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Lukians "Apologie"

2017
978-3-8233-9071-8
Gunter Narr Verlag 
Markus Hafner

Dieser Band bietet erstmals die vollständige "Apologie" des Lukian von Samosata (2. Jh. n. Chr.) zusammen mit einer Einführung, einer adäquaten Übersetzung sowie hilfreichen kulturgeschichtlichen, literaturwissenschaftlichen sowie philologischen Erläuterungen. Dabei kann die "Apologie" als zentrale literarisch-rhetorische Textform im Gesamtwerk Lukians sowie in der antiken Literatur generell verortet werden. Lukian gelingt es auf virtuose Weise, mit der Verwendung der dikanischen Redeform par excellence das öffentliche Prestige und den Erfolgsweg des Sophisten in der Kaiserzeit darzustellen. Gleichzeitig karikiert er die zeitgenössische rhetorische Praxis, indem er absurde Anlässe und Szenarien entwirft. Lukian verteidigt so nicht ohne Selbstironie auch sein eigenes literarisches Programm gegen (imaginäre) Ankläger und Kritiker.

Eingeleitet, übersetzt und erläutert von Markus Hafner Lukians Apologie CLASSICA MONACENSIA Lukians Apologie CLASSICA MONACENSIA Münchener Studien zur Klassischen Philologie Herausgegeben von Martin Hose und Claudia Wiener Band 50 · 2017 Lukians Apologie Eingeleitet, übersetzt und erläutert von Markus Hafner Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Werkdruckpapier. © 2017 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Internet: www.narr.de E-Mail: info@narr.de Printed in Germany ISSN 0941-4274 ISBN 978-3-8233-8071-9 5 Inhaltsverzeichnis Vorwort ................................................................................................... 7 Abkürzungsverzeichnis der Schriften Lukians ................................... 9 A. Einleitung ........................................................................................... 11 1. Aufbau und Inhalt .................................................................................. 11 1.1 Inhaltliche Paraphrase der Schrift .................................................... 13 2. Forschungsstand zu Lukians Apologia ................................................ 15 3. Bemerkenswertes zu Stil und Sprache der Schrift .............................. 17 4. Ein byzantinisches Rezeptionsbeispiel ................................................ 19 5. Exkurs I: Form, Funktion und Programm der Lukianischen ἀπολογία .................................................................................................. 21 5.1 Die Apologie als ‚autobiographische‘ Literaturform der Antike 21 5.2 Die fiktiven Gerichtsszenarien bei Lukian ..................................... 23 5.3 Rechtfertigung für literarisches Schaffen in Lukians fiktiven Apologien ................................................................................................. 29 5.4 Die Selbstverteidigung des Autors als literaturgeschichtlicher Diskurs ...................................................................................................... 33 5.5 Lukians Apologien: literarisches Programm und intratextuelle Vernetzung des Gesamtwerks ............................................................ 36 6. Exkurs II: Das sophistische (Erfolgs-)Narrativ in seinen Spielarten bei Lukian ................................................................................................ 44 7. Zur Gestalt des vorliegenden Texts ...................................................... 48 B. Text und Übersetzung ...................................................................... 52 C. Erläuterungen .................................................................................... 66 D. Literaturverzeichnis ........................................................................ 131 Abkürzungen ................................................................................................ 131 Textausgaben und Übersetzungen (in chronologischer Folge der vorliegenden Auflage) ................................................................................. 133 Sekundärliteratur ......................................................................................... 134 Register .................................................................................................. 157 Namen- und Sachregister (deutsch/ lateinisch) ..................................... 157 Namen- und Sachregister (griechisch) ................................................... 159 . . . . 7 Vorwort Während sich viele Texte des Schriftstellers Lukian von Samosata (ca. 115/ 125-180/ 190 n. Chr.) wie die fantastischen „Wahren Geschichten“, die Reise des „Ikaromenipp“ zum Mond oder die zynisch-beißenden „Totendialoge“ großer Berühmtheit erfreuen und zur Weltliteratur gezählt werden, fristet ein Großteil des Korpus, das wohl 79 genuin von Lukian stammende Schriften umfasst, ein unbeachtetes Dasein. Hierzu zählt eine Textgruppe, deren formgebendes Strukturelement eine Apologie („Verteidigungsrede“) darstellt. Darin wird eine Art ‚Meta-Diskurs‘ 1 über zeitgenössische Rhetorik geführt: Lukians Apologien karikieren die zeitgenössische rhetorische Praxis, indem sie z. T. absurde Anlässe und Szenarien vorführen. In dialogischdramatischen wie erzählenden Texten entpuppt sich die Gerichtsrede in fiktiven Prozessen als sophistische Epideixis („Schaurede“). Hier demonstriert der Autor seine Bildung und verteidigt sein literarisches Programm gegen Kritiker. In apologetischen Autofiktionen 2 des satirischen Sprechers kommt es auch zur Selbstironisierung: Ein Autor wird zum Ziel von Angriffen imaginärer Ankläger. Durch die Konstruktion von Ankläger- und Verteidiger-Rollen wird Polyphonie erzeugt und so die agonale Performanz gerichtlicher Prozesse nachgebildet. In der Schrift Apologia, 3 mit der sich Lukian innovativ der literarischen Tradition bemächtigt, reflektiert der Autor über die Rolle der Rhetorik und das Prestige, welches Bildung dem Sophisten verheißt. In seiner Apologie vermittelt Lukian die eigene, rhetorisch-literarische Kunstfertigkeit. Mit dieser Arbeit liegt erstmals eine vollständige Behandlung der Schrift Apologia vor, die eine Einführung, eine moderne Übersetzung 4 sowie ausführliche Erläuterungen umfasst: In letzteren liegen die Schwerpunkte auf 1 Zum Satirischen als einer transgenerischen, „parasitäre[n], metadiskursive[n] Gegenposition“ vgl. Mahler (1992) 55. Laut Mahler bricht Satire prinzipiell mit Konversationsmaximen herkömmlicher literarischer Gattungen und Diskurse. Im Sinne rhetorischer dissimulatio/ Ironie muss die Sprechhaltung der Unaufrichtigkeit gegenüber entsprechenden Konversationsmaximen für die Rezipienten jedoch erkennbar bleiben (ebd. 43). 2 Colonna (2004) 21-66 betrachtet Lukian gar als den Archegeten des sich in seinem Werk selbst fingierenden Autors. 3 Der Text (lib. 65) steht inhaltlich in engem Bezug zu Lukians De Mercede Conductis (lib. 36). Hierzu erscheint noch in diesem Jahr: Hafner, M., Lukians Schrift „Das traurige Los der Gelehrten“ (De Mercede Conductis Potentium Familiaribus, lib. 36): Einführung und Kommentar, Stuttgart 2017 (Hermes Einzelschriften). 4 Ältere Übersetzungen stammen von Christoph Martin Wieland 1788-89 und August Friedrich Pauly 1827-32. 8 kulturgeschichtlichen, literaturwissenschaftlichen, sprachlich-stilistischphraseologischen sowie textkritischen Erklärungen. Bislang spielte der Text in der Forschung eine nur marginale Rolle, obwohl sich an ihm grundlegende literarische Techniken erkennen lassen, die auf das übrige Œuvre Lukians übertragbar sind: Ihre Rekonstruktion ermöglicht so eine neue Perspektive auf die rhetorische Ausbildung und das literarische Können des Autors sowie insgesamt auf eine Lukianische Poetik. Nach einer Einleitung (A), die schematisch skizziert Aufbau und Inhalt, den Forschungsstand, Bemerkungen zu Sprache und Stil, zu einem byzantinischen Rezeptionsbeispiel sowie zum hier abgedruckten griechischen Text umfasst, verorte ich in zwei Exkursen (A.5-6) die Schrift im Kontext des Lukianischen Werks, um so eine rein partikularistische Behandlung des Texts zu vermeiden. Es folgen in synoptischer Darstellung der griechische Text 5 nebst deutscher Übersetzung (B) sowie kommentierende Erläuterungen (C). Verzeichnisse über Abkürzungen und Forschungsliteratur (D) sowie Register von Namen und Sachen runden die Arbeit ab. Besonderer Dank gebührt den beiden Herausgebern der Reihe Classica Monacensia, Prof. Dr. Martin Hose und Prof. Dr. Claudia Wiener (München), die das Projekt durch hilfreiche Ratschläge und sorgfältige Durchsicht gefördert haben. Teile der Arbeit entstanden im Jahr 2015 an der „Fondation Hardt pour l’étude de l’antiquité classique“ in Genf- Vandœuvre: Mein Dank gilt besonders Dr. Gary Vachicouras und Prof. Dr. Pierre Ducrey. Für weiterführende Gespräche und Hinweise danke ich ferner Dr. Sven Page (stellvertretend für die Organisatoren der „Darmstädter Diskussionen“) sowie Dr. Christian Fron (Heidelberg). München & Heidelberg im Frühjahr 2017 Markus Hafner 5 Dieser entspricht weitestgehend M. D. Macleods OCT: Macleod (1980). Zu den textuellen Abweichungen von Macleod s. u. A.7. 9 Abkürzungsverzeichnis der Schriften Lukians 6 Abd. = Abdicatus. Herod. = Herodotus. Alex. = Alexander. Hes. = Hesiodus. Am. = Amores. Hipp. = Hippias. Anach. = Anacharsis. Hist.Cons. = Quomodo Historia Conscribenda Sit. Apol. = Apologia. Icar. = Icaromenippus. Asin. = Asinus. Im. = Imagines. Astr. = De Astrologia. Ind. = Adversus Indoctum. Bacch. = Bacchus. IConf. = Iuppiter Confutatus. Bis Acc. = Bis Accusatus. ITr. = Iuppiter Tragoedus. Cal. = Calumniae Non Temere Credendum. Iud.Voc. = Iudicium Vocalium (= Lis Consonantium). Cat. = Cataplus. Laps. = Pro Lapsu Inter Salutandum. Charid. = Ps.-Luc. Charidemus. Lex. = Lexiphanes. Cont. = Contemplantes. Luct. = De Luctu. Cyn. = Cynicus. Macr. = Macrobii. DDeor. = Dialogi Deorum. Merc.Cond. = De Mercede Conductis. DIud. = Dearum Iudicium. Musc.Enc. = Muscae Encomium. DMar. = Dialogi Marini. Nav. = Navigium. DMeretr. = Dialogi Meretricii. Nec. = Necyomantia. DMort. = Dialogi Mortuorum. Ner. = Philostr. Nero. Dem.Enc. = Demosthenis Encomium. Nigr. = Nigrinus. Demon. = Demonax. Ocyp. = Ocypus. Deor.Con. = Deorum Concilium. Par. = De Parasito. Dips. = Dipsades. Patr.Enc. = Patriae Encomium. Dom. = De Domo. Peregr. = De Morte Peregrini. Electr. = Electrum. Phal. 1, 2 = Phalaris 1, 2. Eun. = Eunuchus. Philopatr. = Ps.-Luc. Philopatris. Fug. = Fugitivi. Philops. = Philopseudes. Gall. = Gallus. Pisc. = Piscator. Halc. = Halcyon. Pr.Im. = Pro Imaginibus. Harm. = Harmonides. Pr.Merc.Cond. = Pro Mercede Conductis ( Apol.). Herc. = Hercules. Prom. = Prometheus. Herm. = Hermotimus. Prom.Es. = Prometheus Es In Verbis. 6 Die Abkürzungen orientieren sich aus Gründen der Übersichtlichkeit am Diccionario Griego-Español, Bd. 3, Madrid 1980, unter der Leitung von F. R. Adrados (vgl. http: / / dge.cchs.csic.es/ lst/ lst1.htm, 15.04.2016). Der Ausweis von Pseudepigraphie innerhalb des Corpus Lucianeum folgt Macleods OCT-Edition. 10 Pseudol. = Pseudologista. Syr.D. = De Syria Dea. Rh.Pr. = Rhetorum Praeceptor. Tim. = Timo. Sacr. = De Sacrificiis. Tox. = Toxaris. Salt. = De Saltatione. Trag. = Tragodopodagra. Sat. = Saturnalia. Tyr. = Tyrannicida. Scyth. = Scytha. VH 1, 2 = Verae Historiae 1, 2. Sol. = Soloecista. Vit.Auct. = Vitarum Auctio. Somn. = Somnium Sive Vita Luciani. Zeux. = Zeuxis. Symp. = Symposium Sive Lapithae. 11 A. Einleitung 1. Aufbau und Inhalt Die Schrift gliedert sich in vier Teile: (I.) ein Proöm, worin der ‚Autor‘ der Schrift De Mercede Conductis (nach Wielands Version „Das traurige Los der Gelehrten“) 7 ein imaginäres Gespräch mit dem Leser Sabinos beginnt und das Thema der Apologia vorstellt; (II.) die Anklagerede des Sabinos gegen den Sprecher (bzw. ‚Autor‘), der sich heuchlerischer Doppelmoral schuldig gemacht habe und selbst ein Abhängigkeitsverhältnis eingegangen sei, das dem in Merc.Cond. beschriebenen ähnle; (III.) die Verteidigung des Sprechers, worin Sabinos ʼ Plädoyer im Einzelnen widerlegt und zugleich die Stasislehre parodiert wird; (IV.) einen prägnanten Schluss, worin die Verteidigung siegt. I. Proöm: §§1-2 1. Imaginierte Reaktion des Lesers Sabinos auf die Lektüre von Merc.Cond.: Entrüstung über den Widerspruch von Schrift und Leben: §1 2. Szenenwechsel: Der ‚Autor‘ von Merc.Cond. will in Sabinos ʼ Rolle als Ankläger gegen sich selbst auftreten: §2 II. Beginn der actio: Anklage (offensio) des Sabinos: §§3-7 1. Beliebtheit von Merc.Cond. beim Publikum; Lob der Schrift, Kritik am Autor: §3 2. Plagiatsvorwurf; Vergleich mit einer diebischen Krähe, dem heuchlerischen Gesetzgeber Salaithos, einem maskierten Schauspieler und einem dressierten Affen: §§4-5 7 Die Schrift Merc.Cond. (lib. 36) bietet einen Bericht über die Leiden der Philosophen und Gebildeten, die sich als Klienten in aristokratischen Häusern verdingen. Ihr Klientendienst erscheine, so der Sprecher, lediglich als Freundschaft, es handle sich jedoch um nichts anderes als Knechtschaft (vgl. Merc.Cond. 1 εἰ χρὴ φιλίαν τὴν τοιαύτην αὐτῶν δουλείαν ἐπονομάζειν). Der Text gliedert sich in vier Teile: (I.: §§1-4) eine Einleitung, in welcher der Sprecher das Thema und den dissuasiven (apotreptischen) Charakter der Schrift vorstellt und die Leiden der Hausphilosophen zur Warnung des Timokles in das Bild eines Schiffbruchs fasst; (II.: §§5-9) die Diskussion und Widerlegung der Gründe, ein Hausphilosoph zu werden, wobei der Sprecher nach Art eines Historiographen den Wahrheitsgehalt der Aussagen prüft; (III.: §§10-41) eine Beschreibung der Leiden vor (III.1: §§10-20), während (III.2: §§21-38) und nach dem plötzlichen Ende (III.3: §§39- 41) der Anstellung; abschließend (IV.: §42) wird das Beschriebene mittels einer allegorischen Ekphrasis veranschaulicht. 12 3. Enttarnung des Widerspruchs zwischen Schein und Sein; die Rache der Adrasteia: §6 4. Gedankenexperimente über die Diskrepanz zwischen Wort und Tat: §7 III. Apologie (defensio) des Satirikers: §§8-15a a) In Form der praeteritio präsentierte Verteidigung; Parodie topischer Argumente des status qualitatis (ποιότης): concessio und remotio: §§8-10 1. Der Autor hat mehrere Verteidigungsstrategien im Auge: Zuflucht bei höheren Gewalten (concessio), Argumente dafür finden sich in Gestalt von Homerversen: §8 2. Das Argument, er sei der Bewunderer seines Arbeitgebers, der ihn zu seinem Handeln veranlasst habe (remotio), ist ebenso unglaubwürdig: §9 3. Ein weiteres Argument, expliziert in Euripides-Versen: Die Anstellung bewahre einen vor der Armut: §10 b) Verteidigung mit Blick auf den βίος: Konformität mit höheren Normen (comparatio) gemäß dem status qualitatis: §§11-14 4. Die zuvor genannten Verteidigungsstrategien sind im Grunde nutzlos; Synkrisis zweier Arten von μισθοφορία, einer verdienstlichen und einer niederträchtigen: §11 5. Die Anstellung des Sprechers in der Verwaltung Ägyptens ist mit hohem Verdienst beim Kaiser verbunden: §12 6. Argument a maiore: Selbst der Kaiser müsse im Grunde als Lohnempfänger betrachtet werden: §13 7. Ein verantwortungsvoller Dienst eröffne die Möglichkeit, Gutes und Nützliches zu bewirken (comparatio): §14 c) Peroratio: Abschließende Worte mit Rekurs auf die concessio: §15a 8. Der Sprecher weist es von sich, weise zu sein bzw. gelten zu wollen (vgl. Sokrates); stattdessen zähle er seit langem zu den Starsophisten und Vielverdienern: §15a IV. Epilog: §15b: Imaginierter Sieg der Verteidigung, Gleichgültigkeit gegenüber den Anklägern 13 1.1 Inhaltliche Paraphrase der Schrift Proöm §§1-2: Worte eines kritischen Lesers Der sich als ‚Autor‘ von Merc.Cond. bezeichnende Sprecher stellt die Überlegung an, was sein Freund Sabinos bei der Lektüre der Schrift gedacht oder gesagt haben mag (vgl. 1.1-3). Gewiss habe er lachen müssen, doch sei ihm auch der Widerspruch zwischen der in Merc.Cond. niedergeschriebenen Anklage und dem sklavischen Lebensstil des Autors aufgefallen. Dieser Widerspruch erscheine ihm als „großer Misston“ (1.16 πολλὴ γοῦν ἡ διαφωνία) oder eine Palinodie zum Schlechteren (vgl. 1.18). Aus dem ‚Jäger‘ wird nun ein ‚Gejagter‘, wie der Verweis auf ein berühmtes Kinderspiel zeigt (1.8-9): Der Satiriker selbst wird zum Ziel satirischer Attacken. In einem fingierten Redeagon will er den Part des anklagenden Sabinos übernehmen, wenngleich die Kritik als Freundschaftsdienst wahrgenommen wird (2.2-3). Der Maskenwechsel soll unter dem Vorsitz des Rhetorik- Patrons Hermes stattfinden (2.4-5). Die Bühne ist frei für ‚Sabinos‘, der mit dem „Schneiden und Brennen“ (2.6-8) beginnen soll. Anklage §§3-7: Sabinos ʼ Plädoyer gegen die Doppelmoral des Satirikers ‚Sabinos‘ beginnt seine Anklage, formell eine Gerichtsrede (δικανικὸς λόγος). Bei der Darlegung des Sachverhalts 8 erkennt er den Erfolg von Merc.Cond. beim Publikum an (vgl. 3.1-2): Das einfache Volk und auch die Gebildeten hätten es geschätzt (3.2-3 καὶ ἐν πολλῷ πλήθει δειχθέν […] καὶ ἰδίᾳ παρὰ τοῖς πεπαιδευμένοις). Dies sei auf formelle Qualitäten (3.4-5), die gründlichen Nachforschungen des Autors (3.5-6) sowie die Klarheit von Stil und Sprache (3.6) zurückzuführen. Auch der didaktische Nutzen des Buchs wird betont (3.7). Da jedoch der Verfasser selbst gegen die in Merc.Cond. formulierten Mahnungen verstoße (worin er v. a. das Streben nach materiellem Gewinn kritisierte), dürfte eine Verteidigung gegen die Ankläger, die sich über die Diskrepanz von Leben und Lehre lustig machen, schwierig werden: Diese kommen §§4-7 zu Wort. Ihre imaginären Reden 8 Laut Bompaire (1958) 246 Anm. 5 entspricht Apol. 3 formell der narratio eines Plädoyers. Obwohl nicht alle Anforderungen an den Redeteil der διήγησις (z. B. in der bei Aristot. rhet. 1416b-1417b besprochenen Form) erfüllt werden, erscheint die Zuordnung durchaus diskutabel, da etwa Apol. 3.8-14 knapp und präzise das Thema (Abweichung des Autors von seinen Idealen) vorgestellt wird. 14 orientieren sich am rhetorischen Maßstab des εἰκός („Plausibilität, Wahrscheinlichkeit“: Vgl. 4.1-2). Formell wird dabei der Übergang zur argumentatio (§§4-7) markiert. Die Ankläger werfen dem Autor von Merc.Cond. vor, er sei ein Plagiator, der sich „mit fremden Federn schmücke“ (da das Werk nicht zu seiner Person passe: 4.2-4), oder aber mit jenem Gesetzgeber von Kroton, Salaithos, zu vergleichen, dessen Doppelmoral berüchtigt war (§4). Er ähnle einem schlechten Schauspieler sowie dem Affen, den Kleopatra einst besessen habe: Dieser habe äußerlich die menschliche Tanzkunst nachgeahmt, dann jedoch seine wahre, tierische Natur offenbart (§5). Der Angeklagte müsse damit rechnen, dass die Göttin des unentrinnbaren Schicksals danach trachte, ihn zu vernichten (§6). Schließlich vergleicht ‚Sabinos‘ den Fall mit der fiktiven Redeübung, der Redner Aischines, der einen anderen moralisch anklagte, sei selbst der vorgeworfenen Vergehen überführt worden. Alles in allem gleiche der angeklagte Autor einem kranken Medikamentenhändler, dem seine eigene Arznei nicht helfe (§7). Verteidigung §§8-15a: Verteidigung des Satirikers: Rhetorische Finten, argumentative Schlüsse Der Angeklagte unternimmt, wieder aus Sabinos ʼ Rolle geschlüpft, eine refutatio der vorgebrachten Anschuldigungen. Zuerst präsentiert er Schein- Argumente in Form der praeteritio (§§8-10, bevor er zur eigentlichen Verteidigung übergeht: §§11-15a): Es handelt sich um ein gewissermaßen metarhetorisches Plädoyer, in dem verschiedene Verteidigungs- und Rechtfertigungsstrategien der rhetorischen Theorie behandelt werden. Zuerst erwägt der Sprecher die Möglichkeit, mittels der Strategie der συγγνώμη/ concessio Zuflucht bei höheren Gewalten zu suchen, die das Handeln der Menschen determinierten, um so die Schuld von sich abzuwälzen (§8). Hierauf prüft er die Rechtfertigungsstrategie der μετάστασις/ remotio, bei welcher Schuld auf eine andere Person abgewälzt wird, etwa auf eine maßgebliche moralische Autorität. Dies brächte ihm jedoch zusätzlich den Vorwurf der Schmeichelei ein (§9). Auch ein entlastender Rekurs auf die Armut, der man durch eine bezahlte Anstellung entfliehen wolle, wie literarische Zitate beweisen sollen (vgl. Merc.Cond. 5), ist unbrauchbar (§10). Die §§8-10 vorgetragenen Verteidigungsstrategien erscheinen als verfehlt. Die folgende Rechtfertigung des Sprechers für seinen Lebensstil orientiert sich ebenfalls an den Regeln der Stasislehre: Bezahlte Anstellungen sind gemäß einem Rekurs auf die Strategie der ἀντίστασις/ comparatio nicht verwerflich, wenn man dadurch der Gemeinschaft nützliche Dienste erweisen könne (§11); die Stellung des Sprechers innerhalb der römischen Ver- 15 waltung Ägyptens erscheint als verantwortungsvolle Tätigkeit im Bereich der Rechtsprechung (§12); analog hierzu sei selbst der Kaiser ein Lohnempfänger, da er für seine Fürsorge Bezahlung in Form von Verehrung erhalte (§13). Eine solche Tätigkeit ermögliche es, wie der Sprecher erneut betont, Freunden zu helfen und Nützliches zu bewirken (§14): Dies ist i. S. d. comparatio zu deuten, gemäß der eine ‚Untat‘ (hier: Lohnarbeit) durch den verhältnismäßig größeren Nutzen zu rechtfertigen sei, der für die Allgemeinheit entstehe. Andererseits erscheint μισθοφορία als eine universelle soziale Norm, die das Handeln des Einzelnen entschuldigt, was auch als Verweis auf die Strategie der συγγνώμη/ concessio deutbar ist. In der peroratio weist es der Sprecher in Anlehnung an die Sokratische „Apologie“ von sich, weise zu sein oder sich um ein tugendhaftes Leben bemüht zu haben. So verliert der Vorwurf einer (auf Philosophen zutreffenden) moralischen Verfehlung an Gewicht. Dagegen inszeniert er sich als ein reisender Starsophist, den Sabinos schon vor Jahren bei Rhetorentätigkeiten in Gallien kennenlernte. Epilog §15b: Absage an die Ankläger Der Sprecher erklärt die Verteidigung gegen die imaginären Ankläger für erfolgreich: Sabinos, für den allein die Apologie inszeniert wurde, soll ihm einen „weißen und vollständigen Stimmstein überreichen“, d. h. ihn freisprechen. Die Meinung der anderen Ankläger berühre ihn nicht. 2. Forschungsstand zu Lukians Apologia Lukians Schrift Apologia ist trotz der in den letzten Jahrzehnten gewachsenen Beachtung, die das Werk des Satirikers in Fachkreisen insgesamt gefunden hat, 9 bislang kaum auf weitergehende Aufmerksamkeit in der Forschung gestoßen. Manche Untersuchungen konzentrierten sich u. a. auf den Einsatz der Affenfabel Apol. 5, v. a. hinsichtlich deren Quellen, Paralleltexten sowie Rezeption, wie Crusius (1894), Luria (1930), Anderson (2009). Eine umstrittene Frage war und ist das in Apol. 12 thematisierte Amt des Sprechers in der römischen Verwaltung Ägyptens, das u. a. Stein (1915), Pflaum (1959) und vander Leest (1985) zu identifizieren suchten. 9 Vgl. die Forschungsüberblicke Alexiou (1990) 9-22, Macleod (1994) sowie Fuentes González (2005). Neuere Einführungen bieten Ligota/ Panizza (2007) 1-16 sowie Hopkinson (2008) 1-10. Die einführende Monographie von Baumbach/ von Möllendorff (2017) konnte hier nicht mehr berücksichtigt werden. Zum Leben Lukians vgl. Nesselrath (2001); zur Kritik an einer biographistischen Annäherung von Möllendorff (2002). 16 Die dabei vorgenommenen Identifikationen bilden z. T. noch immer das Grundgerüst für biographistische Fragen nach dem Leben ‚Lukians’, was ohne Zweifel einen ‚Höhepunkt’ bei Schwartz (1965) fand. 10 In dieser Forschungstradition ist Martin (2010) zu verorten, der der Frage nach der Kenntnis Lukians über ägyptische Bräuche und Realien nachgeht. Von Interesse war und ist ferner der Apol. 13 thematisierte Kaiserkult, wobei das System reziproken Gabentauschs in Reinform präsentiert wird, wie Bowersock (1973), Price (1984), Jones (1986), Swain (1996) und (2007) herausarbeiteten: Betont wird die gemäß antiker Erwiderungsmoral konstruierte Gegenseitigkeit von Wohltaten zwischen Kaiser und Untertanen; der Passus aus Apol. wurde wiederholt mit Texten anderer Literaten der Kaiserzeit in Verbindung gebracht. Schließlich stellten Bompaire (1958) 246f. in einem Standardwerk der Lukianforschung sowie Papaioannou (1976) 108f. Überlegungen zur Rhetorizität des Texts an. Entgegen früheren v. a. biographistischen Untersuchungen konzentrieren sich neuere Studien auf die verschiedenen Masken und Rollen, welche die Sprecher und Protagonisten in den Texten Lukians ein- und übernehmen. Angesichts deren Vielschichtigkeit schließt Saïd (1993) auch für Apol., das sprechende ‚Ich‘ sei wie auch sonst bei Lukian lediglich eine Maske. Mittels dieser literarischen Technik wolle der ‚Lügengeschichtsschreiber‘ die Leser ständig auf Irrwege führen. Die Verteidigungsrede Apol. ziele auf keine Form der Introspektion ab, vielmehr handle es sich um eine stilsichere rhetorische Übung. Statt um eine Autobiographie handle es sich angesichts der Vielzahl von Rollen um einen Diskurs über die Multiplizierbarkeit von Identitäten. 11 Laut Whitmarsh (2001) 293 sei es gar eine Funktion von Apol., die autoritative Geltung der Sprecherstimme aus der vorangegangenen Schrift Merc.Cond. subversiv zu untergraben, indem sich die Rhetorik der Anklage nun gegen den Satiriker selbst richte. Ähnlich sieht Goldhill (2002) 71 die Schrift als “wittily self-conscious play with the strategies of self-justification”. Einen entsprechenden selbstreflexiven ‚Meta- Diskurs‘ erkennt auch Obermeier (1999) 42f. in Apol. Instruktiv ist der übergreifende Ansatz bei Whitmarsh (2005) 79-81: Die literarische ‚Apologie’ habe sich in der Antike und tendenziell verstärkt in der Zweiten Sophistik zu einer Art ‚autobiographischen‘ Schreibens entwickelt, wie er am Beispiel zeitgenössischer lateinischer wie griechischer Werke aufzeigt. Auch Lukians Schriften Apol., Pisc., Pr.Im. und Bis Acc., in denen sich Protago- 10 Vgl. bereits Galavotti (1932). Schon Helm (1927) Sp. 1750f. 1766 nennt Merc.Cond. spekulativ (aufgrund angeblicher zeitlicher Nähe zu Apol.) eine „Altersschrift“. 11 Vgl. zu den Rollen Lukianischer Protagonisten auch Dubel (1994). 17 nisten für angebliche, mit früherer Literaturproduktion in Verbindung stehende Verfehlungen vor einem Tribunal verteidigen müssen, seien Reflexe dieser literarischen Tendenz. 12 Obermeier (1999) 25-43 sieht diese Art von “Auctorial Self-Criticism” in Stesichoros ʼ „Palinodie“, der Folgeschrift von dessen „Helena“ (vgl. PMG 187-191 sowie PMG 192-193; Isokr. or. 10.64) begründet: Mit diesem Werk sei in der gesamten Antike und bis in das europäische Mittelalter ein einflussreicher Diskurs und eine Ausdrucksform für die apologetische Haltung von Autoren hinsichtlich ihres literarischen Schaffens begründet worden: Lukians Apol. parodiere dieses “Stesichorean Paradigm” jedoch, denn “the self-criticism is always reversed, the author vindicated, and his literary creatorship asserted.” (43). Schließlich verfolgt Schmitz (2008) 215f. konsequent seinen bereits (1997) entwickelten Ansatz, die Verbindung von Macht(-streben) und Bildung bei den Elite- Mitgliedern des griechischen Ostens, v. a. den (Star-)Sophisten, habe einer wirkmächtigen zeitgenössischen Ideologie entsprochen. Diese Erkenntnis bezieht Schmitz auf Apol. 12, wo vom Amt in der Verwaltung Ägyptens die Rede ist. 13 3. Bemerkenswertes zu Stil und Sprache der Schrift Wie andere seiner Texte schreibt Lukian auch die Apologia in z. T. kanonische Diskurse der klassischen griechischen Literatur ein, was v. a. über Zitate und Anspielungen geschieht. Zentral für Apol. sind die Homerische Ilias (sechs Verweise) und die Euripideischen Tragödien (vier Verweise). Stilistisch greift Lukian die klassizistische Formensprache seiner Zeit auf, den Attizismus, der auf dem attischen Griechisch des 5./ 4. Jh. v. Chr. beruht. Hierauf deuten in Apol. ausgefeilte attische Tempora (z. B. 2.1 λέλεκταί, 15.10 ἐνεγκάμενον) 14 oder Wortformen (vgl. 13.8 das attische νεῲ statt dem in dieser Zeit geläufigen dorischen ναοὶ); bemerkenswert ist die Verwendung des erstarrten Reflexivpronomens ἑαυτόν statt σεαυτόν (2.1) 15 oder attisch ξυμβουλή statt συμβουλή (2.2). Auch der gerne von Lukian verwendete Optativ (z. B. im Rahmen eines Potentialis wie 4.1-2 οὐκ 12 Whitmarsh (2005) 81. Bereits Saïd (1993) 265f. bringt Apol. mit Pisc. in Verbindung. 13 Vgl. hierzu die Schlussfolgerungen bei Schmitz (2008) 216: „Für Lukian kann dieser Platz im Zentrum der Macht nur in enger Verbindung mit Rom gesichert werden; er muß also die >nationalen< Vorbehalte, die eben ein Resultat seiner Auffassung von Bildung waren, hier hintanstellen.“ Vgl. hierzu allg. A.6. 14 Schmid (1887) 232f. 15 Vgl. Schmid (1887) 228: „Die Formen von ἑαυτοῦ werden als Reflexiva auch für erste und zweite Person verwendet“. 18 ἀπεικότα γοῦν λέγοιεν ἄν, εἰ λέγοιεν, 4.8 φαίη τις ἄν, 6.1 φαῖεν ἄν, 12.6 εἰ σκέψαιο, δόξαιμ' ἄν σοι) deutet auf eine attizistische Schreibweise. 16 Dass Lukian sich nicht streng an die Vorlagen des Attizismus hielt, zeigt die Variation der Modi (vgl. 14.7 den Optativ ὡς μὴ […] εἴη statt finalem Konjunktiv trotz vorangegangenem Haupttempus) 17 oder Negationen (z. B. μή statt οὐ trotz Abhängigkeit von einem verbum dicendi 13.3). Manche Wortbedeutungen weichen vom klassischen Attisch ab wie 5.13 ἐπὶ πολὺ 18 oder 12.10 das aktivische δικαιολογούντων. Lukian, in dessen Werk hyperattizistische Exzesse verspottet werden (Lex. 20, Symp. 40), zeigt sich auch in Apol. als gemäßigter Attizist. Wenn der Sprecher §§11ff. auf die römische Verwaltung zu sprechen kommt, verwendet er griechische termini für genuin römische Institutionen, die jedoch Bereichen der griechischen Kultur entwendet sind, wie 12.11 ἄρχων (lat. praefectus; so entspricht 12.5 und 7 ἀρχή lat. provincia oder imperium), 19 11.19 und 23 ἔθνος (lat. provincia), 11.22 προστασία (lat. praefectura, patronatus), 11.24 φάλαγγας und στρατόπεδον (lat. legio); 11.23 ἐπιτροπεύειν bezieht sich auf die Tätigkeit des ἐπίτροπος (lat. procurator), ebd. ἁρμόττειν auf diejenige des ἁρμοστής (lat. praefectus). Römische Ämter erwähnt Lukian etwa auch Alex. 60 (Ädil), 55 und 57 (Proprätor), Demon. 18 (Senator), 16 und 50 (Prokonsul), Lex. 10, Nav. 14 (Prätor), Tox. 33 (Präfekt). 20 Die Untersuchung von Stil und Sprache der Schrift lässt den Wunsch nach sprachlicher Abwechslung erkennen. Ein rhetorisch geschulter Stil, bei dem ein puristischer Attizismus vermieden wird, wechselt mit einer Sprache, die vom gesprochenen zeitgenössischen Griechisch beeinflusst scheint: Hierauf deutet die syntaktische Variation bei Modi und Negationen, die nur selektiv attizistischen Regeln folgen. Schließlich lassen sich im Bereich der Sprache griechische Nachbildungen lateinischer Konzepte oder typisch römischer Institutionen feststellen. Oszillierende Darstellungsweisen, Stilmittel (wie Homoioteleuta), literarische Anklänge und Zitate, my- 16 Zur Wiederbelebung des Optativs im Attizismus vgl. Anlauf (1960), wo literarische mit nicht-literarischen Quellen gewinnbringend verglichen werden; ferner Wahlgren (1995). 17 Zu den Vermischungen der Modi bei Lukian s. Du Mesnil (1867) 15ff., Schmid (1887) 243. 18 Du Mesnil (1867) 36. 19 Vgl. Mason (1974) 26 s. v. ἀρχή 5. 20 Zum römischen Setting vgl. Dubuisson (1984-1986) 195, passim; zu den Lateinkenntnissen Lukians vgl. Rochette (1997) 243f. 266f.; skeptischer mit Blick auf Latein-Kenntnisse im griechischen Osten während der Kaiserzeit ist Cameron (2011) 529-531. 641-644; er unterstreicht jedoch die Wichtigkeit des Lateinischen als Verwaltungssprache. 19 thologische Exempla sowie die bildliche, anekdotenreiche Sprache sorgen für stilistische variatio und einen Wohlklang der Diktion. 4. Ein byzantinisches Rezeptionsbeispiel Kurz vor der Schwelle des 12. zum 13. Jahrhundert verfasste ein anonymer Autor einen humoristischen Text, der auf programmatische Weise auf Lukians Apologia Bezug nahm. Es handelt sich um eine invektivische „Grabrede auf die Verfasser von Grabreden“ (Μονῳδία εἰς μονῳδοῦντας, hier: Anon. Inv.). 21 In 20 Paragraphen 22 richtet sich die Sprecher-Instanz höhnisch an die Verfasser von Grabreden, die, unersättlich in ihren Klagen, selbst bei fröhlichen Anlässen betrübt seien und sich im Grunde bereits im Reich der Toten aufhielten - eine humorvolle Begründung dafür, dass sich eine Grabrede an noch lebende Personen richtet. Da es sich bei dem Text jedoch selbst um eine Grabrede handelt, muss sich der Autor notwendig in Widersprüche verstricken, wie er gleich zu Beginn (§§1-2) andeutet. Dabei greift er auf Formulierungen zurück, die Sabinos in Luc. Apol. gegen den Sprecher und Autor von Merc.Cond. verwendet, um dessen Heuchelei und den Widerspruch zwischen Wort und Tat aufzudecken. 23 Die Überein- 21 Hierzu Sideras (2002), Christidis (2003). Zur Datierung Sideras (2002) 11-14, der auf den Seiten 31-33 („Lukianos und Anonymos“) ausschließlich die Konvergenzen von Anon. Inv. mit Luc. Luct. herausarbeitet, die jedoch auf die Verwandtschaft des Themas zurückgeführt werden. Zwar erkennt Christidis (2003) einen klaren Bezug zwischen Anon. Inv. und Luc. Apol., doch fordert er aus dem Befund v. a. textkritische Revisionen. 22 §§1-3: προοίμιον; 4-19: θρῆνος vermischt mit ψόγος; 20: zum Fluch umgestaltete εὐχή. Dabei handelt es sich um eine Subversion bzw. Parodie der in byzantinischen Grabreden üblichen Gemeinplätze. Hier werden sie als Argumente gegen deren Verfasser herangezogen. 23 Dies sind a) Anon. Inv. 1 (die Leser der Schrift werden bei der Lektüre lachen und weinen: εἴ τις τουτὶ διέλθοι <τὸ> σύγγραμμα, πάντως οὐκ ἀγελαστὶ κλαύσεται) und Luc. Apol. 1 (Sabinos lachte wohl bei der Lektüre: οὐκ ἀγελαστὶ διεξῄεις αὐτὸ); b) Anon. Inv. 2 (mögliche Anklagepunkte der Leser: Der Sprecher ähnle Bellerophon aus der Korinthischen Sage, dem ein Buch den Untergang brachte: τῷ τοῦ Κορινθίου πεπονθέναι μύθου, ταὐτὸ δόξαντος κατ ˈ ἐμαυτοῦ, ὃ Βελλεροφόντης, γεγραφότος τὸ βιβλίον) und Luc. Apol. 3 (τὸν τοῦ Κορινθίου μῦθόν τι πεπονθέναι, κατὰ σαυτοῦ ὁ Βελλεροφόντης γεγραφὼς τὸ βιβλίον); Anon. Inv. 2 (ἢ ὅμοιά με φήσει τῷ Σαλαίθῳ ποιεῖν, ὃς πικρότατον τοῖς Κροτωνιάταις κατὰ μοιχῶν νόμον θεὶς καὶ θαυμαζόμενος ἐπὶ τούτῳ, μετὰ μικρὸν αὐτὸς ἑάλω μοιχεύων τἀδελφοῦ τὴν γυναῖκα) und Apol. 4 (ὅμοιά σε τῷ Σαλαίθῳ ποιεῖν, ὃς πικρότατον κατὰ μοιχῶν θεὶς τοῖς Κροτωνιάταις νόμον καὶ θαυμαζόμενος ἐπ' αὐτῷ μετὰ μικρὸν αὐτὸς ἑάλω μοιχεύων τοῦ ἀδελφοῦ τὴν γυναῖκα); Anon. Inv. 2 (κινδυνεύω τε γὰρ μιμεῖσθαι ταῦτα, ἃ οὐ καλῶς ἔχειν ἡγοῦμαι, καὶ τὸν ἧλον ἐκκρούειν ἥλῳ πειρᾶσθαι) und Luc. Apol. 9 (εὑρίσκωμαι ἥλῳ, φασίν, ἐκκρούων τὸν ἧλον); Anon. Inv. 2 (ἀπολογίαν τε οὐκ ὁρῶ, ἥτις ἂν εὐπρόσωπος πρὸς τοὺς κατηγοροῦντάς μοι γένοιτο) 20 stimmungen gehen soweit, dass Christidis (2003) 392 den Anfang der byzantinischen Schrift als Kompilation der Lukianischen Apologia auffasst. Interessanter ist jedoch der inhaltliche Zusammenhang zwischen beiden Schriften: Die Sprecher-Instanz der Μονῳδία εἰς μονῳδοῦντας antizipiert zu Beginn die Vorwürfe der Rezipienten, die auf den Widerspruch deuten, dass sie Grabreden immerhin im Rahmen einer Grabrede kritisiert - wobei der metaliterarische Text auf virtuose Weise von einer genauen Kenntnis der Gattung Zeugnis gibt, indem deren übliche Topoi überzeichnet präsentiert werden. Bereits der Sprecher der Lukianischen Apologia führt zu Beginn einen fiktiven Leser ein, der den Widerspruch zwischen Worten und Taten des Sprechers kritisiert sowie dessen Unternehmen, eine Apologie in eigener Sache zu verfassen. Und bereits bei Lukian führt der Sprecher das literarische Unternehmen ad absurdum, wenn statt einer seriösen Palinodie vielmehr eine Präsentation und gleichzeitig Abwertung topischer Verteidigungs-Strategien erfolgt. Gerade in dieser metaliterarischen Apologie erweist der Sprecher seine Kenntnis zentraler rhetorischer Strategien. In der Enttarnung der topischen Elemente als solcher führt er jedoch die Grenzen entsprechender Verteidigungsreden vor und karikiert sie geradewegs. Beide Texte verhandeln also auf parodistische Weise literarische ‚Meta- Diskurse‘ über die Möglichkeiten und Grenzen der jeweiligen Textsorte (ἀπολογία bzw. μονῳδία), worin jeweils über die entsprechenden literarischen wie rhetorischen Konventionen reflektiert wird. Ein solches Verfahren findet sich in vielen Lukianischen Texten, z. B. in VH, wo in einer Erzählung von wundersamen Reisen, Völkern und Geschehnissen historiographische Schreibweisen parodiert und ebenfalls deren Spielräume ausgelotet werden. Der byzantinische Anonymus orientierte sich beim Verfassen seiner invektivischen „Grabrede auf die Verfasser von Grabreden“ deutlich an der literarischen Technik Lukians und v. a. den Lukianischen ‚Meta-Diskursen‘ über literarische Schreibweisen, wie dies im Bereich der dikanischen Rede exemplarisch Lukians Apologia vor Augen führt. und Luc. Apol. 3 (οὐχ ὁρῶ τὴν ἀπολογίαν ἥτις ἂν εὐπρόσωπός σοι γένοιτο πρὸς τοὺς κατηγοροῦντας); vgl. ferner phraseologische Ähnlichkeit bei einer seltenen Junktur Anon. Inv. 2 (πλείστην ὅσην λοιδορίαν κατασκεδάσαι) und Luc. Apol. 3 (πολλὴν λήθην κατασκεδάσαι). 21 5. Exkurs I: Form, Funktion und Programm der Lukianischen ἀπολογία ἀπολογία μὲν γὰρ Σωκράτους ἐστὶν καὶ Αἰσχίνου καὶ Ὑπερίδου καὶ Δημοσθένους καὶ τῶν πλείστων σχεδόν τι ῥητόρων καὶ σοφῶν (Luc. Par. 56). 24 5.1 Die Apologie als ‚autobiographische‘ Literaturform der Antike In der Kaiserzeit ist ein Anstieg ‚biographischer‘ Texte zu beobachten, die den βίος einer in bestimmter Hinsicht herausragenden Person nachzeichnen und dabei auf das Instrumentarium der epideiktischen Rhetorik (ψόγος oder ἐγκώμιον) zurückgreifen. 25 Auch das Interesse an ‚autobiographischer‘ Schreibweise, im Sinne einer Narrativik, welche die Person des Autors in den Blick nimmt, lässt sich verzeichnen, 26 was jedoch auch der für den Hellenismus ungünstigen Überlieferungslage geschuldet ist. Dabei wird v. a. die literarisch-rhetorische „Apologie“ ihrer rein dikanischen Funktion entkleidet; sie avanciert zu einem Medium auktorialer Selbststilisierung par excellence. 27 Klassisches Vorbild hierfür ist Platons „Apologie des Sokrates“. 28 Doch schon im 5. Jh. v. Chr. schrieb Antiphon eine „Apo- 24 „Eine Apologie gibt es nämlich von Sokrates, von Aischines, Hypereides, Demosthenes und fast den meisten Rednern und Weisen…“ 25 Die Vorläufer dieser βίος-Literatur liegen v. a. im 4. Jh. v. Chr., vgl. Isokrates ʼ „Euagoras“ oder Xenophons „Agesilaos“. Da für den Hellenismus die Überlieferungslage ungünstig ist (lediglich Satyros ʼ Euripides-Vita ist z. T. erhalten: FGrH 90 F 125-130), ergibt sich für die Kaiserzeit das Bild einer ‚Renaissance‘ biographischen Schrifttums: Vgl. Plutarchs „Leben der Kaiser“ (überl.: Galba, Otho) und die „Parallel-Viten“, Philostrats „Apollonios von Tyana“, Diogenes Laertios ʼ „Leben der Philosophen“, Lukians Alex., Demon., Peregr. Vgl. Momigliano (1971), Pelling (1990), Schirren (2005), Hägg (2012); zur Kaiserzeit Swain/ Edwards (1997). 26 Zur antiken ‚Autobiographie‘ (avant la lettre: ein moderner Begriff) vgl. Niedermeier (1919), Misch (1949), bes. 3-21, Baslez et al. (1993). Man zählt hierzu (Ps.-? )Platons „7. Brief“, Isokrates ʼ „Antidosis“, Xenophons „Anabasis“, Augustus ʼ „Tatenbericht“ (Res gestae), Marc Aurels „Briefe an sich selbst“, Augustinus ʼ „Bekenntnisse“. Vgl. Reichel (2005); HWRh 1 (1992) Sp. 1267-1276 s. v. Autobiographie, autobiographisches Schreiben (R.-R. Wuthenow), bes. Sp. 1271ff. (Aufrichtigkeits-Topos sowie pseudodokumentarischer Charakter); DNP 2 (1997) Sp. 349-351 s. v. Autobiographie II-III (H. Görgemanns). 27 Vgl. Whitmarsh (2005) 79: “it is notable how many examples of what modern scholars call ‘autobiography ʼ are really what ancient theorists would have called rhetorical apologiai (‘defence-speeches ʼ ).” 28 Zum Echo bei Lukian vgl. Luc. Apol. 15 die auf Sokrates bezogene Leugnung des Sprechers, ein Weiser zu sein (Pl. Apol. 21d-22e) und seine Gleichgültigkeit den Anklägern gegenüber (was im anti-rhetorischen Gestus in Pl. Apol. Vorläufer findet); ferner Bis 22 logie“, im 4. Jh. v. Chr. Isokrates die „Apodosis“, Demosthenes die „Kranzrede“, der Redner Lykurg wohl zwei „Apologien“. 29 So zählte später etwa der Patriarch Photios ἀπολογίαι von Lysias, Isokrates und Demosthenes zu seiner Bibliothek. 30 In der Kaiserzeit entstanden Werke wie Nikolaos ʼ von Damaskus Περὶ τοῦ ἰδίου βίου/ Περὶ τῆς ἑαυτοῦ ἀγωγῆς (FGrH 90 F 131- 139, 138 als ἀπολογία bezeichnet), Flavius Josephus ʼ Ἰωσήπου βίος (gegen die Kritik des rivalisierenden Historiographen Justus von Tiberias, vgl. 338: ὅθεν ἀπολογήσασθαι γὰρ νῦν ἀνάγκην ἔχω καταψευδομαρτυρούμενος), Aelius Aristides ʼ or. 33 (gegen den Vorwurf, der Sprecher vernachlässige seine Heimatstadt) oder die frei am Platonisch-Sokratischen Vorbild orientierte Apologie Pro se de magia des Apuleius von Madaura, worin sich der Sprecher gegen Zauberei-Vorwürfe verteidigt. 31 Dabei evozierte der gerichtliche terminus ἀπολογία zwar prinzipiell die Vorstellung einer dikanischen Rede. Doch wurden mit dieser Chiffre auch in weiterer Hinsicht Texte versehen, worin sich eine Person pro domo gegen Kritik, Vorwürfe oder polemische Attacken zur Wehr setzte. Noch bei den rhetorisch versierten Kirchenmännern des 4. Jh. wie etwa Gregor von Nazianz fand die ursprünglich forensische Technik des ἀπολογητικὸς λόγος im Rahmen der Verteidigung gegen potentielle Kritiker Verwendung: In Brief und Rede wurde der jeweilige βίος als vorbildlich dargestellt, wobei man wie in der paganen Tradition auf autobiographische und protreptische Elemente rekurrierte. 32 Die apologetische Haltung beschränkte sich nicht auf die defensio: Vermittels der refutatio fiktiver Kritik konnte sich ein Literat oder Redner indirekt profilieren und Prestige zuschreiben. Absehbare Gegenargumente wurden von vornherein entkräftet. Den Vorteil, den ein zur Apologie gegen Verleumdung oder Anklage stilisiertes, indirektes Selbstlob gegenüber einer selbstverherrlichenden Darstellung (περιαυτολογία) hat, beschreibt Plutarch in De laude ipsius 4 (540c) (αὑτὸν δ' ἐπαινεῖν ἀμέμπτως ἔστι Acc. 33 (der Dialog imitiert Pl. Apol. 17b9-c11 und gibt sich als ‚gerichtsfremd‘) mit Braun (1994) ad loc., Demon. 11 (Apologie des Demonax) mit Clay (1992) 3427. Pisc. ist durchzogen von Anspielungen auf Pl. Apol.: Vgl. Pisc. 7, 9, 18, 23 mit 17a-b; Pisc. 11 mit 21b-d; Pisc. 33 mit 36d; ferner Prom.Es 6. Vgl. auch Dions Stilisierung als Sokrates, wie er Pl. Apol. erscheint, mit Döring (1979) 91-101. Ferner Philostr. VA 4.46 p. 85. 29 Autobiographisches Schreiben in der Form einer Apologie findet sich auch in (Ps.-? ) Platons „7. Brief“: Vgl. Brisson (2000), Erler (2005). 30 Vgl. hierzu Bergjan (2001), bes. 179-181 (Bezug zu frühchristlichen Apologetikern). 31 Zu Josephus, aus dessen Feder auch das apologetische Werk Contra Apionem stammt, vgl. Hadas-Lebel (1993), zu Apuleius vgl. Hunink (1997), Harrison (2000) 39-88, Hammerstaedt (2002). 32 Vgl. Elm (2015) 54: “Apologia as autobiography was thus an essential aspect of the selffashioning of the bishop as true philosopher and leader, outperforming his peers”. 23 πρῶτον μέν, ἂν ἀπολογούμενος τοῦτο ποιῇς πρὸς διαβολὴν ἢ κατηγορίαν). 33 Klassisch formuliert wird dies in Isokrates ʼ „Antidosis“ (or. 15.8), wo der Redner den Nachteil anspricht, sich selbst zu loben, da er so nicht alles, was er behandeln wolle, einarbeiten dürfe und sich auch der Gefahr aussetze, Anstoß zu erregen. Wenn er hingegen einen Prozess sowie einen verleumderischen Ankläger voraussetze und sich der Form der Verteidigungsrede (ἀπολογίας σχῆμα) bediene, dann habe er einen ausreichenden Grund, nach Belieben über alles zu sprechen. 34 5.2 Die fiktiven Gerichtsszenarien bei Lukian Im Werk Lukians gibt es zahlreiche fiktive ‚Prozess-Schriften‘ bzw. ‚prozessuale Einlagen‘, in denen die Protagonisten im Rahmen imaginärer Gerichtsverhandlungen Anklagen oder Verteidigungen gegen Opponenten vortragen, oder in denen es zu einem Rededuell zwischen Anklage und Verteidigung kommt. Dies verdeutlicht die folgende Übersicht: 33 „Sich selbst zu loben, ohne dafür getadelt zu werden, ist zuerst einmal erlaubt, wenn du dies im Rahmen einer Verteidigung tust gegen Verleumdung oder Anklage“. Hierzu vgl. auch den Überblick bei Whitmarsh (2005) 81-83. 34 Εἰ μὲν οὖν ἐπαινεῖν ἐμαυτὸν ἐπιχειροίην, ἑώρων οὔτε περιλαβεῖν ἅπαντα περὶ ὧν διελθεῖν προῃρούμην οἷός τε γενησόμενος, οὔτ' ἐπιχαρίτως οὐδ' ἀνεπιφθόνως εἰπεῖν περὶ αὐτῶν δυνησόμενος· εἰ δ' ὑποθείμην ἀγῶνα μὲν καὶ κίνδυνόν τινα περὶ ἐμὲ γιγνόμενον, συκοφάντην δ' ὄντα τὸν γεγραμμένον καὶ τὸν πράγματά μοι παρέχοντα, κἀκεῖνον μὲν ταῖς διαβολαῖς χρώμενον ταῖς ἐπὶ τῆς ἀντιδόσεως ῥηθείσαις, ἐμαυτὸν δ' ἐν ἀπολογίας σχήματι τοὺς λόγους ποιούμενον, οὕτως ἂν ἐκγενέσθαι μοι μάλιστα διαλεχθῆναι περὶ ἁπάντων ὧν τυγχάνω βουλόμενος. 24 Schrift Anklage Verteidigung Richtervorsitz Anklagepunkt Prozessausgang Phal. 1 (lib. 1) Feinde, Neider und Gerüchte, welche Phalaris ʼ Taten in schlechtem Licht erscheinen ließen: §1 (ohne Redebeitrag) der Tyrann Phalaris mittels seiner Gesandten aus Akragas Priester des Delphischen Orakels willkürliche und grausame Herrschaft (ὠμότης) - (fehlt; Phal. 2, das Plädoyer eines Delphiers, stellt eine Verteidigung des Phalaris dar) Iud.Voc. (lib. 16) Konsonant Sigma Konsonant Tau (ohne Redebeitrag) Vokale des griechischen Alphabets (τὰ Φωνήεντα) erlittene ἀδικία des Sigma durch Tau (κατάχρησις, πλεονεξία) - (der Attizismus, gemäß dem θάλαττα privilegiert wird vor θάλασσα, muss zur Niederlage von Sigma führen) Cat. (lib. 19) §§26-27: Kyniskos mit Hilfe der Zeugen ‚Lampe‘ und ‚Bett‘ §27: der Tyrann Megapenthes Unterweltsrichter Rhadamanthys ὠμότης, ὕβρις des Tyrannen Sieg Anklage Prom. (lib. 23) §6: Hermes als Anwalt des Zeus §§7-19: Prometheus (Plädoyer gerät z. T. zu einer Gegenklage gegen Zeus: §20) - (Hephaistos lehnt §5 die Rolle des δικαστής ab) a) Täuschung des Zeus (Opferbetrug) b) Erschaffung des Menschen c) Feuerdiebstahl Sieg Anklage Tim. (lib. 25) §§36-37: Timon §38: Πλοῦτος Hermes als Streitschlichter ἀδικία in vielerlei Hinsicht §39: Hermes zwingt Timon zum Einlenken 24 25 Pisc. (lib. 28) §§25-27: Diogenes (Vertreter der Vit.Auct. attackierten Philosophen) Parrhesiades: §§29-37 ἡ Φιλοσοφία (Ἀλήθεια und Ἀρετή als Zeuginnen) ὕβρις: Beleidigung der Philosophen in bzw. durch Vit.Auct. Sieg Verteidigung Bis Acc. (lib. 29) 1) ἡ ‘Ρητορική: §§26-29 2) ὁ Διάλογος: §33 der ‚Syrer‘: gegen Ῥητορική §§30-32, gegen Διάλογος §34 ἡ Δίκη und Hermes setzen Gerichte ath. Bürger auf dem Areopag ein κάκωσις (Rhetorik) ὕβρις (Dialog) Doppelter Sieg Verteidigung Salt. (lib. 45) der Kyniker Kraton: §§2-3 (vgl. §1) Lykinos: §§7-85 - (vgl. §3: πολλῆς […] ἀπολογίας σοι δεήσει πρὸς τοὺς πεπαιδευμένους) Generalanklage Kratons gegen die Tanzkunst (ὄρχησις) Sieg Verteidigung (vgl. §85: Kraton überzeugt) Pr.Im. (lib. 50) die in Im. gelobte Frau (laut schol. ad Pr.Im. : Panthea), verlesen von Polystratos: §§1-14 Lykinos: §§17-28 (mit Unterstützung durch Homer: §§24-26) Appellationsgericht Schmeichelei (κολακεία), generell Probleme der Literaturkritik offener Ausgang (vgl. §29) Pseudol. (lib. 51) §25: γλῶττα (Zunge/ Sprache des Sophisten) untalentierter Sophist (Plädoyer §26 angedeutet) - (fehlt; imaginärer Ort ist ein δικαστήριον) ἀδίκημα, ὕβρις (sprachliche Vergehen) statt einer Verurteilung Rufmord (§27) Tyr. (lib. 53) anonymer ἀντιλέγων (vgl. §3; ohne Redeeinsatz) ein Tyrannenmörder mit ὦ ἄνδρες δικασταί tituliertes anonymes Richtergremium fälschliche Behauptung, ein Tyrannenmörder zu sein - (fehlt) 25 26 Abd. (lib. 54); vgl. Sen. Mai. controv. 4.5 Vater des Angeklagten (ohne Redeeinsatz) ein zum zweiten Mal enterbter Sohn, (ἀποκηρυττόμενος), der eine Gegenklage erhebt mit ὦ ἄνδρες δικασταί tituliertes anonymes Richtergremium unterlassene Hilfeleistung gegen die Stiefmutter - (fehlt) Sat. (lib. 61) 1) Armer: §§19-24 2) Kronos als Stellvertreter der Armen: §§31-35 1) Kronos als Stellvertreter der Reichen: §§25-30 2) die Reichen: §§36- 39 §§25-36 fungiert Kronos auch als vermittelnder Schiedsrichter der Interessen von arm und reich ungleiche Verteilung der Güter bei den Menschen, πλεονεξία der Reichen - (fehlt) Apol. (lib. 65) Leser Sabinos: §§1-7 Autor der Schrift Merc.Cond. : §§8-15 §2 angedeutet: Hermes Logios (Patron der Redner); §15: Sabinos διαφωνία zwischen literarischem Werk und Leben Andeutung §15: Sieg Verteidigung Laps . (lib. 66) angedeutet §19: der Patron und Empfänger der Schrift Asklepios (ohne Redebeitrag) Sprecher in der Rolle eines Klienten (ἀπολογία i. S. einer ἐπίδειξις: §19) - (fehlt) unpassender Morgengruß (ὑγίαινε statt χαῖρε) Andeutung §19: Sieg Verteidigung Hes. (lib. 67) Lykinos: §§1-3, 7-9 der Dichter Hesiod spricht §§4-6 eine ποιητικὴ ἀπολογία - (fehlt) Hesiod habe keinen Einblick in die Zukunft §9: Sieg Anklage DMort. 24 (lib. 77) §1 erwähnt: der Angeklagte ist bereits der λῃστεία überführt (ἐξελήλεγξαι) der Räuber Sostratos vor dem Totengericht: §§2-3 Unterweltsrichter Minos Einspruch des Sostratos: er habe nur unter dem Zwang der Moiren gehandelt §3: Sieg Verteidigung (dem Toten werden die Strafen erlassen) 26 27 Die Liste umfasst Schriften, in denen fiktive Charaktere sich innerhalb von Prozessszenarien verteidigen (i. d. R. ἀπολογία genannt; vgl. aber DMort. 24: §3 ἐπερώτησις i. S. v. „Nachbefragung, -verhandlung“; Iud.Voc.: κατηγορία, d. h. „Anklage). 35 So wird in der Schrift Prometheus in Anlehnung an Aischylos ʼ Tragödie „Der gefesselte Prometheus“ der Titan auf Zeus ʼ Befehl mit Hilfe von Hephaistos (im Beisein des Hermes) im Kaukasus angeschmiedet. Da man noch auf die Ankunft des Adlers wartet, der Prometheus die Leber aushacken soll, beginnt man aus Langeweile einen Prozess auf den Felsen, bei dem Hermes als Sprachrohr des Zeus den Ankläger gibt; Prometheus verteidigt sich §§7-19 ausgiebig gegen die schon bei Hesiod thematisierten Vorwürfe (Erschaffung des Menschen, Feuerdiebstahl, Opferbetrug). Die Absurdität des Prozesses wird dadurch gesteigert, dass Hermes sich auf das ‚sophistische Glanzstück‘ des Titanen freut, das die Langeweile vertreiben soll (Prom. 4 ἀκρόασιν […] σοφιστικήν, vgl. Minos zu Sostratos DMort. 24.3: σοφιστής τις εἶναι δοκεῖς). Prometheus erscheint als eloquenter Sophist, der, seiner Bildung vertrauend, literarische Anspielungen in einer Rede verarbeitet: Dies erinnert an die kaiserzeitlichen Deklamationen, die zu klassischen Themen vor einem Publikum gehalten wurden. Von seiner Rede wird Prometheus nicht profitieren: Hermes meint am Ende, der Titan solle froh sein, dass Zeus die Apologie nicht persönlich gehört habe, sonst würde er ihm als Strafe noch 16 Geier senden (Prom. 20). Die Schrift zeigt Lukians kreativen Umgang mit der Literatur- Tradition: Der Titan Prometheus hält eine rhetorisch ausgefeilte Verteidigungsrede und kreiert eine Prosa-Komposition des Aischyleischen Modells. Diese orientiert sich dabei an zeitgenössischen epideiktischen Reden. Dies verdeutlicht auch die Lukianische Apologie Laps., wo das Ich, ein griechischer Klient in Rom, in eigener Sache spricht. Nachdem er seinen 35 Beachtung verdienen in diesem Kontext noch weitere Schriften Lukians: Etwa Eun., wo Lykinos seinem Freund Pamphilos vom ‚Prozessstreit‘ zwischen Diokles (vgl. dessen κατηγορία §6 sowie §§10-13) und Bagoas darüber, ob sich Eunuchen wie Bagoas auf Professoren-Posten bewerben dürften, berichtet. Ferner Prom.Es, wo zwar keine Gerichtsterminologie, etwa ἀπολογία, verwendet wird, die Haltung gegenüber dem Adressaten, der §1 den ὁπόσοι ἐν δίκαις εὐδοκιμεῖτε ξὺν ἀλήθείᾳ ποιούμενοι τοὺς ἀγῶνας zugerechnet wird, jedoch durchaus apologetisch ist: Behandelt wird der ambivalente Vorwurf, der Sprecher sei ein ‚literarischer Prometheus‘. Vgl. ferner den ἀγὼν λόγων in Dom. (zwei λόγοι, vgl. §14), Peregr. (Rede pro und contra Peregrinos durch den Kyniker Theagenes §§3-6 sowie einen Anonymus §§7-31), Rh.Pr. (zwei ῥητόρων διδάσκαλοι) und Somn. (Παιδεία vs. Ἑρμογλυφική). Fug. 2 will Zeus die ἀπολογία des Peregrinos vor dessen Selbstverbrennung wiedergeben, wird jedoch unterbrochen. Vgl. ferner Pseudol. 5-9 (der personifizierte Ἔλεγχος). Somn. 17-18 trägt, da sich der Sprecher gegen kritische ficti interlocutores verteidigt, ebenfalls apologetische Züge. 28 patronus bei der morgendlichen salutatio falsch begrüßt hat (ὑγίαινε statt χαῖρε, also in etwa „Gesundheit“ statt „Sei gegrüßt“), liefert er in seiner beredten Verteidigung zahlreiche literarische Belege für die Verwendung der Grußformel ὑγίαινε. 36 Am Ende (Laps. 19) äußert der Sprecher selbstironisch, man könne nun glauben, er habe den Fehler absichtlich gemacht, um eine wortreiche Verteidigungsrede zu halten. Es sei zu befürchten, der adressierte patronus würde die Worte weniger als Apologie und vielmehr als Ausgangspunkt für eine epideiktische Rede betrachten. 37 Beide Texte repräsentieren zwei Haupttypen der Lukianischen Apologie. Fiktive Prozessszenarien werden in einen dialogisch-dramatischen (wie in Prom.) oder erzählerischen Rahmen (wie in Laps.) ‚eingebettet‘. 38 Es wird die Fiktion erzeugt, es fände ein - wenn auch bewusst fantastischer - Prozess statt. Oft spielt der Prozess eine untergeordnete Rolle für die Schrift (z. B. Cat. 26-27, Pseudol. 25, Tim. 36-38). Bisweilen bilden Prozesse jedoch das konstitutive Element des Textes (z. B. Iud.Voc., Pr.Im., Tyr., Abd., Apol., Laps., Hes.). Wenn die Anforderungen an einen Prozess (z. B. Tribunal, Richter oder ein Schiedsgericht) nur zu einem Mindestmaß gegeben sind, ist der Prozess nur eine Art ‚dikanische Fassade‘ für eine epideiktische Rede oder die gerichtliche Terminologie schafft einen Rahmen für weiter gefasste Diskurse wie Literaturkritik (v. a. Hes., vgl. Prom.Es). So verteidigt sich Lykinos Salt. 7-85 gegen Kratons Vorwürfe gegen die Tanzkunst, indem er deren Inhalte der παιδεία zurechnet und sie dadurch aufwerten kann, so dass Kraton am Ende selbst zum Anhänger des Tanzes wird. 39 Obwohl dabei die termini κατηγορεῖν (Kraton) bzw. ἀπολογεῖσθαι (Lykinos) verwendet werden, wird nicht ständig die Vorstellung von Prozessplädoyers evoziert (vgl. Hes., Laps., Phal. 1 oder Sat. 19-39, bes. 36-39). Als eigentliche Prozessschriften erscheinen dagegen Abd., Apol., Bis Acc., Iud.Voc., Pisc., 36 Vgl. hierzu Mestre/ Vintró (2010). Allg. Rutherford (1995). 37 τοιοῦτον φανῆναι τὸν λόγον, ὡς μὴ ἀπολογίαν, ἀλλ ˈ ἐπιδείξεως ἀφορμὴν εἶναι δοκεῖν. 38 Diese Dichotomie ist inspiriert von der traditionellen Einteilung der Platonischen Dialoge in „dramatische“ (rahmenlos, in wörtlicher Rede) und „diegematische“ (berichtender Rahmen, Einleitung von Redebeiträgen mit Zitatformeln wie „sagte er“ etc.). Vgl. die Unterscheidung von διήγησις und μίμησις. Ferner von den Graden der Mittelbarkeit des Erzählens (distance) bei Genette (1994): Die Darstellung kann im narrativen Modus (größere Distanz) oder im dramatischen Modus (geringere Distanz) erfolgen. Vgl. das auf die angelsächsische Romantheorie zurückgehende Begriffspaar showing vs. telling. 39 Vgl. Kratons Worte Salt. 3: πολλῆς […] ἀπολογίας σοι δεήσει πρὸς τοὺς πεπαιδευμένους κτλ. Zum rhetorischen Charakter der Schrift vgl. Petrides (2013) 446: “The stronger impression On Dance gives is, granted the pun, of a sophisticated exercise in sophistic argumentation, which needs to be examined within its own discursive margins rather than treated as an authentic defence of pantomime”. 29 Tyr., wo die Prozess-Fiktion - wenngleich spielerisch - aufrechterhalten wird und der Prozess das konstitutive Element der Schrift bildet. Innerhalb der Dialogschriften, in welche die meisten Apologien eingebettet sind, fügen sich die Plädoyers in das dialogisch-dramatische Muster aus Rede und Gegenrede (Cat. 26-27, DMort. 24, Prom. 6-19, Tim. 36-38, Pisc. 25ff., Bis Acc. 26-34, Salt., Pr.Im., Sat. 19-36, Hes.). Dies ahmt eine Gerichtssituation nach: Damit folgen die Texte einer dialektischen Komposition aus rhetorischer offensio und defensio. In erzählenden Texten werden die Plädoyers dagegen rhetorisch inszeniert: Die Sprecherstimme tritt als Verteidigerin in eigener Sache auf und kleidet eine epideiktische Rede in ein gerichtliches Plädoyer (z. B. Phal. 1, Iud.Voc., Tyr., Abd., Laps.). Doch kann auch hier eine dialogischdramatische Dimension zum Vorschein kommen, wenn etwa - wie in Apol. - ein imaginärer Ankläger in Form eines fictus interlocutor durch die Technik rhetorischer Charakterzeichnung ‚erschaffen‘ wird (allg. zur Argumentation gegen fiktive Opponenten Quint. inst. 5.11.3-5). 5.3 Rechtfertigung für literarisches Schaffen in Lukians fiktiven Apologien In manchen dialogisch angelegten Texten Lukians tritt eine Autorfigur auf, die sich gegen fiktive Ankläger vor Gericht für ihr eigenes literarisches Schaffen verteidigt: Neben Apol. (Bezug auf Merc.Cond.) sind auch Pisc. (Vit.Auct.) und Pr.Im. (Im.) ‚Verteidigungsbzw. Antwortschriften‘, in denen sich eine Autor-Instanz verteidigt. In Pisc. muss sich der Protagonist Parrhesiades in Athen gegen berühmte, wieder zum Leben erweckte Philosophen verteidigen, die er angeblich durch antiphilosophische Polemik in Vit.Auct. beleidigt hatte. Auch in Pr.Im. spricht Lykinos eine ἀπολογία (15) in eigener Sache, um den Vorwurf einer Frau, er habe ihr in Im. übermäßig geschmeichelt, zu widerlegen. 40 In diese Reihe passt auch Apol., da sich hier der Autor von Merc.Cond. gegen den Vorwurf der Heuchelei von Seiten eines kritischen Lesers verteidigen muss. Auch in Bis Acc. verteidigt sich der anonyme ‚Syrer‘ (als Logograph und Rhetor bezeichnet) vor dem athenischen Areopag erfolgreich gegen die Vorwürfe der ‚Rhetorik‘ und des philosophischen ‚Dialogs‘, die sich beide durch dessen literarische Innovationen abgewertet fühlen. 41 Die Bezüge auf eine Autorfigur und literarisch- 40 Vgl. hierzu Bretzigheimer (1992), Swain (1996) 314f., Sidwell (2002), von Möllendorff (2004). 41 Luc. Hes. muss sich Hesiod für seine ‚hellseherische‘ Dichtung verteidigen. 30 rhetorische Produktion stehen Lukians προλαλιαί nahe, in denen jeweils die Sprecher-Figur Bemerkungen über sich selbst macht oder mittels Anekdoten, Mythen oder Bildbeschreibungen auf Vorwürfe reagiert, 42 wie z. B. Bacch. 7-8 (der Sprecher nennt sich selbstironisch einen berauschten Alten), Herc. 7-8 (Vorwürfe gegen das hohe Alter des Sprechers), Electr. 6 (Vorwurf, die Literatur des Sprechers halte nicht das, was sie verspreche), Dips. 9, Herod. 7-8, Zeux. 1-2, 10, Harm. 3-4, Scyth. 9-11 43 sowie Prom.Es (mehrdeutiger Vorwurf, ein ‚literarischer Prometheus‘ zu sein). Auch das Proöm von VH zeigt einen (ironischen) Umgang der Erzähler-Instanz mit dem Vorwurf, zum Kreis der Autoren von Lügengeschichten zu zählen. 44 Die Referenzen auf eine Autorfigur und deren apologetische Bemühungen sind wie in anderen Lukianischen Texten nicht autobiographisch zu verstehen oder als kohärente Bezüge auf eine reale Autorfigur (Lukian). 45 Auch die ἀπολογίαι in Pisc., Pr.Im. und Apol., worin jeweils auf eine vorangehende Schrift rekurriert wird, sollten nicht als autobiographische Zeugnisse gelesen werden. Dies verdeutlicht ein Blick auf die Rhetorizität sowie Theatralität in diesen Texten: Zum rhetorischen Charakter der Schriften trägt v. a. die Technik bei, den Gegnern des Lukianischen Sprechers eine Stimme zu verleihen, die ihm gegenüber Vorwürfe äußert. Diese Vorwürfe gehen dabei stets ad personam des Autors (in Pisc.: Parrhesiades, Pr.Im.: Lykinos, Apol.: ‚Autor‘ von Merc.Cond., ähnlich Bis Acc. gegen den ‚Syrer‘). 46 Die Gegner (Pisc.: berühmte Philosophen um Platon und Diogenes, Pr.Im.: mächtige Frau, vielleicht Panthea, Apol.: Leser Sabinos) sind als Ethopoiien bzw. sermocinatio- 42 Zu Lukians rhetorischen ‚Vorreden‘ (so wird Lukians Bacch. und Herc. in der Hs. Γ der Titel προλαλιά gegeben): Anderson (1977), Branham (1985), Nesselrath (1990). Vgl. auch Villani (2000), Santini (2001). 43 Diese acht Schriften konstituieren laut Nesselrath (1990) 115 Anm. 9 das Korpus der προλαλιαί. Diskutabel ist die Zuordnung z. T. bei Prom.Es. und Somn. 44 Vgl. 1.4 (μοι δοκῶ καὶ τὴν παρὰ τῶν ἄλλων κατηγορίαν ἐκφυγεῖν αὐτὸς ὁμολογῶν μηδὲν ἀληθὲς λέγειν). 45 Zu den ‚Rollen‘/ ‚Masken‘ der Lukianischen Sprecher-Figuren vgl. Saïd (1993), Dubel (1994), Whitmarsh (2001) 248-253, Goldhill (2002) 67-82, Whitmarsh (2005) 80-83, bes. 81 (“These texts are not ‘autobiographical’ in the sense of constructing a coherent, continuous narrative; but they do make deliberate and knowing use of the genre of the apologia to construct an identity for the author as a culturally and generically transgressive figure”), Ní-Mheallaig (2010). Zur Skepsis angesichts biographistischer Deutungen s. bereits Baldwin (1973) 18. 46 Vgl. Saïd (1993) 264: “toutes les apologies de Lucien sont intégrées dans des dialogues qui donnent la parole à ses adversaires (le Pêcheur et la Double accusation) ou comprennent […] une partie qui fait entendre la voix de l’accusation (l’Apologie) et que’elles traitent toujours du rapport entre l’œuvre et l’expérience vécue.“ 31 nes modelliert: 47 Es handelt sich um fingierte Charaktere, wie sie als Stilfiguren in Übungsreden erzeugt wurden. Man denke an frühere sophistische Glanzstücke wie Gorgias ʼ „Verteidigung des Palamedes“ oder Antiphons „Tetralogien“. Dabei musste das ἦθος des sich verteidigenden Charakters plausibel nachgeahmt werden. 48 Die sprechende Person muss vergegenwärtigt, ihre Anwesenheit heraufbeschworen werden. 49 Lukian überzeichnet in seinen Texten gewissermaßen die gerichtliche Forderung audiatur et altera pars. Zudem müssen ihre Worte wahrscheinlich klingen. Als Anlass für die Apologie dienen in Apol. so Gedanken und Worte des Sabinos, wie sie von einem kritischen Leser zu erwarten wären (vgl. Apol. 1.6 δοκῶ μοι ἀκούειν σου λέγοντος). Der fiktive Ankläger wird i. d. R. mit einer rhetorischen Floskel wie z. B. „es könnte einer einwenden“ (φαίη τις ἄν, d. h. subiectio) eingeführt. 50 So gewährt Lukian einen Blick auf das rhetorische Grundgerüst seiner Texte und offenbart die Fiktionalität der Dialog-Anlage als solche: Auch Pantheas Worte werden in Pr.Im. 23 mit der Floskel Τάχα οὖν φαίης eingeleitet, bevor der tatsächliche Redebeitrag folgt (μᾶλλον δὲ ἤδη εἴρηκας). Dabei wird die subiectio mittels Ethopoiie in einen wirklichen Einwand verwandelt. Auch in Apol. 2.1 wird Sabinos ʼ Vorwurf erst nur als möglich angedacht (Ταῦτα μὲν πρὸς ἑαυτόν ὡς τὸ εἰκός λέλεκταί σοι), dann tritt er ‚leibhaftig‘ auf (2.9-10). Innerhalb der rhetorischen Komposition ist v. a. die Rolle der ὑπόκρισις zentral: Der terminus verweist auf die Betörung der Richter mittels der Erzeugung glaubwürdiger Worte. 51 Darunter kann auch das Deklamieren des Redners in der Rolle einer historischen oder fiktiven Person verstanden 47 Hierzu Lausberg ( 3 1990) 407-411 §§820-825. 48 Vgl. die Definition Herm. prog. 9.1ff. Ἠθοποιία ἐστὶ μίμησις ἤθους ὑποκειμένου προσώπου […]. ἐκεῖ μὲν γὰρ ὄντος προσώπου λόγους πλάττομεν κτλ. 49 So kommt es durch Ethopoiie zur Verdoppelung der Sprechrollen (Ankläger und Verteidiger). Zur dieser Technik der kaiserzeitlichen Deklamationskunst: Webb (2006) 39f. 50 Vgl. Bretzigheimer (1992) 165. Zur subiectio/ ἀπόκρισις vgl. Lausberg ( 3 1990) 381-383 §§771-775, bes. 381 §771: „Die subiectio ist ein in die Rede hineingenommener fingierter (also monologischer) Dialog mit Frage und Antwort […] zur Belebung der Gedankenfolge. Der fingierte Dialogpartner ist meist die Gegenpartei“. 51 Vgl. das Kapitel Περὶ ὑποκρίσεως bei Cassius Longinus (3. Jh. n. Chr.) fr. 48.370-378 Patillon (Ὑπόκρισίς ἐστι μίμησις τῶν κατ' ἀλήθειαν ἑκάστῳ παρισταμένων ἠθῶν καὶ παθῶν καὶ διαθέσεις σώματός τε καὶ τόνοι φωνῆς πρόσφοροι τοῖς ὑποκειμένοις πράγμασι. Δύναται δὲ μέγιστον εἰς πίστιν, καὶ τὸν ἀκροατὴν ἄγειν ἐπίσταται λαμβάνουσα ταῖς ἐπιβουλαῖς τε καὶ γοητείαις, παραγωγαῖς τε καὶ παρακρούσεσιν. Ἡ μὲν γὰρ πίστις τε καὶ ἀπόδειξις καὶ μετ' ἀνάγκης ἄγει, ἡ δ' ὑπόκρισις ἀπάτῃ δελεάζουσα καθέλκει τὴν γνώμην τοῦ κριτοῦ πρὸς τὸ δοκοῦν τῷ λέγοντι). 32 werden (vgl. Aristid. or. 28.6). Mittels ὑπόκρισις 52 ‚schlüpft‘ der Sprecher von Apol. in die Rolle des Sabinos (vgl. 2.4). So schlüpft auch Pr.Im. Polystratos in die Rolle des Lykinos und übernimmt die Funktion des Sprachrohrs seines Freundes, um dessen ἀπολογία lebensecht zu übermitteln. 53 Die ὑπόκρισις verweist jedoch auch auf den Bereich des Theaters: ὑποκρίνεσθαι ist terminus technicus für die Tätigkeit des Schauspielers (ὑποκριτής). 54 Theatralität zeigt sich in den Apologien Apol. und Pr.Im. in den jeweils verschiedenen Sprechrollen der Vertreter von Verteidigung und Anklage, die geradezu als ‚Dramenfiguren‘ erscheinen: So schlüpft Polystratos Pr.Im. zuerst in Pantheas Rolle, d. h. er spielt den Anklage-Part, später dann in Lykinos ʼ Rolle (Part der Verteidigung), wenn er als ὑποκριτής vor Panthea und anderen Zuschauern (vgl. 29 πρὸς τῶν θεατῶν) ein δρᾶμα aufführen will. Auch Apol. ist ein ‚Stück‘ für zwei Rollen (vgl. Apol. 4-5: Sabinos verunglimpft den Gegner als schlechten Schauspieler). Dieser Masken- und Sprecher-Wechsel erinnert an die von Lukian in Salt. verteidigte pantomimische Tanzkunst, wo auch ein Maskenwechsel zentral war. 55 Mit dem Wechsel des äußeren σχῆμα musste auch der innere τρόπος bzw. das ἦθος, das der jeweiligen Rolle entsprach, neu kalibriert werden. 56 Salt. 65 (auch 35, 82) werden Tanzkunst und Redekunst auf eine Ebene gestellt. 57 52 Webb (2006) 41 definiert die rhetorische ὑπόκρισις als “the standard term for rhetorical performance (actio), but the addition of the character as the direct object of the verb emphasises the representational nature of the activity of declamation”. 53 Polystratos wird Pr.Im. 16 (vgl. 29) ὑποκριτὴς τῆς ἀπολογίας genannt. Hierzu Bretzigheimer (1992) 164f. 54 Zu dieser Ambiguität vgl. Goldhill (2002) 70. 55 Vgl. Lada-Richards (2007) 152-160, Webb (2008), Petrides (2013) bes. 440ff. Laut Salt. 66 zeigt sich die ‚Bildung‘ eines Schauspielers darin, mehrere Rollen spielen zu können. Es ist Voraussetzung für Gebildete, den Rollenwechsel eines Schauspielers als intellektuell ansprechendes Ereignis wahrzunehmen. So stellt sich der Sprecher von Apol. die Aufgabe, Sabinos ʼ ἦθος glaubhaft bzw. rhetorisch virtuos zu spielen. 56 Vgl. Petrides (2013) 440 (“the exterior of the mask was understood to provide entrance to the interior of the character: the σχῆμα was ticket to the τρόπος or ἦθος”). Bei Webb (2008) bes. 47 wird der Pantomime in den Vordergrund gerückt (“the dancer needed to prompt the spectators to contribute imaginatively to the creation of the scenario as a whole, imagining settings and even other characters”). Zu inschriftlichen Belegen für die Beliebtheit des Pantomimus in der Kaiserzeit vgl. Robert (1930), François-Garelli (2004). 57 ὁ σκοπὸς τῆς ὀρχηστικῆς ἡ ὑπόκρισίς ἐστιν, ὡς ἔφην, κατὰ τὰ αὐτὰ καὶ τοῖς ῥήτορσιν ἐπιτηδευομένη, καὶ μάλιστα τοῖς τὰς καλουμένας ταύτας μελέτας διεξιοῦσιν· οὐδὲν γοῦν καὶ ἐν ἐκείνοις μᾶλλον ἐπαινοῦμεν ἢ τὸ ἐοικέναι τοῖς ὑποκειμένοις προσώποις καὶ μὴ ἀπῳδὰ εἶναι τὰ λεγόμενα τῶν εἰσαγομένων ἀριστέων ἢ τυραννοκτόνων ἢ πενήτων ἢ γεωργῶν, ἀλλ' ἐν ἑκάστῳ τούτων τὸ ἴδιον καὶ τὸ ἐξαίρετον δείκνυσθαι κτλ. Vgl. Branham (1989) 18. 20f. 205-210, Webb (2006) 40, Lada-Richards (2007) 152-160. 33 Auch Apol. trägt Züge sowohl sophistischer wie auch schauspielerischer Performanz, wobei die Grenze zwischen Redner und Schauspieler undeutlich bleibt: Beide streben nach perfekter Verkörperung der jeweiligen Figur (Ethopoiie) und geben deren Worte so wieder, wie diese sie gesprochen haben dürfte. 58 Vergegenwärtigt wird eine abwesende Person, deren Rolle bzw. Maske (πρόσωπον) plausibel gespielt wird. Dies lässt Lukian seine Sprecher und Protagonisten virtuell verkörpern, in fiktiver Performanz. 5.4 Die Selbstverteidigung des Autors als literaturgeschichtlicher Diskurs Die Verteidigung einer Autor-Instanz gegen Vorwürfe an ihrem Schaffen, wie von Lukian in Pisc., Pr.Im., Apol., Bis Acc. und z. T. den προλαλιαί verarbeitet, findet sich in der antiken Literatur zu einem Diskurs ausgebildet, dessen Hauptlinien im Folgenden grob aufgezeigt werden sollen. 59 So erwähnt der Alexandrinische Dichter Kallimachos im berühmten Prolog der „Aitien“ seine literarischen Kritiker, die er als böse Rachegeister und Musenfeinde („Telchinen“) bezeichnet (Ait. I fr. 1.1 Pf. μοι Τελχῖνες ἐπιτρύζουσιν ἀοιδῇ). Sie werfen ihm vor, dass er keine langen, epischen Gedichte produziere und Kleinpoesie schreibe. Der Sprecher rechtfertigt die Wahl seines poetischen Stils mit dem Rückgriff auf die Erzählung von seiner ‚Dichterweihe‘ durch den Musengott Apoll, dessen göttliche Intervention seinen dichterischen Pfad vorgezeichnet habe, womit Kallimachos den Gestus der recusatio als Bekenntnis zur ‚kleinen‘ Dichtung vor ‚großer‘ Epik begründet (Ait. I fr. 1.21-28 Pf.). So legitimiert er seine Dichtung angesichts der Vorwürfe der anonymen Telchinen. Zentral für das Lukianische Literaturprogramm sind jedoch v. a. die Stücke der Alten Komödie: In der sogenannten Parabase konnte der Chor den Dichter verteidigen (z. B. Aristoph. Nub. 518-562; Eup. fr. 89 PCG „Baptai“). Poetologische Aussagen konnten auch von Protagonisten auf der Bühne getroffen werden. 60 Dabei wurde Bezug auf die Karriere des Autors 58 Vgl. die Definition von Ethopoiie Hermog. prog. 9.1-2 (μίμησις ἤθους ὑποκειμένου προσώπου). 59 Diese Kategorie überlappt sich z. T. mit den Selbstverteidigungen von Philosophen und Rednern für Leben und Lehre, prominenterweise Platons „Apologie des Sokrates“ und Isokrates ʼ „Antidosis“. Im Folgenden werden jedoch ausschließlich Texte besprochen, in denen sich Autor-Figuren konkret für literarisches oder dichterisches Schaffen rechtfertigen. 60 Vgl. Aristoph. Ach. 204-571 (Dikaiopolis ʼ Verteidigung gegen die zornigen athenischen ‚Patrioten‘), bes. 377-382. 496-556, Thesm. 1160-1163 (Euripides ʼ Rechtfertigung vor 34 genommen, Angriffe von Kritikern ad personam wurden abgewehrt. 61 Komödienschreiber konnten sich auch selbst als Charaktere auf der Bühne darstellen: So tritt in Kratinos ʼ „Pytine“ („Die Flasche“) der Dichter selbst auf, von Κωμῳδία der κάκωσις („schlechte Behandlung“) bezichtigt: Anstatt Komödien zu konzipieren, betrinke er sich die ganze Zeit über (vgl. schol. ad Eq. 400a = Cratin. test. ii Pytine: τὴν δὲ μέμφεσθαι αὐτῷ ὅτι μὴ κωμῳδοίη μηκέτι, σχολάζοι δὲ τῇ μέθῃ). Keith Sidwell konnte zeigen, dass Lukian diese Konstellation in Bis Acc. aufgegriffen hat: 62 Wie in Kratinos ʼ „Pytine“ tritt in Lukians Bis Acc. eine ‚Autor‘-Figur (der ‚Syrer‘) als dramatis persona auf die Bühne und verteidigt sich und ihr literarisches Programm redegewandt im Prozess. Beide Autor-Figuren lenken den Vorwurf der Untreue jeweils auf die Frau (Κωμῳδία/ Ῥητορική) zurück, die sich mit weit schlechteren Männern (d. h. Dichtern/ Rednern) eingelassen habe. 63 Wie der Komödiendichter nutzt Lukian die fiktive Agon-Situation dazu, auf Literaturkritik zu reagieren bzw. sie imaginär zu antizipieren: Er modelliert die herkömmliche Rhetorik zur Anklägerin, welcher der Syrer genauso kritisch gegenübersteht wie dem philosophischen Dialog Platonischer Provenienz, den Lukian in vielen Schriften für seine Zwecke adaptiert. Auch Luc. Pisc. erinnert an die Struktur eines Stücks der Alten Komödie: Eupolis ʼ „Demen“ (vgl. Eup. fr. 99-146 PCG). Darin kommen große Staatsmänner und Gesetzgeber der athenischen Vergangenheit aus dem Hades zurück, um nach der misslungenen Sizilienexpedition Athens als Richter der Gegenwart aufzutreten. Dieser Konstellation scheint die Szenerie der wiederauferstandenen Philosophen in Pisc. (vgl. Eupolis ʼ Figur Pyronides mit Lukians Parrhesiades) nachmodelliert zu sein. 64 Womöglich musste sich schon bei Eupolis ein alter ego des Dichters gegen Anklagepunkte der wiedererstandenen Richter verteidigen. 65 In jedem Falle beweisen spätere Zeugnisse, dass die komische Verspottung des Dichters bzw. eines alter ego auf der Bühne ein Charakteristikum der Alten Komödie den zornigen Frauen beim Thesmophorienfest) sowie Ran. 738ff. den Dichter-Wettstreit zwischen Aischylos und Euripides. 61 Vgl. Sidwell (2014) 267: “The most obvious first-person Old Comic poet-narratives are the parabases […], and the fact that Lucian often uses his on-stage character among other things in literary defences might appear to point in this direction.” 62 Vgl. hierzu schon ansatzweise Hirzel (1895) 302f. mit Anm. 3; ferner die Testimonia PCG IV, 219. 63 Es ist an Aristophanes zu denken, der Kratinos 424 v. Chr. in den „Rittern“ verspottet hatte, vgl. Eq. 526-536. 64 Hierzu s. Hirzel (1895) 305f. Vgl. auch Sidwell (2009). 65 Dies versucht Sidwell (2014) 269ff. zu zeigen. 35 war. 66 Laut dem Literaturtheoretiker Platonios verteidigten sich die Dichter in den Parabaseis mittels des Chores gegen Vorwürfe oder erteilten Ratschläge in öffentlichen Angelegenheiten. 67 Man kann davon ausgehen, dass die Apologien der Komödiendichter durch den Chor oder eine dramatis persona auf die Rezeption der Alten Komödie wirkten. Auch in Lukians Texten wird, jedoch nicht zum Zwecke autobiographischer Enthüllungen, ein Dichter bzw. Autor mit kritischen Vorwürfen konfrontiert (s. u. A.5.5). Im Bereich der lateinischen Literatur bietet die römische Satire Parallelen solcher Apologien pro domo, wie sie maßgeblich in der Alten Komödie 68 sowie in den Texten des hellenistischen Dichters Kallimachos 69 ausgeprägt wurden: Hor. serm. 2.1 etwa greift der in Prozessen geschulte Anwalt Trebatius die persona des Satirikers an, der seine Satirendichtung gegen die Angriffe verteidigt und die Vermutung zurückweist, dadurch hochgestellten Freunden zu schaden. 70 Die Sprecher-Instanz macht deutlich, dass sie weiterhin unbesorgt satirische Verse dichten werde. Auch serm. 2.7 wird ihr anlässlich des Saturnalien-Fests und der damit einhergehenden Redefreiheit (vgl. 2.7.4-5: libertate Decembri […] utere) vom Sklaven Davus eine Strafpredigt gehalten, wobei generell die literarische Produktion attackiert wird. Entsprechend müssen sich die satirischen Sprecher bei Persius (1.40-47) 71 und Juvenal (1.149-171) in ihren programmatischen Auftaktsatiren der Kritik von ficti interlocutores in der Gestalt von kritischen Rezipienten erwehren. 72 Die Selbstverteidigungen der Autor-Figur formen einen grundlegenden satirischen Diskurs: Auch Martial verteidigt sich in den Epigram- 66 Vgl. Plut. qu. conv. 2.1.12 (634d) τῶν κωμικῶν ἔνιοι τὴν πικρίαν ἀφαιρεῖν δοκοῦσι τῷ σκώπτειν ἑαυτούς κτλ. 67 Vgl. Proleg. ad Aristoph. 2.8-12 Koster οἱ ποιηταὶ διὰ τοῦ χοροῦ ἢ ὑπὲρ ἑαυτῶν ἀπελογοῦντο ἢ περὶ δημοσίων πραγμάτων εἰσηγοῦντο. Zu diesem wenig bekannten Literaturtheoretiker: Nesselrath (1990a) 30-34. 68 Zu “Old Comedy as on-stage self-representation by its poets” vgl. Sidwell (2014) 273. 261-264 (Verspottung der Dichter-persona in der Römischen Satire). 69 Vgl. die personifizierten Literaturkritiker des Kallimachos, Φθόνος und Μῶμος (Kall. h. 2.105-113), mit dem livor-Diskurs in der lateinischen Literatur: Beispielhaft genannt sei der anonymisierte Kritiker-Vorwurf im programmatischen Prolog der Phaedrus-Fabeln (fab. 1 pr. 5 Calumniari si quis autem voluerit). 70 Vgl. programmatisch 2.1.82-83 (si mala condiderit in quem quis carmina, ius est | iudiciumque). Vgl. schon Lucil. fr. 1015-1016 Marx = 1085-1086 Warmington die Inszenierung einer Attacke gegen die Sprecher-persona (gaudes, cum de me ista foris sermonibus differs. | et male dicendo in multis sermonibus differs.). 71 Vgl. die Anrede des advocatus diaboli Pers. 1.44 (quisquis es o modo quem ex adverso dicere feci). 72 Hierzu Braund (1996) 39f. und (2009) 467f., Plaza (2006) 167-256 (“Humour directed at the Persona”). 36 men gegen anonyme Kritiker (maligni) seines literarischen Schaffens (7.35), wobei er bisweilen sogar auf die Unterstützung wohlwollender Leser i. S. v. Verbündeten zurückgreift (etwa 4.86, 7.26, 7.72). 73 5.5 Lukians Apologien: literarisches Programm und intratextuelle Vernetzung des Gesamtwerks Bei Lukian gibt die Konstruktion fiktiver Vorwürfe der Autor-Person die Möglichkeit, ihre Standpunkte darzustellen. Ein Autor tritt vor ein internes Publikum, 74 das eine vermittelnde Instanz zum realen, anonymen (und so vom Autor nicht kontrollierbaren) Publikum darstellt. Es kommt zu einer Selbst-Dramatisierung des Autor-Ichs 75 innerhalb einer fiktiven Szenerie. Man erkannte in der Anklage gegen den ‚Autor‘ in Apol. eine Subversion der auktorialen Stimme von Merc.Cond. und deren Rhetorik. 76 Der Leser Sabinos erscheint als satirischer Ankläger, der das Ziel hat, inneres Sein von äußerem Schein zu trennen. 77 Dem Autor von Merc.Cond. werden so dieselben Laster vorgeworfen wie den von diesem selbst in Merc.Cond. attackierten Schein-Philosophen. 78 Die kritischen Reaktionen des Rezipienten entlarven die in Merc.Cond. vorbildlich erscheinende Sprecher-persona und lassen den Modell-Leser Sabinos eine skeptische Position einnehmen: Am 73 Laut Keulen (2004) 244 zeigt sich auch bei Lukians Zeitgenossen Gellius und Apuleius die satirische Tendenz, Figuren darzustellen, welche die intellektuellen Neigungen und Eigenschaften der Autoren selbst tragen: “Their sophisticated Roman audience was prepared to look behind the masks of the literary personae featuring in their works, and to recognize authorial views and allusions to the contemporary intellectual debate.” 74 Zu einem solchen Autor-Publikum-Verhältnis vgl. Gal. Lib.Prop. und Ord.Lib.Prop.; Lib. or. 1 und 5. 75 Branham (1989) 31-37 (“comic self-dramatizations”). Ähnlich Goldhill (2002) 71. 76 Vgl. Whitmarsh (2001) 292: “In numerous ways, the Apologia proposes, at least in the first instance, to subvert the authority of the voice in On salaried posts by turning back its own rhetoric”, laut 293 ein “ongoing process of subversion and re-establishment of the authority of Lucian’s own literary voice”). Dies negiert politische Deutungen wie diejenige bei Swain (1996) 322 (Rehabilitierung Lukians im römischen Herrschaftssystem). 77 Dies entspricht der Lukianischen Technik, eine Hauptperson oder ein Sprecher-Ich selbst zu einem Teil der satirischen Welt werden zu lassen und so ein Gefühl der Ernüchterung und der Provokation bei den Rezipienten zu erzeugen, wie Branham (1989) 205-210 plausibel am Beispiel des Sprecher-Ichs von Luc. Alex. zeigt. 78 Vgl. Branham (1989) 210 (“seriocomic stratagem”), 57 (“the disorienting and subversive effects of humor”). 37 Anfang wird der Standpunkt der Sprecher-persona von Merc.Cond. kritisch hinterfragt, ihr Status destabilisiert und demontiert. 79 Doch fühlt sich der Sprecher wie in Pisc. und Pr.Im. auch in Apol. nicht dazu herausgefordert, seine moralische Integrität im Rahmen der Verteidigung herauszustellen (wie z. B. Isokrates in der „Antidosis“). Es zeigt sich bald, dass die Verteidigungen bei Lukian eher dem Zweck dienen, das satirische Potential der vorangegangenen Texte jeweils noch zu erweitern 80 und der Autor-persona weiteres Prestige zuzuschreiben. So greift der Verteidiger in Lukians Apologien die Schwächen der Anklage auf und verteidigt sich in hochironischen Reden, die deutlich einen sophistischen Habitus hervortreten lassen. 81 Das Sprecher-Ich nutzt die Vorwürfe, um das angebliche Skandalon jeweils in einen Nachweis literarisch-rhetorischer Kennerschaft umzumünzen. Bei den Verteidigungen handelt es sich im Grunde um Schaureden (ἐπιδείξεις), bei denen der Sprecher rhetorische Erfindungsgabe und Behändigkeit beweisen kann. 82 Selbstironisch wird dieses Verfahren Apol. 13.2-3 beleuchtet, mit der Ankündigung, der Sprecher wolle sich „übertrieben verteidigen“ (καθ' ὑπερβολὴν ἀπολογήσασθαι). Entgegen einer durchaus plausiblen Erwartungshaltung, der Sprecher werde im Rahmen einer Palinodie jeweils Abbitte für seine literarischen ‚Vergehen‘ leisten (Apol. 1.18-21, Pr.Im. 15), wird der angegriffene Standpunkt vielmehr affirmativ untermauert. Besonders in Apol. macht sich der Sprecher über solche seriösen und ‚reuevollen‘ Apologien lächerlich, indem er (Apol. 8-10) deren Topik auf- 79 Zum Hinterfragen der Erzähler-persona vgl. Keulen (2004) 239f., König (2007) 279f. Zur Verteidigung der Dichter-persona vgl. die loci classici Cat. carm. 16.5; Mart. 1.4.8 (lasciva est nobis pagina, vita proba) und bereits als Topos Apul. Apol. 11 (quasi ullum specimen morum sit versibus ludere), wo der Sprecher seine poetische Lizenz (versibus ludere) verteidigt, die nichts über den Charakter des Autors aussage, wobei er u. a. auf Cat. carm. 16.5-6 verweist: Vgl. insg. Apul. Apol. 9-13 mit Hunink (1997) Bd. 2 ad loc. (weitere Literaturverweise). Auch Luc. Prom.Es 2 deutet auf die Fiktionalität literarischen Schaffens (εἴδωλα ἄττα ἐπιδεικνύμεθα). Instruktiv ist Braund (1996) 56. 59 zur Rolle des Sprecher-Ichs der römischen Verssatire. 80 Hierzu s. Saïd (1993) 265: „enfin Lucien tente de se disculper en satiriste. […] [I]l établit la cohérence de sa conduite de manière paradoxale, en montrant qu’en fait il a toujours été payé ou, si l’on veut, vendu.“ 81 Zu Luc. Pisc. vgl. Košenina (1996) 236: „Zunächst bestätigt und verstärkt er die gegen ihn erhobenen Vorwürfe, um ihnen so für seine Widerlegung Profil und Schärfe zu verleihen.“ 82 Vgl. Branham (1989) 30f., Obermeier (1999) 42: “Lucian emerges from the comedy vindicated, in an intertextual way re-affirming the initial premise in [Vit.Auct.] but having turned seeming self-criticism and retribution into another triumph of his verbal craft.” 38 zeigt. 83 Apol. 15 wird schließlich der Sinn und das Ziel einer Apologie, mit welcher die Unschuld des Sprechers bewiesen werden soll, in Frage gestellt. Mit dem Anklang des Titels „Apologie“ an die Verteidigungsrede des Sokrates, wie sie außer durch Xenophon v. a. durch Platon in literarischen Rang erhoben wurde, sowie durch die Übernahme der poetischen Lizenz der Alten Komödie, sich für literarisches Schaffen und gegen Vorwürfe an der Autor-persona zu verteidigen, wird in Lukians Apol. auf eine Poetologie Bezug genommen, die auch für andere Texte seines Werks geltend gemacht werden kann: das Projekt einer Verbindung von Platonisch-Sokratischer Literatur und Alter Komödie (vgl. Bis Acc. 34, Pisc. 25-26, Prom.Es 6). In den Apologien rezipiert Lukian beide literarischen Traditionen, wenn die satirische Autor-persona in fiktiven Gerichtsprozessen redegewandt Vorwürfe widerlegt. Die Apologien legen Zeugnis ab vom innovativen Schaffen eines Autors, der aus der literarischen Tradition neue Formen satirischen Schreibens entwickelt 84 und humorvoll Distanz erzeugt: Erwarten die Rezipienten z. B. etwas Analoges zu Platons „Apologie des Sokrates“, treffen sie stattdessen auf die Apologie eines dreisten ‚Starsophisten‘, was den Gegensatz zum literarischen Modell nicht größer machen könnte. 85 Auch Platons „Phaidros“ dient in gewisser Hinsicht als Vorbild für Lukians „Apologie“: 86 Nachdem Sokrates Phaidr. 237b-241d eine improvisierte Antwortrede auf die von Phaidros rezitierte Rede des Lysias (beide Reden betonen die Vorzüge unerotischer Freundschaft) gehalten hat, fürchtet er, sich an Eros versündigt zu haben und will eine Widerrede für Eros produzieren. Entsprechend hält er 243e-257b eine zweite Rede, in der er für die gegenteilige Auffassung plädiert und Eros verherrlicht. Bei seiner Palinodie beruft sich Sokrates 243b wie Lukians Sabinos Apol. 1 auf Stesichoros, der durch seinen Widerruf Entschädigung dafür leisten musste, Helena zuvor beleidigt zu haben (vgl. PMG 187-191 sowie 192-193; Isokr. or. 10.64). So könnte der Leser von Lukians Apol. bei der Erwähnung der Stesichoreischen „Palinodie“ auch eine Abbitte des Sprechers für die in der Schrift Merc.Cond. geäußerten Beschuldigungen erwarten: Doch der Angegriffene wird von Ste- 83 Vgl. Obermeier (1999) 42 (“Lucian lays open the thoughts and motives of an author who wishes to apologize”). Luc. Apol. “can […] be considered a metatextual document relating to auctorial apologies, for it discusses them more than it engages in them.” 84 Vgl. Branham (1989) 28-37, bes. 31f. (“self-advertisement posing as self-defense”). 85 Zu Lukians ironischem Umgang mit der identitätsstiftenden Literaturtradition vgl. Branham (1989) 104. 86 Lukian spielt Apol. 1 (Sprichwort ὀστράκου μεταπεσόντος: Phaidr. 241b4-5; Erwähnung von Stesichoros ʼ Palinodie: Phaidr. 243b) auf die Schrift an. Zur Beliebtheit des „Phaidros“ im 2. Jh. n. Chr. vgl. Trapp (1990). 39 sichoros (und Sokrates) abweichen und seinen Standpunkt umso deutlicher herausstellen (vgl. Apol. 11-15). Über die Textform der Apologie für ein anderes Werk eröffnet Lukian Verbindungen und Deutungslinien zwischen Vit.Auct. und Pisc., Im. und Pr.Im., Merc.Cond. und Apol. Dadurch wird den Rezipienten das Angebot gemacht, die Texte i. S. v. zusammengehörigen ‚Schriftenpaaren‘ linear zu lesen. 87 Das ‚Fortschreiben‘ des Werkes durch solche Verknüpfungen unterbreitet v. a. das Angebot, intratextuelle Referenzen wahrzunehmen: Bei der Lektüre von Pisc., Pr.Im. und Apol. wird die Kenntnis der vorangegangenen Texte (Vit.Auct., Im., Merc.Cond.) vorausgesetzt. Dies schafft eine Art von ‚Werkbewusstsein‘; das Korpus der Texte Lukians wird zum autoritativen Referenzsystem bzw. ‚Kanon‘, wodurch scheinbar verstreut angeordnete Schriften des Œuvres vernetzt werden. Die Wahrnehmung, es handle sich bei den multithematischen und stilistisch z. T. sehr divergenten Texten um ein kohärentes Korpus, könnte die noch antike Hinzufügung pseudepigraphischer Texte zu Lukians Werk erklären oder den Willen, sich in Lukianische Diskurse durch Imitation einzuschreiben. ‚Werkbewusstsein‘ zeigt sich v. a. darin, dass in Lukians Texten auf andere Texte verwiesen wird (vgl. VH 2.47 ἐν ταῖς ἑξῆς βίβλοις διηγήσομαι) oder über den Entstehungsprozess eines Buches bzw. die Publikation eines anderen Textes desselben Œuvres reflektiert wird: So ist aus dem λόγος, wie der Sprecher von Merc.Cond. seine Mahnung an Timokles nennt (z. B. 4), in Apol. 1 ex post ein βιβλίον geworden (bzw. ein σύγγραμμα). Ähnlich wird Pisc. 26 die Schrift Vit.Auct. als πάχυ βιβλίον bezeichnet. Im. 23 wird mit βιβλίον antizipativ der in derselben Schrift geführte Dialog bezeichnet, der verwandelt in ein Buch zukünftigen Rezipienten zur Verfügung steht. Pr.Im. 14 wird die Neu-Edition oder Überarbeitung einer bereits in Umlauf geratenen Rede (Im.) thematisiert. 88 So können die Rezipienten die Texte einem Werk zuordnen, in das sich letztere mittels intratextueller Verweise einschreiben. Gleichzeitig schützte die Etablierung eines solchen Binnenreferenzsystems oder Werks vor möglichen Verwirrungen über die Identität des Autors, wie sie die Hinzufügung pseudepigraphischer Texte mit sich brachte. 87 Für eine einheitliche Konzeption des Dialogpaars Im.-Pr.Im. votieren Bretzigheimer (1992) 162-166 und von Möllendorff (2004) 15 mit Anm. 37. Zur Kohärenz von Vit.Auct. und Pisc. vgl. Bruns (1888) 97: Erst in der zweiten Schrift löse sich für den Hörer „die Spannung, in die ihn das noch immer nicht ganz erklärte Räthsel der Auctio versetzt hatte.“ Biographistische Vermutungen finden sich bei Schwartz (1965) 109 mit Anm. 2. 126. Anderson (1976) 166 Anm. 46 bietet Spekulationen zum Verlust weiterer ‚Folge-Schriften‘ in der Überlieferung. 88 εἰ μεταρρυθμιεῖς τὸν λόγον ἤδη διαδεδομένον κτλ. Vgl. Bompaire (1993) LII. 40 Welcher Text stammte noch von Lukian, welcher folgte lediglich seinem Stil? Lange vor der Einführung des Urheberrechts 89 scheinen Kontroversen über den Autor eines literarischen Textes alltäglich gewesen zu sein, wie exemplarisch der Fall von Lukians Zeigenossen Galen zeigt, der sich über literarische Fälschungen, die unter seinem eigenen Namen kursierten, beklagt. 90 Galen spricht wiederholt von der Gefahr unkontrollierter Verbreitung von Schriften, in deren Verlauf die Autorschaft eines Textes bestritten werden konnte. 91 So scheint Lukian mit Hilfe der Konstruktion eines Nexus zwischen einzelnen Texten seine Autorschaft bekräftigt zu haben. Als Kohärenz-Marker dienen nebst Anspielungen 92 v. a. formale und inhaltliche Kontinuität: 93 Entsprechend können die fiktiven Prozess-Szenarien in Lukians Werk wie auch die eigentlichen Apologien des Satirikers (Apol., Bis Acc., Pisc., Pr.Im.), denen jeweils eigener literarischer Wert beizumessen ist, als typisch für Lukian gelten. Die Bildung von Schriftenpaaren im Gesamtwerk Lukians deutet auf ein Bewusstsein des Autors für das durch die Verbreitung der Texte entstehende Problem der Autorschaft und damit verbunden den Willen zur Selbstkanonisierung des Œuvres. Das Bestreben, Autorschaft gewissermaßen mit einem Folgetext zu ‚stempeln‘ und damit zu ‚schützen‘, mag auch stets wiederkehrende Muster in Lukians Texten, wie z. B. das Auftreten der Figur Lykinos oder die Entlarvung von Schein- Gebildeten, ferner die Abfassung formal ähnlich gestalteter Schriften wie der Dialogi minores veranlasst haben. Die Texte konnten aufgrund repetitiv eingesetzter Elemente vom Rezipientenkreis als ‚Lukianisch‘ eingeschätzt werden. Solche Kohärenz-Marker konnten als σφραγῖδες des Autors gelten, der sein Werk auf unverwechselbare Weise ‚stempelte‘ und als ihm zugehö- 89 Vgl. zu dessen Entstehung Rose (1993). 90 Vgl. Gal. HNH I Kühn vol. 15 24, 104-105 = CMG V 9.1 p. 14f., 54f., HNH II Kühn vol. 15 praef. 109 = CMG V 9.1 p. 57, Lib.Prop. Kühn vol. 19 8 = SM 2 p. 91 = Boudon-Millot Prol. Zu Klagen über Werkplagiate vgl. Mart. 1.29, 1.38, 1.52 und 53. Zum Plagiat in der Antike: Stemplinger (1912), Ziegler (1950), Speyer (1971), Syme (1972), Mülke (2008) 83ff. (das Kapitel „Offene Literatur und „work in progress“? “), Martínez (2011), McGill (2012) bes. 10-12. 91 Vgl. Hanson (1998) 30 (“publication of one’s writing throughout antiquity consisted of giving out copies to one’s friend with the expectation that they would share the work with others and arrange for additional copies to be made”). Ní-Mhellaigh (2014) 20-22 analysiert die Vergleiche von Texten mit zerbrechlichen Gegenständen bei Lukian: Die irreversible Verbreitung von Schriften thematisiere er vielerorts. 92 So ist Fug. 1 (Selbstverbrennung des Peregrinos in Olympia) intratextueller Verweis auf Luc. Peregr. 93 Vgl. Phal. 1-2, VH 1-2, Im.-Pr.Im., Vit.Auct.-Pisc., Merc.Cond.-Apol. oder die Skythendialoge Tox., Scyth. und Anach. Letztere offenbaren bei sequenzieller Lektüre ein bestimmtes Narrativ: Vgl. Hafner (2015). 41 rig deklarierte. Die σφραγίς als repetitiv eingesetzter Selbstverweis bzw. ‚Marker‘ war ursprünglich Teil des kitharodischen Nomos, wobei ein Dichter mit der Nennung seines Namens ein Werk „siegelte“ und damit als Eigentum kennzeichnete. Besonders hellenistische Dichter wie Kallimachos in den „Aitien“, 94 Vergil (georg. 4.559-566) oder Horaz (carm. 3.30, ep. 1.20.20-28) kennzeichneten in Schlussgedichten den Text als ihr Eigentum. Oft ging eine solche σφραγίς mit der Verteidigung des eigenen innovativen literarischen Stils einher, wie es sich für Timotheos, der sein dichterisches Programm gegen konservative Kritik verteidigte, 95 oder Kallimachos (vgl. h. 2.105-113 das Auftreten von Φθόνος und Μῶμος, der personifizierten Literaturkritik) 96 zeigen lässt. Schon die Parabaseis der Alten Komödie vermittelten Botschaften der Dichter. Lukian, der nie als er selbst auftritt, dürfte die σφραγίς fiktionalisiert haben, indem er im Rahmen fiktiver Gerichtsprozesse Autoren-Figuren wie den ‚Syrer‘, Parrhesiades, Lykinos oder den anonymen Autor von Merc.Cond. auftreten und sich in Apologien gegen Kritik an literarischen Produktionen wehren ließ. Die Streitgespräche zwischen Anklage und Verteidigung, ein wiederkehrendes Konzept in Lukianischen Texten, deuten auf den innovativen Umgang des Schriftstellers mit einem besonderen rhetorischen Kunstmittel: der Antilogie, die zum Instrumentarium der Sophistik gehörte. Man denke an Antiphons „Tetralogien“ oder die in den antiken προγυμνάσματα angewandte Methode, einen Wettstreit gegenseitiger Ansichten durchzuführen und einen Satz zunächst als wahrscheinlich, sodann als unwahrscheinlich zu erweisen (κατασκευή: Ausarbeitung des Themas bzw. confirmatio; ἀνασκευή: Widerlegung/ refutatio: Vgl. Aphth. prog. 5-6; Hermog. prog. 5). 97 Ein Zeitgenosse Lukians, der Sophist Maximos von Tyros, behandelte in mehreren seiner Reden („Dialexeis“) den in einer Vorrede ausgeführten Standpunkt in der Folge kontrovers: So wird etwa or. 16.1b mittels der Metaphorik von κατηγορία und ἀπολογία an eine vorangegangene Rede angeknüpft (δῶμεν τήμερον τὴν ἀπολογίαν τῷ ἑτέρῳ τῶν λόγων). Auf die Technik einer gegen sich selbst gerichteten Anklage (ἀνασκευή), worauf der fiktive ‚Gegner‘ durch die Verteidigung in unhaltbare Widersprüche verwi- 94 Hierzu Kranz (1961) 102f. 95 Vgl. Tim. Pers. 215-248; Poll. 4.66; allg. DNP 11 (2001) Sp. 819f. s. v. Sphragis Nr. 3 (H. A. Gärtner). 96 Μῶμος steht in der Folge auch bei Lukian für Literaturkritik: Vgl. Bacch. 8. Zur Personifikation vgl. Deor.Con. passim, DIud. 2, Herm. 20, Hist.Cons. 33, Icar. 32, ITr. 18ff. 97 Erbe der sophistischen Antilogik war die fiktive juristische Übungsrede der römischen Rhetorik, controversia: der anspruchsvolle Abschluss der kaiserzeitlichen Rednerausbildung (Tac. dial. 35). 42 ckelt wird, greifen noch im 4. Jh. Iulian (ep. Ath. 273c-274a, 281c-282b) und Gregor von Nazianz (or. 2.1 τὸ μέν τι κατηγορήσας ἐμαυτοῦ, τὸ δὲ ὑπεραπολογησάμενος) zurück, um ihre jeweilige Position in Brief oder Rede publizistisch zu rechtfertigen. 98 Das Sprechen in utramque partem bewies noch bis in die Spätantike die rhetorische Fertigkeit eines Autors: „Denn ob nun in Form einer Palinodie die vorher ausgeführte Ansicht zurückgenommen wird, ob in Gerichtsreden für und wider die Integrität einer Person gestritten wird, ob in deliberativen Auseinandersetzungen entgegengesetzte Standpunkte verfochten werden - in rhetorischer Beziehung handelt es sich um das gleiche Kunstmittel.“ 99 Lukian machte mit Vorliebe hiervon Gebrauch. Mittels ἠθοποιία werden in seinen Texten Gegenstimmen und eine Polyphonie erzeugt, die keine Beschränkung auf eine einzelne Perspektive zulässt. 100 Die Konstruktion rhetorischer Antagonismen variiert virtuos Ansprüche und Themen der zeitgenössischen Deklamationskultur: In Apol. findet der Prozess unter dem Vorsitz des Hermes Logios statt, was auf den Charakter des Textes als rhetorisches Übungsstück verweist. 101 Die Rezipienten des Textes dürfen sich in die Rolle der Hörer sowie der Richter versetzen. Als Publikum der ἐπιδείξεις wird ihnen das Angebot unterbreitet, selbst über die Validität der Argumente und den Prozessausgang zu entscheiden. 102 98 Insofern irrt Fuhrmann (1979) 690, wenn er meint, der „Weg der künstlich vorausgesetzten Anklage [sei seit Isokrates ʼ „Antidosis“] denn auch nicht wieder begangen worden.“ 99 Bruns (1888) 99 mit Verweis auf Maximos von Tyros. 100 Vgl. Branham (1989) 57. 102 zu Lukians Imitation sowie Subversion des Platonischen Dialogs (“Lucian’s technique is not to persuade us of the truth of one of two opposed dogmas but to generate comically disorienting contrasts between traditional “truths,” and thereby to reveal both the kind of validity that inhabits the tradition and why that validity is merely partial”). 103f. (“incongruity of any single way of seeing a subject”). Von Möllendorff (2000) 562-564 spricht von der „Widerstrebigkeit von Selbstaffirmation und ironischer Selbstdemontage“ bei Lukian. Das ‚Sprecher-Ich‘ geißle die Diskrepanz von „Schein und Sein, Anspruch und Umsetzung, Theorie und Praxis“ (563), sei jedoch selbst dieser Diskrepanz verfallen (z. B. Apol., Pr.Im., Philops.). Somit werden in den Texten verschiedene Formen der ‚Selbstdemontage‘ literarisch vorgeführt. 101 Vgl. Said (1993) 264. Nicht unterschätzt werden sollte der Aspekt trügerischer Rhetorik: Vgl. Kahn (1978). 102 Vgl. Bruns (1888) 101: „Die Vortheile des apologetischen Vorgehens liegen ja auf der Hand. Die Theilnahme des Hörers ist von vornherein stärker in Anspruch genommen; es ist das Recht des Angegriffenen, sein Publikum tiefer in die Betrachtung von Einzelheiten und persönlichen Dingen hineinzuziehen, als es dem objektiv Vortragenden erlaubt wäre. Der Hörer, vor welchem zu eigener Entscheidung die Gründe für und wider scheinbar unparteiisch entwickelt werden, lässt sich nur um so wirksamer beeinflussen.“ 43 Schon in Isokrates ʼ „Panegyrikos“ erscheint sprachlich-literarisch verstandene Bildung als das wichtigste Instrument menschlicher Kommunikation. Noch in Lukians Zeit bedeutete Teilhabe hieran Sozialprestige. 103 Auch Lukians Apologien liegt ein solches Konzept von παιδεία zugrunde: 104 Ideale Bildung ereignet sich ausschließlich im sprachlichen Vollzug, als kommunikative Interaktion, welche die Rezipienten im aktiven Nachvollzug verfolgen und beurteilen können. Wenn die Prozessparteien zur Untermauerung ihrer Standpunkte und Überbietung des Gegners Zitate klassischer Texte verwenden oder mit rhetorisch kunstfertigen Überzeugungsstrategien operieren, dann positioniert sich der Autor dieses Streitgesprächs auch selbst im kaiserzeitlichen παιδεία-Diskurs. Im Streitgespräch lassen sich poetologische oder stilistische Aussagen vermitteln. Über den Bezug auf ein gegenwärtiges Problem können auch politische Themen verhandelt werden. 105 Beide Parteien vergewissern sich innerhalb des Diskurses der eigenen Bildung sowie derjenigen des Gegenübers und bestätigen durch das Austauschen von Bildungswissen mit Gleichgesinnten die soziale Zugehörigkeit zur gebildeten Elite. Die in Apol., Pr.Im. und Pisc. vorliegende Diskussion zwischen dem Autor einer Schrift und den kritischen Rezipienten zeichnet einen Diskurs über die Rezeption literarischer Werke sowie deren Voraussetzungen nach. So konnten sich die Rezipienten von Merc.Cond. (sowie Apol.) in Sabinos, dem kritischen Leser, wiedererkennen. Über diese Vermittlerfigur nehmen auch sie Teil an einem Gespräch, in dem unterschiedliche Bildungsthemen wie die Frage, was valide und eher topische Argumente sind, diskursiv verhandelt werden. 106 Damit führen Lukians fiktive Streitgespräche παιδεία lebendig vor Augen. 103 Zur Sprache als Kriterium von Bildung in der Zweiten Sophistik vgl. Schmitz (1997) 83ff. 104 Zu „Breite“ und „Tiefe“ der performativ erwiesenen Bildung vgl. von Möllendorff (2004) 22, Johnson (2010) 168. Vgl. exemplarisch zu Lukians Dialogi minores von Möllendorff (2010). 105 Vgl. Horst (2013) 141ff. 106 Die Lukianischen Dialoge bieten Rückschlüsse auf entsprechende Aushandlungsprozesse von Werten an: Vgl. Branham (1989) 104. 44 6. Exkurs II: Das sophistische (Erfolgs-)Narrativ in seinen Spielarten bei Lukian In Lukians Apol. ändert das Sprecher-Ich in der Rolle des Verteidigers plötzlich seine argumentative Strategie. In die rhetorische Apologie eingeschrieben wird ein ‚autobiographischer’ Bericht, worin der Sprecher sein Amt in Ägypten (Apol. 12-14) sowie eine Gallienreise (Apol. 15) beschreibt. Diese Erwähnung ist als ‚Glaubwürdigkeitsformel’ lesbar. 107 Wie bereits in Sokrates ʼ sowie Isokrates ʼ Apologien dargestellt, verlangte die Verteidigung eines Angeklagten auch die Darstellung seines vergangenen Lebens, da früheres Handeln das gegenwärtige als authentisch beglaubigen und zugleich legitimieren konnte. Das eigene Ich, umrissen im Leben und Denken, sollte dabei als zwischen einst und jetzt identisch erscheinen: Das Argument dieser Identitätstopik, über die Zeiten hinweg und trotz veränderter Umstände stets derselbe gewesen zu sein, erwies den Sprecher als wahren Philosophen bzw. (wie im Falle Lukians) Sophisten und formte seinen βίος zu einem „ästhetischen Gegenstand“. 108 Sein Amt in der Αἰγυπτία ἀρχή weist den Sprecher als Mitglied der Verwaltungs-Elite des Imperium Romanum aus, die Anekdote von dem einstigen Treffen zwischen Sabinos und dem Sprecher in Gallien betont die Identität desselben als eines weitgereisten Starsophisten. Man hat beides wiederholt für bare Münze genommen und darin seltene Durchblicke auf den βίος Lukians gesehen. 109 Es ist jedoch methodisch fragwürdig, in ausgewählten Texten Lukians biographistische Vermutungen anzustellen, 110 bei ande- 107 Zu dieser Strategie der Autorisierung in den Reden Dions von Prusa vgl. Krause (2003) 21-24. Krause beschreibt die Selbstdarstellung des Intellektuellen bei Dion im Spannungsfeld von Rhetorik und Philosophie, d. h. als ῥήτωρ, σοφιστής und φιλόσοφος. Wenngleich sich Lukian nicht zum Philosophen stilisiert, weist die von ihm inszenierte ‚Bildungsbiographie‘ markante Ähnlichkeiten mit dem sophistischen βίος Dions auf. 108 Fuhrmann (1979) 689 (über Apologie und Identität bei Sokrates und Isokrates). Fuhrmann (1979) 686 sieht beim Einsatz autobiographischer Elemente in apologetischen Kontexten eine zweifache Begründungsstruktur am Werk: a) den Anspruch auf Individualität („Ich bin etwas Besonderes“) und b) den Anspruch auf Identität („ich bin stets derselbe gewesen“). Besonders in Isokrates ʼ „Apodosis“ (or. 15.7) werden diese Ansprüche eindrücklich auf den Punkt gebracht (der Sprecher hoffte, καὶ τὰ περὶ ἐμὲ μάλιστα γνωσθήσεσθαι καὶ τὸν αὐτὸν τοῦτον μνημεῖόν μου καταλειφθήσεσθαι πολὺ κάλλιον τῶν χαλκῶν ἀναθημάτων). 109 S. hierzu Schwartz (1965), Jones (1986) 9f. Vgl. Baldwin (1973) 16f. mit Anm. 52, Alexiou (1990) 16-18. 110 Vgl. die Kritik bei Schirren (2005) 146. Nach Nesselrath (1990) 116, Lukian “avoided any reference to himself that might have seemed to personal”, was ebd. jedoch nur für die frühen προλαλιαί gilt, während Lukian in die späteren persönliche Gefühle oder Reakti- 45 ren den fiktionalen Charakter zu betonen und eine “authorial distance” 111 zu den sprechenden und handelnden Figuren vorauszusetzen. Denn jede Schrift setzt neu zu bestimmende Kontexte und Sprecher-Rollen voraus. In Somn. (Traumerzählung), Apol., Bis Acc., Laps., Prom.Es (rhetorisch durchstilisierte Apologien) sowie den προλαλιαί (kunstvolle Eröffnungsreden) Bacch., Dips., Electr., Harm., Herc., Herod., Scyth., Zeux. zeichnet das Sprecher-Ich jeweils eine ‚Bildungsbiographie‘ nach. Es porträtiert sich selbst in verschiedenen Skalierungen als erfolgreichen Sophisten. 112 Charakteristika sind rhetorischer Erfolg beim Publikum, die Reisen des Sophisten an verschiedene, weit auseinanderliegende Orte der unter den Römern stabilisierten οἰκουμένη sowie die Kontaktaufnahme mit der dortigen Bevölkerung über die rhetorische Tätigkeit (Apol.: Gallien, Ägypten, Bis Acc.: Ionien, Griechenland, Italien, Gallien, Dips.: Nordafrika, Electr.: Norditalien, Herc.: Gallien, Herod.: Makedonien, Laps.: möglicherweise Italien/ Rom, Scyth.: Makedonien, Somn.: möglicherweise 113 Syrien, vgl. Syr.D.). Zentral ist auch das Bemühen um ein gutes Verhältnis mit der lokalen Honoratiorenbzw. Gebildetenschicht sowie herausragenden, für ein Patronageverhältnis geeigneten Personen (vgl. Harm., Laps., Scyth.). Konsequenzen der rednerischen Tätigkeit sind Ruhm (Harm., Scyth.) und Reichtum (Apol., Herod., Somn.). Zusammengefasst entsprechen diese Aspekte den Versprechungen der personifizierten Παιδεία Somn. 13 (σχῆμα εὐπρεπὲς καὶ τιμὴν καὶ δόξαν καὶ ἔπαινον καὶ προεδρίας καὶ δύναμιν καὶ ἀρχὰς καὶ τὸ ἐπὶ λόγοις εὐδοκιμεῖν). Allen diesen Texten ist gemeinsam, dass sie das (wie ich es hier nennen möchte) ‚Erfolgs-Narrativ‘ eines Starsophisten nachzeichnen, dies jedoch stets indirekt, da die Texte durch deutliche Fiktionalitätssignale gekennzeichnet sind, z. B. als Traum, Verteidigungsrede oder Epideixis onen auf das Publikum eingestreut habe. Dies vernachlässigt jedoch den Fiktionalitätsgehalt von Herc. oder Bacch. und das darin konstruierte sophistische Narrativ, das keine biographischen Rückschlüsse erlaubt. 111 Vgl. Branham (1989) 20f. 28-37. Laut Saïd (1993) 265 sei die für autobiographisches Schreiben typische Distanz zwischen erzählter Vergangenheit und Gegenwart bei Lukian nicht zu finden. Vgl. 270 („l’œuvre de Lucien et donc aux antipodes de l’autobiographie. […] On pourrait, en le parodiant, dire que le «je» de Lucien, précisément parce qu’il est toujours le «je» d’un rôle, est paradoxalement plus sincère que le «je» de l’autobiographie, parce qu’il ne cherche jamais à faire prendre le «je» de l’écrivain pour un «je» réel.“). 112 Vgl. Nesselrath (1990) 140 und Goldhill (2002) 67-82. In Anlehnung an Serge Doubrovsky könnte man von einer Spielart der Autofiktion sprechen: Vgl. hierzu Zipfel (2009). Zu Lukian Colonna (2004) 21-66. 113 Vgl. Somn. 18 (πρὸς ὑμᾶς ἐπανελήλυθα). §17 (Einwürfe kritischer Hörer) wird diese Fiktion durchbrochen. 46 (sophistische Vortragssituation) inszeniert werden. Auch die Rahmenhandlungen der Texte entbehren i. d. R. Angaben zu Ort, Zeit und Akteuren. Durch unscharfe Vagheit und Abstraktheit erscheint das Gesagte verallgemeinert. Trotzdem teilen viele Texte formale Merkmale wie die Anrede des Adressaten bzw. Publikums sowie einen proleptischen Bezug auf einen imaginären Vortrag. Obwohl keine die Texte verbindende Kohärenz von Sprecher-Ich und Angesprochenen feststellbar ist und rhetorischer Auftritt und sophistischer Erfolg aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet werden, sind die Inszenierungen und Auftritte doch Charakteristika eines literarischen ‚Porträts‘. Das breite Spektrum entsprechender Darstellungen deutet auf ein großes Interesse an solchen Inszenierungen. 114 Lukians Schriften Somn. und Apol. nehmen hierbei besondere Stellung ein: In der „Traumschrift“ wird retrospektiv der Beginn des sophistischen Werdegangs geschildert. Darin eingefügt sind wiederum Prophezeiungen von ‚Frau‘ Παιδεία über die von ihr gewährten Möglichkeiten (Reisen, Ruhm, Reichtum, Erfolg etc.). Diese Versprechungen der „Bildung“ zeichnen, wenn auch z. T. ironisch überhöht, das biographische Narrativ eines erfolgreichen Sophisten nach. 115 In Apol. scheinen diese ‚früheren‘ Versprechungen (Somn. 9-13, passim) eingelöst: Denn hier resümiert der Sprecher ‚rückblickend‘ die Segnungen der Bildung, die seine Karriere in der römischen Reichsverwaltung begünstigt haben, wie auch die Vorteile, die das Leben im Zeichen der παιδεία mit sich gebracht hat. Somn. 15 wird der sophistische βίος in das Bild des im Wagen der Demeter fahrenden Heros Triptolemos gefasst. Triptolemos hatte sich bereits im 4. Jh. v. Chr. zur einer Symbolfigur gewandelt, mit welcher der kulturelle und politische Führungsanspruch Athens in der griechischen Welt plausibel gemacht wurde. Während Triptolemos im Mythos von Eleusis den Drachenwagen besteigt, um das Wissen über den Ackerbau in die Welt zu bringen (Hom. h. Dem. 153 mit Richardson ad loc.; Soph. fr. 596-617a TrGF; Ov. met. 5.642-661; Ps.-Apollod. bibl. 1.32: τὴν ὅλην οἰκουμένην δι' οὐρανοῦ αἰρόμενος κατέσπειρε), habe laut Isokr. or. 4.28-30 und Aristid. or. 1.31-38 die Polis Athen gleich dem Heros der Welt Anteil an ihren Kulturleistungen gegeben. Ein ursprünglich eleusinisches Geschehen wurde damit im Laufe der Zeit vollständig athenisiert. 116 In Lukians „Traumschrift“ er- 114 Zu den literarisch inszenierten Konversionen des Rhetors Lukian vgl. Kasulke (2005) 107-132. 115 Vgl. Branham (1989) 28: “the praise of “culture” coincides rhetorically with an artful celebration of the speaker’s own powers as self-praise becomes the vehicle for demonstrating the special mastery the speaker’s reputation implies.” 116 Zum Wandel des Kulturheros Triptolemos in der Antike s. Nesselrath (2013). 47 scheint Triptolemos als ‚Proto-Sophist‘, der im Wagen der Παιδεία über die gesamte οἰκουμένη getragen wird. 117 Der in einer traumhaften Prophezeiung erlebte Flug vom Osten in den fernen Westen (Somn. 15) ist eine Chiffre für die Möglichkeit, durch die angewandte Kenntnis klassischer attischer Sprache, Literatur und Rhetorik (was insgesamt der Begriff παιδεία umfasst) die Welt zu bereisen und ebendafür Ruhm zu ernten. 118 Bemerkenswerterweise wird auch Flor. Verg. 2.4 der Flug des Triptolemos im Demeter-Wagen als Bild für die umtriebigen Touren der Sophisten durch die Welt verwendet. 119 Damit spiegeln Lukians Texte das universale Konzept des römischen Weltreichs, wie es in der Literatur des 2. Jh. n. Chr. dargestellt wurde: Einheit, Mobilität und ‚unbegrenzte Möglichkeiten‘ werden exemplarisch mittels sophistischer Tätigkeit veranschaulicht. Wie in Lukians „Traumschrift“ werden auch in der „Apologie“ programmatische Aussagen über die sophistische Sprecher-persona gemacht. Auch hier wird das Porträt eines erfolgreichen sophistischen βίος entworfen. Dieser wird in Somn. durch den Vergleich mit dem Kulturheros Triptolemos ‚mythopoietisch‘ überhöht. 120 Darin werden Anspruch und Selbstbewusstsein der zeitgenössischen Starsophisten z. T. humorvoll dargestellt, 121 z. T. ist der Text protreptisch lesbar, als Mahnung, den Weg der 117 Vgl. Somn. 15 (ἀρθεὶς δὲ εἰς ὕψος ἐγὼ ἐπεσκόπουν ἀπὸ τῆς ἕω ἀρξάμενος ἄχρι πρὸς τὰ ἑσπέρια πόλεις καὶ ἔθνη καὶ δήμους, καθάπερ ὁ Τριπτόλεμος ἀποσπείρων τι εἰς τὴν γῆν). Zum Flug über die Erde vgl. auch Fug. 25, Nav. 44, Rh.Pr. 6, sowie Cont. und Icar. Die Wissbegierde lässt den Menschen (vgl. VH 1.5) zu anderen Völkern wandern, um dort Erfahrungen und Weisheit zu sammeln. So treibt es die Skythen Toxaris und Anacharsis zu den Griechen, um deren παιδεία zu erlernen: Vgl. Anach. 14, Scyth. 4, Tox. 57; allg. hierzu Hafner (2015). 118 Vgl. Hopkinson (2008) 107: “the chariot-ride represents Lucian’s future travels as a speaker, and what he modestly refrains from mentioning is that the rhetorical performances ‘sown ʼ by him during his travels have brought him worldwide fame.” 119 Dort stattet das Sprecher-Ich einem Baetiker Bericht von seinen Reisen vor der Ankunft in Tarraco (span. Tarragona) ab: vides, hospes, quae spatia caeli peragraverim, quae maris quaeve terrarum. non aliter mehercules, si conferre parvis magna licet, sacer ille iuvenis terras pervolitavit, cui Terra mater capaces oneraverat frugibus amictus, et cum alite serpente currum ipsa iunxisset, nisi toto orbe peragrato vetuit suas redire serpentes. Zur Beliebtheit des Triptolemos als eines Sinnbilds für ein Goldenes Zeitalter im 2. Jh. n. Chr. (Abb. auf Bronze-Medaillons des Antoninus Pius und der Faustina): LIMC 8.1 (1997) 56-68 s. v. Triptolemos (G. Schwarz). 120 Vgl. Raina (2001) 409, Pirrotta (2012) 375. 381. Vgl. Gera (1995), Humble/ Sidwell (2006), Iannucci (2009). 121 In Lukians Texten wird die zeitgenössische Rhetorik, v. a. diejenige der deklamatorischen Übungen, häufig verspottet, vgl. Bis Acc. (der ‚Syrer‘ verunglimpft ‚Rhetorik‘ und die ihm sinnlos erscheinenden Deklamationen) mit Branham (1989) 35. Laut Iannucci (2009) 109-112 ist Παιδεία in Somn. eine Karikatur, die zweideutige Moral und blanken 48 Bildung durch Orientierung an einem erfolgreichen Rollen-Modell einzuschlagen. Die in Somn. prophezeiten Versprechungen der Bildung werden in Apol. gewissermaßen aus der erfolgreichen Rückschau des Sophisten wiederaufgenommen: Wie Triptolemos hat den Sprecher, einen Sophisten, die Bildung in Gestalt der ῥητορικὴ τέχνη von der Provinz Ägypten bis in das im fernen Westen gelegene Gallien geführt. Die Wahl einer losen Briefform in Apol. scheint dies zu unterstützen: Bereits in den unter Platons und Epikurs Namen überlieferten Privat-Briefen dient der Brief als Vehikel für die Darstellung protreptischer Inhalte oder einer nachahmenswerten vita. Die Briefform vermittelt Authentizität und Vertrautheit gegenüber den angesprochenen Freunden und versucht vermeintlich den textinternen Adressaten, darüber hinaus einen textexternen, weiteren Rezipienten-Kreis von bestimmten Ansichten des Adressanten zu überzeugen. So nimmt auch in Luc. Apol. die Bezeugung des Sprechers, bei dem angetretenen Amt handle es sich um eine gesellschaftlich prestigevolle und nützliche Position, breiten Raum ein. 122 Lukians Texte, in denen ein solcher sophistischer βίος inszeniert wird, sind nur insofern autobiographisch, als sie die Spielräume des Sophisten in der öffentlichen Wahrnehmung ausloten. 123 Die Rollen des Sprecher-Ichs spiegeln gesellschaftliche Selbstpositionierungen wider, sind zugleich Affirmationen und Karikaturen des Wegs, den Παιδεία verheißt. 7. Zur Gestalt des vorliegenden Texts Der abgedruckte griechische Text entspricht mit wenigen Ausnahmen dem Oxford Classical Text von Macleod (1980) 366-374. Die Änderungsvorschläge von Nesselrath (1984) wurden berücksichtigt. Macleod teilt in seinem Apparat mit, dass er die Handschriften ΓE (γ- Klasse) wiedergegeben und codices mixti (γ und β) wie N und C berück- Materialismus vertritt. Auch Pirrotta (2012) zweifelt an den Versprechungen der Bildung Somn. 9-13. Vgl. Branham (1989) 29 (“rhetorically effective and wryly distanced”), Saïd (1993) 270, Gera (1995) 250, Goldhill (2002) 67-69. Dagegen betonen Schouler (1994) sowie Humble/ Sidwell (2006) den protreptischen Zug. 122 Elm (2015) 54 erkennt noch bei den geistlichen Ämtern im 4. Jh. n. Chr. einen ähnlichen Zwang zur Rechtfertigung der eigenen, fragilen Position: “These apologies with their autobiographic elements […] had to be particularly persuasive also because what being a bishop entailed was not yet certain and needed to be “written” at every pressure filled moment: each new office holder truly needed to write himself prestige.” 123 Vgl. Branham (1989) 102: “Lucian’s “characters” are highly stylized expressions of the cultural données of tradition, not just ideas and beliefs, but the tacit assumptions and ego-ideals of aging ideologies.” 49 sichtigt habe. Die Überlieferung ist zwar einsträngig, jedoch ist über die ‚Mischhandschriften’ sowie Korrekturen in ΓΕ (wie E a ) die β-Klasse indirekt sichtbar. Der vorliegende Originaltext wurde ausgehend von Macleod systematisch mit früheren Editionen verglichen. In diesen fanden sich neben Diskussionen zu Form und Inhalt des Textes auch Hinweise auf Parallelstellen sowie Kommentare zu Sprache und Stil (vgl. die Übersicht über ältere Textausgaben im Literaturverzeichnis). Herangezogen wurden Schmid (1777) 80-104, Lehmann (1822) 285-302 und 692-714, Jacobitz (1836/ 1966) 435- 445, Bekker (1853) 142-148, Dindorf (1858) 267-273, Fritzsche (1862) 195- 212, Dindorfs Didotiana ( 2 1884) 198-204, Sommerbrodt (1889) LXXXI- LXXXIV, 102-109, 245-247, der von Kilburn besorgte sechste Band der Loeb-Reihe - Kilburn (1968) 191-213 -, García Valdés (2004) sowie die Scholiensammlung bei Rabe (1906) 235-238. Die Schrift ist hauptsächlich in Handschriften der Texttradition γ überliefert: 124 Dazu zählen der namengebende und wichtigste codex Γ (Vaticanus Graecus 90; 10. Jh., 78 Werke, mit einem Supplement aus dem 15. Jh.), ferner Ε (Harleianus 5694, 10. Jh., 19 Werke) sowie diverse Handschriften jüngeren Datums (codices recentiores), in denen die Schrift überliefert ist, wie X (Vaticanus Palatinus 73; 13. Jh., 33 Werke, mit einem Supplement), V (Vaticanus Graecus 89; 14. Jh., 75 Werke) oder F (Guelferbytanus 86.7, 15. Jh.). Zudem zählen codices mixti (z. T. der β-Tradition, z. T. der γ- Tradition zugehörig) aus dem 14./ 15. Jh. zu den Überlieferungsträgern von Apol., darunter C (Parisinus Graecus 3011; 14. Jh., 75 Werke, mit einem Supplement aus dem 15. Jh.), A (Vaticanus Graecus 87; 14. Jh., 76 Werke), Σ (Vaticanus gr. 224; 14. Jh., 27 Werke) sowie der wichtige Textzeuge N (Parisinus gr. 2957; 15. Jh., 79 Werke): Dieser zeigt in Apol. Konkordanzen mit ΓΕ, ist also zunächst dem Überlieferungsstrang der γ-Klasse zuzuordnen. Andererseits gibt es Übereinstimmungen mit den Korrekturen in E (durch Arethas von Caesarea im 9./ 10. Jh.: E a ) sowie in Γ (durch Alexander von Nizäa: Γ a , spätere Korrekturen: Γ c , Γ d ), für die man als Vorlage Texte der β-Klasse annimmt: So kann N zumindest auch als Reflex von β gelten. 125 Die Lesarten dieser Handschrift sind entsprechend für die Schrift Apol., die in keiner nur dem β-Strang zuzuordnenden Hs. überliefert ist, von Bedeutung. 124 Die Auflistung orientiert sich an García Valdés (2004) XIII-XXI. XXVIIIf. 125 García Valdés (2004) XXVIIIf. Vgl. XXIX: „El copista de N, con buen tino, nos da buenas lecturas.“ 50 Mit Blick auf die Zusammengehörigkeit der Schrift mit Merc.Cond. ist festzustellen, dass beide Schriften nur in den veteres (ΓΕ) und späteren codices mixti (ACΣN) der γ-Klasse überliefert sind. Innerhalb der sogenannten ‚Schriften-Akoluthien’ 126 der γ-Klasse, wie sie in Γ vertreten ist, steht die Schrift Ἀπολογία an Position 65. Damit ist sie zwischen Laps. (Nr. 64) und Harm. (Nr. 66) positioniert. Für Leser, die Lukians Werk in sequenzieller Lektüre rezipierten, fügte sich Apol. damit thematisch eng in das textuelle Umfeld ein: Auffällig ist zum einen die Nähe der Schrift zu den rhetorischen Übungsreden (Nr. 53 Tyr., 54 Abd.) und Prolalien, in denen das sophistische Sprecher-Ich die Beziehung zum Publikum seiner rhetorischen Auftritte und literarischen Produktion thematisiert (Nr. 60 Dips., 62 Herod., 63 Zeux., 66 Harm., 67 Hes., 68 Scyth.). Zum anderen wird auch im direkten textuellen Umfeld (Nr. 64 Laps. und 66 Harm.) das Bemühen um Patronage zur Erringung von Prestige thematisiert: In Harm. steht das erfolgreiche Werben um einen patronus im Mittelpunkt, von dem augenscheinlich der literarisch-rhetorische Ruhm des Sprechers abhängt. In Laps. ist das Setting wie in Apol. römisch (Diskussion über lateinische Grußformeln bei der salutatio). Auch in dieser Schrift drückt der Sprecher tiefe Bewunderung für seinen Förderer, den patronus Asklepios, aus (der Name spiegelt klar das Thema der Gesundheitswünsche wider), wobei das Patronageverhältnis wie in Apol. v. a. aus humoristischer Perspektive beleuchtet wird. Auffällig ist schließlich, dass auch Nr. 64 Laps. und 67 Hes. apologetischen Charakter haben (s. o. A.5). Damit liegt im Fall der Hs. Γ eine Gruppierung der Texte nach strukturellen Gesichtspunkten vor, die aus Sicht einer linearen Lektüre des Werks kohärente Zyklen bilden. Die Motive ‚Apologie‘ sowie ‚Werbung um Patronage‘ wurden vom Autor oder bei späteren Neuanordnungen der Texte offenkundig als wiederkehrende ‚Markenzeichen‘ dieses Werkteils betrachtet. Im Folgenden wird eine Übersicht über die im Kommentar vertretenen Abweichungen von Macleods OCT-Ausgabe gegeben. Begründungen und Diskussionen finden sich jeweils ad locc. 126 Vgl. Mras (1911) 5f. und passim. 51 Textstelle Macleod vorliegender Text Αpol. 1.4 καὶ πᾶσιν καὶ ἐπὶ πᾶσιν Αpol. 1.15-16 οἷά ἐστι τῶν τρυφώντων πλουσίων τὰ σφιγγία καὶ τὰ κουράλλια; athetiert Αpol. 1.16 τοῦ νῦν - τοῦ νῦν <βίου> Αpol. 1.18 πρὸς τὸ χεῖρον· τοῦτ' ἂν εἴη οὐχ ὑπὲρ πρὸς τὸ χεῖρον τοῦτ' ἂν εἴη, οὐχ ὑπὲρ Αpol. 2.7 - <καὶ καιόμενον, εἰ δέοι,> Apol. 8.1 Ταῦτα μὲν καὶ τὰ τοιαῦτα Ταῦτα μὲν καὶ τοιαῦτα Αpol. 9.5-6 δέδοικα μὴ < > προσλαβὼν δέδοικα μὴ πρὸς τῇ ἐπιφερομένῃ κατηγορίᾳ κολακείας αἰτίαν προσλάβω Αpol. 12.1 μισθαροῦντας μισθαρνοῦντας Apol. 15.3 ἀλλὰ τῷ ἐκ τοῦ πολλοῦ δήμου ἀλλὰ τῶν ἐκ τοῦ πολλοῦ δήμου 52 B. Text und Übersetzung * 65 ΑΠΟΛΟΓΙΑ 1 1.1 Πάλαι σκοπῶ πρὸς ἐμαυτόν, 2 ὦ καλὲ Σαβῖνε, 3 ἅτινά σοι εἰκὸς ἐπελθεῖν ἢ εἰπεῖν ἀναγνόντι ἡμῶν τὸ περὶ τῶν ἐπὶ μισθῷ συνόν- των βιβλίον· 4 ὅτι μὲν γὰρ οὐκ ἀγελαστὶ 5 διεξῄεις αὐτὸ καὶ πάνυ μοι πρόδηλον. ἃ δὲ μεταξὺ καὶ ἐπὶ 6 πᾶσιν ὑπὸ σοῦ ἐλέγετο, ταῦτα νῦν 5 ἐφαρμόττειν 7 ζητῶ τοῖς ἀνεγνωσμένοις. 8 εἰ τοίνυν μὴ κακὸς ἐγὼ μαντικήν, 9 δοκῶ μοι ἀκούειν σου λέγοντος· 10 Εἶτα τίς 11 αὐτὸς ταῦτα γεγραφὼς καὶ κατηγορίαν οὕτω δεινὴν κατὰ τοῦ τοιούτου βίου διεξελθών, 12 ἔπειτα πάντων ἐκλαθόμενος, ὀστράκου, φασί, 13 μετα- πεσόντος 14 ἑκὼν ἑαυτὸν φέρων ἐς δουλείαν οὕτω περιφανῆ καὶ περί- 10 βλεπτον ἐνσέσεικεν; πόσοι 15 Μίδαι καὶ Κροῖσοι καὶ Πακτωλοὶ ὅλοι μετέπεισαν αὐτὸν ἀφεῖναι μὲν τὴν ἐκ παίδων φίλην καὶ σύν- τροφον ἐλευθερίαν, 16 πρὸς αὐτῷ δὲ ἤδη τῷ Αἰακῷ γενόμενον καὶ μονονουχὶ τὸν ἕτερον πόδα 17 ἐν τῷ πορθμείῳ 18 ἔχοντα παρέχειν ἑαυτὸν ἕλκεσθαι καὶ σύρεσθαι καθάπερ ὑπὸ κλοιῷ τινι χρυσῷ 15 τὸν αὐχένα δεθέντα; 19 [οἷά ἐστι τῶν τρυφώντων πλουσίων τὰ σφιγ- γία καὶ τὰ κουράλλια;] 20 πολλὴ γοῦν ἡ διαφωνία 21 τοῦ νῦν <βίου> 22 πρὸς τὸ σύγγραμμα 23 καὶ τὸ ἄνω τοὺς ποταμοὺς χωρεῖν καὶ ἀνεστράφθαι τὰ πάντα 24 καὶ παλινῳδεῖν πρὸς τὸ χεῖρον 25 τοῦτ' ἂν εἴη, οὐχ ὑπὲρ Ἑλένης μὰ Δί' οὐδ' ὑπὲρ τῶν ἐπ' Ἰλίῳ γενομένων, ἀλλ' 20 ἔργῳ ἀνατρεπομένων τῶν λόγων καλῶς πρότερον εἰρῆσθαι δοκούντων. 26 2.1 Ταῦτα μὲν πρὸς ἑαυτόν 27 ὡς τὸ εἰκός 28 λέλεκταί σοι. ἐπάξεις δὲ ἴσως καὶ πρὸς αὐτὸν ἐμὲ ξυμβουλήν τινα τοιαύτην οὐκ ἄκαιρον, ἀλλὰ φιλικὴν καὶ οἵῳ σοι χρηστῷ καὶ φιλοσόφῳ ἀνδρὶ πρέπουσαν. 29 ἢν μὲν οὖν κατ' ἀξίαν ὑποδὺς τὸ σὸν πρόσωπον ὑποκρίνωμαι, 30 εὖ 5 ἂν ἡμῖν ἔχοι καὶ τῷ Λογίῳ θύσομεν· εἰ δὲ μή, ἀλλὰ σὺ προσθή- σεις τὰ ἐνδέοντα. 31 ὥρα τοίνυν μετασκευάσαντας ἡμᾶς τὴν σκηνὴν 32 ἐμὲ μὲν σιωπᾶν καὶ ἀνέχεσθαι τεμνόμενον <καὶ καιόμενον, εἰ δέοι,> 33 ἐπὶ σωτηρίᾳ, σὲ δ' ἐπιπάττειν τῶν φαρμάκων καὶ τὴν σμίλην ἅμα πρόχειρον ἔχοντα καὶ τὸ καυτήριον διάπυρον. 34 καὶ δὴ παραλαβὼν τὴν ῥήτραν σὺ 10 ταῦτα πρός με ὁ Σαβῖνος ἤδη λέγεις. 35 * Vorbemerkung: Im deutschen Übersetzungstext finden sich ausschließlich Anmerkungen zur Übersetzung sowie zu historischen wie mythologischen Namen, Sachen und Orten. Andere Anmerkungen (z. B. zu Textkritik, Stilistik, vergleichbaren Textstellen sowie Intra- und Intertextualität) finden sich dagegen im griechischen Originaltext. 53 Apologie §1 Schon länger frage ich mich, mein lieber Sabinos, was Dir wahrscheinlich in den Sinn kam oder was Du sagtest nach der Lektüre meines Buchs „Die gegen Bezahlung Gesellschaft leisten“ [d. h. „Das traurige Los der Gelehrten“, Lukians De Mercede Conductis]: Dass Du es nämlich nicht ohne Gelächter durchgelesen hat, ist mir glasklar. Was jedoch während oder nach der Lektüre von Dir gesagt wurde, dies bemühe ich mich nun dem Gelesenen anzufügen. Und wenn es um meine Hellseherkunst nicht schlecht bestellt ist, dann scheint es mir, als hörte ich Dich Folgendes sagen: „Wer ist der Autor, der dies schreibt und ausführlich eine so gnadenlose Anklage gegen jenen Lebensstil vorbringt, danach alles vergisst und, nachdem, wie man sagt, die Scherbe auf die andere Seite gefallen ist, aus eigenem Antrieb auf eine so offenkundige und berüchtigte Knechtschaft losstürmt? Wie viele vom Schlage eines Midas, eines Kroisos oder eines Paktolos 36 haben ihn überzeugen können, von der ihm von klein auf lieben und vertrauten Freiheit Abschied zu nehmen? Als er bereits vor Aiakos 37 persönlich gekommen war und den einen Fuß fast schon im Fährboot hatte, da ließ er sich freiwillig zerren und wegreißen, als hätte er den Nacken mit irgendeinem goldenen Ring umschlossen? [Von der Art, wie bei den im Luxus schwelgenden Reichen die Hals- und Korallenketten sind? ] Ein großer Widerspruch freilich zwischen seinem jetzigen Lebensstil und der Schrift: Einem ‚die Ströme, sie fließen bergauf‘, einem ‚alles kehrt sich um‘, und einem ‚Widerruf, der es noch schlimmer macht‘ mag dies entsprechen. Doch nein, beim Zeus, kein solcher Widerruf, wie der zugunsten von Helena oder der Ereignisse in Troia. Nein, sondern indem Worte, die zuvor noch gut gesagt zu sein schienen, durch Tatsachen verkehrt wurden.“ §2 Das ist es wahrscheinlich, was Du Dir gesagt haben wirst. Und vielleicht wirst Du auch an mich einen Rat in diesem Stil herantragen, der nicht ungelegen kommt, sondern freundlich gemeint ist und zu einem anständigen Mann und Philosophen wie Dir passt. Wenn ich nun in Deine Rolle geschlüpft bin und sie angemessen spiele, so soll es uns gut damit sein und wir wollen dem Logios 38 opfern. Wenn aber nicht, dann magst Du das Fehlende selbst hinzufügen. Jetzt ist es aber Zeit: für uns, die Szene zu wechseln; für mich, zu schweigen und zu meinen eigenen Gunsten das Schneiden und, sofern es zur Rettung unentbehrlich ist, das Brennen zu ertragen; für Dich ist es jedoch Zeit, schmerzstillende Mittel aufzustreuen, dazu das Skalpell griffbereit zu haben und das glühende Brenneisen. Und schon ergreifst Du das Wort und sprichst als ‚Sabinos’ nun Folgendes zu mir: 54 3.1 Πάλαι 39 μέν, ὦ φιλότης, 40 <ὡς> εἰκός, εὐδοκίμηταί 41 σοι τουτὶ τὸ σύγγραμμα καὶ ἐν πολλῷ πλήθει δειχθέν, 42 ὡς οἱ τότε ἀκροασά- μενοι διηγοῦντο, καὶ ἰδίᾳ παρὰ τοῖς πεπαιδευμένοις ὁπόσοι ὁμι- λεῖν αὐτῷ καὶ διὰ χειρὸς ἔχειν ἠξίωσαν. 43 ἥ τε γὰρ τῶν λόγων 5 παρασκευὴ οὐ μεμπτὴ 44 καὶ ἡ ἱστορία 45 πολλὴ καὶ ἐμπειρία τῶν πραγμάτων 46 καὶ ὅτι ἕκαστα σαφῶς ἐλέγετο, 47 καὶ <τὸ> μέγιστον, ὅτι χρήσιμα 48 πᾶσιν ἦν καὶ μάλιστα τοῖς πεπαιδευμένοις, ὡς μὴ ὑπ' ἀγνοίας σφᾶς αὐτοὺς εἰς δουλείαν ὑπάγοιεν. ἐπεὶ δέ σοι μετέ- δοξε βελτίω ταῦτα εἶναι καὶ τὴν μὲν ἐλευθερίαν μακρὰ χαίρειν 10 ἐᾶν, ζηλῶσαι δὲ τὸ ἀγεννέστατον ἐκεῖνο ἰαμβεῖον 49 ὅπου τὸ κέρδος, παρὰ φύσιν δουλευτέον, 50 ὅρα ὅπως μηδεὶς ἔτι ἀκούσεταί σου ἀναγινώσκοντος αὐτό, ἀλλὰ μηδὲ ἄλλῳ παράσχῃς τῶν τὸν παρόντα σου βίον ὁρώντων ἐπελ- θεῖν τὰ γεγραμμένα, 51 εὔχου δὲ Ἑρμῇ τῷ χθονίῳ καὶ τῶν ἀκηκο- 15 ότων πρότερον πολλὴν λήθην κατασκεδάσαι, 52 ἢ δόξεις τὸν τοῦ Κορινθίου μῦθόν τι 53 πεπονθέναι, κατὰ σαυτοῦ ὁ Βελλεροφόντης γεγραφὼς τὸ βιβλίον. μὰ γὰρ τὸν Δί' οὐχ ὁρῶ τὴν ἀπολογίαν ἥτις ἂν εὐπρόσωπός σοι γένοιτο πρὸς τοὺς κατηγοροῦντας, καὶ μάλιστα, ἢν σὺν γέλωτι αὐτὸ ποιῶσιν ἐπαινοῦντες μὲν τὰ γεγραμ- 20 μένα καὶ τὴν ἐν αὐτοῖς ἐλευθερίαν, αὐτὸν δὲ τὸν συγγραφέα δου- 4.1 λεύοντα ὁρῶντες καὶ ἑκόντα ὑποτιθέντα τὸν αὐχένα τῷ ζυγῷ. 54 οὐκ ἀπεικότα 55 γοῦν λέγοιεν ἄν, εἰ λέγοιεν ἤτοι ἄλλου του γενναίου ἀνδρὸς εἶναι τὸ βιβλίον καὶ σὲ τὸν κολοιὸν ἀλλοτρίοις πτεροῖς ἀγάλλεσθαι· 56 ἢ εἴπερ σόν ἐστιν, ὅμοιά σε τῷ Σαλαίθῳ ποιεῖν, 5 ὃς πικρότατον κατὰ μοιχῶν θεὶς τοῖς Κροτωνιάταις νόμον καὶ θαυ- μαζόμενος ἐπ' αὐτῷ μετὰ μικρὸν αὐτὸς ἑάλω μοιχεύων τοῦ ἀδελφοῦ τὴν γυναῖκα. περὶ πόδα 57 τοίνυν καὶ σὲ τὸν Σάλαιθον ἐκεῖ- νον εἶναι φαίη τις ἄν· μᾶλλον δὲ πολὺ μετριώτερος ἐκεῖνος, ἔρωτι μὲν ἁλούς, ὡς ἔφασκεν ἀπολογούμενος, ἑκὼν δὲ μάλα εὐψύχως 10 ἐς τὸ πῦρ ἁλλόμενος, καίτοι ἐλεούντων αὐτὸν ἤδη Κροτωνιατῶν καὶ ἐνδιδόντων φυγήν, εἰ βούλοιτο. τὸ δὲ σὸν οὐ παρὰ μικρὸν ἀτοπώτερον, ἀκριβοῦντος μὲν ἐν τοῖς λόγοις τὴν τοῦ τοιούτου βίου δουλοπρέπειαν καὶ κατηγοροῦντος εἴ τις εἰς πλουσίου τινὸς ἐμπε- σὼν καὶ καθείρξας ἑαυτὸν ἀνέχοιτο μυρία τὰ δυσχερῆ πάσχων 55 §3 „Schon lange, mein Freund, und wie zu erwarten, findet diese Deine Schrift Beifall, sowohl bei der großen Menge, der sie präsentiert wurde - denn so erzählten es diejenigen, die damals zuhörten - als auch im privaten Rahmen bei allen Gebildeten, die sie kennenzulernen und in Händen zu halten für würdig erachteten. Denn das Arrangement der Worte ist nicht zu verachten, die Information und die Sachkompetenz umfangreich, da zudem jedes Detail klar dargestellt wurde; die Hauptsache ist aber, dass es für alle, besonders für die Gebildeten, den Nutzen hatte, sich nicht selbst aus Unwissenheit in die Sklaverei zu begeben. Da Du jedoch auf einmal Deine Ansicht ändertest und dachtest, 58 dies sei doch eine bessere Sache, und Du der Freiheit auf lange Sicht Lebewohl sagtest, indem Du jenem höchst schamlosen jambischen Vers nacheifertest: ‚wo Nutzen ist, ist wider die Natur zu schuften gut‘, 59 pass auf, dass niemand mehr hören wird, wie du das Buch vorträgst, und lass es keinesfalls zu, dass einen anderen von denen, die Deinen jetzigen Lebensstil sehen, Abschriften erreichen: Bete lieber zu Hermes Chthonios, 60 dass er über die, die schon früher davon gehört haben, einen großen Schleier des Vergessens breite. Sonst wird es den Anschein haben, Dir sei in etwa die in der korinthischen Sage geschilderte Situation widerfahren: Du ein ‚Bellerophon, der das Buch gegen sich selbst verfasst hat‘. 61 Ich sehe nämlich nicht, bei Zeus, welche noch so treffliche Verteidigungsrede Dir gegen die Ankläger gelingen sollte, vor allem, wenn sie sich einen Spaß daraus machen, zwar die Schrift und die darin zum Vorschein kommende Unabhängigkeit zu loben, dem Verfasser selbst jedoch dabei zuzusehen, wie er Sklavendienste leistet und seinen Nacken freiwillig unters Joch legt. §4 Nicht ohne Grund dürften sie es demnach behaupten, wenn sie behaupteten, dass das Buch entweder von einem anderen edlen Mann stamme und Du, die Dohle, Dich mit fremden Federn schmückest, oder dass Du, sofern es von Dir sei, ähnliche Dinge wie Salaithos 62 betriebest, der den Einwohnern von Kroton das schärfste Gesetz gegen Ehebrecher gab 63 und, hierfür bewundert, kurze Zeit später persönlich dabei erwischt wurde, wie er mit der Frau seines Bruders die Ehe brach. 64 Treffsicher könnte man also behaupten, auch Du seist wie der berühmte Salaithos: Doch war jener weit bescheidener, da er ein Opfer der Liebe geworden war, wie er zu seiner Verteidigung angab, und höchst verwegen freiwillig ins Feuer sprang, obwohl die Krotoniaten bereits Mitleid mit ihm hatten und ihm die Verbannung in Aussicht gestellt hatten, wenn er wollte. 65 Dein Verhalten ist dagegen viel ungehöriger, da Du zwar in Deinen Sätzen die sklavische Gesinnung eines solchen Lebensstils genau beschreibst und Anklage erhebst, wenn einer es in Kauf nimmt, in das Haus eines Reichen zu geraten und es zum eigenen Verlies zu bestimmen, 56 15 καὶ ποιῶν, 66 ἐν γήρᾳ δὲ ὑστάτῳ 67 καὶ σχεδὸν ἤδη ὑπὲρ τὸν οὐδὸν 68 οὕ- τως ἀγεννῆ λατρείαν ἐπανῃρημένου καὶ μονονουχὶ καὶ ἐμπομπεύ- οντος αὐτῇ. ὅσῳ γοῦν πᾶσιν ἐπισημότερος εἶναι δοκεῖς, 69 τοσούτῳ καταγελαστότερος ἂν δόξειας εἶναι ἀντιφωνοῦντος τοῦ νῦν βίου τῷ βιβλίῳ. 70 5.1 Καίτοι τί δεῖ καινὴν ἐπὶ σὲ κατηγορίαν ζητεῖν μετὰ τὴν θαυμαστὴν τραγῳδίαν 71 λέγουσαν μισῶ σοφιστήν, ὅστις οὐχ αὑτῷ σοφός; 72 οὐκ ἀπορήσουσι δὲ οἱ κατηγοροῦντες καὶ ἄλλων παραδειγμάτων 5 ἐπί σε, ἀλλ' οἱ μὲν τοῖς τραγικοῖς ὑποκριταῖς <σ'> εἰκάσουσιν, 73 οἳ ἐπὶ μὲν τῆς σκηνῆς Ἀγαμέμνων ἕκαστος αὐτῶν ἢ Κρέων ἢ αὐτὸς Ἡρακλῆς εἰσιν, ἔξω δὲ Πῶλος ἢ Ἀριστόδημος ἀποθέμενοι τὰ πρόσωπα γίγνονται ὑπόμισθοι τραγῳδοῦντες, ἐκπίπτοντες 10 καὶ συριττόμενοι, ἐνίοτε δὲ καὶ μαστιγούμενοί 74 τινες αὐτῶν, ὡς ἂν τῷ θεάτρῳ δοκῇ. ἄλλοι δὲ τὸ τοῦ πιθήκου πεπονθέναι 75 σε φήσουσιν ὃν Κλεοπάτρᾳ 76 τῇ πάνυ 77 γενέσθαι· ἐκεῖνον γὰρ διδαχθέν- τα τέως μὲν ὀρχεῖσθαι πάνυ κοσμίως καὶ ἐμμελῶς 78 καὶ ἐπὶ πολὺ θαυμάζεσθαι μένοντα ἐν τῷ σχήματι καὶ τὸ πρέπον φυλάττοντα 15 καὶ τοῖς ᾄδουσι καὶ αὐλοῦσι συγκινούμενον 79 ὑμέναιον, 80 ἐπεὶ δὲ εἶδεν ἰσχάδα 81 οἶμαι ἢ ἀμύγδαλον 82 πόρρω κειμένην, μακρὰ χαίρειν φρά- σαντα τοῖς αὐλοῖς καὶ ῥυθμοῖς 83 καὶ ὀρχήμασι συναρπάσαντα κα- τατρώγειν, ἀπορρίψαντα, μᾶλλον δὲ συντρίψαντα 84 τὸ πρόσωπον. 6.1 Καὶ σὺ τοίνυν, φαῖεν ἄν, οὐχ ὑποκριτής, ἀλλὰ ποιητὴς τῶν καλ- λίστων καὶ νομοθέτης γενόμενος ὑπ' ἰσχάδος ταυτησὶ παραφανεί- σης ἠλέγχθης πίθηκος ὢν 85 καὶ ἀπ' ἄκρου χείλους φιλοσοφῶν 86 καὶ ἕτερα μὲν κεύθων ἐνὶ φρεσίν, ἄλλα δὲ λέγων· 87 ὡς εἰκότως ἄν τινα 5 ἐπὶ σοῦ εἰπεῖν ὅτι <ἃ> λέγεις καὶ ἐφ' οἷς ἐπαινεῖσθαι ἀξιοῖς, χεί- λεα μέν σου ἐδίηνεν, ὑπερῴην δὲ αὐχμῶσαν καταλέλοιπεν. 88 τοιγα- ροῦν παρὰ πόδας εὐθὺς ἔτισας δίκην, προπετῶς μὲν θρασυνάμενος πρὸς τὰς ἀνθρώπων χρείας, μετὰ μικρὸν 89 δὲ μονονουχὶ ὑπὸ κήρυξιν 90 ἐξομοσάμενος τὴν ἐλευθερίαν, καὶ ἐῴκει ἡ Ἀδράστεια τότε κατό- 10 πιν ἐφεστῶσά σοι εὐδοκιμοῦντι ἐφ' οἷς κατηγόρεις τῶν ἄλλων, καταγελᾶν 91 ὡς ἂν θεὸς εἰδυῖα τὴν μέλλουσάν σοι ἐς τὰ ὅμοια μετα- 57 wobei er unzählige Widerwärtigkeiten erdulden und ausführen müsse, Du Dich selbst jedoch, im höchsten Lebensalter und beinahe schon über die Schwelle hinüber, einem derart schändlichen Frondienst unterzogen hast und Dich sogar fast dafür brüstest. Doch je bedeutender Du allen zu sein scheinst, umso lächerlicher dürftest Du erscheinen bei diesem Widerspruch Deines jetzigen Lebens mit Deiner Schrift. §5 Und doch: Warum sollte man eine neuartige Anklage gegen Dich anstrengen, da ja schon die bewundernswerte Tragödie sagt: ‚ich hass ʼ den Weisen, der sich selbst nicht weise ist‘? Keinen Mangel werden die Ankläger an weiteren Beispielen haben, die auf Dich zutreffen, sondern die einen werden Dich mit den tragischen Schauspielern vergleichen, von denen auf der Bühne jeder ein Agamemnon, ein Kreon oder selbst ein Herakles ist, 92 die abseits der Bühne jedoch nach dem Ablegen der Masken zu Polos 93 oder Aristodemos 94 werden, die gegen Lohn Tragödie spielen, von der Bühne gezischt und ausgepfiffen, manche beizeiten gar ausgepeitscht werden, wie es dem Publikum gerade gefällt. Andere werden sagen, Du habest das Schicksal des Affen geteilt, den die berühmte Kleopatra besaß: Jener hatte nämlich seit einer Weile gelernt, recht elegant und harmonisch zu tanzen. Er wurde sehr bewundert, da er in der Tanzfigur verharren konnte, die angemessene Haltung zu wahren wusste und sich in Begleitung der Sänger und Flötenbläser zu einem Hochzeitslied bewegte. Als er jedoch einmal in einiger Entfernung eine am Boden liegende Feige, wie ich meine, oder Mandel erblickte, sagte er den Flöten, rhythmischen Bewegungen und Tänzen gänzlich Lebewohl, bemächtigte sich ihrer und verschlang sie. Die Maske hatte er herunter-, vielmehr: in Stücke gerissen. §6 Auch von Dir dürften sie behaupten, Du seist demnach kein Schauspieler, sondern ein ‚Dichter der Extraklasse‘ und ‚Gesetzgeber‘, der durch das Erscheinen jener Feige als Affe überführt worden sei, ‚einer, der nur mit der Lippenspitze philosophiert,‘ ‚der ein andres im Herzen verbirgt und ein anderes ausspricht‘: Zu Recht dürfe einer über Dich sagen, dass dies, was Du sagst und wofür Du es für würdig erachtest, gelobt zu werden, zwar ‚die Lippen benetzt, doch läßt e[s] trocken die Kehle zurück.‘ 95 Daher folgte Deine Bestrafung direkt auf dem Fuße: Nachdem Du Dich voreilig auf die menschlichen Bedürfnisse gestürzt hattest, schworst Du binnen kurzem und beinahe öffentlich der Freiheit ab. Und es schien Adrasteia 96 damals hinter Dir zu stehen, als Du dafür gerühmt wurdest, gegen die anderen Anklage zu erheben, und sie schien zu lachen, da sie als Göttin wusste, dass Du Dich in Zukunft ähnlichen Verhältnissen anpassen würdest, und weil Du 58 βολὴν 97 καὶ ὅτι οὐκ εἰς τὸν κόλπον πτύσας 98 πρότερον ἠξίους κατηγο- ρεῖν τῶν διὰ ποικίλας τινὰς τύχας τοιαῦτα πράττειν ὑπομενόντων. 7.1 εἰ γοῦν ὑποθοῖτό τις τῷ λόγῳ τὸν Αἰσχίνην μετὰ τὴν κατὰ τοῦ Τιμάρχου κατηγορίαν αὐτὸν ἁλῶναι καὶ φωραθῆναι τὰ ὅμοια πάσχοντα, πόσον ἂν οἴει παρὰ τῶν ὁρώντων γενέσθαι τὸν γέλω- τα, εἰ Τίμαρχον μὲν ηὔθυνεν ἐπὶ τοῖς καθ' ὥραν ἡμαρτημένοις, 99 5 αὐτὸς δὲ γέρων ἤδη τοιαῦτα εἰς ἑαυτὸν παρενόμει; τὸ δ' ὅλον ἐκείνῳ τῷ φαρμακοπώλῃ ἔοικας ὃς ἀποκηρύττων βηχὸς φάρμα- κον καὶ αὐτίκα καταπαύσειν τοὺς πάσχοντας ὑπισχνούμενος αὐτὸς μεταξὺ σπώμενος ὑπὸ βηχὸς ἐφαίνετο. 100 8.1 Ταῦτα μὲν καὶ 101 τοιαῦτα πολλὰ ἕτερα εἴποι τις ἂν 102 οἷος σὺ κατηγορῶν ἐν οὕτως ἀμφιλαφεῖ 103 τῇ ὑποθέσει 104 καὶ μυρίας τὰς ἀφορ- μὰς 105 παρεχομένῃ. ἐγὼ δὲ ἤδη σκοπῶ ἥντινα καὶ τράπωμαι πρὸς τὴν ἀπολογίαν. 106 ἆρά μοι κράτιστον, ἐθελοκακήσαντα καὶ τὰ νῶτα 5 ἐπιστρέψαντα καὶ ἀδικεῖν οὐκ ἀρνούμενον 107 ἐπὶ τὴν κοινὴν ἐκείνην ἀπολογίαν 108 καταφυγεῖν 109 - λέγω δὴ 110 τὴν Τύχην καὶ Μοῖραν καὶ Εἱμαρμένην - καὶ παραιτεῖσθαι συγγνώμην ἔχειν μοι τοὺς ἐπι- τιμῶντας 111 εἰδότας ὡς οὐδενὸς ἡμεῖς κύριοι, ἀλλ' ὑπό τινος κρείτ- τονος, μᾶλλον δὲ μιᾶς τῶν προειρημένων ἀγόμεθα οὐχ ἑκόντες, 10 ἀλλ' ἀναίτιοι παντάπασιν ὄντες ὧν ἂν λέγωμεν ἢ ποιῶμεν; 112 ἢ τοῦ- το μὲν κομιδῇ ἰδιωτικόν, καὶ οὐδ' ἂν σύ με, ὦ φιλότης, ἀνάσχοιο τοιαύτην ἀπολογίαν προϊσχόμενον καὶ συνήγορον τὸν Ὅμηρον παραλαμβάνοντα 113 καὶ τὰ ἐκείνου ἔπη ῥαψῳδοῦντα, Μοῖραν δ' οὔτινά φημι πεφυγμένον ἔμμεναι ἀνδρῶν 114 15 καὶ τό γεινομένῳ ἐπένησε λίνῳ, ὅτε μιν τέκε μήτηρ. 115 9.1 Εἰ δὲ τοῦτον ἀφεὶς τὸν λόγον ὡς οὐ πάνυ ἀξιόπιστον 116 ἐκεῖνο λέγοιμι, μήτε ὑπὸ χρημάτων μήτε ὑπ' ἄλλης τινὸς ἐλπίδος τοιαύ- της δελεασθεὶς 117 ὑποστῆναι τὴν παροῦσαν συνουσίαν, ἀλλὰ τὴν σύνεσιν καὶ ἀνδρείαν καὶ μεγαλόνοιαν τοῦ ἀνδρὸς θαυμάσας ἐθε- 5 λῆσαι κοινωνῆσαι πράξεων τῷ τοιούτῳ, 118 δέδοικα μὴ πρὸς τῇ ἐπιφερομένῃ κατηγορίᾳ κολακείας αἰτίαν προσλάβω 119 κᾆτα εὑρίσκωμαι ἥλῳ, φασίν, ἐκ- κρούων τὸν ἧλον, καὶ μείζονί γε τὸν σμικρότερον, 120 ὅσῳ κολακεία 59 Dich, ohne zuvor ins Gewand zu spucken, für wert erachtetest, gegen diese Leute Anklage zu erheben, die aufgrund mannigfacher Schicksalsschläge solche Beschäftigungen annahmen. §7 Einmal angenommen, jemand nähme sich in seiner Rede das folgende Thema vor: ‚Aischines wurde nach seiner Anklage gegen Timarchos selbst in flagranti dabei ertappt und festgenommen, wie er Ähnliches mit sich geschehen lasse‘: 121 Welches Gelächter würde Deiner Ansicht nach auf Seiten der Zuschauer entstehen, wenn er, der den Timarchos für jugendliche Vergehen zur Rechenschaft gezogen hatte, selbst, bereits ein alter Mann, solche Dinge gegen sich selbst beging? Insgesamt ähnelst Du jenem Arzneimittelverkäufer, der, während er öffentlich ein Hustenmittel anpries und den Patienten augenblickliche Linderung versprach, in der Zwischenzeit offenkundig selbst vom Husten zerrissen wurde.“ §8 Diese und viele andere solcher Argumente könnte einer vorbringen, der wie Du seine Anklage in einem so ausgreifenden Prozess erhebt, wobei unzählige Motive vorgebracht werden. Doch ich habe meinerseits schon im Auge, was für einer Verteidigungsstrategie ich mich zuwende. Wäre es für mich nicht das Beste, ich verhielte mich absichtlich feige, nähme Reißaus, leugnete meine Schandtat nicht und suchte Schutz bei jener allgemeingültigen Rechtfertigungsstrategie - ich meine Tyche, Moira und Heimarmene - 122 und bäte meine Kritiker um Verzeihung, die ja wüssten, dass wir, keiner Sache Herr, von einer höheren Macht, wohl von einer der genannten, getrieben werden, ohne es zu wollen, ja, dass wir überhaupt keine Schuld tragen für das, was wir sagen oder tun? Oder dies ist allein auf meinem Mist gewachsen und Du würdest es, lieber Freund, nicht erdulden, dass ich eine solche Verteidigung vorbringe, mir Homer zum Anwalt nehme und seine Verse rezitiere: ‚Doch dem Verhängnis entrann wohl nie der Sterblichen einer‘ 123 und auch ‚was ihm das Schicksal | Bei der Geburt zuspann mit dem Faden, als ihn die Mutter geboren‘. 124 §9 Wenn ich diese Überlegung als nicht sehr glaubwürdig überginge, vielmehr jenes Fernerliegende behauptete, dass ich weder durch Geld noch durch irgendeine andere Aussicht verführt mich der gegenwärtigen Gesellschaft unterzogen hätte, vielmehr als Bewunderer der Intelligenz, der Tapferkeit und der Gedankenhöhe dieses Mannes an den Aktivitäten eines solchen Menschen Anteil nehmen wolle, dann habe ich die Befürchtung, dass ich mir zusätzlich zu der vorgebrachten Anklage noch den Vorwurf der Schmeichelei zuziehe und dabei angetroffen werde, wie ich ‚mit einem Keil‘, wie es heißt, ‚einen anderen Keil herausschlage‘, und zwar mit einem größeren den kleineren: im selben Maße, wie Schmeichelei 60 τῶν ἄλλων ἁπάντων κακῶν τὸ δουλοπρεπέστατον εἶναι - καὶ ταύτῃ χείριστον - νενόμισται. 125 10.1 Τί οὖν ἄλλο, εἰ μήτε ταῦτα μήτε ἐκεῖνα λέγειν δοκεῖ, 126 ὑπόλοιπόν ἐστιν ἢ ὁμολογεῖν μηδὲν ὑγιὲς εἰπεῖν ἔχειν; 127 μία μοι ἴσως ἐκείνη ἄγκυρα 128 ἔτι ἄβροχος, 129 ὀδύρεσθαι τὸ γῆρας καὶ τὴν νόσον καὶ μετὰ τούτων τὴν πενίαν 130 πάντα ποιεῖν καὶ πάσχειν ἀναπείθουσαν ὡς 5 ἐκφύγοι τις αὐτήν. 131 καὶ ἐν τῷ τοιούτῳ οὐκ ἄκαιρον ἴσως καὶ τὴν τοῦ Εὐριπίδου Μήδειαν παρακαλέσαι παρελθοῦσαν εἰπεῖν ὑπὲρ ἐμοῦ 132 ἐκεῖνα τὰ ἰαμβεῖα μικρὸν αὐτὰ παρῳδήσασαν· 133 καὶ μανθάνω μὲν οἷα δρᾶν μέλλω κακά, 134 πενία δὲ κρείσσων 135 τῶν ἐμῶν βουλευμάτων. 10 τὸ μὲν γὰρ τοῦ Θεόγνιδος 136 κἂν ἐγὼ μὴ λέγω, τίς οὐκ οἶδεν, οὐκ ἀπαξιοῦντος καὶ ἐς βαθυκήτεα πόντον σφᾶς αὐτοὺς ῥίπτειν καὶ κατὰ κρημνῶν ἠλιβάτων, εἴ γε μέλλει τις οὕτως ἀποδράσε- σθαι τὴν πενίαν; 137 11.1 Ταῦτα μὲν εἶναι δοκεῖ ἅ τις ἂν ὡς ἐν τοιούτῳ ἀπολογήσασθαι ἔχοι, οὐ πάνυ εὐπρόσωπον ἕκαστον αὐτῶν. 138 σὺ δέ μοι θάρρει, ὦ ἑταῖρε, ὡς οὐδενὶ τούτων ἐμοῦ χρησομένου. 139 μὴ γὰρ τοσοῦτός ποτε λιμὸς καταλάβοι τὸ Ἄργος ὡς τὴν Κυλλάραβιν σπείρειν ἐπιχει- 5 ρεῖν· οὐδ' ἡμεῖς οὕτω πένητες εὐλόγου ἀπολογίας 140 ὡς ὑπὸ ἀπο- ρίας τὰ τοιαῦτα κρησφύγετα 141 πρὸς τὴν κατηγορίαν ζητεῖν. ἀλλά μοι ἐκεῖνο ἐννόησον, ὡς πάμπολυ διαφέρει, 142 ἐς οἰκίαν τινὸς πλου- σίου ὑπόμισθον παρελθόντα δουλεύειν καὶ ἀνέχεσθαι ὅσα μοί φησιν τὸ βιβλίον, ἢ δημοσίᾳ πράττοντά τι τῶν κοινῶν καὶ ἐς 10 δύναμιν πολιτευόμενον 143 ἐπὶ τούτῳ παρὰ βασιλέως μισθοφορεῖν. 144 διελθὼν δὴ καὶ ἰδίᾳ καταθεὶς ἑκάτερον σκόπει· εὑρήσεις γὰρ τὸ τῶν μουσικῶν δὴ τοῦτο, 145 δὶς διὰ πασῶν 146 τὸ πρᾶγμα, καὶ τοσοῦ- τον ἐοικότας ἀλλήλοις τοὺς βίους, ὅσον μόλυβδος ἀργύρῳ 147 καὶ χαλκὸς χρυσῷ καὶ ἀνεμώνη ῥόδῳ 148 καὶ ἀνθρώπῳ πίθηκος. 149 μισθὸς 15 μὲν γὰρ κἀκεῖ κἀνταῦθα καὶ τὸ ὑπ' ἄλλῳ τάττεσθαι, τὸ δὲ πρᾶ- γμα παμπόλλην ἔχει τὴν διαφωνίαν. 150 ἐκεῖ μὲν γὰρ δουλεία σαφὴς καὶ οὐ πολὺ τῶν ἀργυρωνήτων καὶ οἰκοτρίβων διαφέρουσιν οἱ ἐπὶ 61 mit Blick auf all die übrigen Laster als das einem Sklaven angemessenste - und somit als das schlimmste - angesehen wird. §10 Wenn weder diese Verteidigungsstrategie noch jene angewandt werden soll: Was anderes bleibt mir dann, als zuzugeben, dass ich nichts Gescheites zu sagen habe? Vielleicht habe ich nur noch jenen einen ‚trockenen Anker‘: Nämlich mich zu beklagen über das Alter und die Krankheit, hernach die Armut, die einen dazu verleitet, alles zu tun und zu erdulden mit dem Ziel, ihr zu entkommen. Und in einem solchen Fall kommt es vielleicht nicht ungelegen, die Medea des Euripides aufzurufen, dass sie auftrete und jene jambischen Verse zu meiner Verteidigung mit ein wenig Parodie aufsage: ‚Ich weiß, welch grässliches Verbrechen ich verüben will. | Doch über meine Einsicht 151 siegt die Armut.‘ 152 Denn den Sinnspruch des Theognis, auch wenn ich ihn nicht zitiere, wer kennt ihn nicht? Des Mannes, der es für unbedenklich hält, dass man ‚sich selbst gar in den tiefen Schlund des Meeres‘ und ‚von steilen Klippen herabstürze‘, sofern man auf diese Weise der Armut entkomme? §11 Dies scheinen die Argumente zu sein, mit welchen man sich in einem solchen Falle verteidigen kann, wobei keine einzige dieser Verteidigungsstrategien besonders trefflich ist. Du aber sei mir nur guten Mutes, mein Freund: Ich werde von nichts davon Gebrauch machen. Mag nämlich keine derart große Hungersnot Argos befallen, dass man das Gymnasion Kyllarabis zu besäen unternehme: 153 Und auch habe ich keinen so großen Bedarf an einer glaubhaften Verteidigungsrede, dass ich aus Verzweiflung eine solche Zuflucht vor der Anklage nehmen müsste. Doch berücksichtige mir das Folgende: Es ist ein riesengroßer Unterschied, ob man als Angestellter in das Haus eines Reichen kommt, Sklavendienste tun und alles ertragen muss, was in meinem Buch beschrieben steht, oder ob man im Bereich der Öffentlichkeit einen Dienst von allgemeinem Interesse tut, sich nach Kräften politisch engagiert und dafür vom Kaiser entlohnt wird. Gehe es doch durch, stelle es Dir selbst vor Augen und prüfe jedes Detail einzeln: So wirst Du nämlich auf die Redensart der Musiker kommen, dass die Sache durch zwei ganze Oktaven getrennt ist und dass die Lebensstile einander genauso ähnlich sind, wie Blei und Silber, Kupfer und Gold, Windröschen [Anemone] und Rose sowie Mensch und Affe. Denn Bezahlung gibt es zwar hier und dort und auch die Unterordnung unter einen anderen, bei der Tätigkeit besteht jedoch ein riesengroßer Unterschied. Dort ist die Knechtschaft nämlich offenkundig und von den gekauften und den im Haus aufgezogenen Sklaven unterscheiden sich die unter solchen Bedingungen 62 τῷ τοιούτῳ εἰσιόντες, 154 οἱ δὲ τὰ κοινὰ διὰ χειρὸς ἔχοντες καὶ πόλε- σι καὶ ἔθνεσιν 155 ὅλοις σφᾶς αὐτοὺς χρησίμους παρέχοντες 156 οὐκ 20 ἂν εἰκότως ἐκ μόνου τοῦ μισθοῦ διαβάλλοιντο καὶ ἐς ὁμοιότητα καὶ κοινωνίαν τῆς κατηγορίας καθέλκοιντο· 157 ἐπεὶ οὐκ ἂν φθάνοι τις ἁπάσας ἀναιρῶν τὰς τοιαύτας προστασίας 158 , καὶ οὔτε οἱ τοσαῦτα 159 ἔθνη ἐπιτροπεύοντες 160 οὔθ' οἱ τὰς πόλεις ἁρμόττοντες 161 οὔθ' οἱ τὰς φάλαγγας 162 ἢ στρατόπεδα ὅλα 163 ἐγχειριζόμενοι 164 ὀρθῶς ποιήσουσιν ἐπεὶ 25 καὶ μισθὸς αὐτῶν τῷ ἔργῳ πρόσεστιν. ἀλλ' οὐκ ἀφ' ἑνός, 165 οἶμαι, χρὴ ἀνατρέπειν τὰ πάντα 166 οὐδ' ἰσοτιμίαν τῶν μισθοφορούντων καθιστάναι. 167 12.1 Τὸ δὲ ὅλον οὐ τοὺς μισθαρνοῦντας 168 ἅπαντας ἐγὼ φαύλῳ βίῳ συνεῖναι ἔφασκον, ἀλλὰ τοὺς ἐν ταῖς οἰκίαις ἐπὶ προφάσει παιδεύ- σεως δουλεύοντας ᾤκτειρον. τουτὶ δέ, ὦ ἑταῖρε, τὸ ἡμέτερον πρᾶγμα παντάπασιν ἑτεροῖόν ἐστιν, εἴ γε τὰ μὲν οἴκοι ἰσότιμα 5 ἡμῖν, 169 δημοσίᾳ δὲ τῆς μεγίστης ἀρχῆς κοινωνοῦμεν 170 καὶ τὸ μέρος συνδιαπράττομεν. 171 ἐγὼ γοῦν, εἰ σκέψαιο, δόξαιμ' ἄν σοι 172 οὐ τὸ σμικρότατον τῆς Αἰγυπτίας ταύτης ἀρχῆς ἐγκεχειρίσθαι, τὰς δίκας εἰσάγειν 173 καὶ τάξιν αὐταῖς τὴν προσήκουσαν ἐπιτιθέναι 174 καὶ τῶν πραττομένων καὶ λεγομένων ἁπαξαπάντων ὑπομνήματα 10 γράφεσθαι 175 καὶ τάς τε ῥητορείας τῶν δικαιολογούντων ῥυθμίζειν καὶ τὰς τοῦ ἄρχοντος 176 γνώσεις 177 πρὸς τὸ σαφέστατον ἅμα καὶ ἀκρι- βέστατον σὺν πίστει τῇ μεγίστῃ διαφυλάττειν 178 καὶ παραδιδόναι δημοσίᾳ πρὸς τὸν ἀεὶ χρόνον ἀποκεισομένας, 179 καὶ ὁ μισθὸς οὐκ ἰδιωτικός, ἀλλὰ παρὰ τοῦ βασιλέως, 180 οὐ σμικρὸς οὐδὲ οὗτος, 15 ἀλλὰ πολυτάλαντος· 181 καὶ τὰ μετὰ ταῦτα δὲ οὐ φαῦλαι ἐλπίδες, 182 εἰ τὰ εἰκότα γίγνοιτο, ἀλλὰ ἔθνος ἐπιτραπῆναι ἤ τινας ἄλλας πράξεις βασιλικάς. 183 13.1 Ἐθέλω γοῦν ἐκ περιττοῦ χρησάμενος τῇ παρρησίᾳ 184 καὶ ὁμόσε χωρήσας τῷ ἐπιφερομένῳ ἐγκλήματι 185 καθ' ὑπερβολὴν ἀπολογή- σασθαι, 186 καὶ δὴ φημί σοι μηδένα μηδὲν ἀμισθὶ ποιεῖν, 187 οὐδ' ἂν τοὺς τὰ μέγιστα πράττοντας εἴπῃς, 188 ὅπου μηδὲ βασιλεὺς αὐτὸς ἄμι- 5 σθός ἐστιν. 189 οὐ φόρους λέγω οὐδὲ δασμούς, ὁπόσοι παρὰ τῶν ἀρχομένων ἐπέτειοι φοιτῶσιν, 190 ἀλλ ἔστι βασιλεῖ μισθὸς μέγιστος ἔπαινοι καὶ ἡ παρὰ πᾶσιν εὔκλεια καὶ τὸ ἐπὶ ταῖς εὐεργεσίαις 63 Hinzukommenden nicht besonders. Doch diejenigen, welche die öffentlichen Angelegenheiten in ihrer Hand haben und sich Städten und Provinzen als nützlich erweisen, dürften im Grunde nicht allein aufgrund ihrer Bezahlung schlechtgemacht und zu einer vergleichbaren und generellen Anklage gezerrt werden: Da keiner auf einen Schlag alle so gearteten Statthalterschaften abschaffen könnte, werden auch weder die Finanzverwalter solch großer Provinzen, noch die Präfekten der Städte oder die, denen Schlachtreihen oder ganze Legionen anvertraut werden, dies rechtmäßig tun, nur weil mit ihrer Arbeit auch eine Bezahlung verknüpft ist. Doch nicht ausgehend von einem Einzelfall, so meine ich, darf alles auf den Kopf gestellt und eine Gleichbehandlung der Lohnempfänger begründet werden. §12 Insgesamt habe ich nicht behauptet, dass die Lohnempfänger sich in ihrer Gesamtheit einem miserablen Lebensstil hingäben, vielmehr beklagte ich diejenigen, die in den Herrenhäusern angeblich für Erziehungstätigkeit Sklavendienste leisten. Diese, lieber Freund, meine Tätigkeit ist von gänzlich anderer Art, und obgleich zwar die häuslichen Verhältnisse bei mir gleich privilegiert sind, so habe ich doch im öffentlichen Bereich an der obersten Herrschaft Anteil und erfülle die mir zugewiesene Aufgabe mit. Ich scheine Dir doch wohl, wenn Du es recht bedenkst, nicht den geringsten Teil dieser Herrschaft hier über Ägypten 191 anvertraut bekommen zu haben: Ich leite Prozesse ein, erlege ihnen die entsprechende Ordnung auf, schreibe Berichte über alles, was zugleich getan und gesagt wurde, bringe die ausgearbeiteten Reden der Prozessierenden in die richtige Form, die gerichtlichen Entscheidungen des Statthalters verwahre ich möglichst strikt und genau sowie mit größter Zuverlässigkeit und gebe sie weiter, damit sie öffentlich bis in alle Zeit abgelegt werden: dabei beziehe ich meinen Lohn nicht privat, sondern vom Kaiser; und dieser ist nicht gering, sondern entspricht im Wert vielen Talenten. Und für die Zukunft hege ich keine falschen Hoffnungen, sofern die Dinge ihren normalen Lauf nehmen, eher eine prokuratorische Aufsicht über eine Provinz oder gewisse andere Tätigkeiten in kaiserlichem Auftrag. §13 Ich möchte nun freilich eingehend von der Redefreiheit Gebrauch machen und mich, nachdem ich dem an mich herangetragenen Vorwurf entgegengetreten bin, mit einiger Übertreibung verteidigen: Und zwar schwöre ich Dir, dass niemand irgendetwas ohne Bezahlung tut, erwähne nicht einmal die Verwalter der höchsten Ämter, da ja selbst ein Kaiser nicht unbezahlt ist. Ich meine keine Steuern, auch keine Tribute, wie sie in Mengen jedes Jahr von Seiten der Untertanen eingehen. Nein, für einen Kaiser besteht der höchste Lohn in Lobeshymnen, weltweitem Ruhm, der kniefälligen Verehrung für Wohltaten, Bildnissen, Tempeln und heiligen 64 προσκυνεῖσθαι, καὶ εἰκόνες δὲ καὶ νεῲ καὶ τεμένη, ὁπόσα παρὰ τῶν ἀρχομένων ἔχουσι, μισθοὶ καὶ ταῦτά εἰσιν 192 ὑπὲρ τῶν φρον- 10 τίδων καὶ προνοίας, ἣν ἐκφέρονται προσκοποῦντες ἀεὶ τὰ κοινὰ καὶ βελτίω ποιοῦντες. 193 ὡς δὴ μικρὰ μεγάλοις εἰκάζειν, 194 ἢν ἐθέλῃς ἀρξάμενος ἀπὸ τῆς τοῦ σωροῦ 195 κορυφῆς ἐφ' ἕκαστον τούτων ἀφ' ὧν σύγκειται καταβαίνειν, ὄψει ὅτι μεγέθει καὶ σμικρότητι διαλλάττομεν τῶν ἀκροτάτων, τὰ δ' ἄλλα μισθοφόροι 15 ὁμοίως ἅπαντες. 196 14.1 Εἰ μὲν οὖν τοῦτον ἐτεθείκειν τὸν νόμον μηδένα μηδὲν πράτ- τειν, ἔνοχος ἂν εἰκότως ἐδόκουν τῇ παρανομίᾳ, 197 εἰ δὲ τοῦτο μὲν οὐδαμοῦ τοῦ βιβλίου λέλεκταί μοι, χρὴ δὲ τὸν ἀγαθὸν ἄνδρα ἐνεργὸν εἶναι, τί ἂν ἄλλο ἐς δέον αὑτῷ χρῷτο, ἢ φίλοις συμπο- 5 νῶν πρὸς τὰ βέλτιστα κἀν τῷ μέσῳ ὑπαίθριος πεῖραν αὑτοῦ διδοὺς ὅπως ἔχει πίστεως καὶ σπουδῆς καὶ εὐνοίας πρὸς τὰ ἐγκεχειρι- σμένα, 198 ὡς μὴ τὸ Ὁμηρικὸν ἐκεῖνο 199 “ἐτώσιον ἄχθος ἀρούρης” 200 εἴη; 15.1 Πρὸ δὲ τῶν ὅλων μεμνῆσθαι χρὴ τοὺς ἐπιτιμῶντας ὅτι οὐ σοφῷ ὄντι μοι - εἰ δή τις καὶ ἄλλος ἐστί που σοφός - ἐπιτιμήσου- σιν ἀλλὰ τῶν 201 ἐκ τοῦ πολλοῦ δήμου, 202 λόγους μὲν ἀσκήσαντι καὶ τὰ μέτρια ἐπαινουμένῳ ἐπ' αὐτοῖς, πρὸς δὲ τὴν ἄκραν ἐκείνην 5 τῶν κορυφαίων ἀρετὴν οὐ πάνυ γεγυμνασμένῳ. 203 καὶ μὰ Δί' οὐδ' ἐπὶ τούτῳ ἀνιᾶσθαί μοι ἄξιον, ὅτι μηδὲ ἄλλῳ ἐγὼ γοῦν ἐντε- τύχηκα τὴν τοῦ σοφοῦ ὑπόσχεσιν ἀποπληροῦντι. 204 σοῦ μέντοι καὶ θαυμάσαιμ' ἂν ἐπιτιμῶντός μου τῷ νυνὶ βίῳ, εἴ γε ἐπιτιμῴης, ὃν πρὸ πολλοῦ ᾔδεις ἐπὶ ῥητορικῇ δημοσίᾳ 205 μεγίστας μισθοφορὰς 10 ἐνεγκάμενον, 206 ὁπότε κατὰ θέαν τοῦ ἑσπερίου Ὠκεανοῦ καὶ τὴν Κελτικὴν ἅμα ἐπιὼν ἐνέτυχες ἡμῖν 207 τοῖς μεγαλομίσθοις 208 τῶν σοφιστῶν 209 ἐναριθμουμένοις. Ταῦτά σοι, ὦ ἑταῖρε, καίτοι ἐν μυρίαις ταῖς ἀσχολίαις ὢν 210 ὅμως ἀπελογησάμην, 211 οὐκ ἐν παρέργῳ θέμενος τὴν λευκὴν παρὰ 15 σοῦ καὶ πλήρη μοι ἐνεχθῆναι· 212 ἐπεὶ πρός γε τοὺς ἄλλους, κἂν συνάμα πάντες κατηγορῶσιν, 213 ἱκανὸν ἂν εἴη μοι τό Oὐ φροντὶς Ἱπποκλείδῃ. 214 65 Bezirken, was sie alles reichlich von den Untertanen erhalten. Auch dies sind Entlohnungen für Sorgen und Weitblick, den sie zu erkennen geben, indem sie stets im Voraus auf das öffentliche Wohl schauen und es zu verbessern trachten. ‚Um Kleines mit Großem zu vergleichen: ‘ Wenn Du beginnend vom obersten Punkt des Haufens [d. h. der Hierarchie] zu jedem einzelnen Bestandteil, aus denen er sich zusammensetzt, hinabsteigst, wirst Du erkennen, dass wir, von den äußersten Enden aus gesehen, durch hohe und niedrige Position weit voneinander entfernt sind, ansonsten jedoch alle auf ähnliche Weise Empfänger von Bezahlung sind. §14 Hätte ich es nun gesetzlich festgelegt, dass niemand irgendeiner Tätigkeit nachgehen solle, würde ich aller Wahrscheinlichkeit nach der Gesetzesübertretung schuldig erscheinen. Sollte dies jedoch an keiner Stelle meines Buches gesagt werden, und da der anständige Mann ja tätig sein soll: Wie könnte er sich da selbst pflichtgemäß anders nützlich machen, als Freunden beim Erreichen des Bestmöglichen in Mühen beizustehen und inmitten der Öffentlichkeit eine Probe seiner selbst zu geben, davon, wie es bei ihm bestellt ist um Vertrauenswürdigkeit, Eifer und Wohlwollen hinsichtlich der begonnenen Unternehmungen, um so nicht jener Homerischen ‚nutzlosen Last für die Erde‘ zu entsprechen? §15 Vor allem jedoch sollen sich meine Kritiker in Erinnerung rufen, dass sie mit mir keinen Weisen - wenn denn irgendjemand weise sein kann - kritisieren werden, sondern einen aus dem breiten Volke, der sich zwar im Reden geübt und moderates Lob dafür erhalten hat, der jedoch auf jenen Gipfel der Tugend der in schwindelnden Höhen Befindlichen zu gelangen überhaupt keine Anstrengung unternommen hat. Und nicht, beim Zeus, ist es mir wert, mich darüber zu ärgern, da ich zumindest noch keinem anderen begegnet bin, der die Anforderung, die an den Weisen gestellt ist, erfüllt hätte. Ich sollte mich freilich auch darüber wundern, dass Du meinen jetzigen Lebensstil kritisierst, wenn Du doch den Mann kritisierst, den Du schon kanntest, wie er vor langer Zeit für seine öffentliche Redetätigkeit die höchsten Bezahlungen entgegennahm: Du wolltest damals den Ozean im Westen zu Gesicht bekommen und warst gerade auf einer Reise durch das Land der Kelten, 215 als Du mir begegnet bist: mir, der zu den Großverdienern unter den Sophisten gezählt wurde. Damit habe ich mich Dir zuliebe, mein Freund, trotz unzähliger Geschäfte, verteidigt. Ich hielt es nämlich nicht für nebensächlich, das weiße und zugleich volle Freispruchsteinchen von Dir zu erhalten. Was die anderen betrifft, sollten sie auch alle gleichzeitig zu Anklägern werden, dürfte mir der folgende Spruch genügen: ‚Nicht kümmert’s Hippokleides! ‘ 66 C. Erläuterungen 1 Zum Titel: In der byzantinischen Überlieferung (E a , ein Verweis auf die β-Tradition? ) wurde dem Titel zur Verdeutlichung der Kohärenz mit Merc.Cond. marginal ΠΕΡΙ ΤΩΝ ΕΠΙ ΜΙΣΘΩΙ ΣΥΝΟΝΤΩΝ hinzugefügt. So wäre die Zusammengehörigkeit von Merc.Cond. und Apol. über die programmatische Wiederaufnahme des Titels der ersten im Titel der zweiten Schrift (d. h. ΑΠΟΛΟΓΙΑ ΠΕΡΙ ΤΩΝ ΕΠΙ ΜΙΣΘΩΙ ΣΥΝΟΝΤΩΝ) deutlicher als in der γ-Klasse für die Rezipienten erkennbar gewesen: Vgl. z. B. die Bezugnahme Luc. Pr.Im. (ΥΠΕΡ ΤΩΝ ΕΙΚΟΝΩΝ) auf Im. (ΕIΚΟΝΕΣ). Weitere Titelzusätze zur Schrift finden sich in späteren Hss., etwa ἀπολογία πρὸς Σαβῖνον σοφιστήν („Verteidigungsrede gegen den Sophisten Sabinos“) oder ἀπολογία πρὸς Σαβῖνον σοφιστὴν περὶ τῶν ἐπὶ μισθῷ συνόντων, wobei jeweils inhaltliche Vorinformationen gegeben wurden. 2 Der Auftakt entspricht einer informellen ‚Brieffassade‘ (ohne Präskript) an einen befreundeten Leser, der trotz seiner Absenz durch rhetorische Ethopoiie ‚präsent‘ gemacht wird. Gemäß der Rolle des Sophisten in den Lukianischen προλαλιαί wendet sich der Sprecher über den fiktiven Leser Sabinos hinaus auch an einen textexternen Rezipientenkreis, um diesem seine rhetorischen Fähigkeiten zu präsentieren: Vgl. Herc. 7, Herod. 7. 3 Zur Anredeform vgl. Hist.Cons. 1 (Philon), Merc.Cond. 2 (Timokles), Peregr. 37 (ὦ καλὲ Κρόνιε), Symp. 48 (abschließend an Philon). Wie DMort. 29.2, Herm. 28 (Anrede jeweils innerhalb eines Dialogs) deutet die Apostrophe auf ein ‚imaginäres Gespräch‘, hier mit Sabinos, hin. Es wurde viel über die Identität des Adressaten spekuliert: Man identifizierte ihn mit einem unter Trajan wirkenden Sophisten, der Sud. σ 11 s. v. Σαβῖνος erwähnt wird und aus dessen Feder literaturkritische Kommentare (ὑπομνήματα) und Interpretationen (ἐξηγητικά) stammen sollen: σοφιστής, γεγονὼς ἐπὶ Ἀδριανοῦ Καίσαρος. ἔγραψεν Εἰσαγωγὴν καὶ ὑποθέσεις μελετικῆς ὕλης εἰς βιβλία δ', εἰς Θουκυδίδην καὶ Ἀκουσίλαον καὶ ἄλλους ὑπομνήματα· καὶ ἕτερά τινα ἐξηγητικά. Vgl. Diog. Laert. 3.47. Eine entsprechende Expertise zeigt Sabinos auch Apol. 2. Ein anderer Identifizierungsversuch ermittelte den athenischen Platoniker Gaios Ioulios Sabinos, der 142/ 3 n. Chr. Ephebe war: Vgl. IG II 3 2 3803.5-7 (ein Ἰούλιος Σαβῖνος Πλατωνικὸς φιλόσοφος genannt): Vgl. Jones (1986) 20 Anm. 79, Swain (1996) 321 Anm. 78 und (2007) 41 Anm. 68, bereits Oliver (1950) 160, Follet (1976) 76 Anm. 7. Vgl. Apol. 2.3 Sabinos ʼ Anrede als Philosoph (φιλοσόφῳ ἀνδρὶ). Aus Apol. selbst lässt sich nur Folgendes gewinnen: 1.6a- 67 21 und §§3-7 erscheint er als πεπαιδευμένος, der Expertise im Bereich Literaturkritik besitzt. Als alter Bekannter (§15) des ‚Autors‘ von Merc.Cond. schlägt er ihn mit dessen eigenen Waffen und nimmt selbst die Rolle des satirischen Enttarners ein. Es ist auch zu beachten, dass ‚Sabinos‘ ein römisches Cognomen ist und als Ethnicum Sabinus auf den entsprechenden italischen Volksstamm verweist. Diese Adressierung eines (im weitesten Sinne) Römers als eines gebildeten Rezipienten von Merc.Cond. ist für eine Deutung, die Merc.Cond. als anti-römische Kritik begreift, nicht von geringer Bedeutung. Vgl. zu typisch römischen Adressatennamen bei Lukian auch Macr. (Quintillus), Nigr. prooem. (Brief an den Philosophen Nigrinus) und Alex. (Celsus) (ferner z. B. die Widmung von Plutarchs „Parallelviten“ an Sosius Senecio, von Philippos ʼ „Kranz” an Camillus). Hierzu Balsdon (1979) 187 (“Lucian’s Roman friends delighted in reading what he wrote”). Allg. zu sprechenden Namen von Absendern und Adressaten in der Briefkultur der Zweiten Sophistik vgl. Schmitz (2004) 98-100 (Aufzählung solcher Namen in Alkiphrons Briefen). Zur Rolle der Brief-Fiktion ebd. 102ff., Rosenmeyer (2001) 307 (eingebettete Briefe bei Lukian: 135 Anm. 4. 259ff.), König (2007) 277ff., bes. 281f.; zum Brief als epideiktischer Form Hodkinson (2007) 294f., zu Briefpaaren 296-300, bes. 298. 4 Mit der Adressierung des Sabinos zeigt der Sprecher ein zeittypisches Feingefühl von Sophisten für die Reaktionen des Publikums: Vgl. Korenjak (2000) 52-65, Webb (2006) 35. Zu Lukians Kommunikation mit dem Publikum vgl. Branham (1989) 38f. 194ff. 202f. Sabinos hat Merc.Cond. gelesen (ἀναγνόντι ist hier vorzeitig). Während diese Schrift in Merc.Cond. selbst als λόγος bezeichnet wird (4 u. ö.), wird sie hier βιβλίον (s. u. auch σύγγραμμα), d. h. abgeschlossenes literarisches Werk genannt. Damit wird die Brieffassade von Merc.Cond. entlarvt (vgl. auch den sprechenden Namen des Adressaten Timokles). Zur Strategie der Lesermanipulation durch das Brief-Genus vgl. Marquis (2007), laut welcher der Empfänger von Luc. Peregr., Kronios, ein Komplize des Sprechers (vgl. das Präskript Λουκιανὸς Κρονίῳ εὖ πράττειν), als idealer bzw. Modell-Leser erscheint, an dem sich der reale Leser orientieren kann. Vgl. entsprechend zu Alex. und der Rolle des Adressaten Kelsos Clay (1992) 3440f. 3443. 3446. Bes. 3448 (über Kronios und Kelsos: “they are rhetorical fictions and serve as figures of Lucian’s Gentle (and sympathetic) Reader”). Sabinos wird als individueller und exemplarischer Adressat in Apol. in Szene gesetzt. Evoziert wird ein Gespräch zwischen Gebildeten, bei dem es über Literatur und Literaturkritik geht: In der Kaiserzeit hatten sich elitäre Zirkel als Orte der Lesekultur und Ausdruck kultivierter Beschäftigung und sozialer Distinktion gebildet, 68 in denen Werke vorgelesen, besprochen und diskutiert wurden. Vgl. die Schilderung idealisierter Gebildeten- und Lesekreise im 2. Jh. n. Chr. bei Gell. NA u. a. 3.1, 13.31, 19.10. Kopien literarischer Versuche wurden innerhalb dieser Kreise an Freunde weitergegeben und besprochen. Freunde wiederum konnten weitere Kopien anfertigen lassen und sie weiterreichen. Wie häufige Adressierungen von Lesern erkennen lassen, warteten viele Autoren auf kritische Überlegungen und intelligente Antworten ihres Publikums. Krasser (1995) untersucht die gesellschaftlichen Institutionen im 1./ 2. Jh. n. Chr., „in denen Bildung im Rahmen einer intensiv gepflegten Gesprächskultur abgefragt, präsentiert und inszeniert werden konnte“ (88); seit trajanischer Zeit war „[a]us der im Studier- und Lesezimmer und im Gespräch mit den engsten Freunden gepflegten literarischen Kultur […] endgültig ein Bestandteil der Alltagswelt geworden, der keiner weiteren historischen Reflexion und Problematisierung“ (89) bedurfte. Zur Darstellung von Gebildetenzirkeln vgl. Johnson (2010), (2011) bes. 327-329 zu sozialen Mechanismen von elitärer Partizipation und Gruppen-Ausschluss; vgl. entsprechend zum Fall des Galen: Hanson (1998) 27-30. 50: “Galen speaks warmly of his own audience of followers, apparently modeled on an idealized view of the philosopher and his pupils”. Die kritischen Äußerungen des Lesers Sabinos (vgl. §3) deuten auf ein Konzept, das den Leser gemäß Plut. de audiend. 14 (45e) zu einem κοινωνὸς […] τοῦ λόγου oder συνεργὸς τοῦ λέγοντος macht. Wie Plutarch - Konstan (2004) - tritt so auch bei Lukian die ‚Mitarbeit‘ des Rezipienten als innovatives Konzept auf. 5 Zur Etikettierung παγγέλοιος bei Lukian vgl. Halliwell (2008) 460 Anm. 51, allg. Husson (1994): Das Lachen ist häufiges incipit oder explicit Lukianischer Schriften, hier beschreibt es eine bestimmte Rezeptionshaltung: Vgl. Anach. 1 (πολλῷ γέλωτα ἐμοὶ γοῦν παρέχουσιν), Bacch. 1 (ὥστε καταγελᾶν ἐπιόντος), Eun. 1 (Πόθεν, ὦ Λυκῖνε, ἢ τί γελῶν ἡμῖν ἀφῖξαι;), Nigr. prooem., Peregr. 2, Sacr. 1 (ὅστις οὐ γελάσεται τὴν ἀβελτερίαν ἐπιβλέψας τῶν δρωμένων) sowie jeweils am Ende DMort. 6.6, 11.5, Nav. 46. Vgl. ferner die Adressaten-Reaktion, die der Sprecher Peregr. 2 imaginiert (Kelsos müsse über die Dummheit des Peregrinos gewiss lachen: Πολλὰ τοίνυν δοκῶ μοι ὁρᾶν σε γελῶντα ἐπὶ τῇ κορύζῃ τοῦ γέροντος, μᾶλλον δὲ καὶ ἀκούω βοῶντος). Dabei handelt es sich wie in Apol. um überlegenes Lachen: Das positive Lachen von πεπαιδευμένοι dient laut Zweimüller (2008) 95 „zur Selbstbestätigung und zur Identifikation einer Gruppe von Gebildeten gegenüber Ungebildeten“ und kreiert eine “satirical community”, vgl. Whitmarsh (2004) 472. Solche ‚Lachgemeinschaften‘ können jedoch relativ instabil sein: Stimmt Sabinos hier noch zusammen mit dem 69 Autor von Merc.Cond. in das Lachen mit ein, wird letzterer in §§2-7 durch Sabinos bloßgestellt und so selbst zum Opfer satirischer Attacken, bevor beide am Ende (§15) erneut gemeinschaftlich verbunden erscheinen. 6 Textkritisches: Macleod vermutet eine Lakune und streicht die Präposition ἐπὶ im OCT. Dagegen folge ich (wie u. a. Dindorf, Bekker, Kilburn) den codices recentiores und der Lesart ἐπὶ πᾶσιν. Schließlich fragt sich der Sprecher, was Sabinos sowohl während (μεταξὺ) als auch nach seiner Lektüre von Merc.Cond. (ἐπὶ πᾶσιν) gedacht und gesagt haben mag. 7 Zu ἐφαρμόττειν („anfügen, in eine Ordnung fügen“) vgl. Pl. rep. 517a8-9 (Glaukon soll das ‚Höhlengleichnis‘ mit dem zuvor Gesagten in Verbindung bringen: Ταύτην τοίνυν […] τὴν εἰκόνα […] προσαπτέον ἅπασαν τοῖς ἔμπροσθεν λεγομένοις); Luc. Hist.Cons. 6 (τάξιν ἥντινα τοῖς ἔργοις ἐφαρμοστέον), Pisc. 38 (ἐφήρμοζον μεταξὺ τοῖς λεγομένοις). ἁρμονία (stimmige Zusammenstellung) gilt Luc. Zeux. 2 als Rede-Qualität. 8 Mit βιβλία ἀνεγνωσμένα werden Diog. Laert. 5.73 öffentlich rezitierte, d. h. veröffentlichte Werke bezeichnet, im Gegensatz zu βιβλία ἀνέκδοτα. 9 Ohne Ellipsen müsste die Protasis lauten: εἰ τοίνυν μὴ κακὸς ἐγὼ <εἰμὶ τὴν> μαντικὴν (sc. τέχνην) κτλ. Vgl. Pl. Phaid. 84e4-5 (τῶν κύκνων δοκῶ φαυλότερος ὑμῖν εἶναι τὴν μαντικήν). 10 δοκῶ […] λέγοντος evoziert die Vorstellung eines imaginären Gesprächs: Entsprechend ist Apol. als dialogische Wechselrede konzipiert. 11 Zum empörten Frageton vgl. die attische Wendung εἶτα τί τοῦτο, womit ein Fragender Unverständnis für in seinen Augen sinnlose Begebenheiten oder Aussagen ausdrückt (z. B. Aristoph. Nub. 347). Mit der Aneinanderreihung kritischer Fragen (1.6-15) fordert der Ankläger den Sprecher zu einer Antwort heraus. Vgl. Sen. vit. beat. 17.1 (Kritiker torpedieren ‚Seneca‘ mit Fragen: 'quare ergo tu fortius loqueris quam vivis? Quare etc.? ). 12 Sabinos bezeichnet Merc.Cond. mit dem juristischen terminus κατηγορία (auch 3, 4, 5, 6, 8, 11). So wird der Autor zum moralischen Ankläger stilisiert, der nun aufgrund eigener Vergehen selbst angreifbar wird. Schon Sokrates nennt Pl. Apol. 18b6 und 19b3 Aristophanes ʼ „Wolken“ eine „Anklage“ (κατηγορία) und zählt den Komödienschreiber zu seinen „ersten Anklägern“ (πρῶτοι καγήγοροι), deren δεινότης (vgl. 18b4, c2) noch immer für ihn spürbar sei. Auch die Luc. Vit.Auct. verspotteten Philosophen äußern sich in Pisc. 4 verbittert über Parrhesiades: Auch sie hätten von ihrem Ankläger δεινά erlitten (Ἅτινα μὲν εἴργασαι ἡμᾶς τὰ δεινά). 13 Auf Proverbialität verweist φασί, das bei Lukian etwa DMort. 1.3, ITr. 32, 51 oder Nec. 4 in geläufige Redewendungen eingeschaltet ist, vgl. Rein (1894) 3ff. Dagegen hält Coenen (1977) 102 nur Apol. 1 für ein Sprichwort. 70 Macleod folgt den codd. recc. und bevorzugt φασί gegenüber φησί in ΓΕ (auf den Sprecher Sokrates Phaidr. 241b oder den Autor Platon bezogen). 14 Ein Sprichwort illustriert die Abweichung des Sprechers von seinem einstigen Ideal. Vgl. ein schol. ad loc. (Πλατωνικὴ παροιμία ἐπὶ τῶν ἀπροφασίστως μεταβαλλομένων ἀπὸ τῶν πρῴην αὐτοῖς πρεσβευομένων: „Ein Platonisches Sprichwort über diejenigen, die sich plötzlich von dem abkehren, was früher von ihnen vertreten wurde“), ähnlich Diogen. 6.95 CPG. Platon lässt Sokrates Phaidr. 241b die Flucht des ἐραστής (Liebhabers) vor dem ἐρώμενος (Geliebten) mit der Wendung ὀστράκου μεταπεσόντος kommentieren. Dahinter verbirgt sich ein Kinderspiel, die sog. ὀστρακίνδα bzw. ὀστράκου περιστροφή (Pl. rep. 521c5), wobei Tonscherben geworfen wurden, die auf einer Seite weiß, auf der anderen schwarz bemalt waren. Gemäß der geworfenen Farbe wurden Parteien gebildet: Die eine floh, die andere verfolgte. Vgl. Pl. com. fr. 168 PCG. Ausführlich Poll. 9.111-112; ferner Dion or. 4.176; Sud. ο 719 s. v. ὀστράκου περιστροφή. Pl. Phaidr. 241b4-5 wird das Spiel als Bild für die Unbeständigkeit einer päderastischen Erziehung herangezogen. Sabinos lässt mit dem Verweis auf Pl. Phaidr. - zur Beliebtheit des „Phaidros“ im 2. Jh. n. Chr. s. Trapp (1990) - und das ὀστρακίνδα-Spiel die Abweichung des Autors von seinen moralischen Standards als unüberlegte Entscheidung eines spielenden Kinds erscheinen: Was der Satiriker zuvor kritisierte, das tut er nun selbst, so das Bild der andersherum fallenden (μεταπίπτειν) Scherbe. 15 Hyperbolische Pluralformen verwendet Lukian auch Icar. 1, IConf. 17 (Τιτυοὺς καὶ Ταντάλους), Luct. 3 (Κωκυτοὶ γὰρ καὶ Πυριφλεγέθοντες), Nav. 24 (οἱ δὲ νῦν πλούσιοι πρὸς ἐμὲ Ἶροι), Philops. 2 (Πηγάσους καὶ Χιμαίρας καὶ Γοργόνας καὶ Κύκλωπας), Tim. 4 (πόσοι Φαέθοντες ἢ Δευκαλίωνες ἱκανοὶ), 23 (πλουσιώτερον δὲ συνάμα Κροίσων ἑκκαίδεκα). 16 Sabinos ʼ Vorwurf an den Sprecher entspricht dem Vorwurf an die Hausphilosophen in Merc.Cond., vgl. z. B. 23 (οὐ γὰρ ἐθελήσει σοι ἡ Ἐλευθερία συνεισελθεῖν). Der Sprecher von Merc.Cond. hält Freiheit für ein hohes Gut, vgl. 8 (πολὺ γὰρ ἡδίων ἡ ἐκ τῆς ἐλευθερίας ἡδονή), 19. Nun zeigt sich Sabinos in der Rolle des satirischen Entlarvers, der den Verfasser von Merc.Cond. in die Rolle des κόλαξ rückt (Pr.Im. 1 werden Schmeichler als ἥκιστα ἐλεύθεροι τὴν φύσιν bezeichnet). 17 Die Wendung deutet auf ein sehr hohes Alter: Swain (1996) 321 Anm. 77 wertet dies als Indiz für das hohe Alter Lukians zur Zeit der Abfassung von Apol. Anderson (1976) 93f. mit Anm. 20. 129 Anm. 131 betrachtet das Alter als literarische Reminiszenz an ein Komödien-Motiv. Dagegen s. u. Anm. 67. Das Bild des gealterten, erfahrenen Sophisten wird auch in der 71 προλαλιά Herc. evoziert. Vgl. sprichwörtlich über das Alter auch Demon. 45 (Demonax auf sein Hinken angesprochen: Χάρων με ἔδακεν, ἔφη), Herm. 78 (γέρων ἤδη καὶ παντὸς ἡδέος ἔξωρος ὢν καὶ τὸν ἕτερον πόδα φασὶν ἐν τῇ σορῷ ἔχων, „mit einem Fuß im Sarg stehen“), Nav. 17 (ὅς γε δὴ ἐν τῇ νηῒ τὸν ἕτερον πόδα ἔχει). Vgl. das Erasmische Adagium Alterum pedem in cymba Charontis habere (3.1052). 18 πορθμεῖον meint den Kahn des Toten-Fährmanns (πορθμεύς) Charon, der schon in der dramatischen Dichtung des 5. Jh. v. Chr. in Athen als (häufig burleske) Gestalt auftritt (Eur. Alk., Herc.; Aristoph. Ran.). Lukian lässt ihn Cat. und Cont. als Gesprächspartner des ‚Seelengeleiters‘ Hermes auftreten: Vgl. Cont. 1 (Τί γελᾷς, ὦ Χάρων; ἢ τί τὸ πορθμεῖον ἀπολιπὼν δεῦρο ἀνελήλυθας εἰς τὴν ἡμετέραν κτλ.). Ferner DMort. 2 (mit Menipp), 14, 20 (mit Hermes). Bei Lukian befördert Charon die Toten als Diener des Aiakos (den er fürchtet: DMort. 2.3 ἵνα καὶ πληγὰς ἐπὶ τούτῳ παρὰ τοῦ Αἰακοῦ προσλάβω) in den Hades. Die Chronologie des Wegs in die Unterwelt ist hier gemäß dem Hysteron-Proteron verkehrt: Sonst kommt der Tote bei Lukian erst zu Charon, dann vor Aiakos. 19 Das Gebundensein an ein Tau ist Metapher für ein den Lüsten unterworfenes Leben, vgl. Merc.Cond. 24 (ὥσπερ οἱ πίθηκοι δεθεὶς κλοιῷ τὸν τράχηλον ἄλλοις μὲν γέλωτα παρέχεις), 30 (Λέων κρόκῃ δεθείς). Die goldene Kette deutet auf die freiwillige Versklavung unter den Reichtum, vgl. Cat. 14 (Mikyllos über die Reichen), Pisc. 12 (Schein-Philosophen); vgl. ferner die Nackenfesseln der in der Platonischen Höhle Gefangenen Pl. rep. 514a5-6 (ὄντας ἐν δεσμοῖς, καὶ τὰ σκέλη καὶ τοὺς αὐχένας). 20 Textkritisches: Die Athetese folgt dem Vorschlag von Nesselrath (1984) 604: Schon Dindorf ( 2 1884), Bekker, Fritzsche und Sommerbrodt eliminierten die Stelle, bei der es sich um eine handschriftliche Notiz zu handeln scheint. Fritzsche (1862) 196 vermutet, dass ein scholium (ad κλοιῷ) in den Text geraten sei: Der Scholiast habe κλοιός als Halskette aus Gold (σφιγγία) oder Edelsteinen (κουράλλια) erklären wollen, da das Wort auch eine Art Pranger für Gefangene (Luc. Tox. 32) bezeichne. Plin. Mai. nat. 6.173, 10.199 bezeichnet sphingion jedoch einen Affen (Deminutiv von σφίγξ): Zu den sog. Sphinxaffen vgl. Keller (1897) 13. Eine entsprechende Tierfigurine könnte als apotropäisches Amulett an einer kostbaren Kette getragen worden sein, wie bei Lehmann (1822) 695-701 vermutet. Oder handelt es sich um Korallen, ebenfalls ein kostbarer Ornat? Vgl. Theophr. lap. 38; über die luxuriösen Ketten der Römer Herodian. 1.17.3. 21 διαφωνία bedeutet „Disharmonie, Misston“, aber auch „Streit, Unterschied, Abweichung“, vgl. Pl. leg. 689a7, 691a5-6 („Meinungsverschieden- 72 heit“). Zum Bild des Misstons für die Doppelmoral der Schein- Philosophen: Luc. Pisc. 31 (τοῦ βίου καὶ τῶν πραγμάτων ἀντιφθεγγομένους τῷ σχήματι). Zur Bezeichnung einer Diskrepanz zwischen Worten und Handeln bzw. Leben findet man διαφωνία Diog. Laert. 7.129 (Poseidonios ʼ Kritik an den nicht realisierbaren stoischen Tugend-Konzeptionen eines Kleanthes und Chrysipp: δοκεῖ δὲ αὐτοῖς μηδὲ <διὰ> τὴν διαφωνίαν ἀφίστασθαι φιλοσοφίας, ἐπεὶ τῷ λόγῳ τούτῳ προλείψειν ὅλον τὸν βίον); vgl. Gal. Sub.Nat.Fac. Kühn vol. 4 758 = CMG V 3.2 p. 104/ 106 (διαφωνίαν οὐ χρὴ τοῦτο νομίζειν εἶναι τἀνδρὸς ἑαυτῷ τἀναντία λέγοντος). 22 Textkritisches: Mit den codd. recc. füge ich hinter τοῦ νῦν noch βίου. Vgl. Apol. 4.18-19 (ἀντιφωνοῦντος τοῦ νῦν βίου τῷ βιβλίῳ): Hierzu auch Nesselrath (1984) 598. Zum Inhalt: Sabinos greift einen Hauptkritikpunkt auf, der in Lukians Werk gegen falsche Philosophen gerichtet wird, und wendet ihn gegen den Sprecher und ‚Autor‘ von Merc.Cond. Auch Hor. serm. 2.7.22-27 richtet sich der Vorwurf gegen den als moralische Instanz auftretenden Satiriker (laudas | fortunam et mores antiquae plebis, et idem | […] usque recuses, | aut quia non sentis, quod clamas, rectius esse, | aut quia non firmus rectum defendis et haeres | etc.). Der Vorwurf der Diskrepanz (διαφωνία) zwischen Leben (βίος) und Lehre (hier implizit durch σύγγραμμα), der v. a. gegen Pseudo-Philosophen erhoben wird, hat in der Antike eine lange Tradition: Vgl. z. B. Pacuv. fr. 348 Ribbeck (odi ego homines ignava opera et philosopha sententia); Cic. Sest. 110, Tusc. 2.11-12; Antipatros von Thessalonike in AG 11.158; Lukillios in AG 11.153, 155; Sen. ep. 5.2, 20, 52.8, 108.38, vit. beat. 18.1 (Vorwurf gegen ‚Seneca‘ 'Aliter' inquis 'loqueris, aliter vivis.': Hierzu Fuhrer (2000) 204: “Seneca picks up a familiar accusation which in the ancient world was continually levelled at philosophers: the accusation of a division between the life a philosopher lived and the teaching he propounded. Especially in Rome where for a long time philosophy was regarded as something foreign (Greek), its exponents were at almost all times accused of being hypocrites and of having and teaching principles which did not match up to their conduct.”); Quint. inst. 12.3.12; Mart. 1.24, 9.27; Juv. 2.64ff., 3.116ff.; Dion or. 70; Ath. deipn. 4.162a; Luc. Pisc. 31 und 34-35, Symp. 34 (οὐδὲν ὄφελος ἦν ἄρα ἐπίστασθαι τὰ μαθήματα, εἰ μή τις καὶ τὸν βίον ῥυθμίζοι πρὸς τὸ βέλτιον). Ferner DMort. 20.11, Fug. 4, 18-20, Herm. 9, Icar. 21, 31, Nec. 5, Par. 43, Tim. 54. Zu diesem Spannungsfeld vgl. Helm (1906) 371-386, Betz (1961) 114-116, Hahn (1989) 42f., Zweimüller (2008) 140f. mit Anm. 444-445, Fornaro (2009) 166-169 und die Übersicht bei HWRh 7 (1989) Sp. 615 Anm. 49 s. v. Philosophie G. (Rom) 3. (Wertung) a. 73 (Abschätziges) (W. Görler); ferner bereits Friedländer/ Wissowa ( 9 1920) 255 („Abneigung der großen Menge gegen die Philosophie“). Zugrunde liegt ein anthropologisch-ästhetisches Grundkonzept, das sich mit der Wendung talis oratio qualis vita (abgewandelt von Cic. Tusc. 5.47) greifen lässt, nach der zwischen Mensch bzw. Literat und dem ‚Stil‘, d. h. zwischen ἦθος und λόγος (so die Dichotomie Pl. rep. 400d), ein Abbildungsverhältnis bestehe: Vgl. u. a. Aristoph. fr. 684 PCG (οἷα μὲν ποιεῖ λέγειν, | τοῖός ἐστιν), Thesm. 148-156. 159-170; Diog. Laert. 1.58. Vgl. zu diesem Komplex Möller (2004). 23 σύγγραμμα bezeichnet eine fertige Buch-Komposition (Luc. Apol. 3.2, Herod. 1, Nav. 3, Pr.Im. 1, VH 1.2), die veröffentlicht wird bzw. worden ist (Pl. Gorg. 462b11, Tht. 166c9; Xen. mem. 4.2.10; Aristot. NE 1181b2-3), gegenüber dem lose komponierten ὑπόμνημα: Vgl. Gal. Hipp.Epid. Kühn vol. 17b 241 = CMG V 10.2.2 p. 264 (οὐ πρὸς ἔκδοσιν σύγγραμμα) mit van Groningen (1963), Gurd (2011). Pl. leg. 810b6-7 fungiert τὸ καταλογάδην σύγγραμμα (Prosawerk) als Gegensatz zur Dichtung. 24 Vgl. Eur. Med. 410-411 die gesungene Chorpartie zu Beginn des ersten Stasimons: ἄνω ποταμῶν ἱερῶν χωροῦσι παγαί, | καὶ δίκα καὶ πάντα πάλιν στρέφεται | κτλ. Der Chor thebanischer Frauen beklagt Trug und Meineid der Menschen sowie den Verlust göttlicher Glaubwürdigkeit. Lukian ändert den Auftakt des Stasimons (finites χωροῦσι) in den substantivierten Infinitiv τὸ ἄνω τοὺς ποταμοὺς χωρεῖν um (vgl. Med. 411 καὶ πάντα πάλιν στρέφεται mit Luc. καὶ ἀνεστράφθαι τὰ πάντα). Mit τὸ spielt Lukian auf den bekannten ‚Titel‘ des Chorlieds an, das nach antiker Konvention mit dem Auftaktvers bzw. -wort abgekürzt wurde. Vgl. Hesych. α 5602 als Sprichwort (s. v. ἄνω ποταμῶν: ἐπὶ τῶν ἐπ' ἐναντία γινομένων): Ausdruck für das, „was sich zum Gegenteil entwickelt“. Ähnlich Eur. Suppl. 520 (ἄνω γὰρ ἂν ῥέοι | τὰ πράγμαθ' οὕτως). Zur Wendung vgl. Demosth. or. 19.287; Aristot. meteor. 356a18-19 (γένοιτ' ἂν τὸ λεγόμενον ἄνω ποταμῶν· ὅπερ ἀδύνατον); Cic. Att. 15.4.1 (si vero etiam Carfulenus, ἄνω ποταμῶν); Hor. carm. 1.29.10-12 (quis neget arduis | pronos relabi posse rivos | montibus et Tiberim reverti), epod. 16.28; Zenob. 2.56 CPG (παροιμία ἐπὶ τῶν ὑπεναντίως λεγομένων ἢ γινομένων· οἷον εἰ ὁ πόρνος τὸν σώφρονα ἔλεγε πόρνον); Diogen. 1.27 CPG; ferner Luc. DMort. 16.2 (die mors immatura: ἄνω γὰρ ποταμῶν τοῦτό γε, mit schol. ad loc.). Bezeichnet die Wendung im Grunde ein adynaton, deutet sie Apol. 1 und DMort. 16.2 konkreter auf eine widernatürliche und wider Erwarten eingetretene Begebenheit. Damit drückt Sabinos aus, dass der Autor entgegen seiner früheren Einstellung einen neuen Weg eingeschlagen hat und nun selbst bezahlte Dienste leistet. 74 25 Textkritisches: Die Interpunktion folgt Bekker (1853) 143. Macleod interpungiert dagegen καὶ παλινῳδεῖν πρὸς τὸ χεῖρον· τοῦτ' ἂν εἴη οὐκ κτλ. Dazu Nesselrath (1984) 609: „der Hochpunkt hinter χεῖρον zerreißt erneut einen syntaktischen Zusammenhang“. 26 Bezugspunkt ist die Palinodie (d. h. „Widerruf“) des Stesichoros von Himera (7./ 6. Jh. v. Chr.): Nachdem er aufgrund von Versen, mit denen er Helena geschmäht habe (vgl. PMG 187-191), mit Erblindung bestraft worden sei, erhielt er, als er seine Beleidigungen wiederrief, sein Augenlicht zurück: Vgl. PMG 192-193, hierzu Davies (1982), Finglass/ Davies (2014) 335-343 sowie Page ad PMG 192 = fr. 91 Finglass. Sein Widerruf lautete: Helena sei gar nicht nach Troia gekommen und habe nie Ehebruch begangen. Stattdessen sei nur ihr εἴδωλον in Ilion gewesen. Vgl. Pl. rep. 586c3-5, zum εἴδωλον-Motiv Eur. Hel., Isokr. or. 10.64 τὴν καλουμένην παλινῳδίαν ἐποίησεν (sc. ὁ Στησίχωρος) etc. Obermeier (1999) 25-43 bespricht die Wirkmächtigkeit des Stesichoreischen Diskurses für die antike Literatur. Pl. Phaidr. 242e-243a meint Sokrates, er müsse wie Stesichoros eine Widerrede produzieren, um den Gott Eros, dessen negative Dimension er in einer ersten Rede thematisiert hatte, zu besänftigen und sich selbst von Schuld zu ‚reinigen‘ (243a3-4 ἔστιν δὲ τοῖς ἁμαρτάνουσι περὶ μυθολογίαν καθαρμὸς ἀρχαῖος κτλ.); vgl. (Ps.-)Pl. ep. 3 319e. Später wurde der terminus παλινῳδία für jede Art von Widerruf i. S. d. Zurücknahme früherer Behauptungen gebraucht, vgl. Cic. Att. 2.9.1, 4.5.1 (mihi videbatur esse παλινῳδία); Hor. carm. 1.16.27 (Wiedergabe mit recantare) mit Cairns (1978); Luc. Eun. 10, Pisc. 35: wandelbare Pseudo-Philosophen: παλινῳδία τῶν δογμάτων πρὸς τὸ ἐναντίον); Lib. ep. 923.2 (γενέσθω οὖν […] τὰ δεύτερα βελτίω καὶ τούτοις ἐκεῖνα ἐξαλειφέσθω καὶ γενοῦ Στησίχορος ἡμῖν παλινῳδίαν ᾄδων); sprichwörtlich vgl. Macar. 7.81 CPG (ἐπὶ τῶν μεταβαλλομένων ἐπὶ τοῖς βελτίοσιν, mit Leutsch ad loc. CPG II p. 210) und das Erasmische Adagium Palinodiam canere (2.859). Laut Rein (1894) 24 wird das Sprichwort „angewendet auf solche, die zu einer besseren Ansicht durchgedrungen sind und die früher gehegte widerrufen.“ Luc. Pr.Im. 15 nimmt Lykinos in ähnlicher Konstellation wie in Apol. auf seine ‚Vergehen‘ in einer anderen Schrift (Im.) Bezug und zieht eine Palinodie in Erwägung (κατὰ τὸν Ἱμεραῖον ποιητὴν παλινῳδίαν τινὰ συγγράφω, ἢ δώσετέ μοι ἐφέσιμον ἀγωνίσασθαι τὴν δίκην), auch dort ist von ἀπολογία die Rede. Vgl. Anderson (1976) 70f.: “Lucian several times found himself writing palinodes, and in every case he has discovered himself with a specious excuse: he did non actually sell philosophers, but their life-styles; he did not compare Panthea to goddesses, but to their statues; nor did he criticize public as opposed to 75 private service with Romans”. Vgl. bereits Bruns (1888) 181. Im Gegensatz zur Tradition der Wendung ist hier mit παλινῳδεῖν πρὸς τὸ χεῖρον ein Wandel von einem guten zu einem schlechten Zustand konnotiert: Sabinos fordert den Sprecher heraus. Er impliziert, das Vergehen des Verfassers von Merc.Cond. sei lächerlicher als bei Stesichoros. Der Angegriffene wird seinerseits von Stesichoros abweichen und keine Abbitte leisten: Vielmehr wird er wie Pr.Im. Lykinos und Pisc. Parrhesiades den eigenen Standpunkt umso deutlicher herausstellen (vgl. Apol. 11-15). 27 Lukian verwendet ἑαυτόν öfter statt σεαυτόν, vgl. z. B. Demon. 17, Herm. 1 sowie ἑαυτόν statt ἐμαυτόν Cat. 9, Symp. 45. Hierzu bereits Schmid (1887) 228: „Die Formen von ἑαυτοῦ werden als Reflexiva auch für erste und zweite Person verwendet“. 28 Die Formel ist ringkompositorisch auf Apol. 1.1-3 bezogen, vgl. Apol. 1.6 (δοκῶ μοι ἀκούειν σου λέγοντος). Zur rhetorischen Plausibilität des εἰκός: Herm. 31 (Τοιαῦτα ἄττα εἰκὸς ἐρεῖν αὐτούς). 29 Angemessenheit, freundlicher Ton und philosophische Tiefe lassen Sabinos als idealen Adressaten erscheinen. Als πεπαιδευμένος kann er die Aussagen des Sprechers kompetent beurteilen: Camerotto (1998) 270 Anm. 48 sieht Sabinos als „destinatario privilegiato“. Dass er als φιλόσοφος ἀνήρ angesprochen wird, begründet seine Sorge, sein Freund könne sich den Vorwurf der Heuchelei zuziehen. Ein freundschaftlicher Tonfall bestimmt auch das Gespräch zwischen Lykinos und Polystratos Im. und Pr.Im. (vgl. Pr.Im. 15 οὐ γὰρ <ἐν> ἀντιδίκοις, ὡς σὺ φῄς, ἀλλ' ἐν φίλοις ποιήσῃ τὴν ἀπολογίαν). In dieser Atmosphäre kann παιδεία im Vollzug eines Gesprächs gelebt werden. Vgl. das Versprechen der Παιδεία Somn. 12 (συνὼν τοῖς πεπαιδευμένοις καὶ προσομιλῶν τοῖς ἀρίστοις). Hanson (1998) 24f. erkennt in der Adressierung urteilsfähiger πεπαιδευμένοι und φιλόλογοι bei Galen eine ähnlich konstruierte Intellektuellen-Biographie: “Friends who are fellow philologoi play important roles for an author at Rome in the second century CE: those important on Rome’s political stage are able to foster a career in the City, including introduction to the imperial household. […]. These men are credited with summoning treatises, or parts of works, into being and are generously supplied with copies of what he wrote.” 30 Die Übernahme einer „Rolle, Maske“ bezieht sich auf die Welt der Schauspieler und Sophisten. Vgl. Bis Acc. 33-34, Nigr. 11, Pisc. 26, 33, Prom.Es. 6-7. Zum metaphorischen ὑποδύεσθαι („in eine Maske schlüpfen“) vgl. Pl. Gorg. 464c7-8 (προσποιεῖται εἶναι τοῦθ' ὅπερ ὑπέδυ); Aristot. rhet. 1356a27-28 (ὑποδύεται ὑπὸ τὸ σχῆμα τὸ τῆς πολιτικῆς ἡ ῥητορικὴ). 76 31 Dies deutet auf eine dialektische Gesprächssituation, einen argumentativen Schlagabtausch, wobei die Rede der Gegenseite aufgegriffen, Fehlendes ergänzt wird. Vgl. Luc. Dom. 15 den Redeagon, bei dem auf einen λόγος i. S. d. ἀντίδικος (vgl. §17) ein ἕτερος λόγος folgt (dieser verkündet: ἐγὼ δὲ τοσούτου δέω ψόγον αὐτοῦ διεξελεύσεσθαι, ὥστε καὶ τὰ ὑπ' ἐκείνου παραλελειμμένα προσθήσειν μοι δοκῶ). Hierzu insg. Dobrov (2002) 187f. 32 Ein ‚Szenenwechsel‘: μετασκευάζειν ist wörtl. das „Neueinkleiden“ (vgl. ἡ σκευή), hier deutet es (wie 2.4 ὑποδὺς τὸ σὸν πρόσωπον) auf den Rollen- und Maskenwechsel eines Schauspielers. Objekt des Wechsels (μετασκευάζειν ist transitiv) ist die Bühne, totum pro parte für den Maskenwechsel. σκηνή als Szenerie betont auch die Verbindung zwischen Rhetorik und Drama: Zur Polysemie des Wortes σκηνή vgl. Luchner (2004) 386ff. Der Sprecher übernimmt die Rollen von Anklage und Verteidigung. 33 Textkritisches: Der Zusatz ist nur in den codd. recc. überliefert. Die Rede vom „Schneiden und Brennen“, synonym für die zeitgenössische Chirurgie gebraucht (Diog. Laert. 3.85 ἡ δὲ χειρουργικὴ διὰ τοῦ τέμνειν καὶ καίειν ὑγιάζει), war der Antike geläufig und erscheint in medizinischen (z. B. Gal. Thras. Kühn vol. 5 855.14 = SM 3 p. 68.18f.) wie moralphilosophischen Texten (wie Tab.Ceb. 38.1). Das medizinische Bild wird für eine schmerzhafte, doch ‚heilsame‘ ethische Ermahnung verwendet: Vgl. Dion or. 77/ 78.43-45; Ps.-Diogen. ep. 29.5. Ferner bereits Pl. Gorg. 456b4, 479a9, 521e8; Xen. an. 5.8.18 (οἱ ἰατροὶ καίουσι καὶ τέμνουσιν ἐπ' ἀγαθῷ). Luc. Pisc. 46 und 52 müssen die falschen Philosophen mit Brenneisen von ihrer ‚Krankheit‘ geheilt und zur wahren Philosophie geführt werden (πολλῶν δὲ τῶν καυτηρίων δεησόμεθα). Hier führt Sabinos als alter ego des Satirikers Fehlverhalten vor und ‚brandmarkt‘ sein Opfer (scherzhaft) als Heuchler. 34 Sabinos ʼ satirischer Angriff entspricht einer chirurgischen Operation. Die operativen Schritte sind 1) ἐπιπάττειν τῶν φαρμάκων, das Aufstreuen eines Sedativums zur Betäubung des Patienten: Vgl. Il. 4.218-219 (ἐπ' ἄρ' ἤπια φάρμακα εἰδώς | πάσσε), 5.401 (ἐπὶ Παιήων ὀδυνήφατα φάρμακα πάσσων). Lukian verwendet das Verb auch Pisc. 22 mit partitivem Genitiv (ἐπίπαττε οὖν καὶ τῆς εἰρωνείας); 2) τὴν σμίλην ἅμα πρόχειρον ἔχοντα: Zum Skalpell als Hauptinstrument des Arztes vgl. Poll. 4.181 (ἐργαλεῖα μὲν ἰατρῶν σμίλη, ψαλίς, τομεύς); Luc. Ind. 29; 3) τὸ καυτήριον διάπυρον: καυτήριον ist Pisc. 46 Ort einer Brandmarkung (der ‚Schein-Philosophen‘), vgl. ähnlich metaphorisch Diod. Bibl. 20.54.5 (ταῖς ψυχαῖς τῶν ἔνδον ὥσπερ καυτήριά τινα προσῆγεν); Herakl. Hom. All. 70.4 (τὸν δ' ἄγριον […] θυμὸν ὡσπερεὶ καυτηρίῳ τῇ παραινέσει τῶν λόγων ἐπήρωσε). Sabinos soll seine Worte wie chirurgische Instrumente bereithalten. Vgl. M. Aur. 3.13 (für 77 plötzlich auftretende Situationen solle man stets über seine Überzeugungen verfügen, wie Ärzte über ihre Instrumente: Ὥσπερ οἱ ἰατροὶ ἀεὶ τὰ ὄργανα καὶ σιδήρια πρόχειρα ἔχουσι πρὸς τὰ αἰφνίδια τῶν θεραπευμάτων, οὕτω τὰ δόγματα σὺ ἕτοιμα ἔχε). Tomassi (2011a) 206 erkennt eine „passione per l’arte della medicina [...] tipica degli scrittori della Seconda Sofistica“. 35 Zu παραλαβὼν τὴν ῥήτραν als Markierung des Sprecherwechsels vgl. Demosth. or. 18.70 (λαβὼν ῥήτραν); Luc. Tox. 35 (καταβὰς ἀπὸ τοῦ λόγου σοὶ τὴν ῥήτραν παραδίδωμι); ferner die Diskussion über den dorischen Ursprung des Wortes ῥήτρα im schol. ad loc. (ῥῆτραι· συνθῆκαι, ὁμολογίαι. Ταραντῖνοι δὲ νόμους καὶ οἷον ψηφίσματα. παρὰ Λακεδαιμονίοις δὲ ῥήτρα Λυκούργου νόμος ὡς ἐκ χρησμοῦ τιθέμενος). Hier bezeichnet es eine „gültige Aussage“. Indem der Sprecher zuerst in die ‚Maske‘ des Anklägers Sabinos schlüpft und hierauf in die Verteidiger-Rolle, demonstriert er sein Können im Bereich der rhetorischen Ethopoiie. Der ‚Prozess‘ ist eröffnet! 36 Der Paktolos (heute: Sart Çayı) ist ein lydischer Fluss, der am Tmolosgebirge (Boz Daği) entspringt, durch die Stadt Sardeis (Sart) fließt und in den Hermos (Gediz) mündet. Er war berühmt durch den im Quellgebiet ausgewaschenen Goldstaub (Hdt. 5.101.2), in ihm habe laut Hyg. fab. 191 der Phrygerkönig Midas gebadet. Wegen des Goldreichtums wurde er auch Χρυσορρόας genannt (Plin. Mai. nat. 5.110). Folgt man Strabon, war der Goldgehalt des Flusses seit dem 1. Jh. v. Chr. erschöpft (geogr. 13.1.23, 4.5). Zur topischen Verwendung und Reihung unter reiche Herrscher s. Liban. ep. 1400.3 (καὶ γὰρ ὁ Πακτωλὸς αὐτῷ μικρὸν καὶ τὰ Κινύρου καὶ τὰ Γύγου); sprichwörtlich Hor. epod. 15.20 (tibique Pactolus fluat); Prop. 1.14.11 (Pactoli veniunt sub tecta liquores). 37 Aiakos war der Mythologie nach Sohn des Zeus und der Nymphe Aigine, der Großvater des Achilles; er galt als frommster aller Griechen (Plut. Thes. 10.3) und wurde aufgrund vorbildlicher Gerechtigkeit und Frömmigkeit post mortem neben Minos und Rhadamanthys zu einem der großen Totenrichter (vgl. Pl. Apol. 41a4; Demosth. or. 18.127). Seine exzeptionelle Position innerhalb des Richtergremiums entspricht der Komödien- Konstruktion von Aristoph. Ran. 464ff., wo Aiakos als Totenrichter schlechthin fungiert. Vgl. Luc. DMort. 6, 27, Nec. 17, Philops. 25. 38 Das Αdjektiv λόγιος („gelehrt, redegewandt, eloquent“) war seit dem 2. Jh. n. Chr. Epitheton des Hermes, des Patrons der Redner, dessen invocatio (wie die anderer Götter) ein Standard-Element forensischer Rhetorik darstellte: Vgl. Aristid. or. 2.19 (καλῶ ἐπὶ τούτῳ τῷ τολμήματι (sc. die Verteidigung der Rhetorik) καὶ Ἑρμῆν λόγιον); ferner zu Hermes Plut. de Isid. 11 (355b) (λογιωτάτῳ τῶν θεῶν); Plut. max. cum princ. philos. diss. 1-2 78 (777b-f) erscheint Hermes als göttlicher Geber des Logos und des Verstandes, der allen zuteil wird; vgl. Luc. Gall. 2 (λαλιστάτου καὶ λογιωτάτου θεῶν ἁπάντων), Herc. 4 (τὸν λόγον ἡμεῖς οἱ Κελτοὶ οὐχ ὥσπερ ὑμεῖς οἱ Ἕλληνες Ἑρμῆν οἰόμεθα εἶναι), Prom. 4-5 (Hermes als Rhetor), Pseudol. 24 (κακὸν κακῶς σε ὁ λόγιος Ἑρμῆς ἐπιτρίψειεν αὐτοῖς λόγοις). Vgl. DDeor. 4.1 (der servus currens Hermes beschwert sich über seine Aufgaben im Bereich der rhetorischen Ausbildung: ῥήτορας ἐκδιδάσκειν), DMort. 14.1 (Anspielung auf das Epitheton λόγιος bei Λογισώμεθα, ὦ Ἑρμῆ? ); Iul. or. 11.132a-b (Gebet an Hermes Logios als Redner-Patron); Act 14.12 (ἐκάλουν […] τὸν δὲ Παῦλον Ἑρμῆν, ἐπειδὴ αὐτὸς ἦν ὁ ἡγούμενος τοῦ λόγου). Aristid. or. 3.663 wird Demosthenes definiert als Ἑρμοῦ τινος λογίου τύπο[ς], menschliches Abbild des Redegottes. Schon Hom. Il. 19.250 tritt Hermes als laut tönender Herold auf; Orph. h. 28.4 lautet die Epiklese λόγου θνητοῖσι προφῆτα. 39 Πάλαι erzeugt wie Apol. 1.1 die Vorstellung, die Schrift Merc.Cond. erfreue sich großer Bekanntheit. Es ist demgemäß genug Zeit vergangen, um eine öffentliche Reaktion auf die Schrift zu plausibilisieren. 40 Die Anrede deutet vordergründig auf eine freundschaftliche Beziehung zwischen dem Sprecher und Sabinos (vgl. Apol. 8.11 gegenüber Sabinos). ὦ φιλότης kann jedoch auch herablassend oder ironisch gebraucht werden, so etwa häufig in Platons Dialogen: Vgl. Dickey (1996) 138. 276. 41 εὐδοκιμεῖν („in gutem Ruf stehen“) entspricht dem Versprechen der Παιδεία in der fiktiven Autobiographie Luc. Somn.: Vgl. § 11 (ἅπασι ζηλωτὸς καὶ ἐπίφθονος ἔσῃ, τιμώμενος καὶ ἐπαινούμενος καὶ ἐπὶ τοῖς ἀρίστοις εὐδοκιμῶν), 13 (ἐπὶ λόγοις εὐδοκιμεῖν). Das Verb illustriert die Wechselbeziehung von rhetorischer Tätigkeit und sozialer Anerkennung. 42 Öffentliche Rezitationen verhalfen dem Text zu Prestige: Diese populäre Form der Verlesung muss man sich als lebhaften Vortrag vorstellen, nach Art rhetorischer ἐπιδείξεις. Vgl. ähnlich sophistisch-literarische Auftritte Luc. Herod. 7 (Herodot in Olympia als herumreisender ‚Proto- Sophist‘ vor einer großen Festversammlung: δεῖξαι τοῖς <Ἕλλησι τὰς> Ἑλληνικὰς <νίκας>), Peregr. 2 (der Sprecher verspottet Peregrinos vor großer Menge: ἐν πολλῷ πλήθει τῶν ἀκροατῶν εἶπον αὐτά). 43 Das Buch wurde auch privat rezipiert: Dies markiert das Adverb ἰδίᾳ gegenüber einer öffentlichen ἐπίδειξις (worauf δειχθέν deutet). Zur Dichotomie zwischen der (imaginierten) Rezeption einer Schrift durch lesende Gebildete sowie in der großen Volksmenge vgl. Alex. 2. Der Kontakt der πεπαιδευμένοι mit dem σύγγραμμα wird als eindringlicher und haptischer beschrieben als derjenige der Menge: Vgl. das elegante ὁμιλεῖν αὐτῷ sowie die Phrase διὰ χειρὸς ἔχειν (statt ἐν χειρὶ ἔχειν, wie im Falle des bücher- 79 sammelnden Dilettanten Ind. 4: σὺ τοίνυν βιβλίον μὲν ἔχεις ἐν τῇ χειρὶ). Die Gebildeten erkennen zudem den Wert der Schrift (ἠξίωσαν). Hier ist von zwei Rezeptionsmodi die Rede, deren Ästhetik je unterschiedliche soziale Gruppen anspricht. Vgl. die Verbindung von öffentlicher Rezitation und schriftlicher Publikation bei Lukian Zeux. 1 (δείξας τὸν λόγον vs. συγγράμματα), Prom.Es 1-2 (ἀκροάσεις vs. γράμματα), Pisc. 26 (μεγάλῃ τῇ φωνῇ ἀγορεύει κακῶς vs. εἰς παχὺ βιβλίον ἐγγράψας) mit Bompaire (1993) LI Anm. 2, Ní-Mheallaigh (2014) 146-148. Der Gebildetenschicht, die sich aufgrund ihrer Kenntnisse hinsichtlich einer als klassisch empfundenen Vergangenheit und Sprachform als geistig-kulturelles Griechentum verstand, standen die πολλοί, ἰδιῶται, ἀμαθεῖς bzw. τὸ πλῆθος gegenüber: Vgl. Aristid. or. 34.38-42; Philostr. VS 492-493; Phryn. prep. soph. 53.6, 54.1, 67.16-17; Poll. 6.99, 2.139. Dazu Camerotto (1998) 265f., Zweimüller (2008) 90 mit Anm. 261. Kritisch gegenüber pauschalen Abgrenzungen ist Korenjak (2000) 52f. In Apol. suggerieren die beiden Rezeptionsmodi, der Text richte sich vordergründig an den gebildeten Sabinos, darüber hinaus an weitere Kreise. Solche Inklusions-Angebote finden sich auch Zeux. 1 (angesprochene φίλοι) oder Herc. 8 (Angesprochene im Plural). 44 Sabinos erscheint als verständiger Literaturkritiker: Er bewertet Form (3.4b-5a), Inhalt (3.5b-6b) und Wirkung von Merc.Cond. auf die Rezipienten (3.6c-8a). Zuerst betont er die Tadellosigkeit des sprachlich-stilistisch kunstvollen Arrangements: λόγων παρασκευὴ, bei Lehmann (1822) 702f. copia verborum und elegantia in verborum delectu. Vgl. Prom. 6 (Abgrenzung von λόγων παρασκευή, einer ausgeschmückten Darstellung, und μόνα τὰ κεφάλαια, einer schmucklosen Abhandlung). 45 ἱστορία heißt im traditionellen Sinne das „fragende Forschen“: die Grundlage für die Abfassung von Merc.Cond.: Zu diesem historiographischen officium Luc. Hist.Cons. 7-13, 42. Vgl. Avenarius (1956) 13-22, Schwartz (1965) 109 Anm. 2 (mit „information“ übersetzt: Merc.Cond. als „une sorte du reportage“), Branham (1989) 22. 204, Free (2015) 31f. 41f. 54. 46 Luc. Hist.Cons. 37 wird ἐμπειρία („Sachkenntnis“) für das Verfassen von Geschichtswerken gefordert: Avenarius (1956) 35-40, Free (2015) 60- 63. Zur idealen Verbindung stilistischer und inhaltlicher Kompetenz: Antipho or. 5.1 (τὴν δύναμιν τοῦ λέγειν καὶ τὴν ἐμπειρίαν τῶν πραγμάτων). 47 Das Werk darf nicht unverständlich sein, sonst ist es erfolglos. Vgl. ITr. 27 (δεῖ δὲ οἶμαι σαφῶς λέγειν […], ὡς συνήσουσιν οἱ ἀκούοντες), 28 (dunkler, orakelhafter Stil benötigt Verstehenshilfe). τὸ σαφές ist Hist.Cons. 44 (σαφῶς δηλῶσαι καὶ φανότατα ἐμφανίσαι τὸ πρᾶγμα) und 55 wichtigstes Erfordernis guter Diktion (i. S. d. ἀρεταὶ τῆς λέξεως): Vgl. Diog. Laert. 7.59. 80 Nach antiker Literaturkritik beruhte Deutlichkeit auf der Wortwahl. Das Ideal lag zwischen entlegener (Dion. Hal. Thuk. 24) und vulgärer Ausdrucksweise (Quint. inst. 4.2.36, 8.2.1-13; Cic. de orat. 3.150-156; Rhet. Her. 4.57). Vgl. von Möllendorff (2001) 138, zur Bedeutung von τὸ σαφές in Lukians historiographischer Methodologie Free (2015) 37-39. 94-101 u. ö. 48 Sabinos lobt den Nutzen der Schrift, was auf den apotreptischermahnenden Charakter von Merc.Cond. verweist (vgl. ὡς μὴ […] ὑπάγοιεν): Dem Adressaten werden dort v. a. abschreckende Beispiele und Lebensweisen (βίοι) präsentiert. Bei Lukian kann Nutzen auch von protreptischen Schriften wie z. B. Somn. ausgehen (vgl. 17 τι καὶ χρήσιμον εἶχεν ἡ διήγησις, wobei zur Bildungskarriere ermutigt wird, vgl. 18 ἐπιρρωσθήσεται εὖ οἶδ' ὅτι κἀκεῖνος ἀκούσας τοῦ μύθου). Nutzen für den Leser ist laut Lukian v. a. das Ziel von Geschichtsschreibung: Vgl. Hist.Cons. 42 sowie Avenarius (1956) 22-26, Free (2015) 40-43. Neben 1.3 (οὐκ ἀγελαστὶ: Lachen als Rezeptionsform) wird so der insg. serio-komische Charakter der Schrift betont. Zu dieser Grundkonstante Lukianischer Texte vgl. Branham (1989) 26-28. 67-123, Whitmarsh (2001) 270f. 49 Eine Abwandlung von Eur. Phoen. 395. Dort antwortet Polyneikes auf die Fragen seiner Mutter Jokaste, im Exil müsse man, um sich Subsistenz zu sichern, trotz der adligen Herkunft mühevolle Arbeit auf sich nehmen: ἀλλ' ἐς τὸ κέρδος παρὰ φύσιν δουλευτέον (die schol. ad loc. kritisierten Polyneikes ʼ Aussage: οὐκ ἀξιόχρεως ἥρωος ὁ λόγος). Vgl. dagegen Mastronarde (1994) 261: “Eur[ipides] is not concerned to portray a ‘hero ʼ but to show the strain between Pol. ʼ s aristocratic beliefs and the situation in which he has found himself.” Sabinos folgt mit dem Zitat derselben Kritik wie das Scholion, um den Opponenten als feige zu kennzeichnen. Wie bereits Merc.Cond. 5 (Theognis-Zitat) thematisiert, ist nicht der Versinhalt an sich schändlich (ἀγεννέστατον), sondern nur, wer sich ihn zur Maxime macht. 50 Textkritisches: Mastronarde (1994) 261 bezeichnet Lukians Lesart ὅπου τὸ als “a generalizing gnomologic corruption” von Eur. Phoen. 395. Sie ist auch Plut. Demetr. 14.3 überliefert (Rat eines Vaters an den Sohn, eine alte Witwe, zu heiraten, wobei er den Euripideischen Vers parodiert: ὅπου τὸ κέρδος, παρὰ φύσιν γαμητέον, ὁμοιόπτωτόν τι τῷ “δουλευτέον” εὐθυρρημονήσας). 51 Es wird die Fiktion erzeugt, der ‚Autor‘ von Merc.Cond. habe sein Buch persönlich vorgelesen: Zur Zirkulation von Büchern in Lukians Zeit, Rezitationen in kleinen Zirkeln und dem Buchmarkt allg. McDonnell (1986), Starr (1987), Hanson (1998), Johnson (2010) und (2011), Hedrick (2011). Die Dichotomie von ἀκούσεταί σου ἀναγινώσκοντος und ἐπελθεῖν 81 τὰ γεγραμμένα, d. h. Rezitation und Zirkulation von Abschriften, entspricht 3.2-4 (δειχθὲν vs. διὰ χειρὸς ἔχειν). 52 Gemäß der Vorstellung vom Ἑρμῆς ψυχοπομπός (Hom. Od. 24.1ff.) soll der Gott den ‚Schleier des Vergessens‘ über die Rezipienten von Merc.Cond. senken (wörtl. „großes Vergessen ausstreuen“). Eine ungewöhnliche Formulierung, vgl. ähnlich Prokl. Alc. I 195 (τὸν ὕπνον αὐτῶν καὶ τὴν λήθην διασκεδαννὺς), wobei wohl eine Parallelbildung mit ὕπνον σκεδαννύναι vorliegt, vgl. Soph. Trach. 991 (σκεδάσαι […] ἀπὸ βλεφάρων ὕπνον). Die Junktur erscheint als Euphemismus für Sterben und Tod, denn Hermes geleitet die Verstorbenen in einer nachhomerischen Vorstellung zum Hadesfluss Λήθη, aus dem sie trinken müssen, vgl. Luc. Cat. 1, Luct. 5. 53 Textkritisches: τὸν τοῦ Κορινθίου μῦθόν τι folgt ΓΕ (γ). Vgl. Fritzsches Korrektur: τὸ τοῦ Κορινθίου μύθου wie Apol. 5 τὸ τοῦ πιθήκου πεπονθέναι, Herm. 84, Im. 1 (jeweils τὸ τοῦ μύθου). Andere Hss. (recc. und E a N, d. h. codex mixtus bzw. β? ) bieten τῷ τοῦ Κορινθίου μύθῳ (μύθου E a ) ταὐτόν τι. 54 Eine pointiert formulierte, doppelte Antithese zwischen τὰ γεγραμμένα (A) und συγγραφέα (A ˈ ) sowie analog zwischen ἐλευθερίαν (B) und δουλεύοντα (B ˈ ). Die Antithese zwischen der trefflichen Anlage von Form und Inhalt in Merc.Cond. auf der einen und dem Leben des ‚Autors‘ auf der anderen Seite ruft bei den Rezipienten Gelächter hervor: Die Enttarnung eines Widerspruchs zwischen Worten und Taten bzw. die Diskrepanz zwischen Schein und Sein sind Grundmerkmale der Lukianischen Satire. So fällt der Angriff des ‚Autors‘ von Merc.Cond. auf diesen zurück: Merc.Cond. 13 hatte er Hausphilosophen für deren freiwillige Unterjochung kritisiert (vgl. dort φέρειν τὸν ζυγὸν). 55 Die Anklagepunkte operieren rhetorisch mit dem εἰκός (in der Version der Litotes: οὐκ ἀπεικός), einem im 5. Jh. v. Chr. entwickelten Überzeugungskonzept: Vgl. Antipho or. 2.5. Das Streben nach Plausibilität begründet die Wiedergabe von ‚Zeugenaussagen‘ im Modus des Potentialis (λέγοιεν ἄν, εἰ λέγοιεν, 4.7-8 φαίη τις ἄν, 6.1 φαῖεν ἄν) bzw. Futur (5.4-5 οὐκ ἀπορήσουσι, εἰκάσουσιν). Gleichzeitig nehmen die Aussagen Dritter den Anklagepunkten des ‚Freundes‘ Sabinos auch die Schärfe. 56 Literarische Fälschung wird in das Bild des hässlichen Vogels gefasst, der sich in mehreren, unter Aisops Namen überlieferten Fabeln schöne Federn anlegt, dann aber enttarnt wird: Vgl. hierzu Hafner (2017). So erscheint im Korpus der Aisopfabeln die Dohle (ὁ κολοιός), die kleinste und unscheinbarste Vertreterin aus der Familie der Krähen und Raben, etwa in fab. 123 Perry (= 125 Hausrath) der Augustana-Sammlung, „Dohle und Raben“ (ΚΟΛΟΙΟΣ ΚΑΙ ΚΟΡΑΚΕΣ): Darin schließt sich die Dohle den 82 Raben an, wird jedoch von diesen abgelehnt und aufgrund ihrer Überheblichkeit auch aus dem Kreis der Dohlen verstoßen; in fab. 129 Perry (= 131 Hausrath), „Dohle und Tauben“ (ΚΟΛΟΙΟΣ ΚΑΙ ΠΕΡΙΣΤΕΡΑΙ), färbt die Dohle aus Neid auf die gut gefütterten Tauben ihr Gefieder weiß, wird jedoch durch ihre krächzende Stimme verraten und sowohl von den Tauben als auch von den Dohlen verjagt, da letztere sie nicht mehr erkennen. In einer dritten Fabel schließlich, fab. 101 Perry (= 103 Hausrath), ist der Bezug zum vorliegenden Kontext besonders evident: In „Dohle und Vögel“ (ΚΟΛΟΙΟΣ ΚΑΙ ΟΡΝΕΑ) möchte die Dohle zum König der Vögel ernannt werden und überdeckt ihre Hässlichkeit (δυσμορφία) mit fremden Federn. Darüber geraten die anderen Vögel in Zorn, umringen sie und entreißen ihr die künstlichen Federn, wodurch sie wieder zur gewöhnlichen Dohle wird. Vgl. Phaedr. fab. 1.3.1-6 (Graculus superbus et pavo) Ne gloriari libeat alienis bonis | suoque potius habitu vitam degere, | Aesopus nobis hoc exemplum prodidit. | Tumens inani graculus superbia | pennas pavoni quae deciderant, sustulit | seque exornavit sowie Babr. 72 (vgl. Aes. fab. 101 Perry = 103 Hausrath): ὁ κολοιός schmückt sich mit fremden Federn und möchte den ἀγὼν κάλλους unter Zeus ʼ Vorsitz gewinnen, wird aber verraten); Hor. epist. 1.3.18-20 (ne, si forte suas repetitum venerit olim | grex avium plumas, moveat cornicula risum | furtivis nudata coloribus); Euseb. prep. evang. 10.4.27 (ἀλλοτρίοις πτίλοις σφᾶς αὐτοὺς ἐφαίδρυνον κατὰ τὸν μῦθον); Hieron. ep. 108.15 (alienis me coloribus adornare). Lukian gebraucht die Wendung auch Pseudol. 5 (Diebstahl geistigen Eigentums). Aisop erscheint bei Lukian als Komiker, dessen Fabeln einen riesigen Fundus lustiger Anekdoten liefern (er heißt Icar. 10 λογοποιός, VH 2.18 γελωτοποιός). 57 περὶ πόδα bedeutet „um den Fuß festsitzend“, d. h. bzgl. der Schuhgröße „passend“: Pl. com. fr. 221 PCG (ἔστι μοι τὸ χρῆμα τοῦτο περὶ πόδα), fr. 137 PCG (τοῖς τρόποις ἁρμόττον ὥσπερ περὶ πόδα); Hor. epist. 1.10.42- 43 (cui non conveniet sua res, ut calceus olim, | si pede maior erit, subvertet, si minor, uret); Luc. Hist.Cons. 14 (περὶ πόδα τῇ ἱστορίᾳ […] πρέπουσα), Ind. 10 (mit schol. ἀντὶ τοῦ κατὰ πόδα, πλησίον, ἐγγύς), Pseudol. 23. 58 Die Übersetzung folgt LSJ s. v. μεταδοκέω: “you changed your mind and thought that”. Zur Syntax: Von μετέδοξε hängt die AcI-Konstruktion βελτίω ταῦτα εἶναι ab, von ταῦτα die Infinitive (χαίρειν) ἐᾶν, ζηλῶσαι. Vgl. zur Konstruktion Eur. Bacch. 246-247 (ταῦτ' […] | ὕβρεις ὑβρίζειν). 59 Vgl. die Übersetzung von D. Ebener: „Doch Vorteils halber muß man Knecht sein, unnatürlich“. 60 Gegen das Gelübde des Sprechers, Hermes Logios zu opfern (2.4-5), kontert Sabinos ironisch, er solle lieber Hermes Chthonios anrufen: Ge- 83 meint ist dessen Funktion als Geleiter der Toten in die Unterwelt. Vgl. Aischyl. Choeph. 1 (mit Aristoph. Ran. 1138), 118, 708, Pers. 626, 639; Soph. El. 111 (Anrufung), Aj. 831-832 (Ajax bittet um gutes Geleit in den Hades: καλῶ δ' ἅμα | πομπαῖον Ἑρμῆν χθόνιον εὖ με κοιμίσαι); Eur. Alk. 743-744 (πρόφρων σε χθόνιός θ' Ἑρμῆς | Ἅιδης τε δέχοιτ'); Orph. h. Herm. 57.2-3, 5- 9 (einschläfernde Kraft des Seelengeleiters: ὃς ψυχὰς θνητῶν κατάγεις ὑπὸ νέρτερα γαίης, | Ἑρμῆ, […] ὃς παρὰ Περσεφόνης ἱερὸν δόμον ἀμφιπολεύεις, | αἰνομόροις ψυχαῖς πομπὸς κατὰ γαῖαν ὑπάρχων, | ἃς κατάγεις, ὁπόταν μοίρης χρόνος εἰσαφίκηται | εὐιέρωι ῥάβδωι θέλγων † ὑπνοδώτειρα πάντα, | καὶ πάλιν ὑπνώοντας ἐγείρεις). Zu ihm betete man bei Totengedenkfeiern: Vgl. Plut. Aristid. 21.5 (κατευξάμενος Διὶ καὶ Ἑρμῇ χθονίῳ). 61 Zum μῦθος des Korinthers Bellerophon vgl. Hom. Il. 6.155-195 (bes. 167-178): Dieser war bei Argos ʼ Herrscher Proitos in Ungnade gefallen, da dessen Frau Anteia den Bellerophon, der sich ihrer Liebe verweigert hatte, verleumdete (‚Potiphar-Motiv‘). Da sandte Proitos Bellerophon mit einem Schreiben zu seinem Schwiegervater, dem König von Lykien (der Zenob. 2.87 CPG Jobates heißt). Selbst den Mord scheuend, hatte Proitos auf ein Täfelchen den Auftrag geritzt, man solle den Überbringer Bellerophon töten (sog. ‚Urias-Brief‘, vgl. σήματα λυγρὰ Il. 6.168-170). Der lykische König las die „Zeichen“ und erteilte Bellerophon tödliche Aufgaben, da auch er vom Mord zurückschreckte. Nachdem der Held die Chimäre, den Stamm der Solmyer und die Amazonen besiegt hatte sowie einem Hinterhalt entging, sah der König von dem Plan ab und gab Bellerophon seine Tochter zur Frau. Vgl. sprichwörtlich Zenob. 2.87 CPG und Diogen. 5.45 CPG (ἐπὶ τῶν καθ' ἑαυτῶν τι ποιούντων); allg. Spyridonidou-Skarsouli (1995) 268- 271. Das Sprichwort wird hier durch die Hinzufügung βιβλίον neu kontextualisiert: Wie Bellerophon eine Schrift gefährlich wird, so auch dem ‚Autor‘ von Merc.Cond. das von ihm verfasste Buch: Die Schrift wird sich laut Sabinos gegen ihn wenden. Die Bellerophon-Episode erscheint bei Lukian als kanonischer Teil des Korinthischen Mythenkreises: Vgl. Luc. Salt. 42. 62 Ist das Buch keine Fälschung, ist dem ‚Autor‘ nach Art des Krotonischen Gesetzgebers Salaithos Doppelmoral vorzuwerfen. Dessen Name variiert in den Hss.: Während ΓΕ (γ-Klasse) und Ν (cod. mixt.) Σάλαιθος überliefern, bietet Γ a (β-Klasse) Σάλευκος, recc. Ζάλευκος. Vgl. Ael. VH 13.24 über ein Gesetz des legendären Zaleukos aus Lokroi Epizephyrioi (der Ort Kroton findet sich nur in Luc. Apol. und schol. ad Σαλαίθῳ), wo die Apol. 4.5-7 erwähnten Untaten Zaleukos ʼ Sohn zugeschrieben werden. Zaleukos wird auch bei Ephoros FGrH 70 F 139; Aristot. pol. 1274a23-31 (verglichen mit Lykurg, Solon und Charondas); Diod. Bibl. 12.20.1-2; Plut. 84 Num. 4.7, de laud. ips. 11 (543a); Ath. deipn. 10.429a, 11.508a; Diog. Laert. 8.16 als berühmter Nomothet erwähnt. Bestritten wird seine Historizität bereits bei Timaios FGrH 566 F 130: Vgl. RE 9 A2 (1967) Sp. 2298-2301 s. v. Zaleukos (K. von Fritz). Man versuchte wohl, mit ihm als einem πρῶτος εὑρετής die als stabil geltende Ordnung von Lokroi zu verbinden: Hierzu vgl. DNP 12/ 2 (2003) Sp. 690 s. v. Zaleukos (R. Wolters). Vgl. zur Namensform Salaithos Thuk. 3.25, 27, 35-36 (spartanischer General); Herod. Gramm. de orthogr. Gramm. Gr. vol. 3.2 p. 424.16 Lentz. 63 Vgl. die Maßnahmen des legendären Gesetzgebers Zaleukos aus Lokroi Ael. VH 13.24 (Zaleukos gab den Lokrern das strenge Gesetz, ertappte Ehebrecher zu blenden); Ath. deipn. 10.429a (Zaleukos habe für leichtere Vergehen die Todesstrafe verhängt: παρὰ δὲ Λοκροῖς τοῖς Ἐπιζεφυρίοις εἴ τις ἄκρατον ἔπιε μὴ προστάξαντος ἰατροῦ θεραπείας ἕνεκα, θάνατος ἦν ἡ ζημία Ζαλεύκου τὸν νόμον θέντος). Vgl. hierzu ferner Mühl (1929), Link (1992) sowie Hölkeskamp (1999) 187-198. 64 Salaithos wurde selbst beim Ehebruch ertappt (dagegen bei Aelian: der Sohn des Zaleukos: ὁ γάρ τοι παῖς ἁλοὺς ἐπὶ μοιχείᾳ εἶτα ἔμελλε πείσεσθαι τὰ ἐκ τοῦ πατρῴου νόμου). Zum Motiv vgl. Juv. 2.29-33 (der adulter Domitian erlässt strenge Sittengesetze). Dieses Vergehen betrifft bei Lukian i. d. R. die, deren Lebensweise der von ihnen propagierten Moral nicht entspricht und die sie als Scharlatane erscheinen lässt, vgl. Luc. Alex. 5-6, Fug. 15, 18-19, Ind. 25, Peregr. 9, Pseudol. 17-18, 27-28, Rh.Pr. 23-24. 65 Salaithos konnte sich aus der Affäre ziehen, da er bei der Verteidigung angab, unter der Macht des ἔρως gehandelt zu haben: Auch Gorg. enc. Hel. 6, 15 ist ἔρως (im Sinne einer übermenschlichen, höheren Gewalt) ein hinreichender Verteidigungsgrund, bereits Hom. Il. 3.156 erscheint den alten Troern der Krieg beim Anblick der schönen Helena gerechtfertigt. Auch der Selbstmord in den Flammen erschien den Krotoniaten bewundernswert (vgl. Peregr. 24-25 die Ironie über diesen vermeintlichen ‚Heldentod‘ sowie Apol. 10 über das Sich-Entziehen durch Suizid). Der Heldenmut findet Ael. VH 13.24 eine Entsprechung, wo Zaleukos, dessen Sohn die von seinem Vater befohlene Blendung für Ehebruch erleiden soll, sich freiwillig für ein Auge des Sohns ein eigenes Auge ausstechen lässt. 66 Eine pointierte Inhaltsangabe von Merc.Cond. (auch zur Orientierung für die Leser): Zu ἐμπεσὼν vgl. Merc.Cond. 7-8 (εἰς τὸν βίον τοῦτον ἐμπεπτωκότων), zu ἀνέχοιτο μυρία ebd. 13 (μυρία γάρ ἐστιν ἀφόρητα) und 33, zu πάχσων καὶ ποιῶν ebd. 1 (ἃ πάσχειν ἢ ποιεῖν ἀνάγκη). 67 Das Alter der Verfassers (vgl. 1.12-13 und 10.3-5) sollte nicht unbedingt biographisch gelesen werden, wie bei Schwartz (1965) 12. Da sich 85 bereits Sokrates (70 Jahre) und Isokrates (82 Jahre) in ihren Apologien alt nennen (Pl. Apol. 17d2; Isokr. or. 15.9, 27, 37-38, 144-145), dürfte es sich eher um ein Muster des genus Apologie handeln. So könnte wie bei Platons Sokrates oder bei Isokrates die eigene Vergangenheit auch im Falle von Lukians literarischer persona vergegenwärtigt und dadurch Konstanz und Kohärenz suggeriert werden: Vgl. zu dieser Identitätstopik Fuhrmann (1979) 688. Dagegen deutet Baldwin (1973) 11 mit Anm. 11 das auch Herc. 7-8 und Laps. 1 erwähnte Alter als “concession to the fashionable hypochondria of the age [that] has to be made”, vgl. Bowersock (1969) 71-75. 68 Steigerung der Homerischen Wendung ἐπὶ γήραος οὐδῷ, wobei οὐδός auf die Schwelle zum Tod deutet: Il. 22.60, 24.487, Od. 15.348; Hes. op. 331; Quint. Smyrn. 10.462 (οὐδὸς βιότου). 69 πᾶσιν ἐπισημότερος deutet auf die Popularität, die der ‚Autor‘ durch sein Werk bei der Menge erworben hat. Das Streben nach δόξα wird in Lukians Texten häufig beleuchtet: Vgl. Harm. 1 (ἡ δόξα ἡ παρὰ τῶν πολλῶν καὶ τὸ ἐπίσημον εἶναι ἐν πλήθεσι), 2 (ἐπίσημος εἶναι καὶ γιγνώσκεσθαι πρὸς τῶν πολλῶν), Eun. 7, Pseudol. 26, Prom.Es 2, Rh.Pr. 1, 26, Somn. 11. Hierzu vgl. Andrade (2013) 281-287. 70 Das Wortspiel βίου τῷ βιβλίῳ bringt die Gegensätze in Juxtaposition, vgl. Ath. 3.104c (= Theognet fr. 1.8 PCG) (ἀντέστροφέν σου τὸν βίον τὰ βιβλία). Vgl. das Spannungsverhältnis der durch Homoioteleuton pointiert verbundenen Komparative ἐπισημότερος und καταγελαστότερος. 71 Schmitz (2010) 303 deutet die Ankündigung des Zitats Eur. fr. 905 TrGF als “an authority and quoted to prove the speaker’s point”. 72 fr. 905 TrGF aus einer fabula incerta des Euripides. Zum Vers, der sich gegen die Doppelmoral vermeintlicher ‚Weisheitslehrer‘ wie der Sophisten richtet, vgl. Plut. Alex. 53.2; Men. Sent. 332; Max. Tyr. dial. 21; Apostol.-Arsen. 11.71d CPG; Mantissa Prov. 2.23 CPG (Zusatz ἐπὶ τῶν διὰ μισθὸν ἢ δι' ἄλλο τι διδασκόντων): Vgl. Karavas (2005) 159f. mit Anm. 57f., Imperio (1998) 49 mit Anm. 11. Ferner Pl. Hipp. Mai. 283b1-2 (πολλοῖς συνδοκεῖ ὅτι τὸν σοφὸν αὐτὸν αὑτῷ μάλιστα δεῖ σοφὸν εἶναι) sowie Ennius ʼ Übersetzung in der „Medea exul“ V. 221 Jocelyn (qui ipse sibi sapiens prodesse non quit nequiquam sapit), zitiert Cic. fam. 7.6.2, off. 3.62; Ter. Heauton. 922-923 (nonne id flagitiumst te aliis consilium dare, | foris sapere, tibi non posse te auxiliarier? ); Cic. fam. 13.15.2 (vera praecepta Εὐριπίδου: μισῶ σοφιστήν); Publ. Syr. 604 (odi sapientem, qui sibi ipsi non sapit). 73 Zum Vergleich mit einem Schauspieler und der Welt mit einer Bühne vgl. Merc.Cond. 30, 41. “[T]he theatrical imagery […] is here turned against its author”: Whitmarsh (2001) 292; ferner Anderson (1976) 19 mit Anm. 86 138. 80 mit Anm. 119. Zum Topos Curtius ( 11 1993) 146-152. Die Pointe besteht (wie 5.11b-18) in der Diskrepanz zwischen bewunderswerter Maske und tatsächlichem Sein. Die Bezeichnung der Vergleiche und Zitate als παραδείγματα („Muster“) deutet auf die rhetorische inventio: Sie dienen als flexibel einsetzbare Argumente gegen Gegner im Redeagon. 74 ἐκπίπτειν ist terminus für das schmähliche Verlassen der Bühne unter dem Zischen des Publikums, vgl. Aristot. poet. 1456a18, 1459b31. συρίττειν meint das „Auspfeifen“: Vgl. ähnliche Zuschauer-Reaktionen Plut. praec. ger. reip. 17 (813f); Aristid. or. 34.7 (rhetorische Darbietungen); Luc. Harm. 2, Pr.Im. 29. Hierzu Korenjak (2000) 81: „Auszischen (συρίττειν) und seine lateinische Entsprechung sibilare bezeichnen einen s- oder sch-Laut […], der in der Antike zur Bekundung von Verachtung und lebhaftem Mißfallen dient.“ Vgl. Demosth. or. 18.265 (der Gegner Aischines wird mit einem Schauspieler verglichen, der vom Publikum, vertreten durch Demosthenes, von der Bühne gepfiffen wurde: ἐξέπιπτες, ἐγὼ δ' ἐσύριττον); Luc. Nigr. 9 (Theatermetaphorik: ἐμὲ δὲ κἂν ἐκσυρίττῃς, οὐ πάνυ τι λυπήσομαι). Das Auspeitschen, eine gängige antike Praxis der Bestrafung von Sklaven, betont die Abhängigkeit der Schauspieler (vgl. Pisc. 33). In Apol. verweist es auf die freiwillige Versklavung des ‚Angeklagten‘: Vgl. Schmitz (2010) 303. 75 Zu Affenvergleichen vgl. Luc. Merc.Cond. 24; allg. Curtius ( 11 1993) 522f. (Affe als Metapher). Plut. quom. adul. ab amic. internosc. 7 (52b) dient der Affenvergleich zur Charakterisierung des Schmeichlers (Ὁ μὲν γὰρ πίθηκος […] μιμεῖσθαι τὸν ἄνθρωπον ἐπιχειρῶν ἁλίσκεται συγκινούμενος καὶ συνορχούμενος, ὁ δὲ κόλαξ αὐτὸς ἑτέρους ἐπάγεται καὶ παλεύει, μιμούμενος οὐχ ὁμοίως ἅπαντας ἀλλὰ τῷ μὲν συνορχούμενος καὶ συνᾴδων). Der Affe fügt sich in Apol. in die ägyptische Szenerie: Vgl. ITr. 42 mit Coenen (1977) 125f. Ferner vgl. Deor.Con. 10, Im. 11, Sacr. 14. 76 In Pisc. 36 verlegt Lukian eine ähnliche Szene an den ägyptischen Herrscherhof (Λέγεται δὲ καὶ βασιλεύς τις Αἰγύπτιος πιθήκους ποτὲ πυρριχίζειν διδάξαι κτλ.). Zu Unterschieden zwischen beiden Episoden vgl. Anderson (2009) 7: “In Piscator we are dealing with a troupe of monkeys, in Apologia with a single one. In Piscator we have an unnamed king of Egypt as the trainer; in Apologia the owner is a specific queen, Cleopatra; in Piscator there is an orchestrated dance-routine, the pyrrhiche; in Apologia the animal is performing with singers and flute-players in a wedding procession. In both instances the costume consists of masks as well as elaborate robes; in Piscator the spectacle is disrupted by a theates tis asteios who throws nuts, while in Apologia the single monkey finds a fig or almond.” Während Pisc. viele Affen von einem „witzigen Beobachter“ überführt wer- 87 den, was der Enttarnung der Schein-Philosophen durch Parrhesiades entspricht, tritt in Apol. nur ein Affe auf, der dem ‚Autor‘ von Merc.Cond. entspricht. Während Crusius (1894) 302 das hellenistische Alexandria als Produktionsort der Anekdote sah, führte Luria (1930) diese über eine vermeintliche Aisop-Fabel auf eine verlorene des Archilochos zurück: Vgl. fab. 463 Perry Πίθηκοι ὀρχησταί = Luc. Pisc. 36, fab. 83 Hausrath (der tanzende Affe wird zum König der Tiere gewählt); ferner Archil. fr. 185 West. Vgl. Quint. inst. 6.1.47; Claud. Eutrop. 1.300ff.; abh. von Luc. Apol. 5, Pisc. 36 ist wohl Greg. Nyss. prof. Christ. Jäger vol. 8.1 p. 131-133 (φασὶ γάρ τινα τῶν θαυματοποιῶν ἐπὶ τῆς Ἀλεξάνδρου πόλεως ἀσκήσαντα πίθηκον διά τινος εὐστροφίας ὀρχηστικῶς σχηματίζεσθαι): Laut Gregor trifft auf Christen, die ihrem Bekenntnis nicht entsprechen, die heidnische Geschichte vom tanzenden Affen zu (ὡς ἂν μὴ τὸ περὶ τοῦ πιθήκου διήγημα τὸ παρὰ τοῖς ἔξω περιφερόμενον καὶ ἡμῖν ἐφαρμόσειε). Der Abfall vom Christentum liegt für Gregor in einer vom διάβολος angestifteten Gier nach materieller Lusterfüllung, die auch den Affen antreibe. 77 Textkritisches: In den codd. recc. findet sich hinter πάνυ eingefügt φασὶ: Dies ist gemäß den Regeln der Grammatik unnötig, können doch Nebensätze in indirekter Rede (hier abh. von 5.12 φήσουσιν) in den Infinitiv treten (hier: γενέσθαι). Zudem klänge φασὶ nach φήσουσιν redundant. Zum Inhalt: ὁ/ ἡ πάνυ heißt „der/ die berühmte, bekannte“, z. B. Xen. mem. 3.5.1 (τοῦ πάνυ Περικλέους); Luc. Philops. 5 (παρὰ Εὐκράτους ἥκω σοι τοῦ πάνυ), absolut gebraucht Demon. 24 (Herodes Atticus), Vit.Auct. 22 (Elektra). Vgl. Lehmann (1822) 705 nobilissimae illi Cleopatrae. 78 Der dressierte Affe ist ein geübter Tänzer: Vgl. Salt. 29 (Anforderungen an den Tänzer: Τὸ δὲ τοῦ ὀρχηστοῦ σχῆμα ὡς μὲν κόσμιον καὶ εὐπρεπὲς), 25 (εὐρυθμίᾳ καὶ εὐμουσίᾳ καὶ κινήσει ἐμμελεῖ καὶ εὐσχημοσύνῃ τοῦ κινουμένου). κοσμίως bezieht sich auf die innere Ordnung von Tanzschritten und Haltung, ἐμμελῶς (< ἐν + τὸ μέλος, d. h. „im Ton“) auf die Abgestimmtheit zu musikalischer Begleitung. Zur Bewegung des Pantomimentänzers: Webb (2008) 51f. Hier erinnert dies an das eingeübte ernstwürdevolle Auftreten Lukianischer Scheinphilosophen, z. B. Tim. 54 (τὸ σχῆμα εὐσταλὴς καὶ κόσμιος τὸ βάδισμα καὶ σωφρονικὸς τὴν ἀναβολὴν). 79 Syntaktisches: Mras (1911) 193 bezieht συγκινούμενον auf 5.12 ἐκείνον (sc. τὸν πίθηκον) und verweist bei συγκινούμενον ὑμέναιον („sich zu einem Hochzeitslied bewegen“) auf die syntaktische Parallele Hor. epist. 2.2.124-125 (qui | nunc Satyrum, nunc agrestem Cyclopa movetur). 80 Im Affentanz zeigt sich eine doppelte Mimesis: Wird bereits der Tänzer Luc. Salt. 62 als μιμητικός bezeichnet, der durch Bewegungen das Ge- 88 sungene abbilde (κινήμασι τὰ ᾀδόμενα δείξειν ὑπισχνεῖται), ist der Affe wiederum Nachahmer des menschlichen Tänzers: Pisc. 36 werden Tiere (τὰ θηρία) als μιμηλότατα […] τῶν ἀνθρωπίνων und lerneifrig gezeichnet. So imitiert der Affe das σχῆμα εὐπρεπές eines Tänzers (vgl. Salt. 29) und wird dafür bewundert. Das Hochzeitslied (ὑμέναιος) begründet hier das Flötenspiel. Der Affe erscheint als professioneller Unterhalter: Vgl. Xen. symp. 2.21-23 (ein γελωτοποιός sorgt beim Symposion für Gelächter, da er akrobatische Tanzbewegungen gekonnt imitiert: Gelobt wird allg. seine Kunstfertigkeit im Nachahmen von Personen: 6.8-10). 81 Die Trockenfeige (ἰσχάς) dient Pisc. 51 als Köder für falsche Philosophen, vgl. Merc.Cond. 24 (Luxusleben durch Trockenfeigen repräsentiert). Vgl. Aristoph. Plut. 677, 799-801, 811, 1122. 82 Zum seltenen ἡ ἀμύγδαλος statt ἡ ἀμυγδάλη (vgl. schol. ad loc.) siehe Hesych. κ 906 s. v. κάρυα. 83 ῥυθμός ist die nach Zeitabschnitten bemessene Bewegung (Pl. leg. 664e8-9 κινήσεως τάξις), z. B. des Chores: Aristoph. Thesm. 956 (ῥυθμὸν χορείας ὑπάγειν); Pl. leg. 670b10 (βαίνειν ἐν ῥυθμῷ); Aristot. poet. 1447a18ff. bestimmt ῥυθμός als Nachahmungsmodus im Bereich der Tanzkunst: Primavesi (2010) 258 deutet ῥυθμός dabei als „Durchgliederung einer metrisch regulierten Wortfolge, einer Melodie oder einer tänzerischen Bewegung nach dem Ab und Auf der Fuß-Setzungen und Fuß-Hebungen.“ Zu ῥυθμός als zu Musik abgestimmte Tanzbewegung s. Harm. 1, Prom.Es 6. 84 Zum Zerreißen der Maske und dem abrupten Ende theatralischer Illusion vgl. Gall. 26, Pr.Im. 3, allg. Korus (1984) 302. Rh.Pr. 12 zerreißt der schlechte Schauspieler beim Fallen die Heroen-Maske, ähnlich Nigr. 11. Zu Lukians Metapher der ‚fallenden Maske‘: Tomassi (2011a) 358f. Mit dem Zerreißen der Maske wird Mimesis durchbrochen. Vgl. Luc. Salt. 83 (ein Pantomime, der Αἴας μαινόμενος spielen soll, verliert die Kontrolle über seine Rolle und attackiert den Schauspieler, der Odysseus, Aiax ʼ Gegner, gibt) mit Webb (2008) 59 (“The anecdote illustrates the fine balance between becoming a character and retaining control of the art and the conceptual possibility among audiences that this balance could be lost at any moment”), (2008a) 76. Durchbricht Salt. der Tänzer seine Rolle durch übersteigerte Identifikation mit ihr, so Apol. der Affe, der die Rolle zugunsten seiner Natur, des tierischen Triebs, aufgibt. Bei Lukian finden sich häufig Tiere in verschönernden bzw. täuschenden Verkleidungen, vgl. Prom.Es 4 (geschmücktes Kamel), Fug. 13 und 33 (Esel im Löwenpelz); ferner Luc. Asin. 48 (kostümierter Zirkus-Esel). Allg. Anderson (1976a) 38 Anm. 26. 89 85 Wie dem Affen gelingt es dem Angeklagten nicht, sein Wesen zu verbergen: Vgl. Ind. 4 (πίθηκος γὰρ ὁ πίθηκος […] κἂν χρύσεα ἔχῃ σύμβολα), Philops. 5 (ὑπὸ τῇ λεοντῇ […] πίθηκον), Pisc. 36 (οἱ δὲ πίθηκοι […] πίθηκοι ἐγένοντο); Diogen. 6.98 CPG (πίθηκος ἐν πορύρᾳ); bereits in vielen Aisop- Fabeln (vgl. u. a. fab. 50 Perry = fab. 50 Hausrath: „Wiesel und Aphrodite“) überwiegt die wahre φύσις eines Tieres jede menschliche Konvention. Zum satirischen ἔλεγχος bei Lukian vgl. ITr. 30, Pisc. 17, 19 (Parrhesiades, Sohn des Ἐλεγξικλέος), 20, 32, Pseudol. 4. Allg. Camerotto (2014) 269-274. Vgl. den Schluss der Affen-Episode Greg. Nyss. prof. Christ. Jäger vol. 8.1 p. 133.3-4 (ἀπελεγχθείσης ἐν τῇ λιχνείᾳ τῶν τραγημάτων τῆς φύσεως). 86 ἀπ' ἄκρου χείλους deutet auf die ‚Halbherzigkeit‘ des moralischen Tadels. Vgl. Cal. 24 (προσμειδιᾷ τοῖς χείλεσιν ἄκροις, μισεῖ δὲ καὶ λάθρᾳ τοὺς ὀδόντας διαπρίει), DMeretr. 7.3 (ἐπ' ἄκρου τοῦ χείλους τοὺς ὅρκους ἔχουσι), Ind. 26 (μόνον οὐκ ἐπ' ἄκρου τοῦ χείλους ἔχεις τὰ παλαιὰ πάντα), Rh.Pr. 16, 22 (ὅρκος ἐπ' ἄκροις ἀεὶ τοῖς χείλεσι). 87 Variiert wird Hom. Il. 9.313 (Diskrepanz von Wort und Tat): Achilles schimpft über die Hintergedanken des Odysseus, die der πολυμήχανος (9.308) hinter Schmeicheleien (9.225-306) verberge. Achill selbst wolle seine Meinung klar bekennen: Vgl. 9.312-314 (ἐχθρὸς γάρ μοι κεῖνος ὁμῶς Ἀΐδαο πύληισιν, | ὅς χ' ἕτερον μὲν κεύθηι ἐνὶ φρεσίν, ἄλλο δὲ εἴπηι· | αὐτὰρ ἐγὼν ἐρέω ὥς μοι δοκεῖ εἶναι ἄριστα); ferner Od. 11.443 (Agamemnons Rat an Odysseus: τὸ μὲν φάσθαι, τὸ δὲ καὶ κεκρυμμένον εἶναι); Pl. Hipp. min. 365b1; Sall. Cat. 10.5 (ambitio multos mortalis falsos fieri subegit, aliud clausum in pectore, aliud in lingua promptum habere); Ps.-Luc. Philopatr. 18. Lukian bietet den Vers variiert Fug. 30 (Ἐχθρὸς γάρ μοι κεῖνος ὁμῶς Ἀΐδαο πύλῃσιν, | ὃς χρυσὸν φιλέει μὲν ἐνὶ φρεσίν, ἄλλο δὲ εἴπῃ), Cal. 24 (ἕτερα μὲν κεύθοντα ἐνὶ φρεσίν, ἄλλα δὲ λέγοντα). Cal. 24 und Apol. 6.3-4 ähneln sich: Statt finiter Endungen bei Homer (κεύθῃ, εἴπῃ) finden sich Partizipien (κεύθων, λέγων), der Aorist wird in Präsens verwandelt. Indefinitpronomen (im Plural: ἕτερα, ἄλλα) und die antithetische Strukturierung mit μὲν-δὲ bleiben. Vgl. Bouquiaux-Simon (1968) 145f. 88 Zitat von Il. 22.495. Der Vers wird Merc.Cond. 20 ganz wiedergegeben (χείλεα μέν τ' ἐδίην', ὑπερώιην δ' οὐκ ἐδίηνεν), hier nur als Halbvers, der Rest wird variiert. Das ersetzte αὐχμεῖν findet sich Hom. Od. 24.250, bei Lukian Nec. 4, Philops. 24, Tim. 7, Vit.Auct. 7, nur hier in der Nebenbedeutung „ausdörren, trocknen“. Wie Merc.Cond. 20 ist die Verwendung metaphorisch: Durch das Aufgreifen des Verses in Apol. 6 soll der ‚Autor‘ von Merc.Cond. mit seinen eigenen Waffen geschlagen werden. 90 89 μετὰ μικρόν widerspricht 1.1, 3.1 πάλαι, was die Unmöglichkeit biographistischer Deutungen andeutet. Vgl. Swain (1996) 321 Anm. 78: “The words […] should perhaps not be taken literally, since they occur in Sabinus ʼ imagined indignation over Lucian first doing one thing, then the opposite”. Vgl. dagegen eine wörtliche Deutung Jones (1986) 83 Anm. 24. 90 Wie die Hausphilosophen Merc.Cond. 23-24 habe der Sprecher der Freiheit öffentlich abgeschworen. Darauf deutet die Metapher vom Sklavenverkauf: Vgl. Merc.Cond. 23, Vit.Auct. 27. 91 Während Adrasteia Men. fr. 226 PCG als „grimmig schauende Göttin“ gezeichnet ist (Ἀδράστεια καὶ | θεὰ σκυθρωπὲ Νέμεσι, συγγινώσκετε), zeigt sie hier ein unversöhnliches Lachen. 92 Auf der Bühne schlüpfen die Mimen in Rollen großer Gestalten wie mythologischer Helden. Das Bild tritt bei Lukian verschiedentlich auf: Vgl. Nav. 46 (Lykinos vergleicht seine Illusionen nachhängenden Freunde mit tragischen Schauspielern, die, nachdem sie große Helden gespielt hätten, wieder zu einfachen Menschen würden), Nec. 16 (im Welttheater müsse, wer zuvor einen Agamemnon oder Kreon gegeben habe, bald einen Sklaven spielen), Nigr. 11 (der Sprecher fürchtet bei der Wiedergabe einer Rede seines Meisters, er würde wie ein tragischer Schauspieler trotz anspruchsvoller Rolle, vergleichbar der des Agamemnon, Kreon oder Herakles, nur ein Piepsen hervorbringen), Pisc. 31 (falsche Philosophen mit schlechten Schauspielern verglichen). 93 Ein Tragödienschauspieler des späten 4. Jh. v. Chr. Polos soll oftmals in Reprisen von Sophokles-Tragödien mitgespielt haben, z. B. in der Rolle des Ödipus als König (OT) und Bettler (OC): Vgl. Epikt. fr. 11 Schenkl. Gellius berichtet NA 6.5.1-8, wie Polos die Titelheldin in Soph. Electr. gegeben und in der Klageszene, in der Elektra die vermeintlichen Überreste Orests in Händen hält, als Requisite die Urne seines kürzlich verstorbenen Sohnes verwendet haben: So habe er die Trauer durch wirklichen Schmerz unnachahmlich vergegenwärtigt (cum agi fabula videretur, dolor actus est). Vgl. Müller (1886) 186 Anm. 3, wo wie RE XII.2 (1952) Sp. 1425f. s. v. Polos (F. Stoessl) zwischen einem älteren und einem jüngeren Polos unterschieden wird; dagegen Helm (1906) 57f. 138f. Vgl. O’Connor (1908) 128-130, Bompaire (1958) 436-438, Schwartz (1965) 25f., Coenen (1977) 45 Anm. 2, Ghiron-Bristagne (1976) 164-168, Lada-Richards (2007) 412f. 94 Der aus Metapont stammende tragische Schauspieler Aristodemos (4. Jh. v. Chr.) wurde mit dem athenischen Bürgerrecht beschenkt. Er war einer der bedeutendsten Künster seiner Zeit, vgl. Demosth. or. 19.246; 91 Aischin. or. 2.19; Gell. NA 11.9.2 (Episode über die Unterhaltung des actor fabularum mit Demosthenes); Ps.-Plut. vit. X orat. 848b (Demosthenes). Lukian erwähnt beide Schauspieler auch ITr. 3, 41, wo wie in Apol. das Fehlen des Artikels anzeigt, dass nicht auf die konkreten Schauspieler Bezug genommen wird, sondern diese bloß exemplarisch genannt werden. In Apol. steht die Diskrepanz zwischen Rolle und Mensch im Zentrum (was nicht auf Polos und Aristodemos zutrifft, die gefeierte Mimen waren). 95 Übersetzung von Johann Heinrich Voß. 96 Adrasteia („die Unentrinnbare“, ἀ-priv. + διδράσκειν) ist Beiname der Schicksalsgöttin Nemesis, vgl. Aischyl. Prom. 936; Ps.-Eur. Rhes. 342, 468; Pl. rep. 451a4, Symp. 248c2; Zenob. 1.30 CPG (τάττεται δὲ ἐπὶ τῶν πρότερον μὲν εὐδαιμονησάντων, ὕστερον δὲ δυστυχησάντων). Sie symbolisiert Vergeltung für Prahlerei, unvorsichtige Behauptungen, übermäßiges Glück oder frevelhafte Taten; präventiv wird sie zur Abwehr angerufen, vgl. Luc. Symp. 23 (ἀπείη δὲ ἡ Ἀδράστεια) oder schmeichelnd zur Verbündeten gemacht (vgl. ὦ φίλη Ἀδράστεια DMeretr. 6.2 und 3, Rh.Pr. 24, mit schol.). Zu ihrem alles durchdringenden Blick: DMeretr. 12.2 (ἔστι τις θεὸς ἡ Ἀδράστεια καὶ τὰ τοιαῦτα ὁρᾷ); Aristid. or. 21.12; Philostr. VA 1.25 p. 16. Das von Sabinos evozierte Gesetz der Notwendigkeit habe es bewirkt, dass der Autor in den Ruin getrieben wurde. Das unsichtbare Stehen hinter dem ‚Täter‘ betont ihre stete Präsenz. Zur Operation mit der τύχη eines Gegners als Argumentationsfigur bei den attischen Rednern: Vielberg (1991) 55-57. 97 Zu μεταβολή in diesem Sinne vgl. Aristot. poet. 1452a22-24 (Ἔστι δὲ περιπέτεια μὲν ἡ εἰς τὸ ἐναντίον τῶν πραττομένων μεταβολὴ […] κατὰ τὸ εἰκὸς ἢ ἀναγκαῖον): In der Tragödie ist μεταβολή der Wandel vom Glück ins Unglück (z. B. Eur. Tro. 615) oder viceversa (z. B. Eur. IT 722). 98 Ein apotropäisches Ritual der Selbsterniedrigung, mit dem man Adrasteia hätte versöhnen können. Vgl. Diogen. 4.82b CPG; Theophr. char. 16.15 (der „Abergläubische“: μαινόμενον δὲ ἰδὼν ἢ ἐπίληπτον φρίξας εἰς κόλπον πτύσαι: Macleod (1974) 76 vermutet für Luc. Apol. Abhängigkeit von Theophrast). Es diente auch gegen Verhexung: Theokr. id. 6.39 (ὡς μὴ βασκανθῶ δέ, τρὶς εἰς ἐμὸν ἔπτυσα κόλπον), 20.11; Men. Sam. 503; Plin. Mai. nat. 28.36 (veniam quoque a deis spei alicuius audacioris petimus in sinum spuendo); Petron. Sat. 74.13 (inflat se tamquam rana, et in sinum suum non spuit); Juv. 7.112 (conspuiturque sinus); Luc. Nav. 15; Lib. ep. 804.2; Straton in AG 12.229 (Schönheit von Nemesis beneidet) mit Rakoczy (1996) 151: „Hier wird […] eine neidische Gottheit, die Nemesis, durch Ausspucken […] abgewehrt. Unterläßt man das […], geht das Beneidete, hier also die körperliche Schönheit, zugrunde.“ Allg. s. Bartsch (2006) 138ff. 92 99 Zu ηὔθυνεν […] ἡμαρτημένοις vgl. Aischin. Tim. 1 (ἐν εὐθύναις), zu τοῖς καθ' ὥραν ἡμαρτημένοις ebd. 39, 185. Erscheinen Timarchos ʼ Taten aufgrund seiner Unerfahrenheit verzeihlich, ist Aischines ʼ Lächerlichkeit, der im Greisenalter als ἐρώμενος auftritt, umso deutlicher. Vgl. die Lüsternheits-Vorwürfe, die in Lukians Texten v. a. gegen Schein-Philosophen und -Sophisten geäußert werden, z. B. Pseudol. 3 (τὰ ὑπὸ σοῦ τολμώμενα καὶ ἃ γέρων ἄνθρωπος ἐς ἑαυτὸν παρανομεῖς). 100 Das Wort φαρμακοπώλης erscheint v. a. in der Komödie, vgl. Aristoph. Nub. 766; Theopomp. fr. 2.2 PCG. Luc. Ind. 29 wird der Büchernarr mit einem unwissenden Arzt verglichen, der mangelnde Expertise mit der Vorführung teurer Geräte wettzumachen versuche. Vgl. das Auftreten betrügerischer Quacksalber Alex. 60, Peregr. 44-45, Trag. 271-307 (sie sind selbst von Fußgicht befallen) mit Rolleston (1915). Die Worte der Schein- Philosophen ähneln Herm. 62 einem φάρμακον ὀλέθριον. Allein Diogenes erscheint Vit.Auct. 8 als glaubwürdiger ἰατρὸς τῶν παθῶν, als ‚Seelenarzt‘ tritt Nigr. 35 auch Nigrinos auf. In ca. 30 Witzen der „Philogelos“- Sammlung treten Ärzte auf: Vgl. den Index bei Baldwin (1983) s. v. “Doctors”; ferner Stark (2004) 148-151. Der Heilspezialist war eine übliche Erscheinung in der Antike, der im Wettbewerb etwa mit Chirurgen und medizinischen Propheten stand. Lange vor der Existenz von Apotheken wurden Heilmittel von fahrenden Ärzten an Straßenecken oder in Theatern verkauft, die neben Salben und Säften auch Kuriositäten feilboten: Vgl. Aristot. HA 594a24-25 (Schlangen). Ihm oblag die Zubereitung von Medikamenten; er verkaufte Kräuter wie pharmazeutische Endprodukte. Vgl. Nutton (1995). Wie der φαρμακοπώλης schrieb der ‚Autor‘ von Merc.Cond. den Text als ‚Heilmittel‘ für jene, die den Hauslehrerberuf anstreben. Dagegen kritisiert Sabinos, der Apol. 2 selbst metaphorisch als Chirurg erscheint, dass dem ‚Angeklagten‘ seine Lehre selbst nichts nütze. 101 Textkritisches: Macleod bietet hier wie vor ihm Jacobitz, Bekker und Dindorf ταῦτα μὲν καὶ τὰ τοιαῦτα πολλὰ ἕτερα. Laut Radt (2011) 86 handelt es sich bei dem von Γ gebotenen Artikel τὰ an dieser Stelle jedoch um eine „evidente Interpolation, hervorgerufen durch den Anklang an die Standardwendung ταῦτα (τε) καὶ τὰ τοιαῦτα.“ Siehe nächste Anmerkung. 102 Zur Abbruchformel vgl. Aristot. an. 409b12-13 (ταῦτά τε συμβαίνει καὶ πολλὰ ἕτερα τοιαῦτα); (Ps.-? )Pl. ep. 7 328b1-2 (ταῦτά τε καὶ τοιαῦτα ἕτερα πάμπολλα); Luc. Nigr. 35 (Ταῦτά τε καὶ πολλὰ ἕτερα τοιαῦτα διελθὼν). Sabinos ʼ Argumente erscheinen topisch, aber auch plausibel. 93 103 Das in Prosa wie Dichtung der Klassik belegte Adjektiv ἀμφιλαφής, ές bedeutet wörtlich „weit ausgreifend, blatt- oder laubreich“ (von Bäumen, Hainen, Gegenden), vgl. Hdt. 4.172.1; Pl. Phaidr. 230b3; entsprechend Poll. 1.236, 239, 299; 5.66. Zur allgemeineren Bedeutung „umfangreich, weitreichend, zahlreich“ vgl. Pind. O. 9.82 (ἀμφιλαφὴς δύναμις); Aischyl. Ag. 1014-1015; Hdt. 3.114. Ein schol. ad Luc. Apol. erklärt: ἀντὶ τοῦ ἀφθόνῳ, πολλαχῶς κεχορηγημένῃ (χορηγεῖν meint passivisch „gut ausgestattet, gerüstet“). Vgl. ähnlich Luc. Rh.Pr. 22 (ἀμφιλαφεῖς δὲ αἱ ἀφορμαὶ, mit Übersetzung bei Zweimüller (2008) 398: „reichlich Gelegenheit zur Kritik“). 104 ὑπόθεσις bezeichnet das Thema einer Rede und den argumentativen Faden, allg. „Rechtsstreit, Prozess“, oft im Bereich der Deklamation: Vgl. Xen. mem. 4.6.13; Aristot. rhet. 1404b15; Quint. inst. 3.5.5-18. Vergleichbar mit dem vorliegenden Passus sind die Äußerungen Isokr. or. 7.63 (ἔξω τῆς ὑποθέσεως λέγειν); Aischin. or. 3.76 (ἵνα δ' ἐπὶ τῆς ὑποθέσεως μείνω). Lukian verwendet ὑπόθεσις auch zur Bezeichnung des Themas bzw. Inhalts eines Textes, etwa VH 1.2 und 3, Pseudol. 1 bzw. einer Rede wie Cal. 6 (ὑπόθεσις τοῦ λόγου). Vgl. Rh.Pr. 18 (ὑποθέσεις καὶ ἀφορμὰς τῶν λόγων). 105 ἀφορμή bezeichnet im gerichtlichen Kontext den „Prozessfall“, v. a. Umstände und Vorkommnisse, die Anklage oder Verteidigung als Gründe für die Argumentation verwenden können: Vgl. Lausberg ( 3 1990) 63; LSJ s. v. ἀφορμή II.5. Instruktiv für den vorliegenden Passus ist Zweimüller (2008) 346-348. Hier kommt jedoch auch die Bedeutung „Ausrede, fadenscheiniger Grund“ ins Spiel, wie Merc.Cond. 5 verwendet: Vgl. Cal. 14 (τῆς διαβολῆς τὰς ἀφορμάς), ITr. 30 (μὴ παράσχῃς τῷ συκοφάντῃ τούτῳ ἀφορμὰς διαβάλλειν καὶ χλευάζειν τὰ σὰ). 106 Textkritisches: Liegt der hölzern klingenden Syntax ein Abschreibfehler zu Grunde und könnte es ursprünglich nicht eleganter ἐγὼ δὲ ἤδη σκοπῶ πρὸς ἥντινα τράπωμαι ἀπολογίαν gelautet haben? Zur Wendung vgl. Diod. Bibl. 20.21.2 (ὁ δὲ τὸ μὲν πρῶτον πρὸς τὴν ἀπολογίαν ἐτρέπετο). Zum Inhalt: Die ἀπολογίαι werden Apol. 8-10 per praeteritio vorgestellt, §11 jedoch verworfen. 107 Drei Partizipien erläutern die Strategie: 1) ἐθελοκακήσαντα: ἐθελοκακεῖν heißt „vorsätzlich schlecht sein, feige sein“, in politisch-militärischen Kontexten „böswillige Sabotage“, vgl. Hdt. 1.127.3, 5.78, 9.67; Polyb. 4.38.6, 5.2.8, 5.4.11. Ein militärisches Bild verbirgt sich auch hinter 2) τὰ νῶτα ἐπιστρέψαντα, Hdt. 7.211.3 (ἐντρέψειαν τὰ νῶτα, ἁλέες φεύγεσκον) i. S. v. „den Rücken zuwenden, fliehen“; 3) ἀδικεῖν οὐκ ἀρνούμενον: Die doppelte Verneinung deutet auf das Schuldbekenntnis des Angeklagten. Zur Formulierung vgl. Aischin. Tim. 136. 94 Im Rahmen des genus iudiciale (Gerichtsrede) ist statt eines Rekurses auf den status coniecturalis (Quint. inst. 3.6.5 an fecerit), wodurch die Tat an sich in Frage gestellt wird, eine Argumentation gemäß dem status qualitatis (Quint. inst. 3.11.11 an iure fecerit; vgl. Hermog. stat. 2.11, 5.38-7.51) erwartbar, d. h. dem Rechtfertigungsstatus, wobei die Tat eingeräumt wird, jedoch genauere Umstände, die der Entlastung dienen, untersucht werden (s. u. remotio, concessio, comparatio). Der fiktive Gerichtsprozess folgt laut Bompaire (1958) 246 mit Anm. 5 innerhalb des status qualitatis (ποιότης) der pars iuridicialis (Cic. inv. 1.11.14; Quint. inst. 3.6.33, 3.6.47, vgl. στάσις δικαιολογική bei Hermog. stat. 2.12 Ἂν μέντοι πεπραγμένον ᾖ περὶ οὗ ἡ κρίσις ἤδη, κοινὸν μὲν ὄνομα τούτῳ δικαιολογία): Darin geht es um facta, die nach bestimmten Normen beurteilt werden; dagegen bezöge sich die pars negotialis auf die Zukunft: Vgl. Cic. inv. 1.11.14; Hermog. stat. 2.12 ζήτησις πραγματική mit Lausberg ( 3 1990) 96f. §§171-173. 108 Die 8.6-16 mittels praeteritio präsentierte Verteidigungsstrategie wird durch die Attribuierung κοινὴν ἐκείνην abgewertet. Vgl. Symp. 12 (Rekurs auf einen angeblich abgegriffenen Homervers: ἐκεῖνο τὸ κοινὸν). Luc. Apol. 9.1-2 wird sie οὐ πάνυ ἀξιόπιστον genannt. Vgl. Obermeier (1999) 42: “Lucian’s list of potential motives and apologies is an invaluable document for the apology tradition because each of the outlined scenarios has been evoked by at least one author in the tradition.” S. u. 109 Zur metaphorischen Verwendung von καταφεύγειν i. S. d. Rekurses auf ein bestimmtes Argument oder einen Trick (ἐκείνην verweist auf die Verteidigung 8.6-16) vgl. Pl. Phaid. 99e5 (εἰς τοὺς λόγους καταφυγόντα), Crat. 425d5-7 (ὥσπερ οἱ τραγῳδοποιοὶ ἐπειδάν τι ἀπορῶσιν ἐπὶ τὰς μηχανὰς καταφεύγουσι θεοὺς αἴροντες); Aristot. NE 1105b13 (ἐπὶ δὲ τὸν λόγον), 1132a20 (ἐπὶ τὸν δικαστὴν). Zum Rekurs auf göttliche Mächte vgl. Pl. Phaidr. 244e1 (καταφυγοῦσα πρὸς θεῶν εὐχάς). 110 Vgl. zur Syntax Aischyl. Ag. 1035 (σύ, Κασσάνδραν λέγω); Soph. Trach. 9 (ποταμός, Ἀχελῷον λέγω); Luc. Demon. 54 (Ῥουφῖνον τὸν Κύπριον - λέγω δὴ τὸν χωλὸν); allg. LSJ s. v. λέγω B.III.9. 111 Die explizite Erwähnung der συγγνώμη enttarnt die gleichnamige Verteidigungsstrategie (lat. concessio), die Teil des status qualitatis ist: Die Tat wird als Unrecht eingestanden, doch werden andere Entschuldigungsgründe (‚unwiderstehliche Bedingungen‘) vorgegeben, die den Angeklagten seiner Verantwortung entheben (vgl. Hermog. stat. 2.13 εἰς οὐ δυνάμενον ὑπεύθυνον γενέσθαι, ἀνεύθυνον δὲ πάντῃ, καὶ πεποίηκε <συγγνώμην.>); so kann der Angeklagte die Verzeihung der Kläger einfordern: Vgl. Cic. inv. 1.11.15 (concessio est, cum reus non id, quod factum est, defendit, sed ut 95 ignoscatur, postulat). Luc. DMort. 24 beschreibt einen solchen Fall: Ein Räuber wird vom Unterweltsrichter Minos begnadigt, da der Angeklagte sich darauf beruft, die Menschen führten nur das vom Schicksal Auferlegte aus und könnten sich diesem Zwang niemals entziehen. Er wird freigesprochen unter der Auflage, die anderen Toten nicht solcherlei Argumentation zu lehren. Vgl. auch DMort. 27.2 (Allmacht des Eros und der Moira) und allg. Größlein (1998) 84 mit Anm. 358. 112 Der Rekurs auf höhere Mächte ist Teil der Entlastungsstrategie der concessio und ein rhetorischer Topos, vgl. Gorg. enc. Hel. 6, wo Helena von ihrer Schuld des Ehebruchs mit Paris entlastet werden soll, da sie, ein machtloser Mensch, der höheren Gewalt des Schicksals oder den betörenden Worten des jungen Troianers unterlegen sei (πέφυκε γὰρ οὐ τὸ κρεῖσσον ὑπὸ τοῦ ἥσσονος κωλύεσθαι, ἀλλὰ τὸ ἧσσον ὑπὸ τοῦ κρείσσονος ἄρχεσθαι καὶ ἄγεσθαι, καὶ τὸ μὲν κρεῖσσον ἡγεῖσθαι, τὸ δὲ ἧσσον ἕπεσθαι. θεὸς δ' ἀνθρώπου κρεῖσσον καὶ βίαι καὶ σοφίαι καὶ τοῖς ἄλλοις). Laut Apol. 8.6-7 wird der Mensch von den Schicksalsmächten willenlos umhergetrieben (vgl. ἀγόμεθα οὐχ ἑκόντες). Zweck der concessio ist die vollständige Schuldentlastung des Angeklagten, der Mensch erscheint in dieser Konstruktion als ohnmächtiges Wesen. Fragen zur Determiniertheit der menschlichen Existenz haben ihren Platz v. a. in der stoischen Philosophie, vgl. SVF Index (vol. 4) s. v. Heimarméne, Synheimarménon. Besonders Tyche entspricht einer Ursache, die für den Menschen nicht nachvollziehbar ist (SVF II 966). Entsprechend der stoischen Annahme eines Fatalismus durch den göttlichen λόγος ist alles Geschehen Teil einer infiniten Kausalkette (SVF II 912ff.). Zur philosophischen Begründung des allmächtigen Waltens durch Heimarmene/ Tyche vgl. Alex. Aphr. fat. 186 (ὅτι ἡμεῖς μὲν οὐδενὸς κύριοι, ἑπόμεθα δὲ τοῖς περιεστῶσιν ἀεί, τούτοις ἐνδιδόντες τε καὶ συγκατατιθέμενοι); ferner angedeutet Luc. Nigr. 26 (ὅτι τούτων μὲν φύσει οὐδενός ἐσμεν κύριοι). Zur Frage nach der Existenz einer allmächtigen πρόνοια vgl. Luc. IConf. mit Größlein (1998) 24f. Anm. 116-119. 113 Die Berufung auf den Verteidiger Homer stützt die Fiktion eines Gerichtsprozesses: Wie der Ankläger Sabinos keine „neuartige Anklage“ führen muss, da sich ja berühmte Zitate gegen den Gegner verwenden lassen (vgl. Apol. 3, 5), so argumentiert auch der Angeklagte mit dem autorisierenden Zeugnis des archetypischen Dichters (vgl. Apol. 10 auch den Verweis auf Eur. Med.). Vgl. Camerotto (1998) 28: „Nell’Apologia Luciano accusa e difende se stesso, citando versi che si adattano perfettamente al contesto, mentre gli autori degli stessi versi vengono presentati in una nuova funzione - esplicitamente definita - di accusatori o di difensori.“ 96 114 Beim ersten zitierten Hexameter (vgl. ἔπη) handelt es sich um Il. 6.488. Vgl. die Diskussion bei Graziosi/ Haubold (2010) 221. Hektor versucht vor seinem Duell mit Achilles, Andromache zu trösten (6.369-502). Er richtet mit Verweis auf den Trosttopos der conditio humana die letzten Worte an sie (6.486-493), ehe er seine Rüstung anlegt (6.494-495) und sie sich weinend ins Haus entfernt (6.495ff.). Vgl. 6.486-489 (δαιμονίη, μή μοί τι λίην ἀκαχίζεο θυμῶι. | οὐ γάρ τίς μ' ὑπὲρ αἶσαν ἀνὴρ Ἄϊδι προϊάψει· | μοῖραν δ' οὔ τινά φημι πεφυγμένον ἔμμεναι ἀνδρῶν, | οὐ κακὸν, οὐδὲ μὲν ἐσθλόν, ἐπὴν τὰ πρῶτα γένηται). Das Schicksal (μοῖρα) ist eine mächtige Gottheit, welche die menschlichen Geschicke leitet, vgl. Il. 24.49; Hes. theog. 904-906; ferner Ps.-Luc. Philopatr. 14. Textkritisches: Bouquiaux-Simon (1968) 187f. bietet eine luzide Diskussion der überlieferten Lesarten dieses Verses im Lukiantext. Vgl. bereits Mras (1911) 193. 227. 115 Der zweite Vers ist Hom. Il. 20.128, aus der Theomachie: Hera stachelt Poseidon und Athene dazu an, Achilles gegen den heranstürmenden Troianer Aineas beizustehen. Zumindest nun solle man ihn unterstützen, damit er sich als Liebling der Götter wisse. Künftig müsse er den vorherbestimmten Tod erleiden. Vgl. 20.127-128 (ὕστερον αὖτε τὰ πείσεται, ἅσσά οἱ Αἶσα | γιγνομένωι ἐπένησε λίνωι, ὅτε μιν τέκε μήτηρ). Dies deutet auf die Vorstellung, die Schicksalsgöttinnen bemäßen den Lebensfaden des Menschen bei dessen Geburt. Vgl. Il. 23.78-79 (ἀλλ' ἐμὲ μὲν κήρ | ἀμφέχανε στυγερή, ἥ περ λάχε γιγνόμενόν περ), 24.209-210 (Hekabe zu Priamos über den toten Hektor: τῶι δ' ὥς ποθι Μοῖρα κραταιή | γεινομένωι ἐπένησε λίνωι, ὅτε μιν τέκον αὐτή), Od. 7.196-198 (Alkinoos sagt Odysseus sicheres Geleit nach Ithaka zu, wo ihm die „Spinnerinnen“ dereinst sein Ende zugemessen hätten: ἔνθα δ' ἔπειτα | πείσεται, ἅσσα οἱ αἶσα κατὰ Κλῶθές τε βαρεῖαι | γεινομένῳ νήσαντο λίνῳ, ὅτε μιν τέκε μήτηρ). Allg. Dietrich (1965) 289- 294. Vgl. Luc. IConf. 1 (die göttliche Prädestination, von Zeus persönlich verteidigt, wird vom frechen Kyniskos in Frage gestellt). In Luc. Apol. spielt der Determinismus jedoch lediglich innerhalb der concessio eine Rolle. Textkritisches: Metri causa ist das Aoristpartizip γεινομένῳ (wörtl. „im Moment seiner Entstehung/ Geburt“) zu bevorzugen (statt γινομένῳ). So teilt der Lukiantext die traditionelle Lesart mit Ps.-Plut. Cons. ad Apol. 32 (118b); Euseb. prep. evang. 4.8.2 und 5; Lib. or. 25.8; schol. ad Theokr. id. 1.137. Zu Lukians Variation des Verses: Bouquiaux-Simon (1968) 209-212. 116 Die Strategie der concessio ist unglaubwürdig. Vgl. Laps. 16 (die concessio und die Frage nach göttlicher Schuld, auf die der Sprecher noch Laps. 97 15 zurückgriff - Ὑγιείας ἢ Ἀσκληπιοῦ αὐτοῦ ἐπιπνοίᾳ τοῦτ' ἐπράχθη - ist verglichen mit nicht göttlich motivierten Rechtfertigungen unplausibel). 117 Der Geldgier-Vorwurf soll ausgeräumt werden (vgl. Merc.Cond. 3 gegen die Hauslehrer). Zum metaphorischen Gebrauch von δελεάζειν vgl. Antiphan. fr. 47.2 PCG; Xen. mem. 2.1.4 (γαστρὶ δελεάζεσθαι); Isokr. or. 8.34; Demosth. or. 18.45; Epik. sent. 16. 118 Die Identität des Genannten wurde kontrovers diskutiert: Man votierte für den Präfekten von Ägypten - Schwartz (1965) 13; dagegen Bowersock (1969) 114 Anm. 6, Hall (1981) 7-9 - oder den Kaiser (§§12-13 wird auf ihn Bezug genommen): Vgl. Swain (1996) 321 Anm. 80 (Commodus). 322 mit Anm. 83; Luc. Alex. 48 (θεὸς Μάρκος erwähnt, d. h. die Divinisierung Marc Aurels ist terminus post quem der Abfassung der Schrift); dagegen schließt Billault (2010) 157 mit Anm. 60 auf Marc Aurel, der auch Ind. 22 (βασιλεὺς […] σοφὸς ἀνὴρ καὶ παιδείαν μάλιστα τιμῶν) gemeint sein könnte, wenn es sich um keinen panegyrischen Gestus handelt. In jedem Fall wird der ‚Mann‘ zum Gegenbild des Merc.Cond. (4, 11) beschriebenen Reichen, die Beziehung zu einem funktionierenden Patronage-Verhältnis stilisiert: Vgl. vander Leest (1985) 81 (“a patron-client relationship was involved”). Dies stellt ein Gegenmodell zu Merc.Cond. dar, da dort das schreckliche Wesen des Patrons enthüllt, hier der Förderer gelobt wird. Vgl. den ‚Laster-Katalog‘ Merc.Cond. 25 (u. a. τῦφος, μαλακία, ἡδυπάθεια, ἀσέλγεια, ὕβρις, ἀπαιδευσία) mit dem ‚Tugendkatalog‘ in Apol. Erneut wird auf eine Rechtfertigungsstrategie des status qualitatis zurückgegriffen: Angedeutet wird eine remotio (gr. μετάστασις, vgl. Lausberg ( 3 1990) 101-103 §§183-185), bei der ein Angeklagter die Tat als Unrecht anerkennt, die Schuld jedoch auf einen anderen Menschen abwälzt, der als (mit)schuldig erscheint: Vgl. Cic. inv. 1.11.15, 2.24.71; Quint. inst. 7.4.14; Hermog. stat. 2.13. Bei einer remotio in personam muss die entsprechende Person „eine moralische Autorität besitzen oder (auch: und) einen unwiderstehlichen physisch-psychischen Zwang ausüben“, so Lausberg ( 3 1990) 102. Dies kann ein Vorgesetzter (oder der Ehepartner) sein, vgl. Quint. inst. 7.4.13 (missum se ab imperatore suo diceret), 3.5.78 (>Hominem occidi iussus ab imperatore<, >Dona templi cogenti tyranno dedi<). Die remotio geht hier nicht über die Andeutung hinaus, dass der Sprecher unter dem Einfluss einer charismatischen Person stehe. Diesem Ziel dient entsprechend die moralische Aufwertung dieser Person. 119 Textkritisches: Mras (1911) 193 vermutet nach δέδοικα μὴ eine Textlücke. Er emfiehlt die Lesart des cod. rec. F μὴ <πρὸς τῇ ἐπιφερομένῃ κατηγορίᾳ κολακείας αἰτίαν> προσλάβω. Dies scheint die von Mras er- 98 kannte lacuna des Archetyps zu schließen. Vgl. μὴ πρὸς τῇ ἐπιφερομένῃ κατηγορίᾳ κολακείας αἰτίαν προσλαβὼν ΓΕ (γ-Klasse) (προσλαβεῖν rec.), μὴ καὶ ταῦτα ἐλέγχωμαι προσλαβών N (β? ). Dass Mras statt προσλαβὼν (wie später Macleod) προσλάβω aus F wählt, trifft m. E. die Sache, da von δέδοικα μὴ die sinngleichen Konjunktive προσλάβω und εὑρίσκωμαι abhängen. Vgl. Mras: „Es ist unglaublich, daß diese so einfache Verbesserung nicht schon längst vorgenommen wurde! “ 120 Zum sprichwörtlichen ‚einen Nagel/ Keil mit einem anderen Nagel/ Keil heraustreiben‘, d. h. einen früheren Fehler durch einen weiteren Fehler vergrößern, vgl. Aristot. pol. 1314a5 (ἥλῳ γὰρ ὁ ἧλος, ὥσπερ ἡ παροιμία), wo von schmeichlerischen Freunden der Tyrannen die Rede ist, die ihnen so nützlich seien, wie ein Keil einen anderen austreibe. In ähnlicher Konstellation handelt es sich Luc. Apol. 9 um das Lob eines Vorgesetzten und die Gefahr, als Schmeichler zu gelten. Poll. 9.120 diskutiert die Herkunft der Wendung ἥλῳ τὸν ἧλον, παττάλῳ τὸν πάτταλον (laut Th. Kock ein Komödien-Trimeter: fr. 494 CAF) und verweist auf ein Kinderspiel: Beim sog. Kyndalismos (κυνδαλισμός) wurden gespitzte Pfähle (gr. κύνδαλοι, vgl. Poll. 10.188, bzw. πάσσαλοι) zur Erde geschleudert, so dass sie stecken blieben. Gleichzeitig sollte damit der Pfahl des Gegners aus der Erde herausgeschlagen werden. Vgl. sprichwörtlich Leutsch/ Schneidewin CPG I p. 253f. ad Diogen. 5.16 CPG, Leutsch CPG II p. 116 ad Greg. Cypr. 3.60 CPG (ἐπὶ τῶν ἰωμένων δι' ἁμαρτημάτων ἁμάρτημα: „über diejenigen, die einen Fehler durch Fehler ausmerzen“); Sud. η 259 (ἀντὶ τοῦ ἁμαρτήματι τὸ ἁμάρτημα σπεύδεις ἐξελάσαι· τὸ δὲ οὐχ οἷόν τε); schol. ad Luc. Laps. 7 (παροιμία ἐπὶ τῶν ἀτόποις τὰ ἄτοπα ἰᾶσθαι κατασπευδόντων), ad Luc. Philops. 9 (παροιμία ἐπὶ τῶν ἀσ ⌈ υμ ⌉ φόροις ἀσύμφορα π ⌈ ι ⌉ στουμένων, ὥσπερ καὶ ἐπὶ τῶν ψευδῶν εἴρηται τὸ ‘ ⌈ λίνον ⌉ λίνῳ συνάπτεις’); vgl. auch Cic. Tusc. 4.75 (novo quidam amore veterem amorem tamquam clavo clavum eiciendum putant). 121 „Gegen Timarchos“ - hier: Tim.; 346/ 345 v. Chr.; vgl. Fisher (2001) - ist eine der drei erhaltenen Reden des attischen Redners Aischines (390/ 389-ca. 314 v. Chr.). Aufgrund von Saumseligkeiten bei den Friedensverhandlungen mit Philipp II. von Makedonien wurde er von Demosthenes ʼ antimakedonisch gesinntem Parteigänger Timarchos des Hochverrats angeklagt (παραπρεσβείας γραφή). Durch seine Rede, formal eine Gegenklage, gelang es Aischines, überzeugend darzustellen, dass der von Demosthenes ausgewählte Kläger Timarchos sein Erbe verschleudert und sich im Piräus prostituiert hatte. Timarchos wurde politisch entmachtet, weshalb Demosthenes den Prozess gegen Aischines 343 v. Chr. selbst führen 99 musste. Hier wird eine Redeübung kontrafaktischen Inhalts imaginiert: Anderson (1976) 64 spricht von einem “adynaton about Aeschines”. Angenommen, Aischines sei dabei ertappt worden, wie er die angeklagten Taten selbst ausführe, v. a. passive Homosexualität - vgl. Lehmann (1822) 706 (muliebria patientem) -, Verschwendung und leichtfertige Amtsführung. Zu den deklamatorischen Übungen der Kaiserzeit vgl. Webb (2006) 34ff., (2009). Ferner LSJ s. v. ὑποτίθημι III.2 “propose to oneself as a subject of discussion or argument”, z. B. Aischin. Tim. 37 (ὥσπερ ὑπεθέμην ἀρχόμενος τοῦ λόγου). Wie Salaithos (s. 4.4-11) wird auch Aischines, in Tim. noch als Sittenrichter inszeniert, selbst des sanktionierten Vergehens schuldig. So erscheint der ‚Autor‘ von Merc.Cond. als alter ego des Aischines. Zum Vergleich des satirischen Protagonisten in Lukians Texten mit gerissenen Rednern vgl. Pisc. 9 (Parrhesiades als Sophist, dessen Angriffe man kaum parieren könne: ῥήτορά […] καὶ δικανικόν […] καὶ πανοῦργον ἐν τοῖς λόγοις). Lukian nimmt auf Aischines auch Somn. 12, Par. 42 und 56 Bezug, v. a. bzgl. Demosthenes ʼ Invektiven, vgl. Baldwin (1973) 65f. mit Anm. 20. Ferner Pseudol. 27 (abschätzige Bezeichnung Ἀτίμαρχος), Ind. 27 (der Büchernarr habe nicht einmal kanonische Reden wie Aischines’ „Timarchos“ gelesen): Die Timarchos-Rede besaß neben Demosthenes ʼ „Kranzrede“ in der Zweiten Sophistik den Status eines rhetorischen Meisterstücks: Vgl. Gell. NA 2.27.1, 13.1.6, 18.3.1 (Aeschines, vel acerrimus prudentissimusque oratorum, qui apud contiones Atheniensium floruerunt, in oratione illa saeva criminosaque et virulenta, qua Timarchum de inpudicitia graviter insigniterque accusavit) mit Holford-Strevens ( 2 2003) 237 mit Anm. 70. Aischines selbst wird von Flavius Philostratos zum Archegeten der Zweiten Sophistik erkoren (VS 507 ὅν φαμεν τῆς δευτέρας σοφιστικῆς ἄρξαι), v. a. wegen der laut Philostrat von ihm entwickelten improvisierten Übungsrede (VS 482). 122 Eine Berufung auf die launenhaften und unberechenbaren Schicksalsgöttinnen soll den Einzelnen der Verantwortung für sein Handeln entheben, da alles nach dieser ‚Logik‘ vorherbestimmt ist. Dies folgt der Argumentation des status qualitatis (gr. ποιότης), bei dem die Qualität der Tat nicht an sich, sondern nur durch Heranziehung entfernterer Tatsachen in ihrer Rechtsqualität verändert werden kann (qualitas assumptiva). Hier greift der Sprecher auf die concessio (Cic. inv. 1.11.15, 2.31.94, gr. συγγνώμη, Hermog. stat. 2.13) zurück, wobei der Übergang zur remotio (gr. μετάστασις), wo Schuld auf andere abgewälzt wird, fließend ist. Hierzu Bompaire (1958) 246f. Vgl. Gorg. enc. Hel. 6 (Τύχης βουλήμασι); Kall. Ait. I fr. 1.21-28 (bei der Verteidigung gegen die böswilligen ‚Telchinen‘ verweist der Dichter auf die Anordnung des Apollon Lykios, der ihm das Verfassen 100 von Kleinpoesie befohlen habe): „Die Ausführung der an sich schlechten Tat durch den Täter guten Willens wird auf den Einfluß unwiderstehlicher Bedingungen zurückgeführt“, so Lausberg ( 3 1990) 103f. Zu solchen Bedingungen zählen in der Rhetorik-Theorie error, casus, necessitas oder oblivio (vgl. Hermog. stat. 6.47-48), wobei die Grenze zwischen quasi-göttlichem Zufall (casus bzw. fortuna: Cic. inv. 2.31.96; Quint. inst. 7.4.15) und Schicksalsmacht (necessitudo: Cic. inv. 2.32.98; Quint. inst. 7.4.13-14) nicht eindeutig ist. Zur meist der Exkulpation dienenden Betrachtung, die Menschen führten lediglich das von Tyche Auferlegte aus: Luc. Merc.Cond. 20, Nec. 16, Nigr. 20, Philops. 29; zu den Moiren DMort. 24.2 (Ναί, τῇ Κλωθοῖ, ἣ ἑκάστῳ ἐπέταξε γεννηθέντι τὰ πρακτέα), 3, ITr. 25 (αἱ Μοῖραι ἑκάστῳ ἐπικλώθουσι), 32, Sat. 11; Heimarmene (ἡ εἱμαρμένη sc. μοῖρα, vgl. LSJ s. v. μείρομαι 1) erwähnt Lukian u. a. IConf. 3, 11, 19, Sat. 36. Zur Verkoppelung von Abstrakta vgl. Deor.Con. 13 (ἀρετὴ καὶ φύσις καὶ εἱμαρμένη καὶ τύχη κτλ.). Übersichten und Literatur bietet Größlein (1998) 23f. Anm. 112-115. 123 Übersetzung von Johann Heinrich Voß. 124 Übersetzung von Wolfgang Schadewaldt. 125 Schmeichelei ist Merc.Cond. mit dem sklavischen und unterwürfigen Wesen der angestellten Hauslehrer verbunden (22, 24, 40, vgl. Apol. 4.12-13 τὴν τοῦ τοιούτου βίου δουλοπρέπειαν, Sabinos spricht 4.16 von ἀγεννὴς λατρεία). Der Sprecher erkennt, dass er durch die Strategie der remotio ‚in die Falle geht‘, da ihm dies als κολακεία ausgelegt werden kann (zur Gefahr, als Schmeichler zu erscheinen, sowie zu erlaubter Schmeichelei vgl. Plut. quom. adul. ab amic. internosc.). Durch die Einkleidung in die Form der praeteritio entkräftet er den Vorwurf jedoch en passant sowie antizipativ. 126 Weder die Option, mittels der concessio auf entlastende Bedingungen zu verweisen (μήτε ταῦτα: Vgl. §8), noch die der remotio, d. h. eine andere Person in die Verantwortung zu nehmen (μήτε ἐκεῖνα: Vgl. §9), hält der Sprecher für günstig. So greift er §10 zur letzten Strategie, die wie die vorigen in einer Art praeteritio präsentiert wird (vgl. 10.2-3 μία μοι ἴσως ἐκείνη ἄγκυρα). Alle §§8-10 vorgetragenen Strategien und Ausreden werden 11.1- 6 als unbrauchbar abgetan. 127 ὑγιής, ές bedeutet als Attribut von Aussagen oder Meinungen „passend, klar, vernünftig, klug“, vgl. Hom. Il. 8.524 (μῦθος δ' ὃς μὲν νῦν ὑγιὴς εἰρημένος ἔστω); Pl. rep. 584e7 (ὑγιεῖς δόξαι), Tht. 194b2 (εἴ τι νῦν ἡμεῖς ὑγιὲς λέγομεν). Auch bei Tragikern und attischen Rednern erscheint es häufig in negativen Wendungen, etwa Eur. Bacch. 262 (οὐχ ὑγιὲς οὐδὲν ἔτι λέγω), Phoen. 201 (μηδὲν ὑγιὲς […] λέγειν), vgl. Cycl. 259; ferner Luc. Philops. 1 (die ‚Lügenfreunde‘: μηδὲν ὑγιὲς λέγοντας). Die ‚gesunde Rede‘ wird 101 v. a. in den Briefen des Neuen Testaments thematisiert, wo gegen ‚Irrlehren‘ und ‚Mythen‘ die ‚wahre Lehre‘ vertreten wird: Vgl. u. a. 1 Tim 1.10, Tit 1.9 mit Ebner et al. (2001) 111 Anm. 2. 128 Der Anker, v. a. „der eine verbleibende Anker“, der nach Verlust der anderen übrigbleibt, ist ein bei antiken Seefahrervölkern übliches Hoffnungssymbol: Vgl. zur Ankermetaphorik Eur. Hel. 277 (ἄγκυρα δ' ἥ μου τὰς τύχας ὤχει μόνη), Hec. 80 (ein Sohn: οἴκων ἄγκυρα), evtl. fr. 774.4 TrGF („Phaëthon“); Pl. leg. 961c4-5 (οἷον ἄγκυραν πάσης τῆς πόλεως); Hebr 6.19 (ἣν (sc. die Hoffnung) ὡς ἄγκυραν ἔχομεν τῆς ψυχῆς); Hld. 4.19.9 (μόνη παραψυχὴ καὶ ὡς εἰπεῖν ἄγκυρα), vgl. 1.9.1, 2.33.3, 7.25.4 (ἐλπίδος ἄγκυρα). Sprichwörtlich Diogen. 5.29 CPG; Hesych. α 578 (μεταφορικῶς αἱ ἀσφάλειαι). Vgl. Sil. 7.23 (ultima fessis ancora). Lukian verwendet das Bild auch Fug. 13 i. S. v. „den letzten sicheren Ausweg einschlagen“ (τὴν ὑστάτην ἄγκυραν […] καθιέναι), ITr. 51: Um die Existenz von Göttern zu erweisen, liefert der Stoiker seinen letzten, entscheidenden Beweis: seinen „Notbzw. Hauptanker“ (ἱερὰ ἄγκυρα), vgl. ein schol. (ἄγκυρά ἐστιν ἐν τῇ νηὶ ἡ μεγίστη, ἣν καλοῦσιν ἱεράν· αὕτη δέ, ὅτε μέγας καταλάβῃ κίνδυνος, τελευταία βάλλεται. εἶπεν οὖν τοῦτο ὡς μέλλων τελευταῖον εἰπεῖν ἐπιχειρημάτων τὸ πάντων μέγιστον). Vgl. Plut. praec. ger. reip. 19 (815d) (ὥσπερ ἄγκυραν ἱερὰν ἀράμενον). Zur Metaphorik des Ankers vgl. van Nes (1963) 110-113, zur Verarbeitung bei Lukian vgl. Rein (1894) 51, Schmidt (1897) 33f., Tomassi (2011) 114. 129 Die Junktur von ἄγκυρα mit dem Adjektiv ἄβροχος (ἀ-privativum + βρέχειν: „befeuchten, bewässern“, vgl. ἡ βροχή: „Regen, Überschwemmung“) ist ungewöhnlich: ἄβροχος findet sich vor der Kaiserzeit außer Aischin. or. 2.21 nur in unprosaischen Texten, z. B. Eur. Hel. 1484; häufiger erscheint es in späteren Prosatexten, z. B. Strab. geogr. 9.4.4; Luc. Hipp. 2. 130 Der Sprecher parodiert unglaubwürdige Ausreden, die Merc.Cond. 5 (πενία) und 6 (γῆρας, νόσος) bereits die Hausphilosophen vorbringen. Zu deren jammervollem und erbärmlichem Auftreten, das der Sprecher hier imitiert (vgl. ὀδύρεσθαι), vgl. Merc.Cond. 1 (ἀποδυρόμενοι ὁπόσα καὶ ὁποῖα ἔπασχον). Auch πάντα ποιεῖν καὶ πάσχειν findet sich Merc.Cond. 1 (ἃ πάσχειν ἢ ποιεῖν ἀνάγκη). Zur topischen Berufung auf unveränderliche Bedingungen des menschlichen Lebens wie Armut, die einen Menschen zwinge, alles zu tun und zu erleiden, vgl. Hor. carm. 3.24.42-43 (magnum pauperies opprobrium iubet | quidvis et facere et pati); Luc. Pseudol. 30. Wie Apol. 8 handelt es sich erneut um eine συγγνώμη/ concessio, da mit dem Verweis auf unwiderstehliche und für den Angeklagten mildernde Umstände die Beurteilung der Tat neue Qualität erhält. Vgl. Bompaire 102 (1958) 247: „la défense de Lucien exploite heureusement la στάσις qui lui fournit plusieurs κεφάλαια, appelés proprement δικαιολογίαι: les uns sont traités par prétérition, comme la συγγνώμη (§ 8-10 et 15) ou rejet de la faute sur une chose irresponsable, la Tyché, la vieillesse, la nature humaine“. Ferner Lausberg ( 3 1990) 96f. §§171-173 zum status qualitatis. Dass es sich beim Verweis auf πενία um eine solche rhetorische Strategie handelt, wird Merc.Cond. 5 den Hausphilosophen selbst in den Mund gelegt (εἰ λέγοιεν ὡς συγγνώμης ἄξιον ποιοῦσιν τὸ χαλεπώτατον τῶν ἐν τῷ βίῳ, τὴν πενίαν, διαφυγεῖν ζητοῦντες). Hierauf will der Sprecher jedoch verzichten (vgl. Apol. 11.1ff.). In den Scholien wurden die Worte des Sprechers dagegen ernstgenommen: Sie passten zu einem „einfach gestrickten Charakter“ (ἁπλότητος ἤθους im schol. ad loc.), s. Baldwin (1973) 101. 131 Auf die Finalsatz-Konstruktion ὡς (μὴ) + Optativ greift Lukian häufig zurück. Steht der (oblique) Optativ klassisch v. a. nach Nebentempus, verwendet Lukian den Optativ in Finalsätzen nach Vergangenheitstempus (Apol. 3.7-8 ὡς μὴ […] ὑπάγοιεν, Cont. 1 ὡς […] γέλωτα παρέχοιμι) oder Präsens. Zur “syntactical variation” Lukians, der gerne Konjunktivmit Optativformen abwechselt, vgl. Lehmann (1822) 296, Macleod (1977). 132 Die Strategie des ‚Notankers‘ beinhaltet Medeas Berufung in den Zeugenstand: Vgl. LSJ s. v. παρακαλέω II.2 “summon one’s friends to attend one in a trial”; Is. or. 1.7; Lys. or. 14.28; Demosth. or. 34.29; entsprechend παρέρχεσθαι als „vortreten, um zu sprechen“: LSJ s. v. παρέρχομαι VI und Thuk. 5.45.4 (ἐς τὸν δῆμον); Aischin. or. 3.95 (εἰς τὴν ἐκκλησίαν); absolut wie hier Hdt. 8.81 (ταῦτα ἔλεγε παρελθὼν); Thuk. 2.59.3 (παρελθὼν δὲ ἔλεξε τοιάδε). Ob sich hinter τοῦ Εὐριπίδου Μήδεια die Protagonistin oder das Stück verbirgt, bleibt offen: Die Bedeutung oszilliert zwischen dem Werktitel und der Sprecherin der Verse, vgl. Karavas (2005) 160. 133 Die Verse werden verändert präsentiert, d. h. „parodiert“. Der antike Begriff der παρῳδία stimmt mit dem heutigen der ‚Parodie‘ insofern überein, als auch für ihn die Merkmale (a) der intertextuellen Beziehung auf eine Vorlage sowie (b) der komischen Dimension gelten: Vgl. HWRh 6 (2003) Sp. 637 s. v. Parodie (P. Stocker), Householder (1944), DNP 9 (2000) Sp. 435f. s. v. Parodie (R. Glei). Laut Aristot. poet. 1448a12-13 habe der Rhapsode Hegemon von Thasos zuerst von παρῳδία Gebrauch gemacht, als er von der gängigen Vortragsform durch Stilbruch und Banalisierung abwich, vgl. Koller (1956). Eur. IA 1147 heißt das Adjektiv παρῳδός dann unspezifisch „spöttisch“. Lukian verwendet παρῳδεῖν auch Cont. 14 bzgl. Hom. Od. 1.50 (~ 1.198, 12.283), ITr. 14 (Zeus ʼ Homer-Parodie: Ἄπαγε, ἱκανῶς καὶ πρὸς ἡμᾶς πεπαρῴδηταί σοι τὰ πρῶτα), vgl. Coenen (1977) 60. 103 Im vorliegenden Passus ist die humorvolle re-performance im Rahmen der gerichtlichen Verteidigung gemeint (ἐν τῷ τοιούτῳ sowie ὑπὲρ ἐμοῦ deuten auf diesen Kontext), die Variation ist gering: Vgl. ITr. 14 (Umgang mit Demosthenes-Reden: ὀλίγα ἐναλλάττων); Camerotto (1998) 29: „παρῳδήσασαν indica […] proprio l’operazione della metafrasi, cioè la variazione testuale rispetto al modello“. 134 Es handelt sich um zwei Verse aus dem berühmten Monolog im fünften Epeisodion der Euripideischen „Medea“ (V. 1078-1079, insg. 1019- 1080), worin die Heldin beschließt, ihre Kinder zu töten: Vgl. 1076-1080 χωρεῖτε χωρεῖτ'· οὐκέτ' εἰμὶ προσβλέπειν | οἵα τε πρὸς σφᾶς, ἀλλὰ νικῶμαι κακοῖς. | καὶ μανθάνω μὲν οἷα δρᾶν μέλλω κακά, | θυμὸς δὲ κρείσσων τῶν ἐμῶν βουλευμάτων, | ὅσπερ μεγίστων αἴτιος κακῶν βροτοῖς. Die Verse wurden oftmals zitiert oder abgewandelt, vgl. Ov. met. 7.20-21 (video meliora proboque, | deteriora sequor); Plut. de vit. pud. 12 (533d); Clem. Al. strom. 2.15; Synes. regn. 10. Allg. Karavas (2005) 160, ausführlich zur „Medea“-Stelle Richard Porson bei Mayor ( 6 1853) 106. 135 Durch die Änderung von θυμός in πενία wird der Vers dem Kontext von Apol. angepasst, dem Motiv der Armut, die den Angeklagten entlasten soll. Vgl. die mittels Wortvertauschung bewirkte Parodie von Eur. Hipp. 612 (ἡ γλῶσσ' ὀμώμοχ', ἡ δὲ φρὴν ἀνώμοτος) Luc. Vit.Auct. 9-10 (wie schon Aristoph. Ran. 1471), doch angepasst an den Kontext (ein Kyniker kann in der Not jeden Schmerz ertragen): Τὸ Εὐριπίδειον ἐκεῖνο ζηλώσεις μικρὸν ἐναλλάξας. - Τὸ ποῖον; - Ἡ φρήν σοι ἀλγήσει, ἡ δὲ γλῶττα ἔσται ἀνάλγητος. Zur Technik der Wortvertauschung vgl. Quint. inst. 6.3.97; Diog. Laert. 4.52, 63-64. Führt Householder (1944) 6 solche Formen von παρῳδία auf “the wit of cultivated society” zurück, “belonging to polite conversation”, beobachtet Camerotto (1998) 53 in Apol. eine Kritik an in Gerichtsreden üblichen Autoritätsbeweisen, v. a. am übertriebenen Pathos. So wird auch Apol. 10.11-13 (Theognis) und 8.10-14 (Homer) die Instrumentalisierung von Zitaten thematisiert. 136 Nach den Jamben der „Medea“ werden gnomische Verse des Theognis zitiert (V. 175f.), wo der Sprecher Kyrnos erklärt, Selbstmord sei einem Leben in Armut vorzuziehen. Dies illustriert das 10.3-5 vorgestellte Thema ‚Flucht vor der Armut‘ und stellt einen intratextuellen Bezug zu Merc.Cond. 5 her, wo die Hausphilosophen zur Begründung ihres Standpunkts Theognis zitieren, die vermeintlichen Gründe jedoch als falsch enttarnt werden. 137 Theogn. 175f. heißt es: ἣν (sc. τὴν πενίην) δὴ χρὴ φεύγοντα καὶ ἐς μεγακήτεα πόντον | ῥιπτεῖν καὶ πετρέων Κύρνε κατ' ἠλιβάτων. Dies variiert hier 1) einleitendes οὐκ ἀπαξιοῦντος (sc. τοῦ Θεόγνιδος); 2) Einfügung des 104 reflexiven σφᾶς αὐτοὺς (wie Tim. 26); 3) κρημνῶν statt πετρέων: Vgl. Nav. 44, Pisc. 50; 4) syntaktische Umgestaltung zum Konditionalgefüge. 138 Vgl. 3.17-18 (οὐχ ὁρῶ τὴν ἀπολογίαν ἥτις ἂν εὐπρόσωπός σοι γένοιτο). Klar wird nun, dass §§8-10 keine ernste Verteidigung, sondern als praeteritio nur den ‚Vorspann‘ zu §§11-14 darstellt. 139 Camerotto (1998) 53 Anm. 128 deutet die Kombination der Textstellen ironisch: Sabinos soll keine Angst um seinen Freund haben, da dieser die in den Hypotexten zu findenden Handlungsanweisungen - Medeas Entscheidung zum Mord, Theognis ʼ Rat zum Selbstmord -, kaum als autoritativ betrachten bzw. davon Gebrauch machen werde. 140 Das Bild von der Entweihung des göttlichen Ortes (Umnutzung als Ackerfläche) als Ausdruck für Notzeiten wird auf die Sachebene übertragen: Wie in Argos i. d. R. keine Not herrschte, so befinde sich der Sprecher nicht in der Situation, auf eine gut formulierte Rede verzichten zu müssen. 141 τὰ κρησφύγητα (vgl. φεύγειν) heißt „Rückzugs- oder Zufluchtsort, Schlupfwinkel“, vgl. Hdt. 5.124.2; Dion. Hal. ant. Rom. 4.15; Luc. Eun. 10. Ein schol. ad loc. leitet die Wortherkunft u. a. von der Insel Kreta ab, deren Bewohner vor Minos ʼ tyrannischem Regime Unterschlupf in sicheren Höhlen gesucht hätten (οἱ δέ φασι Κρήτης† τοὺς νησιώτας ἅμα Μίνωι τῷ βασιλεῖ θαλασσοκρατοῦντι ἔφυγον εἰς σπήλαιά τινα, ὅθεν ἐκεῖνα ὠνομάσθησαν κρησφύγετα). Vgl. Etym. Magn. 538 Gaisf. 142 Eine Synkrisis grundverschiedener βίοι. Vgl. allg. Focke (1923) 327ff. Der Hauslehrer-βίος ist eine Art von Versklavung an ein moralisch korruptes Individuum, der andere βίος beinhaltet öffentlich wirksames Handeln zum Wohl der Gesellschaft: Vgl. die Kontrastierung von βασιλεύς mit dem abschätzigen τινὸς πλουσίου; gegen δουλεύειν καὶ ἀνέχεσθαι steht πράττειν τι τῶν κοινῶν bzw. πολιτεύεσθαι. Die Verteidigung des Sprechers für seinen βίος (Apol. 11.6-15.12) rekurriert v. a. auf die comparatio criminis (gr. ἀντίστασις) im Rahmen des status qualitatis. Danach ist eine Tat, auch wenn es sich um ein Verbrechen handelt, besser als ein noch schlimmeres Verbrechen bzw. die Unterlassung einer Tat, aus der Gutes resultiert wäre; so soll das Handeln des Beschuldigten entlastet werden. Vgl. Cic. inv. 1.11.15 (conparatio est, cum aliud aliquid factum rectum aut utile contenditur, quod ut fieret, illud, quod arguitur, dicitur esse commissum), 2.24.72; Rhet. Her. 1.14.24, 1.15.25; Hermog. stat. 2.12. Vgl. Lausberg ( 3 1990) 100f. §181f. Luc. Prom. 14 verteidigt sich Prometheus gemäß dieser Strategie: Die ihm zur Last gelegte Erschaffung des Menschen habe den Göttern großen Nutzen gebracht, etwa die Bebauung der Erde und die kultische Verehrung. 105 143 Thema ist eine vita activa in der Öffentlichkeit: Vgl. Herm. 79, 84 die Mahnung an den Philosophie-Schüler, sich für öffentliches Wohl einzusetzen. Schon Isokrates verbindet Bildung mit politischem Engagement: Vgl. or. 4.29-32 (wahre πεπαιδευμένοι treten im Gegensatz zu den nur im Bereich der ἐπιστήμη Kundigen in öffentliche Kommunikation, treffen Entscheidungen, setzen Pläne in die Tat um), Pan. 32, Nik. 6 (λόγος als Fähigkeit, die Gesellschaft in Reden zu beraten). Vgl. hierzu Schiappa (1999) 170 (“philosophy and the ‘study of political discourse’ are treated as equivalent; both are means towards a just character”). Solch öffentliches Auftreten und ‚Indienststellen‘ rednerischer Fähigkeiten entsprach dem Anspruch von Sophisten in Lukians Zeit: Man denke an die Teilnahme berühmter Sophisten an Gesandschaften oder Spielen, an Auftritte in Beratungsreden oder an Schriften über politische Theorien (z. B. Dions sog. ‚Königsreden‘, Plutarchs Praecepta gerendae rei publicae, Ad principem eruditum oder Maxime cum principibus philosopho esse disserendum, Aelius Aristides ʼ or. 26, die sog. ‚Romrede‘): Zum sozialen Kontext vgl. Dillon (2002), Flinterman (2004). Horst (2013) 139-170 untersucht die Beiträge berühmter Sophisten zur politischen Theorie der Herrschaft. 144 Zum vom Kaiser festgesetzten Lohn vgl. Luc. Eun. 3 (Philosophie- Lehrstuhl: Συντέτακται […] ἐκ βασιλέως μισθοφορά τις οὐ φαύλη κατὰ γένη τοῖς φιλοσόφοις). Swain (1996) 321 Anm. 80 denkt beim Fehlen des bestimmten Artikels bei βασιλέως an die traditionelle Bezeichnung des persischen Großkönigs. Doch werden Apol. 12-13 Reflexionen über den Kaiserkult insgesamt angestellt. 145 Vgl. die Zitierformeln τὸ δὴ λεγόμενον (u. a. Iud.Voc. 9), τὸ τοῦ λόγου (Herm. 28), τοῦτο ἐκεῖνο (Pisc. 9), τὸ κοινὸν (u. a. Somn. 3), τὸ τῶν τραγῳδῶν τοῦτο (Herm. 86), τὸ Ὁμηρικὸν ἐκεῖνο (Apol. 14.7b), τὸ τοῦ Ὁμήρου (Nigr. 6). Zu den elliptischen Junkturen des bestimmten Artikels s. LSJ s. v. ὁ, ἡ, τό B.II.2. 146 δὶς διὰ πασῶν (sc. χορδῶν συμφωνία) bezeichnet eine doppelte ‚Oktave‘, wörtl. „zweimal durch alle Saiten“, vom höchsten zum tiefsten Ton, bildlich: großen Unterschied (vgl. 11.16 διαφωνίαν). Gemeint ist die Distanz zwischen einem verdienstvollen Amt beim Kaiser und dem Hauslehrerdienst. Vgl. die Wendung Hist.Cons. 7, Ind. 21, Prom.Es 6 (δὶς διὰ πασῶν εἶναι τὴν ἁρμονίαν, ἀπὸ τοῦ ὀξυτάτου ἐς τὸ βαρύτατον). Als Lehnwort (frz.) meint ‚Diapason‘ die Mensur bei Musikinstrumenten. Zur ‚Oktaven- Metaphorik‘ vgl. Pl. rep. 432a2-3 (δι' ὅλης (sc. λύρας) ἀτεχνῶς τέταται διὰ πασῶν (sc. χορδῶν) παρεχομένη συνᾴδοντας); Machon fr. 2.11 PCG. 106 147 Vgl. zum Kontrast von Blei und höherwertigem Metall Hdt. 3.56.2 (Polykrates täuscht die Spartaner: ἐπιχώριον νόμισμα κόψαντα πολλὸν μολύβδου καταχρυσώσαντα); Cratin. fr. 357 PCG (φαίνεσθαι χρυσῆν κατ' ἀγροὺς δ' αὖθις αὖ μολυβδίνην); Aristoph. Nub. 912-913 mit Starkie (1911/ 1966) 205; fr. adesp. 957 PCG (Φορμίων τρεῖς <ἀργυροῦς> στήσειν ἔφη | τρίποδας, ἔπειτ' ἔθηκεν ἕνα μολύβδινον); App. civ. 1.6.44 (μάζας ἐκ μολύβδου, χρυσῷ καὶ ἀργύρῳ περιβεβλημένας); Luc. Hist.Cons. 34 (ἐκ μολύβδου χρυσὸν ἀποφῆναι ἢ ἄργυρον ἐκ κασσιτέρου), Sat. 20 (‚goldenes Menschengeschlecht‘ unter Kronos kontrastiert mit dem ‚bleiernen‘ heute). 148 Die Gegenüberstellung von Windröschen und Rose findet sich proverbial Diogen. 8.1 CPG für Vergleiche ungleicher Dinge (ἐπὶ τῶν τὰ ἀνόμοια συμβαλλόντων); vgl. Erasmus Ad. 4.1541 (Rosam cum anemone confers: Rosa priscis in precio fuit; anemona papaveris genus, cuius flos specie quidem rosam imitatur, caeterum nulla odoris gratia); Theokr. id. 5.92-93 (ἀλλ' οὐ συμβλήτ' ἐστὶ […] ἀνεμώνα | πρὸς ῥόδα); Luc. Lex. 23 (abwertend ἀνεμῶναι τῶν λόγων) mit Schmidt (1897) 121 („windiger Redeprunk“). Die Etymologie im schol. ad ἀνημώνη (τὸ ἄνθος διὰ τὸ τὸ φύλλον εὐδιάσειστον εἶναι παντὶ ἀνέμῳ) ähnelt sinngemäß Plin. Mai. nat. 21.165 (flos numquam se aperit nisi vento spirante, unde et nomen accepere). 149 Beim Vergleich von Mensch und Affe (wie bei Metallen und Blumen bildet äußerliche Ähnlichkeit bzw. Nachahmung die Vergleichs-Grundlage) bietet die Reihenfolge der comparata ein humorvolles aprosdoketon: Folgte zuvor auf das Minderwertige das Höherwertige, ist die Reihenfolge vertauscht, so dass man daran zweifeln könnte, ob Mensch oder Affe höherwertig eingestuft werden. 150 Mit beiden βίοι ist μισθός verbunden: Die spezifische Differenz zwischen beiden Anstellungen ist das jeweilige πρᾶγμα. Dies ist hier i. S. v. Pl. Apol. 20c4-5 etc. zu verstehen (Ἀλλ', ὦ Σώκρατες, τὸ σὸν τί ἐστι πρᾶγμα;), wo es Sokrates ʼ besondere Lebensweise bezeichnet. Auch hier ist die mit einem entsprechenden βίος verbundene Tätigkeit gemeint: Vgl. Luc. Apol. 12.3-4 (τὸ ἡμέτερον πρᾶγμα). 151 Parodiert wird Eur. Med. 1079 (θυμὸς δὲ κρείσσων τῶν ἐμῶν βουλευμάτων). Die Forschung führt seit langem eine Kontroverse über die Passage, v. a. ob βουλεύματα eher Medeas „Racheplänen“ oder den „vernünftigen Überlegungen“ entspricht. Der antiken, v. a. stoischen Philosophie galt Medea als Figur, die sich blind von ihren Emotionen leiten ließ, weswegen man θυμός und βουλεύματα i. S. v. Affekt und Vernunft deutete, vgl. Gill (1983), (1996) 216-239, Dillon (1997). Keinen Widerspruch von Vernunft und Leidenschaft sieht Diller (1966/ 1971). Plausibler ist die Ver- 107 mischung von männlich-heroischem Ehrgefühl der Protagonistin mit manipulativem Kalkül: Vgl. Mastronarde (2002) 345. 152 Übersetzung von Dietrich Ebener. Wörtlich: „Doch Armut hat die Macht über Entscheidungen.“ 153 Textkritisches: Die Hss. bieten Wunderliches: σκυλλαραβίην EHN (vgl. das schol. ad loc.: Σκύλλαν Ἀραβίην: ἴσως τόπος οὕτω καλούμενος), σκυλλαραβίαν V, σκύλλαν λαβείην Φ oder κοίλην ἀραβίαν MF, was frühere Editoren als κοίλην Ἀραβίαν übernahmen. Da Arabien weit weg von Argos liegt, vermutete man, dass das Besäen einer entfernten, unfruchtbaren Gegend eine schweißtreibende Arbeit meine (so Erasmus ʼ Deutung in Adagium 3.1053 s. v. Cavam Arabiam serere: pro ‘frustra sudare ʼ aut ‘in re perdifficili nec admodum frugifera operam sumere ʼ ). Als Parallele sah man Hom. Od. 4.1 κοίλην Λακεδαίμονα. Doch Arabien ist nicht bergig wie Sparta. Schließlich konjizierte Johann Georg Graevius Κυλλάραβιν: Vgl. Schmid (1777) 95f., Lehmann (1822) 709, Mras (1911) 194. Zum Inhalt: Zum Kyllarabis-Gymnasion in der Nähe der Stadt Argos vgl. Hesych. κ 4509 s. v. κυλλάραβις. Vgl. literarische Erwähnungen Liv. 34.26 (circa Cylarabim - gymnasium id est minus trecentos passus ab urbe); Plut. Cleom. 38.2 (Kleomenes III. von Sparta habe verhindert, dass bei einem Angriff auf Argos das γυμνάσιον […] Κυλλαράβιον angezündet wurde), ferner 47.2 (κατὰ τὴν Κυλλάραβιν […] τὸ γυμνάσιον), Pyrrh. 32.5. Laut Paus. 2.22.9 (im Rahmen der Argolis-Periegese) war es nach seinem Gründer (? ) Kylarabos benannt, der im Inneren begraben sei. In der Forschung wurde versucht, die Lukianische Wendung auf eine historische Episode zurückzuführen. So vermutete der Philologe Jacques Nicolas Belin de Ballu (1753-1815) als Ursprung der Phrase eine Belagerung von Argos durch Sparta, wobei die Argiver aufgrund der entstandenen Hungersnöte sogar das Gymnasion besät hätten; übertragen meine die Phrase bei Lukian eine Not-Situation: Vgl. Belin de Ballu (1788) 199 Anm. 3 („Ceci fait allusion à un trait historique. [...] De-là est venue cette façon de parler proverbiale, dont le sens est très-clair“), kritisch Lehmann (1822) 710. Da im Bezirk des Gymnasions Götter verehrt wurden (bei Pausanias: Athene- Heiligtum; vgl. Plut. Cleom. 47.2 Kleomenes ʼ Scheu vor der Zerstörung des Gymnasions), scheint es plausibler, die Umnutzung des Bezirks, z. B. als Ackerfläche, als Verstoß gegen die Gesetze des geweihten Orts zu werten. Somit wäre der abwehrende Wunsch, das Gymnasion möge niemals ‚verunreinigt‘ werden, besser zu verstehen. 154 ἐκεῖ μὲν (vgl. 11.15, 11.18 οἱ δὲ) deutet auf die Qualen der Hauslehrerexistenz: Vgl. δουλεία σαφὴς mit Merc.Cond. 8 (οἱ μὲν πόνοι σαφεῖς), ferner 108 23-26 (bzgl. seiner Situation stehe der Hauslehrer noch hinter den Sklaven). Während ἀργυρώνητος den „mit (Silber-)Geld gekauften Sklaven“ bezeichnet (Hdt. 4.72.1 θεράποντες; Eur. Alk. 676; Isokr. or. 14.18), meint das attische Nomen οἴκοτριψ einen „im Haus geborenen und aufgezogenen Sklaven“ (Aristoph. Thesm. 426; Demosth. or. 13.24). Dies waren die gewöhnlichen Wege, Sklavenstatus zu erreichen. 155 ἔθνος entspricht lat. provincia („Provinz“), d. h. der römischen Perspektive auf außeritalisches Territorium, das i. d. R. durch Eroberung dem Machtgebiet hinzugefügt und in die Reichsverwaltung integriert wurde. Vgl. Dion or. 43.11; App. civ. 2.13; allg. Mason (1974) 40 s. v. ἔθνος 1. 156 Der Sprecher rekurriert auf die ἀντίστασις/ comparatio, die darin besteht, „daß das durch die Tat geschehene Unrecht mit dem durch dieselbe Tat […] im Sinne des Allgemeinwohls […] verursachten Nutzen verglichen wird, wobei der Nutzen als bedeutender […] hingestellt wird“, so Lausberg ( 3 1990) 101, insg. 100f. §181f. Vgl. Quint. inst. 7.4.9 (factum […] defenditur […] ex aliqua ulilitate aut rei publicae aut hominum multorum aut etiam ipsius adversarii nonnunquam et nostra, si modo id erit, quod facere nostra causa fas sit); Hermog. stat. 6. „Auch die Unterlassung der Tat wäre also ein Übel, da das allgemeine Wohl dann Schaden erlitten hätte. So läuft die comparatio auf die Auswahl zwischen zwei Übeln hinaus, von denen das geringere die Tat darstellt, da sie die utilitas für sich hat“: Lausberg ( 3 1990) 101 §182, vgl. Quint. inst. 7.4.12 (in comparatione malorum boni locum obtinet levius); Nep. Milt. 8.4 (haec respiciens maluit illum innocium plecti quam se diutius esse in timore); Joh 11.50 (expedit vobis ut unus moriatur homo pro populo, et non tota gens pereat). Dem utile entspricht Luc. Apol. der Verweis auf wichtige exekutiv-administrative Ämter; τὰ κοινά kann hierbei Entsprechung von lat. res publica sein, vgl. Mason (1974) 61 s. v. κοινός 1-2. Die Perspektive weitet sich auf die Verwaltung von Städten und Provinzen, die Partizip-Häufung ἔχοντες, παρέχοντες (sowie 11.21-25 ἐπιτροπεύοντες, ἁρμόττοντες, ἐγχειριζόμενοι) unterstreicht die Verantwortung der für das Gemeinwohl Handelnden. Die Wendung διὰ χειρὸς ἔχειν - Cass. Dio 71.12.3 (τὸν τὰς ἐπιστολὰς διὰ χειρὸς ἔχοντα), 78.22.2 - entspricht lat. ab (epistulis) esse: Vgl. Mason (1974) 99 s. v. χείρ 3. 157 Der Sprecher profiliert sich aus seiner elitären Position und entsprechenden Patronage-Verhältnissen heraus gegenüber Rivalen, wobei der gesellschaftliche Status ostentativ hervorgekehrt wird. Vgl. ähnlich Gal. Praen. Kühn vol. 14 604-605 = CMG V 8.1 p. 72/ 74 (Rivalen werden attackiert, der eigene Karriereweg bis zum Kaiserhaus wird unterstrichen) sowie Kühn 648-665 = CMG p. 116-134; vgl. Jones (1986) 83 mit Anm. 21-22. 109 158 Die folgenden griechischen Begriffe erscheinen mittels kulturhistorischer Komparationstechnik kommensurabel mit römischen Herrschafts- Konzepten: προστασία entspricht lateinischen termini wie patronatus (Plut. Rom. 13.4 ἀπὸ τῆς πατρωνείας· οὕτω γὰρ ἐκάλουν τὴν προστασίαν καὶ καλοῦσιν ἄχρι νῦν), praefectura (Cass. Dio 79.4.1, 80.1.1), praesidatus provinciae bzw. principatus; vgl. Mason (1974) 81 s. v. προστασία. Vgl. gr. προστάτης mit lat. patronus Plut. Rom. 13.4 (πάτρωνας ὀνομάζων (sc. ὁ Ῥωμύλος), ὅπερ ἐστὶ προστάτας, ἐκείνους δὲ κλίεντας, ὅπερ ἐστὶ πελάτας). 159 Textkritisches: Fritzsche (1862) 207 erwägt statt τοσαῦτα oder dem in den codd. erscheinenden τοιαῦτα einfaches τά - vgl. Nesselrath (1984) 591. Obwohl der Vorschlag interessant erscheint (es ergäbe sich bei οἱ τὰ […] οἱ τὰς [...] οἱ τὰς eine dreigliedrige Struktur), ist eine Umänderung von τοσαῦτα zu τὰ als plausiblere Überlieferung nicht einfach postulierbar. 160 In der Kaiserzeit meint ἐπιτροπεύειν die Tätigkeit des procurator, des obersten Finanzverwalters einer Provinz, vgl. IG 14.911; Plut. tranqu. an. 10 (470f) (vgl. OLD s. v. procurator II.B). Vgl. ferner LSJ s. v. ἐπίτροπος I.2. 161 ἁρμόττειν ist verbum agendi von ἁρμοστής: Die eigtl. spartanische Bezeichnung für den Befehlshaber entspricht in der Kaiserzeit neben lat. triumvir (App. civ. 4.7) auch - wie wohl hier in Apol. - praefectus (Tox. 32). 162 φάλαγξ kann für lat. legio verwendet werden, vgl. Herodian. 7.8.11. 163 Der militärische Begriff στρατόπεδον meint wie Polyb. 1.16.2 (τὰ πάντα τέτταρα στρατόπεδα Ῥωμαϊκὰ) die römische Heereslegion (lat. legio). Er bildet gegenüber dem semantisch ähnlichen φάλαγξ eine Steigerung in der Größenordnung: Vgl. Mason (1974) 87 s. v. στρατόπεδον 1 (legio). 164 ἐγχειρίζειν entspricht in der Verwaltungssprache lat. praeficere/ praefectus: Mason (1974) 40 s. v. ἐγχειρίζω Nr. 5. Zur passivischen Wendung ἐγχειρίζεσθαί τι vgl. Luc. Eun. 8 (προστασίαν ἐγχειρισθῆναι ἀξιῶν), Prom. 3 mit schol. (synonym ἐμπιστευθείς), Demon. 51 (τινι στρατοπέδων ἅμα καὶ ἔθνους τοῦ μεγίστου τὴν ἀρχὴν ἐμπιστευθέντι ἐκ βασιλέως). 165 ἀφ' ἑνός (sc. πράγματος): Vom Einzelfall her ist induktiv kein universales Urteil zu treffen, d. h. ausgehend von der μισθοφορία der Philosophen sollte kein Pauschalurteil über alle bezahlten Berufe gefällt werden. Vgl. Luc. Herm. 61 (οὐδὲ φιλοσοφίαν ἀφ' ἑνὸς ὧν φήσει τις τοῦ πρώτου, μάθοι ἂν ἅπασαν ὁποία ἐστίν), Symp. 32 (ἢ ἀφ' ἑνὸς ἀνδρὸς οὐκ ἐννόμως φιλοσοφοῦντος […] μετρεῖτε τὸν Κλεάνθην καὶ Ζήνωνα, σοφοὺς ἄνδρας); Verg. Aen. 2.65-66 (crimine ab uno | disce omnis). 166 ἀνατρέπειν, in der Seemannssprache „zum Kentern bringen“ (Pl. leg. 906e2; Aristot. rhet. 1398b8), kann in der Politik die Zerstörung eines 110 Machtsystems bezeichnen (Pl. leg. 709a3-4 πόλεμός […] ἀνέτρεψε πολιτείας καὶ μετέβαλε νόμους): Vgl. beide Bildbereiche Pl. rep. 389d4-5. 167 ἰσοτιμίαν […] καθιστάναι greift die Sprache politischer Diskurse auf, vgl. Aristot. Ath. pol. 7.1 (Πολιτείαν δὲ κατέστησε), 29.3 (καθίστη τὴν δημοκρατίαν); Lys. or. 12.42. 168 Textkritisches: μισθαρνοῦντας statt des irrtümlichen μισθαροῦντας bei Macleod, vgl. Nesselrath (1984) 584 und entsprechend die Korrektur in Macleods viertem OCT-Band, Oxford 1987, 473. Zum Inhalt: μισθαρνεῖν rekurriert auf einen im 4. Jh. v. Chr. geprägten Kampfbegriff gegen die für Geld unterrichtenden Sophisten: Pl. rep. 493a6- 8 (Ἕκαστος τῶν μισθαρνούντων ἰδιωτῶν, οὓς δὴ οὗτοι σοφιστὰς καλοῦσι καὶ ἀντιτέχνους ἡγοῦνται, μὴ ἄλλα παιδεύειν ἢ ταῦτα τὰ τῶν πολλῶν δόγματα); vgl. Forbes (1942) 12f. mit Anm. 5, 7. Es wird auch abschätzig bzgl. körperlicher Arbeit und Lohnerwerb verwendet: Aristot. pol. 1337b12- 14 (τάς τε τοιαύτας τέχνας ὅσαι τὸ σῶμα παρασκευάζουσι χεῖρον διακεῖσθαι βαναύσους καλοῦμεν, καὶ τὰς μισθαρνικὰς ἐργασίας), 1296b29- 30; Demosth. or. 59.20 (Prostitution: ἠργάζετο τῷ σώματι μισθαρνοῦσα τοῖς βουλομένοις αὐτῇ πλησιάζειν); pejorativ noch Plut. Cat. 44.4. 169 Das Amt des ‚Autors‘ unterscheidet sich deutlich von den in Merc.Cond. kritisierten Tätigkeiten der Philosophen: Vgl. Saïd (1993) 265. Die Bezeichnung der privaten Verhältnisse als ἰσότιμα deutet auf die Reputation seines Hauses oder die dort herrschende Wertschätzung der φίλοι. Vgl. den Bruch mit dem ἰσοτιμία-Ideal Merc.Cond. 16. 170 Mit der μεγίστη ἀρχή ist ein Arbeitsverhältnis beim Kaiser impliziert: Vgl. 12.13-14 (ὁ μισθὸς […] παρὰ τοῦ βασιλέως). Der terminus ἀρχή kann sich allg. auf „Macht, Herrschaft“ beziehen (i. S. v. Imperium Romanum). Doch lässt der Rückbezug Apol. 12.6-7 (τῆς Αἰγυπτίας ταύτης ἀρχῆς) eine Konnotation i. S. v. lat. provincia (bzgl. der größten kaiserlichen Provinz Ägypten) vermuten, vgl. Per. 14 (τοῦ τότε τῆς Συρίας ἄρχοντος, vgl. Mason (1974) 26 s. v. ἀρχή 5) i. S. v. gr. ἐπαρχία. 171 μέρος heißt hier „Aufgabe, Amt“: Vgl. schol. ad loc. (ὅσον εἰς ἡμᾶς ἧκεν); Polyb. 1.4.2. Zu συνδιαπράττειν i. S. v. „an Macht teilhaben“ vgl. Isokr. or. 4.38 (τὰ μέγιστα συνδιέπραξεν); Luc. Bis Acc. 2 (ἡμῖν συνδιαπράττουσι τῆς ἀρχῆς), Luct. 6. 172 Syntaktisches: Vom Potentialis, der höfliche Zurückhaltung vermittelt, hängen die Infinitive bis 12.13a ab. 173 Darin sah die Forschung - Box (1935), vander Leest (1985), Jones (1986) 21 mit Anm. 80 entgegen Jones (1972) - eine Umschreibung des Amts εἰσαγωγεύς. Das Amt des Prozesse vor Gericht bringenden Magistra- 111 ten gab es schon im klassischen Athen (Aristot. Ath. pol. 52.2, 59.1-7, 59.5; Demosth. or. 37.33; IG I 2 63.7) und war noch im römischen Ägypten für einen hohen Beamten üblich. Die Vagheit der Formulierung verweist darauf, dass der Sprecher lediglich einen oberflächlichen Eindruck von seinen gerichtlichen Tätigkeiten vermitteln will: Vgl. Baldwin (1973) 69. εἰσάγειν ist auch terminus technicus für die Einführung einer Figur auf die Theaterbühne bzw. des Chores in die Orchestra (Aristoph. Ach. 11; Pl. Apol. 35b7-8 δράματα, rep. 381d5; Luc. Hist.Cons. 58, Salt. 65. Vgl. ferner Aristot. rhet. 1417b7 (über den Redner). Doch kann das Verb εἰσάγειν auch auf die Inszenierung rhetorischer Agone deuten, wie sie in viele Schriften des Corpus Lucianeum eingebettet sind. Auch Apol. umfasst formell einen Prozess mit zwei Plädoyers und schematischem rhetorischem Aufbau gemäß dem γένος δικανικόν. Whitmarsh (2001) 292 betont die Atmosphäre der “agonistic, antiphonal structures of the lawcourts”. 174 Die Wendung τάξιν ἐπιτιθέναι kann wie Pl. leg. 823c2-3 (ἐπὶ πᾶσιν τάξεις καὶ ζημίας ἐπιτιθέντα) „Anordnungen, Verordnungen treffen“ bedeuten, es kann sich auch auf die „Festlegung der Reihenfolge“ von Plädoyers beziehen (vgl. LSJ s. v. τάξις II). Vgl. auch τάξις i. S. v. „Anordnung der Redeteile/ der Argumentation“ Demosth. or. 18.2; Aristot. rhet. 1414a30ff. 175 Die Erstellung von Prozessprotokollen wurde auf das Amt des ὑπομνηματογράφος, eines hohen Verwaltungsbeamten in Alexandria, bezogen (vgl. Phil. Flacc. 131 ὑπεμνηματίζετο τὰ δίκας εἰσάγων ὡς ἔχων τάξιν), vgl. vander Leest (1985) 80: “the ὑπομνηματογράφος is portrayed as a judge with authority delegated by the prefect.” Vgl. ebd. Anm. 22 die papyrologischen Zeugnisse zu diesem Amt. Zu ὑπόμνημα als „Verwaltungs- Protokoll“ vgl. LSJ s. v. ὑπόμνημα I.4. 176 Bei der Amtsbezeichnung ἄρχων handelt es sich um ein Equivalent für lat. praefectus, den Provinzstatthalter. Vgl. Polyb. 6.25.5 (οἱ καθεσταμένοι μὲν ὑπὸ τῶν ὑπάτων ἄρχοντες, προσαγορευόμενοι δὲ πραίφεκτοι); Strab. geogr. 5.3.2: Dazu Mason (1974) 27 s. v. ἄρχω 3 praefectus esse. Zum πραίφεκτος vgl. auch Polyb. 6.34.4, 6.37.8. Häufig wird lat. praefectus auch mit gr. ἔπαρχος wiedergegeben, während ἄρχων eine Entsprechung für lat. consul ist: Vgl. Dubuisson (1985) 20 (s. v. ἄρχων), 29 (s. v. ἔπαρχος) und 40 (s. v. πραίφεκτος). 177 γνώσις ist ein juristischer terminus („Untersuchung, Nachforschung“), die Übersetzung folgt hier Wankel (1976) 1019 ad Demosth. or. 18.224 (τὰς τῶν δικαστηρίων γνώσεις): „gerichtliche Entscheidung“, d. h. resultativ ein aus gerichtlicher Untersuchung hervorgegangenes Urteil. 112 178 Dem Sprecher obliegt die Verwahrung von Akten über die Entscheidungen vergangener Gerichtsprozesse: Vgl. Phil. Flacc. 134 (ähnliche Amtsfunktionen: ὁ δὲ φυλάττειν ἐπιτραπεὶς τὴν ἀναγκαιοτάτην παρακαταθήκην, τὰ δίκαια καὶ τὰς ἐπ' αὐτοῖς ὁσιωτάτας γνώμας). Ferner Strab. geogr. 17.1.12 (Erwähnung eines dem kaiserlichen Statthalter von Ägypten untergeordneten δικαιοδότης, der umfassende juristische Kompetenzen besitzt). In Apol. liegt der Fokus auf den Qualitäten des Sprechers, die ihn als möglichst vertrauensvoll, integer und loyal zeichnen. 179 Kann die Beschreibung der juristischen Tätigkeit auch als Chiffre für literarische Produktion gelesen werden, mit einem Bezug auf den Anspruch auf die Dauerhaftigkeit und Überlieferung von Texten? Vgl. auch 12.7-10. 180 Die Bezahlung erfolgt nicht durch eine Privatperson (wie im Falle der Philosophen in Merc.Cond.), sondern aus dem Privatvermögen des Kaisers. Dies war für die procuratores kaiserlicher Provinzen wie Ägypten üblich. Vgl. Swain (1996) 322: “[Lucian] shows himself favourably disposed towards the imperial system […]. The presentation of his relationship with the emperor is especially interesting. Such comments as Lucian makes on emperors elsewhere are also favourable (as they must be in context)”. Zu lobenden Worten über den Kaiser vgl. Im. 22, Laps. 18, Peregr. 18. Der Sprecher positioniert sich selbst, einen πεπαιδευμένος, im Spannungsfeld zwischen der kaiserlichen Macht und der griechischen Kultur der östlichen Reichshälfte. Zu Beziehungen und Einflussnahmen zwischen den Sophisten und Rom vgl. u. a. Bowersock (1973), Flinterman (2004), Horst (2013). 181 Entworfen wird das Bild einer hochbezahlten Stelle in der kaiserzeitlichen Prokuratoren-Karriere. οὐ σμικρὸς erhöht wie 12.6-7 (οὐ σμικρότατον) das Prestige des Amts: Enormes Gehalt ist ein Element des sophistischen ‚Erfolgsnarrativs‘ (vgl. 15.11 τοῖς μεγαλομίσθοις). Die Besoldung aus der Privatkasse deutet an, dass der Sprecher Beauftragter des Kaisers ist und wie ein procurator hohes Salär bezieht: Dieser erhielt seit der zweiten Hälfte des 2. Jh. n. Chr. je nach Rangklasse bis zu 300.000 Sesterzen (lat. trecenarii), vgl. Pflaum (1950), (1961), Schäfer (1998), Faoro (2011). 182 Zur unüblichen Junktur φαῦλαι ἐλπίδες vgl. ähnlich Herodian. 1.3.1 (τὰς πρὸς σωτηρίαν ἐλπίδας φαύλως ἔχειν). Im Gegensatz zu den Hausphilosophen macht sich der Sprecher keine falschen Hoffnungen über seine Zukunft: Vgl. Merc.Cond. 22 (αἱ μὲν χρυσαῖ ἐκεῖναι ἐλπίδες). 183 Der Sprecher verweist auf seine weitere Karriere im cursus honorum: 1) Entweder auf die Position des ἐπίτροπος, sofern die Umschreibung ἔθνος ἐπιτραπῆναι (vgl. 11.22-23 ἐπιτροπεύοντες) darauf verweist: Zu diesem hochbezahlten Verwaltungsamt vgl. Baldwin (1973) 11 Anm. 26, Jones 113 (1986) 21 Anm. 82-83. 83f., DNP 10 (2001) Sp. 368 s. v. procurator Nr. 1 (W. Eck), Martin (2010) 195. Seit Claudius ʼ Reformen wurden kaiserliche Provinzen wie Ägypten von Vertretern des Ritterstandes geleitet: praefecti (v. a. militärisches Aufgabengebiet) sowie procuratores (zivile Aufgaben wie Finanzverwaltung, Rechtsprechung). In der Folge des Aufstands des Avidius Cassius 175 n. Chr. erließ Marc Aurel ein Gesetz, nach dem niemand eine Statthalterschaft über eine Provinz erlangen dürfe, aus der er stamme: Cass. Dio 72(71).31.1. So kann die Anstellung des Sprechers in Ägypten als Folge dieser erzwungenen Fluktuationen in der Reichsverwaltung verstanden werden (fehlender Artikel bei ἔθνος deutet auf Ungewissheit über den zukünftigen Ort der Tätigkeit). Hierzu Jones (1986) 21 Anm. 83. Vgl. auch Appians Beförderung auf Frontos Bitte: Champlin (1980) 98-100, Saller (1982) 47. Ein procurator Augusti konnte eine kaiserliche Provinz leiten, wie dies Appian vom Kaiser zugesprochen wurde (App. pr. 62 ἐπιτροπεύειν ἠξίωσαν). Zu Auszeichnungen und Ämtern berühmter Sophisten auf lokaler wie globaler Ebene s. Dubuisson (1984-1986) 194, Puech (2002) 27f. 2) Oder es wird auf ein anderes Amt angespielt, bei dem der Kaiser persönlich als Patron fungiert. Vgl. Jones (1986) 21, Saller (1982) 46-50. 157f.; Forte (1972) 389 mit Anm. 206 liest βασιλικός im Kontext Platonisch- Aristotelischer Vorstellungen von gerechter Königsherrschaft (Pl. rep. 473c-e, 486, 503, Pol. 305; Aristot. pol. 1284b, 1285b, 1287bff.). Der Sprecher bejaht den Aufstieg im System der kaiserlichen Reichsverwaltung. Er entwirft einen ‚Möglichkeitsraum‘, innerhalb dessen ein Mitglied gebildeter städtischer Eliten zu Macht und Einfluss kommen konnte. Vgl. die Prophezeiung der Παιδεία Somn. 13, die τιμή, δόξα, ἔπαινος, προεδρίαι, δύναμις und ἀρχαί in Aussicht stellt. Dieses Versprechen scheint für den in hoher Position innerhalb der zivilen Reichsverwaltung befindlichen Sprecher von Apol. eingelöst (vgl. A.6). Zudem erinnern die selbstbewussten Worte an den stolzen Auftritt mancher Sophisten, selbst gegenüber dem römischen Kaiser. Vgl. Philostr. VS 534 (arrogante Behandlung des Antoninus Pius durch Polemon), VS 582 (Marc Aurel und Aelius Aristides): Dies zeugt indirekt von ihrem hohen Ansehen. Zur kaiserlichen Förderung von Rednern und Philosophen vgl. HA Ant. Pius 11.3. 184 Die Partikel γοῦν verstärkt die bereits in Ἐθέλω angelegte Emphase. Vgl. Denniston ( 2 1954) 455-458. Die Junktur ἐκ περιττοῦ deutet auf eine Fülle, vgl. Pl. leg. 734d6-7 (τοῖς ἄλλοις ὑπερέχειν ἐκ περιττοῦ κάλλει). Der Sprecher will „in großem Maße“ von παρρησία Gebrauch machen: Zur v. a. kynischen Tugend vgl. Merc.Cond. 4. §§13-15 deutet παρρησία auf die Lizenz, sich freimütig zu verteidigen, vgl. Saïd (1993) 265. παρρησία erlaubte 114 es Sophisten, über die Appellfunktion der Sprache gegenüber dem Kaiser affirmatives Lob wie offene Kritik zu äußern: Vgl. Rawson (1989) 253, Flinterman (2004) 374f., Horst (2013) 162 mit Anm. 113. 185 Der Vorwurf der Ankläger (§§2-7) ist abgehandelt, was in das militärische Bild des ὁμόσε χωρεῖν/ ἰέναι gefasst wird: Vgl. Hom. Il. 13.337 (ὁμόσ' ἦλθε μάχη); Aristoph. Lys. 451-452 (ὁμόσε χωρῶμεν αὐταῖς, ὦ Σκύθαι, | ξυνταξάμενοι). Übertragen kann es eine „verbale Konfrontation“ bedeuten, vgl. Eur. Or. 921 (χωρεῖν ὁμόσε τοῖς λόγοις); Pl. Euthyd. 294d5; Luc. Hes. 6 (ὁμόσε χωρήσαντα τῇ αἰτίᾳ τὴν ὀρθοτάτην ἀπολογίαν ἀπολογήσασθαι). 186 καθ' ὑπερβολήν verwendet Lukian (Luct. 12, Sacr. 6, Salt. 82) synonym mit dem üblicheren εἰς/ ἐς ὑπερβολήν („übertrieben, überschwänglich, ausgefallen“). Vgl. Isokr. or. 11.5 die Wendung καθ' ὑπερβολὴν ἐπαινεῖν. Hier deutet die Junktur auf den Schluss a fortiori bzw. a maiore ad minus: vom Kaiser auf niedrigere Magistrate: S. u. Anm. 188 und 195-196. 187 Stilistisches: μή mit Infinitiv nach verba legendi ist eine untypische und wohl nachklassische Variation, die Lukian oft im Rahmen von Schwur, Gelöbnis oder Wette verwendet. Vgl. Gildersleeve (1880) 50. μή sowie μή- Formen nach φημί finden sich auch Bis Acc. 28, Gall. 17, Sat. 20. 188 Mittels des Schlusses a maiore ad minus wird der oberste Amtsträger, der Kaiser, in das ‚universale Gesetz‘ der μισθοφορία eingegliedert, dem selbst ein Herrscher unterstehe. Damit soll bewiesen werden, dass, wer gesellschaftliches Wohl anstrebe, es verdiene, hoch bezahlt zu werden: Vgl. Pl. Phaidr. 266c5 den Vergleich von Sophisten mit Herrschern (tertium comparationis ist das Geldeintreiben: δωροφορεῖν αὐτοῖς ὡς βασιλεῦσιν). 189 Der Einschluss des Kaisers in ein System unveränderbarer Strukturen zeugt von der grundsätzlichen Affirmation der Kaiserherrschaft und eines universalen Herrschaftskonzepts; gleichwohl lässt die Einbindung einen Appellcharakter erkennen, da der Kaiser sich den Regeln und reziproken Machtstrukturen fügen muss, um Macht zu erhalten. Diese Appellfunktion entspricht einem zeitgenössischen politischen Diskurs: Horst (2013) 146ff. 190 Wie andere antike Staaten forderte Rom von unterworfenen Gebieten oder Völkern Tribut. Im Prinzipat bildete die direkte Geldsteuer (lat. tributum, vectigal), die aus kaiserlichen Provinzen floss, den Großteil des kaiserlichen fiscus, woraus er seinen persönlichen Haushalt bestritt. Jährliche Tributzahlungen von Provinzen an Rom waren seit der Republik üblich, vgl. Cic. Verr. 2.2.131 (omnes Siculi ex censu quotannis tributa conferunt). Zu φοιτᾶν i. S. d. „Eingehens von Geld(summen)“ vgl. Hdt. 3.90.3, 5.17.2 (τάλαντον ἀργυρίου Ἀλεξάνδρῳ ἡμέρης ἑκάστης ἐφοίτα). Die semantische Trennschärfe zwischen φόρος und δασμός ist blass (vgl. Luc. VH 1.36): 115 φόροι (< φέρειν, „Beiträge“) waren schon in klassischer Zeit Zahlungen von Staaten an eine übergeordnete Macht. δασμός (< δατεῖσθαι: „unter sich aufteilen“, z. B. Kriegsbeute oder Speisen) ist in dieser Bedeutung seltener belegt (vgl. schol.: μερισμοὺς φορολογίας); Xenophon verwendet es für die Abgaben der unterworfenen Völker an die Perser, vgl. Cyr. 2.4.14, 4.6.9. 191 Das wohl deiktische Pronomen ταύτης (Ägypten als Szenerie) bildet einen Rückbezug zu 12.5. Gemeint ist die römische Herrschaft über die Provinz Ägypten (ab 30 v. Chr.). Die Forschung hielt das Amt für dasjenige: 1) eines ὑπομνηματογράφος, dessen Aufgabe protokollarische Aufzeichnungen über die Amtshandlungen hoher Funktionäre waren: Vgl. Fritzsche (1862) 207-209, Thimme (1884) 12-24, RE IV.1 (1900) Sp. 764 s. v. commentarii (A. von Premerstein), Stein (1915) 187-206, Reinmuth (1935) 12f. Ferner Gilliam (1961) 103, Jones (1972) 486. Vander Leest (1985) 79f. wirft ein, dass solche Amtsträger sich auch im 2. Jh. n. Chr. i. d. R. aus lokalen, ägyptischen Eliten rekrutierten. 2) eines archistator praefecti Aegypti: ein Gerichtssekretär, dem u. a. die öffentliche Sicherheit oblag. Hierfür votiert Pflaum (1959), (1982) 133 aufgrund des Vergleichs einer Inschrift aus Caesarea (lateinischer cursus honorum) mit P.Oxy. II 294 (1. Jh. n. Chr.) und Luc. Apol. 12. Ferner Schwartz (1965) 11-14 (Spekulation über die Amtszeit ‚Lukians‘ 170-175 n. Chr.), Bowersock (1969) 11 Anm. 6, Baldwin (1973) 17, Martin (2010) 194f. Dagegen vander Leest (1985) 80-82, der Bürgerschaft und Ritterstand für möglich, einen entsprechenden cursus honorum für unwahrscheinlich hält. 3) eines εἰσαγωγεύς: Nach P.Hamb. I 18 (222 n. Chr.) war der εἰσαγωγεύς des praefectus Aegypti ein Registratur-Beamter, der Prozesse des Präfekten einleitete, Statthalterakten erstellte und archivierte: Vgl. Stein (1950), Jördens (2009). Darauf sollen Ähnlichkeiten mit der Amts- Beschreibung eines εἰσαγωγεύς bei Phil. Flacc. 131 (des alexandrinischen Griechen Lampon, Tiberianische Zeit) verweisen, wo ähnliche Funktionen wie Luc. Apol. 12 thematisiert werden (προσεστὼς γὰρ τοῖς ἡγεμόσιν, ὁπότε δικάζοιεν, ὑπεμνηματίζετο τὰς δίκας εἰσάγων ὡς [εἰσγαγωγέως Box] ἔχων τάξιν), vgl. Box (1935), vander Leest (1985), Haensch (1995) 274ff.; allg.: Daris (1983) 127, Kruse (2002) 803 Anm. 114 (Mitglied des Strategenstabs, Genaueres ist unklar). Das Amt wurde z. T. mit Nichtlokalen besetzt, etwa zur Günstlingsförderung: Vgl. vander Leest (1985) 77-79. 81 Anm. 29 (sofern der P.Stras. 179, P.Daris inv. 38 genannte Amtsträger Γαίος Ἰούλιος Γείλων italischer Herkunft ist); Saller (1982) 130-134. 157ff. Martin (2010) 195 deutet jedoch aufgrund der Apol. 12.16-17 erwähnten Aussicht auf ein Verwaltungsamt innerhalb des cursus auf den archistator. 116 Statt einer Lösung der Frage, auf welches politisch-administrative Amt Apol. 12-14 angespielt wird, ist es m. E. von größerer Bedeutung, danach zu fragen, welche Konnotationen die Nennung Ägyptens für die Zeitgenossen gehabt haben dürfte: Die Kenntnisse über Ägypten, wie sie das Lukianische Werk bietet, sind größtenteils topisch, v. a., was den Bereich des Götterpantheons und der Religion angeht (Deor.Con. 10-11, Sacr. 14; ähnlich bereits Cic. Tusc. 5.78; Juv. 15.1-8). Bisweilen ist Lukian Zeuge für Anekdoten (z. B. Hist.Cons. 62: Sostratos von Knidos und der Pharos von Alexandria) oder Kunstdenkmäler ägyptischer Herkunft (Rh.Pr. 6: ‚liegender Nil‘). Anspielungen auf die Lebensrealität im griechisch-römischen Alexandria oder Ägypten des 2. Jh. sind selten. Vgl. Schwartz (1965) 128 („Les traces réelles du passage à Alexandrie sont minimes“), Martin (2010) 195 (die raren Verweise entsprächen reinem Bücherstudium). Selbst Luct. 21 (rituelles Mahl im Beisein des mumifizierten Verstorbenen, was sich durch papyrologische und archäologische Zeugnisse belegen lässt) trägt durch das Etikett λέγω δὲ ἰδών die Züge einer Herodot-Mimesis, vgl. Schwartz (1965) 66. Dagegen beharrt Martin (2010) 196-200 auf Autopsie. Vgl. Hall (1981) 43. In Anlehnung an Herodot wird Ägypten bei Lukian als Ort des Wundersamen und Exotischen beschrieben: Zu Ägypten-Diskursen in der antiken Literatur vgl. Nimis (2004), Manolaraki (2012). Es ist auch das Land des unermesslichen Reichtums (das Luc. Nav. beschriebene Schiff kommt aus dieser reichsten kaiserlichen Provinz) und der παιδεία (vgl. Philops. 34, Rh.Pr. 5-6). Lukians Ägypten erscheint laut Zweimüller (2008) 204 mit Anm. 558 „gemäss der klassischen Vorstellung als Ort der Weisheit“, vgl. ebd. die Verweise auf Plut. de Isid. 10 (354e-355a): Alter/ Weisheit der Hochkultur Ägypten; Hdt. 2.2-4, 160: Ägypter als σοφώτατοι; Pl. Phaidr. 274c-275b (Erfindung der Schrift), etc. Allg. Assmann (2000). Der alexandrinische Historiograph Appian macht drei Eigenheiten Ägyptens aus: Militärische Macht (civ. 1.21, 2.296), großen Reichtum (civ. 1.476, 2.352) und kulturelle Bedeutung (u. a. civ. 2.376 und 647): Dazu Hose (1994) 167. V. a. Alexandria besaß nach der Eingliederung in das Römische Reich lange einen Status als exzellente Stätte für die Ausbildung in und Ausübung von Gelehrsamkeit: Vgl. Strab. geogr. 14.5.13 (Bildungsbeflissene gehen nach Alexandria); Juv. 15.44-46 (pflichtmäßiger Verweis auf Autopsie in Ägypten: quantum ipse notavi). Man denke ferner an Galens Selbstinszenierung hinsichtlich seiner Studien an der berühmten Alexandrinischen Schule für Philologie und Medizin - vgl. Nutton (1993) 31 (“the image that Galen places before us, of himself as both erudite and critical, as both anatomist and exegete, as both traveller and patriotic Hellene”) -, die Reisen 117 des Aelius Aristides nach Ägypten (vgl. or. 36), wo ihm eine Statue geweiht wurde (Philostr. VS 582), die Aufzählung berühmter Sophisten aus Naukratis wie Pollux oder Athenaios in Philostr. VS - vgl. Bowersock (1969) 20, Schubert (1995) bes. 180f. -, sowie den anhaltenden Ruhm Alexandrias als Stätte von Rhetorik und Grammatik - Smith (1974) 108-140 -, wodurch das römische Alexandria zur legitimen Erbin der hellenistischptolemäischen Stadt stilisiert wurde. Allg. Turner (1975) bes. 9. Laut Schubert (1995) verweist P.Oxy. XVIII 2190 (Brief eines Studenten an den Vater) auf sophistische Lehrangebote im Alexandria des 2. Jh. n. Chr. Vgl. Luc. Alex. 44; Max. Tyr. dial. 22.6. Ferner Hahn (1989) 137-141, Puech (2002) 21, Benaissa (2012) 539 (“Alexandria as Intellectual and Cultural Centre”): “the city continued to be a renowned centre […]. Some of the greatest intellectuals of their time - Strabo, Plutarch, Dio Chrysostomos, Aelius Aristides, Lucian, Galen - visited Alexandria and in some cases spent an extended period there”; Fraser (1972) 809-812, Bowman (1986) 227-230. Das Prestige Alexandrias relativiert auch das in Philostr. VS beförderte Bild einer Konzentration der sophistischen Tätigkeiten jener Zeit auf die Zentren Rom, Athen, Smyrna und Ephesos. Besonders den in Naukratis und Alexandria lebenden Griechen war gemeinsam gelebte παιδεία soziales Distinktionsmerkmal gegenüber der ägyptischen Bevölkerung und diente der Identifikation mit den Griechen im Osten des römischen Reichs. Auf hellenische Bildung verweisen viele Papyri aus Ägypten, die Kopien literarischer Texte überliefern: Hier zeigt sich eine Präferenz für klassische Literatur wie literarische Trends der Kaiserzeit, vgl. Reardon (1971), Krüger (1990). Es ist festzuhalten, dass das Ägypten der Kaiserzeit, v. a. Alexandria, zur Zeit Lukians κατ' ἐξοχήν das Prestige der παιδεία innehatte (in einem byz. schol. ad Apol. wird die Zeit vor der arabischen Eroberung zurückersehnt). Aufgrund seiner Exotik und seiner langen Geschichte war es in der Kaiserzeit populäres Reiseziel (vgl. Tac. ann. 2.61; Plin. ep. 8.20; HA Sev. 17) - allg. Adams (2007) -, ägyptisierende Kunstobjekte und Monumente waren beliebt: Vgl. Roullet (1972), Versluys (2002), Swetnam-Burland (2015); zum polymorphen Multikulturalismus Roms Vout (2003). Die Aussage des Sprechers in Luc. Apol. kann als Versuch gelesen werden, das eigene Prestige zu erhöhen und an der Bildungstradition des Orts teilzuhaben. Schmitz (2008) 216 schließt auf ein Zeitphänomen: „Die Verbindung von ἀρχή »Herrschaft, Macht« und Bildung ist […] in der zeitgenössischen Ideologie so festgefügt, daß ein Intellektueller dieser Epoche tatsächlich glauben und glauben machen kann, durch Annahme einer solchen Position habe er den ihm zukommenden Platz gefunden.“ Allg. 118 Schmitz (1997). Gegen biographistische Ansätze vgl. Goldhill (2002) 71 (“Taking a job in Egypt prompts a reflection on self-consistency, social performance, and self-dramatization”). 192 Der Lohn des Kaisers besteht hier aus ideellen, ‚kultisch-religiösen‘ Gaben. Komplementär zu kaiserlichen εὐεργεσίαι sind sie Teil des reziproken Gabentauschs. Fehlender Artikel bei βασιλεῖ sowie generalisierender Plural bei ἔχουσι deuten auf abstrakte Überlegungen zum Kaiserkult: Vgl. Swain (1996) 322 (“past and present offerings to various emperors”). Zu ideellen Entlohnungen zählen: 1) ἔπαινοι, d. h. Panegyrik: Nach Aristot. EE 1219b14-16 ist ἔπαινος ein allgemeinerer Begriff als ἐγκώμιον, vgl. rhet. 1367b28-29 (ἔστιν δ' ἔπαινος λόγος ἐμφανίζων μέγεθος ἀρετῆς. δεῖ οὖν τὰς πράξεις ἐπιδεικνύναι ὡς τοιαῦται). Zu denken ist an Reden an den bzw. vor dem Kaiser, in denen diesem Erwartungen mitgeteilt und Forderungen ausgedrückt wurden, z. B. Dions ‚Königsreden‘; 2) ἡ παρὰ πᾶσιν (sc. τοῖς ἀνθρώποις) εὔκλεια, d. h. globaler Ruhm: Vgl. Polyb. 38.2.4 (εὔκλειαν παρὰ πᾶσι τοῖς ἀνθρώποις τὴν μεγίστην ἀπηνέγκαντο); 3) ἐπὶ ταῖς εὐεργεσίαις προσκυνεῖσθαι, die Unterwerfung in Form der Proskynese, eines nur temporären Zugangs zum Herrscher in der griechisch-römischen Antike: Die römischen Kaiser scheiterten bei der Durchsetzung, vgl. DNP 12/ 2 (2003) Sp. 773 s. v. Zeremoniell IV.B.-C. (A. Winterling). Bei Lukian ist der Brauch der Proskynese Indiz für absolute Herrschaft (vgl. Nigr. 21). Materielle Weihungen sind 1) εἰκόνες, d. h. Nachbildungen des Kaisers in Form von Statuen, Büsten oder anderen Bildformen; 2) νεῲ: geweihte Tempel. Vgl. Nav. 40 (Ehrungen der Städte gegenüber dem Kaiser: εἰκόνες δὲ ἐκεῖναι καὶ νεῴ, οὓς ἀνιστᾶσιν αἱ πόλεις θεραπεύουσαι). Lukian verwendet hier statt der im späteren Griechisch üblichen dorischen Form ναοί (Bis Acc. 2, VH 2.11, 33) den attisierenden und damit gehobeneren Plural νεῲ; 3) τεμένη verweist wie νεῲ auf die Vorstellung vom Herrscher als einem vergöttlichten Menschen (vgl. Alex. 48 den divinisierten Marc Aurel: θεὸς Μάρκος). Heilige Bezirke waren vom städtischen Areal abgegrenzt: Vgl. entsprechend die etymologische Verwandtschaft von τέμενος mit τέμνειν: „abgrenzen“. Alle materiellen Weihungen setzen der Dankbarkeit einer Stadt gegenüber dem Kaiser ein unvergängliches Denkmal. Zum hierin repräsentierten Bild vom Kaiser vgl. Zanker (1979) 361. 364. 193 Stilistisches: Der Chiasmus προσκοποῦντες (A), τὰ κοινὰ (B), βελτίω (B ˈ ), ποιοῦντες (A ˈ : Homoioteleuton mit A) vermittelt das geordnete Wesen der Herrschaft auf sprachlicher Ebene. Zum Inhalt: Der Euergetismus (vgl. 13.7 εὐεργεσίαι) zwischen Kaiser und städtischen Eliten war ein „zentrales Phänomen innerhalb der für die 119 griechisch-römische Zivilisation spezifischen Erwiderungsmoral“, so DNP 4 (1998) Sp. 228 s. v. Euergetismus I. (H.-J. Gehrke). Dies beruhte auf der Vorstellung einer strikten Reziprozität von εὐεργεσία und χάρις/ εὐχαριστία, deren Befolgung für die gesellschaftliche Reputation grundlegend war. Die religiös überhöhte Präsentation der hellenistischen Monarchen als εὐεργέται, wodurch ihnen z. T. göttliche Ehrungen zuteil wurden - vgl. Habicht ( 2 1970) - übernahm der Kaiser im römischen Osten, der als Wohltäter der Menschheit städtische Ehrungen entgegennahm. Vgl. grundlegend Price (1984), wo die Ansicht einer einseitigen Propagierung des Kultes vom Zentrum bzw. Kaiser aus widerlegt wird (77: “This mutual recognition of the currency guaranteed the success of the system of exchange”); zur Sprache des Kaiserkults vgl. Price (1984a). Leistungen des Kaisers (εὐεργεσίαι) entsprachen Gegenleistungen (χαριστήρια) von Seiten der Städte. Zum Prinzipat als ‚Akzeptanzsystem‘ Flaig (1992). Die reziproke Kommunikation zwischen Kaiser und städtischen Eliten war Grundlage des Kaiserkults: Vgl. Bowersock (1973) 195-201, Price (1984) 243, Jones (1986) 84 mit Anm. 28-29, Swain (1996) 323 mit Anm. 86-87. Innerhalb dieses kommunikativen Phänomens verfolgten beide Seiten das Ziel, ihre soziale Position zu verbessern sowie die andere Partei durch besondere Anreize zu veranlassen, politisch aktiv zu werden: Vgl. hierzu Lendon (1997) und Ando (2000). Die Bloßlegung dieses sozialanthropologischen Konzepts in Apol. hat die Forschung überrascht: Vgl. Bowersock (1973) 202 („Lucian’s formulation […] is deliberately offhand and wittily irreverent”), Sherwin-White (1967) 70, Swain (2007) 41 (“This is the most favourable statement in Second Sophistic literature about the ‘imperial cult ʼ ”). 194 Syntaktisches: Zum absoluten Infinitiv vgl. z. B. Luc. Herm. 1, Laps. 5 (ὅσον […] τεκμαίρεσθαι), Ind. 19, Tim. 52 (ὅσα γε […] εἰδέναι), Lex. 25 (ὡς […] παραβάλλειν, ähnlich Musc.Enc. 1); vgl. de Jong (1896) 72. Zum Inhalt: Die Wendung verweist auf eine Analogie zwischen Mikro- und Makroebene, vgl. Thuk. 4.36.3 (Notlage der Spartaner auf diejenige bei den Thermopylen bezogen: ὡς μικρὸν μεγάλῳ εἰκάσαι); vgl. Pl. rep. 368d1-7 (Relation von Seele und Staat entspricht der kleiner und großer Buchstaben). Vgl. die lat. Phrase si conferre parvis magna licet Cic. Brut. 213, orat. 14, rep. 3.34 (fr. 2), ferner Flor. Verg. 2.4. Dies deutet auf rhetorische αὔξησις (lat. amplificatio), eine Argumentation, die mit dem Wahrscheinlichen (vgl. hier: εἰκάζειν) operiert. Hier soll das Paradox bewiesen werden, auch der Kaiser sei ein Lohnempfänger. Die Strategie wird Pl. Phaidr. 267a7-8 Teisias und Gorgias zugeschrieben, die in der rhetorischen αὔξησις eine Aufgabe des Redners gesehen hätten (τά τε αὖ σμικρὰ μεγάλα 120 καὶ τὰ μεγάλα σμικρὰ φαίνεσθαι ποιοῦσιν διὰ ῥώμην λόγου). Vgl. auch Isokr. or. 4.8 und Ps.-Plut. vit. X orat. 838f. (Isokrates). 195 Die Wahl von ὁ σωρός („Haufen, Stapel, Stoß“, z. B. Getreide) überrascht auf den ersten Blick durch Lebensnähe und Anschaulichkeit. Vgl. Aristot. metaph. 1044a4, 1084b21-22 (zur Bezeichnung einer Quantität innerhalb eines Vergleichs). Hier deutet es auf die pyramidal von der Spitze (κορυφή: der römische Kaiser) nach unten breiter werdende Hierarchie der Reichsverwaltung, als deren Teil sich der Sprecher versteht. Vgl. Tomassi (2011a) 213. Ist die Erwähnung von σωρός ein ironischer Wink auf das Verfahren des ‚Kettenbzw. Haufenschlusses‘ (Sorites, abgeleitet von σωρός)? Vgl. Luc. Symp. 23 (Stoiker); Hor. ep. 2.1.36-49; allg. HWRh 8 (2007) Sp. 1027-1031 s. v. Sorites (R. Wittwer). Es handelt sich um eine Schlusskette, die auf eine Reihe von Subjekten (hier: ‚einfacher bis hoher Amtsträger‘, schließlich: ‚Kaiser‘) angewendet werden kann, auf die angeblich ein soritisches Prädikat (hier: ‚Lohnverdiener sein‘) zutrifft. Soritisch ist das Prädikat, wenn es dem ersten Subjekt zukommt (hier: ‚der niedrige Amtsträger ist ein Lohnverdiener‘), dem letzten nicht zukommt (hier: ‚der Kaiser ist kein Lohnverdiener‘) und die unmittelbar benachbarten Subjekte in der Reihe ununterscheidbar sind in Bezug auf die durch das Prädikat ausgedrückte Eigenschaft. Über diese benachbarten Subjekte (hier: ‚höhere Amtsträger in der Hierarchie‘) wird eine Verbindung hergestellt, durch die auch das erste und das letzte Subjekt (hier: ‚niedriger Amtsträger‘ und ‚Kaiser‘) in der jeweiligen Eigenschaft (hier: ‚Lohnverdienst‘) verbunden sind. 196 Lohnerwerb ist nicht insgesamt negativ zu werten, da alle in der Reichsverwaltung Tätigen dieser Bedingung ‚unterworfen‘ seien. Wenn selbst der Kaiser als Lohnempfänger erscheint, ist mittels des Schlusses a fortiori bzw. a maiore ad minus (vgl. die durch καταβαίνειν vermittelte Richtung) der Erwerb auch auf unteren Hierarchie-Stufen unangreifbar. Vgl. die Berufung auf die Evidenz (ὄψει), dass Kaiser und Sprecher in dieser Hierarchie zwar weit voneinander entfernt sind (vgl. intransitives διαλλάττομεν; μεγέθει, σμικρότητι sind dativi limitationis), jedoch eine Relation der Ähnlichkeit (ὁμοίως) und Analogie der Verhältnisse konstruiert wird. Zum Anklang an den ‚Haufen-‚ bzw. ‚Kettenschluss‘ s. o. Vgl. Saïd (1993) 265: „[Lucien] souligne [...] qu’il n’est pas une exception dans un monde où personne, à commencer par l’Empereur, ne fait rien gratis, et il établit la cohérence de sa conduite de manière paradoxale“. Auch Juv. 1.117-120 erscheint in satirischer Verzerrung ein sehr hoher Amtsträger (summus honor) als Klient und sportula-Empfänger; dort wird mittels des Schlusses a fortiori die Chancenlosigkeit des armen Klienten betont. 121 197 Der Sprecher hat nur vom βίος des Hausphilosophen abgeraten, nicht das adynaton gefordert, jede Erwerbs-Form zu verbieten. Zu πράττειν i. S. v. „einer nützlichen Tätigkeit nachgehen“ vgl. 9.5 (κοινωνῆσαι πράξεων), 11.9 (δημοσίᾳ πράττοντά τι τῶν κοινῶν), 12.6 (συνδιαπράττειν), 12.17 (πράξεις βασιλικάς). In der Argumentation wird das negativ besetzte μισθοφορία so durch positives πρᾶξις/ πράττειν ersetzt. Von Gesetzgebern wie Salaithos (§ 4) grenzt sich der Sprecher insofern ab, als jener seinen Gesetzen zuwiderhandelte (vgl. die juristischen termini ἔνοχος, παρανομία), er selbst dagegen nie zu Untätigkeit aufgerufen hatte. So gebe es keinen Widerspruch zwischen Wort und Tat. 198 Nach Apol. 11.18-21 ein erneuter Rekurs auf die Strategie der comparatio/ ἀντίστασις, nach der die Unterlassung einer vorgeworfenen Tat ein Übel darstellt, da andernfalls die Allgemeinheit Schaden erlitten hätte. Der Sprecher setzt sich mit der Betonung seiner für ‚Freunde‘ und Öffentlichkeit nützlichen Tätigkeit von den Merc.Cond. beschriebenen Hausphilosophen und Schmeichlern ab: Er gebe öffentliche (ὑπαίθριος: wörtl. „unter freiem Himmel“) Proben seiner Loyalität im Rahmen von Patronatsbeziehungen. Vgl. Icar. 30 („unnütze“ Philosophen, die keinen Dienst für die Öffentlichkeit leisteten: μηδὲν αὐτοὶ μήτε κοινὸν μήτε ἴδιον ἐπιτελοῦντες, ἀλλ' ἀχρεῖοι καὶ περιττοὶ καθεστῶτες), 31 (Frage nach dem gesellschaftlichen Nutzen der Philosophie), Somn. 9-13 (Παιδεία zeigt sich im Feld der politischen Öffentlichkeit), Herm. 72 (Lykinos ʼ Rat an den Philosophie- Adepten Hermotimos, etwas Nützliches im Leben zu tun: πράττειν τι τῶν ἀναγκαίων […] τὰ κοινὰ ταῦτα φρονοῦντα), 84 (Aufforderung, zum Wohl und Nutzen der Allgemeinheit beizutragen: βίον τε κοινὸν ἅπασι βιοῦν ἀξιῶν καὶ συμπολιτεύσῃ τοῖς πολλοῖς). Orientierung gibt dabei „der gesunde Menschenverstand“ (εὖ φρονεῖν), vgl. Herm. 84; Korus (1984) 298f. Dabei entspricht die Forderung, den Blick auf die soziale Lebenspraxis zu richten, wiederum einer philosophischen Haltung, die das πρᾶγμα des Menschen innerhalb seiner Gesellschaft in den Mittelpunkt ihres Fragens stellt, vgl. Pl. Apol. 32a4-5 (Μεγάλα δ' ἔγωγε ὑμῖν τεκμήρια παρέξομαι τούτων, οὐ λόγους ἀλλ' ὃ ὑμεῖς τιμᾶτε, ἔργα). Zur Verbindung von Glück und vita activa (χρὴ δὲ τὸν ἀγαθὸν ἄνδρα ἐνεργὸν εἶναι) vgl. Aristot. pol. 1253a, NΕ 1098a16-20. Billault (2010) 158 erkennt hier einen Einfluss durch die Stoa, v. a. Marc Aurel („le prince répète souvent qu’il faut agir en toute chose d’une manière utile à la communauté et que c’est la un devour absolu“): Vgl. M. Aur. 7.5 (ὅ τι γὰρ ἂν δι' ἐμαυτοῦ ἢ σὺν ἄλλῳ ποιῶ, ὧδε μόνον χρὴ συντείνειν, εἰς τὸ κοινῇ χρήσιμον καὶ εὐάρμοστον), 3.4-5, 5.33, 6.7, 7.74, 9.6, 11.4., 12.23. Tatsächlich gibt es Konvergenzen mit der stoischen Vor- 122 stellung, durch Teilhabe am Gemeinwesen partizipiere der Mensch exemplarisch an der Ordnung, dem Kosmos, in dem alle verwandt sind: Vgl. M. Aur. 7.9 (Πάντα ἀλλήλοις ἐπιπλέκεται), 7.13, 8.10, 9.1, 10.6. Doch ist die Thematik in Luc. Apol. nicht politische Philosophie, sondern Teil einer argumentativen Linie: der Strategie der comparatio, wonach die μισθοφορία des Sprechers auf ein universelles Gesetz zurückzuführen sei. 199 Lukian leitet gerne bekannte Homerverse mit τὸ Ὁμηρικὸν ἐκεῖνο ein, vgl. DMort. 21.1, Herc. 8, Icar. 10, Im. 22, ITr. 14, sowie Merc.Cond. 16. 200 Das Homerische Hemistichion Il. 18.104b stellt den 14.2-7 beschriebenen ἀγαθὸς ἀνήρ, der es als Schmach empfindet, der Gesellschaft keinen Nutzen zu bringen, neben den Helden Achilles. Nachdem er vom Tod seines Freundes Patroklos erfahren hat, klagt Achill vor seiner Mutter Thetis, er habe den Gefährten, die Hektor zum Opfer fielen, nicht beigestanden und sitze nutzlos bei den Schiffen, vgl. 18.102-106 (οὐδέ τι Πατρόκλωι γενόμην φάος οὐδ' ἑτάροισι | τοῖς ἄλλοις, οἳ δὴ πολέες δάμεν Ἕκτορι δίωι, | ἀλλ' ἧμαι παρὰ νηυσὶν ἐτώσιον ἄχθος ἀρούρης, | τοῖος ἐὼν οἷος οὔ τις Ἀχαιῶν χαλκοχιτώνων | ἐν πολέμωι). Zu ἄχθος ἀρούρης vgl. Hom. Od. 20.379. Pl. Apol. 28d1-4 paraphrasiert Sokrates Achills Worte (Hintergrundfolie für das πρᾶγμα des Sokrates und seine gleichsam heroische Gleichgültigkeit gegenüber dem Tod). Die schol. ad Il. 18.104a arbeiten v. a. das Ruhmstreben, das sich hinter den Worten des Helden verbirgt, heraus (ἐχθρὸς γὰρ τῆς ἀργίας ὁ ἥρως, φιλότιμος δὲ περὶ τὰς πράξεις). Auch die politischen und gesellschaftlichen Tätigkeiten des Sprechers von Luc. Apol. erscheinen motiviert durch φιλοτιμία, das Streben nach Ehre und Anerkennung. Luc. Icar. 29 schimpft Göttervater Zeus im concilium deorum über die Nutzlosigkeit der Philosophen für die Welt: Auf sie passe der Homerische Halbvers (ἵνα καθ' Ὅμηρον εἴπω, “ἐτώσιον ἄχθος ἀρούρης”). Textkritisches: Bieten die Hss. ΓΕ (γ-Klasse) die Reihenfolge ἀρούρης ἄχθος, wurde in Γ a (β-Klasse? ) der Homerische Subtext erkannt und ἄχθος ἀρούρης gesetzt. Zur Popularität des Verses in der Kaiserzeit (u. a. bei Plutarch, Aristides) vgl. Bouquiaux-Simon (1968) 204 Anm. 55. 201 Textkritisches: Statt Macleods τῷ (ΕΓ d , parallel zu σοφῷ ὄντι μοι, abh. von ἐπιτιμήσουσιν) lese ich mit Nesselrath (1984) 591 partitives τῶν (Γ 1 ): Vgl. Luc. Sat. 2 (εἰμι […] τοῦ πολλοῦ δήμου εἷς). 202 Der Sprecher geht auf die Angriffe ad personam ein, v. a. auf den im Euripidesvers Apol. 5.3 implizierten Vorwurf, er sei ein ‚falscher Weiser‘. Die Vorwürfe gehen ins Leere, ist der Sprecher doch kein σοφός, sondern ein Mann aus dem Volk, ein ἰδιώτης. Vgl. Gall. 22 (der Schuster Mikyllos: τοῦ δήμου ὤν), Somn. 9 (τῶν ἐκ τοῦ πολλοῦ δήμου εἷς, als Erweiterung von 123 εἷς τῶν πολλῶν) über den kleinen ‚Lukian‘, der trotz einfacher Herkunft von Παιδεία überzeugt wird. Während niedrige Herkunft in der Literatur häufig als standardisiertes Invektivenmerkmal erscheint (vgl. Alex. 11 ἄμφω τοὺς γονέας ἀφανεῖς καὶ ταπεινούς, Fug. 27-28, Rh.Pr. 24 ironisches Eigenlob, ferner schon Demosth. or. 18.126 über Aischines ʼ ehrlose Herkunft: τίς ὢν κἀκ τίνων κτλ.) - allg. Koster (1980) 78 -, deutet der Sprecher hier sozialen Aufstieg als Möglichkeit der Rhetorik und generell παιδεία: Hierzu Schmitz (1997) 50-63 und Luc. Bis Acc. 27 (Ῥητορική über den armen Syrer, der durch sie zu Geld gekommen sei), Somn. 18 (Fiktion, der kleine ‚Lukian‘ sei aus einfachem Hause zu Bildung und Ansehen gekommen) mit Humble/ Sidwell (2006), Pirrotta (2012) 376f. Mit der Selbststilisierung als ἰδιώτης setzt sich der Sprecher von vermeintlichen Philosophen ab und stellt sich sogar in die Tradition des Sokrates - vgl. Camerotto (2014) 106 mit Anm. 349 -, der es in seiner „Apologie“ ebenfalls von sich weist, weise zu sein (Apol. 21b ἐγὼ γὰρ δὴ οὔτε μέγα οὔτε σμικρὸν σύνοιδα ἐμαυτῷ σοφὸς ὤν, 20d-2), vgl. Brancacci (1997), Erler (2012) 104. Zur Sokratesnachwirkung in der Kaiserzeit vgl. Döring (1979) und z. B. Luc. Demon. 5 (ἐῴκει δὲ τῷ Σωκράτει μᾶλλον ᾠκειῶσθαι). Der Werdegang des Sprechers klingt auch hier an die Worte des Platonischen Sokrates der „Apologie“ an (s. u.). Dabei dient das Sokratesbild wie in Somn. zur Rechtfertigung des eigenen rhetorischen Erfolgs aus kleinen Anfängen. Die Verbindung der Sokratesnachfolge mit rhetorischem Erfolg ist kein Widerspruch: Sokrates galt schon der Antike als Sophist (Aristoph. Nub.; Aischin. Tim. 173 Σωκράτην μὲν τὸν σοφιστὴν): Kerferd (1981) 55-57, Platter (2014) 143-147. 203 Der Sprecher erscheint in der Rolle des ἰδιώτης und Philosophen- Spötters, als der sich in Lukians Werken wiederholt die Sprecher-Instanz oder ein Protagonist inszeniert (z. B. Lykinos als ‚sokratisch‘-prüfender Gesprächspartner in Herm.): V. a. die ἀρετῆς ἄσκησις (Herm. 4, Nigr. 27) wird mit Spott bedacht. Vgl. zum unerreichbaren Berggipfel der Tugend Herm. 4, 79, zur vermeintlichen ‚Höhe‘ des Philosophen Herm. 3, 7, Ind. 26 (‚Hochkultur‘ des indoctus), Merc.Cond. 42, Vit.Auct. 23 (Chrysipp); allg. LSJ s. v. ἄκρος II.1. Zum Bild, ἀρετή sitze auf einem Berggipfel, den die Philosophen ersteigen wollen, vgl. Rh.Pr. 6, Merc.Cond. 42 (Symbol für bloßen Wunschtraum und vergebliche Mühe); zur Gipfelmetaphorik vgl. von Möllendorff (2000a) 205ff., Zweimüller (2008) 47-67. Wenn hier statt der diskreditierten philosophischen ἀρετῆς ἄσκησις eine realisierbare rhetorische λόγων ἄσκησις profiliert wird, entgeht der Sprecher dem διαφωνία-Vorwurf (Apol. 1), der die trifft, die den von ihnen propagierten ethisch-moralischen Maßstäben nicht entsprechen. 124 204 Wenn der Sprecher noch niemanden getroffen hat, der die an einen Weisen gestellten Bedingungen erfüllte, dann orientiert er sich auch an Sokrates ʼ Vorbild, der die Menschen darauf prüfte, ob sie weiser seien als er selbst (vgl. Pl. Apol. 20-21). Lukians Texte sind als Reflexe einer solchen Suche lesbar: So wären die Enthüllungen von Schein- und Unbildung ständige Falsifikationen der Annahme über die Existenz eines ‚wahren‘ Weisen. 205 δημοσίᾳ ist Adjektivattribut zu ῥητορικῇ und bezieht sich auf die öffentliche Vortragstätigkeit. 206 Zum Narrativ der Schauredner-Karriere vgl. Bis Acc. 27 (Ῥητορική berichtet, sie sei einst mit dem Syrer durch Italien und Gallien gereist, wo dieser zu Geld gekommen sei), Herc. 7 (das Redner-Ich spricht über frühere, inzwischen beendete epideiktische Aktivität): Dies ist nicht biographisch i. S. d. Abschieds von rhetorischer Tätigkeit zu lesen. Vgl. die überholte These von der ‚Bekehrung‘ ‚Lukians‘ von der Rhetorik zur Philosophie, die man aus seinem Werk zu extrapolieren glaubte: Vgl. Venchi (1934), Fumarola (1951); gegen solche Tendenzen Clay (1992) 3420-3425 (Betonung der meist ironischen Rolle Lukianischer Philosophen). Allg. zum Bekehrungs- Motiv Nock (1933). Doch liegt gerade im anti-rhetorischen Gestus Rhetorik! Vgl. Pisc. 7-9, 18, 23 Parrhesiades ʼ Inszenierung als gerissener Redner: Hatte er doch zuvor verkündet, von der Rhetorik Abstand genommen zu haben und zur Philosophie übergewechselt zu sein! Vgl. Whitmarsh (2001) 264: “The locus classicus for such recusation comes in Plato’s Apology of Socrates (Pl. Apol. 17a-b), an important intertextual reference point for Parrhesiades ʼ own apology. At the very point at which Lucian, in the guise of Parrhesiades, claims to reject rhetorical duplicity, he appropriates a celebrated rhetorical topos” und ebd. 263f. mit Anm. 74-75. 207 Textkritisches: Sommerbrodt (1889) LXXXIV änderte zu ἐνέτυχον ὑμῖν. Dies ist unplausibel, da so Sabinos als μεγαλομίσθος τῶν σοφιστῶν erschiene. Hier ist jedoch der Sprecher gemeint; als erfolgreiche Starsophisten treten auch die Sprecher-Figuren in Lukians προλαλιαί auf. 208 Zum Adjektiv μεγαλομίσθος vgl. Poll. 4.43 (Attribut für erfolgreiche Sophisten: εἴποις δ' ἂν τοὺς μὲν μείζους σοφιστὰς μεγαλομίσθους, δημοτελεῖς, πανδήμους, παγκοίνους, τοὺς δ' ἐλάττους ὀλιγομίσθους); Ath. deipn. 13.569a (Hetären); Luc. Herm. 57 (Priester); Cass. Dio 67.3.5 (Söldner); Swain (2007) 25: “The adjective […] has a brash tone. [...] The implication of what Lucian says is that sophists earned too much, but, at the same time, that his own rhetorical skills had allowed him to catch them up.” Zu hohen sophistischen Honoraren vgl. Pl. Tht. 161d8-9 (Protagoras: μετὰ μεγάλων μισθῶν); in der Kaiserzeit hatten die Gehälter berühmter Sophisten und 125 Redelehrer unermessliche Höhen erreicht: Vgl. Luc. Rh.Pr. 2 (ἔνδοξοι καὶ πλούσιοι καὶ νὴ Δί' εὐγενέστατοι ἔδοξαν ἀπὸ τῶν λόγων), 6 (Nebeneinander der Allegorien Ῥητορική und Πλοῦτος), 9. Vgl. zum 1. Jh. n. Chr. Suet. gramm. 23.6; Plin. Mai. nat. 14.49 (400.000 Sesterzen für Quintilians Lehrer Quintus Remmius Palaemon), zum 2. Jh. Philostr. VS 519 (Lohn von 30 Talenten für Skopelianos aus Klazomenai, den Lehrer des Multimillionärs Herodes Atticus), 538 (Polemons Lohn für drei Deklamationen in Höhe von 250.000 Drachmen; er hatte das Angebot von 150.000 verschmäht), 591 (Ablehnung des Chrestos von Byzanz, den kaiserlichen Rhetoriklehrstuhl in Athen mit einer Besoldung von 10.000 Drachmen zu übernehmen, da er mit seinen Privatschülern mehr Geld verdiente), VS 615 (Möglichkeit, sich mittels hoher Einnahmen teure Ländereien zu leisten); ferner I. Ephesos 1548 = Kaibel 877a (Epigramm auf den σοφιστής Soteros, dem die Stadt Ephesos einen Rhetorik-Lehrstuhl mit einer Besoldung von 10.000 Drachmen zur Verfügung stellte; bes. V. 3-4 πρώτῳ δὲ ἀντ ̍ ἀρετῆς τε βίου σοφίης τε λόγο[ιο | ὥρισαν ἐν τιμαῖς μυρ[ία] δῶρα τελεῖν). Vgl. allg. Hahn (1989) 97, Forbes (1942) 45 (“it was a golden age, and they lived in ease and luxury, admired by all and not made uncomfortable by the annoying questions of Socrates”). Lukian folgt i. d. R. der Auffassung, einem erfolgreichen Sophisten stehe hoher Lohn zu, während ein Philosoph kein Honorar annehmen dürfe. Zu dieser Tradition vgl. Betz (1972) 108-112, Döring (1979) 65-67. 91-97, bes. 93 mit Anm. 30. Auch Lukians Nigrinos lehrt unentgeltlich, vgl. Nigr. 25-26, Lohn nehmende Philosophen werden verspottet, vgl. DMort. 20.11, Merc.Cond. passim, Nec. 5; allg. Forbes (1942) 42. Dagegen hat ein Sophist qua Profession Recht auf hohes Honorar. 209 Die Selbstbezeichnung σοφιστής entspricht dem Bild, das sich aus Lukians προλαλιαί ergibt: Dort erscheint der Sprecher laut Zweimüller (2008) 78 „als Sophist unter Sophisten, gleichzeitig aber ein kritischer Beobachter dieses Phänomens der Kaiserzeit, der durch vielfältige, innovative Umsetzung des gemeinsamen griechischen Erbes seinen Teil zur Selbstwahrnehmung der zeitgenössischen Elite beiträgt.“ Vgl. Baldwin (1973) 9 (“Lucian was as dedicated to fame and fortune as any orthodox sophist. The author of the Nigrinus, the Demonax, and the De Mercede Conductis was not ashamed to remind audiences that he won reputation and wealth in Gaul”). Lukians Verwendung von σοφιστής ist insg. jedoch ambivalent (vgl. Rh.Pr. 1: τὸ σεμνότατον τοῦτο καὶ πάντιμον ὄνομα σοφιστὴς) und entspricht dem Gebrauch bei Literaten des 2./ 3. Jh. n. Chr.: Zum noch wirksamen semantischen Oszillieren zwischen „Weiser“, „Rhetoriklehrer“ und „Schwindler“ vgl. schol. ad Rh.Pr. 1 (τὸ τοῦ σοφιστοῦ ὄνομα τριχῶς παρὰ 126 τοῖς παλαιοῖς διανενόηται); Peregr. 13 ist im Rahmen der Christen-Polemik gar vom „gekreuzigten Sophisten“ die Rede, vgl. Wyss (2014). (Dagegen wird Method. Symp. 7.5.14-15 der Teufel selbst als ὁ τῆς κακίας σοφιστής bezeichnet.) Zu den Nuancen von σοφιστής vgl. Poll. 4.41. Der erfolgreiche Sophist war allen Widersprüchlichkeiten zum Trotz männlich, gebildet in griechischer Kultur und ein politischer Machtträger (“gender, culture, class”): Whitmarsh (2005) 14f. 32. Zu den Implikationen des Begriffs seit klassischer Zeit: Kerferd (1981), Rothe (1989) 11f., Schmitz (1997) 12 Anm. 11. 15 (positiver Gebrauch in Ehreninschriften), Whitmarsh (2005) 15-19. Zum negativen Gebrauch - ein wohl platonisches Erbe: Zweimüller (2008) 173 Anm. 490. Aufgrund epigraphischer wie literarischer Befunde folgert Puech (2002) 12: „Le terme «sophiste» peut donc prendre des nuances différentes, de même que, selon le contexte, ses connotations peuvent être laudatives, péjoratives ou neutres, souvent chez le même auteur.“ 210 Wie Sokrates Pl. Apol. 23b thematisiert der Sprecher seine ἀσχολία (vgl. 23b8-9 ὑπὸ ταύτης τῆς ἀσχολίας οὔτε τι τῶν τῆς πόλεως πρᾶξαί μοι σχολὴ γέγονεν ἄξιον λόγου οὔτε τῶν οἰκείων): Doch während die Ruhelosigkeit Sokrates arm machte, deutet ἀσχολία hier auf die öffentlichen Aufgaben (vgl. lat. negotia) des erfolgreichen Sophisten. 211 Die Abschlussformel beendet den Redeagon (§§2-7, 8-15), vgl. zur Technik Salt. 85 (Ταῦτά σοι, ὦ φιλότης, ὀλίγα ἐκ παμπόλλων παρέδειξα), Symp. 26 (Ταῦτά σοι ἀπὸ πολλῶν ὀλίγα παρεθέμην). 212 Die Wendung τὴν λευκὴν (sc. ψῆφον) […] πλήρη […] φέρεσθαι deutet auf eine Abstimmungspraxis athenischer Gerichte des 5./ 4. Jh. v. Chr. Vgl. Aristot. Ath. pol. 68.1-69.2: Zur Abstimmung erhielt jeder Richter zwei Stimmsteine aus Bronze, einen durchbohrten (ψῆφος τετρυπημένη oder τρυπητή) und einen vollständigen (ψῆφος πλήρης): Vgl. Aischin. Tim. 79; Poll. 8.123. Jeder Richter brachte die Steinchen zu einer bronzenen Amphore: Steckte er den durchbohrten durch einen Schlitz, entschied er sich für den Kläger, während der massive dem Angeklagten Recht gab. Überwiegend durchbohrte Steine bedeuteten die Verurteilung des Angeklagten, massive Steine dessen Freispruch. Vgl. schol. ad Aristoph. Vesp. 978a. Die massiven Steinchen (Freispruch) konnten durch weißen, die durchlöcherten (Verurteilung) durch schwarzen Anstrich leichter identifiziert werden: Vgl. Ov. met. 15.41-42 (mos erat antiquus niveis atrisque lapillis, | his damnare reos, illis absolvere culpa); Luc. Bis Acc. 35. Dies geht auf ein Losverfahren mit weißen und schwarzen Bohnen zur Magistratenwahl zurück: Wer eine weiße Bohne zog, wurde gewählt. Vgl. Hdt. 6.109.2; Aristoph. Av. 1022; Xen. mem. 1.2.9; Plut. Per. 27.2-3; Luc. Vit.Auct. 6. Zur Metaphorik 127 von λευκὴ ψῆφος als „Zuspruch, Entscheidung für jmd.“: Luc. Harm. 3; vgl. ferner proverbial Diogen. 6.9 CPG (ἐπὶ τῶν εὐδαιμόνως βιούντων). 213 Der Sprecher wendet sich an die unbestimmte Menge der Ankläger, deren Worte Sabinos in der ‚Anklage‘ (§§2-7; vgl. 3.18 πρὸς τοὺς κατηγοροῦντας) wiedergegeben hatte. Das Adverb συνάμα (pleonastisch σύν + ἅμα) kam in der Kaiserzeit in Mode: Vgl. Merc.Cond. 1, Bis Acc. 11, Pisc. 51. Die anti-rhetorische Gleichgültigkeit gegenüber den Anklägern i. S. d. Verweigerung gängiger Gerichtspraktiken folgt wiederum selbst einer rhetorischen Topik: Vgl. Pl. Apol. 34c; Isokr. or. 15.321; Luc. Pisc. 8. 214 Vgl. Hdt. 6.126-130: Der Athener Hippokleides, Sohn des Teisandros, warb um Agariste, die Tochter des Tyrannen von Sikyon Kleisthenes. Trotz guter Aussichten unterlag er wegen eines gesellschaftlichen Affronts: Bei einem Gastmahl soll Agaristes Ehemann ermittelt werden. Während des Wettkampfs unter den Freiern lässt Hippokleides einen Tisch hereintragen und beginnt darauf zu tanzen; u. a. macht er einen Kopfstand und wirbelt mit den Beinen in der Luft (129.3). Kleisthenes, empört über diese Schamlosigkeit (ἀναιδείη), brüllt, Hippokleides „habe soeben seine Ehe vertanzt“ (129.4). Darauf antwortet Hippokleides: Οὐ φροντὶς Ἱπποκλείδῃ (129.4). Vgl. Stein-Hölkeskamp (1989) 117-119, bes. 118 Anm. 62, Scott (2005) 428f. Schon Hdt. 6.130.1 erscheint die Episode als Aition für ein Sprichwort (ἀπὸ τούτου μὲν τοῦτο ὀνομάζεται): Vgl. Hermipp. fr. 16 PCG (Δημόται: 5. Jh. v. Chr.); Ps.-Luc. Philopatr. 29 (Gleichgültigkeit gegenüber den Ansichten anderer: τοὺς δὲ λοιποὺς ληρεῖν ἐάσωμεν ἀρκεσθέντες ὑπὲρ αὐτῶν εἰπεῖν τὸ Oὐ φροντὶς Ἱπποκλείδῃ κατὰ τὴν παροιμίαν); Luc. Herc. 8 (Gleichgültigkeit gegenüber Vorwürfen) mit schol. ad loc. (παροιμία […] ἐπὶ τῶν ⌊ μὴ πάνυ ⌋ σπουδαίων ⌊ ἡμῖν λ ⌋ εγομένη ἀλλὰ κατὰ ⌊ τὸ εὐ ⌋ καταφρόνητον μετα ⌊ χει ⌋ ριζομένων), schol. ad Apol. (ἐπὶ τῶν ἄγαν καταφρονούντων τινὸς καὶ ἀπεριμερίμνως διακειμένων ⌋ ); Lib. ep. pseud. 1 (Zitat am Briefende), ep. 1025 (angedeutet? ); Iul. or. 9.182b; Allen (1908): “the words, as a catch-phrase, expressed mere reckless indifference”. Vgl. spätere Sprichwortsammlungen: Diogen., Hesych., Sud., Zenob. jeweils s. v. (Apostol.-Arsen. 9.19b CPG rekurriert auf Luc. Apol.). Die Worte des ‚Proto‘-Tänzers Hippokleides beschließen die Schrift humorvoll und pointiert. Inhaltlich deutet der Bezug auch auf die Wandelbarkeit der Rolle des Sprechers in Apol. Er entzieht sich den Anklägern, die er, wie Hippokleides seine Rivalen bei Herodot, als düpierte und verlachenswerte Narren zurücklässt. Auch der Sprecher entgeht seinen Anklägern gewissermaßen tänzerisch. Luc. Salt. (z. B. 19, 67) gibt es zwischen Tänzern und Sophisten Gemeinsamkeiten: Der technisch perfekte 128 ὀρχηστής erscheint als Idealbild des πεπαιδευμένος. Vgl. Lada-Richards (2007) 96f., Schlappbach (2008) 326 (“Although the medium is different - bodily movement, not speech - the issues and the examples used to address them are exactly the same”), Petrides (2013) 446 Anm. 41. Dies exemplifiziert der ägyptische Gott Proteus, der schon Pl. Euthyd. 288b8, Ion 541e aufgrund seiner Wandelbarkeit (vgl. Hom. Od. 4.417-422) als Αἰγύπτιος σοφιστής und Prototyp für Rhapsoden oder Sophisten erscheint. In der Kaiserzeit wird er zum Inbegriff des mimetische Fähigkeiten besitzenden Performers: Vgl. Dion. Hal. Demosth. 8 (der Meergott als positives Bild für das rhetorische Talent des Demosthenes); Luc. DMar. 4 (Meister der Täuschung), Salt. 19 (Tänzer). Lukian schließt seine Texte gerne mit Zitaten: Vgl. Luc. Dips. 9 (Platonzitat), Herc. 8 (Hom. Od. 18.74), ITr. 53 (vgl. Hdt. 3.153ff.), Merc.Cond. 42 (Pl. rep. 617e4-5), Pseudol. 32 (Anklang an Eur. Bacch. 386-388), Scyth. 11 (Soph. Philokt. 780; Eur. IA 1596; Theokr. 22.22), Symp. 48, Trag. 325-334 (Parodie einer Euripideischen Exodos); ferner Ps.-Luc. Philopatr. 29 (wie Apol. 15: Hdt. 6.129.4). 215 Das Gebiet der Κελτικὴ χώρα definiert Strabo geogr. 4.1.1 als die Landmasse zwischen Atlantik und Mittelmeer sowie zwischen Pyrenäen und Rhein (mit der Alpenkette als Grenzabschnitt im Südosten). Das Territorium der westlichen Kelten war nur z. T. romanisiert, folgt man dem Sophisten Favorinus von Arelate (Arles), der (Ps.-)Dion or. 37.27 seinen ungewöhnlichen Bildungsweg rühmt. Auf eine etablierte gallische Rhetoren- Ausbildung deuten dagegen Juv. 7.147-149, 15.110-112. Besonders Massilia (Marseille) in der Gallia Narbonensis galt laut Strab. geogr. 4.1.5 als exzellente Ausbildungsstätte mit großem Bedarf an Rhetoriklehrern (σοφιστὰς γοῦν ὑποδέχονται τοὺς μὲν ἰδίᾳ, τοὺς δὲ πόλεις κοινῇ μισθούμεναι). Hier, wo es eine griechische Vorgeschichte gab und Einwanderer aus östlichen Reichsprovinzen nachgewiesen wurden - Wierschowski (1995) 45. 63 -, ist die genannte rhetorische Tätigkeit vorstellbar. Vgl. das setting in der keltischen Peripherie Luc. Herc., Bis Acc. 27, Somn. 15 (ἄχρι πρὸς τὰ ἑσπέρια πόλεις καὶ ἔθνη καὶ δήμους). Pretzler (2007) 128f. sieht Gallien als “niche market in the West” für sophistische ‚Außenseiter‘ wie Lukian. Es gab mehrere Gründe für einen πεπαιδευμένος wie Sabinos, das westliche Ende der Welt zu besuchen: Zum Folgenden luzide Fron (2016). Dies waren a) die Begleitung eines römischen Amtsinhabers (vgl. Philostrat im Gefolge Caracallas: VS 625-626; ferner Iulians Gallienreise, wobei er Philosophen mit sich führte: Iul. ep. 13 ἱστορῆσαι δέ σοι τὸν ὠκεανὸν ἐθέλοντι), um etwa als Gesandter seiner Polis aufzutreten (Philostr. VS 560: Herodes 129 Atticus); b) der Dienst im dort stationierten Heer oder als Provinzverwalter (Cass. Dio 49.36.4); c) um Kuriositäten und Wissenswertes kennenzulernen: Vgl. den φιλοθεάμων Kleombrotos von Sparta Plut. de defect. or. 2 (410a-b). Ein Weg durch Gallien konnte die Säulen des Herakles jenseits von Gadeira (Cádiz) zum Ziel haben (Aristid. or. 36.91), wobei man sich auf Herakles ʼ Spuren wähnte: Vgl. Ps.-Aristot. de mirabil. auscultat. 85, 837a8-10 (Ἐκ τῆς Ἰταλίας φασὶν ἕως τῆς Κελτικῆς καὶ Κελτολιγύων καὶ Ἰβήρων εἶναί τινα ὁδὸν Ἡράκλειαν καλουμένην). Zum Interesse am Ozean im Westen: Paus. 1.4.1; Philostr. VA 5.2 p. 86; Him. or. 19.5-6. Zur Reiselust eines πεπαιδευμένος: Luc. Electr. 2 (zum Fluss Eridanos in Norditalien), Tox. 27 (zu den ägyptischen Pyramiden und dem sagenhaften Memnon- Koloss: wie Apol. 15.10 κατὰ θέαν). Reisen erschien so als Privileg und diente generell der Selbst-Repräsentation der gebildeten und reichen Elite: Zu den bei Lukian erwähnten ägyptischen ‚Touristenattraktionen‘: Adams (2007) 169-178. Zum Reisen bei Lukian: Roussel (2003), Pretzler (2007) 123. 127 (“In fact, acquiring a respectable level of paideia usually meant going abroad”), 136f., Gómez Espelosín (2010). Die biographische Fiktion, es sei einst zu einem Treffen von Sprecher und Sabinos in der Κελτική gekommen, erhält im Kontext von Apol. eine besondere Funktion: Die rhetorischen Tätigkeiten des Sprechers in dieser nordwestlichen Region des Römischen Reichs liegen - vom Zentrum Rom aus gesehen - achsensymmetrisch zu seiner Betätigung in der (vom Zentrum aus) südöstlichen Provinz Ägypten: Die ῥητορικὴ τέχνη gab und gibt dem Sprecher die Möglichkeit, in ferne und ‚exotische‘ Regionen zu reisen und sich dort zu betätigen. Im Gegensatz zu den in Merc.Cond. als Protagonisten auftretenden Gebildeten hat der Sprecher von Apol. als erfolgreicher Sophist die Möglichkeit, die verschiedenen ‚Enden‘ des Imperiums zu bereisen: Lukians Text deutet auf das universale Konzept des römischen Weltreichs im 2. Jh. n. Chr., das gekennzeichnet ist von Einheit, Mobilität und unbegrenzten Möglichkeiten: illustriert an sophistischer Tätigkeit. 131 D. Literaturverzeichnis Abkürzungen ANRW: Temporini, H./ Haase, W. (Hgg.), Aufstieg und Niedergang der Römischen Welt, Berlin 1972-. CAF: Kock, Th., Comicorum Atticorum Fragmenta, 3 Bde., Leipzig 1880-1888. CMG: Mewaldt, J. et al. (Hgg.), Corpus Medicorum Graecorum, Berlin 1907-. CPG: Leutsch, E./ Schneidewin, F. (Hgg.), Corpus Paroemiographorum Graecorum, 2 Bde., Göttingen 1839-1851 (Ndr. Hildesheim 1965). DK: Diels, H./ Kranz, W. (Hgg.), Die Fragmente der Vorsokratiker, gr. und dt., 3 Bde., Berlin 8 1956. DNP: Cancik, H./ Schneider, H. (Hgg.), Der Neue Pauly. Enzyklopädie der Antike, Stuttgart 1996-. FGrH: Jacoby, F. et al. (Hgg.), Die Fragmente der Griechischen Historiker, Berlin/ Leiden 1923-. HWRh: Ueding, G. (Hg.), Historisches Wörterbuch der Rhetorik, Tübingen 1992-. IG: von Wilamowitz-Moellendorff, U. et al. 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(λευκὴ/ πλήρης) ψῆφος Gesetzgeber 11, 14, 34, 57 Helena 17, 38, 53, 74, 84, 95 Herakles 57, 90, 129 Hermes 7, 13, 24, 25, 26, 27, 42, 55, 71, 77, 81, 82 Hermes Chthonios 55, 82 Hermes Logios 26, 42, 53, 78, 82 Hippokleides 65, 127 Homer/ Homerisch 25, 59, 89, 95, 102, 103 Innovation (literarisch) 29 Kaiserkult 16, 105, 118 Keltisch s. Κελτική Kleopatra 14, 57 Korpus 7, 30, 39, 81 Kreon 57, 90 Kroisos 53 Kroton(iaten) 55, 84 Kyniker/ Kynismus 25, 27, 103 44, 45, 48, 78 158 Lachen 68, 80, 90 Lehrer (Sophist) 25, 27, 41, 47, 78, 99, 123, 125, 129 Maskenwechsel s. προσωπεῖον/ πρόσωπον Medea 61, 85, 102, 103, 104, 106 Midas 53, 77 Modell-Leser 36, 67 offensio 11, 29 Paktolos 53, 77 Parabase (Alte Komödie) 33 , 35, 44 patronatus (Patronage- Verhältnis) 18, 109 performance des Sophisten/ Schauspielers 32, 103, 118 peroratio 15 Plagiat(svorwurf) 11, 40 Polos (Schauspieler) 57, 90, 91 Polyphonie (lit. Erzeugung von ~) 7, 42 praeteritio 12, 14, 93, 94, 100, 104 Priamos 96 Protreptisch/ Protreptik 22, 47, 48, 80 (fiktive) Prozess-Szenarien 40 Rolle(ntausch) s. προσωπεῖον/ πρόσωπον Sklaverei (metaphorisch) 55 refutatio 14, 22, 41 remotio 12, 14, 94, 97, 99, 100 Sabinos (fiktiver Adressat von Apol.) 11, 13, 15, 19, 26, 30, 32, 36, 38, 43, 44, 53, 66, 67, 68, 69, 70, 72, 73, 75, 76, 77, 78, 79, 80, 81, 82, 83, 91, 92, 95, 100, 104, 124, 127, 128, 129 Salaithos 11, 14, 55, 83, 84, 99, 121 Schmeichelei (vgl. κόλαξ / κολακεία) 14, 25, 59, 100 Schneiden und Brennen 13, 53, 76 Sokrates 12, 21, 33, 38, 44, 69, 70, 74, 85, 122, 123, 126 Sophist 7, 17, 25, 44, 45, 46, 47, 48, 65, 66, 67, 70, 75, 85, 92, 105, 110, 112, 113, 114, 117, 124, 125, 126, 127, 128 (Zweite) Sophistik 16, 41, 43, 67, 99 status qualitatis (vgl. ποιότης) 12, 94, 97, 99, 102, 104 subiectio 31 Synkrisis (verschiedener βίοι) 12, 104 Tanz/ Tanzkunst 14, 25, 28, 32, 88 Theognis 61, 80, 103 Timarchos s. Aischines Timokles (fiktiver Adressat von Lukians Merc.Cond.) 11, 39, 66, 67 Triptolemos 46, 47 Troia/ Troer 53, 74 Zaleukos s. Salaithos Zeus 24, 27, 53, 55, 65, 77, 96, 122 Zitat 80, 89, 127 159 Namen- und Sachregister (griechisch) ἀντίστασις 14, 104, 108, 121 ἀπολογία 20, 21, 22, 26, 27, 29, 32, 41, 66, 74 ἀρετή 123 βασιλεύς 86, 104 βιβλίον 19, 39, 52, 54, 60, 67, 79, 83 βίος 12, 21, 44, 46, 47, 48, 72, 104, 106, 121 διαφωνία 13, 26, 52, 71, 72, 123 δὶς διὰ πασῶν (sc. χορδῶν συμφωνία) 60, 105 δόξα 85, 113 δουλεία 60, 107 ἔθνος 18, 62, 108, 112 εἰσαγωγεύς 110, 115 Ἐλευθερία (personif.) 70 ἐμπειρία 54, 79 ἐπίδειξις 26, 78 ἐπίτροπος 18, 109, 112 ἡδονή 70 ἠθοποιία 42 ἰδιώτης 122, 123 ἱστορία 54, 79 κατηγορία 27, 41, 69 Κελτική 64, 128, 129 κόλαξ/ κολακεία 25, 58, 70, 86, 100 κυνδαλισμός 98 λόγος 13, 22, 39, 67, 73, 76, 80, 95, 105, 118 μετάστασις 14, 97, 99 μισθός/ μισθοφορία 12, 15, 106, 109, 114, 121, 122 μοῖρα 96 παιδεία 28, 43, 46, 47, 75, 116, 117, 123 Παιδεία (personif.) 27, 45, 46, 47, 48, 75, 78, 113, 121, 123 παλινῳδία 13, 17, 20, 37, 38, 42, 74 ποιότης 12, 94, 99 προλαλιά 30, 71 προστασία 18, 109 προσωπεῖον/ πρόσωπον 13, 32, 34, 35, 36, 37, 38, 47, 52, 56, 76, 85 σκηνή 76 σοφιστής 27, 44, 66, 125, 128 σοφός 56, 64, 122 στρατόπεδον 18, 109 συγγνώμη 14, 15, 94, 99, 101 σύγγραμμα 19, 39, 52, 54, 67, 72, 73, 78 σφραγίς 41 σωρός 120 ὕβρις 24, 25, 97 ὑπόκρισις/ ὑποκρίνεσθαι 31, 32 φιλόσοφος (βίος) 44, 66, 75 φιλότης 54, 58, 78, 126 (λευκὴ/ πλήρης) ψῆφος 126 ὀστρακίνδα 52, 70 Classica Monacensia Münchener Studien zur Klassischen Philologie herausgegeben von Martin Hose und Claudia Wiener Bisher sind erschienen: Band 20 Stephen M. Wheeler Narrative Dynamics in Ovid’s Metamorphoses 2000, VIII, 174 Seiten €[D] 44,00 ISBN 978-3-8233-4879-5 Band 21 Peter von Möllendorff Auf der Suche nach der verlogenen Wahrheit Lukians Wahre Geschichten 2000, XII, 622 Seiten €[D] 74,00 ISBN 978-3-8233-4880-1 Band 22 Gerlinde Bretzigheimer Ovids Amores Poetik in der Erotik 2000, 310 Seiten €[D] 48,00 ISBN 978-3-8233-4881-8 Band 23 Sven Lorenz Erotik und Panegyrik Martials epigrammatische Kaiser 2001, X, 302 Seiten €[D] 48,00 ISBN 978-3-8233-4882-5 Band 24 Christos Karvounis Demosthenes Studien zu den Demegorien orr. XIV, XVI, XV, IV, I, II, III 2002, 383 Seiten €[D] 58,00 ISBN 978-3-8233-4883-2 Band 25 Petra Riedl Faktoren des historischen Prozesses Eine vergleichende Untersuchung zu Tacitus und Ammianus Marcellinus 2002, 441 Seiten €[D] 58,00 ISBN 978-3-8233-4884-9 Band 26 Markus Schauer Tragisches Klagen Form und Funktion der Klagedarstellung bei Aischylos, Sophokles und Euripides 2002, 381 Seiten €[D] 54,00 ISBN 978-3-8233-4885-6 Band 27 Karl Bayer Suetons Vergilvita Versuch einer Rekonstruktion 2002, XIV, 361 Seiten €[D] 56,00 ISBN 978-3-8233-4886-3 Band 28 Christian Zgoll Phänomenologie der Metamorphose Verwandlungen und Verwandtes in der augusteischen Dichtung 2004, 405 Seiten €[D] 68,00 ISBN 978-3-8233-6025-4 Band 29 Hellmut Flashar Spectra Kleine Schriften zu Drama, Philosophie und Antikerezeption 2004, 348 Seiten €[D] 78,00 ISBN 978-3-8233-6118-3 Band 30 Niklas Holzberg (Hrsg.) Die Appendix Vergiliana Pseudepigraphen im literarischen Kontext 2005, XX, 294 Seiten €[D] 58,00 ISBN 978-3-8233-6202-9 Band 31 Regina Höschele Verückt nach Frauen Der Epigrammatiker Rufin 2005, XII, 156 Seiten €[D] 48,00 ISBN 978-3-8233-6205-0 Band 32 Gunther Martin Dexipp von Athen Edition, Übersetzung und begleitende Studien 2006, XII, 287 Seiten €[D] 58,00 ISBN 978-3-8233-6242-5 Band 33 Patrizia Marzillo Der Kommentar des Proklos zu Hesiods „Werken und Tagen“ Edition, Übersetzung und Erläuterung der Fragmente 2010, LXXXVIII, 458 Seiten €[D] 88,00 ISBN 978-3-8233-6353-8 Band 34 Helmut Löffler Fehlentscheidungen bei Herodot 2008, X, 242 Seiten €[D] 58,00 ISBN 978-3-8233-6381-1 Band 35 Gregor von Nazianz Über Vorsehung Περὶ Προνοίας Herausgegeben, übersetzt und kommentiert von Andreas Schwab 2009, 142 Seiten €[D] 39,9,00 ISBN 978-3-8233-6418-4 Band 36 Peter Grossardt Achilleus, Coriolan und ihre Weggefährten Ein Plädoyer für eine Behandlung des Achilleus-Zorns aus Sicht der vergleichenden Epenforschung 2009, XII, 159 Seiten €[D] 39,9,00 ISBN 978-3-8233-6483-2 Band 37 Regina Höschele Die blütenlesende Muse Poetik und Textualität antiker Epigrammsammlungen 2010, X, 375 Seiten €[D] 68,00 ISBN 978-3-8233-6552-5 Band 38 Alexander Müller Die Carmina Anacreontea und Anakreon Ein literarisches Generationenverhältnis 2010, VIII, 300 Seiten €[D] 68,00 ISBN 978-3-8233-6575-4 Band 39 Andreas Patzer STUDIA SOCRATICA Zwölf Abhandlungen über den historischen Sokrates 2012, X, 370 Seiten €[D] 88,00 ISBN 978-3-8233-6579-2 Band 40 Maria Gerolemou Bad Women, Mad Women Gender und Wahnsinn in der griechischen Tragödie 2011, X, 442 Seiten €[D] 98,00 ISBN 978-3-8233-6580-8 Band 41 Karin Mayet Chrysipps Logik in Ciceros philosophischen Schriften 2010, 340 Seiten €[D] 78,00 ISBN 978-3-8233-6581-5 Band 42 Nikolaos Vakonakis Das griechische Drama auf dem Weg nach Byzanz Der euripideische Cento Christos Paschon 2011, 184 Seiten €[D] 48,00 ISBN 978-3-8233-6582-2 Band 43 Evanthia Tsigkana Studien zu Euripides’ Elektra Das Motiv der Erwartung im griechischen Drama 2012, 320 Seiten €[D] 78,00 ISBN 978-3-8233-6724-6 Band 44 Margot Neger Martials Dichtergedichte Das Epigramm als Medium der poetischen Selbstreflexion 2012, 392 Seiten €[D] 88,00 ISBN 978-3-8233-6759-8 Band 45 Isabella Wiegand Neque libere neque vere Die Literatur unter Tiberius und der Diskurs der res publica continua 2013, XIV, 362 Seiten €[D] 88,00 ISBN 978-3-8233-6811-3 Band 46 Sophia Bönisch-Meyer/ Lisa Cordes/ Verena Schulz/ Anne Wolsfeld/ Martin Ziegert (Hrsg.) Nero und Domitian Mediale Diskurse der Herrscherrepräsentation im Vergleich 2014, VIII, 485 Seiten €[D] 88,00 ISBN 978-3-8233-6813-7 Band 47 Fabian Horn Held und Heldentum bei Homer Das homerische Heldenkonzept und seine poetische Verwendung 2014, IV, 388 Seiten €[D] 88,00 ISBN 978-3-8233-6837-3 Band 48 Jan-Markus Pinjuh Platons Hippias Minor Übersetzung und Kommentar 2014, 264 Seiten €[D] 68,00 ISBN 978-3-8233-6849-6 Band 49 Olga Chernyakhovskaya Sokrates bei Xenophon Moral - Politik - Religion 2014, XII, 279 Seiten €[D] 58,00 ISBN 978-3-8233-6863-2 Band 50 Lukians Apologie Eingeleitet, übersetzt und erläutert von Markus Hafner 2017, 159 Seiten €[D] 38,00 ISBN 978-3-8233-8071-9 Band 51 Manuel Caballero González Der Mythos des Athamas in der griechischen und lateinischen Literatur 2017, 628 Seiten €[D] 88,00 ISBN 978-3-8233-6991-2 Band 52 Philipp Weiß Homer und Vergil im Vergleich Ein Paradigma antiker Literaturkritik und seine Ästhetik 2017, 392 Seiten €[D] 88,00 ISBN 978-3-8233-8110-5 Dieser Band bietet erstmals die vollständige Apologie des Lukian (2. Jh. n. Chr.) zusammen mit einer Einführung, einer adäquaten Übersetzung sowie hilfreichen kulturgeschichtlichen, literaturwissenscha lichen sowie philologischen Erläuterungen. Dabei kann die Apologie als zentrale literarisch-rhetorische Textform im Gesamtwerk Lukians sowie in der antiken Literatur generell verortet werden. Lukian gelingt es auf virtuose Weise, mit der Verwendung der dikanischen Redeform par excellence das ö entliche Prestige und den Erfolgsweg des Sophisten in der Kaiserzeit darzustellen. Gleichzeitig karikiert er die zeitgenössische rhetorische Praxis, indem er absurde Anlässe und Szenarien entwir . Lukian verteidigt so nicht ohne Selbstironie auch sein eigenes literarisches Programm gegen (imaginäre) Ankläger und Kritiker. ISBN 978-3-8233-8071-9