-Struktur 93 Grundschritt 3: SOLL-Zustand beschreiben Mit dem Beschreiben des Soll-Zustandes bzw. der „Vision“ wird die Grundlage für die Ideensuche und für die Auswahl der Lösungen zum Erreichen der Einzelziele gegeben. Zu einer Vision gehört: Was soll das neue Objekt leisten? Welche Funktionen sind dazu erforderlich? Was darf das Objekt kosten? Welchen Zusatznutzen soll das Objekt haben? Etc. Wenn dies realisiert ist: Wie wird das Objekt dann im Wettbewerb stehen? Teilschritt 3.1: Vorinformationen auswerten Informationen prüfen, Qualität der Funktionserfüllung im Ist-Zustand analysieren, Schwerpunkte bilden, nach den Zielvorgaben Kriterien aufstellen, die zur späteren Bewertung herangezogen werden können. Teilschritt 3.2: Lösungsbedingte Vorgaben festlegen Es ist festzulegen, was das neue Objekt für Ziele (Funktionen, Gewicht, Montage, Kosten etc.) zu erfüllen hat und wie der Erreichungsgrad zu messen ist. Teilschritt 3.3: Soll-Funktionen festlegen Die Soll-Funktionalität (Haupt- und notwendige Nebenfunktionen) ist zu ermitteln und deren Verknüpfung zu klären. Hierbei ist zu prüfen, ob sich Funktionen in ein Teil zusammenfassen lassen. Gemäß der DIN EN 1325 bezeichnet eine Funktion „die Wirkung eines Produktes oder seiner Bestandteile“. Sinnvoll ist es, die festgelegten Funktionen mit den Wettbewerbslösungen zu vergleichen, weil sich hier Möglichkeiten auftuen zur Differenzierung. WA-Arbeitsplan-Struktur 94 Hilfsmittel zu Grundschritt 3 1. Logische Transformation von Nutzeranforderungen in technische Vorgaben Bedürfnis NBF PBF Produkt Marktforschung (Informationsphase) Funktionenanalyse/ FAST Entwicklung (Kreativität/ Innovation) Überprüfung Realisierung Definition von Funktonen nach DIN EN 12973: Funktionale Anforderungen betreffen die „Nutzerbezogenen Funktionen (NBF)“, die von einem Objekt erwartet werden und die die Bedürfnisse eines definierten Nutzers befriedigen. Frage WARUM? Nutzerbezogene Funktionen werden durch interne Funktionen eines Objektes ermöglicht. Diese internen Funktionen werden als „Produktbezogene Funktionen (PBF)“ bezeichnet. Frage WIE? 2. Angabe von Funktionen bzw. Zweiwort-Identifizierung Es soll die „Wirkung“ als Vorgang oder Ergebnis des Wirkens eindeutig benannt werden: Funktion = Hauptwort + Tätigkeitswort Das Hauptwort soll nach Möglichkeit das Objekt eindeutig benennen und das Tätigkeitswort (Verb) im Infinitiv (d. h. der aktivistischen Grundform) gewählt werden. Beispiele Uhr: „Uhrzeit anzeigen“ Herd: „Speisen garen“, Autolenkung: „Richtungswechsel ermöglichen“ Wasserarmatur: „Wasserstrahl dosieren“ Büroklammer: „Papiere zusammenhalten“, Lasersensor: „Objekte erfassen“, Waschmaschine: „Wäsche reinigen“ etc. WA-Arbeitsplan-Struktur 95 Grundschritt 4: Lösungsideen entwickeln Dieser Grundschritt ist der schöpferische Schwerpunkt des Elements „Methodik“ der Wertanalyse. Ideenfindungstechniken und die Nutzung von Informationsquellen steigern die Quantität der Ideen. Eine große Ideenquantität erhöht die Wahrscheinlichkeit, über eine große Anzahl von Lösungsansätzen letztlich qualitativ hochwertige Lösungen zu finden. Teilschritt 4.1: Vorhandene Ideen sammeln Anregungen, Verbesserungs- und Änderungsvorschläge heranziehen; Markt- und Wettbewerbsinformationen nutzen; Schrifttum, Datenbanken und dergleichen auswerten Teilschritt 4.2: Neue Ideen entwickeln Ideenfindungstechniken anwenden (z. B. TRIZ oder ASIT *) Brainstorming, Morphologie, Synektik), Kreativitätshilfen nutzen Kreativitätshilfen sind z. B. die Ideenstimulation durch Analyse erfolgreicher Produkte, Lösungen aus anderen Branchen, Unternehmen oder Bereichen; Nutzung von Lösungskatalogen, Patenten; Informationen von Spezialisten berücksichtigen. Hinweis: Die Ideensuche sollte zweistufig erfolgen: a) zunächst ist Quantität gefragt und b) danach erst Qualität. Von 10 Ideen überleben erfahrungsgemäß nur 3 und 1 lässt sich letztlich realisieren. Teilschritt 4.3: Herstellkosten der Ideen schätzen und bewerten Für die Verfolgung einer Idee sind regelmäßig die Kosten entscheidend. Es sollte daher eine grobe Kalkulation oder Kosteneinschätzung vorgenommen werden. Damit ist die Frage verbunden: Hat das Objekt zu den abgeschätzten HK überhaupt eine Chance? *) Anmerkung: TRIZ (aus dem Russischen) steht international für „Theorie des erfinderischen Problemlösens“. ASIT steht im Englischen für die kreative Suche nach Alternativen in einer abgeschlossenen „Welt“. WA-Arbeitsplan-Struktur 96 Hilfsmittel zu Grundschritt 4 1. Ideenmatrix Problem/ Teilaufgabe Lösungsidee Vorteile/ Nachteile Entscheidung 1. Zahnradstufe Zwischenrad erforderlich für gleiche Drehrichtung, muss in Stellung festgestellt werden 2. Planetenradstufe kompakte Bauweise, kann selbsthemmend ausgeführt werden 3. Schneckenradstufe hat gedrehte Achsrichtung, hat Selbsthemmung Verstellung einer Pkw-Rückenlehne 4. Zahnsegmente viele Teile, Fixierung über Sperre erforderlich Es sollten letztlich nur Ideen weiter verfolgt werden, die ein technisches Potenzial haben, möglichst neu sind und letztlich auch eine Realisierungschance haben. Hilfreich ist es dabei sehr früh die „Stimme des Kunden“ zu berücksichtigen. WA-Arbeitsplan-Struktur 97 Grundschritt 5: Konzepte festlegen Dieser Schritt führt von der Ideensammlung durch Verdichten und Bewerten stufenweise zu einer nachvollziehbaren Entscheidung. Teilschritt 5.1: Bewertungskriterien festlegen Bewertungskriterien nach den Zielvorgaben übernehmen und gegebenenfalls durch neue lösungsrelevante Kriterien ergänzen. Teilschritt 5.2: Lösungsideen bewerten Günstige Ideen hervorheben; nach dem Grad ihrer Realisierungsmöglichkeit ordnen. Nicht realisierbare Ideen ausschalten. Teilschritt 5.3: Ideen zu Konzepten verdichten und darstellen Ideen miteinander kombinieren, Ideen ausscheiden, neu entstandene Ideen festhalten. Teilschritt 5.4: Herstellkosten der Konzepte Lösungsansätze auf ihren Erfüllungsgrad prüfen und ordnen. Vor- und Nachteile der verschiedenen Lösungsalternativen herausstellen; Kosten, erforderliche Investitionen und Realisierungszeiten schätzen; Lösungsalternativen gemäß ihrer Werte-Rangfolge ordnen; optimale technisch-wirtschaftliche Lösungen auswählen Teilschritt 5.5: Konzepte ausarbeiten Lösungsansätze im Einzelnen darstellen, Lösungsansätze variieren, Lösungen festlegen. Teilschritt 5.6: Entscheidungsvorlage erstellen Projektdokumentation für Entscheidungsträger zusammenstellen (z. B. Ergebnisse, Umsetzungsstrategie, Wirtschaftlichkeit, Risiken, Termine, Kapazitäten, humanitäre Verbesserungen etc.) Teilschritt 5.7: Entscheidungen herbeiführen Entscheidungsvorlage als Präsentation erstellen. An dieser Präsentation sollten alle mit der Umsetzung befassten Entscheider und Durchführer einbezogen sein. Resümee der Entscheider dem Auftraggeber vorlegen. WA-Arbeitsplan-Struktur 98 Grundschritt 6: Ein Konzept verwirklichen Die Umsetzung der verabschiedeten Lösung in der Praxis stellt das Arbeitsergebnis sicher und schließt das WA-Projekt ab. Vielfach werden WA-Projekte eine geringere Priorität neben dem Tagesgeschäft (Serienprogramm) haben, weshalb bis zur „letzten Minute“ der persönliche Einsatz des WA-Teams erforderlich ist. Teilschritt 6.1: Realisierung im Detail planen Alle betroffenen Entscheider und Durchführer über Ratio- und Kostenpotenzial informieren, Terminplanung abstimmen, mögliche Schwierigkeiten aufzeigen. Teilschritt 6.2: Realisierung einleiten Erforderliche Schritte nach Plan einleiten. Teilschritt 6.3: Realisierung überwachen Umsetzung überwachen, Abweichungen vom Ziel erkennen, gegebenenfalls Zwischenentscheidung herbeiführen und korrigierende Maßnahmen einleiten. Teilschritt 6.4: Projekt abschließen mit einem Ergebnisbericht Abschlussbericht erstellen, Erfahrungen dokumentieren, Team entlasten und auflösen Wichtig ist vor allem, in einem Ergebnisbericht die Basis für die getroffenen Entscheidungen darzulegen. Zu einem späteren Zeitpunkt kann dann ein neues WA-Team leichter auf den dokumentierten Stand aufsetzen. WA-Arbeitsplan-Struktur 99 Grundschritt 7: WA-Controlling Überwachung des Wertanalyseerfolges nach 3-4 Monaten. Das heißt, ist auch das eingetreten, was beabsichtigt war? Wertanalyse ist kein Selbstzweck, sondern für den Unternehmenserfolg eine Notwendigkeit. Nicht nur das WA-Team, sondern auch die Unternehmensleitung verlässt sich darauf, dass das, was erarbeitet wurde, auch umgesetzt wird. Da die Umsetzung geplant werden muss, bedeutet dies eine Begleitung durch den Problemeigner und den WA-Koordinator. Dabei ist sicherzustellen, dass die Funktions- und Kostenziele erreicht werden. Dies bedarf einer inhaltlichen, geldlichen und terminlichen Kontrolle. Abweichungen sind zu analysieren, Ursachen zu erforschen und gegebenenfalls ist mit weiteren WA-Sitzungen eine Lösungsanpassung vorzunehmen. Hieraus folgt der Leitsatz: „Wertanalyse muss transparent und wahr sein.“ Kurzkalkulationsverfahren 100 15 Kurzkalkulationsverfahren In den vorausgegangenen Kapiteln wurde schon herausgestellt, dass das hauptsächliche Ziel der Wertanalyse in der Kostensenkung besteht. Die VDI 2225, Bl. 1 gibt hierzu einige Hinweise, wie Produktkosten durch den Konstrukteur abgeschätzt werden können. Basis dieser Betrachtungen soll die im Bild 15.1 aufführte Zuschlagkalkulation sein. Brutto-Materialkosten Materialgemeinkosten Zulieferkosten Zuliefergemeinkosten MEK + MGK + ZEK + ZGK Materialkosten MK MK Fertigungslohnkosten Fertigungsgemeinkosten Montagelohnkosten Montagegemeinkosten FLK + FGK + MLK + MGK Fertigungskosten FK + FK Sondereinzelkosten der Fertigung + SEF Herstellkosten HK HK Entwicklungs-/ Konstruktionskosten + EKK Verwaltungsgemeinkosten Vertriebsgemeinkosten VwGK + VtGK Verwaltungs-/ Vertriebsgemeinkosten VVGK + VVGK Sondereinzelkosten Vertrieb + SEV Selbstkosten SK SK Gewinnabhängige Steuern Kalkulatorischer Gewinn + St + K Richtpreis P Bild 15.1: Kostenbildungsprinzip nach der Zuschlagkalkulation / REFA72/ Die einzelnen hier eingehenden Kostenelemente sollen nun bestimmt werden. 15.1 Ermittlung der Herstellkosten Gemäß dem Kalkulationsschema werden die Herstellkosten aus den folgenden Anteilen gebildet: . [SEF] + FK + MK = [SEF] + FGK) + (FLK + ZGK) + ZEK + MGK + (MEK = HK Materialkosten: MK = MEK + MGK + ZEK + ZGK Die eingehenden Kostenanteile können jeweils aus der Zeichnung abgeleitet werden, und zwar wie folgt: Kurzkalkulationsverfahren 101 - Brutto-Materialvolumen b V aus der Rohteilzeichnung bzw. Netto-Werkstoffvolumen n V aus der Fertigteilzeichnung mit Verschnittfaktor z f n z b V f V , - Brutto-Materialkosten: MEK = b V V k mit V k = volumenbezogene Werkstoffkosten oder alternativ G k MEK G mit G k = gewichtsbezogene Werkstoffkosten - Materialgemeinkosten: MGK = MEK g w mit 2 , 0 1 , 0 g w Werkstoffgemeinkosten-Zuschlag Aus der Zeichnung sind zu bestimmen: die Zulieferkosten ZEK und die Zuliefergemeinkosten ZGK = ZEK g z mit 1 , 0 05 , 0 g z . - Die Materialkosten ergeben sich somit zu: ZEK g 1 k V g 1 MK z V b w . Fertigungskosten: FK = FLK + FGK Die hierfür maßgebenden Kostenanteile müssen aus den Fertigungsgängen bestimmt werden. - Die Lohnkosten können nach REFA wie folgt ermittelt werden: i m i e l l FLK mit i e l = Lohnkosten je Teil bzw. je Einheit i m l = Montagelohnkosten je Teil bzw. je Einheit Hierin bestimmen sich die Lohnkosten zu r e a r v er g a i e t t f t t t t f l mit a f = Lohnsatz für Bearbeitungen in €/ Minute, g t = Grundzeit für einen Bearbeitungsvorgang in Minuten, er t = Erholungszeit in Minuten für erholungsbedingte Unterbrechungen, v t = Verteilzeit in Minuten für persönlich- und störungsbedingte Unterbrechungen, r t = Rüstzeit in Minuten für die Einrichtung von Teil und Werkzeug, e t = Zeit je Einheit in Minuten, des Weiteren ergibt sich die Grundzeit Kurzkalkulationsverfahren 102 n h g t t t aus h t = Hauptzeit (eigentliche Bearbeitung) n t = Nebenzeit (Ein-/ Ausspannen, Messen). Die Hauptzeit bezieht sich jeweils auf die charakteristische Bearbeitung, z. B. spanende Bearbeitung: h t = min / cm in n Spanvolume . spezif v cm in n Spanvolume oder - Abtrag V 3 a 3 Schweißen: h t = cm/ min in htlänge Schweissna spezif. L cm in nge Schweisslä e ausgeführt l P S S Die Nebenzeiten sind herstellungsbedingt und lassen sich daher nur schwer reduzieren. Die Montagekosten , t f l i m b i m mit b f = Lohnansatz für Montage in €/ Minute, i m t = Zeit für Montage in Minuten werden im Wesentlichen bestimmt durch die Anzahl der Teile, die Eindeutigkeit seitens der Geometrie, die Arretierungsgegebenheiten und die Verbindungstechnik. Wegen des hohen manuellen Aufwandes überwiegen oft die Kosten der Montage gegenüber der reinen Fertigung. Insofern bietet die Montage vielfach noch ein erhebliches Rationalisierungspotenzial. Die gesamten Fertigungskosten ergeben sich dann mit den Zuschlägen 5 , 2 g F für die mechanische Fertigung und 6 3 g HM für einfache Handmontage zu Montage i i HM Maschine i i F FLK g 1 FLK g 1 FK Sondereinzelkosten der Fertigung: SEF Sie beinhalten die für die Herstellung eines Produktes erforderlichen Werkzeuge, die entweder selbst hergestellt (und damit auch kalkulierbar sind) oder zugekauft werden und dem Produkt alleine zuzuordnen sind. 15.2 Volumenbezogene Werkstoffkosten und Relativkosten-Zahlen Wie ausgeführt können die Brutto-Materialkosten aus b V V k MEK Kurzkalkulationsverfahren 103 ermittelt werden. Dies wäre möglich, wenn für den verwendeten Werkstoff immer aktuelle Zahlenwerte für die volumenbezogenen Werkstoffkosten V k vorlägen. Da dies in der Praxis nicht so ist, ist es sinnvoll, mit Relativkostensätzen in Bezug zu einem Bezugswerkstoff zu kalkulieren. Diesen Bezugswerkstoff kann ein Unternehmen im Prinzip frei wählen. Sinnvoll ist jedoch ein Rückgriff auf allgemein bewährte Relativkostensätze, so wie sie in der VDI 2225, Bl. 1 und Bl. 2 verfügbar sind. Danach ist es zweckmäßig, die volumenbezogenen Werkstoffkosten wie folgt aufzuspalten: V k = Vo * V k k , mit V k * = Relativkostenzahl Vo k = volumenbezogene Werkstoffkosten des Bezugsmaterials Die VDI-Richtlinie wählt als Bezugsmaterial warmgewalzten St-Rundstahl von 35-100 mm Durchmesser der Qualität USt 37-2 (heute S 235), nach DIN EN 10027 der Maßnorm DIN EN 10060, bei Abnahme von 1.000 kg ab Werk. Üblicherweise nennen Materiallieferanten aber nur gewichtsbezogene Werkstoffkosten Go k des Bezugsmaterials in €/ kg. Diese müssen dann wie folgt umgerechnet werden: o Go Vo k k , mit o = spezifische Dichte des Bezugsmaterials. Im Jahre 2018 wird von Lieferanten für S 235 genannt: 50 , 1 k Go €/ kg *) . Dieser Wert schwankt jährlich, wie bei der Anmerkung ausgewiesen. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass die Relationen innerhalb der Stähle etwa konstant sind bzw. der Abstand zu Guss, den NE-Metallen oder auch näherungsweise zu den Kunststoffen ebenfalls konstant bleibt. Die nunmehr für die Berechnung benötigten V k * -Werte kann man dem umseitigen Bild 15.2 entnehmen, welches einen Auszug aus der VDI 2225, Bl. 2 darstellt. Werden darüber hinaus Werkstoffe verwandt, die nicht in den Tabellen enthalten sind, so ist es ohne Weiteres möglich, auch hierfür Relativkostenfaktoren anzugeben und diese in der Berechnung zu benutzen. Die VDI 2225, B. 1 gibt hierfür das Beispiel ALZEN (Zink-Aluminium-Kupfer-Legierung mit guten Gleiteigenschaften und einer Dichte = 4,8 3 dm / kg ) an, das vielfach als Lagermaterial oder Schneckenradkörper benutzt wird. ALZEN kann man derzeit für G k = 10,- €/ kg kaufen. Der Relativkostenfaktor ergibt sich sodann zu *) Anmerkung: 2008 war kGo = 1,30 €/ kg bzw. kVo = 1,30 3 3 dm € 22 , 10 dm kg 86 , 7 kg € 2018 zwar kGo = 1,50 €/ kg bzw. kVo = 1,50 3 3 dm € 80 , 11 dm kg 86 , 7 kg € Kurzkalkulationsverfahren 104 , dm € 70 , 4 dm / € 22 , 10 dm / kg 8 , 4 kg / € 00 , 10 * k ) rial Bezugsmate ( ) Material beliebiges ( k k k k * k 3 3 3 V o Go G Vo V V d. h., ALZEN ist mit 4,7 x Volumenpreis von S235 zu berücksichtigen. Die Idee der Relativkostenzahlen hat man beispielsweise auch in der Kunststofftechnik umgesetzt. Als Bezugsmaterial wird dort ABS herangezogen. Im Jahre 2018 kostete 1 kg ABS durchschnittlich 2,25 €/ kg, damit erhält man die volumenbezogene Relativkostenzahl 3 3 Vo dm € 36 , 2 dm kg 05 , 1 kg € 25 , 2 k . Hierauf können dann die üblichen technischen Kunststoffe (Quelle: www.plasticker.de) bezogen werden, z. B. * V k ABS PS POM PC PA6 PA6.6 PP PE 1,00 0,90 1,59 1,41 1,67 1,45 0,82 1,02 Da das gezeigte Prinzip universell ist, kann die Übertragung auf beliebige Werkstoffgattungen empfohlen werden. Der Vorteil besteht dann in der sofortigen Vergleichbarkeit des Materialeinsatzes bei einer Konstruktion. Kurzkalkulationsverfahren 105 Bild 15.2: Relativkostenzahlen für Werkstoffkosten und Halbzeugformen Kurzkalkulationsverfahren 106 15.3 Zielkosten Oftmals lassen sich die auf Selbstkostenbasis kalkulierten Kosten am Markt nicht durchsetzen. Hinter der traditionellen Kostenrechnung steht das Leitmotiv: Was wird ein Produkt kosten? Damit geht ein Unternehmen das Risiko ein, dass ein Produkt am Markt nicht genügend Käufer findet. In seiner Konsequenz bleibt das Unternehmen nicht nur auf dem Produkt, sondern auch auf alle anfallenden Kosten sitzen. Die richtigere Fragestellung wäre somit: Was darf ein Produkt kosten? , oder zu welchen „Zielkosten“ muss es herstellt werden? In den meisten Fällen werden die lokalisierten Zielkosten unter den Kosten liegen, die gegenwärtig als realistisch angesehen werden. Insofern schließt sich hier wieder der Kreis zur Wertanalyse, die innerhalb des Zielkostenansatzes (Target Costing) ein unverzichtbarer Ansatz zur Kostenoptimierung / BUG95/ darstellt. Der Zielkostenansatz geht davon aus, dass für jede Leistung ein Marktpreis existiert, den Kunden bereit sind, zu zahlen. Gemäß Bild 15.3 wird sodann vom Marktpreis der gewünschte Zielgewinn abgezogen und damit eine Zielvorgabe für die erlaubten Herstellkosten gemacht. Wettbewerber und Kunden Angestrebter Marktpreis 10.000,- € Marktforschung Zielgewinn (Target 20 %) 2.000,- € = Target Costs 8.000,- € NEIN JA Erzielen von Kostenverbesserungen im Bereich der - Produktionsverfahren, - Fertigungstiefe, - Teilevielfalt, - Materialien Drifting (Estimatede) Costs 8.000,- € Unternehmensplan: Gewinnmarge Was darf mein Produkt in der Herstellung kosten? Mögliche Instrumente: ganzheitliche Prozessoptimierung, - Value Engeneering, - Design to Cost, - Simultaneous Engeneering Standardkosten (Basis: heutige Technologien und Verfahren, Plankosten) Target Costs = Drifting Costs? % Bild 15.3: Bildung der Zielkosten Der Vorteil dieser Vorgehensweise besteht darin, dass bereits zu Beginn der eigentlichen Produktentwicklungsphase, in der der größte Teil der späteren Kosten festgeschrieben wird, bindende Kostenvorgaben mit steuerndem Charakter vorliegen. Der Kurzkalkulationsverfahren 107 Zielkostenansatz unterscheidet sich somit erheblich von der traditionellen Kostenplanung westlicher Unternehmen. Während bei der traditionellen Produktkalkulation ein „passives Rechnen“ (Aufsummierung der angefallenen Kosten) erfolgt, wird durch die Vorgabe von Zielkosten ein „aktives Handeln“ im Sinne eines vorausschauenden Controllings abverlangt. Dies ist ein typischer Anwendungsfall für die „Wertgestaltung“, denn es ist nicht die Vorgabe, die Zielkosten durch eine eingeschränkte Funktionalität und Qualität zu erreichen. Im Bild 15.4 sind die beiden unterschiedlichen Philosophien der Produktkostenermittlung noch einmal gegenübergestellt. ja nein deutsche Produktentwicklung Marktanalyse: geforderte Eigenschaften, - Ressourcenabgleich Entwicklung und Konstruktion: - Konzipieren, - Entwerfen, - Ausarbeiten Zulieferanten-, Preisermittlung, Kalkukation Kostenziel erreicht? Wertanalyse Produktion periodische Kostenreduzierung japanische Produktentwicklung (Genka Kikaku) Marktforschung mit QFD: tatsächliche Kundenbedürfnisse, - Realisierung der Vorgaben target-cost-analyse: - Zielgewinn, Zielkosten, - Design- und Qualitätsforderungen Entwicklung u. Konstruktion Wertverbesserung Zulieferantenpreisanalyse paralleles Team-Management, time to market, robust design, Taguchi, Shigeo Shingo, - Prozessfähigkeit Markt Produktion kontinuierlicher Verbesserungsprozess (Kaizen) Markt Bild 15.4: Gegenüberstellung der westlichen und der japanischen Produkt-Entwicklungsstrategie Der wettbewerbsentscheidende Vorsprung aus dem Zielkostenmanagement besteht in der weitergehenden Parallelisierung und Synchronisierung von Prozessen. In seiner Konsequenz führt dies auch zu einer Prozessoptimierung und einer verbesserten Organisation, womit auch Elemente der „Gemeinkosten-Wertanalyse“ befriedigt werden. Reverse Engineering und Benchmarking 108 16 Reverse Engineering und Benchmarking 16.1 Bezug zur WA Unternehmen führen Wertanalysen nicht nur als Selbstzweck durch, sondern weil sie von den Marktgegebenheiten dazu gezwungen werden. Meist gibt es Wettbewerber, die von den Kunden als besser eingestuft werden und die vielleicht auch objektiv ein preisgünstigeres, funktionelleres und qualitativ gutes Produkt haben. Damit verbunden ist, dass ein Unternehmen seine Wettbewerber nicht nur namentlich kennen sollte, sondern auch deren Stärken und Schwächen zu bewerten lernt. In der Vergangenheit hat man sich damit begnügt, eine mehr oder weniger systematische Wettbewerbsanalyse durchzuführen. Oftmals existieren darüber keine Aufschreibungen oder Quantifizierungen und es wurden daraus auch keine Veränderungen abgeleitet. Unter der Prämisse, dass nach Darwin (Biologe und Artenforscher) die Starken die Schwachen fressen oder die Schnellen die Langsamen verdrängen, muss heute dem „Reverse Engineering“ und dem „Benchmarking“ höchste Priorität zugewiesen werden: Hauptziel des Reverse *) Engineering ist es, die Kosten durch Kopieren und ein Re- Design rasch zu reduzieren bzw. über Recherchen unmittelbar umsetzbare Verbesserungsmöglichkeiten ausfindig zu machen. Dabei stellt man das eigene Produkt dem eines führenden Wettbewerbers direkt gegenüber. Das eigene Produkt und das konkurrierende Produkt werden in ihre Einzelteile zerlegt, miteinander verglichen und analysiert. Die festgestellten technologischen Unterschiede werden dann in Geld bewertet. Basis der Kalkulation sind aber immer die Möglichkeiten der eigenen Firma. Der Umsetzungsgedanken wird jetzt noch weiter differenziert, und zwar möglichst in Verbesserungen, die gegenüber den Kunden einen Preisaufschlag rechtfertigen oder ideal durch Abmagerungen eine Herstellkostensenkung ermöglichen, wodurch Wettbewerbsfähigkeit gewonnen werden kann. Reverse Engineering bezeichnet die fallweise Weiterentwicklung einer bekannten Wettbewerbslösung zu noch geringeren Herstellkosten. Benchmarking *) ist hiergegen weiter gefasst und analysiert Abläufe oder ganze Prozesse. Im Japanischen existiert hierfür das Wort „dantotsu“ mit der Bedeutung „sich zu bemühen, der Beste der Besten zu werden“. Die Amerikaner haben diese Verhaltensweise sehr schnell den Japanern abgeschaut und verfolgen heute ebenso konsequent den Weg, die Unternehmensziele und Produktivitätsprogramme auf der Basis der industry best practices der besten Methoden und Verfahren eines Industriezweigs oder Branche auszurichten, im unbeirrten Drängen absolute Spitzenleistungen erreichen zu wollen. Unter den vielen Beschreibungsversuchen für diese Offenheit gegenüber Veränderungen passt am pragmatischsten die folgende Definition / CAM94/ : *) Anmerkung: reverse = umgekehrt entwickeln, rekonstruieren benchmarking = Eckwerte, Leistungsniveau Reverse Engineering und Benchmarking 109 „Benchmarking ist der beständige Prozess, Produkte, Dienstleistungen und Praktiken gegen die stärksten Mitbewerber oder die Firmen zu messen, die als Branchenführer angesehen werden“. Benchmarking ist insofern nicht mit kurzfristigen Erfolgen verbunden, sondern ist ein langsam beginnender Vorgang, der Schritt für Schritt auf alle Unternehmensfunktionen ausgedehnt werden muss. Vision muss es sein, eine Veränderungskultur zu entwickeln. Die Entscheidung, ob und wie die Selbstlern- und -optimierungsstufen in Angriff zu nehmen sind, hat unternehmensspezifisch zu erfolgen und ist von vielen Umständen und Randbedingungen abhängig. Aus Anwenderberichten ist jedoch immer wieder die Botschaft zu vernehmen, dass letztlich der durchschlagende Erfolg nur mit einem ganzheitlichen Benchmarking über alle Unternehmensfunktionen zu erzielen ist. 16.2 Sich zum Besten entwickeln Benchmarking ist also eine im Sinne der Kundenorientierung positive Strategie, die nicht nur einmal angewandt werden sollte, sondern zum festen Repertoire der Unternehmensführung zu erheben ist. Ziel ist es, betriebliche Abläufe und Leistungen in einer strukturierten Weise so zu verändern, dass Spitzenleistungen erbracht werden können. Der unmittelbare Nutzen liegt insbesondere darin, dass alle betrieblichen Funktionen (organisatorische Einheiten, Abteilungen etc.) gezwungen werden, die besten Methoden und Verfahren anderer, fremder Unternehmen oder Unternehmensbereiche zu untersuchen und deren bessere Praktiken in eigene Arbeitsabläufe zu übernehmen. Dies führt in aller Regel zu klaren, strukturierten Abläufen mit verbesserter Wirtschaftlichkeit, welche zweckgerechter sind und Wettbewerbsvorteile verschaffen können. Benchmarking zwingt also dazu, dass man sich nicht nur immer blind in der inneren Welt des Unternehmens bewegt, sondern die genauso oder viel wichtigere externe Umwelt gründlich in Augenschein nimmt. Nur die andauernde Suche nach den besten Lösungen erhöht die Chance, selbst der absolut beste Leistungsanbieter seiner Branche oder Industriezweigs werden zu können. Der damit zu initiierende Lernvorgang hat sich über die folgenden Stufen zu entwickeln: Analysieren Sie die Fabrik- und Geschäftsprozesse Die Stärken und Schwächen der eigenen Arbeitsabläufe müssen bekannt sein. Führen Sie eine kritische Bewertung dieser in dem Bewusstsein durch, dass auch Wettbewerber Ihr Unternehmen durchleuchten, um Schwachstellen zu entdecken, aus welchen sich am Markt Kapital schlagen lässt. Wenn Sie Ihre eigenen Ressourcen nicht realistisch einschätzen können, existiert keine Basis für einen Aufschluss in die Spitzengruppe. Motivation für BNE: „Wenn du deinen Feind kennst und dich selbst kennst, brauchst du das Ergebnis von 100 Schlachten nicht zu fürchten“. 500 v.Cr. SunTzu (chinesischer General) Reverse Engineering und Benchmarking 110 Lernen, die führenden Unternehmen der Branche zu verstehen Nach der Analyse des eigenen Unternehmens sollte man sich darauf konzentrieren, die Stärken und Schwächen der Konkurrenz zu ermitteln. Messen Sie darüber hinaus einzelne für Sie wichtige Abläufe an noch besseren Spezialisten und leiten Sie daraus Ihre Ziele ab. Zunächst die Besten nur nachahmen Nachdem aufgedeckt ist, auf welchen Gebieten die Konkurrenten stark sind, warum sie es sind und wie sie es wurden, übernehmen Sie deren Lösungsansätze. Kopieren Sie zunächst ungeniert, versuchen Sie aber danach die fremden Prinzipien besser anzupassen und nach Möglichkeit noch zu verbessern. Überlegenheit gewinnen Die vorherigen Schritte haben dazu geführt, eigene Schwächen zu beseitigen und von den Stärken anderer zu profitieren. Damit verbunden ist ein Kompetenzgewinn, der weiter in Markterfolge umgemünzt werden muss. Auszuruhen ist jetzt aber nicht zielführend, sondern ein Spitzenplatz fordert permanente Weiterentwicklung. Stellen Sie Erreichtes wieder in Frage und unterwerfen Sie einzelne Abläufe einer erneuten Optimierung. Nur ein derartiges Verhalten führt letztlich zur Überlegenheit gegenüber dem Wettbewerb, wie viele Beispiele belegen. In Japan charakterisiert man den Zwang zur Optimierung der eigenen Leistung mit dem Wort „KAIZEN“ (permanente Verbesserung zum Guten/ KVP), welches zum Selbstverständnis jeden Managers und zum Daseinszweck jeden Unternehmens gehören stollte. Man mag sich daran erinnern, dass wir Europäer früher die Japaner belächelt haben, die zu jeder Messe eingeflogen kamen und unentwegt fotografieren. Die Quintessenz hieraus war, dass japanische Unternehmen sehr schnell mit Kopien westlichen Know-hows auf den Mark kamen und diese Produkte letztlich über den Standard der Originale verbessern konnten. Von diesen Zwängen wurde auch die amerikanische Kopiergerätefirma XEROX getrieben, die in den 80er-Jahren von den großen japanischen Firmen Fuji, Canon, Toshiba, Matsushita etc. am Markt mit Niedrigpreisen attackiert wurde. Ein Team um Robert C. Camp fing dann an, die japanischen Geräte zu zerlegen und musste schnell feststellen, dass diese Geräte etwa zur Hälfte der Herstellkosten von XEROX fertigbar waren. Der Untergang von XEROX schien also vorgezeichnet. XEROX hat dann eine beispiellose Kampagne „Competetive Benchmarking“ begonnen, in der alle Unternehmensfunktionen und -bereiche eingebunden waren und die Aufholjagd gegen die Japaner begonnen. XEROX hat später sogar die Firma Fuji gekauft und ist aus dem Benchmarking-Prozess stärker als zuvor herausgekommen. Dies ist ein eindrucksvoller Beleg dafür, dass mit einem Quantensprung auf der Methodenseite wieder die Wettbewerbsfähigkeit hergestellt und sogar Überlegenheit gewonnen werden kann. Reverse Engineering und Benchmarking 111 16.3 Methodik des Benchmarking Charakterisierend zu den vorausgegangenen Darlegungen kann Benchmarking als das Instrument der idealen Zielvision bezeichnet werden, der man sich schrittweise durch einen gesteuerten Verbesserungsprozess nähern will. Basis für diese Neuausrichtung sind analysierte Praktiken von Spitzenniveau in allen Branchen, die es zu analysiert und zu adaptieren gilt. Im Wesentlichen beruht der Benchmarking-Prozess auf dem Abgleich zweier Analysephasen, die als „Metriken“ und „Praktiken“ bezeichnet werden: Praktiken sind die Verfahren und Methoden, mit denen die Erkenntnisse über die Besten in ihrer Branche gesammelt und ausgewertet werden. Metriken sind die spezifischen Kenngrößen zu den Praktiken und ermöglichen es, die Auswirkungen der Praktiken zu quantifizieren. In der Praxis neigt man immer dazu, zuerst mit den Metriken zu beginnen, um die schlechten Nachrichten sofort auf den Tisch legen zu können. Erfahrungsgemäß fördert dies aber nicht die Motivation zum Benchmarking. Camp schlägt daher vor, immer mit den Praktiken zu beginnen, d. h. über die Darlegung der Stärken und Schwächen der Wettbewerber erst das Interesse und die Bereitschaft für Benchmarking zu wecken. Auch kann man nicht alleine auf der Basis der Metriken die Größe der Leistungslücke messen, sondern dazu bedarf es der Erkenntnisse aus den Praktiken. Benchmarking besteht im Verstehen der Praktiken. In der Flussbilddarstellung des Bildes 16.1 sind die beiden Säulen eines Benchmarking-Prozesses mit den wesentlichen Schritten gegenübergestellt. Simultaneous Engineering (SE) Verpflichtung des Managements Kommunikation der Erkenntnisse Mitarbeitereinbindung absolute Spitzenleistungen Benchmark- Metriken Benchmark- Praktiken Benchmarking-Prozess Leistungslücke: Schließen der Lücke: • Wo? • Wie groß? • Wie bedeutsam? • verbessertes Wissen • verbesserte Praktiken • verbesserte Prozesse Bild 16.1: Prinzipieller Benchmarking-Prozess Reverse Engineering und Benchmarking 112 Sobald Benchmarks gesteckt, analysiert und ausgewertet, also die Praktiken völlig verstanden sind, stehen die nachfolgenden Schritte auf einem festen Fundament. Dies beinhaltet vor allem die Quantifizierung der Leistungslücken, d. h. der Differenzen zwischen Anspruch und Wirklichkeit bei den einzelnen Prozessen. Des Weiteren ist zu bewerten, wie bedeutsam diese Abweichungen für die eigene Leistungsfähigkeit sind. Dementsprechend müssen Maßnahmen ergriffen werden, die sicherstellen, dass die Leistungslücke schnell geschlossen werden kann. Ein Fehler kann dabei sein, sich bei den Praktiken nur auf die direkten Produktmitbewerber zu legen. Viel wirksamer ist es, alle Geschäftsund/ oder Fabrikprozesse (Konstruieren, Produzieren, Montieren) an den Praktiken führender Unternehmen zu messen, wie z. B. an dem Ingenieurbüro xyz, das sehr kreativ, schnell und kostengünstig Konstruktionsunterlagen erstellt, an dem Automobilzulieferanten xyz, der sofort auf Ausführungs- und Mengenschwankungen bei seinen Produkten reagieren kann, an dem Elektronikgerätehersteller, der Platinen auf vollautomatischen Straßen mit wechselnden Bauteilen bestücken kann, usw. Bei diesen Leistungen muss man sofort nach der Kernidee suchen und reflektieren, wie dieses Prinzip zu übertragen ist. Als Nächstes muss anhand von Kennzahlen bewertet werden, wie sich diese neue Praktik im Unternehmen auswirken würde. Ein unbestrittenes Problem besteht in der Praxis darin, Unternehmen für eine Leistungsmessung ausfindig zu machen oder Unternehmen zu finden, die ein Benchmarking aktiv unterstützen. Dies erweist sich oft als äußerst schwierig, da Benchmarking in Europa keine Tradition hat. Im amerikanischen Management ist dieses Instrument mittlerweile zu einer festen Größe herangereift, so dass eine größere Bereitschaft besteht, einen gegenseitigen Informations- und Lernprozess zu unterstützen. Aus diesem Grunde wird BM in Amerika auch viel stärker diskutiert und weiterentwickelt. 16.4 Vorgehensplan Benchmarking hat sich über einen kurzen Zeitraum zu einem methodischen Konzept entwickelt, welches ebenfalls einer gewissen Mindestsystematik / KAI17b/ bedarf, wenn man letztlich Erfolg haben will. Im umseitigen Bild 16.2 sind die hauptsächlichen Arbeitsschritte in einer Übersicht dargestellt. Der Prozess besteht aus fünf abgegrenzten Phasen, die als Planung, Analyse, Integration, Aktion und fortschreitender Reife charakterisiert werden können. Die Vorgehensweise und die notwendigen Arbeitsschritte sind umseitig erläutert und beruhen im Wesentlichen auf Erfahrungen, die die Firma XEROX gemacht hat. Das hauptsächliche Motiv für die Initiative zu einem Benchmarking-Prozess muss sein, im Wettbewerb überleben und danach führend zu werden. Reverse Engineering und Benchmarking 113 Benchmarking-Prozessmodell Phasen Maßnahmen/ Einzelschritte Vorgehensweise 1. Planung 1. Festlegung des Benchmarking- Objektes Auswahl eines Produktes bzw. einer Baugruppe; Festlegung der Ziele, hinsichtlich derer die Analyse erfolgt (Qualität, Kosten Zeit); Setzen von Prioritäten 2. Identifikation von Vergleichsunternehmen Klärung von Fragestellungen in Bezug auf das Benchmarking-Objekt: Mit wem will man sich vergleichen? Von wem kann man neue Anregungen erhalten? Wer ist hoch entwickelt? Welche Unternehmen gelten als vorbildlich? Warum sind sie besser? Welches Unternehmen ist führend? 3. Informations- und Datenermittlung Beschaffung von Datenmaterial über Vergleichsprodukte Primäre Informationsquellen: eingekaufte/ demontierte Produkte Gespräche mit Experten Austausch mit Vergleichsunternehmen Firmenbesichtigungen Sekundäre Informationsquellen: Fachzeitschriften Werbematerialien Tageszeitungen 2. Analyse 4. Bestimmung der Leistungslücken Analyse eigener und fremder Produkte; Ermittlung der Differenzen: Worin besteht die Differenz? Wie groß ist sie? Wo liegen die Stärken und Schwächen? Lassen sich bessere Ansätze übernehmen oder an die eigenen Verhältnisse anpassen? 5. Schätzung des zukünftigen Leistungsniveaus Auf der Grundlage der erkannten Differenzen zum Vergleichsprodukt muss eine Projektion des zu erreichenden Zieles vorgenommen werden. Entweder ist die Differenz auszugleichen oder der Wert des Vergleichsobjektes zu übertreffen. 3. Integration 6. Kommunikation der Ergebnisse Das Kommunizieren der Ergebnisse sowie das Erreichen von Zustimmung und Akzeptanz ist entscheidend für den Projekterfolg. Kontrollfragen: Versteht und akzeptiert das Management die Ergebnisse? Sind die Ergebnisse in messbare Ziele und Maßnahmen umgesetzt? Werden die Ergebnisse von allen Betroffenen verstanden, akzeptiert und unterstützt? Reverse Engineering und Benchmarking 114 Benchmarking-Prozessmodell Phasen Maßnahmen/ Einzelschritte Vorgehensweise 7. Setzen funktionaler Ziele Durch die Anwendung des Benchmarking kann es erforderlich werden, die Zieleformulierung des eigenen Unternehmens zu korrigieren. U. a. müssen die erkannten Differenzen zum Vergleichsprodukt und die daraus abgeleiteten Aktionspläne in die bestehende Organisation integriert werden. 4. Aktion 8. Aktionspläne Ausgehend von den Ergebnissen und den daraus abgeleiteten Zielen müssen Aktionspläne für deren Realisierung aufgestellt werden. Sie umfassen u. a. folgende Punkte: Definition der Aufgaben Ablaufplan/ Zeitplan Verantwortlichkeit erwartete Ergebnisse Einbindung der Mitarbeiter Überwachung 9. Durchführung von Aktionen Veränderung des IST-Zustandes durch Realisierung der geplanten Maßnahmen im Rahmen von definierten Projekten, umgesetzt in Projektgruppen, gesteuert von einem Projektmanagement 5. Reife 10. Aktualisierung Laufende Überprüfung und Aktualisierung des erreichten Zustandes Bild 16.2: Wesentliche Benchmarking-Prozessschritte bzw. Prozessmodell 16.5 Benchmarking-Arten Je nach Wahl des Vergleichspartners unterscheidet man so genannte interne, wettbewerbsbezogene, funktionale und allgemeine Benchmarks. Interne Benchmarks werden zum Vergleich von Zweigwerken eines Unternehmens in einem anderen Land oder verschiedenen Standorten herangezogen. Hierbei geht es um eine Bewertung von ähnlichen Abläufen oder Funktionen in unterschiedlichen Geschäftsbereichen. Hierbei kann es sich um Reaktionszeiten bei Kundenanfragen, Schnelligkeit von Reklamationsbearbeitung, Fehlerquoten in der Produktion o. Ä. handeln. Wettbewerbsorientierte Benchmarks stellen die klassische Anwendung dar, in dem ein Vergleich mit dem unmittelbaren Konkurrenten oder dem Branchenprimus hergestellt wird. Dies ist auch heute noch ein sehr sensibles Feld, da das Benchmarking betreibende Unternehmen nicht nur nehmen darf, sondern auch geben muss. Der somit entstehenden Partnerschaft muss klar sein, dass der Nutzen beidseitig aus der Analyse der best practices entsteht und damit sichtbar wird, welche Ansätze zum Erfolg führen. Reverse Engineering und Benchmarking 115 Funktionales Benchmarking vergleicht die Prozesse von Unternehmen, die keine direkten Wettbewerber sind, z. B.: Wer hat das beste Logistikkonzept, die schnellste Durchlaufzeit, die meisten Verbesserungsvorschläge, die höchste Kundenzufriedenheit etc. und warum ist dies so? Was auch immer untersucht werden soll, die Prozesse und Produkte müssen einen ähnlichen Charakter haben, wie gleiche Größe, Form, Empfindlichkeit (z. B. Pralinen- und Chip-Herstellung). Der unbestrittene Vorteil besteht in einer Erweiterung des Ideenspektrums; nachteilig ist oft die Transformation in die eigene Welt. Allgemeines Benchmarking untersucht Prozesse und Geschäftsbereiche, die trotz der Verschiedenartigkeit der Branche gleich sind. Dies können die Prozessketten: Marktbearbeitung, Auftragsabwicklung, Finanzierung etc. sein. Meist ergeben sich hierbei direkt umsetzbare Ansätze für das Unternehmen. Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass Benchmarking vielfältige Vorteile hinsichtlich einer Stärkung der Unternehmensposition aufweist, wie 1. Kundenforderungen werden besser getroffen 2. Eindeutige Festlegung von Zielen auf der Basis externer Bedingungen 3. Erkennung und Bestimmung echter Produktivitätsmaße 4. Aufbau und Absicherung von wettbewerbsfähigen Positionen und 5. Auf der Basis der besten Praktiken ausgewählter Industriezweige ständig nach Verbesserungspotenzialen für die eigene Leistungserbringung zu suchen Unternehmen, die diese Sicht und diese Haltung verinnerlicht haben, nähern sich beständig dem Ideal der selbstlernenden und fortentwickelnden Organisation und schrauben somit ihr Erfolgspotenzial deutlich höher, mit der Aussicht, dafür auch am Markt belohnt zu werden. Benchmarking kann daher auch als eine Klammer um die erforderlichen Produkt-, Prozess- und Gemeinkosten-Wertanalysen verstanden werden. 16.6 Benchmarking-Projekte Als entscheidender Erfolgsfaktor für Benchmarking gilt es festzustellen, was verbessert werden soll und was dadurch erreichbar ist. Weiterhin ist abzugrenzen, mit welchen Leistungen in welchen Geschäftsprozessen man beginnen soll und welche Erwartungen mit den einzuleitenden Veränderungen verbunden sind. Als Vorarbeit ist hier zu leisten: die eigenen Geschäftsprozesse in angemessener Weise zu dokumentieren und die erbrachten Leistungen kritisch zu bewerten. Erst auf dieser Basis lassen sich die Unterschiede verstehen, die man bei der Analyse anderer Methoden und Verfahren finden wird. In der Vergangenheit konnte immer wieder festgestellt werden, dass Benchmarking in zweierlei Hinsicht sehr stark unterstützend wirkt, und zwar Anmerkung: „Nur ein Idiot glaubt, aus den eigenen Erfahrungen lernen zu können. Ich ziehe es vor, aus den Erfahrungen anderer zu lernen, um von vornherein eigene Fehler zu vermeiden.“ (Otto von Bismarck) Reverse Engineering und Benchmarking 116 wenn es um die Analyse und Überarbeitung von Produkten und deren Herstellung geht und wenn es um die bessere Ausprägung von internen oder externen Dienstleistungen geht. Ziel ist es, die Funktionen zu identifizieren, die kritisch sind, und eine maßgebliche Bedeutung für den Erfolg haben. Schwierig ist es im Allgemeinen, quantifizierte Vorgaben zu erhalten, die letztlich eine Plattform zur Weiterentwicklung abgeben. Falls hier kein Orientierungsrahmen existiert, ist es hilfreich, sich durch Leitfragen eine Ausgangsbasis zu schaffen, wie in Bild 16.3 exemplarisch gezeigt. Welche Faktoren unseres Leistungsspektrums sind für den Geschäftserfolg besonders kritisch? Welche Unternehmensbereiche bereiten die meisten Probleme? Welches sind die Leistungen dieser Bereiche? Welche Probleme wurden in diesen Bereichen bereits identifiziert? - Welche Faktoren bestimmen bei unseren Produkten/ Leistungen die Kundenzufriedenheit? - Welche Rückinformationen zur Kundenzufriedenheit liegen uns vor? - Wie messen wir die Kundenzufriedenheit? - Welche Maßnahmen zur Verbesserung der Kundenzufriedenheit sind denkbar? - Wo wird Druck aus Wettbewerbssituationen wahrgenommen? - Wie werden unsere Leistungen im Vergleich zum Wettbewerb eingeordnet? Wie ist das Kosten/ Nutzenverhältnis unserer Leistungen zu bewerten? Welche Faktoren bestimmen am stärksten unsere Kosten? Bild 16.3: Standortbestimmung im Rahmen eines Benchmarking-Projektes Die Erfahrung zeigt hier aber, dass nach der ersten Analysephase von Benchmarking- Projekten die Ziele und Vorgaben exakter gesetzt werden können und es immer leichter fällt, realisierbare Visionen zu entwickeln. Reverse Engineering und Benchmarking 117 16.7 Stärkung des Quality-Engineering-Ansatzes Unter dem Managementdach TQM werden eine Reihe von Quality-Engineering-Methoden, wie KVP, QFD, TRIZ, DFMAS und FMEA, zusammengefasst, die fallspezifisch auf einzelne Problemstellungen anzuwenden sind. Das direkteste Zusammenwirken mit Benchmarking ist wohl zu QFD gegeben, welches unter den nachfolgenden Prämissen profitiert: Das Unternehmen bzw. die Produktteams lernt Schwachstellen der eigenen und der Wettbewerbsprodukte kennen. Hiermit wird eine Basis für Zielvorgaben (QFD- Marktanforderungen) hinsichtlich einer Überarbeitung der eigenen Produkte geschaffen. Durch die Kenntnis der Schwachstellen bzw. der Übernahme von besseren Praktiken lassen sich Qualitäts- und Prozessmerkmale optimieren und können dann als sicheren Standard in QFD-Bewertungen angenommen werden. und Auf Benchmarking abgesicherte Entscheidungen geben die Gewähr dafür, tatsächlich an der Spitze des Fortschritts zu stehen. Zusammenfassend kann damit festgestellt werden, dass Benchmarking ein wichtiges strategisches Instrument ist, um den Wettbewerb zu verstehen und sich durch Optimierungsmaßnahmen von ihm abzusetzen. Im Zielfokus hat hierbei immer der Kunde zu stehen, dem letztlich die besten Leistungen zu hoher Qualität und zu angemessenen Kosten angeboten werden sollen. „Wenn du dich und den Feind kennst, brauchst du den Ausgang von hundert Schlachten nicht zu fürchten.“ „Wenn du dich selbst kennst, doch nicht den Feind, wirst du für jeden Sieg, den du erringst, eine Niederlage erleiden.“ Wen du weder den Feind noch dich selbst kennst, wirst du in jeder Schlacht unterliegen“. Sun Tse (chinesicher General) Zusammenwirken WA mit QE-Strategien 118 17 Zusammenwirken WA mit QE-Strategien Bei der Wertanalyse nutzt man gerne den Systembegriff, um auszudrücken, dass die Methode offen ist und fallweise im Sinne höherer Wirksamkeit auch mit anderen Methoden kombiniert werden kann. In der Praxis bietet sich insbesondere die Verknüpfung mit den modernen Quality-Engineering-Methoden an, zu denen QFD, TRIZ, FMEA und ProKon gezählt werden. Da die Verknüpfungen vielfältige spezifische Kenntnisse voraussetzen, sollen zunächst die Einzelverknüpfungen dargestellt werden. Mit zunehmendem Überblick ist es dann leicht, den Gesamtzusammenhang zu erkennen. 17.1 Synergie zwischen WA und QFD Im WA-Arbeitsplan können die Grundschritte eins und zwei im Wesentlichen der Informationsaufbereitung und der Analyse des Ist-Zustandes zugeordnet werden. Hierzu gehört sicherlich auch die Überprüfung der Kernfrage: Wie erfüllt das Objekt die Kundenwünsche? und Wie steht das Objekt im Wettbewerb? Diese Prüfung ist umso notwendiger, je mehr Geltungseigenschaften einem Objekt (Telekommunikation, braune und weiße Ware etc.) zukommen. Erfahrungsgemäß ändern sich nämlich Kundenanforderungen mit der Zeit (Geschmack, Trends), so dass dieser Aspekt auch in einer Wertanalyse einfließen sollte. Ein modernes Marketinginstrument zur Erfassung und erfüllende Gegenprüfung von Kundenforderungen ist QFD (Quality Function Deployment *) ), welches zunehmend breiteren Einsatz in der Produktentwicklung, aber auch in der Gestaltung von Abläufen / KLE99/ findet. QFD ist für sich ebenfalls ganzheitlich konzipiert, und zwar über die Stufen Produktprofildefinition, Konzeptabgleich, Produktionsplanung und Prozessplanung, welches über eine Kaskade von Qualitätshäusern (siehe Bild 17.1) durch einen Regelkreis hergestellt wird. Falls erforderlich kann dieser Regelkreis auch noch erweitert werden, beispielsweise um die Produkt- und Prozesskomplexität sowie die Montage/ Service/ Demontage. *) Anmerkung: Beispiele siehe hierzu: Klein, B.: QFD - Quality Function Depolyment. Expert-Verlag, Renningen 1999 Zusammenwirken WA mit QE-Strategien 119 Konzeptplanung Prozessplanung Fertigungs- und Prüfplanung Produktplanung Qualitätsmerkmale Konkurrenzfähigkeit/ Benchmarking Designmerkmale Prozessmerkmale Prozessmerkmale Herstell- und Prüfanweisungen Kundenforderungen Zielgrößen Erfüllungsgrad Zielgrößen Zielgrößen Umsetzungscontrolling • Baugruppen • Einzelteile Priorisierung Ziel- und Kostengrößen Designmerkmale Qualitätsmerkmale Bild 17.1: House of Quality-Kaskade zur integrierten Produktentwicklung Im Zusammenhang mit der Wertanalyse interessieren von den vier Qualitätshäusern meist nur das HoQ I und HoQ II. Im HoQ I werden die bekannten oder latenten Kundenforderungen (eingefangene „Stimme des Kunden“) mit den dazugehörigen Qualitätsmerkmalen verknüpft. Dies ist insofern wichtig, da man jetzt einen unbestechlichen Vergleich zwischen Anforderungen und Merkmalen herstellen muss. Dieser Abgleich wird über das HoQ II weitergeführt, indem jetzt zu den Merkmalen die Forderungen an das Design aufgestellt werden müssen. Für die gesamte WA-Arbeit ist dies eine unverzichtbare Komponente, da die Zielsetzung besteht, mittels WA eine maßgebliche Verbesserung bezüglich des Kundennutzens und der Kosten herzustellen. Die weiteren Qualitätshäuser (HoQ III + IV) können den Fortgang einer Wertanalyse natürlich auch unterstützen, und zwar dann, wenn es um die Realisierungsplanung geht. Aufgabe dieser beiden Qualitätshäuser ist es, alle latenten Probleme offenzulegen und hierfür abgesicherte Lösungsprinzipien zu ermitteln. Ziel ist es, dass ein Konzept letztlich den Kunden so erreicht, wie es erdacht worden ist. Hiermit soll der Tendenz entgegengewirkt werden, Produkte bzw. Funktionen zu „vergolden“, welches Kunden bekanntlich nicht angemessen entlohnen. 17.2 Synergie zwischen WA und TRIZ Im WA-Grundschritt 4 geht es im Kern darum, für ein erkanntes Problem neuartige Lösungen zu suchen. Ein sehr zuverlässiges und wirksames Werkzeug dazu ist TRIZ Zusammenwirken WA mit QE-Strategien 120 (Theorie des erfinderischen Problemlösens nach G. S. Altschuller *) ), welches in einer Lösungsmatrix 1.201 universelle Grundlösungen für technische und physikalische Problemstellungen zur Verfügung stellt. Diese Grundlösungen resultieren aus der Analyse von 2,5 Mio. Patenten und beruhen auf 39 so genannten Widerspruchsparametern und 40 innovativen Grundprinzipien. Die Grundprinzipien stellen hierbei abstrakte Prinziplösungen dar, die in der Vergangenheit von einer Vielzahl von Erfindern genutzt wurden. Es wird unterstellt, dass diese zu „95 %“ auch alle zukünftigen Probleme lösen können. Vieles, was heute an Patenten angemeldet wird, ist in einem anderen Zusammenhang schon einmal genutzt worden. Mittlerweile vermutet man, dass unter Einbezug modernster mikrotechnologischer, biologischer und optischer Prinzipien etwa 55 Grundprinzipien existieren. TRIZ-Wissensbasis 40 IGPs 39x39 WSP-Matrix mein Problem meine Lösung analoge Standardlösung abstrakte Lösung: Abstraktion Anwendung Transformation Trial & Error spezifisches Problem: analoges Standardproblem abstraktes Problem: spezifische Lösung: 0 c bx ax 2 0 2 x 5 x 3 2 1 x ; 3 2 x 2 1 ac 4 b b a 2 1 x 2 2 , 1 Bild 17.2: Entwicklung einer neuartigen Problemlösung aus dem Pool der Lösungsstandards Die Anwendungsidee von TRIZ zeigt der vorstehende Lösungskreislauf / KLE02/ in vier Schritten: Das konkrete Problem ist mit seinen Beschränkungen kurz zu formulieren. Danach ist ein Wechsel auf eine abstrakte Ebene durchzuführen und das Problem mit Standardwidersprüchen (39 Widerspruchsparameter) zu umschreiben. Für das abstrahierte Problem ist aus der Lösungsmatrix bzw. aus dem Pool der 40 Grundprinzipien ein Lösungsansatz oder auch mehrere Lösungsansätze auszuwählen. Als Letztes sind die Lösungsansätze wieder auf die konkrete Ebene rückzutransformieren und kreativ als erfüllende Lösungen auszuarbeiten. *) Anmerkung: Der russische Wissenschaftlicher Genrich Soulovich Altschuller (1926-1998) entwickelte in den Jahren 1956-1993 TRIZ als so genannte Erfindungsmethode. Zusammenwirken WA mit QE-Strategien 121 Wenn man diese Technik geübt hat und nach einiger Zeit beherrscht, wird man sehr schnell in der Lage sein, für Probleme unterschiedliche Lösungswege aufzeigen zu können. Geübte Anwender entwickeln sich mit zunehmender TRIZ-Begeisterung regelrecht zu Erfindertypen und sind dann oft beruflich sehr erfolgreich. 17.3 Synergie zwischen WA und ProKon In der Praxis zeigt sich, dass bei Wertgestaltungsobjekten eine überproportional große Kosteneinsparung durch „Komplexitätsreduzierung“ möglich ist. Komplexität lässt sich messen durch zu viele und zu unterschiedliche Einzelteile in einem System, welche einen hohen Zeitaufwand für die Herstellung, Montage und Demontage erforderlich machen. Im Umkehrschluss ist nach einer Funktionserfüllung mit einfachen und wenigen Teilen zu suchen. Dies hat sich als Grundproblem im Maschinen- und Fahrzeugbau erwiesen, da Entwickler von Generation zu Generation aufwändigere Produkte schaffen, die auch immer aufwändiger hergestellt werden müssen. Mit dieser Konsequenz hat sich in den 60er- Jahren der Automobilhersteller FORD/ USA befasst und dies als drängendes Zukunftsproblem erkannt. In den Folgejahren hat FORD verschiedene Universitäten für diese Fragestellung sensibel gemacht und letztlich bewirkt, dass die Professoren Boothroyd und Dewhurst eine Methode zum zielgerichteten Komplexitätsabbau geschaffen haben, die unter dem Akronym DFMAS (Design for Manufacture, Assembly and Service) bekannt geworden ist. In den USA, Japan und in vielen europäischen Ländern hat DFMAS begeisterte Anwender gefunden, dies gilt auch für die gesamte deutsche Automobilindustrie, viele Zulieferanten und Technologieunternehmen des Maschinenbaus, ansonsten ist die Methode noch weitestgehend unbekannt. Wie schon erwähnt, besteht DFMAS aus drei Einzelbausteinen mit der gemeinsamen Zielsetzung, Produkte einfacher und billiger zu machen. Diese sind: DFM (Design for Manufacture), welches die Idee verfolgt, ein absolut fertigungsgerechtes Design zu schaffen. Dies beinhaltet vor allem alternative Gestaltungen und Kurzkalkulationen, um eine zweckgerechte Fertigung festzulegen. DFA (Design for Assembly), welches die Idee der geringsten Teilezahl für eine Funktionserbringung und der absolut minimalen Montagezeit verfolgt. DFS (Design for Service), welches die Idee der Steigerung der Kundenzufriedenheit durch einen möglichst einfachen und kostengünstigen Service verfolgt. Mit Service soll hier die Demontage oder vereinfacht eine rückwärts ablaufende Montage bezeichnet werden. In der Anwendung bei WA-Projekten zeigt sich DFA als am wirkungsvollsten, weil es nochmals Kostensenkungspotenziale durch weniger Teile, andere Anordnung von Teilen oder die Integration von Teilen aufzeigt. Die Instrumente dazu sind: der Vorklärungs- und Leitfragendialog sowie die alternative Vergleichskalkulation. Zusammenwirken WA mit QE-Strategien 122 Es ist eine Erfahrungstatsache, dass die Teilezahl maßgeblich vom Integrationsgrad sowie von der gewählten Befestigungs- und Verbindungstechnik / BOO02/ abhängt. Jeder Befestigungs- und Verbindungsvorgang erzeugt Kosten, die sich gegebenenfalls vermeiden lassen. Der erste Fokus ist daher auf die Notwendigkeit zur Befestigung und Verbindung zu richten, d. h., es sind die zwei folgenden Fragen zu diskutieren: V1: Dient das Teil nur zum Zweck der Befestigung anderer Teile? JA = Teil eliminieren, Funktion integrieren NEIN = Teil bleibt zunächst erhalten V2: Dient das Teil nur zur Verbindung anderer Teile? JA = Teile möglichst direkt verbinden, kein separates Teil NEIN = Teil bleibt zunächst erhalten Gehört ein Teil nicht zu dieser Kategorie, so muss es einen anderen Zweck erfüllen. Seine funktionelle Berechtigung wird dann mit drei weiteren Leitfragen hinterfragt, und zwar L1: Müssen sich zwei miteinander in Verbindung stehende Teile in Bezug auf die Funktionserfüllung relativ zueinander bewegen können? L2: Müssen zwei miteinander in Verbindung stehende Teile aus unterschiedlichem Material sein? L3: Muss ein Teil von bereits montierten Teilen getrennt sein, weil sonst die Montage/ Demontage anderer Teile unmöglich ist? Jede Leitfrage ist nacheinander auf jedes Einzelteil eines Endproduktes zu richten. Ist nur eine Antwort JA, so handelt es sich um ein unverzichtbares Teil. Sind hingegen die Antworten auf alle Leitfragen NEIN, so handelt es sich um ein überflüssiges Teil, dessen Funktion von einem anderen notwendigen Teil mitübernommen werden kann. Das Ergebnis des Fragendialogs ist die Findung „der für eine vorgegebene Funktionalität notwendigen Teilezahl“. Von weiterem Interesse ist es meist auch, den Montageaufwand abzuschätzen. Prinzipiell ist dies sehr genau mit DFA möglich, welches auf den Datenkatalog des „Systems vorbestimmter Zeiten (SvZ)“ zurückgreift. Die erzielbare Genauigkeit muss leider mit einem hohen Aufwand erkauft werden. Da der Datenkatalog sehr feine Falluntersuchungen ermöglicht, wird letztlich ein auf DFA spezialisierter Fachmann benötigt. Bei WA-Untersuchungen ist aber im Allgemeinen diese hohe Genauigkeit nicht notwendig, sondern es reicht oft eine Abschätzung des Montageaufwandes, welches hinreichend genau durch MTM/ ProKon 1 oder noch etwas gröber durch MTM/ Prokon 2 / PRO07/ erreicht werden kann. MTM/ ProKon 1 (Tabellen siehe Anhang) ist ein zu DFA äquivalentes Verfahren, mit der der Montageaufwand durch die charakteristischen Teilemerkmale Geometrie, Abmessungen (evtl. Teilegeometrie) und Fügetoleranz abgeschätzt werden kann. Die Bewertung erfolgt über die Parameter Greifen, Fügen, Prozess und Werkzeugeinsatz und wird in PE (so genannten ProKon-Einheiten) ausgedrückt. MTM/ ProKon 2 (Tabellen und Konzept siehe Anhang). Oftmals liegt der Fokus nicht auf einer reinen „zeitdefinierten“ Montage, sondern von Interesse ist die „kon- Zusammenwirken WA mit QE-Strategien 123 struktive“ Gestaltung bzw. wie kann ein Entwurf montagegerechter ausgeführt werden. Für diese Fragestellung ist ProKon 2 geschaffen worden. Konstruktive Lösungen werden hiernach anhand von „13 Montageerschwernissen“ bewertet, wobei der Bewertungsmaßstab wieder ProKon-Einheiten sind. Ein weiteres sehr effizientes Werkzeug, welches ebenfalls aus MTM übernommen werden kann, ist das „Montagediagramm“. Mit der Erstellung des Diagramms wird die Intention verfolgt, dass die in einer Konstruktion verborgenen Probleme am besten erkannt werden können, wenn ein Konstrukteur einmal selbst eine Montage oder Demontage simuliert. Dazu sollte man gedanklich eine Handmontage so durchführen, wie man glaubt, vorgehen zu können. Der Standpunkt ist hierbei weniger Exaktheit, sondern nur Plausibilität. Wenn später ein Fertigungsfachmann die Montage plant, so wird möglicherweise der Ablauf ganz anders sein, weil dieser bereits die Arbeitsplatzorganisation im Kopf hat, an spezielle Werkzeuge denkt oder schon Vorrichtungen vorsieht. Als Beispiel für diese Vorgehensweise soll hier die Montage einer Tankkappe in eine Pkw-Karosserie simuliert werden. Angenommen sei hierbei, dass die Klappe in lauter Einzelteilen angeliefert und im Werk durch einen Werker eingebaut wird. 2 3 4 5 6 8 7 Deckel Scharnier Punktschweißen Achse Fetten Einpressen Schenkelfeder 9 KLAPPE KOMPLETT 1 Rahmen zu montierende Teile bilden Baugruppe Montagerichtung TANKKLAPPE KOMPLETT Bild 17.3: Exemplarisches „Montagediagramm“ (teile- und prozessorientiert) Zusammenwirken WA mit QE-Strategien 124 Der Montagefluss ist horizontal und weist Unterbaugruppen und letztlich das komplette Bauteil (Kennzeichnung durch GROSS-Buchstaben) aus. Die zur Montage bereitzustellenden Einzelteile und durchzuführenden Prozesse werden vertikal angeordnet. Im Beispiel ist diese Konvention strikt eingehalten worden. Die verwendeten Symbole sind in MTM weitestgehend festgelegt. Eine Auswahl zeigt das folgende Bild 17.4. Bei der Aufstellung des Diagramms wird sichtbar, welche Schwierigkeiten vorliegen, dies wird hervorgehoben durch Sondermarkierungen. Ziel muss es natürlich sein, durch eine konstruktive Überarbeitung diese Schwierigkeiten wegzubekommen. Symbol Benennung Problemfelder 1 Einzelteil oder vormontierte Baugruppe 2 besondere Prozesse (nieten, schrauben, fetten/ ölen etc.) erhöht meist nicht den Produktwert 3 Einzelteil, Baugruppe 3 voraussichtlich integrierbar oder eliminierbar 4 Einzelteil, Baugruppe Probleme bei der Handhabung 5 Einzelteil, Baugruppe Probleme beim Fügen VVVVVVVVV 6 Einzelteil, Baugruppe VVVVVVVVV Probleme bei der Demontage Bild 17.4: Symbole des Montagediagramms mit Sonderkennzeichnung nach MTM Wo liegt der Nutzen dieser Vorgehensweise? Der Konstrukteur sieht sofort in einer Übersicht die Menge der Teile und die Vielfalt an Prozessen. Das Diagramm dient somit auch der Auffindung einer akzeptablen Lösung und soll zur Diskussion und Suche nach einfacheren Lösungen anregen. Für eine weitestgehend exakte Kalkulation des Montageaufwandes sind die Tabellen für Greifen, Fügen und Prozesse im Anhang heranzuziehen, diese beruhen auf bewährte Verfahren der Zeitermittlung, wie beispielsweise dem MTM-Grundverfahren. Die Vorgehensweise sei kurz in einigen Schritten erläutert: Zusammenwirken WA mit QE-Strategien 125 Die Handhabungstabellen sind für Standardgeometrien entwickelt worden und weisen so genannte ProKon-Einheiten (PEs) für Greifen, Vorrichten und Bringen eines Körpers mit einer Hand oder zwei Händen aus. Hierzu muss einem vorhandenen Teil eine Standardgeometrie zugewiesen werden. Danach muss ein Teil gefügt werden. Hierbei ist zu unterscheiden zwischen „Ein- Fügen in eine Aufnahme/ Vorrichtung mit einer weiten Toleranz“ und „An-Fügen an ein anderes Teil mit geringer Toleranz“. Für das Verbinden müssen so genannte Prozesse herangezogen werden. Zu vielen Prozessen existieren Zeitaufnahmen, so dass diese auch leicht zu erfassen sind. Die Aufsummierung der ProKon-Einheiten über die drei Stufen stellen den Montageaufwand dar. Es ist selbstredend, dass dieser so klein wie möglich sein soll. Aus Zeitaufnahmen ist auch die Äquivalenz 1 PE = 0,042 Sek. bei „sitzender Montage“ und 1 PE = 0,048 Sek. bei „stehender Montage“ bekannt. Unter Nutzung dieser Quantifizierung kann natürlich auch der Montageaufwand in Arbeitskosten ausgedrückt werden. Wie zusätzlich im Anhang (s. Anhang 4-Tabellen) gezeigt, ist auch eine alternative Bewertung des Montageaufwandes mittels Montageerschwernissen möglich. Der Vorteil ist hier, dass nur eine einfache Tabelle benötigt wird. 17.4 Synergie zwischen WA und Google-Sprint Eine Erfahrung der Fa. Google ist, dass bei sehr kundenbezogenen Entwicklungen sich die herkömmlichen Methoden als nicht zielführend herausgestellt haben. Alle Ideen die google erfolgreich gemacht haben, lassen sich zurückführen auf einzelne Mitarbeiter, die diese hardnäckig umgesetzt haben. Hierauf gestützt hat Google das Konzept des 5- Tage-Sprints / KNA 16/ realisiert und wendet dieses konsequent an. Ziel ist es in abgegrenzten, hintereinander folgenden Stufen zu einem Prototypen zu gelangen, der unmittelbar im Nutzungsumfeld getestet werden kann. Ein Sprint lässt sich anwenden als Solo- oder Gruppensprint, bei Soft- und Hardwareentwicklungen, auf physische Produkte sowie auf Konzepte und Strategien. Ein wesentliches Element ist hierbei „Feedback“ einzuarbeiten. Kunden werden sich demnach äußeren zur Originalität, Funktionalität, Preis und Qualität. Damit ist wieder der Regelkreis zur Wertanalyse geschlossen, die im Kern ja die Funktionalität zu günstigsten Kosten gewährleisten will. Gemeinkosten-Wertanalyse 126 18 Gemeinkosten-Wertanalyse Jedes marktaktive Unternehmen verfügt über einen Organisations-, F+E- und Fertigungsbereich. Alle WA-Anstrengungen hatten in der Vergangenheit ihren Schwerpunkt im F+Ebzw. Konstruktionsbereich mit entsprechend gutem Erfolg. Seit Mitte der 70er- Jahre ist in den Unternehmen eine Verschiebung der Kostenblöcke zu vermehrten Gemeinkosten festzustellen, die sich über die Produkte kaum noch an den Markt weitergeben lassen. Im Maschinenbau betrug die jährliche Steigerung der Gemeinkosten etwa 1 % vom Umsatz und im Automobilsektor sogar 2,5 % vom Umsatz. Mittlerweile summieren sich bei vielen Produkten die Gemeinkosten schon auf 50 % der Selbstkosten, womit im globalen Wettbewerb die Konkurrenzfähigkeit verloren geht. Bild 18.1: Durchschnittliche Kostenverteilung bzw. -verschiebung in der deutschen Industrie Die Unternehmen sind somit gezwungen, die Gemeinkosten, welche aus 90 % Personalkosten bestehen, wieder deutlich zurückzufahren. Ein wirksames Mittel hierzu ist die Gemeinkosten-WA (auch Overhead-Value-Analysis (OVA) genannt), die von der Unternehmensberatung McKinsey als Instrument der Organisationsanalyse entwickelt worden ist. Viele Unternehmen unterwerfen seither ihre Organisationsbereiche regelmäßig einer GWA. 18.1 Gemeinkostenpotenzial Nach Voruntersuchungen zeigt sich in einer Vielzahl von Unternehmen das größte Gemeinkostenpotenzial / VDI17c/ in den Faktoren Organisation, Führung und Mitwelt, mit den in der folgenden Darstellung aufgeführten Ansatzpunkten. Gemeinkosten-Wertanalyse 127 Bild 18.2: Stellhebel zur Gemeinkostensenkung Eine weitere wichtige Erkenntnis ist, dass ca. 80 % aller Gemeinkostenleistungen wiederholenden Charakter haben, weshalb sich immer wieder Vereinfachung und Zusammenfassung aufdrängen. Das letztendliche Ziel ist Straffung der Organisation durch Wegfall von „Köpfen“, welches die Gemeinkosten natürlich direkt reduziert. Meist betrifft dies nur die reinen Administrationsfunktionen, obwohl Vertrieb, F + E und Konstruktion auch reine Gemeinkostenstellen sind. In den sensiblen Funktionsbereichen Vertrieb und F + E/ K besteht der Druck weniger in einer Personalreduzierung, sondern zielt auf eine Effektivitätssteigerung bei gleicher Personaldecke. Als Potenzial sieht man hier die Unterstützung von unkreativen Tätigkeiten durch vermehrten Rechnereinsatz (EDM, PPS, CAD), welches in seiner Konsequenz wiederum zu einer Personalverschiebung führt. Bei den allgemeinen Verwaltungsfunktionen ermöglicht der EDV-Einsatz (EITM = Enterprise IT Management, wie beispielsweise SAP und BDE) ebenfalls einen starken Rationalisierungseffekt. Mittelfristig wird dies zu deutlich weniger Personal führen und langfristig werden neue Berufsbilder entstehen, die die notwendigen Querschnittsaufgaben wahrnehmen können. 18.2 Methodik der GWA Die Gemeinkosten-WA bedient sich in verkürzter Form den bekannten WA-Ansätzen (z. B. früher nach DIN 69910, heute nach VDI 2800) und der bewährten Ablaufmethodik. Im Detail sind aber bewusste Unterschiede in den Grundschritten 2 bis 5 (Informations-, Definitions- und Kreativ-Phase) gemacht worden. In diesen Schritten wurde auf Genauigkeit, Tiefe und volle Ausschöpfung der WA-Methodik zugunsten eines gestrafften Umfangs und einer Projektverkürzung verzichtet. Gemeinkosten-Wertanalyse 128 Ausprägung nach Grundschritte einer WA-Analyse PWA GWA 1. Projekte vorbereiten 2. Objektsituation analysieren 3. SOLL-Zustand beschreiben 4. Lösungsideen entwickeln 5. Lösungen festlegen 6. Lösungen verwirklichen Bild 18.3: Vollständigkeitsvergleich zwischen einer Produkt-WA und einer GWA Die GWA setzt ihren Schwerpunkt somit auf 4 Schritte, die in dem zuvor gezeigten Ablauf implizit enthalten sind. Diese sind: 1. Schritt: Leistungen (IST-Zustand) erfassen (pro Untersuchungseinheit, nach Aufwand und nach Leistungsempfänger) 2. Schritt: Ideen zur Effizienzverbesserung erfassen/ entwickeln 3. Schritt: Ideen bewerten (A, B, C) und offene Fragen prüfen 4. Schritt: Maßnahmen/ Termine vereinbaren und zur Entscheidung führen Erfahrungsgemäß nimmt eine GWA pro untersuchte Organisationseinheit etwa 80-100 Std. Zeit in Anspruch, bei dem ein Team aus 4-6 Insidern und einem WA-Moderator gebunden ist. Als wichtig und entscheidend für die Akzeptanz zeigt sich immer wieder die Mitarbeiterinformation und -einbindung. Vor Beginn eines Projektes sollten daher alle betroffenen Mitarbeiter über die Notwendigkeit einer GWA, deren Ziele und möglichen Veränderungen unterrichtet werden. Nur wenn latente Ängste um den eigenen Arbeitsplatz überwunden werden, haben letztlich die Ergebnisse aus einer GWA auch eine Umsetzungschance. 18.3 Typische GWA-Ergebnisse Die bei einer GWA anfallenden Ergebnisse können folgendermaßen gegliedert werden: A-Maßnahmen - Vielzahl an Einzelverbesserungen ohne besondere Voraussetzungen kurzfristig realisierbar häufig schon vor Analysebeginn eingeleitet - Ergebnispotenzial ca. 10 % des Gesamtumfangs B-Ideen komplizierte Abläufe bedürfen häufig einer Klärung durch eine spezielle Analyse (danach entweder „A“oder „C“) - EDV-Unterstützung hilfreich Gemeinkosten-Wertanalyse 129 mittelfristig realisierbar - Ergebnispotenzial ca. 15 bis 20 % des Gesamtumfangs (davon 50-60 % mit „A- Potenzial) C- Ideen keine großen Verbesserungen (oft nicht sinnvoll oder riskant) werden nicht weiterverfolgt Offene Fragen bereichsübergreifende Abläufe beeinflussen die Gesamtorganisation nur schwer quantifizierbar müssen längerfristig untersucht werden Eine Erkenntnis aus 35 GWAs in größeren Unternehmen war: 49,5 % aller A-Maßnahmen sind ohne Voraussetzungen kurzfristig umsetzbar; das Kostenpotenzial der B- Maßnahmen liegt zu 59 % in EDV-Unterstützung. EDV 14,3 % keine Voraussetzungen 49,5 % Investitionen 13,7 % sonstige 22,5 % 4 % 59 % 20,3 % 16,7 % 100 % 0 "A" "B" Bild 18.4: Ergebnisse von Gemeinkostenanalysen 18.4 Aufwand-Nutzen-Relation Der zeitliche Gesamtaufwand für eine GWA verteilt sich etwa hälftig auf Teamsitzungen und begleitende Analysen in den untersuchten Organisationseinheiten. Ein Erfahrungswert ist etwa, dass der Umfang einer GWA etwa 7-10 % eines Mannjahres für die auszuführende Organisationsfunktion ausmacht, d. h., nach 3-4 Monaten hat sich eine GWA amortisiert. Bei der Umsetzung sollte eine ähnliche Sorgfalt wie bei einer Produkt-WA vorgesehen werden. Entsprechend ist eine vierstufige Realisierung zu planen: In der 1. Phase sollte eine Ablaufsimulation der Maßnahme unter Einbindung der betroffenen Mitarbeiter erfolgen. Gemeinkosten-Wertanalyse 130 In der 2. Phase sollte die Maßnahme in dem Organisationsbereich implementiert werden. In der 3. Phase sind mögliche Korrekturen (Formulare, Abläufe, EDV-Orga etc.) vorzusehen und geeignet einzuführen. In der 4. Phase geht es um die endgültige Festschreibung in eine Arbeitsanweisung. Die Begrifflichkeit „Maßnahme“ darf hierbei nicht zu klein gesehen werden, sondern sollte schon die Dimension eines Geschäftsprozesses haben, da Geschäftsprozesse letztlich wirksam sind und möglichst rationell ausgeführt werden sollten. 18.5 Ergebnisumsetzung Trotz der mittlerweile unbestrittenen Notwendigkeit von GWAs sind die Unternehmen bei der Projektdefinition, den Maßnahmen und deren Umsetzung nicht völlig frei. In Unternehmen, die unter das Betriebsverfassungsgesetz (Betr VG) fallen, gibt es vielfältige Mitspracherechte des Betriebsrates. Diese umfassen alle Maßnahmen, die auf eine Veränderung der Arbeitsorganisation, der Versetzung von Mitarbeitern, der Personalplanung und der Fortbildung von Mitarbeitern zielen. Im Einzelnen gilt es, die folgenden Rechtspositionen zu berücksichtigen: Die aufgelisteten Gesetzesvorgaben dienen dem individuellen Schutz eines Arbeitnehmers sowie dem Kollektiv aller in einem Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer. Ein Betriebsrat kann somit Einfluss nehmen auf die Unternehmenspolitik und im konkreten Fall die Umsetzung von GWA-Ergebnissen blockieren oder verhindern. Unternehmen sind daher gut beraten, wenn sie den Betriebsrat von Anfang an einbinden. § 80 (2) Allgemeines Informationsrecht zur Durchführung der Aufgaben eines Betriebsrats § 87 (1) Mitbestimmungsrecht bei technischen Einrichtungen zur Ziff. 6 Leistungs- und Verhaltensüberwachung § 90 Informations- und Beratungsrecht über die Planung von technischen Anlagen und Arbeitsverfahren § 91 Korrigierendes Mitbestimmungsrecht über Arbeitsplätze und Arbeitsabläufe § 92 Informationsrecht bei der Personalplanung § 98 Mitbestimmung des Betriebsrates im Bereich der beruflichen Bildung § 99 Beteilungsrecht des Betriebsrates bei personellen Einzelmaßnahmen § 106 Informationsrecht des Wirtschaftsausschusses bei Rationalisierungsmaßnahmen § 111 Informations- und Beratungsrecht bei grundlegender Änderung der Betriebsorganisation Anwendung kreativer Techniken 131 19 Anwendung kreativer Techniken 19.1 Anwendungsfelder Die hohe Dynamik der technisch-wirtschaftlichen Veränderungen stellt Unternehmen vor dem Problem, nicht nur die Produkte und Prozesse weiterzuentwickeln, sondern auch das kreative Potenzial der Mitarbeiter besser auszuschöpfen. Insbesondere bei der Bearbeitung wertanalytischer Projekte ist das Kreativitätsniveau von Individuen und Teams eine maßgebliche Erfolgsposition / SCH07/ . Gemeinhin wird mit Kreativität (siehe VDI 2806 bzw. / VDI15/ ) die „Fähigkeit von Menschen zur schöpferischen Tätigkeit“ bezeichnet. Hiermit ist ein Denkprozess verbunden, der auf neuen Ideen abzielt. Dieser Prozess ist in der Regel immer dann erfolgreich, wenn er in geordneten Bahnen abläuft. Mittlerweile hat man nämlich erkannt, dass das Initiieren einer kreativen Ideensuche steuer- und organisierbar ist. Dennoch laufen kreative Prozesse nie völlig geradlinig ab, sondern sind oft unterbrochen, rückgekehrt und laufen manchmal unterbewusst ab. Ein Modell hierfür ist das im Bild 19.1 dargestellte Phasenschema. Vorbereitung Inkubation Erleuchtung Verifikation Bild 19.1: Phase des kreativen Denkprozesses Als Tätigkeit lassen sich in diesen vier Phasen etwa abgrenzen: In der Vorbereitungsphase geht es um das Sammeln von Informationen zu den bestehenden Problemen. In der Inkubationsphase entsteht anwachsender Fortschritt durch unbewusste Geistesarbeit. Mehrere unterschiedliche Lösungsansätze werden sichtbar und zunehmend konkret. Einzelne Lösungen müssen auf Anforderungserfüllung geprüft werden und werden gegebenenfalls ausgearbeitet. Die skizzierten Inhalte finden sich so auch im WA-Arbeitsplan wieder, weshalb die Ideenfindung ein wesentliches Verstärkungselement ist. Voraussetzung ist allerdings, dass die Vorgehensweise strukturiert angewandt wird, und zwar über die Stufen: Problemanalyse und Problemformulierung Ideensuche und Entwicklung möglicher Lösungen Bewertung der Lösungsalternativen und Auswahl einer Alternative Konkretisierung der ausgewählten Lösungsalternativen Anwendung kreativer Techniken 132 Außer von der Systematik hängt ein Großteil des Erfolgs vom Kreativitätspotenzial der Individuen und deren Zusammenwirken in Gruppen ab. Es gilt als gesichert, das Kreativität durch geeignete Maßnahmen entwickelt werden kann. Dies setzt jedoch bestimmte Fähigkeiten voraus, wie - Sensitivität für Probleme, - Gedankenläufigkeit, - Beweglichkeit, - Originalität, - Neudefinition und - Elaboration. Wenn die Bereitschaft kreativer Individuen zur Gruppenarbeit besteht, können die aufgeführten Fähigkeiten verstärkt werden. Hierzu gilt es jedoch, begünstigende Voraussetzungen zu schaffen, wozu im Allgemeinen eine positive Gruppensituation und eine angenehme Arbeitsatmosphäre zählen. Besonders geeignet erweisen sich Kleingruppen (max. 7 Personen), in denen meist die Interaktionen häufiger sind und eine höhere Qualität haben. Dies beruht auf engere persönliche Bindungen und eine darauf zurückgehende größere Bereitschaft, kreative Einfälle weiterzuentwickeln. 19.1.1 Individuelle Kreativität Sehr oft ist festzustellen, dass unter den Gesichtspunkten der Wirtschaftlichkeit und der Erfolgsbezogenheit vielfach zu früh mit Teamarbeit begonnen wird. Unscharfe Aufgabenstellungen, nicht eindeutige Zielprojektionen, noch unklare Beschränkungen etc. stellen sich dann als hemmend heraus, die Teams sehr schnell scheitern lassen. In vielerlei Hinsicht kann es somit zweckmäßig sein, wenn sich zunächst ein Individuum allein mit dem Problem auseinandersetzt, um es „vorzuklären“: Analyse der Aufgabenstellung Wer hat die Ziele der Aufgabe definiert? Ist die Stimme des Kunden erfasst worden? Wie ist der Stand der Technik? Stehen die Vorgaben im Einklang mit dem Trend der Evolution? Welche Aktivitäten sind vom Markt, Wettbewerb, Gesetzgeber bekannt? Welche Wege sind generell noch offen? Formulierungen der wesentlichen Anforderungen an die Lösung Welche Merkmale und Eckdaten sind unbedingt zu erreichen? Werden sich möglicherweise Anforderungen (z. B. infolge gesetzlicher Tendenzen) zukünftig ändern oder neue zu erfüllen sein? Anwendung kreativer Techniken 133 Welchen Idealzustand sollte eine Lösung erreichen? Wie sieht das Perpetuum mobile für die Aufgabenstellung aus? Welche pragmatische Lösung liegt nahe am Ideal? Erkennen und formulieren der Entwicklungswidersprüche? Welche Forderungen an die Lösungen stehen miteinander im Widerspruch? Existieren für die Aufhebung des Widerspruchs *) schon Lösungsansätze, oder müssen diese kreativ gesucht werden? Die Grundphilosophie des vorbereitenden Vorgehens besteht in einer gelenkten Fragetechnik, die im Regelfall hilft, ein Problem einzugrenzen und für eine kreative neue Lösung vorzubereiten. Begleitend sollen hier Problemlösungsstrategien herangezogen werden, die von einem einzelnen Entwickler gut handhabbar sind und meist gute Chancen auf Erfolg bieten. Zu diesen Strategien gehören beispielsweise: Mind Mapping Bevor der Problemlösungsvorgang eingeleitet wird, ist es oft hilfreich, sich die Verknüpfungen einer Aufgabenstellung sichtbar zu machen, um hinterher nicht nur Teillösungen zu produzieren. Die Technik Mind Mapping (nach U. T. Buzan gemäß umseitigem Bild 19.2) wurde eben für diese Fragestellung konzipiert, um vorbereitend die Gedankenmuster zu ordnen und sich eine Übersicht zu schaffen. Man geht dabei so vor, dass man sich die Aufgabe/ Problem etwa in die Mitte eines Papierblattes schreibt und diese fett umrahmt. Alle denkbaren Einflüsse werden nunmehr ungeordnet um die Aufgabe gruppiert und weisen quasi als „Hauptstraßen“ auf das zentrale Ereignis. Jede Hauptstraße kann noch beliebig in Nebenstraßen aufgezweigt werden, wodurch letztlich eine gute Gesamtübersicht über das Problem entsteht. Zum Schluss ist es natürlich sinnvoll, ein Mind Map sinnvoll zu strukturieren. Dazu sollte es neu gezeichnet werden, um tatsächlich eine transparente Arbeitsunterlage abzugeben. Meist nutzt man nach etwas Übung ein EDV-Hilfsmittel (z. B. Mind-Manager), welches vielfältige Möglichkeiten der Umordnung, Ergänzung und Weiterverarbeitung eines Mind-Mapps bietet. Die Vielfalt in den Darstellungsmöglichkeiten setzt auch die Hemmschwelle für Veränderungen herunter, welches letztlich dem Ergebnis zugutekommt. *) Anmerkung: Widersprüche sind Merkmale oder Eigenschaften, die zueinander gegenläufig sind. Beispielsweise: Mit einem Auto schneller zu fahren bedingt einen höheren Kraftstoffverbrauch, oder auch die Sicherheit der Personen, einen Crash zu überleben, nimmt ab. Anwendung kreativer Techniken 134 Kernproblem Detailproblem Einfluss Einfluss Ursache und Wirkungsdiagramm Eine vorbereitende Technik stellt auch das U & W-Diagramm (nach Ishikawa gemäß Bild 19.3) dar, welches ohne Weiteres in Konkurrenz zum Mind Mapping (nach T. Buzan) zu sehen ist. Vielleicht ist das U & W-Diagramm durch die Vorstrukturierung in die so genannten 5 Ms etwas gegliederter und führt somit schneller zu einer logischeren Übersicht. Einfluss Einfluss Bild 19.3: Struktur eines Ursache-Wirkungs- oder Fischgrätdiagramms Bild 19.2: Struktur eines Mind-Maps Anwendung kreativer Techniken 135 Methode des Vorwärtsschreitens Diese Technik bietet sich besonders an, wenn für ein Problem bereits eine Grundlösung gefunden wurde, für deren endgültige Funktionssicherheit aber noch Details ersonnen werden müssen. Dies kann sowohl von einem Einzelnen als auch von einem Team bearbeitet werden. Beispiel: Welches sind die sinnvollsten Möglichkeiten, eine Welle mit einer Nabe zu verbinden? - Ausgangssituation: Skizze oder Text - Alternativen: 1. Passfeder 2. Vielkeil 3. Kleben 4. Pressen 5. Axialmutter Durch eine zweckmäßige Strukturierung in einem Lösungsbaum wird somit die Logik und Komplexität des Problems herausgearbeitet, auf die dann bei einer Neukonzeption aufgesetzt werden kann. Bild 19.4: Lösungsbaum für Wellen-Naben-Verbindungen / PAH05/ Methode des Rückwärtsschreitens Bei dieser Technik geht man von einem idealen oder technisch realen Endzustand aus, den man weitestgehend konkretisieren muss. Rückwärts schreitend werden dann Lösungswege gesucht, welche den Endzustand abbilden können. Diese Methodik hat Anwendung kreativer Techniken 136 sich in der Praxis als sehr schwierig erwiesen, weil hier eine hohe Transformationsleistung zu erbringen ist, welche große Routine erfordert. Methode der (bionischen) Analogie Diese Vorgehensweise bedingt eine große Sensibilität und ein breites Wissen über die „Patente der Natur“. Strategie ist es hierbei, Parallelen zu bionischen Lösungsprinzipien zu ziehen und diese so abzuwandeln, dass eine technische Lösung möglich wird. Eine „1 zu 1 Übertragung“ ist nicht anzustreben und meist auch nicht möglich, wie das Bild 19.5 ausweist. Gleichsam wird aber sichtbar, dass einzigartige Lösungen entstanden sind, die einen technischen Fortschritt beinhalten. Spitzenleistungen in der Natur Umsetzungen in die Technik Seeigelzahn hat faserförmigen Aufbau glasfaserverstärkter Kunststoff Zitteraale erzeugen elektrische Impulse von 600 Volt supraleitende Kabel Fledermäuse nutzen Ultraschall zur nächtlichen Orientierung - Abtastsysteme von 3-D-Messmaschinen Grubenotter verfügen über Infrarot- Organe zur Beutesuche - Infrarot-Nachtsichtgeräte Leuchtkäfer erzeugen auf chemischem Weg kaltes Licht - Leuchtdiode Pflanzenfasern übertragen in Nanosekunden große Informationsmengen - Glasfaserkabel Quallen bewegen sich mit Rückstößen vorwärts - Rückstoßprinzip bei Triebwerken Waben-Verbundstruktur der Alge Durvillea Antarctica - Sandwichaufbau von Leichtbaustrukturen Bild 19.5: Analogien in Natur und Technik (siehe auch www.biokon.net) 19.1.2 Team als Kreativpotenzial Individuen haben entsprechend ihrer Ausbildung, ihres Wissensstandes und ihrer Erfahrung einen intellektuellen Trägheitsvektor, der immer in einer bestimmten Richtung (siehe Bild 19.6) nach Ideen sucht. Bei komplexen Problemen oder Problemen mit Innovationsanspruch ist es daher erfolgversprechender, Teams mit der Lösungssuche zu betrauen. Der größere Erfolg eines Teams ist darauf zurückzuführen, dass ein breiteres Querschnittswissen vorliegt, die Denkrichtung nicht nur in eine Richtung weist und sich Teammitglieder gegenseitig stimulieren. Anwendung kreativer Techniken 137 Bild 19.6: Orientierungsgewinn durch Teamarbeit und Fokussierung / KLE02/ Anwendung kreativer Techniken 138 Für die Zusammenarbeit in einem Team ist es aber wichtig, dass bestimmte Spielregeln beherzigt werden, und zwar: Eine hohe Gruppeneffizienz ist erfahrungsgemäß mit max. 6-7 Teilnehmern gegeben. Wenige Teilnehmer verfügen möglicherweise über ein zu geringes Anschauungs- und Erfahrungsspektrum, wodurch Sitzungen wenig produktiv werden. Bei größeren Gruppenstärken kann eine intensive Mitwirkung der Teilnehmer ebenfalls nicht gewährleistet werden; dies führt zur Passivität oder Absonderung kleinerer Gruppen. Innerhalb der Gruppenzusammensetzung ist Interdisziplinarität anzustreben, d. h., die Teilnehmer sollten idealerweise aus unterschiedlichen Fach- und Tätigkeitsbereichen rekrutiert werden. Eine Gruppe sollte weitestgehend homogen zusammengesetzt werden. Hierzu gehört, dass die Teilnehmer auf der gleichen hierarchischen Ebene stehen und menschlich miteinander harmonieren. Ein erfolgreiches Arbeiten bedingt weiter, dass alle Teilnehmer kommunikationsbereit sind, d. h., es muss die Bereitschaft bestehen, alle Ideen der Gruppe mitzuteilen. Wer gute Ideen vorenthält, verstößt gegen das Fairnessgebot; weiterhin muss Offenheit bestehen, dahingehend, anderen Teilnehmern zu helfen, eine Idee weiterzuentwickeln. Ideal erweist es sich auch, wenn die Teilnehmer eine gewisse intellektuelle Unabhängigkeit zeigen; dies verlangt unbeeinflusstes sowie unabhängiges Querdenken und die Fähigkeit, eigene Ideen zu produzieren. Eine letzte wichtige Voraussetzung besteht in der Akzeptanzbedingung, die noch voraussetzt, dass alle geäußerten Ideen vorurteilslos aufgegriffen und akzeptiert werden. Dies schließt die Beurteilung von Ideen ein, die aufgeschoben werden müssen bis an das Ende einer Kreativsitzung. Auf Basis dieser Bedingungen kann eine Vielzahl von Kreativmethoden eingesetzt werden, mit denen sich der Erfolg von Problemlösungssitzungen zu einem großen Teil steuern lässt. 19.1.3 Überblick über Kreativitätsmethoden Für Anwendungen im Rahmen von Produkt-, Prozess- oder Dienstleistungsentwicklungen existiert heute ein breites Spektrum an Problemlösungstechniken und Kreativitätsmethoden. Diese gilt es aber nicht planlos, sondern situativ richtig anzuwenden. Erfolgreiche Unternehmen haben in ihren Organisationsabläufen auch Raum für einen zielorientierten KPL (Kreativen Problemlösungs-Prozess) geschaffen. Dieser zeigt immer wiederkehrend die folgenden Merkmale: Erkennen von Problemen, Sammeln von Informationen, Definition einzelner Probleme, Suche nach Lösungsmöglichkeiten, Zusammenstellung von Alternativen, Anwendung kreativer Techniken 139 Bewertung und Auswahl der jeweils besten Alternative, Schaffung von Akzeptanz für die Lösungsalternative, Implementierung der Lösungsalternative, Lösungscontrolling. Alle bekannten Kreativitätsmethoden lassen sich in diesen Ablauf einbinden und die gesamte Abfolge in den WA-Grundschritt 4 (neue Lösungsideen entwickeln) integrieren. Im Bild 19.7 ist eine dementsprechende strukturierte Übersicht über die geläufigsten Kreativitätsmethoden zusammengestellt worden, die auch nicht annähernd vollständig ist (es sind etwa 50-60 Kreativmethoden bekannt). Die gewählten klassifizierenden Prinzipien sind hierbei Assoziation bzw. Abwandlung und Konfrontation. Durch das Prinzip der Assoziation werden Folgeideen dadurch generiert, dass vorgestellte Ideen oder Konzepte spontan oder systematisch abgewandelt oder variiert werden. Prinzipien, denen die Konfrontation zugrunde liegt, produzieren Ideen dadurch, dass der oder die Problemlöser sich mit einem Reizobjekt auseinandersetzen und Strukturen oder Prinzipien dieses Objekt als Lösungsansätze auf das Problem übertragen. auslösendes Prinzip Arbeitsweise Assoziation/ Abwandlung Konfrontation intuitive Verstärkung Methoden der intuitiven Assoziation: Brainstorming-Methoden Brainstorming Discussion 66 Brainwriting-Methoden Methode 635 Brainwriting-Pool Ideenkarten-Methode Galleriemethode Ideen-Delphi Methoden der intuitiven Konfrontation: Reizworttechnik Synectik visuelle Konfrontation semantische Intuition analytischer Ansatz Methoden der systematischen Assoziation oder Abwandlung: Morphologie Abstraktion Methoden der systematischen Konfrontation: Reizobjekt-Analyse Matrix-Morphologie Bild 19.7: Klassifizierungssystem für Kreativitätsmethoden 19.1.4 Problem und Umfeld Eine weitere Schwierigkeit bei der Nutzung von allgemeingültigen Kreativmethoden auf technische Fragestellungen ist darin zu sehen, dass man sich zu sehr auf einen Anwendung kreativer Techniken 140 isolierten Problemkern ausrichtet. Erfahrungsgemäß hat jede Aufgabe verschiedene Ebenen, Randbedingungen und ein Umfeld, das mitzuberücksichtigen ist. Eine innovative Lösung eines Problems liegt daher nicht nur im Problem selbst, sondern auch in der Struktur der Gesamtaufgabe. Mit der fortwährenden Höherentwicklung der Technik finden Innovationen überwiegend nur noch an den Schnittstellen von zwei Fachdisziplinen (Mechatronik, Bionik, Nanotechnik, Informatik etc.) statt, weshalb Querschnittsimpulse gefragt sind. Struktur der Gesamtaufgabe Problemstellung Mitwelt Technologie Evolution Natur Gesellschaft Obersystem Zukunft Bild 19.8: Ebenen der Problemlösung bzw. Übergang in ein Obersystem Die Erkenntnisse der Psychologie über Problemstrukturen sind somit völlig konform zur Notwendigkeit der Oberzielfindung. Kernaussage war und ist: Einzellösungen lassen sich immer nur bis zu einer bestimmten Stufe perfektionieren, weitere Impulse resultieren erst wieder aus der Weiterentwicklung des Obersystems. Man stößt in der Mitwelt wiederholt auf derartige Entwicklungssituationen, wie beispielsweise die Evolutionsspirale bei der Eisenbahn: Dampflokomotive, E-Triebzug, IC, ICE, Neigetechnikzüge und der Innovationssprung zum Transrapid, mit dem auch eine Revolution in der Schienentechnologie verbunden ist. Das Aufzeigen derartiger Wege kann somit eine gesicherte Basis für zukunftsbezogene Entscheidungen abgeben. Insofern ist zu klären, welche Zukunftsaussichten sich für Komponenten und Subsysteme in bestimmten Ausführungsformen ergeben werden. 19.2 Bewährte Kreativitätstechniken 19.2.1 Brainstorming Brainstorming oder Gedankensturm (nach O. Osborn) ist eine Kreativitätstechnik, die von der Erfahrungstatsache ausgeht, dass eine Gruppe über ein höheres Kreativitätspotenzial verfügt als einzelne Individuen und daher vielfach produktiver Ideen hervorbringen kann. Diese Ideen oder Alternativen sollen möglichst spontan erzeugt und unreflektiert vorgetragen werden. Im Regelfall soll ein Brainstorming-Team aus etwa 6-8 Personen gebildet werden, und zwar aus einem hauptverantwortlichen Moderator, eventuell einem Protokollführer und etwa sechs aktiven Teammitgliedern. Anwendung kreativer Techniken 141 (kreativer Freiraum) Ideensuchfeld AL 1 Al 2 Ideenentwicklung Suchfeldgrenze Suchfeldgrenze (bestimmt durch Aufgabe, Suchbedingungen und Beurteilungskriterien) Problem (Alternativen) Bild 19.9: Abstecken eines Ideensuchfeldes bzw. Lösungsraums Aufgabe des Teammoderators ist es, das Problem mit allen Zielen, Visionen und Randbedingungen den Sitzungsteilnehmern darzulegen sowie die Sitzung zu leiten und zu lenken. Zweckmäßigerweise wird er dabei von einem Schriftführer unterstützt, dessen Funktion darin besteht, den Ablauf der Sitzung zu protokollieren, d. h. die Ideen zu sammeln und zu strukturieren. Für die Länge einer Sitzung haben sich in Abhängigkeit von der Komplexität eines Problems Zeitspannen zwischen 30 bis 60 Minuten bewährt. Der Vorteil des Brainstormings liegt gewöhnlich in der hohen Qualität der verwertbaren Beiträge; Kritik oder lange Diskussion ist während einer Sitzung nicht gefragt. In einem Nachgespräch gilt es, die Ideen qualitativ zu bewerten und für die weitere Konkretisierung aufzubereiten. Wegen des einfachen Prinzips wird die Wirksamkeit von Brainstorming vielfach unterschätzt. Wie so oft ist tatsächlicher Nutzen erst gegeben, wenn im Unternehmen konkrete Ansätze vorliegen. In der Literatur werden diesbezüglich einige Beispiele aufgeführt, wo im Rahmen von Produkt- und Prozessentwicklungen sehr erfolgreich Ideen produziert und umgesetzt worden sind. Da auch die Japaner in der Kreativitätsentwicklung ein zentrales Thema sehen, haben Sie verschiedene Brainstormingvarianten entwickelt, die der asiatischen Mentalität besser entsprechen. Diese sind bekannt geworden als Lotusblüten-Technik, Misubishi-Methode, NHK-Methode TKJ-Methode, auf die hier jedoch nicht eingegangen werden soll. Anwendung kreativer Techniken 142 19.2.2 Brainwriting Brainwriting oder Schreibgespräch bezeichnet die nichtverbale Form des Brainstormings. Die Sitzungsteilnehmer schreiben ihre Lösungsideen zum Problem auf Zettel/ Karten und reichen diese jeweils im Kreis zum nächsten Nachbarn weiter. Als Vorstellung besteht dabei, auf der gedanklichen Vorleistung des Nachbarn aufbauend möglichst viele Lösungsideen zu konkretisieren. Ein dreimaliger Tauschzyklus ist gewöhnlich ausreichend, um hinreichend viele Lösungskonzepte zu erhalten. Nach wiederum 30 bis 60 Minuten ist es Aufgabe des Teammoderators, alle Aufzeichnungen einzusammeln und diese gemeinsam mit dem Team unter Nutzung eines Flip-Charts oder einer Pinnwand auszuwerten. 19.2.3 Brainwriting-Pool Bei dieser Methodenvariante schlägt man vor, dass sich die Teilnehmer einer Kreativsitzung kreisförmig platzieren und ihre Ideen zu einem Problem auf Zettel notieren bzw. skizzieren. Diese Zettel werden dann nachdem jeder Teilnehmer etwa vier Ideen ausformuliert hat in die Mitte des Tisches abgelegt. Sollten einem Teilnehmer eigene Ideen ausgehen, kann er fertige Zettel zur Inspiration oder bereits fixierte Lösungen weiterentwickeln. Bis zum Ende einer Sitzung sollte jeder Teilnehmer mindestens eine Vorgängeridee bearbeitet haben. 19.2.4 Brainwriting 6-3-5 Zielvorstellung dieser Variante ist, dass unter Erfolgsdruck 6 Personen 3 neue Ideen innerhalb von 5 Minuten möglichst konzentriert erzeugen. Nach 5 Minuten wandern die Zettel zum Nachbarn, der seinerseits Anmerkungen zu den vorliegenden Ideen hinzufügt. Dieses Prinzip wird solange fortgeführt, bis alle Teilnehmer zu jedem Zettel Stellung genommen haben. Theoretisch kann so eine Gruppe innerhalb von 30 Minuten 108 Ideen entwickeln; unter Abzug von Doppelungen bleiben oft zum Schluss noch ca. 60 interessante Ideen übrig. 19.2.5 Brainstorming-Eingriffe a) Umkehrtechnik Beim Brainstorming und Brainwriting kann immer wieder festgestellt werden, dass Kreativteams die Lösungsansätze ausschließlich aus der eigenen Perspektive (Was können wir dem Produkt an Neuheiten mitgeben? ) bzw. vom Standpunkt des Herstellers Bild 19.10: Arbeit im Brainwriting-Team Anwendung kreativer Techniken 143 aus verfolgen. Die Ideen zielen dann auch immer in die gleiche Richtung. Zu völlig neuen Einsichten wird man gewöhnlich kommen, wenn der Standpunkt gewechselt wird. Im Mittelpunkt sollten die Anforderungen des Kunden (Welche neuen Eigenschaften sollte das Produkt aufweisen? ) stehen. Beispielsweise ist das Kreativteam eines Sicherheitstechnik-Ausstatters stets auf die Fragestellung: Wie verhindern wir einen Einbruch? fixiert. Viel fruchtbarer wäre hingegen die Fragestellung: Wie planen wir den perfekten Einbruch? , da hierauf möglicherweise sehr wirksame präventive Maßnahmen begründet werden können. b) Stopp-Technik Eine andere Schwäche von Kreativteams besteht oft darin, dass sich bei der Lösungssuche eine bestimmte Zielrichtung ausbildet und das Team sich immer mehr auf Lösungsvarianten eines festen Musters fixiert. Diese Tendenz hat der Moderator zu erkennen, um dann die Lösungssuche temporär zu unterbrechen. Zwecks der Erkennung von eingefahrenen Bahnen werden alle Lösungsansätze aufgelistet und die Kernideen herausgearbeitet. Beispielsweise entwirft das vorgenannte Kreativteam ausschließlich Sicherheitselemente, welche das Gewaltprinzip verfolgen. Mit dem Erkennen dieser Tendenz ist dann der Weg frei, auch über das Abschreckungs- und Täuschungsprinzip nachzudenken bzw. hierfür neuartige Produkt- oder Systemlösungen zu finden. 19.2.6 Kreative Sprünge/ kreatives Imaging Die Methode der kreativen Sprünge ist besonders geeignet, um so genannte Durchbruchskonzepte zu entwickeln. Hierzu muss ein Team zunächst den Sprung zur idealen Lösung wagen, um sich anschließend wieder zurückorientierten zu können zu einer brauchbaren Kompromisslösung. Seitens der Methodik sind fünf Phasen zu durchschreiten, und zwar: 1. Beschreibung der Zukunftsvisionen für das Problemumfeld 2. Analyse der Wettbewerbsprodukte und Vorausplanung deren mögliche Entwicklungsrichtungen 3. Erarbeitung einer Vorstellung über das ideale Zukunftsprodukt, welches entwickelbar wäre, wenn es keine technischen oder finanziellen Begrenzungen gäbe 4. Festlegung der Voraussetzungen in Entwicklung und Produktion, die erforderlich sind, um das Zukunftsziel erreichen zu können und 5. Realisierungen so steuern, dass letztlich das ideale Produkt entsteht Der Erfolg der „kreativen Sprünge-Methode“ hängt sehr von der Eignung des Teams und der Persönlichkeit des Moderators ab. Meist ist der Nutzen sehr hoch, da strategische Problemlösungen mit weitem Zukunftsbezug entstehen. Anwendung kreativer Techniken 144 19.2.7 Galeriemethode Ansatzpunkt dieser Methode ist wieder die gegenseitige Inspiration von Teammitgliedern durch autonome Ideenproduktion. Dazu erstellt jedes Teammitglied auf Flip-Charts oder Wandtafeln eine Galerie von Lösungsansätzen zu einem Problem. ? ? ? ? Bild 19.11: Ideengalerie zu einem Problem Nach ca. 30-minütiger Ideenentwicklung wird eine Besichtigungstour durch alle Galerien durchgeführt, wobei sich jeder Teilnehmer fünf Minuten lang Notizen machen darf. Der Ursprung der Galerie soll dabei anonym bleiben. Im Anschluss an den Rundgang kehren alle Teilnehmer an ihre eigene Galerie zurück und nehmen geeignete Ergänzungen oder Änderungen vor. Nach weiteren 15 bis 20 Minuten werten die Teilnehmer alle Ideen aus. 19.2.8 Synectics Die Synectic-Methode basiert auf Analogiebzw. Metapherentwicklung, Assoziation und Exkursionstechnik. Sie fördert die Fantasie bei der Erstellung zunächst nicht sofort erkennbarer Beziehungsstrukturen zwischen Produkten und allgemeinen Problemen. Eine Problemlösungsgruppe setzt sich gewöhnlich aus sieben Personen zusammen: Dem Problemeigner, dem Moderator und fünf andere Teammitglieder. Synectic baut hierbei auf drei Mechanismen auf, die intuitionsfördernd sind: a) Direkte Analogiebildung: Das In-Beziehung-Setzen des Objektes zu bekannten Sachverhalten in Natur oder Biologie. b) Persönliche Analogiebildung: Geht von der hypothetischen Annahme aus, die Teilnehmer selbst könnten in die Rolle des zu untersuchenden Objektes schlüpfen. Aus dem Objektempfinden heraus müssen dann Lösungsansätze kreiert werden. c) Verfremdete Analogiebildung: Aus bestimmten Schlüsselwörtern, die in Beziehung zu dem Problem stehen könnten, werden Lösungsansätze gebildet. Ein wesentliches Element von Synectics ist, dass Kritik an einzelnen Lösungselementen nicht unbedingt verboten ist. Der Moderator muss die Kritik so steuern, dass sie letztlich der Weiterentwicklung von Lösungsansätzen dient. Anwendung kreativer Techniken 145 19.2.9 Techniken der Analogie Auf Analogien beruhende Techniken werden sehr gerne angewandt, weil sie in Kombination mit Brainstorming äußerst effizient sind und über ein hohes Umsetzungspotenzial verfügen. Als Varianten unterscheidet man die Modellierungen als direkte, persönliche oder verfremdete Analogie. Bei der direkten Analogie geht man von Prinzipien der Natur aus, analysiert die Grundidee und versucht daraus, eine neue Problemlösungsidee abzuleiten. Üblicherweise hat man dabei drei Phasen abzugrenzen. In der ersten Phase wird das Problem mit allen Randbedingungen dargelegt und eine Vision für ein Ideal entwickelt. Die zweite Phase dient der Sondierung bekannter Lösungsprinzipien gemäß der Fragestellung: Existiert in der Natur ein ähnliches Problem? und Wie wurde es gelöst? Erst in der dritten Phase wird der Bezug zur eigentlichen Aufgabe hergestellt, in dem jedes der zuvor gesammelten Lösungsprinzipien daraufhin analysiert wird, ob und wie es auf das spezielle Problem modifiziert werden kann. Z. B.: Wie baut ein Baum mechanische Spannungen ab? Wie kann dies auf Komponenten eines Autos übertragen werden? Bild 19.12: Prinzip der bionischen oder direkten Analogie Bei der persönlichen Analogie ist es Vorstellung, dass sich alle Teammitglieder, die mit der Aufgabe konfrontiert werden, ein neues Produkt zu kreieren, emotional mit dem Produkt auseinandersetzen. Auseinandersetzen impliziert hierbei ein echtes Identitätserleben (d. h. hineinversetzen) und nicht eine einfache Beschreibung von Produktmerkmalen. Ein anschauliches Beispiel hierfür mag die Entwicklung eines neuartigen Stuhls für Konferenzräume abgeben: (-) objektive Beschreibung er ist eckig, er bietet Platz, er hat vier Füße, er kann Armlehnen haben, (+) subjektive Beschreibung ich fühle mich besetzt, ich mag keine schweren Personen, ich habe eine einfach Form, ich kann leicht kippen, Anwendung kreativer Techniken 146 Der Unterschied zwischen einer technischen Beschreibung und einem erlebten Empfinden wird an diesen Aufzählungen deutlich sichtbar. Aus den zusammengetragenen Emotionen gilt es dann Produktideen abzuleiten, und zwar wie folgt: Stühle werden in aller Regel nach geometrischen Proportionen zugeschnitten. Es gibt keine Stühle, die sich an die Anatomie des Menschen im Sitzen anpassen, was verstellbare Gesäß- und Rückengeometrien verlangen würde. Stühle werden von den Abmessungen und vom Tragvermögen auf ein mittleres Personenkollektiv zugeschnitten. Es gibt keine zielgruppenspezifische Auslegung für schwere Personen. Ein derartiger Stuhl müsste viel massiver sein und auch andere Abmessungen (Dimensionierung, Dämpfungsmechanismus etc.) aufweisen. Stühle haben oft eine zweckmäßige Gestaltung, für unterschiedliche Wohnstile wäre aber auch ausgefallene Designs denkbar. Stühle werden meist nicht nach dem Kriterium der Kippsicherheit gestaltet. Im Umkehrschluss wäre aber auch eine Gestaltung denkbar, wo der Schwerpunkt immer in der projizierten Sitzfläche liegt. Wenn man nach diesem Prinzip weiter vorgeht, ist eine reale Chance gegeben, auf eine tatsächlich neue Idee zu stoßen, die ein Kundenbedürfnis besser als bisher erfüllt. Die Technik der verfremdeten Analogie beruht ebenfalls auf dem Prinzip der emotionalen Abwandlung und ist oft dann erfolgreich, wenn man vermeintlich für ein Problem keine neuen Ideen mehr zu finden glaubt. Das Prinzip beruht darauf, dass eine möglichst treffende Analogie für das Problem gesucht wird. Ist diese Analogie gefunden, muss man sich wieder in dieses Analogon hineinversetzen und seine Empfindungen beschreiben. Aus den Gefühlssituationen gilt es weiterhin, reale Problemlösungsideen abzuleiten. 19.2.10 Reizworttechnik Bei dieser Kreativmethode wird mit Reizwörtern oder Reizbildern gearbeitet. Eine typische Anwendung liegt in der Auffindung neuer Anwendungsfelder für ein Produkt, beispielsweise durch Variantenbildung. Am Beispiel eines Unternehmens, welches Schreibgeräte herstellt, soll die Technik kurz erläutert werden. Für dieses Unternehmen ist es ein drückendes Problem, dass der Umsatz für Füllfederhalter seit Jahren stagniert. Um das Geschäftsfeld zu beleben, müssen dringend neue Produktideen geboren werden, welches mit der Reizworttechnik probiert werden soll. Die Vorgehensweise ist etwa wie folgt: Das Kreativteam hat sich zunächst über die Beschaffung von Reizwörtern zu verständigen. Hierbei besteht die Möglichkeit, spontan beliebige dingliche Begriffe zu benennen oder dingliche Begriffe aus Lexika zu entnehmen. Man einigt sich beispielsweise darauf, eine beliebige vierstellige Zahl (z. B. 1236) zu nennen, hierbei die ersten drei Ziffern als Seitenzahl zu interpretieren und mit der letzten Ziffer das x-te Dingwort auf der Seite von oben (z. B. Blumenvase) auszuwählen. Als Nächstes besteht die Aufgabe, das Objekt Blumenvase zu beschreiben, und zwar wie folgt: Anwendung kreativer Techniken 147 sie ist manchmal bunt, sie hat oft ein ausgefallenes Design, es gibt Ausführungen für verschiedene Gelegenheiten, sie ist meist zerbrechlich, sie ist oft durchsichtig, In der sich nun anschließenden Adaptionsphase geht es darum, aus den gefundenen Merkmalen neue Produktideen abzuleiten, wie z. B. Füllhalter mit poppiger Farbgestaltung für Kids, Füllhalter in verschiedenen Formen, Füllhalter für unterschiedliche Zielgruppen, Füllhalter aus Porzellan oder Glas, Durch die gebildeten direkten Bezüge können oftmals originelle neue Anwendungen für bestehende Produkte gefunden werden. 19.2.11 Morphologie Die Morphologie (morphologischer Kasten) ist eine sehr stark strukturierte Methode, die Kreativität und Systematik verbindet. Prinzip ist hierbei ein Lösungsfeld zu visualisieren, das die Zergliederung eines Problems mit verschiedenen Lösungsansätzen verbindet. Als Problemsegmente wird üblicherweise die Auflösung in Elemente (z. B. Funktion), Attribute (z. B. Wirkprinzip) und Parameter (z. B. Ausprägung) gewählt, die in einer Matrix vertikal abgetragen werden. Horizontal werden dann zu jedem Problemsegment alternative Lösungsmöglichkeiten aufgelistet. Letztlich können erfüllende Problemlösungen durch die Bildung von Spaltenpfaden in der Matrix generiert werden. Eine Bewertung ist hiermit jedoch nicht verbunden. A B C D 1 2 4 5 Al 1 PS ... ... ... ... TL AL 2 AL 3 3 Bild 19.13: Struktur der morphologischen Matrix (PS = Problemsegment, TL = Teillösung, AL = Alternativlösung) Anwendung kreativer Techniken 148 Morphologisches Arbeiten ist durch einzelne Personen oder durch moderierte Gruppen (maximal 6-7 Personen) möglich. Eine unüberschaubare Menge von Lösungen kann durch die folgenden Maßnahmen verhindert werden: - Beschränkung der Problemsegmente auf maximal zehn und - Beschränkung der Teillösungen ebenfalls auf zehn je Zeile. Erweist sich ein Problem als so umfangreich, dass es nach diesen Regeln nicht bearbeitet werden kann, so sollte es in mehrere Problemgruppen zerlegt werden. Ergeben sich für ein Problemsegment mehr als zehn Lösungsansätze, so ist dies ein Zeichen, dass ein Problemsegment noch nicht eng genug eingegrenzt ist. WA-Einführung im Unternehmen 149 20 WA-Einführung im Unternehmen Das Echo auf die Wertanalyse ist meist ambivalent. Fast allen Technikern ist WA bekannt, die wenigsten praktizieren WA, aber alle sind von WA als Kostensenkungsinstrument überzeugt. Überwiegend ist WA in Großunternehmen institutionalisiert, meist mit eigenen Fachverantwortlichen bzw. und Moderatoren. Hierdurch ist sichergestellt, dass ein kontinuierlicher Kostensenkungsprozess aufrechterhalten wird und die Hauptumsatzträger immer weiterentwickelt werden. Diese Möglichkeiten haben gewöhnlich KMUs nicht, obwohl es hier oftmals viel nötiger wäre, WA zu betreiben. In diesen Fällen muss WA auf den Schultern möglichst vieler Mitarbeiter (Selbstregelprozess) ruhen, die somit ein latentes Potenzial zur Weiterentwicklung darstellen. Es hat sich bewährt, bei der WA-Einführung in drei Phasen vorzugehen, und zwar - Einführung, - Sicherung und Ausbau, ständige Aktualisierung. Unbedingt notwendig ist es, für alle Phasen Promotoren im Unternehmen zu finden, die überzeugt und engagiert die Methode vorwärtstreiben. Gerade bei der Einführung ist es wichtig, motivierend und überzeugend zu agieren. Hierzu gehört: - Gewinn der Unternehmensleitung (Gespräch, Vortrag) durch Aufzeigen der kurz-, mittel- und langfristigen Potenziale der WA; Darstellung der Wettbewerbsaktivitäten; Entwicklung eines Innovationskonzeptes, - Information der mittleren Führungsebene (Vortrag) über die geplanten Aktivitäten; WA-Seminar für interessierte Mitarbeiter. Extrem wichtig ist die Auswahl des ersten WA-Projektes. Dieses sollte nicht zu komplex sein, andererseits aber auch eine gewisse Bedeutung für das Unternehmen haben, so dass der getätigte Aufwand auch nutzvoll ist. Das Pilotprojekt muss somit unbedingt zu einem Erfolg geführt werden, um nicht die Folgeaktivitäten zu gefährden. In der zweiten Phase geht es um die feste Etablierung von WA im Unternehmen. Um dies zu gewährleisten, muss die Führungsebene gewonnen werden, die wiederum den aktiven Mitarbeitern den Freiraum und Rückhalt für ihre Tätigkeit verschafft. Hiermit sollte auch verbunden sein, die notwendigen Aktivitäten in „Querschnittskompetenz“ zum gradlinigen Dienstweg wahrnehmen zu können. Ein möglicher Weg WA fest zu verankern ist, WA unter bestimmten Voraussetzungen im Produktentwicklungsprozess (PEP) zu fordern. Dies führt dann nach einer Anlaufzeit von ca. 1,5 Jahren zu einer beständigen Kostenausschöpfung etwa mit einem Hebel von 1 zu 4. WA-Einführung im Unternehmen 150 Kostensenkungspotenzial ca. 12 Mo. ca. 18-20 Mo. Aufwand (4) (1) Geld Zeit zu Bild 20.1: Kosten-Nutzen-Potenzial der WA Verankerung verlangt, dass WA fest in den Entwicklungsplan eingebaut ist. Ein Projekt ist somit neben - Funktionstauglichkeit/ Zuverlässigkeit (FMEA), Herstellbarkeit und Termintreue ergänzend noch auf - Kostenangemessenheit, erzielbarer Verkaufspreis und Erlösziel zu analysieren. Dieser Zwang sollte nur außer Kraft gesetzt werden, wenn Objekte offensichtlich ungeeignet für eine WA sind. Meist ist dies gegeben bei Sonderlösungen oder kundenspezifischen Anpassungskonstruktionen. Stillschweigend ist hier vorausgesetzt worden, dass ausreichend Kapazität zur Bearbeitung von Projekten vorhanden ist, weil nur eine geringe Anzahl den Status von Entwicklungen haben wird. Wenn dem nicht so sein sollte, also ein Entscheidungsproblem zwischen einer Vielzahl von Entwicklungen bzw. auszuwählenden WA-Projekten gegeben sein sollte, so müssen Prioritäten gesetzt werden. Da hiermit unmittelbar der Unternehmenserfolg verbunden ist, gilt es, Prioritäten nach der größten Gewinnchance zu vergeben. Das Setzen von Prioritäten ist eine Aufgabe der WA-Planung, die für gewöhnlich jährlich vorgenommen wird und die Projekte auflisten und priorisieren soll, die in einem bestimmten Zeitraum abzuarbeiten sind. Damit dies nachvollziehbar und begründbar ist, kann der im Bild 20.2 formulierte Analyseansatz genutzt werden. Der Fokus ist hierbei auf den „zusätzlichen Gewinn“ gerichtet, der aktiviert werden kann, wenn das WA- Vorhaben erfolgreich durchgeführt wird. Ein weiterer Aspekt muss sein, WA als Methode langfristig abzusichern, in dem die Arbeitstechnik und die Anwendung modern gehalten wird. Hierzu gehört, dass ein Unternehmen sich die Freiheit nimmt, in den WA-Ablauf die Methoden zu integrieren, von denen man sich einen qualitativen Beitrag verspricht. Dies bedingt gegebenenfalls auch, die „reine Lehre“ zu modifizieren, wenn der Ablauf dadurch effizienter wird. WA-Einführung im Unternehmen 151 WA-Programmanalyse a) Die folgenden Indices bedeuten: 1 = Ausgangsstand 2 = mit WA b) i n (Stück) = noch absetzbare Gesamtstückzahl bis zum Produktionsende c) i E (€/ Stück) = Erlös bzw. Preis ab Werk (Mittelwert für den Planungszeitraum) d) i K (€/ Stück) = mittlerer Vergleichskostenwert (Herstellkosten, Selbstkosten) e) i I (€) = Investitionen (Entwicklungskosten, Betriebsmittel, Maschinen, Markeinführungskosten) f) Zusätzlicher „absoluter Projektgewinn“ G (€) von nutzwertgleichen Objekten, d. h. E E E , n n n 2 1 2 1 : 1 2 2 1 I I n K K G , von Objekten mit verbessertem Nutzwert, d. h. 2 1 n n , 2 1 E E , 2 1 K K , 2 1 I I : 1 2 1 1 1 2 2 2 I I n K E n K E G , von ganz neuen Objekten, d. h. 0 I , 0 K , 0 n 1 1 1 : 2 2 2 2 I n K E G g) Chance als relativer Projektgewinn A G C , mit A = Entwicklungs- + WA-Aufwand in MMo Monate Mann h) P = Priorität, entspricht Reihenfolge mit abgeschätzter Chance „C“ Bild 20.2: Betriebswirtschaftliche Priorisierung von Entwicklungs- oder WA-Projekten (nach (BRO06/ ) Ein Beitrag zur Effizienz kann auch eine rechnerunterstützte WA sein. Oft wird die Akzeptanz für WA größer, wenn die manuellen Anteile der Methode rechnerunterstützt durchgeführt werden. Dies gilt für die Arbeitsblätter und die methodischen Komponenten, wodurch Projekte letztlich auch leichter dokumentiert werden können. Damit ist eine Perspektive für die Weiterentwicklung von WA aufgezeigt worden, die die Unternehmen sicherlich noch einige Jahrzehnte begleiten wird. Anhang 1: Unterstützende Arbeitstechniken 152 Anhang 1: Unterstützende Arbeitstechniken QFD/ House of Quality Zur Strukturierung eines Entwicklungsprozesses nutzt QFD das House of Quality, welches phasenspezifisch noch um Qualitätstabellen, Benchmarking-Informationen und Zielkosten-Restriktionen für ein Leistungserstellungspaket zu erweitern ist. Das HoQ ist somit das maßgebliche Dokumentations- und Kommunikationsinstrument eines ganzheitlichen Produktentwicklungsprozesses. Im Bild 1 ist die Matrixstruktur eines HoQ (Qualitätshauses) prinziphaft dargestellt. Beziehungsmatrix Wettbewerbsanalyse rel. Gewichtung der Forderungen schlecht gut schlecht gut x Wie viel ? Rang QS-Plan Grad der Abdeckung: 9 = starke Beziehung 3 = mäßige Beziehung 1 = geringe Beziehung + - Korrelationen +stark positiv positiv negativ stark negativ Bewertung der Konkurrenzfähigkeit Qualitäts- merkmale Kundenforderungen Controlling des Erfüllungsgrades Zielgrößen Was? Wechselwirkungsmatrix Optimierungsrichtung Wie? 0 sehr starke Bedeutung starke Bedeutung mittlere Bedeutung geringe Bedeutung keine Bedeutung abweichend gesetzt = 5 = 4 = 3 = 2 = 1 = Bild 1: House of Quality als wesentliches QFD-Instrument Die einzelnen Felder werden mit fortschreitender Planung sukzessive ausgefüllt und zwar in folgender Sequenz: 1. Dokumentation der Kundenforderungen (was? ) Im Mittelpunkt stehen die erhobenen Kundenforderungen, die priorisiert die Ausgangsbasis darstellen. Die Erfahrung zeigt, dass man sich hier auf die absolut wesentlichen Forderungen beschränken sollte, da ansonsten das HoQ nur schwer überblickt werden Anhang 1: Unterstützende Arbeitstechniken 153 kann. In der Praxis ist es zudem auch so, dass Kunden selten mehr als sieben Forderungen stellen. 2. Einstufung der Konkurrenzfähigkeit (wie gut? ) Aus der Sicht des Kunden gilt es, den Produktnutzen in Relation zu den Hauptwettbewerbern zu bestimmen. Hieraus ergibt sich der weitere Handlungsbedarf. oder alternativ Entwicklung eines Qualitätsplans (wie bedeutend? ) Mithilfe eines QS-Plans kann auf der Grundlage einer einfachen Wettbewerbsanalyse eine tiefergehende Forderungsgewichtung entwickelt werden. 3. Definition der Qualitätsmerkmale (wie? ) Hinter jeder Kundenforderung gilt es, die Qualitätsmerkmale zu erkennen und als technische Spezifikation aufzunehmen. Die Bedeutung einer Forderung ergibt sich aus der Gewichtung und dem Abdeckungsgrad. 4. Festlegung von Wechselwirkungen (was behindert sich? ) Zweckmäßig ist es, die Abhängigkeiten zwischen den ermittelten Qualitätsmerkmalen festzustellen und diese in der Wechselwirkungsmatrix zu dokumentieren. Diese Analyse gibt Aufschluss darüber, ob gegebenenfalls Abstriche von der idealen Lösung gemacht werden müssen. 5. Beziehungsmatrix (wie beteiligt? ) Wichtig ist die Zuordnung von Kundenforderungen zu Qualitätsmerkmalen, welches in der Beziehungsmatrix markiert wird. Hierdurch ergibt sich eine Rangstufe (wie viele? ) für die erforderliche Ausprägung eines Qualitätsmerkmals. 6. Zielgrößen (was sollte erreicht werden? ) Die technisch sinnvollen Leistungsdaten jeden Qualitätsmerkmals sind als Zielgrößen zu quantifizieren; sie stellen im weiteren Vorgaben für das Design dar. Damit ist im Allgemeinen die Planungsphase zu einem Entwicklungsvorhaben abgeschlossen. Über die weiteren Umsetzungsstufen des Auftragsdurchlaufs gilt es dann, die Realisierung zu planen. Hierfür müssen ergänzende Qualitätshäuser erstellt werden, wie nachfolgend gezeigt wird. Anhang 1: Unterstützende Arbeitstechniken 154 7. Technische Bewertung (was ist erreicht worden? ) In Relation zum Wettbewerb ist mit messbaren Kriterien der Erfüllungsgrad festzustellen. Dies dient zu der Einschätzung, ob und um wie viel man besser geworden ist. Der letzte Controllingschritt dient der objektiven Bestätigung, dass die Zielvorgaben erreicht worden sind und dokumentiert auch den technischen Abstand zu den nächsten Wettbewerbern. Anhang 2: WA-Fallstudien 155 Anhang 2: WA-Fallstudien Fallstudie 1: Quick-WA an einem PKW-Lehnenversteller Wenn der Fokus ausschließlich auf eine Kostensenkung bei gleichbleibendem Funktionsprinzip und geringen Veränderungsmöglichkeiten bei der Herstellung gerichtet ist, so liegt im Prinzip eine „Ratio-Aufgabe“ vor. Die Bearbeitung einer derartigen Aufgabe kann oft mit einer etwas kürzeren Quick-WA erfolgreich abgeschlossen werden. Als Beispiel hierfür mag ein PKW-Sitzlehnenversteller *) dienen, der in großen Stückzahlen im Automobilbau eingesetzt wird. nach DE 1 297 496 *) Quelle: Firma Keiper-Recaro, Kaiserslautern Anhang 2: WA-Fallstudien 156 1. Schritt: Aufgabe vorbereiten 1.1 Objekt auswählen, Moderator benennen, Team festlegen Objekt soll der mechanische Lehnenversteller (LVm xx.xxxx) für Fa. VW sein, und zwar für die Produktlinie kleine PKWs. In der Praxis sollte es so sein, dass die Hauptumsatzträger eines Unternehmens regelmäßig (alle 2-3 Jahre) einer Ratio- oder Wertanalyse unterworfen werden sollten. Vorab gilt es auch abzuschätzen, ob dem erforderlichen Aufwand ein entsprechendes Kostenpotenzial gegenübersteht. 1.2 Einsparziel abschätzen Der Lehnenversteller wird derzeit für ein VK von 3,20 €/ Stück an VW verkauft. Die HK betragen 2,80 €/ Stück. Der Liefervertrag sieht vor, dass nach 2 Jahren ein Ratioerfolg von 7,5 % v. HK weitergegeben werden muss. Da das Unternehmen weitere Kostensteigerungen (Material, Lohn, Transport, Energie) auffangen muss, wird die Ratio- Quote auf 10 % v. HK festgesetzt. 1.3 Ablauf planen Es werden insgesamt 5 Termine mit à 1,5 Stunden zur Bearbeitung eingeplant. 2. Schritt: Ausgangssituation analysieren 2.1 Zielkosten festlegen Vorgabe ist 10 % v. HK, welches 0,28 €/ Stück entspricht, die zu erreichenden Zielkosten betragen somit HK = 2,52 €/ Stück. 2.2 ABC-Analyse durchführen Ziel der ABC-Analyse ist es, die Ratiopotenziale an den Einzelteilen aufzuzeigen. Zweckmäßig ist es, hierfür eine Tabelle zu nutzen. Aufgelistet werden nur die Teile- HK, welche einfacher zu bilden sind, als die WA-Funktionskosten zu ermitteln. 2.3 Schwerpunkte setzten Erkenntnis der Kostenanalyse ist, dass es fünf A-Teile (= 1,65 €), vier B-Teile (= 0,37 €) und drei C-Teile (= 0,10 €) gibt. Zuerst sollte man also versuchen, aus den A- Teilen das Ratiopotenzial auszuschöpfen; wenn dies nicht reichen sollte, können als Nächstes die B-Teile hinzugezogen werden. Die C-Teile wird man gewöhnlich nicht betrachten, weil das Potenzial zu klein ist. Anhang 2: WA-Fallstudien 157 Pos. Anzahl Benennung Herstellkosten Teileklasse A, B, C Bemerkung 1 1 Oberteil 0,30 A 2 1 Unterteil 0,22 A 3 1 Halteblech 0,14 A 4 1 Exzenterbolzen 0,06 B 5 1 Halteblechlager 0,12 B 6 1 Haltebolzen 0,11 B 7 1 Haltering 0,04 C 8 1 Stützscheibe 0,16 A 9 2 Niet 0,04 C 10 1 Scheibe 0,02 C 11 1 Schraube 0,08 B 12 1 Handrad 0,83 A HK 1 2,12 13 man. Montage 0,68 HK 2 2,80 3. Schritt: Funktionenanalyse durchführen Innerhalb eines Ratioprojektes hat die Funktionenanalyse die Aufgabe, einen „neutralen Blick“ auf ein Problem zu richten. Je nach angestrebtem Konkretisierungsgrad (ausführungsbezogen/ verallgemeinernd) können unterschiedliche Ausprägungsformen der Funktionenanalyse herangezogen werden. 3.1 Funktionenstruktur zeichnen Darstellung der „Funktionenstruktur“ eines technischen Systems Herauszuarbeiten ist, welche Hauptfunktion zu erfüllen und was dazu erforderlich ist. Im einfachsten Fall wird eine „black box“ gezeichnet, die einen Eingang und Ausgang mit Stoff, Energie und Signal oder Ähnliches erhält. Im Folgenden ist diese Darstellung auf einen Lehnenversteller übertragen worden. Sitzlehne stufenlos verstellen Handbewegung Bewegung der Sitzlehne Antrieb der Sitzlehne Sperrung des Drehpunktes der Sitzlehne oder Anhang 2: WA-Fallstudien 158 „FAST-Diagramm“ bzw. Funktionenverknüpfung eines technischen Systems Im Kapitel 8.3 ist die Vorgehensweise des Original-FAST-Diagramms dargestellt worden. Hier soll eine mehr auf das Problem zugeschnittene Technik genutzt werden. Dies bietet sich hier auch deshalb an, weil das alte Funktionsprinzip beibehalten werden soll. Handkraftgröße berücksichtigen Kraft wandeln (Moment erzeugen) Selbsthemmung herstellen max. Zahnkräfte beachten Handantrieb ermöglichen Drehbewegung einleiten Exzenterplanetengetriebe betätigen Handantrieb aufheben Drehbewegung blockieren Exzenterplanetengetriebe sperren Sitzlehnenverstellung durchführen Sitzlehne bewegen Sitzlehne feststellen keine Sitzlehnenverstellung durchführen HF WANN? WARUM? WIE? NF Verstell-/ Blockierfunktionen WIE? WARUM? 3.2 Haupt- und Nebenfunktionen festlegen Aus den Funktionenstrukturen wird ersichtlich, dass für die Lehnenverstellung zwei Betriebszustände maßgebend sind, und zwar - Sitzlehne bewegen, wenn der Antrieb über das Handrad erfolgt, und - Sitzlehne feststellen, wenn eine Kraft auf die Lehne wirkt und über den Abtrieb gesperrt werden soll. HF NF (1. Ordnung) Sitzlehnenverstellung durchführen Sitzlehne bewegen keine Sitzlehnenverstellung durchführen Sitzlehne feststellen Die zur Funktionenerfüllung erforderlichen Funktionen liegen somit fest und können nicht in Frage gestellt werden. Zulässig ist aber, einzelne Teile zu hinterfragen, um bei den Teilen den Vorteil der Integration wahrnehmen zu können. Anhang 2: WA-Fallstudien 159 4. Schritt: Ratioideen sammeln Ratiomaßnahmen beruhen darauf, dass mit möglichst geringen konstruktiven und fertigungstechnischen Änderungen ein Kostenziel erreicht wird. Dabei ist es meist zielführend, wenn dem Funktionsfluss im FAST-Diagramm gefolgt wird und die daran beteiligten A/ B-Teile oder Baugruppen in ihrer Ausführungsform diskutiert werden. Ideenspeicher Teil/ Baugruppe Ratioidee 1. 12 Handrad (A) 8 Stützscheibe (A) Hohles Handrad und Stützscheibe können zu einem massiven Handrad aus Kunststoff zusammengefasst werden. 2. 11 Schraube (B) 10 Scheibe (C) Schraube und Scheibe können entfallen, wenn das neue Handrad eine Press- oder Clipsverbindung erhält. 3. 1 Oberteil (A) 2 Unterteil (A) Bei einer anderen Adaption an die Sitzlehne könnten Ober- und Unterteil verkürzt werden. 4. 5 Halteblechlager (B) 3 Halteblech (A) DU-Buchse im Halteblech könnte entfallen, wenn Halteblechbohrung mit Kragenzug kalibriert wird. 5. 7 Haltering (C) 6 Haltebolzen (B) Haltering und Haltebolzen können entfallen, da die gleiche Wirkung durch eingeschnittene und ausgestellte Biegelappen erreicht werden kann. 6. 4 Exzenterbolzen (B) Exzenterbolzen wird in aufwändigen Drehoperationen hergestellt, könnte durch ein Sinter- oder Pulverschmiedeteil ersetzt werden. 7. 9 Niet (C) Nieten kann entfallen, wenn Buckelschweißen eingesetzt wird. Oft muss geprüft werden, ob es zweckmäßig ist, alle Einzelmaßnahmen sofort umzusetzen oder diese erst nach und nach einfließen zu lassen. Gegenüber dem Kunden sind somit Dispositionsmaße geschaffen worden. 5. Schritt: Ratioideen umsetzen 5.1 Umsetzbarkeit prüfen An dieser Stelle des Arbeitsplans sollte untersucht werden, ob die Summe der Ratioideen letztlich dazu führt, die Zielkosten von 2,52 €/ Stück oder eine Kostensenkung von 0,28 €/ Stück zu erreichen. Weiter ist zu klären, ob die technologischen Alternativen am Objekt umsetzbar sind. Anhang 2: WA-Fallstudien 160 Kostenersparnis abschätzen: HK/ Stück 1. Maßnahme Das alte Handrad hatte HK = 0,83 €/ Stück, das neue Handrad kostet HK = 1,00 €/ Stück Entfall der Stützscheibe +0,17 € -0,16 € 2. Maßnahme Durch konstruktive Änderungen am Handrad entfällt Schraube mit HK = 0,08 €/ Stück und Scheibe mit HK = 0,02 €/ Stück, gleichzeitig entfällt das Gewindeschneiden. -0,10 € 3. Maßnahme Verkürzung des Ober- und Unterteils wird kostenmäßig noch nicht bewertet. 4. Maßnahme Entfall der DU-Buchse im Halteblech mit HK = 0,12 €/ Stück -0,12 € 5. Maßnahme Entfall von Haltering mit HK = 0,04 €/ Stück und Haltebolzen mit HK = 0,11 €/ Stück; hinzu kommt ein Arbeitsgang für Anstellen der Biegelappen mit HK = 0,10 €/ Stück. -0,15 € +0,10 € 6. Maßnahme Die Umstellung des Exzenterbolzens auf Sintertechnik kann noch nicht bewertet werden. 7. Maßnahme Nieten mit 2 x HK = 0,04 €/ Stück wird durch Buckelschweißen mit 2 x HK = 0,02 €/ Stück ersetzt. -0,08 € +0,04 € 0,58 € Die Abschätzung zeigt, dass mit HK = 0,58 €/ Stück das Einsparpotenzial deutlich überschritten wird. Für den Zulieferanten gibt dies ein Polster gegen weitere Kostensteigerungen. Ratiobericht/ Ratiocontrolling Dieser Schritt ist unbedingt notwendig, da es letztlich darum geht, das Kostenpotenzial in der Praxis auch zu realisieren. Damit ist die Beobachtung verbunden, ob die vorgeschlagenen Maßnahmen auch zum erwünschten Erfolg führen. Anhang 2: WA-Fallstudien 161 Fallstudie 2: Quick-WA an einem PKW-Türfeststeller Neben Türscharnieren haben heutige PKWs zusätzlich noch Türfeststeller *) , die die Aufgabe haben, eine geöffnete Türe in einer Zwischenposition festzustellen, einen Endanschlag zu gewährleisten und im geschlossenen Zustand das Herandrücken in das Schloss zu unterstützen. Der Hersteller steht fast immer unter Kostendruck, weil die Automobilwerke für unterschiedliche Fahrzeuge zwar das gleiche Prinzip verlangen, aber für Kleinwagen weniger bezahlen möchten. Im vorliegenden Fall verlangt ein Abnehmer einen Preisnachlass, welches 15 % geringere Herstellkosten bedeuten. Der im Bild dargestellte Türfeststeller soll daher einer Ratiobetrachtung unterworfen werden. *) Quelle: Firma EDSCHA, Remscheid Anhang 2: WA-Fallstudien 162 1. Schritt: Aufgabe vorbereiten 1.1 Objekt auswählen, Moderator benennen, Team festlegen Da das Objekt festliegt, wird das Team aus dem WA-Moderator, zwei Konstrukteuren, einem Fertigungsplaner und einem QS-Fachmann zusammengestellt. 1.2 Einsparpotenzial abschätzen Die Herstellkosten des Türfeststellers liegen bei 4,31 €/ Stück. Die Vorgabe von 15 % bedeutet eine Kostenreduzierung von 0,65 €/ Stück. Dies ist im vorliegenden Fall nicht einfach zu erreichen, weil die Kostenstruktur nur 3,03 €/ Stück an Eigenfertigungsteilen und 1,28 €/ Stück an Kaufteilen ausweist. Ausgeschlossen werden kann, dass die Kaufteile günstiger zu beziehen sind. 1.3 Ablauf planen Da das Team sehr routiniert in der Abwandlung zu Varianten ist, werden drei Termine als ausreichend angesehen. 2. Schritt: Ausgangssituation analysieren 2.1 Zielkosten festlegen Wird die Vorgabe von 15 % Kostenreduzierung auf die HK von 4,31 €/ Stück bezogen, so besteht das Ziel, die Kosten um 0,65 €/ Stück zu senken. Bezogen auf die Eigenfertigungsteile bedeutet die Vorgabe allerdings 21,5 % Kostenreduzierung. 2.2 ABC-Analyse durchführen Teile-Nr. Stück Benennung HK Teileklasse 1 2 Rolle 0,52 B 2 2 DU-Buchse 0,12 C 3 1 Welle 0,16 C 4 1 Drehstabfeder 0,76 A 5 1 Gehäuse 0,98 A 6 1 Haltestange 1,37 A 7 2 Schrauben M6x22 0,32 B 8 2 Unterlegscheiben 0,08 C = 4,31 Analyse: 3 A-Teile mit HK-Anteil = 3,11 € (72 %) 2 B-Teile mit HK-Anteil = 0,84 € (20 %) 3 C-Teile mit HK-Anteil = 0,36 € (8 %) Anhang 2: WA-Fallstudien 163 2.3 Schwerpunkte setzen Das Ratioteam glaubt, dass die 0,65 €/ Stück an Kostensenkung mit großer Wahrscheinlichkeit aus den A-Teilen generiert werden können. 3. Schritt: Funktionsanalyse durchführen 3.1 Funktionsstruktur zeichnen Türbewegung steuern Türe bewegen Türe feststellen Türe bewegen Türe andrücken Türöffnungsweg begrenzen 3.2 Haupt- und Nebenfunktionen festlegen Türbewegung steuern Türe feststellen Türe andrücken Türöffnungsweg begrenzen HF NF 1. Ordnung NF 2. Ordnung Rastungen vorsehen Endanschlag anbringen Schließkraft erzeugen 4. Schritt: Ratioideen sammeln und bewerten Die Einschränkung bei dem Projekt ist im Wesentlichen, dass das Funktionsprinzip erhalten bleiben soll, wenn damit das Kostenziel erreicht werden kann. 4.1 Kreative Suche nach Ideen A-Teile Die Drehstabfeder ist ein Zulieferteil. Wenn die Abnahmemenge erhöht wird, kann ein zusätzlicher Rabatt von 0,07 €/ Stück erzielt werden. Die Haltestange ist das aufwändigste Teil. Hier bieten sich verschiedene Entfeinerungsstufen an: Materialstärke reduzieren, Entfall des Entgratens, Rollieren anstatt Härten etc., dies summiert sich zu einer Ersparnis von 0,23 €/ Stück. Das Gehäuse ist in dieser Form erforderlich, allenfalls kann die Oberflächenqualität zurückgenommen werden, wodurch 0,05 €/ Stück eingespart werden kann. Die Maßnahmen an den A-Teilen haben somit ein Potenzial von 0,35 €/ Stück, womit das Kostensenkungsziel noch nicht erreicht worden ist. Anhang 2: WA-Fallstudien 164 B-Teil Die Rollen sind Drehteile, die gehärtet und chromatiert werden. Durch Rollieren können bei zwei Rollen 0,04 €/ Stück eingespart werden. In diesem Zusammenhang soll einfach auf die eingesetzten DU-Buchsen mit 0,12 €/ Stück verzichtet werden. Das gesamte Kostenpotenzial liegt somit bei 0,51 €/ Stück. 4.2 Ausfiltern realisierbarer Ideen Da durch die Summe der kleinen Maßnahmen die Zielvorgabe nicht zu erreichen ist, wird als neue zu realisierende Idee ein völlig neues Haltestangenkonzept entwickelt. Lösung vorher: 1,37 € nachher: 0,49 € Formbiegeteil Stanzteil Runddraht Das neue Konzept als Formbiegeteil hat die Vorteile: - Es wird nur ein einfaches Biegeumformwerkzeug benötigt. - Das Ausgangsmaterial ist billiger. - Die Oberflächenbehandlung kann entfallen. und - Einige Vorarbeiten (entfetten, entgraten) können entfallen. 4.3 Kosten-Nutzen-Bewertung Die Kostenersparnis an der Haltestange entspricht alleine schon 0,88 €/ Stück, womit das Ziel bei gleicher Funktionalität erreicht werden ist. 5. Ratio-Ideen umsetzen In der umseitigen Skizze ist die Neuausführung des Türfeststellers dargestellt. Die neue Haltstange erfüllt hierbei die notwendige Funktionalität. Anhang 2: WA-Fallstudien 165 Konzeptskizze für Türfeststeller nach Firma EDSCHA, Remscheid Anhang 3: WA mit DFMA-Fokus 166 Anhang 3: WA mit DFMA-Fokus Fallstudie 3: Suche nach der minimalen Teilezahl Im folgenden Bild ist ein Druckregler *) dargestellt, der als Stellglied in eine Steuerung eingebaut ist und ein Ventil betätigt. Schon auf den ersten Blick scheint dies eine Konstruktionslösung zu sein mit deutlich zu vielen Einzelteilen. Gesucht ist eine Lösung, die deutlich einfacher ist. Druckminderventil 114 x 58 Sensor 48 x 32 x 16 Schraube 10 x 9 Lasche 50 x 20 x 16 Stellknopf 25 x 25 Metallbügel 114 x 77 x 51 Leiterplatte 100 x 40 x 20 Abdeckung 155 x 51 x 51 Stecker Gewindestift 3 x 12 Rohr Übersteckmutter 20 x 18 Adaptermutter 25 x 18 Erdung 150 x 8 Mutter 20 x 3 21 Teile Zuvor ist dargestellt worden, dass ein so genannter Kernfacts-Dialog automatisch zur funktional erforderlichen „minimalen Teilezahl“ führt. *) Quelle: Beispiel entstammt dem Buch von Boothroyd/ Dewhurst/ Knight: Product Design of Manufacture and Assembly. M. Dekker-Inc., New York 2002 Anhang 3: WA mit DFMA-Fokus 167 Fragenkatalog nach Prof. Boothroyd Prinzip: P1. Basisteil festlegen (ist meist notwendig und bleibt erhalten). P2. Nächstes Teil an Bauteil „an-fügen“. P3. Wenn ein zu montierendes Teil entfällt, ist das nächste Teil mit dem verbleibenden Teil zu diskutieren. P4. Bleibt ein Teil erhalten, so entwickelt sich der Fragendialog aufsteigend weiter. Vorklärungsdialog: V1. Dient das Teil nur zur Befestigung anderer Teile? JA: Teil eliminieren / NEIN: Teil bleibt zunächst erhalten V2. Dient das Teil nur zur Verbindung anderer Teile? JA: Teile direkt verbinden / NEIN: Teil bleibt zunächst erhalten Wenn ein Teil bisher erhalten bleibt, so muss es einen anderen Zweck erfüllen, dann ... Leitfragendialog: L1. Müssen sich zwei miteinander in Beziehung stehende Teile bei der Wahrnehmung ihrer Funktion relativ zueinander bewegen können? (Nur größere Bewegungen sind maßgebend - kleine Bewegungen, die durch eine elastische oder plastische Materialverformung aufgenommen werden können, genügen nicht für eine JA-Antwort.) L2. Müssen zwei miteinander in Beziehung stehende Teile aus einem anderen Material sein als die bereits montierten? (Nur fundamentale Gründe, die sich auf Materialeigenschaften beziehen, sollen als Ausschlusskriterium akzeptiert werden.) L3. Muss ein Teil vom bereits montierten Teilen getrennt sein, weil sonst die Montage oder Demontage anderer Teile unmöglich ist? Ergebnis: 3 x NEIN = Kandidat / 1 x JA = notwendiges Teil Anhang 3: WA mit DFMA-Fokus 168 Ermittlung der minimalen Teilezahl: Nr. Teile/ Prozesse Anz. N Kernfacts-Dialog minimale Teilezahl MT 1. Metallbügel 1 2. Druckminderventil 1 3. Mutter 1 4. Neuorientierung - 5. Sensor 1 6. Lasche 1 7. Schraube 2 8. Adaptermutter 1 9. Rohr 1 10. Übersteckmutter 2 11. Leiterplatte 1 12. Schraube 2 13. Erdung 1 14. Neuorientierung - 15. Stellknopf 1 16. Gewindestift 1 17. Abdeckung 1 18. Neuorientierung - 19. Schraube 3 21 Anhang 3: WA mit DFMA-Fokus 169 Mögliche Alternative für das Übungsbeispiel Druckregler *) Druckregler 114 x 58 Sensor 48 x 32 x 16 Stellknopf 25 x 25 Leiterplatte 80 x 50 x 20 Abdeckung 155 x 51 x 51 Adaptermutter 25 x 18 Mutter 20 x 3 Loch zum Entformen Gewindestift 3 x 12 8 Teile Merkmale der Lösung: Parallel zur Suche nach der „minimalen Teilezahl“ sind Ideen für eine Lösungsalternative zu entwickeln, die meist einige Teile mehr enthält. Die sich fortentwickelnde Lösungskette ist in der Regel: Ist-Zustand Ideal-Zustand Real-Zustand Im bearbeiteten Beispiel weist der Ist-Zustand 21 Teile auf. Die minimale „Funktionsteilezahl“ beträgt 5 Teile, letztlich war eine Realisierung mit 8 Teilen möglich. Reduzierungen sind fast immer möglich, wenn ein integrativeres Basisteil konzipiert wird, Befestigungen und Verbindungen vereinfacht werden und Überbrückungen (z. B. Kabel, Rohrleitungen) entfallen. *) Quelle: Boothroyd/ Dewhurst/ Knight, Dekker-Inc., New York 2002 Anhang 3: WA mit DFMA-Fokus 170 Fallstudie 4: Ölpumpe für PKW-Motor Bei VW-Fahrzeugen wurde bis 1997 eine kettengetriebene Ölpumpe eingesetzt, die separat am Motorblock befestigt war. Im Rahmen eines PDMA-Pilotprojektes wurde diese Ölpumpe als Versuchsobjekt ausgewählt und von ihrer Konzeption und ihrem Aufbau infrage gestellt. Ausgangssituation Systemlösung Kettentrieb Ölpumpe Zahnrad 2 Ölpumpe Zahnrad 1 Zahnkette Verschlussdeckel Gehäuse Bild 1: PDA-Aufgabe „Ölpumpe 1. PDA mit konzeptionellem Fokus Zielrichtung: Ist das bisher in der Serie eingesetzte Konzept verbesserungsfähig? PDA-Leitfragen: 1. Muss sich ein Teil relativ bewegen lassen? 2. Muss für dieses Teil ein anderes Material eingesetzt werden? 3. Muss es ein eigenständiges Teil sein? System/ Teile PDA-Leitfragen Bemerkung Motor Ölpumpe kpl. Zahnrad 1 Kette Zahnrad 2 Das Ergebnis der konzeptionellen Analyse ist, dass der gewählte Aufbau nicht unbedingt zweckmäßig ist, da die Antriebslösung verzichtbare Teile (insbesondere Zahnkette) enthält. Eine bessere Lösung wäre ein Direktantrieb der Ölpumpe über die Kurbelwelle. Anhang 3: WA mit DFMA-Fokus 171 Verbessertes Konzept integrierte Ölpumpe Bild 2: Konzeptverbesserung „Ölpumpe“ Bei dem Konzept der integrierten Ölpumpe entsteht natürlich eine neue Frage: Muss die Ölpumpe überhaupt ein eigenes Gehäuse haben oder kann das Motorgehäuse nicht gleichzeitig auch Ölpumpengehäuse sein? Da dieser Schritt sehr groß ist, soll er zunächst ausgeklammert werden und die Aktivitäten ausschließlich auf eine „eigenständige Ölpumpe“ gerichtet werden. 2. PDA mit Teilefokus Die Ursprungsversion der Ölpumpe besteht aus relativ vielen Einzelteilen. Eine Auflistung der Teile gibt die Tabelle 1 wieder. Um möglichst schnell zu einem Ergebnis zu kommen, soll hier auf die Analyse der Montagezeiten verzichtet und nur exemplarisch der PDA-Leitfragen-Dialog auf jedes Teil angewandt werden. Anhang 3: WA mit DFMA-Fokus 172 Nr. Teile/ Prozess Stück Leitfragen 1. / 2. / 3. Konsequenz MT 1 Pumpengehäuse 2 Pumpenrad, inneres 3 Pumpenrad, äußeres 4 Verschlussplatte 5 Befestigungsschrauben 6 Gehäusedichtung Steuerventil - Kolben - Feder 7 - Anschlag 8 Saugrohr 9 Rohrflansch 10 Metalldichtung 11 Flanschschrauben 12 Rohrhalter 13 Halterschrauben 14 Gehäuseschrauben Tabelle 1: Analyse der Ursprungsversion „Duocentricölpumpe“ Das Ergebnis der ersten Analyse ist, dass sich mit einem besseren Konzept etwa 14 Teile (= 50 %) einsparen lassen. Hierfür muss die konstruktive Gestalt aber noch erarbeitet werden. 3. PDA mit Optimierungsfokus Bei VW hat sich ein Team von sieben Mitarbeitern mit der Verbesserung der Ölpumpe beschäftigt. In einer „kleinen PDA“ lag der Schwerpunkt auf Änderungen, die möglichst schnell in die Serie einfließen sollten. Anhang 3: WA mit DFMA-Fokus 173 vor DfMA : nach DfMA : (kleiner Umfang) 2. Verschlussplatte verstemmen 1. Befestigung vereinfachen ® ® Bild 3: Ergebnis der „kleinen PDA“ / SPI97/ Wie in Bild 3 dargestellt, waren die ersten Verbesserungen wirklich klein und sind im Grunde mehr eine Ratio-Maßnahme: 1. Pumpengehäuse verkleinert, um es mit 5 Schrauben befestigen zu können (2 Schrauben entfallen) 2. Verschlussplatte mit Gehäuse verstemmen (hierdurch entfallen weitere 5 Schrauben) Mit diesen beiden Änderungen sind 7 Einzelteile von 14 möglichen Teilen eingespart worden. Seitens einer Kostenreduzierung ist dies nur ein erster kleiner Schritt. In einer sich hieraus anschließenden „großen PDA“ sollte der Bogen weiter gespannt werden, in dem tiefere Eingriffe in das Konzept zugelassen werden sollten. Die umgesetzten konstruktiven Änderungen zeigt Bild 4. Anhang 3: WA mit DFMA-Fokus 174 nach DfMA : (großer Umfang) 5. Saugleitung in Ölwanne integrieren 4. Anschlag ersetzen 3. Flachdichtung durch Formring ersetzen ® Bild 4: Ergebnis der „großen PDA“ / SPI97/ Zusätzlich zu den schon durchgeführten Maßnahmen mit den Positionen 1 und 2 konnten jetzt noch die folgenden Verbesserungen gefunden werden: 3. Ersetzen der Flachdichtung durch einen Formring, der nur den Hochdruckraum der Pumpe abdichtet 4. Anschlag des Steuerventils in das Gehäuse integrieren 5. Saugleitung bzw. Befestigung durch direkte Ölwannenabstützung realisieren. Hierdurch können relativ viele Teile entfallen Das Resümee von VW, welches von dem hier nachvollzogenen Ablauf (z. B. hinsichtlich der Teilezahlen) etwas abweicht, zeigt die folgende Tabelle 2. PDA Duocentricölpumpe vor PDA nach kleine PDA großer PDA Teilekosten/ Pumpe (% ) 100 -6,8 -19,7 Werkzeug-/ Anlagenkosten (%) 100 +57 ? Gewicht pro Pumpe (g) 1217 1081 1040 manu. Montagezeit (s) 411 -68 -142 DIA Index (%) 5,6 6,7 8,6 Teileanzahl (verschiedene) 19 18 14 Teileanzahl (absolut) 32 25 18 Aus wirtschaftlicher und technologischer Sicht war die PDA erfolgreich, da über die große Stückzahl eine merkliche Kostenreduzierung erarbeitet werden konnte. Der Aufwand an Arbeitszeit und Änderungen im Fertigungsprozess ist hiergegen als gering einzustufen. Anhang 3: WA mit DFMA-Fokus 175 Musterlösung zur Fallstudie 4 1. PDA mit konzeptionellem Fokus System/ Teile PDA-Leitfragen Bemerkung Motor kpl. Ölpumpe kpl. sind gegebene und notwendige Systeme Zahnrad 1 3 x nein! Kette 3 x nein! Zahnrad 2 3 x nein! Teile können entfallen bzw. integriert werden. Nr. Teile/ Prozess Stück Leitfragen 1. / 2. / 3. Konsequenz MT 1 Pumpengehäuse 1 - Basisteil 1 2 Pumpenrad, inneres 1 JA, NEIN, NEIN notwendiges A-Teil 1 3 Pumpenrad, äußeres 1 NEIN, NEIN, NEIN könnte integriert werden; soll aber nicht - 4 Verschlussplatte 1 JA, NEIN, JA notwendiges A-Teil 1 5 Befestigungsschrauben 5 - Befestigung kann anders erfolgen - 6 Gehäusedichtung 1 NEIN, JA, NEIN notwendiges A-Teil 1 Steuerventil JA, NEIN, JA - Kolben 1 1 - Feder 1 1 7 - Anschlag 1 muss als Subsystem vorhanden sein 1 8 Saugrohr 1 NEIN, NEIN, JA Integration schwierig 1 9 Rohrflansch 1 NEIN, NEIN, NEIN Flanschfunktion könnte integriert werden - 10 Metalldichtung 1 NEIN, JA, JA notwendiges A-Teil 1 11 Flanschschrauben 2 - Befestigung kann anders erfolgen - 12 Rohrhalter 1 NEIN, NEIN, NEIN kann anders gelöst werden - 13 Halterschrauben 2 entfallen mit Rohrhalter - 14 Gehäuseschrauben 7 wahrscheinlich notwendig, Anzahl überprüfen 5 28 14 Anhang 3: WA mit DFMA-Fokus 176 Fallstudie 5: Namensschild zur Individualerkennung In diesem Beispiel *) soll die exemplarische Einbindung von ProKon in eine Wertanalyse dargestellt werden. 1 = Grundplatte (Blech) - (28 x 12 x 7) 2 = Zwischenlage (Kunststoff) - (28 x 12 x 4) 3 = Federblech - (29 x 10 x 5) 4 = Halterung für Kunststofftasche - (60 x 13 x 7) 5 = Verschluss mit integrierter Achse (Blech) - (25 x 11 x 5) 6 = Kunststofftasche für Namensschild - (95 x 75 x 1) 5 3 1 2 4 6 vernieten verclipst 1. Schritt: Projekt vorbereiten Es mag die fiktive Situation gegeben sein, dass ein Unternehmen seit vielen Jahren Namensschilder herstellt und diese in starkem Wettbewerb vertreibt. Da am Markt keine Preiserhöhungen durchsetzbar sind, soll durch Objektvereinfachung ein Kostenpolster geschaffen werden. 2. Schritt: Ist-Situation analysieren 2.1 Objekt- und Umfeldinformationen auswerten Das Namensschild ist mit einem Verkaufspreis von 1,35 €/ Stück unter den Wettbewerbsprodukten am teuersten. Mit 6 Einzelteilen ist es auch am aufwendigsten. 2.2 Lösungsbedingte Vorgaben ermitteln Die zu findende Lösung sollte so wenig Teile wie möglich haben und mit den Ressourcen des Unternehmens herstellbar sein. *) Quelle: Norbert Binke-Unternehmensberatung, Heide Anhang 3: WA mit DFMA-Fokus 177 2.3 Funktionsverknüpfung erstellen HF (Warum? ) NF (Wie? ) 1. Ordnung NF 2. Ordnung „Namen aufnehmen“ „Namensträger befestigen“ „Verbindung herstellen“ “Person ausweisen” 2.4 Teile-/ Funktionskosten bestimmen Gewöhnlich lassen sich die Teilekosten relativ gut bestimmen. Die Zuordnung zu den Funktionskosten ist dagegen oft nicht ganz sicher. In einer WA ist dies aber erforderlich, um die Funktionskosten bewerten zu können. Funktion: “Person ausweisen“ HK [€] ABC Funktionsklasse Funktionskosten 1 Grundplatte 0,11 2 Zwischenlage 0,08 3 Federblech 0,09 Clip, komplett 5 Verschluss 0,12 NF: Namensschild befestigen 0,40 (39,6 %) 4 Halterung 0,18 NF: Verbindung herstellen 0,18 (17,8 %) 6 Kunststofftasche 0,23 HF: Namen aufnehmen 0,23 (22,7 %) Montage (ProKon) 0,20 (19,8 %) 1,01 Die drei wesentlichen Kostenbestandteile (HK) sind: Clip = 0,40 € ˆ 39,6 % (Metall), Halterung, Kunststofftasche = 0,41 € ˆ 40,5 % (Kunststoff), Montage = 0,20 €. Clip Kunststoff Montage 39,6 % 40,5 % 19,8 % Anhang 3: WA mit DFMA-Fokus 178 2.5 Montageanteil ermitteln Die Komplexität einer Lösung wird regelmäßig bei der Darstellung des Montageablaufs (nach MTM) sichtbar und ermöglicht schon erste Optimierungsmaßnahmen zu diskutieren. GRUND- PLATTE KPL. CLIP KPL. NAMENS- SCHILD KPL. 4 10 Grundplatte Zwischenlage Federblech Halterung Nieten Kunststofftasche 1 2 7 6 5 11 Clipsen 3 Verschluss 8 Biegen 9 CLIP einhängen und verclipsen 12 zusammenfassen oder entfallen Prozesse Problem Der Montageablauf wird beginnend mit dem Basisteil entwickelt. Hier wurde als Basisteil die Grundplatte gewählt. Besser wäre es gewesen, die Kunststofftasche (= HF) als Basisteil zu nehmen. Der nun sichtbare Montageaufwand kann nun bezüglich Zeit und Kosten (siehe Tabellenanhang) recht genau bewertet werden. Nr. OP- Nr. Teile und Prozesse N Greifen Fügen Prozess Werkzeug Montageeinheiten MT 1 1 Grundplatte 1 EE3=59 FA2=31 - 90 1 2 2 Zwischenlage 1 EE3=59 FC2=68 - 127 0 3 Clipsen - - - P4=50 - 50 - 4 GRUNDPLATTE, KPL. - 267 PE 3 5 Federblech 1 EE3=59 FB4=53 - 112 1 4 6 Halterung 1 EE1=48 FC1=43 - 91 0 7 Nieten - - - P6=300 40 340 - 5 8 Verschluss 1 EE2=53 FB4=53 - 106 1 9 Biegen - - - P5=50 40 90 - 10 CLIP, KPL. - 739 PE 6 11 Kunststofftasche 1 EF1=64 FA1=6 - 70 1 12 CLIP verclipsen - - - P4=50 - 50 - 120 PE NAMENSSCHILD, KPL. 6 1.126 PE 47,3 Sek. 4 Anhang 3: WA mit DFMA-Fokus 179 Annahme der Zeitermittlung ist eine sitzende Montage (1 PE 0,042 Sek.). Nimmt man weiter an, dass der Brutto-Stundenlohn der Montagearbeitskraft bei 15,-€/ Stunde. liegt, so ergeben sich als Montagekosten MK = 0,20 €/ Stück. 3. Schritt: Soll-Zustand beschreiben 3.1 Informationen auswerten Zu Anfang ist festgestellt worden, dass die vorliegende Ist-Lösung mit 6 Einzelteilen zu aufwendig ist. Im Teilschritt 2.5 ist des Weiteren der Hinweis gegeben worden, dass die theoretische Mindestteilezahl für die gegebene Funktionalität bei 4 Teilen (Basisteil sei Grundplatte) liegt. Diese Aussage wurde durch Anwendung des „Leitfragen-Dialogs“ gewonnen: L1: Müssen sich die Teile zueinander bewegen lassen? L2: Müssen die Teile aus einem anderen Material sein? L3: Müssen die Teile unbedingt getrennt sein? (Weil sonst andere Teile nicht montierbar sind! ) Als wesentliches Teil könnte die Halterung (stellt Verbindung her) entfallen, welches ein Potenzial von HK = 0,18 € bzw. 17,5 % hat. 3.2 Lösungsbedingte Vorgaben festlegen Das neu zu beschaffende Objekt sollte möglichst wenig Teile haben. Das heißt, die Verbindung zwischen Namensschild und Clips sowie die vorhandenen Zwischenlagen sollten entfallen. Die sich anbietende Lösung ist zwar einfacher und kostengünstiger, hat jedoch die gleiche Teilezahl. 1 = Grundplatte (Blech) - (38 x 12 x 7) 2 = Feder - (10 x 6 x 6) 3 = Klemme (Blech) - (25 x 12 x 7) 4 = Achse (Niet) - (15 x 3) 5 = Rohrniet - (6 x 8) 6 = Kunststofftasche für Namensschild - (95 x 75 x 1) 3 4 2 5 6 1 Anhang 3: WA mit DFMA-Fokus 180 3.3 Soll-Funktion ausweisen Die Aufgabe des Namensschildes würde auch erfüllt, wenn es ein Trägerteil für den anzuzeigenden Namen und eine Befestigungsmöglichkeit an ein Kleidungsstück gäbe. HF ( Warum? ) NF (Wie? ) „Namen aufnehmen“ „Person ausweisen“ „Namensträger befestigen“ 4. Schritt: Lösungsideen entwickeln 4.1 Vorhandene Ideen sammeln In der Praxis kann es sinnvoll sein, für die Weiterentwicklung eines Produktes einen Ideenspeicher anzulegen, um bei einer Überarbeitung möglichst viele Ideen umsetzen zu können. 4.2 Neue Ideen entwickeln Zuvor ist im Teilschritt 3.1 die theoretisch minimale Teilezahl durch Anwendung des Leitfragen-Dialogs offen gelegt worden. Besteht aber ein großer Anteil der Funktionalität eines Objektes aus „Befestigen und Verbinden“, so ist es zielführender, schon zu Anfang einen „Vorklärungs-Dialog“ zu starten: V1: Dienen Teile nur zum Zweck der Befestigung anderer Teile? Ja: Befestigung vereinfach, d. h. Teile entfallen Nein: Teile bleiben zunächst erhalten. V2: Dienen Teile nur zur Verbindung anderer Teile? Ja: Teile direkt verbinden Nein: Teile bleiben zunächst erhalten Nach Führung dieses Dialogs muss überlegt werden, wie das Namensschild direkt an der Kleidung von Personen angebracht werden kann. Da mechanische Verbindungen ausfallen, bleiben als Befestigungsmöglichkeiten nur noch das Kleben und das Stecken. Anhang 3: WA mit DFMA-Fokus 181 Namensschild Kante verschmolzen zum Beibehalten der Form Papierstreifen Selbstklebe- Etikett Klebelösung Kunststofftasche für Namensschild mit Lasche zum Einstecken in die Tasche bedruckbares und selbstklebendes Etikett 4.3 Kosten der Ideen ermitteln Beide Minimallösungen sind kostenmäßig kaum noch zu unterbieten und erfüllen die vorgegebene Hauptfunktion. Die Situation stellt sich wie folgt dar: Die Etikett-Lösung liegt bei HK = 0,02 €/ Stück. und Die Einstecklösung als warmgeformtes Kunststoffteil für ein aufklebbares Namensschild (Etikett-Lösung) liegt bei HK = 0,18 €/ Stück. 5. Schritt: Konzepte festlegen 5.1 Bewertungskriterien festlegen Die Auswahl einer Lösung sollte möglichst nicht intuitiv erfolgen, sondern auf nachprüfbaren Kriterien beruhen. Diese Kriterien müssen sich aus der gestellten Aufgabe ableiten lassen. Beispielsweise mögen die folgenden Kriterien vorgegeben sein: Bewertungskriterien Etikett Einsteckschild 1. An alle Kleidungsstücke anbringbar JA NEIN 2. Bei Frauen und Männern benutzbar JA NEIN 3. Wenig Einzelteile JA + JA 4. Geringe HKs JA + JA Anhang 3: WA mit DFMA-Fokus 182 5.2 Lösungsideen bewerten Für die Filterung von Lösungen gibt es in der Nutzwertanalyse (Punkteskala von 0 bis 10) und in der VDI-Richtlinie 2225 (Punkteskala von 0 bis 4) sehr detaillierte Bewertungsansätze. Wertskala Nutzwertanalyse VDI-R 2225 Pkt. Bedeutung Pkt. Bedeutung 0 absolut unbrauchbare Lösung 1 sehr mangelhafte Lösung 0 unbefriedigend 2 schwache Lösung 3 tragbare Lösung 1 gerade noch tragbar 4 ausreichende Lösung 5 befriedigende Lösung 2 ausreichend 6 gute Lösung mit geringen Mängeln 7 gute Lösung 3 gut 8 sehr gute Lösung 9 über die Zielvorstellung hinausgehende Lösung 10 Ideallösung 4 sehr gut (ideal) Vorstehend wurde im Teilschritt 5.1 nur sehr grob nach attributiven Merkmalen (JA/ NEIN, GUT/ SCHLECHT etc.) bewertet. 5.3 Ideen zu Lösungsansätzen verdichten und darstellen ist bereits erfolgt - 5.4 Lösungsansätze bewerten ist bereits erfolgt - 5.5 Lösung ausarbeiten ist weitestgehend schon erfolgt - 5.6 Entscheidungsvorlage erstellen ist mit der Etikett-Lösung schon erfolgt - ´ Anhang 3: WA mit DFMA-Fokus 183 5.7 Entscheidung herbeiführen Diese Entscheidung zur Umsetzung muss durch die Leitungsebene eines Unternehmens anhand der Funktionalität und der Kosten erfolgen. 6. Schritt: Ein Konzept verwirklichen In diesem Grundschritt geht es um die organisatorische und praktische Realisierung einer Lösung, d. h. von der positiven Entscheidung, über die Produktion bis zum Markteintritt. Anhang 3: WA mit DFMA-Fokus 184 Fallstudie 6: Türhaltegriff für PKWs Ein Automobilhersteller verbaut im Jahr als Standardteile ca. 5. Mio. Haltegriffe. Diese kauft er bei einem Zulieferanten für 3,75 €/ Stück ein. Im Rahmen eines Kostensenkungsprogramms ist der Automobilhersteller nur noch bereit, 3,00 €/ Stück für einen Haltegriff zu bezahlen. Zu diesem Preis akzeptiert er auch Einschränkungen der Funktionalität, d. h., die Klapp- und Versenkungsfunktion steht zur Disposition. 1. Schritt: Projekt vorbereiten Derzeit besteht der Haltegriff aus 14 Einzelteilen und wird an Bändern von Werkern manuell montiert. Alleine hierdurch ergeben sich Herstellkosten von 3,40 €/ Stück sowie 0,05 €/ Stück an Logistik- und Transportkosten. Um überhaupt noch einen Gewinn erzielen zu können, soll mit einer WA versucht werden, die HKs um 1,00 €/ Stück zu reduzieren. Damit ergeben sich Zielkosten von 2,40 €/ Stück. links rechts Flachblenden (20 x 18 x 2) Hülsen (17 x 16) Lager Dämpfer (14 x 12) Lager (36 x 30 x 25) Feder (17 x 8) Rundblende (17 x 10) Griff Schrauben M4 x 30 Stifte (40 x 3) 190 25 65 2. Schritt: Ist-Situation analysieren 2.1 Objekt- und Umfeldinformationen auswerten Im Kostensenkungsprogramm des OEMs wird auch die Montage des Haltegriffs in Frage gestellt. In der Vergangenheit bestand das Problem, dass man die nötige Befestigung nicht toleranzgerecht in den Dachholm bekam. Aus diesem Grund wird in einer Ausprägung im Dachholm eine Platte eingeschweißt und an dieser dann der Haltegriff befestigt. Anhang 3: WA mit DFMA-Fokus 185 Montagesituation des Haltegriffs (VW-T5) Dachholm Platte Lasernaht Griff M4 x 30 Positionierhilfe 2.2 Lösungsbedingte Vorgaben Die bisherige Funktionalität soll bei der WA den Kosten untergeordnet sein. Insofern bestehen alle Freiheiten bei der Ausarbeitung eines neuen Konzeptes. 2.3 Funktionsverknüpfung erstellen Mithilfe eines FAST-Diagramms lassen sich wieder einfach die funktionellen Verknüpfungen sichtbar machen. Objekt versenkbar Rückstellfeder vorgesehen Objekt greifen Objekt herausklappen Objekt loslassen Kraft aufbringen Objekt einklappen Objekt aktivieren Haltegriff-Funktionen NF (1. Ordnung) HF Rückstellung gedämpft Objekt deaktivieren NF (1. Ordnung) Objekt demontierbar Festhalten zulassen Ausstieg unterstützen ÜF WANN? WIE? WARUM? Anhang 3: WA mit DFMA-Fokus 186 Bereits in diesem Diagramm können einzelne technische Realisierungen in Frage stellt werden, wodurch sich eine einfache Funktions- und auch Produktstruktur ergeben würde. 2.4 Teile-/ Funktionskosten ermitteln Der vorliegende Ist-Zustand des Serienhaltegriffs weist 16 Einzelteile auf, welches für so ein einfaches Teil erfahrungsgemäß zu viel ist. Aus der Kostenanalyse sind die Kostentreiber zu lokalisieren. Funktionsklasse Nr. N Benennung HK ABC HF NF 1 1 Griff 0,80 A 2 1 Lager, rechts 0,50 A 3 1 Lager, links 0,50 A 4 1 Blende, rechts 0,15 B 5 1 Blende, links 0,15 B 6 2 Hülse 0,12 C 7 2 Stifte 0,04 C 8 1 Feder 0,20 B 9 1 Rundblende 0,08 C 10 1 Dämpfung 0,25 B 11 2 Schraube 0,10 C 14 HK-Teile 2,93 HK-Montage 0,45 HK 3,38 Zielkosten: 2,40 €/ Stück In diesen Kosten ist aber noch nicht der Aufwand des OEMs enthalten, der Vorkehrungen für die Befestigung des Haltegriffs treffen und den Haltegriff mit der Karosserie verbinden muss. 2.5 Montageanteil ermitteln Die Erfahrung zeigt, dass ein Konstrukteur für die Teile- und Systemkomplexität sensibel wird, wenn er den (Hand-)Montageablauf einmal selbst durchgespielt hat. Meist sind Teile, die mit der Hand schwierig zu montieren sind, auch mit Automaten oder Robotern schwierig zu montieren. Nachfolgend ist noch einmal ein Montagediagramm mit der MTM-Symbolik aufgezeichnet. Anhang 3: WA mit DFMA-Fokus 187 LAGER, RECHTS KPL. HALTEGRIFF KPL. 7 13 Hülse Blende, links Lager, rechts Dämpfung Hülse LAGER, LINKS mit Stift verbinden Clipsen Blende, rechts Clipsen zusammenfassen oder entfallen Prozesse Lager, links Feder 1 2 Rundblende 3 Griff LAGER, RECHTS mit Stift verbinden 4 5 6 8 9 10 11 12 14 15 16 17 Die Montage ist so strukturiert, dass zwei Vormontage-Baugruppen (Lager links/ Lager rechts) hergestellt und diese mit dem Griff zu einem kompletten Haltegriff verbunden werden. Hierzu sind 17 Operationen notwendig, welches ebenfalls viel erscheint. Sinn des Montagediagramms ist auch zu erkennen, welche Teile und Operationen unnötig sind, d. h. entfallen oder zusammengefasst werden können. Auch sollten mögliche Schwierigkeiten bei der Montage erkannt werden, um im Vorfeld nach anderen Lösungen suchen zu können. Die Kosten der Montage sind in der folgenden Tabelle aufgelistet. Zu diskutieren ist in der Tabelle noch der Problemkreis der „minimalen Teilezahl (MT)“, aus der eine technische Ideallösung zu generieren ist. Anhang 3: WA mit DFMA-Fokus 188 Nr. OP- Nr. Teile und Prozesse N Greifen Fügen Prozess Werkzeug Montageeinheiten MT 1 1 Lager, links 1 EF1=64 FA3=17 - - 81 8 2 Feder 1 EA2=44 FB3=27 - - 71 9 3 Rundblende 1 EA2=44 FC3=54 - - 98 6 4 Hülse 1 EA2=44 FC5=66 P8=300 - 410 5 5 Blende, links 1 EF2=70 FB4=53 - - 123 7 6 Clipsen - - - P1=50 - 50 7 LAGER, LINKS KPL. - 833 PE 3 8 Lager, rechts 1 EF1=64 FA3=17 - - 81 10 9 Dämpfer 1 EA4=55 FB4=53 - - 108 6 10 Hülse 1 EA2=44 FC5=66 P8=300 - 410 4 11 Blende, rechts 1 EF2=70 FB4=53 - - 123 7 12 Clipsen - - - P1=50 - 50 13 LAGER, RECHTS KPL. - 772 PE 1 14 Griff 1 EF1=64 FA1=6 - - 70 7 15 Stift verbinden 1 EA1=39 FC7=78 P8=300 40 457 7 16 Stift verbinden 1 EA1=39 FC7=78 P8=300 40 457 17 HALTEGRIFF KPL. 12 2.589 PE - Schraube 2 108,73 Sek. Bei Annahme einer sitzenden Montage (1 PE 0,042 Sek.) würde bei einem Brutto- Stundenlohn einer Montagearbeitskraft von 15,- €/ Stunde als Montagekosten etwa 0,45 €/ Stück anfallen. Es soll weiter abgeschätzt werden, welche Montagekosten am Montageband des Automobilherstellers anfallen. Der Haltegriff ist auf Paletten geordnet magaziniert; diese befinden sich etwa 1 m vom Montageort entfernt. Hierfür können als Akquisitionszeit etwa 2,5 Sek. angesetzt werden. Der Montageort wird vorbereitet, in dem eine Platte (210 x 40 x 2) am Dachholm mittels Laserschweißen eingepasst wird. Mit der angeschweißten Platte wird der Haltegriff verschraubt. Nr. OP- Nr. Teile und Prozesse N Greifen Fügen Prozess Werkzeug Montageeinheiten MT - 18 Platte 1 EE1=48 FB3=27 P10=150 40 265 - 19 Haltegriff 1 EF1=64 FA4=42 - - 106 11 20 Schrauben 2 ED1=44 FC3=54 P3=150 40 288 4 659 PE 31,6 Sek. Anhang 3: WA mit DFMA-Fokus 189 Ein Automobilhersteller rechnet durchschnittlich mit 60,- €/ Stunde für Montage am Band. Die Montage des Haltegriffs würde danach etwa 0,53 €/ Stück kosten, was gerade noch akzeptabel wäre. Erwünscht ist aber, auch diesen Montageschritt zu vereinfachen. 3. Schritt: Soll-Zustand beschreiben 3.1 Vorinformationen auswerten Unter den Wettbewerbslösungen ist der betrachtete Haltegriff der aufwändigste. Die gewünschte Herstellkostenreduzierung von 29 % wird mit Sicherheit nicht durch Feinanpassungen zu erzielen sein. Für das Objekt ist daher ein neues Konzept zu finden, welches auch die Endmontage vereinfacht. 3.2 Lösungsbedingte Vorgaben festlegen Die Funktion, die der OEM an den Haltegriff stellt, ist einer „Person soll beim Ein- und Aussteigen“ eine Unterstützung gegeben werden. Dazu wird verlangt, dass der Haltegriff eine Kraft von 1.000 N aufnehmen sollte. Da Beschädigungen nicht auszuschließen sind, soll ein einfacher Austausch im Fahrzeug möglich sein. Weitere Forderungen werden nicht gestellt. 3.3 Lösungsbedingte Vorgaben festlegen Vorstehend ist schon die gewünschte Funktionalität umschrieben worden. Damit verbleibt noch die Hauptfunktion und die Nebenfunktionen zu definieren. HF (Warum? ) NF (Wie? ) Festhalten unterstützen Kraftaufnahme gewährleisten Kraftübertragung sicherstellen Ein-/ Ausbau zulassen 4. Schritt: Lösungsideen entwickeln 4.1 Vorhandene Ideen sammeln (Im vorliegenden Fall sind keine neuen Ideen im Ideenspeicher.) Anhang 3: WA mit DFMA-Fokus 190 4.2 Neue Ideen entwickeln In diesem Teilschritt ist es notwendig, möglichst viele neue, aber tragfähige Ideen zu finden. Hierfür eignet sich bekanntlich der „morphologische Kasten“, der jetzt auch exemplarisch angewandt werden soll. Lösung Funktion Kraftaufnahme Kraftübertragung Ein-/ Ausbau 1 2 ... Griff direkt Schrauben Schlaufe Lager Clipsen ... ... ... Lösung 1 Lösung 2 n Vertiefung in Karosserie mit Griffschale Pressen Lösung 3 Durch Verknüpfen von Teillösungen können sofort mehrere Lösungen kreiert werden, z. B. Lösung 1: Griff, ohne Lager, durch Clipsen befestigen Lösung 2: Schlaufe, mit einem Lager, durch Clipsen befestigen Lösung 3: Griffschale, in Karosserie eingepresst 4.3 Kosten der Ideen ermitteln In der Praxis werden meist Lösungen vorliegen, die mehr oder weniger komplex sind. Ein hieraus abgeleiteter WA-Vorschlag sollte sich auf einer realistischen Kostenabschätzung abstützen. Im vorliegenden Fall ist aus Vereinfachungsgründen nur eine Rangung vorgenommen worden. Anhang 3: WA mit DFMA-Fokus 191 Kosten Lösung 3: “Griffschale” Lösung 2: “Schlaufe” Lösung 1: “Handgriff” 100 % 400 % 300 % 5. Schritt: Konzepte festlegen 5.1 Bewertungskriterien festlegen Für die Auswahl einer Lösung sollen hier vor allem haptische Eigenschaften und das Erscheinungsbild maßgebend sein. Aus diesem Grunde hat sich das WA-Team für die „Lösung 1“ entschieden. 6. Schritt: Ein Konzept verwirklichen Die „Lösung 1“ soll im Weiteren verwirklicht werden. Hierbei wird der Kompromiss eingegangen, dass es sich um einen „starren“ Haltegriff handelt. Anhang 3: WA mit DFMA-Fokus 192 Fallstudie 7: Anwendung von Kreativitätstechniken In der kreativen Phase greift man sehr gerne zum „freien Gedankensturm“, wozu die allseits beliebte Brainstorming-Methode gezählt wird. Hierbei ist erwünscht, dass in einem möglichst großen Suchraum nach neuen Ideen Ausschau gehalten wird. In vielen Fällen ist dies aber realitätsfremd, da meist Einschränkungen bezüglich der verfügbaren Ressourcen bestehen. Die kreative Denktechnik ASIT *) (Advanced Structurized Inventive Thinking) berücksichtigt diese Situation. Das Prinzip ist, eine geschlossene Welt mit ihren Ressourcen zu definieren, wobei es im Problemlösungsprozess aber „verboten“ ist, Neues hinzufügen. Die fiktive Aufgabenstellung sei: Eine normale Schraube soll in einer Wand (aus Gasbetonsteinen) befestigt werden, um einfache Gegenstände tragen zu können. (Ein Bohrer sei nicht verfügbar und ein Dübel unbekannt.). Intention des Beispiels: Der Leser soll die Idee hinter ASIT kennen lernen und die vier Techniken einüben. geschlossene Problemwelt Bild 1: Problemsituation einer Schraubenbefestigung Zur geschlossenen Welt gehören: die Wand, eine Schraube und ein Schraubwerkzeug. 1. Anwendung der Vereinheitlichungstechnik „Ein Problem muss mit den verfügbaren Ressourcen der Problemwelt gelöst werden. Die vorhandenen Objekte müssen dann weitere notwendige Funktionen erfüllen“. Beispielsweise ist die Schraube so zu modifizieren, dass sie über einen abgestuften Bohr- und Schraubschaft verfügt. *) Anmerkung: ASIT nach R. Horowitz Anhang 3: WA mit DFMA-Fokus 193 Bild 2: Schraube mit Bohr- und Befestigungsfunktion 2. Anwendung der Vervielfältigungstechnik „Ein Problem muss mit den verfügbaren Ressourcen der Problemwelt gelöst werden, in dem ein Objekt dupliziert wird. Die Duplizierung kann ohne oder mit Objektveränderungen erfolgen“. Beispielweise ist die Schraube so zu modifizieren, dass ein Prinzip „Schraube in Schraube“ realisiert wird. Unterschiedliche Reibzustände können hierbei durch abgestufte Steigungen erzeugt werden. Bild 3: Prinzip äußere Schraubenhülse/ innere Schraube 3. Anwendung der Teilungstechnik „Ein Problem muss mit den verfügbaren Ressourcen der Problemwelt gelöst werden, in dem das als Einheit erscheinende Objekt aufgebrochen und neu arrangiert wird“. Anhang 3: WA mit DFMA-Fokus 194 Beispielsweise ist die Schraube so zu modifizieren, dass eine äußere selbstschneidende Gewindehülse geschaffen wird, in die ein Stift rastend eingeführt werden kann. Bild 4: Prinzip einer Schneidhülse mit innerem Raststift 4. Anwendung der Aufbrechungstechnik „Ein Problem muss mit den verfügbaren Ressourcen der Problemwelt gelöst werden, in dem bestehende Einheiten oder Symmetrien aufgebrochen werden“. Bild 5: Schraube mit verschiedenen Gewindezonen zum Schneiden und Befestigen Anhang 4: Tabellenanhang 195 Anhang 4: Tabellenanhang A. Zu MTM - PROKON 1 Abschätzung der Montagezeiten in „Aufwandspunkten (PEs)“ *) A1. Greifen und Vorrichten mit einer Hand einfach greifen schwierig greifen Greifen Vorrichten Bringen Abmessung >25x25x25 (mm) Abmessung 25x25x25 (mm) Abmessung >25x25x25 (mm) Abmessung 25x25x25 (mm) besondere Schwierigkeit Code 1 2 3 4 5 EA 39 44 50 55 95 EB 42 48 53 59 99 Vorrichten Längsachse EC 43 49 55 60 100 ED 44 50 55 61 101 EE 48 53 59 64 104 Vorrichten Längs- und Querachse EF 64 70 75 77 122 A2. Greifen und Vorrichten mit zwei Händen Teilegewicht 2 daN (2 kg) Teilegewicht > 2 daN (2 kg) Greifen Vorrichten Bringen einfach greifen schwierig greifen einfach greifen schwierig greifen Code 1 2 3 4 ohne Vorrichten ZA 44 55 64 76 mit Vorrichten ZB 62 73 84 95 A3. Greifen und Vorrichten mit Greifwerkzeug einfach greifen schwierig greifen Greifen Vorrichten Bringen Code 1 2 ohne Vorrichten GA 82 116 mit Vorrichten GB 96 130 *) Quelle: Deutsche MTM-Gesellschaft, Stuttgart Anhang 4: Tabellenanhang 196 A4. Fügen ohne Behinderung im Raum/ Blickfeld mit Behinderung im Raum/ Blickfeld Fügen ohne Festhalten mit Festhalten ohne Festhalten mit Festhalten Anzahl Fügestellen eine zwei eine zwei eine zwei eine zwei Füge- Toleranz Code 1 2 3 4 5 6 7 8 lose FA 6 31 17 42 29 54 40 66 eng FB 16 42 27 53 40 65 51 76 fest FC 43 68 54 80 66 92 78 103 A5. Prozesse Prozess Code PE Clipsen P1 50 mit Hand andrehen P1 50 Schraube mit Hand festziehen P2 300 mit E-Werkzeug festziehen P3 150 Klappen, Türen, Deckel öffnen und schließen P4 50 Klemmen bzw. Kanten P5 150 Biegen P5 50 Nieten P6 300 Stift/ Bolzen einschlagen P7 100 Einpressen von Teilen P8 350 2 cm 100 P9 150 Medium auftragen 2 cm 100 P9 300 Punktschweißen P10 100 Schweißen von Teilen Nahtschweißen von Hand P10 300 Laserschweißen Buckelschweißen P10 150 Anmerkung.: Zusätzlich ist jede Werkzeugakquisition mit PE = 40 zu berücksichtigen. ______________________________ Anmerkung: 1lb (pound) = 0,4536 kg, 1in (inch) = 25,4 mm, 1 Time-Measurement-Unit (TMU) = 0,036 Sek. 1 PE (PROKON-Einheit) 0,048 Sek. (stehende Montage) 0,042 Sek. (sitzende Montage) Anhang 4: Tabellenanhang 197 B. Zu MTM - PROKON 2 Abschätzung der Montagezeit mittels 13 Montageerschwernisse *) . Analyseblatt Montage Ist / Ideal / Real Prof.Dr. B.Klein Universität Kassel Baugruppe/ Modul: Grundwert Montage-Erschwernisse SE-Team: Gewicht+ 1. Fügestelle Anzahlder Fügestellen mit Behinderung Prozess Montagefolge: < 8 daN > 8 daN Hauptabmessung > 300 x 300 mm Teile-Dimension > 800 mm = 2 = 3 > 3 der Sicht im Raum falsche Einbaulage möglich mit Festhalten Nachrichten beim Fügen ohne Positionierhilfen Änderung Füge-/ Befestigungsrichtung pro Achse (x, y, z) Justage/ Prüfen P1 P2 P3 Pi Anzahl der verwendeten Werkzeuge min. Teilezahl Abdeckkappe 1 1 1 1 1 1 Maschinenschrauben 4 4 4 4 Schraubenwerkzeug 1 Häufigkeit 5 1 1 1 5 1 5 4 1 WichtungswertinPE 40 55 10 100 10 15 40 15 35 15 20 10 40 20 100 50 300 150 40 Gesamt 200 10 10 15 100 40 200 600 40 Gesamtwert *) inPE: 1.215 GesamtwertinZeit: 58,32Sek. Grundregeln GR 1: Alle Einzelteile und Baugruppen müssen nacheinander bewertet werden. GR 2: Mögliche arbeitsgestalterische Maßnahmen werden nicht berücksichtigt. GR 3: Ist für die Montage eines Bauteils mehr als ein Mitarbeiter notwendig, so muss dies als „Häufigkeit“ gewichtet werden. Interpretation der zu erfassenden Montageerschwernisse nach MTM 1. Grundwert: Der „Grundwert“ wird für jedes Teil vergeben und bewertet konstruktive Merkmale, wie Geometrie, Gewicht und (erste) Fügestelle. Damit ist die Montageeignung vorbewertet. 2. Hauptabmessungen: „Die Grenzwerte > 300 x 300 mm definieren die Abmessungen eines Teils, ab denen das Fügen erschwert wird“. 3. Teiledimension: „Die längste Dimension > 800 mm gibt einen Hinweis auf ein besonders aufwändiges Teilehandling“. *) Quelle: Deutsche MTM-Gesellschaft, Stuttgart Anhang 4: Tabellenanhang 198 4. Anzahl der Fügestellen: „Die Fügestellenanzahl beschreibt die durch die Konstruktion vorgegebene Anzahl von Stellen, an die das Teil anbzw. eingefügt *) werden muss, um die endgültige Position zu erreichen“. Bewertungsregeln: Eine Fügestelle ist bereits mit dem Grundwert erfasst. Muss ein starres Teil an 2 Fügestellen, deren Abstand 100 mm ist, (an-/ ein-)gefügt werden, so ist zusätzlich zum Grundwert noch ein Nachrichten zu berücksichtigen. Bei einem flexiblen Teil (Kabel, Dichtung etc.) ist zum Grundwert stets noch eine 2. Fügestelle zu berücksichtigen. Wenn ein Teil von Hand über eine große Fügetiefe geführt werden muss, so ist mit P1 ein zusätzlicher Prozess zu bewerten. Falls ein zu montierendes Teil an mehreren Fügestellen neu aufgenommen und fixiert werden muss, um die anderen Stellen fügen zu können, dann muss je Fixierpunkt ein Grundwert und die anderen Fügestellen mit ihrer Häufigkeit bewertet werden. eine Fügestelle zwei Fügestellen mehrere Fügestellen 5. Behinderung: „Mit Behinderung ist ein Vorgang einzustufen, bei dem eingeschränkte Sicht oder Raumverhältnisse vorliegen“. Bewertungsregeln: Wenn eine Behinderung in Sicht oder Raum gegeben ist, wird dies mit der Häufigkeit 1 bewertet. Ist hingegen eine Behinderung in Sicht und Raum gegeben, müssen beide Arten mit der Häufigkeit 1 bewertet werden. Werden alle Fügestellen durch das zu positionierende Teil verdeckt, so ist nur eine Behinderung in der Sicht zu bewerten. 6. Einbaulage: „Eine falsche Einbaulage bezieht sich auf einen Montagevorgang, bei dem ein Teil oder Modul in mehr als einer Einbaulage gefügt werden kann, aber nur eine Einbaulage richtig ist“. 7. Festhalten: „Mit Festhalten bewertet man einen Montagevorgang, bei dem das zu fügende Teil bzw. der Modul nach dem Fügen noch keine stabile Lage hat“. Meist wird die endgültige Lage erst durch das nachfolgende Fügen von Schrauben hergestellt, sodass erst danach losgelassen werden kann. mit Festhalten *) Anmerkung: „An-Fügen“ (Fläche auf Fläche), „Ein-Fügen“ (Welle in Loch) Anhang 4: Tabellenanhang 199 8. Nachrichten: „Nachrichten beim Fügen bewertet einen Montagevorgang, wenn die an der Fügestelle konstruktiv vorgesehenen Positionier- und Fügehilfen noch zusätzliche Nachricht- und Korrekturbewegungen notwendig machen“. Unter Nachrichten werden Maßnahmen verstanden, die erforderlich sind, um ein Teil in seine endgültigen Position zu bringen. Ursachen sind meist nicht ausreichend konstruktiv gestaltete Positionier- und Fügehilfen. Nachrichten beim Fügen 9. Positionierhilfen: „Ohne Positionierhilfen bewertet man einen Montagevorgang, bei dem weder am Teil noch an der Fügestelle Positionierhilfen, z. B. Anschläge oder Führungen, vorhanden sind“. ohne Positionierhilfe mit Positionierhilfe 10. Änderung der Füge-/ Befestigungsrichtung: „Änderung der Fügerichtung während eines Fügevorganges wird dann erforderlich, wenn ein Teil in mehr als einer Fügerichtung entlang einer definierten Fügeachse gefügt werden muss“. x z Änderung der Fügerichtung 11. Justagen/ Prüfungen: „Justagen und Prüfungen beschreiben (konstruktiv bedingte) Vorgänge, die vor der Ausführung der nachfolgenden Aktivitäten zwingend erforderlich sind“. Bewertungsregeln: Macht ein abgeschlossener Fügevorgang durch große Toleranzen eine visuelle oder Prüfung von Hand notwendig und ist damit ein zusätzliches Ausrichten verbunden, so muss weiter Justage/ Prüfung bewertet werden. In der Bewertung Justage/ Prüfung sind auch Einstellarbeiten einzuordnen. 12. Prozesse: „Prozesse sind alle Vorgänge, die eine Befestigung oder Verbindung bewirken.“ Anmerkung: Während dieser Phase entsteht eine Wartezeit, in der keine andere (manuelle) Tätigkeit durchgeführt werden kann. Prozesse werden gemäß ihrer Erschwernisklasse in P1, P2 und P3 eingeordnet. Anhang 4: Tabellenanhang 200 13. Anzahl verwendeter Werkzeuge: „Wenn in Montagen verschiedene Werkzeuge zu benutzen sind, so ist deren Anzahl durch eine Häufigkeit zu erfassen“. Eingeschlossen in diese Bewertung sind auch Werkzeugwechsel (z. B. Bohrerwechsel, Schraubennuss oder Ähnliches). 14. Minimale Teilezahl: Für die Realisierung einer Funktion sollten so wenig Einzelteile wie möglich herangezogen werden. Die Teilezahlminimierung lässt sich durch konsequente Anwendung der Boothroyd-Fragen / BOO02/ erreichen. 1. Dient das Teil nur zur anderer Teile? Befestigung ja Teil sollte möglichst entfallen! 2. Dient das Teil nur zur anderer Teile? Verbindung Wenn Teil bisher erhalten bleibt, erfüllt es einen anderen Zweck. ja Teil sollte möglichst entfallen! 3. Muss sich das Teil zu einem anderen Teil relativ bewegen können? nein nein nein 4. Muss das Teil aus einem anderen Material be- stehen? nein ja 5. Muss das Teil von bereits montierten Teilen ge- trennt sein, weil sonst die Montage/ Demontage anderer Teile unmöglich wird? nein ja ja Teil ist wichtig und bleibt erhalten. Teil sollte möglichst entfallen! Literatur 201 Literatur Fachbücher / BOO02/ Boothroyd, G.; Dewhurst, P.; Knight, W.: Product Design for Manufacture and Assembly Dekker-Verlag, New York 2002 / BRO06/ Bronner, A.; Herr, S.: Vereinfachte Wertanalyse Springer-Verlag, 4. Auflage, Berlin 2006 / BUG95/ Buggert, W.; Wielpütz, A.: Target Costing - Grundlagen und Umsetzung des Zielkostenmanagements Hanser-Verlag, München 1995 / CAM94/ Camp, R. C.: Benchmarking Hanser-Verlag, München 1994 / EHR85/ Ehrlenspiel, K.: Kostengünstig konstruieren Springer-Verlag, Berlin 1985 / EHR00/ Ehrlenspiel, K.; Kiewert, A.; Lindemann, U.: Kostengünstig entwickeln und konstruieren Springer-Verlag, 3.Auflage, Berlin 2000 / HÄN95/ Händel, S.: Wertanalyse - Ein Weg zu besseren Betriebsergebnissen VDI-Verlag, Düsseldorf, T 75, 1995 / JOO07/ Joos, M.: Neukonstruktion einer flexiblen Greifhand Diplomarbeit, Hochschule Albstadt-Sigmaringen, 2007 / KAI17a/ Kairies, P.: Professionelles Produktmanagement für die Investitionsgüterindustrie Expert-Verlag, Renningen, 11. Auflage, 2017 / KAI17b/ Kairies, P.: So analysieren Sie Ihre Konkurrenz Expert-Verlag, Renningen, 10. Auflage, 2017 / KAN92/ Kaniowsky, H.; Gasthuber, H.: Das Arbeiten mit Wertanalyse Wirtschaftsförderungsinstitut, Band 220, 2. Auflage, Wien 1992 / KLE02/ Klein, B.: TRIZ/ TIPS - Methodik des erfinderischen Problemlösens Oldenbourg-Verlag, München 2002 / KLE99/ Klein, B.: QFD - Quality Function Deployment Expert-Verlag, Renningen 1999 / KNA16/ Knapp, J.; Zeratsky, J.; Kowitz, B.: SPRINT - in nur fünf Tagen neue Ideen testen und Probleme lösen Redline Verlag, München 2016 Literatur 202 / KOR77/ Korte, R.-J.: Verfahren der Wertanalyse E. Schmidt-Verlag, Berlin 1977 / PAH07/ Pahl, G.; Beitz, W.: Konstruktionslehre - Methoden und Anwendung Springer-Verlag, 7. Auflage, Berlin 2007 / PRO07/ N.N.: PROKON - Produktionsgerechte Konstruktion. Anwendungsbereich Montage Deutsche MTM-Vereinigung, Hamburg 2007 / REFA72/ Autorenkollektiv: Methodenlehre des Arbeitsstudiums. Teil 3: Kostenrechnung, Arbeitsgestaltung Hanser-Verlag, München, REFA-Band, 1972 / ROD91/ Rodenacker, W. G.: Methodisches Konstruieren Springer-Verlag, Berlin 1991 / SCH07/ Scherer, J.: Kreativitätstechniken Gabal-Verlag, Offenbach 2007 / SPI97/ Spies, J.: Montagegerechte Produktgestaltung am Beispiel des komplexen Großserienproduktes Automobil Dissertation, ETH-Zürich, 1997 / VDI75/ Autorenkollektiv: Wertanalyse VDI-Verlag, Düsseldorf, T 35, 2. Auflage, 1975 / VDI78/ Autorenkollektiv: Arbeitshilfen zur systematischen Produktplanung VDI-Verlag, Düsseldorf, T 79, 1978 / VDI95/ Autorenkollektiv: Wertanalyse - Idee, Methode, System VDI-Verlag, Düsseldorf, 5. Auflage, 1995 / ZAN70/ Zangenmeister, Ch.: Nutzwertanalyse in der Systematik Wittmannsche Buchhandlung, München 1970 Aufsätze / GIE98/ Gierse, F. J.: Von der Wertanalyse zum Value Management - Versuch einer Begriffserklärung Konstruktion, 50 (1998), H. 6, S. 35-39 / GÜN71/ Günther, W.: Die Grundlagen der Wertanalyse VDI-Z, 113 (1971) 4, S. 238-241 / HÄN74/ Händel, S. Wertanalyse heute VDI-Z, 116 (1974) 5, S. 359-363 Literatur 203 / KLE74/ Klein, W.: Organisation der Wertgestaltung VDI-Z, 116 (1974) 4, S. 266-270 Normen und Richtlinien / DIN14/ DIN EN 1325: Value Management wörterbuch Beuth-Verlag, Berlin, Juli 2014 / DIN17/ DIN EN 12973: Value Management Beuth-Verlag, Berlin, September 2017 / DIN03/ DIN 8580: Fertigungsverfahren Beuth-Verlag, Berlin, September 2003 / VDI10/ VDI-R 2800, Bl. 1: Wertanalyse Beuth-Verlag, Berlin, August 2010 VDI-R. 2800, Bl. 2: Formularsatz Wertanalyse-Arbeitsplan Beuth-Verlag, Berlin, august 2010 / VDI17a/ VDI-R 2803: Funktionenanalyse - Grundlagen und Methode Beuth-Verlag, Berlin, Dezember 2017 / VDI07/ VDI-R 2801, Bl. 1: Wertanalytiker/ Value Manager-Berufsbild Beuth-Verlag, Berlin, September 2007 VDI-R. 2801, Bl. 2: Wertanalytiker/ Value Manager-Anforderungen zur Qualifizierung Beuth-Verlag, Berlin, September 2007 / VDI15/ VDI 2806: Wertanalyse - Kreativitätspotenziale und Ideenfindung Beuth-Verlag, Berlin, Oktober 2015 / VDI17b/ VDI-R. 2808, Bl. 1: Bewerten in der Wertanalyse - Vorgehen und Werkzeuge Beuth-Verlag, Berlin, November 2017 / VDI17c/ VDI-R. 2809, Bl. 1: Prozesse gestalten mit Wertanalyse - nicht materielle Prozesse: Verwaltungsabläufe, Organisationssysteme) Beuth-Verlag, Berlin, November 2017 Stichwortverzeichnis 204 Stichwortverzeichnis 6-Schrittmethode 4 ABC-Analyse 37, 82 Amortisationsrechnung 71 Analogien 145 Aufgabenstellung 45 Auswahlliste 42, 44 Barwert 72 Bedürfnisbefriedigung 41 Benchmarking 108 Betriebsverfassungsgesetz 130 Bionik 140 BNE 5 Brainstorming 140 Brainstormingvarianten 141 Brainwriting 142 Break-Even-Point 70 Descartes 3 Design to Cost 11 DFA 121 DFMA 59 DFMAS 121 DIN 8580 55 Einmalkosten 57 Einsparziel 156 Erfolgspotenziale 8 Erfüllungsgrad 42 FAST-Diagramm 31, 32, 33, 91 Fertigungskosten 101 FMEA 117 Funktionen 27 Funktionenbaum 92 Funktionen-Teile-Zuordnung 92 Funktionsarten 28 Funktionsdiagramm 82 Funktionsdiagramm 82 Funktionsgewicht 91 Funktionsgliederung 80 Funktionsgliederung 80 Funktionskosten 34, 35 Funktionskosten 82 Funktionskosten 82 Funktionskostenanalyse 36 Galeriemethode 144 Gebrauchsfunktion 29 Geltungsfunktion 29 Gemeinkosten 126, 127 Gemeinkosten-WA 11 Gemeinkosten-WA 126, 127 Geschäftsprozesse 109 Gewichtsrelationen 46 Grundschritte 88 Grundzeit 101 Gruppeneffizienz 138 GWA 128, 129 Hauptfunktion 79, 83 Hauptfunktion 79, 83 Hauptfunktionen 28 Hauptfunktionen 53 Hauptzeit 102 Henry Ford 51 Herstellkosten 100 House of Quality 152 Ideenmatrix 96 Investitionen 69 Ishikawa 134 KAIZEN 110 Kalkulationsschema 100 Kapitalwertmethode 71 Konstruktionsprinzipien 53 Konzeptphase 52 Kostenelemente 100 Kostenoptimierung 87 Kostenoptimierung 87 Kostensenkung 100 Kostentreiber 52, 59 Kostenziele 9 Leitfragen 122 Leitfragendialog 167 Lösungsbaum 135 Lösungsideen 97 Lösungsmatrix 120 Maßnahmenkatalog 49 Materialkosten 102 Materialkosten 57 Metriken 111 Miles, L. D. 1, 3 Miles, L. D. 5 Mind Mapping 133 Modellbildung 25 Stichwortverzeichnis 205 Moderation 21 Moderator 21 Montagediagramm 123, 124 Montagekosten 61 Morphologie 147 Morphologischer Kasten 86 Morphologischer Kasten 86 MTM/ ProKon 122 Nebenfunktionen 29 Nebenfunktionen 53 Nebenzeit 102 Nutzwertanalyse 45 Oberflächen 68 Obersystem 25 Optimierungsfokus 172 Organisationsfunktion 129 OVA 126 Overhead-Value-Analysis 5 Pareto-Analyse 38 Payback-Periode 71 PDA-Leitfragen 170 PEP 149 PEP 8 Planungsphase 52 Praktiken 111 Problemlösungs-Prozess 138 Produktentstehungsprozess 13 Produktentstehungsprozess 6 Produktkosten 100 Produkt-WA 11 ProKon 59 QFD 117 QFD 118 QFD 152 Qualitätshäuser 119 Ratioideen 159 Rationalisierung 15 Ratio-Projekt 16 Reizworttechnik 146 Relativkosten, toleranzabhängige 67 Relativkostenkatalog 57 Relativkostenzahl 103, 104 Relativkostenzahl 61 Rentabilitätsrechnung 70 Reverse Engineering 108 Rohmaterial 58 ROI 70 Schraubenverbindung 63 Schraubverbindung 64 Sondereinzelkosten 102 Stopp-Technik 143 Stückzahl 52, 55 Stückzahleffekt 56 Stufenkonzept 4 Synectics 144 Systemgrenzen 25 Target Costing 106 Target Costs 106 Teamarbeit 18, 22 Teilaufgaben 53 Teilefokus 171 Teilekomplexität 59 Teilziele 45 Terminplan 89 Tiefengliederung 83 Tiefengliederung 83 TRIZ 119 U & W-Diagramm 134 Umkehrtechnik 142 Value Analysis 1 Value Engineering 1 Value Management 12 VDI 2225 100 Verbindungstechnik 61 Vorklärungsdialog 121 Vorklärungsdialog 167 WA-Arbeitsregeln 26 WA-Controlling 86 WA-Controlling 86 WA-Controlling 99 WA-Einführung 149 WA-Koordinator 19 WA-Maßnahmen 82 WA-Maßnahmen 82 WA-Planung 150 WA-Programmanalyse 151 WA-Voraussetzungen 8 Werkstoffkosten, volumenbezogene 103 Wert 41 Wertanalytiker 20 Werteskala 47 Wertorientierung 41 Wertverbesserung 2 Widerspruch 133 Wirtschaftlichkeitskenngrößen 69 Zielkosten 106 Zielsystem 45 Zinsfuß, interner 71 Zweiwort-Identifizierung 27 Zweiwort-Identifizierung 94 Prof. em. Dr.-Ing. Bernd Klein .jpg Prozessorientierte Statistische Tolerierung im Maschinen- und Fahrzeugbau Mathematische Grundlagen - Toleranzverknüpfungen - Prozesskontrolle - Maßkettenrechnung - Praktische Anwendungen 5., akt. u. ergänzte Aufl. 2017, 227 S., 90 Abb., 60 Tab., 46,80 €, 60,00 CHF - (Haus der Technik Fachbuch, 73) ISBN 978-3-8169-3406-6 Zum Buch: Jede industrielle Herstellung technischer Produkte ist mit Schwankungen behaftet, welche Abweichungen von den Sollmaßen verursachen. Diese Abweichungen dürfen aber nicht die Produktqualität beeinflussen, weshalb alle Maß- und Geometrietoleranzen funktions- und herstellgerecht gewählt werden müssen. Hierbei gilt die Leitregel: "Toleranzen so eng wie nötig und so weit wie möglich", da die Größe von Toleranzfeldern etwa quadratisch in die Fertigungskosten eingeht. In dem Buch wird eine neue Methodik zur Ermittlung sinnvoller Toleranzen entwickelt. Diese Methodik beruht auf statistischen Gesetzmäßigkeiten und kann unterschiedliche Prozessbedingungen simulieren. Ziel ist es, mit großen Fertigungstoleranzen unter Beibehaltung der notwendigen Funktionstoleranzen zu einer wirtschaftlicheren Herstellung und Montage zu kommen. Die vorliegende Neuauflage berücksichtigt dabei die neue Technologie-, Maß- und Geometrietoleranznormung nach dem ISO/ GPS-System. Inhalt: Möglichkeiten der Statistischen Tolerierung - Normungssituation - Berechnung von Maßketten - Statistische Grundlagen - Grundprobleme der Maßkettenbildung - Toleranzsynthese - Robust Design - Überwachter Produktionsprozess - Statistische Prozesslenkung - Montagesimulationen - Toleranzauslegung an linearen und nichtlinearen Systemen - Tolerierung von Kunststoff-Bauteilen - Rechnerunterstützte Toleranzauslegung - Software zur Tolerierung - Fallbeispiele Interessenten: Alle Ausführungen sind für die Zielgruppe Ingenieurstudenten sowie Entwickler, Konstrukteure, Fertigungsplaner und Qualitätsmanager aufbereitet worden. Die notwendigen Grundlagen werden einfach und systematisch entwickelt. Der Autor: Univ.-Prof. em. Dr.-Ing. Bernd Klein war 28 Jahre lang Leiter des Fachgebietes für Leichtbau- Konstruktion an der Universität Kassel. Seine Arbeitsgebiete waren Konstruktiver Leichtbau, FEM, Konstruktionsmethodik und Betriebsfestigkeit. Er verfügt über zwölf Jahre Erfahrung im Maschinen- und Fahrzeugbau und ist seit 32 Jahren in der beruflichen Weiterbildung engagiert. Über fünfzehn Jahre leitete er den Arbeitskreis E&K beim VDI und war sieben Jahre Vorsitzender des VDI-Nordhessen. Blätterbare Leseprobe und einfache Bestellung unter: www.expertverlag.de/ 3406 Bestellhotline: Tel: 07159 / 92 65-0 • Fax: -20 E-Mail: expert@expertverlag.de Prof. D QFD Dep 2., verb. CD-ROM (Edition e ISBN 97 Zum Buc Das Buch deren Ziel und wirtsc auf QFD ( ist, Kunde ausschließ Anhand v Entwicklun dazu ist d Marketingintegrierten dargestellt Erfolg ang 6.1 und Q werden. Inhalt: Japanisch als Untern Produktpla Erfassung Target-Co - QFD zu bliche D Umsetzun - Fallbeisp Die Intere Zielgruppe - Marketin - Designe - Fertigun aber auch - Geschäf Der Auto Prof. Dr.-In sowie Betr an Techni tätigkeit he Dr.-Ing. B D - Q ploym u. erw. Au M, 54,00 €, expertsoft, 8-3-8169-3 ch: h gibt einen es ist, Dien chaftlich erfo (technisches enwünsche ßlichen Kund on Beispiele ngsvorgaben das »House - und Kosten n Planung w te Konzept is gewandt. Im QS-9000 ge e Managem nehmensziel anung und von Kunde sting - QFD ur Geschäft ifferenzierun g von QFD - piele essenten: e des Buches ngleiter r, Entwickler gsplaner und ftsführer und or: ng. DI Bernd riebsfestigke ischen Akad ervorgegang ernd Kle Qual ment ufl. 2012, 1 89,50 CH , 87) ) 3088-4 n Überblick nstleistungen olgreich zu m s Entwicklung zu erfassen den-nutzens en wird gez n mit begleit e of Quality« nbestandteile weiterentwic st praktisch e Zusammenehört QFD z mentmethode l - QFD al -entwicklu enwünschen D als integrie tsprozessopt ng - Betr - Softwareei s sind Führu r und Konstru d Qualitätsm Inhaber von d Klein lehrt a eit. Neben se demien. Das en. Viele Un Be Tel: 0715 E-Mail: ex ein ity F t 69 S., 94 A F über die m und Produk machen. Der gsmarketing n, zu bewer im Unterneh zeigt, wie Ku endem Cont « bzw. die e erweitert w ckelt worden erprobt und w -hang mit de zu den Schl n - Kunden s Strategiee ung - Sy n - Benchm rtes Planung timierung - ieblicher N nsatz mit CD ngskräfte un ukteure anagementn Dienstleistu an der Unive einer Hochsc s vorliegende ternehmen n estellhotl 59 / 92 65-0 xpert@expe Func Abb., 5 Ta modernen QM kte effizient z r Schwerpun ), welches e rten und im men umzuse undenforderu trolling umg vierstufige P wird. QFD ist n und schlie wird mittlerw er Höherbew lüsselmethod norientierung element der ystematische marking und gsinstrument Wettbewer- Nutzen und D: LbK_QFD nd Umsetzer, -Beauftragte, ungs- oder P ersität Kasse chultätigkeit is e Buch ist nutzen mittle line: 0 • Fax: -20 ertverlag.de tion b., M-Techniken zu entwickel kt liegt dabe eine Methode m Fokus de etzen. ungen ermit esetzt werde Prozesskask t damit zu ei eßt so alle weile in vielen wertung des den, die als g r e d t d D , und zwar , Produktionsun l die Fächer st er Obman im Wesentli erweile sein Q e n, n ei e s telt, struktur en. Das bekade, welche nem univers Lücken der n Unternehm Qualitätsma s Anwendun nternehmen Leichtbau-K n im VDI/ GP chen aus V QFD-Konzep riert, priorisi -stimmende e um Benc sellen Instrum Produktplan men mit zune anagements ngsnachweis aller Branch Konstruktion, PP sowie Se Vortragsun pt. ert und in Werkzeug hmarking-, ment einer nung. Das ehmendem nach VDA s gefordert en. CAD/ FEM minarleiter d Berater- Prof. Dr.-Ing. Bernd Klein P: \AK\DIG\u1\ Bemaßung und Tolerierung von Kunststoff-Bauteilen Maße und Abmaße - Form- und Lagetoleranzen - Tolerierungsprinzipien - Werkzeug und Prozess - Maßketten am Teil - Qualitätsfähigkeit sichern 3., akt. u. erw. Aufl. 2017, 353 S., 350 Abb., 69,80 €, 86,00 CHF (Reihe Technik) ISBN 978-3-8169-3407-3 Zum Buch: Die Ausbildung von Ingenieuren und Technikern hat normalerweise ihren Schwerpunkt in der Gestaltung, Auslegung und Berechnung von Konstruktionen aus Metallen. Darüber hinaus haben natürlich Kunststoffe einen festen Platz gefunden, weil sich bestimmte Anwendungen eben besser mit synthetischen Werkstoffen abdecken lassen. Viele Anwender tun sich aber schwer mit Kunststoffen, weil sie deren Verhalten nicht richtig einschätzen können. So können sich die Kurzzeit-, Langzeit- und Betriebseigenschaften von Kunststoffen ändern durch Belastung, Temperatur und Zeit, Technoklima (Quellen, Alterung, Versprödung), Kriechen und Relaxation sowie durch Verarbeitungsbedingungen und den Formgebungsprozess. Diese Faktoren wirken sich auf die Belastbarkeit sowie die Maß- und Geometriehaltigkeit aus. Das Buch zeigt diese Zusammenhänge auf, wobei der besondere Fokus auf den Maß- und Winkelveränderungen sowie den Form- und Lageveränderungen am Produkt liegt. Die gezeigten Tolerierungsfälle berücksichtigen den aktuellen Stand der DIN EN ISO-Normung. Die Interessenten: Ingenieure, Konstrukteure und Techniker in Entwicklung und Produktion aller produzierenden Branchen sowie Qualitätsbeauftragte und Prüfingenieure. Rezensionen: »Das Studium des Buches benötigt keine Vorkenntnisse und entwickelt schrittweise das notwendige Wissen für Konstrukteure, um Kunststoffformteile sicher und wirtschaftlich auslegen zu können.« maschinenbau - Das Schweizer Industriemagazin »Das Buch ist für Ingenieure und Techniker gedacht, die bislang bei Konstruktionen eher auf den Werkstoff Metall gesetzt haben und eine Einführung in das Verhalten von Kunststoffen suchen. Das Buch erklärt die Zusammenhänge, wobei der besondere Schwerpunkt auf den Maß- und Winkelveränderungen sowie den Form- und Lageveränderungen am Produkt liegt.« GAK - Gummi - Fasern - Kunststoffe Der Autor: Univ.-Prof. em. Dr.-Ing. Bernd Klein war 28 Jahre lang Leiter des Fachgebietes für Leichtbau- Konstruktion an der Universität Kassel. Seine Arbeitsgebiete waren Konstruktiver Leichtbau, FEM, Konstruktionsmethodik und Betriebsfestigkeit. Er verfügt über zwölf Jahre Erfahrung im Maschinen- und Fahrzeugbau und ist seit 32 Jahren in der beruflichen Weiterbildung engagiert. Über fünfzehn Jahre leitete er den Arbeitskreis E&K beim VDI und war sieben Jahre Vorsitzender des VDI-Nordhessen. Darüber hinaus hat er in Normenausschüssen mitgearbeitet. Blätterbare Leseprobe und einfache Bestellung unter: www.expertverlag.de/ 3407 Bestellhotline: Tel: 07159 / 92 65-0 • Fax: -20 E-Mail: expert@expertverlag.de