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Literatur am Rand/ Literature on the Margin

2013
978-3-8233-7764-1
Gunter Narr Verlag 
Eva Parra Membrives
Albrecht Classen

Literatur setzt sich aus vielen verschiedenen Texten zusammen - solchen, die zum Kanon gerechnet werden, und solchen, die, trotz ihres quantitativen Übergewichts, am Rande an gesiedelt sind, d.h. insbesondere Trivialliteratur, die wir gerade aus literatursoziologischer Sicht nicht ignorieren dürfen. Das Schlagwort ,trivial' fällt leicht, aber es genau zu definieren erweist sich als problematisch. Gab es z.B. Trivialliteratur auch schon in der Vormoderne? Warum entstehen überhaupt triviale Texte? Welche Bedürfnisse befriedigen sie? Welche Gestaltungs techniken werden dort eingesetzt? Was sagt die Trivialliteratur über das Lesepublikum bzw. deren Autoren aus? Diese und weitere Fragen werden von den Beiträgern zu diesem Band kritisch unter die Lupe genommen und anhand von exemplarischen Fällen sorgfältig analysiert.

Literatur am Rand Perspektiven der Trivialliteratur vom Mittelalter bis zum 21. Jahrhundert Literature on the Margin Perspectives on Trivial Literature from the Middle Ages to the 21 st Century Eva Parra-Membrives / Albrecht Classen (Hrsg./ Eds.) Popular Fiction Studies 1 Literatur am Rand Literature on the Margin Popular Fiction Studies edited by Eva Parra-Membrives and Albrecht Classen volume 1 Eva Parra-Membrives / Albrecht Classen (Hrsg./ Eds.) Literatur am Rand Perspektiven der Trivialliteratur vom Mittelalter bis zum 21. Jahrhundert Literature on the Margin Perspectives on Trivial Literature from the Middle Ages to the 21 st Century Bibliographic information published by the Deutsche Nationalbibliothek The Deutsche Nationalbibliothek lists this publication in the Deutsche Nationalbibliografie; detailed bibliographic data are available in the Internet at http: / / dnb.dnb.de. © 2013 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem und säurefreiem Werkdruckpapier. Internet: www.narr.de E-Mail: info@narr.de Printed in Germany ISSN 2197-6392 ISBN 978-3-8233-6764-2 Inhaltsverzeichnis Albrecht Classen Einleitung.................................................................................................................. 7 Cristina Alonso Villa The ‘post-‘ in the Bones: Temperance Brennan as a postmodern (post)feminist subject ............................................................................................ 33 Darío Barrera-Pardo The sound symbolism of velar sounds in English popular fiction ................. 47 Montserrat Bascoy Lamelas Die Super-Mütter der Gegenwart in Kerstin Giers mommy lit-Romanen..... 63 Rocío Carrasco Carrasco Masculinities, AIDS, and U.S. Science Fiction Cinema in the 80s ................... 79 Albrecht Classen Trivial Literature in Past and Present: Did the Middle Ages Know the Concept of Triviality? With a Focus on The Pleier’s Meleranz ......................... 93 Carme Farré-Vidal Public Spaces in Kathy Reichs’s Forensic Detective Fiction: Negotiating Social and Individual Identities ......................................................................... 117 Jörg Füllgrabe Hinauf zum Edelmenschen - Das Phänomen ‘Winnetou‘ und seine Präsenz vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart.......................................... 127 Elaine Hewitt and Marta Gómez Moreno The Entertaining World of Japanese Gothic Literature .................................. 141 Marija Javor Briški Viola Alvarez’ Die Nebel des Morgens. Eine Trivialisierung des Nibelungenliedes ................................................................................................. 157 Inhaltsverzeichnis 6 Francisco Manuel Mariño Die Wahrscheinlichkeit des Phantastischen: Alexander von Lernet-Holenias Der Baron Bagge ....................................................................... 167 Carlos Menéndez-Otero ABC’s Lost and the novel. An on-off relationship ........................................... 181 Marta Miquel-Baldellou Stephen King in Edgar Allan Poe’s Mirror: “Dolan’s Cadillac“ as a Variant of “The Cask of Amontillado“...................................................... 195 Agata Mirecka Man lernt denken mit diesem Text: Diabelli von Hermann Burger .............. 209 Eva Parra-Membrives Trivialität, Identitäten und DDR-Kriminalroman ........................................... 219 María Jesús Pérez Jáuregui Intersexual anxieties: Gender, sexuality, and the future of humanity in Storm Constantine’s The Enchantments of Flesh and Spirit ............................... 233 Jesko Reiling “Wird sie, das Aschenbrödel von der Kaiseralm, jemals einen Brautkranz tragen? “ Das Aschenputtel-Märchen in Liebesromanen seit dem 19. Jahrhundert..................................................................................................... 243 Gesa Singer Literarischer Anspruch und Trivialität. Martin Suters Der Koch.................. 257 Špela Virant Wanderungen der Untoten ................................................................................ 269 Juan Miguel Zarandona The Treatment of the Character of Merlin in the Spanish Comic El Aguilucho (1959) by Manuel Gago (1925-1980) ............................................ 279 Amira Žmiri Bilder aus dem bosnischen Leben in Anton Oskar Eugen Klaussmanns Erzählung Mustapha’s Teppich. Erzählung aus Bosnien ..................................... 293 Albrecht Classen Einleitung Im Juni 2012 fand die erste internationale Tagung zu dem Thema Literatura Trivial y de Entretenimiento an der Universidad de Sevilla, Spanien, statt, wo zentral die Frage nach der Bewertung von Trivialliteratur und allgemein unterhaltender Literatur im globalen und speziellen Kontext verfolgt wurde, ohne dass chronologische Eingrenzungen das Arbeitsgebiet einschränkten und ohne dass individuelle Nationalliteraturen oder Medien besonders privilegiert worden wären. Gewiss dominierten Beiträge aus dem germanistischen Gebiet, aber stets geht es nur um exemplarische Fälle, womit das Kollektiv an Aufsätzen trotz allem gemeinsame Ziele verfolgt, die auf das Verständnis von unterhaltender oder trivialer Literatur bzw. von solchen Filmen vom Mittelalter bis zur Gegenwart ausgerichtet sind. Eine Auswahl der in Sevilla gehaltenen, für den Druck aufbereiteten Beiträge findet sich hier versammelt, über die nachfolgend kurz reflektiert werden soll, um einen theoretischen Einstieg in diesen Sammelband zu ermöglichen. Zunächst aber besteht die Notwendigkeit, die generelle Überlegung erneut anzustellen, was wir unter diesen zwei Begriffen verstehen, wie sie sowohl historisch als auch zeitgenössisch aus heuristischen Zwecken einzusetzen wären, und wie wir sie u.U. von anderen literarischen Kategorien unterscheiden könnten. Es soll nicht darum gehen, erneut Eulen nach Athen zu tragen, denn die Diskussion zur Trivialliteratur ist schon seit langer Zeit geführt worden, ohne dass bisher zufriedenstellende Antworten darauf entwickelt worden wären. 1 Schließlich überschneiden sich sogenannte ‘gute’ oder ‘hochstehende’ Literatur und unterhaltsame, ‘einfache’ Literatur immer wieder, und wenn die erstere z.B. keinen Unterhaltungswert besitzt, wird sie ja auch nicht gelesen und verliert damit fast selbst schon an Wert. Im Unterschied dazu findet die Trivialliteratur allemal Leser, und dies in Massen, auch wenn, oder vielleicht gerade weil sie meistens der philosophischen Fundierung ermangelt oder keine kritische Probleme oder Fragen angeht, dafür im Bereich der einfachen Gefühlsgestaltung oder auf der Ebene der Spannung (Krimis) verweilt. Plumpe Erotik oder offene Lust an Gewaltdarstellung dominieren solche Texte, die schnell gelesen und schnell wieder vergessen 1 Peter Nusser, Trivialliteratur, (Sammlung Metzler, 262) Stuttgart, Metzler, 1991. Siehe auch die Beiträge zu Thomas Hecken, (Hrsg.), Der Reiz des Trivialen. Künstler, Intellektuelle und die Popkultur, Opladen, Westdeutscher Verlag, 1997, und zu Gert Theile, (Hrsg.), Das Schöne und das Triviale, München, Wilhelm Fink Verlag, 2003. Albrecht Classen 8 werden, handelt es sich eigentlich intentional um Eintagsfliegen, die dem ständigen Konsum genügen sollen, damit die Verlage die erwünschten Profite herausschlagen können. Tatsächlich literarische oder cinematographische Qualität beweist sich erst im Laufe der Zeit, nachdem sich ein Werk bewährt hat und sowohl die allgemeinen Rezensenten als auch die Kritiker zu befriedigen vermag, die viele verschiedene Dimension in ihm zu entdecken vermögen, und dies über verschiedene Zeitstufen und Kulturen hinweg. Natürlich beabsichtigt jeder Verlag, mit seinen Büchern gute Geschäfte zu machen, aber den Literaturwissenschaftler interessiert nicht so sehr der Marktwert eines Autors, sondern dessen Aussagefähigkeit, Stichwort ‘Relevanz’. Allerdings gilt genauso, dass nur weil ein Werk großen Erfolg hat, tausendfach gedruckt und verkauft, eventuell sogar verfilmt wird, wie es in den letzten Jahren mehrfach gerade mit so erfolgreichen Romanen wie Das Parfüm von Patrick Süskind (1985; verfilmt 2006 von Tom Tykwer) und Der Vorleser von Bernhard Schlink (1995; verfilmt 2008 von Stephen Daldry) geschehen ist, es sich nicht deswegen bloß um zweitrangige Literatur handelt. Die Liste von literarischen Mauerblümchen, unter denen sich bestimmt großartige Meisterwerke befinden, obwohl sie keine besondere Beachtung auf sich lenken oder nicht adäquat marktwirtschaftlich gefördert werden, ist sicherlich ungemein lang, aber es wäre hier unmöglich, auf Einzelheiten einzugehen, weil wir dann sogleich auf die Ebene von individuellen Interpretationen abheben müssten, 2 was uns aber nur vom Hundertsten zum Tausendsten führen würde. Schließlich erscheinen jedes Jahr tausende von neuen Romanen und noch viel mehr Erzählungen in der ganzen Welt, und selbst der eifrigste und beflissenste Leser bzw. Kritiker wird sich daher außerstande sehen, mit dieser immer mehr steigenden Flut zurecht zu kommen. Aber die Situation ist in früheren Jahrzehnten bzw. Jahrhunderten gar nicht so unterschiedlich gewesen, denn selbst bei nur einem Zehntel des heutigen Ausstoßes an Literatur vor ca. 100 Jahren wird es sich als unmöglich erweisen, einen auch nur annähernden Überblick der relevanten literarischen Werke zu gewinnen. Ob z.B. die Publikationen der heutigen Nobelpreisträger für Literatur mehr als einem kleinen, passionierten Kreis von Enthusiasten bekannt sein mögen, wäre als sehr zweifelhaft anzusehen. 3 Die 2 Ich erlaube mir aber, auf einen ganz neuen Fall hinzuweisen, mit dem ich mich intensiver beschäftigt habe und über den ich selbst auf der Tagung meinen Plenarvortrag hielt, nämlich die Romane der Renate Ahrens, die nach meiner Meinung eine hohe Anerkennung verdienten, bislang aber nur wenig Beachtung gefunden haben. Siehe meine Untersuchung “Self and Other in Contemporary German Literature, Confrontation with the Foreign World in the Novels by Renate Ahrens”, Journal of Literature and Art Studies 2.3 (2012), 365-76. 3 Die höchste Ehrung, die einem Schriftsteller zuteil werden kann, deutschsprachige Nobelpreisträger für Literatur, hg. von Krzysztof Ruchniewicz und Marek Zybura, Dresden, Neisse-Verlag, 2007. Einleitung 9 deutsche Trümmerliteratur oder diejenige der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts stellen nur noch Themen in der Germanistik dar, denn wir können kaum annehmen, dass sie heute noch viele begeisterte Leser finden würden. Wir kennen viele Beispiele aus dem Mittelalter, die handschriftlich nur unvollständig überliefert sind, von denen aber die heutige Forschung völlig überzeugt ist, dass es sich dabei um Meisterwerke der Weltliteratur handelt, so Hartmanns von Aue Erec, die anonyme Versnovelle Mauritius von Craûn oder das anonyme Heldenepos Kudrun (alle im Ambraser Heldenbuch von ca. 1504 - ca. 1514 enthalten). In der Moderne sehen wir uns genau den gleichen Problemen gegenüber, denn ob ein Theaterstück oder eine musikalische Komposition tatsächlich Wert besitzt, hängt nicht von der Popularität ab, sondern von der inhärenten Bedeutung und zeitlosen Aussagekraft. Die öffentliche Debatte verändert sich aber ständig, somit auch das Interesse, d.h. auch die Beliebtheit oder Anerkennung von früher hochverehrten Romanen oder Filmen. Dass es unendlich viele Rang- und Qualitätsunterschiede in der Literatur gibt, bedarf nicht der besonderen Betonung. Die Geschmäcker sind, wie das Sprichwort besagt, eben unterschieden, obwohl wir uns natürlich damit nicht einfach zufrieden geben können. Literatur besitzt immer einen Wert, wenn auch die Zielgruppen sich unterscheiden, denn sie ist überwiegend, selbst wenn nicht vollständig, durch das fiktionale Element bestimmt, verfügt über gewisse innere Freiheiten, kann also sogar irreale oder phantastische Themen und Motive entwickeln bzw. einsetzen, Objekte magischer Art einfügen, Ereignisse schildern oder Handlungen vorstellen, die nicht so recht mit der Realität übereinstimmen, dennoch auf diese reagieren, sich mit ihr auseinandersetzen - negativ oder positiv - und somit eine wichtige Funktion für viele verschiedene Leser- oder Zuhörergruppen einnehmen. Die Frage nach der spezifischen Differenz zwischen trivialer oder unterhaltender und ‘gehobener’ Literatur mag in Einzelfällen relativ einfach zu beantworten sein, vor allem wenn man die Stilebene, die Ausdrucksweise, das Thema oder die Struktur eines Textes bzw. das Anliegen und Vermögen des Autors/ der Autorin berücksichtigt. Aber viele Werke, die auf dem ersten Blick nur intendieren, Unterhaltung zu bieten, können sich bei genauerer Betrachtung als höchst bedeutungsvoll und diffizil erweisen, sei es, dass die scheinbar einfache sprachliche Gestalt zur inneren Aussage gehört, sei es, dass die Handlung oder die Beschreibung nur vordergründig schlicht oder naiv gestaltet sind, während der tiefere Gehalt sich erst allmählich dem aufmerksamen Leser/ Zuhörer eröffnet. Gewisse Texte, Filme, Bilder oder Kunstwerke sind wie guter Wein, der erst nach Jahren der Fermentierung seine volle Blüte erreicht und mundet. Was heute als Trivialliteratur erscheint, kann in der Zukunft als bedeutungsvoll gelten, während berühmte Romane oder Bilder im Laufe der Zeit ganz unvermutet sich als sekundär, klischeehaft oder minderwertig erweisen. Albrecht Classen 10 Wir müssen aber auch die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass unsere kanonischen Vorstellungen ganz falsch sind, denn nur weil ein Autor oder Dichter z.B. aus politischen Gründen hohe Anerkennung erwirbt, besagt dies keineswegs, dass er/ sie deswegen tatsächlich auch solide und die Zeiten überstehende Werke verfasste. Wir stehen also vor der sehr schwierigen, niemals ganz zufriedenstellenden, Aufgabe, wie wir einen Kanon bestimmen wollen. 4 Dieser Kanon aber, wie immer wir ihn auch definieren, hat stets zwei Dimensionen: horizontal auf den zeitgenössischen Kontext bezogen; und vertikal auf die früheren Epochen ausgerichtet. Hinsichtlich der Horizontale gilt, dass die Masse an Romanen, Erzählungen und Dramen heute ein unglaubliches Volumen angenommen hat, was die Differenzierung zwischen bloß unterhaltender, oft sogar nur trivialer, und dann bedeutungsvoller, aussagekräftiger Literatur höchst schwierig gestaltet. Hinsichtlich der Vertikale gilt, dass die zeitgenössische Literatur kaum ohne den tiefgreifenden Einfluss der mittelalterlichen zu denken wäre, wie es im vorliegenden Band Marija Javor Briški anhand einer modernen Nibelungenlied- Adaptation vor Augen führt (dazu weiter unten). Schlicht gefragt, was sollen Bibliothekare überhaupt in ihre Regale stellen? Bestseller-Listen sind sicherlich recht zweifelhafter Natur, während man sich dem Urteil beschlagener Literaturkritiker wohl eher wird anschließen wollen, nur streiten sich diese häufig und stellen gegenseitig ihre eigene Urteilsbefähigung in Frage. Außerdem besteht immer die Gefahr, dass eine solche Autorität von religiösen, ideologischen, ethnischen oder Gender- Vorurteilen beherrscht wird und daher traditionelle, z.B. patriarchalische Strukturen oder Wertvorstellungen privilegiert und blind bleibt für neue Stimmen, neue Texte, neue Gattungen oder neue Medien der literarischen Vermittlung. Literatur und Kunst bewegen sich also in einem höchst komplexen Diskursfeld mit vielen sich streitenden Parteien, Interessen, Motiven und Agenden. Aus didaktischer Sicht ergibt sich freilich ein relativ einfaches Raster, das uns die praktische Möglichkeit in die Hand gibt, zumindest bedeutsame Texte, Filme, Bilder oder andere Dokumente zu identifizieren und sie von trivialem Material zu unterscheiden. Ob ein kreatives Werk uns gefällt oder nicht, spielt nicht unbedingt eine ausschlaggebende Rolle, viel wichtiger dürfte doch sein, ob wir bei einer kritischen Auseinandersetzung wertvolle Informationen, Aussagen, Einsichten oder Erkenntnisse gewinnen oder nicht und zugleich eine ästhetische Bereicherung erfahren. Ein oberflächlicher, 4 Canon and Canon Transgression in Medieval German, ed. by Albrecht Classen (Göppinger Arbeiten zur Germanistik 573), Göppingen, Kümmerle, 1993; Albrecht Classen, “The Torturous and Random Process of the Canonization in Literary History from the Middle Ages to the Present. The Case of Erasmus Widmann as an Example - The Victimization of a Poet Oddly Situated between Epochs, Cultures, and Religions”, in Studia Neophilologica 83.1 (2011), pp. 94-103. Einleitung 11 klischeehafter Text oder Film ist sehr schnell analysiert und bietet daraufhin nur noch wenig Einsichten oder weitergehende Erkenntnisse. Schlichte Schwarz-Weiß-Malerei, die Projektion eines Super-Helden, naive Rollenverteilung nach konservativen Vorstellungen, eindeutige Beurteilung der Figuren oder Handlungen nach einem schlichten Schema von gut versus böse etc. verrät schnell, wes Geistes Kind der Roman oder das Kunstwerk ist. Ein Text aber, der uns herausfordert, der ständig neue Bedeutungsebenen zu erkennen gibt, der für neue Fragestellungen, Konzepte oder Theorien offen ist, verdient unsere Anerkennung und steht nicht in der Gefahr, als trivial entlarvt zu werden. Provoziert also ein Text eine intensive Diskussion, fordert er zum Einhalt auf, zwingt uns, Stellung zu beziehen, über ideologische, moralische, religiöse oder philosophische Positionen zu reflektieren, ja, darüber hinaus sogar die eigene Einstellung oder Beurteilung von Menschen, Verhältnissen, Bedingungen etc. zu hinterfragen, dann verdient er es tatsächlich, in eine ernst zu nehmende Lektüreliste integriert bzw. öffentlich anerkannt zu werden und z.B. im Schulunterricht oder im Universitätsseminar eingesetzt zu werden. Schließlich investieren wir überall auf der Welt enorme Geldsummen, um unsere junge Generation mit der traditionellen Literatur oder Kunst vertraut zu machen, weil wir darauf vertrauen, auf diesem Wege ein Fundament geistesgeschichtlicher Art zu schaffen, von dem aus alle anderen intellektuellen Bemühungen ausgehen können, insoweit als sie persönliche Identität und kollektive Kultur schaffen. Alternativ wäre zu formulieren, nur eine kritische Auseinandersetzung mit authentischer Literatur oder Kunst bewerkstelligt die Konstitution von Individualität und Charakter, beides zwar extrem schwer greifbar in konkreter Form, dennoch absolut von zentraler Bedeutung für alle Menschen von Kindheit auf. Dabei geht es nicht um das Medium (mündlich/ schriftlich, Film oder visuelle Darstellung), sondern um den Inhalt und die Aussage. Wer sich hingegen einfach entspannen möchte, was keineswegs als verkehrt anzusehen wäre, kann auf ganze andere Publikationen zurückgreifen, von denen es ja eine Hülle und Fülle gibt. Jeder Text oder jeder Film besitzt seine eigene Funktion und sollte auch aus der Sicht beurteilt werden. Will ein Autor oder ein Regisseur zur Unterhaltung beitragen, die bloß die Langeweile vertreibt, dann verdient er/ sie zunächst unsere Anerkennung, wenn dieses Ziel tatsächlich erreicht wird. Unter Unterhaltung wäre zu verstehen, wenn wir Vergnügen empfinden, wenn unsere Emotionen aufgewühlt werden, wenn wir Spannung verspüren oder wenn unsere Neugier geweckt wird. Als eindeutig schlecht darf gelten, wenn z.B. ein Buch weder zu unterhalten noch durch seine inhaltliche Aussage neue Gedanken oder Einsichten zu vermitteln vermag. Zwar gibt es auch Publikationen, die schlicht durch ihre äußere Erscheinung beeindrucken wollen, aber dann handelt es sich eher um ein ästhetisch Albrecht Classen 12 bezauberndes, also ein bibliophiles Kunstwerk als um einen gedruckten Text mit ganz anderem Anspruch. Die Erscheinungsweise (z.B. Heftchen oder Comic vs. gedruckter Roman) besagt nicht unbedingt, dass auch der Inhalt oder die Aussage dementsprechend zu beurteilen wäre. Höfische Romane des 12. und 13. Jahrhunderts verdienen nicht einfach deswegen höhere Anerkennung, weil sie in Versform verfasst und in edlen Pergamenthandschriften aufgezeichnet wurden, während die sehr beliebten und weitverbreiteten Prosaromane oder “Volksbücher“ des 15. und 16. Jahrhunderts, die bald nur noch schlicht auf Papier in den Druck kamen, nicht automatisch als ‘trivial’ zu bezeichnen wären. Als ideal dürfte wohl anzusehen sein, wenn ein literarisches Werk zunächst durch seine Sprache, seine äußere Erscheinung und durch seinen Inhalt Aufmerksamkeit auf sich lenken kann (das gleiche gilt natürlich mutatis mutandis für den Film, ein visuelles Kunstwerk, eine musikalische Komposition etc.). Darauf muss jedoch eine zweite Stufe folgen, denn es darf nicht bloß bei der ersten Lektüre bleiben, vielmehr sollte ein Text provozieren, neue Perspektiven vorstellen oder eine ideologische Position präsentieren, die diejenige des Rezipienten kritisch herausfordert. Weiterhin sollte dieses Werk dem Leser/ Zuhörer/ Betrachter die Möglichkeit bieten, neue Erkenntnisse oder Einsichten zu gewinnen, was vor allem bei solchen Texten (oder Filmen etc.) eine wichtige Rolle spielt, die religiös oder philosophisch geprägt sind. Aber auch bei der Beschäftigung mit mehr unterhaltsamer oder sogar trivialer Literatur kann es potentiell zur Realisierung neuer Ideale oder Vorstellungen kommen, was zu einer Vermischung der klaren Grenzlinien zwischen beiden Textgruppen führt. Es hängt immer davon ab, welche Intentionen der Leser bzw. Kritiker verfolgt und wie vor allem literarische Werke konkret eingesetzt werden. Nur nebenbei sei angemerkt, dass die Erscheinungsweise einer Erzählung nur heute durch den Buchdruck bestimmt ist. Viel dominanter ist früher stets die mündliche Verbreitung gewesen, und wenn man sich das Phänomen des Internets betrachtet, scheint es fast so zu sein, als ob wir sogar erneut zu jener oralen Welt zurückzukehren im Begriff sind, weil sich das Medium so radikal verändert. 5 Je mehr das Volumen an Texten, Filmen oder Kunstwerken wächst, desto mehr entgleiten uns objektive Kriterien, um zwischen Unterhaltungsliteratur und ‘gehobener’ Literatur ohne weiteres zu unterscheiden. Literatursoziologisch gesehen besitzen allerdings unterhaltsame, auch triviale Texte durchaus an Wert, denn sie verraten uns ziemlich deutlich, welche Mentalität und welche Wunschvorstellungen zu einer bestimmten 5 Siehe z.B. Gesine Boesken, Literarisches Handeln im Internet, Schreib- und Leseräume auf Literaturplattformen, Konstanz, UVK-Verlags-Gesellschaft, 2010; C.T. Funkhouser, New Directions in Digital Poetry, International Texts in Critical Media Aesthetics, 1. New York, Continuum, 2012. Einleitung 13 Zeit vorherrschten, welche literarischen Träume eingesetzt wurden, das Publikum aus einer vielleicht als unangenehm empfundenen oder frustrierenden Wirklichkeit zu entheben und vorübergehend zufriedenzustellen. 6 Literatur und Kunstwerke entstehen ständig und überall, aber sie überleben den täglichen Konsum und gewinnen eigenständige Kraft nur dann, wenn sie auch auf eine langanhaltende Rezeption stoßen, was darauf aufmerksam macht, wie wesentlich in den Geisteswissenschaften die enge Beziehung zwischen dem Untersuchungsobjekt und dem Publikum angesehen werden muss. Wie Stefanie Arend treffend formuliert, “Das ästhetische Vergnügen besteht eben gerade in diesem Akt des Lesens, der zwischen Illusionsbildung und Sinnkonstitution, gelenkt durch Textstrukturen selbst, oszilliert.” 7 Wäre es dann die Aufgabe etwa der Literaturwissenschaft, sich allein auf diejenigen Werke zu konzentrieren, die an die gebildeten Kreise appellieren, so als ob ‘Vergnügen’ nur dann einen Wert besitzt, wenn auch intellektuelle, philosophische oder ethische Aspekte dabei von Bedeutung sind? Die Wendung hin zur Kulturwissenschaft, auch aus literaturhistorischer Sicht, bedeutet, und dies in sehr überzeugender Weise, dass wir Abstand nehmen von einem exklusiv elitärem Denken, ausgedrückt eben in diesem kurios etablierten und oftmals wenig bedeutungsvollen Kanon, meistens von außen gesteuert und der die Autorität der Schule oder des Staates etabliert, und dass wir statt dessen eine kulturelle Epoche in den Blick nehmen, und alle Stimmen aus eine Zeitphase berücksichtigen, vor allem wenn es sich um solche handelt, die gemeinhin marginalisiert oder wenig beachtet wurden. Von dieser Position aus genießt Trivialliteratur z.B. durchaus einen positiven Wert, weil sie bestimmte ideologische Strömungen und marktwirtschaftliche Strukturen spiegelt, die es unbedingt zu berücksichtigen gilt. Helmut Reinalter drückt dies jetzt so aus: “Die Erfahrung des Fremden in der Geschichte und in räumlicher Ausdehnung auf alle Zivilisationen rückte in den Mittelpunkt der neuen Kulturgeschichte, eng verknüpft mit der aus der Ethnologie und Kulturanthropologie übernommenen Leitfrage, wie das Verstehen des Fremden überhaupt möglich sei” (S. 983). Und: “Der Kultur kommt als sinngebendes Symbolsystem einer Gesellschaft bedeutende Stellung im Bemühen um das Verständnis lebensweltlicher Erfahrungen und ihrer Konfliktproblematik zu” (S. 984). 8 6 Siehe z.B. Norbert Fügen, Gesellschaft und Literatur, Aufsätze zur Literatursoziologie. Hamburg, Kova , 1994; Andreas Dörner und Ludgera Vogt, Literatursoziologie, Literatur, Gesellschaft, politische Kultur, Opladen, Westdeutscher Verlag, 1994 (WV-Studium, Literaturwissenschaft, 170). 7 Stefanie Arend, “Rezeption/ Rezeptionsforschung,” in Lexikon der Geisteswissenschaften. Sachbegriffe - Disziplinen - Personen, Wien, Köln und Weimar, Böhlau Verlag, 2011, S. 697-705, hier S. 700. 8 Helmut Reinalter, “Kulturgeschichte,” in Lexikon der Geisteswissenschaften, ibid., S. 982- 986. Albrecht Classen 14 So weit so gut, aber die generelle Einstellung zur Trivialliteratur - wollen wir hier zunächst davon ausgehen, wir wüssten wirklich, was damit gemeint ist - seitens vieler, wenn nicht der meisten Literaturwissenschaftler erweist sich weiterhin als eher negativ, weil die Beschäftigung mit ihnen als wenig ergiebig vorkommt, schließlich dient doch die Forschung und akademische Lehre von Literatur dazu, wie man gemeinhin vermeint, höhere Werte zu entwickeln und ein tieferes Verständnis von Idealen, Ethik, Moral, Religion und Philosophie zu gewinnen. 9 Gottfried von Straßburg formulierte dies in außerordentlicher Intensität im Prolog zu seinem Tristan (ca. 1210), wo der Erzähler explizit an seine Zuhörer/ Leser appelliert, durch die innere Verarbeitung des von ihm gestalteten Themas bzw. Stoffes eine innere Reinigung des Menschen zu bewerkstelligen und sich damit, moralisch und ethisch, der Gemeinschaft der “edelen herzen” anzuschließen. 10 Nur, wie man leicht dagegen halten könnte, stereotyp formulierte Literatur, klischeehaft gestaltete Texte, konservativ ausgerichtete, stark affirmative Werke ohne innovativen Erkenntnisgewinn, betont sentimentale, damit aber letztlich gerade nicht authentische Dichtungen (in Prosa oder Vers) drohen, alle Bemühungen zunichte zu machen. Die breitere Lesebevölkerung wird mit ästhetischen und ethischen Idealen vertraut gemachen und damit in die Lage versetzt, ihre eigene Existenz besser zu verstehen, mit fundamentalen Problemen im menschlichen Leben kritischer umzugehen, Stereotypen und Vorurteilen gründlicher ausgebildet entgegen zu treten und Schwierigkeiten und Herausforderungen in unserer Existenz selbstbewusst und informiert anzugehen. In gewisser Weise ist alle ‘gute’ Literatur zutiefst politisch und will zur Agitation aufrufen, denn der Rezipienten soll ja von der Lektüre in praktischer Hinsicht profitieren und sich kritisch mit dem präsentierten Material auseinandersetzen. All dies bezieht sich gleichermaßen auf den Film, die Musik oder die bildende Kunst. Der Unterschied zwischen dem Trivialen und dem Nichttrivialen dürfte als insgesamt darin bestehen, dass das letztere Bedeutung besitzt, eine Aussage bereithält und nicht an der Oberfläche verharrt, Energie bereitstellt und den Rezipienten aus der Reserve locken möchte. Trivial- und Unterhaltungsliteratur dienen hingegen dazu, unreflexiv die bestehende Sozialordnung, Ideologie oder Gesellschaftsordnung zu spiegeln und zu unterstützen, womit meistens ein Bild der Welt entworfen wird, wonach alles am Ende in guter Ordnung zu sein scheint, wenn doch, wie 9 Siehe z.B. Valéry Arrault, L’ empire du kitsch, Collection d’esthétique, 75 (Paris, Klincksieck, 2010); Julia Genz, Diskurse der Wertung, Banalität, Trivialität und Kitsch, München, Fink, 2011. 10 Gottfried von Straßburg, Tristan, hg., übersetzt, kommentiert und mit einem Nachwort von Rüdiger Krohn, Stuttgart, Reclam, 1980). Es geht mir hier nicht um eine Auseinandersetzung mit der Tristan-Forschung, weswegen ich die relevante kritische Literatur unberücksichtigt lasse. Einleitung 15 wir nur zu gut wissen, die Konflikte und Aufgaben sozialer, politischer, ökonomischer und umweltbezogener Art immer mehr anwachsen und dringendst der Antworten bedürfen, mit denen sich aber gerade unterhaltende Literatur entweder gar nicht oder nur ansatzweise beschäftigen möchte. Dies trifft natürlich auch auf die Literatur oder Kunst früherer Zeiten zu, was hier nicht immer eigens betont werden braucht. Im Wörterbuch der Literaturwissenschaft, noch zur DDR-Zeit von Claus Träger herausgegeben, lesen wir die geradezu dramatisierte Definition: “Unter den Bedingungen des spätkapitalist. Literaturmarktes befriedigt T[Trivialliteratur] vorhandene, bereits manipulativ erzeugte Bedürfnisse und trägt zu deren Reproduktion bei; sie ist im 20. Jh. in den hochentwickelten Ländern des Imperialismus eine Massenliteratur, die sowohl der Profiterzeugung wie der geistigen Manipulierung im Interesse der herrschenden Klassen dient.” 11 Aus westlicher Sicht lautet die korrespondierende Meinung so: “literar. Schriften, die inhalt. oder sprachl.-stilist. als ‘minderwertige’ gelten, meist Werke, in denen immer wieder dieselben Themen (Liebe, Abenteuer, Krieg, Verbrechen, Heimat, Science Fiction) in ‘abgedroschener’, d.h. klischeehafter Weise abgehandelt werden.” 12 Unterhaltungsliteratur, um hier den pejorativen Begriff “trivial” vorläufig wegzulassen, dient, wie das Wort besagt, der Unterhaltung, d.h. also, einem Vergnügen, um leere Zeit auszufüllen, somit keine kritischen Fragen zu stellen, oder einfach, zu unterhalten, zu belustigen oder zu vergnügen. Intellektuelle Auseinandersetzungen sind immer Arbeit, fordern sehr viel Aufmerksamkeit und geistige Anstrengung, was z.B. oftmals bedeutet, dass gerade anspruchsvolle Lyrik heute nur relativ wenige Liebhaber findet, 13 während natürlich die Liedtexte von Schlagern oder Rockmusik gleich welcher Provenienz weit verbreitet und bekannt sind. Eventuelle könnte man sogar soweit gehen und formulieren, dass der wesentliche Unterschied zwischen schlichter und anspruchsvoller Literatur darin besteht, dass letztere einfach viel intellektuelle Arbeit vom Leser fordert, Widerstand leistet, nicht bloß unterhalten will, Aussagen bereitstellt, die überraschen oder schockieren könnten, schwierige Themen entwickelt und generell herausfordert, somit als kritisch intendiert zu bewerten ist, geht es ja in ihr um zentrale Lebensfragen, die fiktional gestaltet werden, trotzdem ungemein viel an 11 H. Förster, “Trivialliteratur,” in Wörterbuch der Literaturwissenschaft, Hg. von Claus Träger, Leipzig, VEB Bibliographisches Institut, 1986. S. 527-528, hier S. 527. 12 Metzler Literatur Lexikon. Begriffe und Definitionen. Hg. von Günther und Irmgard Schweikle, Zweite, überarb. Aufl. Stuttgart, J. B. Metzler, 1990, S. 473-474, hier S. 473. 13 Albrecht Classen, “Wer hat Angst vor dem bösen Wolf? Gedichte schreiben und Gedichte lesen, Reflexionen über ein altes und immer neues Problem”, Trans-Lit2 XVIII.1 (2012), S. 38-44. Albrecht Classen 16 Relevanz besitzen, selbst wenn in ihr Traumvisionen oder utopische Vorstellungen zum Ausdruck kommen. All dies geschieht bei Trivialliteratur insgesamt nur sehr wenig oder gar nicht. Trotzdem dürfen wir uns als Literaturwissenschaftler nicht mit einer gewissen Arroganz davon abwenden, denn zum einen handelt es sich ja um eine sehr große Menge an Texten, die tatsächlich massenweise und mit Begeisterung gelesen oder rezipiert werden, zum anderen schulden wir denjenigen eine Antwort auf die Frage, wieso denn solche Romane oder Erzählungen akademisch nicht ernst genommen werden. Auf die Kontrastierung und Differenzierung kommt es an, denn nur wenn man den Unterschied inhaltlicher und formaler Art zwischen einem ‘guten’ und einem ‘schlechten’ Text genauer bestimmen kann, verfügt man auch über die Rechtfertigung, einen gewissen Kanon zu etablieren, von dem wir alle entweder bewusst oder unbewusst ausgehen, indem wir Selektionskriterien verwenden, sobald wir uns für oder gegen einen Text oder Film entscheiden. Nehmen wir einfach mal an, dass sich Trivialliteratur z.B. durch eine starke Schematisierung der Handlung und eine klischeehafte Charakterisierung der Protagonisten definieren ließe, wobei sich bei der engeren und intensiveren Beschäftigung eben keine weiteren Ereignisse entwickeln, vermögen wir dem naiven Leser Richtlinien in die Hand zu geben, sich in der ungemein großen Menge an Literatur überhaupt ein wenig zu orientieren, eigenständig Qualitätsurteile zu fällen und Aussagen zu formulieren, warum sich die Lektüre eines bestimmten Werkes bzw. ein Film oder ein Konzert wirklich lohnt oder nicht, wenn es irgendwie um mehr als nur ‘Unterhaltung’ gehen soll. Das Phänomen der Harry-Potter-Romane von J. K. Rowling (seit 1997) bietet z.B. sehr gutes Anschauungsmaterial für unsere Themenstellung. Diese Bücher werden weltweit nicht nur von Jugendlichen gelesen. Die Leserschaft ist nicht primär anglophon, und selten haben sich Jugendliche so intensiv überhaupt mit Literatur auseinandergesetzt, auch wenn sie nicht in ihrer Muttersprache verfasst ist. 14 Nach anfänglichen Begeisterungsstürmen in der Presse und der wissenschaftlichen Kritik meldeten sich aber bald viele Gegenstimmen, und die Kontroverse bezogen auf den religiösen oder politischen Gehalt von Rowlings Bücher haben seitdem nicht mehr aufgehört. 15 Sollte man aber nicht gerade deswegen ein bestimmtes Werk zur bedeutungsvollen Literatur rechnen, wenn es zu provozieren vermag, zur Reflexion anregt und Material für öffentliche Debatten liefert, auch oder gerade 14 http: / / www.wikipedia.org/ wiki/ Harry_Potter (letzter Zugriff am 12. 11. 2012). 15 http: / / www.wikipedia.org/ wiki/ Religious_debates_over_the_Harry_Potter_series (letzter Zugriff am 12. 11. 2012). Einleitung 17 wenn es im Wesentlichen mit den Strategien und Materialien operiert, die gemeinhin der Trivialliteratur zu eigen sein scheinen? 16 Die Masse an Texten, die lange Zeit völlig von der Forschung vernachlässigt oder missachtet wurden, ist gar nicht abzuschätzen, und dennoch bemüht man sich unablässig darum, neue Schneisen in das ständig wachsende Dickicht an literarischen Werken oder Filmen zu schlagen. Die verschiedenen Literaturgeschichten oder Lexika legen Zeugnis von den bisherigen Erfolgen ab, doch einen vollständigen Überblick werden wir noch lange nicht, wenn jemals, gewinnen. Wäre dies überhaupt erstrebenswert? In vielerlei Hinsicht sicherlich, aber zugleich besteht die Gefahr, der wir uns ständig bewusst sein müssen, voreingenommen und zu kategorisch mit den vorhandenen Texten umzugehen. Sogar in der Literaturgeschichte des Mittelalters und der Frühneuzeit erleben wir eine unablässige Veränderung, sei es, dass alte Texte neu gelesen werden, sei es, dass neue Texte in unser Bewusstsein rücken, die wir bisher weitgehend vernachlässigt hatten, obwohl sie wichtige Aussagen enthalten, sprachlich glänzen oder sozialhistorisch von großer Relevanz sind, wie z.B. die enorm beliebten Schwänke um Till Eulenspiegel (zuerst gedruckt 1510) gut belegen. Zunächst lange vernachlässigt, dann von den skatologischen Elementen bereinigt zur Kinderliteratur deklariert, erkennen wir in ihnen heute bedeutsame Repräsentanten des frühen 16. Jahrhunderts, die trotz des scheinbar bloß unterhaltsamen Charakters zutiefst von Satire, Sarkasmus, Sozialkritik, Sprachkritik und Lebensphilosophie bestimmt sind, insoweit als praktisch jeder soziale Stand und jede Altersstufe dem Lachen ausgesetzt wird. 17 Natürlich gilt immer zu bedenken, dass die Situation auf dem Buchmarkt in der Moderne eine ganz andere gewesen ist als in der Vormoderne, aber schon gegen Ende des 15. Jahrhunderts kam es zur Massenproduktion von Texten und damit auch zu einer gewissen Trivialisierung. 18 Aber auch in der mittelhochdeutschen Phase begegnen wir durchaus literarischen Werken, die nicht allein schon deswegen, weil sie höfischen Ursprungs sind oder dem höfischen Stil und Thema entsprechen, unbedingt dem gleichen quali- 16 Siehe z.B. die Beiträge zu Vom Logos zum Mythos, “Herr der Ringe” und “Harry Potter” als zentrale Grunderzählungen des 21. Jahrhunderts; praktisch-theologische und religionsdidaktische Analysen, hg. von Astrid Dinter und Kerstin Söderblom, Ökumenische Religionspädagogik, 2. Münster et al., Lit-Verlag, 2010. 17 Georg Bollenbeck, Till Eulenspiegel, der dauerhafte Schwankheld, zum Verhältnis von Produktions- und Rezeptionsgeschichte, Germanistische Abhandlungen, 56, Stuttgart, Metzler, 1985. 18 Albrecht Classen, The German Volksbuch. A Critical History of a Late-Medieval Genre, Lewiston, NY, Edwin Mellen Press, 1995, reissued 1999; Uwe Neddermeyer, Von der Handschrift zum gedruckten Buch, Schriftlichkeit und Leseinteresse im Mittelalter und in der frühen Neuzeit. Quantitative und qualitative Aspekte, Buchwissenschaftliche Beiträge aus dem deutschen Bucharchiv München, 6.1. Wiesbaden, Harrassowtiz, 1998. Albrecht Classen 18 tativen Anspruch genügen wie die großen bekannten Werke eines Hartmanns von Aue, Gottfrieds von Straßburg oder Wolframs von Eschenbach. 19 Bereits die Spielmannsdichtung des 12. Jahrhunderts gab zu erkennen, wieviele verschiedene Dimensionen den literarischen Diskurs kennzeichneten. Schon in der Frühneuzeit entwickelte sich ein sehr lebendiger Buchmarkt, und je weiter wir in der Literaturgeschichte voranschreiten, desto umfassender wird das Volumen an Texten, die eine Unzahl an verschiedenen Anliegen und Interessen verfolgen, kommerzieller oder philosophischer Art sind und insgesamt als Spiegel ihrer Zeit angesehen werden können. Der öffentlichen Stimmen, die um Anerkennung, Popularität oder Markterfolg streiten, hat es schon immer viele gegeben, und so manche als trivial angesehene Werke der Vergangenheit haben sich gelegentlich als durchaus beachtenswert und bedeutungsvoll erwiesen. Genau das Gegenteil ist aber auch möglich gewesen, denn die Autorität eines Autors oder Filmmachers garantiert nicht, dass er/ sie immer und in jeder Hinsicht höchsten Ansprüchen genügen würde. Genau diese Komplexität und Vielfalt im breiten literarischen Diskurs wissenschaftlich etwas mehr in den Griff zu bekommen, wobei die Höhen genauso wie die Tiefen mit zu berücksichtigen wären, strebt der vorliegende Band mit einer größeren Anzahl von Aufsätzen an, die zunächst etwas kunterbunt zu sein scheinen, bei näherer Hinsicht aber doch zielstrebig darauf gerichtet sind, das Spektrum an Unterhaltungs- und Trivialliteratur enger literaturwissenschaftlich anhand von Einzelfällen zu überprüfen. Wie Albrecht Classen anhand des Melerantz von Frankreich-Romans Des Pleiers (13. Jahrhundert) vor Augen führt, erweist es sich als durchaus möglich, anhand von ästhetischen und inhaltlichen Aspekten dieses Werk deutlich von seinen großen Vorgängern zu unterscheiden, denn der Protagonist beweist sich von vornherein als Idealgestalt, als Vorbild, als vollkommene, daher aber vielleicht geradezu langweilige Figur, die eben nur eine Reihe von Aufgaben erfüllen muss, um an das vorherbestimmte Ziel seines ganzen Lebens zu gelangen. Allerdings bietet der Autor eine Reihe von bemerkenswerten narrativen Ergänzungen, die kulturhistorisch von Relevanz sind, freilich nicht dadurch die inhaltliche Aussagekraft wesentlich stärken. Es bleibt bei einer deutlich wahrnehmbaren Trivialität, was nicht unbedingt als vernichtendes Qualitätsurteil anzusehen wäre, denn Der Pleier ist nicht schlicht ein Epigone, sondern appelliert mit seinem immerhin trotz allem lebendig und abwechslungsreich verfassten Werk erneut über einen hervorragenden höfischen Helden an ein breiteres, nicht mehr so intensiv an profunden Fragen interessiertes Publikum. Rittertum, das Turnierwesen, Wappenkunde u. dgl. dominieren, während Charakterstärke, individuelle Be- 19 Siehe dazu meinen Beitrag in diesem Band. Einleitung 19 währung in erschütternden Situationen usw. nicht mehr ausschlaggebendes Gewicht besitzen. Seit langem ist bekannt, welch großen Einfluss das Mittelalter auf moderne Literatur und Kultur ausgeübt hat, ob wir an Romane mit mittelalterlichen Themen oder Motiven denken, an Filme, an Kunstwerke oder an Theaterstücke. Auch im Comic Strip lassen sich wichtige Einflüsse bemerken, wie uns Juan Miguel Zarandona in seinem Aufsatz über die spanische Comic-Serie El Aguilucho (1959) von Manuel Gago (1925-1980) vorführt. Mittelalterliche Themen wurden generell gerne nach dem großen Vorbild von Harold Fosters Prince Valiant (von 1937 bis heute) eingesetzt, weil damit einem gewissen Abenteuerbedürfnis entsprochen werden konnte. Die Comic-Serie El Capitán Trueno z.B. (seit 1956) bezog sich primär auf die Kreuzzüge und erlaubte den Lesern, sich in die Welt des mittelalterlichen Rittertums zu versetzen. El Aguilucho erlebte zwar eine um einiges geringere Publikationszahl von nur 68 Nummern von jeweils zwölf Seiten, aber es handelte sich dabei, wie Zarandona darlegt, um ein beachtliches literarisches und künstlerisches Produkt, vielleicht gerade weil sich hierbei der starke Einfluss von Foster bemerkbar machte. Auch wenn die Figur von König Artus und die Tafelrunde mit sehr wenigen Ausnahmen nicht explizit genannt werden, lässt sich überall eine Rezeption dieses Motivstoffes nachweisen, begegnen wir ja z.B. einer stark nach der Figur Merlin gestaltete Person, Morgano. Die weibliche Figur Sigrid entpuppt sich leicht nach dem Vorbild von Kundry modelliert, und andere Parallelen treten ebenfalls auf. Zarandona legt nun nahe, dass der höfische Roman Amadís de Gaula vor allem in Spanien große Beliebtheit genossen hatte, aber er identifiziert dazu noch eine Reihe anderer wichtiger Quellen für El Aguilucho, die aber alle nichts mit der Welt der iberischen Halbinsel zu tun hatten. Zarandona vermag also den spanischen Comic Strip als ein wichtiges Medium der Mittelalter- Rezeption zu identifizieren, was uns zwingen könnte, den Charakter der Trivialität bei dieser Gattung doch um einiges anders zu beurteilen, denn die Autoren bzw. Illustratoren der Comics bewiesen eine recht hohe Bildung und erstaunliche Vertrautheit mit der mittelalterlichen Tradition. Natürlich besagt dies nicht, dass eine literarische Rezeption ausreichen konnte, ein Werk aus der Trivialität zu heben, aber wir können auch das Gegenteil nicht behaupten. Aus der Sicht Zarandonas wird es sich also lohnen, sorgfältiger die Welt des spanischen Comics zu betrachten, enthüllen sich ja hier, wie die wenigen Beispiele beweisen, beträchtliche intertextuelle Bezüge und aussagekräftige Rückbezüge auf Werke des Mittelalters außerhalb Spaniens. Marija Javor Briški geht auf eine moderne Adaptation des mittelalterlichen Nibelungenlieds durch Viola Alvarez ein, die 2006 ihren bald populären Roman Die Nebel des Morgens. Verbotene Erinnerungen des letzten Nibelungensohns zuerst veröffentlichte, der schon 2008 und 2009 in neuen Auflagen erschien. Die Rezeptionsgeschichte des Nibelungenlieds hat schon lange er- Albrecht Classen 20 staunliche Dimensionen angenommen, und Briški macht hier auf einen weiteren Zeugen davon aufmerksam. Natürlich handelt es sich um eine moderne Fassung, in der z.B. vor allem Gefühlsäußerungen und eine Geheimhaltungsstrategie eine wichtige Rolle spielen, womit es Alvarez zwar gelingt, psychologisierend das mittelalterliche Geschehen in ein ganz neues Gewand zu kleiden, wodurch aber genau dieses, wie sie aufzudecken vermag, in den Bereich des Trivialen abzugleiten droht. Das Mittelalter hat aber nicht nur im Westen eine große Bedeutung für die Entwicklung der modernen Literatur besessen, sondern ebenfalls im asiatischen Bereich, wie uns Elaine Hewitt und María Gómez Moreno in ihrem Beitrag zur japanischen gotischen Literatur darlegen. Sie bieten Einsichten in die wesentlichen, vor allem mittelalterlichen, Quellen für diese Gattung in beiden Kulturkreisen, betonen aber, wie sehr gerade in der östlichen Welt Spiritualität, wie sie in früheren Epochen eine gewichtige Funktion einnahm, zutiefst auf die gotische Literatur einwirkte. Japanische Folklore und legendarische Literatur sind hier an erster Stelle zu nennen. Insbesondere Heike-Texte übten auch einen gewichtigen Einfluss aus, wahrscheinlich gerade weil sich diese so intensiv mit militärischen Ereignissen und Gewalt auseinandersetzten. Aber auch Literatur des 17. Jahrhunderts, d.h. der Edo-Periode, gewann starken Einfluss auf die gotische Literatur in Japan, in der Exorzismus häufig thematisch gestaltet wird. Weiterhin sind die yomihon aus dem 18. Jahrhundert zu berücksichtigen, in denen zentral übernatürliche Erscheinungen von Gewicht sind. Von Trivialität ist hier also gar nicht die Rede, sondern von der enormen Verflechtung zwischen moderner Unterhaltungsliteratur mit der umfangreichen mittelalterlichen und frühneuzeitlichen japanischen Literatur. Als die österreichisch-ungarische Monarchie 1878 Bosnien-Herzegowina okkupierte bzw. einverleibte, wendeten sich viele Autoren den hybriden Kulturen in jenen Regionen zu und verfassten Reiseberichte, -romane und Erzählungen, die sich durch ihre starke Romantisierung und Sentimentalisierung auszeichneten und damit schnell ins Triviale abglitten, wie wir u.a. aus dem Aufsatz von Amira Žmiri über Anton Oskar Eugen Klaussmanns Erzählung “Mustapha’s Teppich. Erzählung aus Bosnien” von 1895 erkennen können. Der Autor, der unter dem Pseudonym ‘Vinko Zori ” veröffentlichte, entwarf dort eine idyllische Marktszene, wo Liebe, Eifersucht, Hass und Angst in roher Form die friedliche Stimmung zu zerstören drohen, womit eine extrem dramatische Thematik zum Zuge kommt. Damit erweist sich, wie Žmiri nachweist, diese Erzählung, ähnlich wie viele andere auch, als weitgehend trivial gestaltet, bedient sich ja der Autor schlichter Schwarz- Weiß-Malerei, einfacher Klischees und hypertropher Charakterisierungen. Der Erzählfluss erweist sich als naiv, die Darstellung der Gefühle als ziemlich oberflächlich und die Kontrastierung der östlichen mit der westlichen Kultur als fast unerträglich stereotyp. Trotzdem, so Žmiri , verdient Klauss- Einleitung 21 manns Erzählung unsere Beachtung, weil wir hier ein literarisches Beispiel dafür greifen, wie bewusst im Zuge der Eingliederung Bosniens und der Herzegowina in die österreichisch-ungarische Monarchie ein exotisches Land für die deutschsprachigen Leser tableauhaft dargestellt wurde, obwohl in der Erzählung die kulturellen Vorurteile keineswegs abgebaut oder gemindert werden, eher im Gegenteil, was typisch für Trivialliteratur sein dürfte. Während in älterer Literatur das Auftreten von phantastischen Elementen als ganz selbstverständlich angesehen wird, signalisiert es in moderner Literatur oftmals einen speziellen Charakter, wenn nicht die Zugehörigkeit zu einer individuellen Gattung. Alexander von Lernet-Holenias’ Roman, auch Novelle, Der Baron Bagge (1936), heute zwar weitgehend unbekannt, gehört zu den bedeutendsten Leistungen dieses österreichischen Autors, der, wie Francisco Manuel Mariño überzeugend argumentiert, hier bemerkenswerte narrative Strategien einsetzt, um das Phänomen des Phantastischen anhand der Wahrnehmungen seines Protagonisten vor Augen zu führen, der im Krieg eine ‘wahrscheinliche Fiktion’ erlebt, bevor er in seine brutale Realität zurückkehrt. Träume und Dämmerzustand beherrschen die Erzählung, in der Lernet-Holenia den Zwischenbereich zwischen der konkreten, physischen Existenz und der Phantasie auslotet und mittels der fiktionalen Handlung illustriert, wie eng Vision und nackte Tatsachen doch miteinander verbunden sind und im Wesenskern miteinander korrespondieren. Wir können hierbei gut erkennen, wie schwierig sich letztlich die entscheidende epistemologische Durchdringung unseres eigenen Lebens gestalten kann, ist es ja von vielen alternativen Welten, faktisch oder fiktional, bestimmt. Wirklich zur Trivialliteratur gehören, wie Jesko Reiling in seinem Beitrag postuliert, die Masse an billigen und oft schlecht gemachten Liebesromanen (und auch Filmen) seit dem 19. Jahrhundert, in denen das Aschenputtel- Motiv immer wieder eingesetzt wird. Wenngleich auf der Tradition des Märchens beruhend, wie es weltberühmt von den Brüdern Grimm in ihrer Anthologie Kinder- und Hausmärchen zuerst 1812 neu belebt wurde, handelt es sich bei den modernen Aschenputtel-Liebesromanen stets um Standesunterschiede, die eben durch die glühende Liebe zwischen den beiden jungen Leuten überwunden werden. Reiling illustriert dies besonders an dem Roman Monika Leitners, Das Aschenbrödel von der Kaiseralm (2010), der eigentlich von seiner sehr geringen Qualität her nicht der gesonderten literaturwissenschaftlichen Beachtung verdiente, der aber gut dafür herhält, um wesentliche Aspekte von Trivialliteratur kritisch zu analysieren. Dazu zieht Reiling den Roman Victoria Pades, Märchenprinz sucht Aschenputtel (2010; orig. Engl. 2009) heran, um auf wesentliche Strukturelemente hinzuweisen, die den Unterschied zum originalen Märchen aufzeigen, nämlich die Intaktheit der Familie, die sich aber gegen die Außenseiterin, die sich das Herz des Albrecht Classen 22 Sohnes erobert hat, heftigst wehrt. Reiling geht auch auf ältere Traditionen des Trivialromans ein (Hedwig Courts-Mahler bzw. Eugenie Marlitt), in der der Bezug zum Grimmschen Märchens noch wesentlich enger beibehalten wurde als in den modernen Groschenromanen. Während es sich dort oftmals um das Bemühen handelt, innerhalb des trivialen Kontextes soziale Kritik zu üben, haben sich die gegenwärtigen Autorinnen davon abgewandt und sich ganz auf die naive Partnersuche ihrer Heldinnen konzentriert, scheinen also in dem Prozess sogar eine Stufe tiefer ins Triviale hinabgestiegen zu sein. In einem Sammelband, der sich mit dem Thema ‘Unterhaltungs- und Trivialliteratur’ auseinandersetzt, darf eigentlich nicht eine Untersuchung zum Werk von Karl May fehlen, die uns hier Jörg Füllgrabe liefert. Wenngleich mittlerweile nur zu deutlich geworden ist, dass Mays Abenteuer- und Reiseromane doch stark zum unteren Niveau auf einer breiten Literaturskala hin tendieren, genießen sie bis heute eine ungemeine Beliebtheit bei jung und alt, werden theatralisch behandelt (Festspiele) und filmisch umgesetzt. Es handelt sich geradezu um ein allgemeindeutsches Phänomen, für das es in anderen Ländern kaum parallele Beispiele gibt. Wie man auch Mays Werke beurteilen möchte, beweisen sie sich doch, vor allem wenn wir an die Winnetou-Romane denken, als erstaunlich wirkungsvoll und sind nicht einfach in die Kategorie billiger Trivialliteratur einzuordnen. May kopierte viele Elemente von amerikanischen Wild-West-Texten, insbesondere von James Fenimore Coopers Leatherstocking-Romanen, dazu aber auch von Georg Forsters Reiseberichten, die er aber beide in ziemlicher Unverfrorenheit der mangelnden Authentizität bezichtigte, während doch er selbst nur fantasierte und niemals echter Augenzeuge gewesen ist, kannte er ja die fremde Welt eigentlich nur durch seine Lektüre. Wahrscheinlich aber rührt Mays riesiger Erfolg gerade daher, dass er sich nicht mit der Realität persönlich auseinandersetzen musste und immer dann, wenn es um genauere Reisebeschreibungen ging, andere Quellen ausschlachtete, wie Füllgrabe anhand von verschiedenen Beispielen gut vor Augen führt. Aber im Unterschied zur üblichen Trivialliteratur strebte May doch nach einer gewissen Form der Idealisierung seiner Apachen-Figuren, denen er einen besonderen inneren Adel zuwies als ‘Edelindianer’. Ohne Frage durchläuft Winnetou einen langen Entwicklungsweg vom indigenen, barbarischen Indianer hin zum humanistisch denkenden, zum Christen konvertierten Menschen (ohne offizielle Taufe), wobei May sicherlich auf die Ideale der Aufklärung und auch der Romantik zurückgriff. In dem Zusammenhang entwickelte der Autor zunehmend eine neue, gewaltfreie Wertvorstellung, wie sie am Ende von Winnetou selbst realisiert wird, der mit seinem Blutsbruder immer wieder die Jagd nach den Bösen und Verbrechern aufnimmt, ohne der wilhelminischen imperialistischen Ideologie zu verfallen, die zur Zeit Mays zunehmend vorherrschte. Einleitung 23 Füllgrabe argumentiert schließlich, dass die Romane Mays zwar bestimmt nicht der gehobenen Literatur zuzurechnen wären, dass sie aber doch ihren eigenen Wert besitzen, vor allem weil sie jüngeren Lesern durchaus interessante Phantasieräume und Idealvorstellungen vermittelten, und dies sogar noch heute, auch wenn der moderne Leser viel weniger an den Reisebeschreibungen interessiert sein mag, ist ja die Vorstellung von Exotik heute ganz anderen Bedingungen und Erwartungen gewichen. Selbst wenn May in mancherlei Hinsicht triviale Strategien in seinen Werken einsetzte, gehören sie trotzdem nicht zur plumpen Trivialliteratur, sondern besitzen weiterhin einen hohen Wert als Unterhaltungsliteratur für (junge) Leser, die hier mit einem Kanon von Idealen konfrontiert werden, die zwar romantisch geprägt sind, im Kern aber zeitlose Bedeutung besitzen. Zur gegenwärtig sehr populären Unterhaltungsliteratur gehören auch solche Romane, die zur Gattung der chick lit oder der Untergattung mommy lit gerechnet werden können. Insbesondere die Romane von Kerstin Gier, die Montserrat Bascoy Lamelas in ihrem Beitrag kritisch untersucht, beweisen sich als repräsentativ und bemerkenswert offen gestaltet, weil hier die verschiedensten Mütterrollen, wie sie insbesondere im Postfeminismus zur Sprache gekommen sind, literarisch gestaltet werden. Wenngleich die bisherigen Kommentatoren Giers Werke weitgehend der Trivialliteratur zugeordnet haben, geben sie doch gut zu erkennen, warum gerade Leserinnen mit so großer Zustimmung auf sie reagieren - und dies wohl aus guten Gründen. Gier bietet ein relativ differenziertes Bild der heutigen Situation von Frauen, die sich ständig nach verschiedenen Idealen orientieren müssen, einmal das traditionelle der Mutter und Hausfrau, dann dasjenige der Karrierefrau, schließlich auch das der attraktiven, jugendlichen, sportlichen und intelligenten Geschlechtspartnerin. Wie Bascoy Lamelas beobachtet, wehrt sich Gier in auffallender Weise gegen die Ideologisierungsbemühungen des bisherigen Feminismus, bei dem das Postulat vorherrschte, Frauen müssten sowohl die ideale Mutter als auch die ideale Karrierefrau zugleich verkörpern. Statt dessen präsentiert die Autorin in ihren (wohl auch deswegen) sehr populären Romanen ein Kompromissmodell, das sich nicht mehr dem Konkurrenzdenken der radikalen Feministinnen unterwirft, dennoch stark darauf insistiert, dass Frauen ihre eigene Identität finden müssen, was mehrheitlich vor allem durch die Unterstützung von Freundinnen geschieht. Zugleich gewährt Gier auch Männern eine adäquate Rolle, sei es als Geliebte, sei es als Ehemänner oder Väter der Kinder. Es geht nicht mehr um die Super-Mutter und auch nicht um die duckmäuserische Ehefrau, sondern um eine selbstbewusste Persönlichkeit, die sich sowohl in der Ehe als auch bei der Arbeit zu bewähren vermag. Diese mommy lit-Romane fallen somit laut Montserrat Bascoy Lamelas in die Kategorie des Postfeminismus und weisen insgesamt relativ differenzierte Modelle für eine weibliche Selbstidentifizierung auf, was sie Albrecht Classen 24 doch aus dem Sumpf des Trivialen rettet. Die Kritik scheint zu leicht mit diesen Werken umgegangen zu sein und hat sie allein aus der Sicht der ‘Super-Mutter’ beurteilt, während doch Gier viel breitschichtiger operiert und die Vielfalt der unterschiedlichen Frauenrollen für ihre Protagonistinnen akzeptiert. Obwohl die Romane von Stephen King generell der schlichten Unterhaltungsliteratur zugerechnet werden, erweisen sie sich bei näherer Betrachtung jeweils als durchaus enger mit der älteren Literaturgeschichte verbunden, wie uns Marta Miquel-Baldellou in ihrem Beitrag näherbringt, indem sie die enge Verbindung zwischen Kings Dolan’s Cadillac (1993) und Edgar Allen Poes The Task of Amontillado (1846) aufdeckt und au diesem Wege nachweist, wie stark sich King von Poe hat beeinflussen lassen. Will man aber Poe als Literaten gelten lassen, muss genauer bedacht werden, inwieweit King ebenfalls aus wissenschaftlicher Sicht Anerkennung verdient. Sowohl Poe als auch King streben danach, im Leser Horror auszulösen, was wiederum ein wichtiges Thema in der deutschen Romantik gewesen ist, was den Kreis der literarischen Beziehungen noch weiter ausdehnt. Sowohl Poe als auch King bedienten sich erheblich einer allegorischen Ausdrucksweise, und beide griffen bewusst auf die Strategie der Ironie zurück, was uns erneut die Schwierigkeit deutlich vor Augen führt, genauer die Unterschiede zwischen gehobener und Unterhaltungsliteratur zu bestimmen. Wenn man Poes Roman der einen Kategorie zuweisen möchte, müsste man dies, berücksichtigen wir die große Zahl an Parallelen in der inhaltlichen und thematischen Gestaltung, eigentlich auch im Fall von Kings Roman so tun, denken wir an das Thema der Rache, der intensiven und sorgfältig geplanten Verfolgung des Opfers, der Realisierung von Horror und der therapeutischen Wirkung der ‘Hinrichtung’ auf die Rachesuchenden. Einem nur scheinbar ganz anderen Thema widmet sich Darío Barrera- Pardo, der zunächst aus linguistischer Sicht die Frage verfolgt, ob die Namensgebung in moderner populärer Literatur wie in Jean Auels The Clan of the Cave Bear. The Valley of the Horses (1980) oder in Comics linguistisch daraufhin überprüft, ob sie arbiträr oder nicht doch in gewisser Weise intentional geprägt wurden. Während de Saussure den tiefst einflussreichen Gedanken entwickelt hatte, dass alle Wörter letztlich rein arbiträr sind, entdeckt Barrera-Pardo, dass die frei geschaffenen Namen in diesen Werken, die in der Steinzeit angesiedelt sind, ganz spezifisch auf velare Töne zurückgreifen, wodurch die Größe und Macht der männlichen Figuren bewusst unterstrichen werde. Genau das gleiche Phänomen trifft auch auf solche Namen zu, die in modernen Filmen für Steinzeitmenschen gewählt werden. Klangkombinationen erweisen sich mithin als keineswegs willkürlich, sondern als bedeutungstragend, was auch für die Werbung bzw. Wirtschaft enorme Konsequenzen haben dürfte, sollen ja mit Markennamen Produkte angeworben und verkauft werden. Solche linguistischen Überlegungen Einleitung 25 machen uns außerdem darauf aufmerksam, welche anderen Kriterien zur Verfügung stehen, um ein sprachliches Werk der Trivial-, Unterhaltungs- oder gehobenen Literatur zuzuweisen. Wieso aber genießt Trivialliteratur wirklich so große Beliebtheit? Diese Frage ist durchaus berechtigt und verdient es, immer wieder aufgeworfen zu werden, damit wir nicht im Prokrustesbett traditioneller Perspektiven stecken bleiben. Carme Farré-Vidal widmet sich der Gattung des Detektivromans, der nicht einfach über den gleichen Kamm geschoren werden kann wie viele andere billige Romane. Auch hier handelt es sich primär um literarische Unterhaltung, aber diese entsteht vor allem durch den spannenden Verlauf der Handlung, das Versteckspiel vom Kriminellen, die Spürarbeit des Detektivs und die lange erhoffte Aufklärung des Verbrechens. Vor allem seit der Entwicklung moderner forensischer Medizin haben sich in der Gattung ‘Detektivroman’ viele neue wissenschaftliche und psychologische Dimensionen eröffnet, die eine beträchtliche Qualitäts- und Gehaltssteigerung mit sich brachten. Im modernen Detektivroman stehen sich oftmals der Verbrecher und der/ die Detektiv/ in gleichwertig gegenüber, womit die literarische Handlung fast wie ein Turnier wirkt, das zwischen beiden ausgefochten wird, wobei die Sympathie nicht unbedingt auf der Seite des letzteren zu ruhen braucht (siehe z.B. Friedrich Dürrematts Der Richter und sein Henker, 1950-1951). Allerdings sind in den letzten Jahren zunehmend weibliche Detektive aufgetreten, womit diese Gattung sogar den Spannungsbereich zwischen den Geschlechtern auszuloten beginnt. Um dies gesondert zu analysieren, widmet sich Farré-Vidal in ihrem Beitrag den Romanen von Kathy Reichs (seit 1997 erschienen), wo explizit patriarchalischer Raum durch das Auftreten der intellektuellen und scharfsinnigen Protagonisten eingeschränkt oder sogar ganz aufgelöst wird. Der Frage, wie die Beziehung zwischen AIDS, Männlichkeit und dem Science-Fiction-Film (aus den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts) in den USA ausgelotet wurde, geht Rocío Carrasco Carrasco in seinem Beitrag nach. Selbstverständlich hat die Aids-Epidemie verheerende Folgen für männliches Selbstbewusstsein gehabt, denn der starke, gesunde männliche Körper war auf einmal von innen her bedroht und einer unheilbaren Krankheit ausgesetzt. Filmemacher setzten ihr ganzes Können daran, dieser kulturellen Unsicherheit ein mächtiges Gegenbild entgegenzuhalten, das durch solche Idolfiguren wie die bodybuilders Arnold Schwarzenegger und Sylvester Stallone etabliert wurde. Um jedoch von AIDS abzulenken, entwickelte man zunehmend Science-Fiction-Filme, in denen die Gefahr für den Mann von extraterrestrischen Wesen herrührte, wie der Film The Thing illustriert. Angst aber herrscht auch hier vor, denn gerade dort können sich die Männer nicht tatsächlich wehren und leiden unter fürchterlicher Paranoia, was stellvertretend für die Angst vor AIDS fungiert. Wenngleich es sich sowohl hier als auch in literarischen Medien zunächst nur um Unterhaltung handelt, Albrecht Classen 26 erweisen sich diese Filme als wichtige Reflexionen einer tiefsitzenden Krise der Männlichkeit. Auch oberflächliche Fernsehserien wie Lost, seit 2004 vom US-Sender ABC, ausgestrahlt, können gut dazu dienen, über ihren oberflächlichen Unterhaltungswert soziologische Aussagen zu vermitteln, wie wir von Carlos Menéndez-Otero erfahren, der sich besonders darauf konzentriert, die “tieins” zu untersuchen, d.h. die kommerziellen Produkte, die mit dieser Sendung verbunden sind und auf materiellem Wege eine engere Verbindung zwischen den fiktionalen Fernsehgestalten und dem Publikum herzustellen bemüht sind. Dazu gehören auch Unterhaltungsromane, die offensichtlich von den Fans geradezu verschlungen werden und eine gesteigerte Form der kapitalistischen Verfremdung der Massen darstellen, die sich mehr oder weniger mit den Filmhelden identifizieren, stets dazu verlockt werden, weiter deren Schicksale zu verfolgen und sich ganz den filmischen bzw. literarischen Geschehnissen zu überantworten, ohne noch den Rückbezug zur eigenen Existenz im Auge zu behalten. Trotz ziemlicher herber Kritik an diesen Romanen vermochten sie es, wie es Menéndez-Otero z.B. anhand von The Lost Experience (2006) deutlich macht, zumindest den erwarteten Profit zu erwirtschaften, weil die Leser sich intensiv mit ihnen auseinandersetzen, auch wenn sie oftmals ziemlich von der schlechten Qualität enttäuscht wurden. Einer der Erfolgsrezepte bestand darin, dass die Leser zu Detektiven gemacht werden, deren Aufgabe es ist, von einem Roman zum anderen genauer der Spur des Helden zu folgen und Geheimnisse aufzudecken. Aber schon nach kurzer Zeit scheiterte dieses Medienkonzept, denn solche “tie-ins” sind wirklich kaum mehr als Eintagsfliegen. Spannung und Aufregung gehören stets noch zu den wichtigsten Kriterien von erfolgreicher Unterhaltungsliteratur, und wenn dann noch ein kriminelles Element hinzukommt, hat der Autor bereits sein Ziel erreicht. Erstaunlicherweise gab es auch in der DDR den Detektivroman, wie Eva Parra-Membrives in ihrem Beitrag zeigt, obwohl sich die Staatsführung hierbei gar nicht wohl fühlte, aber letztlich wenig gegen das Erscheinen solcher Romane machen konnte oder wollte. Zum einen bestand ein sehr hoher Bedarf an literarischer Unterhaltung, zum anderen erwies es sich als unmöglich, sich der Flut an westlichen Texten entgegen zu stemmen, weswegen man es bevorzugte, eigene Autoren von solchen Detektivromanen zuzulassen, auch wenn Verbrechen gemeinhin als Reste des alten Kapitalismus angesehen wurden und im Grunde gar nicht in die Realität des Sozialismus passen sollten. So gelang also diesem Genre auch in der DDR der Einzug und verbreitete sich schnell und erfolgreich, weil am Ende sogar die staatlichen Behörden den Krimi als ein nützliches literarisches Werk ansahen, um etwa familiäre Probleme in der Gesellschaft aufzudecken und zu bekämpfen, wie es Parra-Membrives z.B. anhand von Gert Schönaus Feuer Einleitung 27 im Kükenstall (1971) durch ihre kritische Interpretation vorzuführen vermag. Dabei geht es bezeichnenderweise um die Frage, wie einer jungen Person, die den Weg hin zum sozialen Kollektiv nicht gefunden hat, wodurch sie ins Kriminelle abgeglitten ist, von Seiten der Autoritäten geholfen werden kann. Wir sehen uns also vor einem Detektivroman mit Sozialbewusstsein, in dem unter dem Deckmantel des Trivialen tatsächlich Kritik am Staat und dem System geübt wird. Wie der Aufsatz von Agata Mirecka demonstriert, verfolgt unser Band nicht nur die Frage nach der wissenschaftlich soliden Analyse von Unterhaltungs- und Trivialliteratur, sondern bietet auch Einblicke in anerkannte Literaturwerke, die aber bis heute relativ wenig beachtet worden sind. Mirecka diskutiert vor allem die Erzählungen des Schweizer Autors Hermann Burger, der sich 1989 das Leben nahm, obwohl er mit seinen Texten durchaus Anerkennung gefunden hatte (die Gründe für seinen Selbstmord stehen aber hier nicht zur Debatte). Für Burger war Schreiben eine Existenzform, wobei es ihm nicht darauf ankam, die Trennung zwischen Irrealem und Realem deutlich zu ziehen. Mirecka geht insbesondere auf die Sammlung Diabelli von 1979 ein, wo die Möglichkeiten eines Zauberers den Mittelpunkt einnehmen, denn dieser vermag es, die Gesetze der Wirklichkeit, wenn auch nur täuschend, kurzzeitig aufzuheben. Wie hierbei deutlich wird, besteht eines der wesentlichen Merkmale von Literatur überhaupt darin, die Beschränkungen unserer Wahrnehmungsfähigkeit aufzuheben und Alternativen zu erkennen, was Burger u.a. auch dadurch bewerkstelligte, dass er intensiv auf Fremdwörter und Neologismen zurückgriff, die die unendliche kreative Potenz der Sprache gut illustrieren, und eine stark hypotaktische Satzstruktur einsetzte. Durch seinen Selbstmord hat Burger leider seiner eigenen Schöpfungskraft ein Ende gesetzt, aber Mireckas Aufsatz bestätigt, dass mit ihm ein Meister der Sprache dahingegangen ist. Ganz anders hingegen erweist sich die Situation mit den Romanen Martin Suters, die hier Gesa Singer durch eine sorgfältige Analyse der inhaltlichen Gestaltung und Thematisierung in ihrer Trivialität bloßstellt. Es gehört eben auch zu den Aufgaben der Literaturwissenschaft, sorgfältig neue Werke zu untersuchen und auf ihren Gehalt und ihre Aussagekraft hin zu überprüfen, denn wir können uns ja nicht einfach mit dem literarischen Kanon zufrieden geben. Wie Singer nachzuweisen vermag, bieten die sehr beliebten Texte Suters bloß oberflächliche Unterhaltung, entwickeln keine ernsthaften Überlegungen und scheitern letztlich in ihrer wenig tiefgreifenden Aussage, wie es vor allem der sogar sehr populäre Bestseller Der Koch von 2010 illustriert. Der Autor greift schlicht auf bekannte Themen zurück, die dem Kriminalroman geschuldet sind, entwickelt zugleich eine enge Verbindung zwischen dem Bereich des Lukullischen und der Erotik, und mischt diese dann so geschickt, dass der breite Leser die erhoffte Unterhaltung genießen Albrecht Classen 28 kann, auch wenn er dabei niemals zu einer bedeutsameren Aussage gelangt. Zudem enttäuscht Suters langweilige, klischeehafte, weitgehend ganz dem alltäglichen Umgangston geschuldete Sprache, wobei trotz aller Bemühungen, das zentrale Anliegen des Romans, Erotik mit der Kochkunst zu verbinden, insgesamt nicht zum Zuge kommt. Schockwirkungen sind hier zwar durchaus eingebaut, sie verpuffen aber sehr schnell in ihrem Reiz, weil sie nur aufregen, aber keine Erkenntnis vermitteln und statt dessen eher Rührung auslösen als Reflexionen initiieren. Bestseller haben es oftmals so in sich, denn je größer ihre allgemeine Beliebtheit, desto eher besteht auch die Gefahr (nicht die logische Konsequenz! ), dass sie das eigene Niveau extrem gesenkt haben, um an möglichst viele Leser selbst unterschiedlichster Bildungsstufen zu appellieren. Die Schwierigkeit bei vielen trivialen Texten besteht für den Literaturwissenschaftler darin, dass sie hemmungslos oder unbedacht auf alte Traditionen, Motive, Themen oder Stoffe zurückgreifen, diese aber dann so platt und banal behandeln, dass sie abgesehen von dem simplen Unterhaltungswert keine wesentliche Aussage bereit halten, ob im Mittelalter oder in der Moderne (siehe den Beitrag von Albrecht Classen zu Des Pleiers Melerantz). Anhand der heute immer ‘beliebter’ werdenden Gestalten von Untoten, Vampiren, Zombies u.dgl. überprüft Špela Virant, wie die Zusammenhänge zwischen vormoderner Literatur, wo diese ebenfalls schon gelegentlich auftreten, und der modernen Unterhaltungsliteratur zu beurteilen wären. 20 Während in der Antike und im Mittelalter der Besuch von Lebenden in der Unterwelt dazu diente, ihre Aufgaben im Oberirdischen zu bestätigen oder ihnen Autorität zu vermitteln (Vergil, Roman d’Eneas, Heinrichs von Veldeke Eneit), abgesehen von der wichtigen Funktion dieses Besuches, eine metaphorische Reise zu unternehmen, um die eigene Seele zu überprüfen (Dante Alighieri), dient das Auftreten der Untoten in der modernen Literatur dazu, um das Leben der Menschen zu stören, Angst zu verbreiten, Kritik an der herrschenden Ordnung zu üben oder Warnungen auszusprechen; sind aber deutlich auf ihren eigenen Bereich beschränkt und können letztlich nur kurzzeitigen Schrecken verbreiten. Wie Virant zu Recht betont, gewinnen die Untoten oder Geister eine erste erhebliche Adelung zur Zeit Shakespeares, insoweit als sie öfters in seinen Tragödien an zentralen Stellen auftreten und entscheidend die Handlung vorantreiben, indem sie sich den Protagonisten zeigen und mitteilen. Untote konnten seitdem auch, wie Tirso de Molina in seinem Don Juan vor Augen führt, als Rächer auftreten und göttliche Gerechtigkeit durchsetzen. Im 19. und 20. Jahrhundert hingegen entwickelte sich dann im breiteren Rahmen 20 Vgl. dazu jetzt die neueste Sammlung von kritischen Studien, Transnational and Postcolonial Vampires, Dark Blood, ed. Tabish Khair and Johan Höglund, New York, Palgrave, 2012. Einleitung 29 von Unterhaltungsliteratur zunehmend die zwielichte und ambiguöse Gestalt des Vampirs, des Monsters oder Zombie, die je nach Umständen Angst und Unsicherheit auslöst bzw. offenlegt. Wenn dieser Untote einfach auf traditionelle Motive rekurriert, eine pseudo-Metaphysik vorgaukelt und diese plump mit derber Erotik verbindet, ist, wie Virant darlegt, wirklich ein Erfolgsrezept für Trivialität gegeben, wie sie sich insbesondere im Werk von Sybille Berg zu erkennen gibt, die durch die Gestaltung von Untoten eine Gesellschaftskritik mit Angst vor dem Leben kombiniert. Virant untersucht eine ganze Reihe zeitgenössischer Unterhaltungsromane, wo Untote in sehr unterschiedlichen Rollen auftreten, was u.a. auch einschließt, dass solche Texte durchaus tiefschürfende Themen gestalten können, insoweit als sie Grenzen überschreiten und als Vertreter einer ganz fremden Dimension auftreten. Unausweichlich sehen wir uns natürlich im hier gewählten Kontext auch der Frage ausgesetzt, wie Literatur ganz gleich welcher Couleur überhaupt in der Postmoderne zu fungieren vermag, was das Postmoderne ausmacht, und wie heute die Beziehung zwischen traditionell gedruckter Literatur und insbesondere der cinematographischen Welt gestaltet ist, was letztlich, wie bei jeder geistesgeschichtlichen Untersuchung hin zur Überlegung führt, was die Identität des Menschen ausmacht. Cristina Alonso Villa illustriert das Phänomen des Postfeminismus, unter dem sie insbesondere das ausgewogene Verhältnis zwischen traditionellen Gender-Positionen und postmodernen Ansprüchen aus feministischer Sicht versteht, indem sie die Thriller-Romane von Kathy Reichs und ihre filmische Umsetzung unter dem Titel Bones genauer in den Blick nimmt. Dort spielt die forensische Medizin eine erhebliche Rolle, zugleich aber beweist sich die Protagonistin Temperance Brennan vom Waffengebrauch geradezu besessen und tritt als eine harte Kämpferin auf, die die Position von Männern streitig macht. Am wichtigsten ist aber, dass Brennan in den Romanen nicht nur als Detektivin präsent ist und die Funktion der Super-Mutter/ Frau einnimmt, sondern familiäre Aufgaben durchaus mit ihrem Ex-Ehemann teilt und gar nicht so radikal darauf drängt, alles alleine und selbständig machen zu können. Alonso Villa stellt also erstaunliche Unterschiede zwischen der Heldin in den Romanen und in den Filmversionen fest, denn in den letzteren erscheint sie viel härter, radikaler, d.h. feministischer als in den ersteren. Dennoch insistiert die Fernsehserie deutlich auf den traditionellen Normen der Monogamie und drängt darauf, dass die Frau nicht über die Stränge schlägt und die Männerwelt in ihrem Selbstbewusstsein gefährdet. In den Buchversionen machen sich hingegen viele kritische Sichtweisen bezogen auf die immer noch unterdrückte Stellung der Frau in der modernen Welt bemerkbar, was letztlich als wesentlich feministischer beurteilt werden muss als viele noch so martialische Gesten und Handlungen der Protagonistin in den Filmen, die ja vom extrem konservativen Fernsehsender Fox ausgestrahlt Albrecht Classen 30 wurden, der niemals ernsthaft moderne, progressive Haltungen vertreten oder präsentieren würde. Zwar zeigen die Filmversionen Frauen in erstaunlich starken Rollen, was den Kampf gegen Verbrecher betrifft, aber wenn sich die Aufmerksamkeit auf die Geschlechterbeziehungen, Ehe und Familie richtet, machen sich wieder sehr traditionelle, wenn nicht sogar patriarchalische Haltungen bemerkbar. Einen exemplarischen Fall von populärer Unterhaltungsliteratur, die aber ein ernstes Thema gestaltet, untersucht schließlich María Jesús Pérez Jáuregui, indem sie Storm Constantines Roman The Enchantments of Flesh and Spirit (1987, neu gedruckt 2007 und 2010) daraufhin überprüft, wie hier in dieser Dystopie Gender, Sexualität und die Überlebenschancen der Menschheit thematisch gestaltet werden. So phantasievoll dieser Roman auch sein mag und trivial wirken kann, erweist er sich doch, wie Pérez Jáuregui durch ihre Analyse offenlegt, als ein literarisches Medium, um zentrale Anliegen in unserer Existenz anzusprechen und neue, futuristische Entwicklungen vorherzusehen. Konkret geht es im Roman darum, die Entwicklung einer neuen Menschenrasse zu beschreiben, in der die traditionellen Geschlechterunterschiede z.T. aufgehoben sind zu Gunsten hermaphroditischer Manifestationen, was sich allerdings bei dem Protagonisten Pell nicht ohne tiefgreifende Ängste vollzieht, denn er sieht sich auf lange Zeit mit der eigenen Unsicherheit konfrontiert angesichts dieser körperlichen Verschmelzung von männlich und weiblich. Der Roman reflektiert also in vielerlei Sicht über traditionelle (Vor-)Urteile und Einstellungen hinsichtlich der üblichen Geschlechteridentifikation und appelliert an die Leser, ganz offene Meinungen einzunehmen und bereit zu sein, für die Zukunft der Menschheit radikale Transformationen körperlicher und geistiger Art zu akzeptieren und zu tolerieren. Indem Constantine ein Science-Fiction-Szenarium entwirft, gelingt es ihm, so trivial es auf erstem Blick zu wirken scheint, eine literarische Bühne zu schaffen, auf der die bekannten Formen der Geschlechterdiskriminierung neu überprüft und hinterfragt werden. So vage es auch wirken mag, es trifft trotzdem zu, dass wir erst dann eindeutig von Trivialliteratur sprechen können, wenn wir einen konkreten Fall in Betracht ziehen. Globale Urteile lassen sich genauso wenig fällen wie simplifizierende Kategorien aufstellen, als so notwendig es sich auch immer wieder herausstellt, kritisch mit der vorhandenen Literatur umzugehen und gut abgewogene und sinnvoll fundierte Qualitätsurteile zu fällen. Die hier versammelten Beiträge zeigen insgesamt an, wie sehr wir stets sowohl die vertikale als auch die horizontale Perspektive verfolgen müssen, wenn wir Unterhaltungs- und Trivialliteratur bzw. entsprechende Kunstwerke oder Filme von gehobener Literatur bzw. korrespondierenden anderen Medien unterscheiden wollen. Wie wichtig eine gute Kenntnis älterer Literatur für das Verständnis moderner und postmoderner Literatur ist, belegt eine ganze Einleitung 31 Reihe von Beiträgern, denn sowohl die Antike als auch das Mittelalter haben die Gegenwart tiefgreifend beeinflusst. Aber jeder einzelne Autor oder Filmmacher sieht sich ständig der gleichen Herausforderung ausgesetzt, entweder in trivialer Weise ein Thema anzugehen und allein daran zu denken, das Publikum zu unterhalten, oder in herausfordernder Weise fundamentale Anliegen im Leben jedes Menschen zu überprüfen und kritisch darauf zu reagieren. Wir Menschen bedürfen des Gespräches, und gute Literatur, gute Filme oder gute Kunstwerke erweisen sich als wichtige Gesprächspartner, die nicht nur zuhören oder durch einen spannenden Bericht eigener Art unsere Anliegen totschweigen oder unterdrücken, sondern die Probleme ans Licht bringen und provokativ erörtern. Niemand ist perfekt, nobody is perfect, aber wir sehen uns ständig der Notwendigkeit ausgesetzt, unsere individuellen Schwächen und Fehler zu überprüfen, nach Alternativen zu suchen und Ideale zu formulieren. Alle Beiträger dieses Bandes bemühen sich, je nach ihrer eigenen Weise und Interessenlage, genau hierfür konkrete Beispiele beizutragen und kritisch zu überprüfen. Das Erstaunlichste dabei dürfte sein, dass sich Gemeinsamkeiten herausschälen, ob wir spätmittelalterliche höfische Versromane oder postfeministische Werke in den Blick nehmen. Die Auseinandersetzung mit dem konkreten Leben an sich setzt sich fort, und wir als Literaturwissenschaftler sind dazu berufen, die analytische Lupe bei Texten anzusetzen und herauszuarbeiten, inwieweit diese uns dazu helfen, die eigene Existenz in ihrer metaphysischen Dimension adäquat wahrzunehmen und zu begreifen. So unterschiedlich in der Hinsicht etwa japanische von US-amerikanischer oder deutscher Literatur auch sein mag, so sinnvoll und wichtig beweist es sich doch, ununterbrochen die Frage aufzuwerfen, welche Positionen wir als Individuen einnehmen wollen und wie wir unser Leben zu gestalten bereit sind. In Trivialliteratur werden wir in der Hinsicht kaum fündig, während ‘gehobene’ Literatur (plus Film oder Kunstwerk) ganz explizit darauf gerichtet ist, der epistemologischen Aufgabe gerecht zu werden. Weder Bestseller-Listen noch bestimmte Zahlen von handschriftlicher Überlieferung werden uns hierbei helfen, denn die Suche nach dem Sinn des Lebens muss jeder Mensch alleine für sich durchführen. Manche literarischen oder cinematographischen Kunstwerke können dabei helfen, andere weniger, andere schließlich überhaupt nicht. Hier greifen wir also doch eine sehr sinnige Definition von Trivialität, die sich dadurch zu erkennen gibt, dass sie gerade nicht Antworten liefert, bewusst die Rezipienten einschläfert, affirmativ, antifeministisch und homophob auftritt und keine Alternativen anzuerkennen bereit ist. Ein Detektivroman mag noch so aufregend wirken, ein Krimi kann noch so viel Spannung ausüben, ein Science-Fiction-Roman mag noch so vielversprechend auftreten, aber wenn die Hinwendung zur Philosophie, Ethik oder Religion fehlt, ist auch die Mission des Autors solcher Werke Albrecht Classen 32 gescheitert. Umgekehrt formuliert: ein Kunstwerk oder literarischer Text, mag es noch so an formaler Qualität mangeln, aber wenn sich in ihm eine Botschaft zu erkennen gibt, die revolutionäre Züge trägt (sowohl horizontal als vertikal, d.h. sowohl historisch als auch gegenwärtig verstanden), dann besteht keine Gefahr mehr, dass sich das Triviale durchsetzt. Cristina Alonso Villa The ‘post-‘ in the Bones: Temperance Brennan as a postmodern (post)feminist subject Introduction This article will explore briefly the concept of postmodernity and the consequences of its mingling with feminist theories, namely the polemic notion of ‘postfeminism’. We will explore the changes produced by the arrival of postmodernity to concepts such as identity, and the importance acquired by others like agency, which becomes central for the construction of the individual. Furthermore, in regard to ‘postfeminism’, we will try to map the current debate around this term, which we are well aware has to be used cautiously. That is precisely the reason why the ‘post’ appears first between inverted commas and then between brackets in the title, both to draw attention to it and to highlight our own reservations in using it. We will explain briefly the different stances and nuances that this term implies and define our position in this debate. After thus establishing the critical framework, this article develops a discussion on some characteristics of Temperance Brennan, the protagonist of the Bones novels, together with an explanation of why these qualities make her a postmodern (post) feminist subject. We will then put them in contrast with those same characteristics of the character in the Fox TV adaptation and expose where they agree and where they differ. As it shall become clear, the divergences are huge, influenced to a large extent by the ideologies intermingled in the process of adaptation. 1. The era of Postmodernity Throughout history there have always been periods of change. In these spans of time, many traditional institutions are contested and new ones appear. However, the changes perceivable in contemporary western societies affect even those pillars considered most basic and essential, as the family or marriage. As Patricia Mann wrote in her book Micro Politics: Ours is an era that will be remembered for dramatic changes in basic social relationships, within families, workplaces, schools, and other public spheres of inter- Cristina Alonso Villa 34 action. We negotiate these changes in the course of our day-to-day lives, usually without thinking about them in any systematic way. 1 Although this text dates back to 1994, it can still be applied to the first decades of the 21 st century: the Arab Spring or the 15M movement are examples of recent dramatic changes, which affect all layers of society and both are caused and consequence of alterations in law and politics all over the world. In these circumstances, individuals feel lost in regard both to their role in society and to their personal desires and needs. They have to struggle with all the modifications that are taking place in their daily lives and in their conceptions of the world. In this context, both personal and social identities become unstable and appear blurred, which leaves the individual insecure about what to do, how to behave. In this context, as we shall see below, identity and agency emerge as central issues for the individual. 1.1. Identity in the postmodern era As Patricia Mann explains: In periods of social change, identities become unstable and multiple, crumbling and growing all at the same time. Individual consciousness becomes volatile and unpredictable, ahead of the action or lagging behind, sometimes somewhere else entirely. Everyday actions are liable to lead onto uncharted personal turf, jarring us out of the calm sense of who we were yesterday. 2 For instance, the standard actions and attitudes of a ‘traditional’ housewife are no longer appealing for a woman who is both a mother and a professional. New actions and attitudes are required, which allow the woman to fulfil her professional career and combine it with her family without reaching the point of exhaustion. Men also are in need to change their ‘traditional’ behaviours and engage in activities which 50 years ago where unthinkable for a man, like taking care of the children, cooking, cleaning the house or doing the laundry, for instance. Nevertheless, this shift is anything but smooth and swift, and normally, instead of looking for new forms of agency, too often individuals revert to traditional ones. This may be due to the fact that there seem not to be many alternatives available. When we look around in the media (audiovisual or printed) we do not see many if any at all examples of new ways to behave, of new role models for this new era. Rather, films, series, books, repeat and perpetuate the ‘traditional’ roles, both for men and women, so it seems there is no choice: either you are a mother, or you work, but doing both is hard and exhausting. The solution given to women then by the surrounding 1 Patricia S. Mann, Micro-Politics. Agency in a Postfeminist Era., Minneapolis, University of Minnesota Press, 1994, p. 1. 2 Ibid., p. 4. The ‘post-‘ in the Bones 35 media is to quit and go back to the household, become a great housewife and let their husband become the breadwinner for them and their families. In regard to men, the situation is not unproblematic either: if they choose to engage in new forms of agency, especially those considered traditionally female, they risk losing their masculinity. We fall back upon traditional roles for lack of alternative ways of fulfilling our desires and responsibilities. […] such habitual actions have lost their meaning when real maternal and paternal interests conflict with standard welfaremaximizing principles of public-sphere economic rationality. 3 In this scenario, agency becomes a key point, as it precedes our idea of identity. We could say that ‘we are what we do’. 1.2. Agency Mann defines agency as “those individual or group actions deemed significant within a particular social or institutional setting,” which are “typically interactive, necessarily understood in terms of relations between two or more individual.” 4 She also considers three dimensions of agency, namely: “motivation, responsibility, and expectations of recognition or reward.” 5 By looking at these three dimensions we can easily come to realize why women have often been considered passive, as most of their agency in society is not recognized or rewarded. An example of this is the lack of economical retribution for housework or childcare at home, duties traditionally considered female and thus kept for the women of the family. So, in order to change ‘traditional’ gender identities, there must be a change in agency, through which women can be considered as capable of significant social actions as their male counterparts and traditional women’s actions become considered worthy of recognition. The Bones novels show examples of this change in agency by showing professional women with successful careers working in what they chose, be it in traditionally considered male jobs or revaluing traditional female occupations. Also, as we shall see, Brennan exemplifies new ways of approaching motherhood and the relationship with an ex husband, far away from the anxious mother model normally represented in the media (a mother whose only occupation seems to be controlling the lifes of her children until the point of exhaustion) and also very different from the commonly presented ex partner relationship full of hatred and loathing. However, the arrival of postmodernity has not only produced deep changes in society, but also in the field of feminist theory which, in this context, gave birth to a controversial postmodern offspring: postfeminism. 3 Ibid., p. 8. 4 Ibid., p. 14. 5 Ibid., p. 14 Cristina Alonso Villa 36 2. (Post)Feminism The term ‘postfeminism’ emerged as early as 1919, after the supposed success of the suffragist movement. 6 In that moment, the term emerged as an evolution of feminist ideas. However, this did not produce anything concrete, as it was interrupted by the First World War and then the Second. It will not be until the 1980s that the popular press rescued the term to name a “generational sight in feminist thinking and in understanding social relations between men and women, beyond traditional feminist politics and its supposed threat to heterosexual relationships.” 7 There is of course a clear and conscious component of backlash in this way of interpreting and using the notion of ‘postfeminism ‘by the media, as Diane Negra explains: By caricaturising, distorting, and (often wilfully) misunderstanding the political and social goals of feminism, postfeminism trades on notion of feminism as rigid, serious, anti-sex and romance, difficult and extremist. 8 However, this use of the word is contested by some feminist critics, who have employed the term as a way to call a new critical position towards previous stands of feminism. It implies a series of achievements but also a series of new challenges for a new generation with a new social context, live experiences and expectations, “a feminism fit for the new millennium.” 9 Nowadays, there is still a great debate around the term ‘postfeminism’. As Genz and Brabon explain: The disagreements over and multiplicity of postfeminism’s meaning(s) are to a large extent due to indefiniteness and precariousness of the ‘post’ prefix, whose connotations may be complex if not contradictory. […] What these debates centre on is exactly what this prefixation accomplishes (if anything), what happens to feminist perspectives and goals in the process and what the strange hybrid of ‘post-feminism’ entails. 10 So, as Misha Kavka states, the question is: “How can we make sense of the ‘post’ in ‘postfeminism’? .” 11 There are actually three main ways in which we can make sense of it: as a rupture, as a step forward in the genealogy, or as both a rupture and a step forward. 6 Stephanie Genz; Benjamin A. Brabon, Postfeminism. Cultural texts and theories, Edinburgh, Edinburgh University Press Ltd., 2009, p. 10. 7 Patricia S. Mann, Micro-Politics. Agency in a Postfeminist Era, Minneapolis, University of Minnesota Press, 1994, p. 11. 8 Diane Negra, What a Girl Wants? Fantasizing the Reclamation of Self in Post-feminism, London, Routledge, 2009, p. 2. 9 Stephanie Genz; Benjamin A. Brabon, Postfeminism. Cultural texts and theories, Edinburgh, Edinburgh University Press Ltd., 2009, p. 12. 10 Ibid., p. 3. 11 Ibid., p. 3. The ‘post-‘ in the Bones 37 Post-feminism as a complete rupture with the feminist thought (with a hyphen, to highlight that rupture) is explained by Amelia Jones as follows: “the signification of a kind of termination a temporal designation of whatever it prefaces as ended, done with, obsolete.” 12 This way of understanding post-feminism is related to recent representations of women especially on TV and film, which show, on the one hand, strong women, action chicks, who, upon analysis often reveal themselves as fantasies for the male audience to enjoy beautiful hipersexualized women. Even though these images of strong women may seem at first glance empowering, once we go deeper we can appreciate that they are just princesses with armours. They still need to be saved by a hero or, if they save themselves, they don’t have the romantic reward as they end up being castrative (Lara Croft has lovers but no boyfriend, let alone a husband or a family).On the other hand, the media also offer other representations of women seemingly more ‘realistic’, who share the insecurities of real life women: Bridget Jones, Ally Macbeal, Carrie Bradshaw… More than ‘new’, these are rejuvenated ‘traditional’ stereotypes of fairy tale princesses, very independent and self-sufficient but desperate to catch a good man. No wonder why these examples of agency are criticized by many theorists, such as Angela McRobbie 13 , who argues that this Postfeminism is a kind of false-feminism, part of a backlash against feminism. It seems to empower women, but it actually drags them back into old forms of agency causing them to reject the feminist struggle for gender equality, creating an illusion of freedom and emancipation especially through consumerism. The second way of interpreting postfeminism (this time with no hyphen) is as another step in a genealogy “that entails revision or strong family resemblance” 14 , with also a nuance of dependence on and continuity with, as Best and Kellner explain. It is the consequence of the interaction of feminism with the era of postmodernity. The third way, as we said above, is a hybrid of the former two. As Genz and Brabon explain, it is middle ground, “typified by a contradictory dependence on and independence from the term that follows it.” 15 Or, in Linda Hutcheon’s words: “it marks neither a simple and radical break [...] nor a straight-forward continuity [...] it is both and neither.” 16 12 Ibid., p. 3. 13 Angela McRobbie, The Aftermath of Feminism, Gender, Culture and Social Change, London, Sage Publications Ltd., 2008. 14 In Stephanie Genz; Benjamin A. Brabon, Postfeminism. Cultural texts and theories, Edinburgh, Edinburgh University Press Ltd., 2009, p. 4. 15 Ibid., p. 4. 16 Joseph P. Natoli & Linda Hutcheon, A Postmodern Reader, New York, SUNY Press, 1993,p. 259. Cristina Alonso Villa 38 For the purpose of this article, we align with this third way of understanding postfeminism, which also defends its validity as a critical tool. We understand then the term not as a backlash (as the first way of understanding the word implies), but as a result of Postmodernity; it is a gendered postmodern vision that may differ from the precedent feminist waves in certain points, but continues the same struggle toward gender equality and the empowerment of women. Quoting Patricia Mann: Today, it is the reorganization of society associated with changing kinship structures and gender relationships that requires and enables us to move beyond the intellectual paradigms of modernism. Feminism […] was a powerful reactive social and intellectual movement within modernism. […] Postfeminism, the postmodern offspring of feminism, begins with the historic end of the amazingly enduring normative identification of humanity with men and masculinity. 17 Nevertheless, we agree also with Genz and Brabon when they say that this alliance of feminism and postmodernism, even though beneficial, is not exempt of risks, as it “may elide both movements’ inherent complexities.” 18 For this reason, it is necessary to treat this union carefully as it is not defined as a simplistic dualism. 19 As Ang asserts in regard to the postmodern component: One has to go beyond the many sweeping generalizations and platitudes enunciated about postmodernism and concentrate on its signification as a break with modernity, ‘the very dispersal of taken for granted universalist and progressivist assumptions of the modern. 20 Furthermore, we should not consider postmodernism so much as a theoretical/ philosophical addition, but a set of circumstances (social, economical…) which have made new changes in feminism possible. As Nicholson explains, postmodernism Must insist on being recognized as a set of viewpoints of a time, justifiable only within its own time’ (‘Introduction’ 11). Postmodern theorising and its invocation of difference must be historical, following from the demands of specific contexts and attuned to the cultural specificity of different societies and periods. 21 Thus, feminism needs to “maintain the modern idea of a creative and autonomous self” and, as Best and Kellner explain, recognise “its own epistemological anchorage in the theories and ideas of enlightened modernity. The very discourse of emancipation is ‘a modern discourse’, as ‘modern catego- 17 Patricia S. Mann, Micro-Politics. Agency in a Postfeminist Era, Minneapolis, University of Minnesota Press, 1994, p. 2. 18 Stephanie Genz; Benjamin A. Brabon, Postfeminism. Cultural texts and theories, Edinburgh, Edinburgh University Press Ltd., 2009, p. 109. 19 Ibid., p. 109. 20 Ibid., p. 112. 21 Ibid., p. 113. The ‘post-‘ in the Bones 39 ries’ such as human rights, equality, and democratic freedoms and power are used by feminists to criticize and fight against gender domination (Best and Kellner 208).” 22 3. The ‘post-’ in the Bones Now the question is: How do we make sense of the ‘post’ in the Bones novels? In recent years there has been a rise of the popularity of TV series related to the field of Forensic Sciences, especially with regard to laboratory work. Until this happened, the focus of most thriller plots was normally on the deduction process carried out by the detective, who could infer all kinds of information about murder and murderer from the clues: Edgar Allan Poe’s C. Auguste Dupin, Sir Arthur Conan Doyle’s Sherlock Holmes or Jessica Fletcher from Murder, she wrote, are some examples of this traditional approach to the world of solving crimes. In the more recent thriller fiction, there is a great deal of information about the procedures and techniques used in the laboratory and the centre of attention is increasingly turned to the people who work there, to the detriment of the detective work. TV series like C.S.I., for example, focus on how the scientific section of Law Enforcement Forces works, leaving the police officers a rather secondary role in the stories told. The case of the Bones novels and the consequent TV adaptation is no exception. The books by Kathy Reichs are based on her own life as Forensic Anthropologist and the TV series has taken its essence, but nothing else. In fact, the similarities end in the name of the protagonist and her job: Forensic Anthropologist Dr. Temperance Brennan. As we shall point out again further on, the TV series includes nuances of a specific ideology, which cannot be found at all in the books, namely that of the television channel which broadcasts the series: Fox. This broadcasting group is identified as one of the most conservative media groups in the United States, as a survey conducted by the Pew Research Centre shows. In this survey, Fox News, the news channel of the Fox Broadcasting Company, is perceived as the most conservative channel by a great sector of the American audiences. This serves as a hint at what to expect in other products of the company, like the TV series: statements justifying the use of weapons, hetero-romance, creationist explanations to the world, etc. The Bones series is no different: there is a continuous devotion to guns, with Brennan wanting all the time to shoot, or at least have a gun in her hand. Christian religion is also a recurring topic of conversation between Brennan and Booth and, even though she is always skeptic, she always yields to his arguments and understand his faith. 22 Ibid., p. 114. Cristina Alonso Villa 40 Talking about professional career, both Book-Brennan and Fox-Brennan 23 are women engaged in activities in the realm of Archaeology and Anthropology, two disciplines traditionally recognized as male turf, as most sciences were. Both Brennans are well respected and recognized: Book-Brennan is a Professor at University in the US and collaborates with the police in Canada. Fox-Brennan works for the Jeffersonian (a fictional institution in the USA) and collaborates with the FBI (personalised as FBI Agent Ryan / Booth). Around both of them are also other women that are experts like them in fields also considered as of male expertise, like law enforcement, Forensic Pathology, different kinds of lab work or computing. At the same time, Book-Brennan is not a super woman. As we stated above, the social idea is that women who are mothers and work should be able to cope with it all, or they had better quit work (you are a ‘super mom’ or just a mom). Delegating responsibilities to your husband doesn’t seem like an option. Book-Brennan, however, shares responsibilities over her daughter and pets with her ex husband and sometimes with Ryan (Seeley Booth on the TV series) too. She also delegates when she feels she cannot cope with everything anymore. For instance, when she is working on a difficult case (or a case which she needs more time to work on), she relies on her assistant student to deal with a practical seminar. In this regard, Fox- Brennan is not so willing to delegate, as she believes nobody does things better than her. In her job, Book-Brennan shows more empathy and gets upset when facing the atrocities people are capable of. However, this does not make her weak, it makes her more human. She finds the strength to work even harder solving murders through this sensitivity, which subverts the traditional notion of feelings as something feminine and, thus, not worthy of reward or social recognition. Vipers could kill Heathens, and Outlaws murder Bandidos. Or Pagans. Or Hells Angels. But they must not kill the innocent. I pledged to myself that I would apply every forensic skill I could muster, and however many hours I was able, to develop evidence to identify and convict these homicidal sociopaths. Children had a right to walk the streets of the city without being cut down by bullets. 24 I often give nicknames to my unknowns. Somehow, it personalizes them for me. 25 On the contrary, Fox-Brennan has no empathy at all and presents herself from the first episode as an action chick, putting up a fight any time she feels someone is bothering her, especially if the person touches her. She considers that feelings should not be allowed at all and that forensic experts like her- 23 For the sake of clarity and brevity, we shall name the character of the book ‘Book- Brennan’ and the character from the TV series ‘Fox-Brennan’. 24 Kathy Reichs, Deadly Decisions, New York, Scribner, 1999, p. 32-33. 25 Kathy Reichs, Bones to Ashes, London, Random House, 2007, p. 86. The ‘post-‘ in the Bones 41 self must distance themselves from the victims, in order not to get emotionally involved. Precisely because of this coldness, which derives in a great extent from her extreme intelligence, Fox-Brennan is also perceived as ‘weird’, like many other extremely intelligent or capable female characters in other crime series, such as Abby Sciuto or Ziva David, from NCIS (CBS), or Sara Sidle from CSI: Crime Scene Investigation (CBS), who are also unable to have romantic or just close relationships with other people. By contrast, Book-Brennan has cordial and smooth relationships with people around her. She only loses her temper with the press. The relationship with her 21year-old daughter is more relaxed than the traditional model, in which mothers are supposed to be overprotective and should show their daughters how to behave in order to be a lady. Brennan lets her daughter do as she pleases. Even though they are close, sometimes Brennan doesn’t even know where she could be. Of course, Brennan gets anxious, but trusts her daughter and tries to be positive and think she will reach back to her the moment she can. In between professional and domestic chores, I spent time with my daughter. Unhappy with her job in the Public Defender’s Office, Katy was considering a change, perhaps graduate or law school. I listened to her complaints and ponderings, murmured sympathy at appropriate points, rendered opinions when asked. 26 Fox-Brennan is disappointing in this respect. In season 7, after giving birth to a girl, she folds back to the traditional overprotective mother role and is unable to leave her baby for a second. She even asks the woman in charge of the nursery at the Jeffersonian to send her a picture of the baby every hour. Back to book-Brennan, she is not obsessed with her body and her looks, though she does not give up on looking good whenever she has time or the occasion requires it. Ryan did show up that night. I’d showered and blow-dried my hair. And, yes, I confess, applied mascara and lip gloss and a sprits of Alfred Sung behind each ear. 27 She doesn’t diet either. She eats doughnuts, frozen food or anything she can grab on the go: no calorie counting. Also, as a non-traditional housewife, sometimes she has no time or she just does not want to cook, so she eats whatever is in her fridge, orders take-away or goes out to a restaurant. Hippo helped himself to a maple syrup frosted. I went with chocolate. ‘Figured you mighta skipped breakfast.’ ‘Mm.’ I’d eaten a bagel with cream cheese and a half pint of raspberries. 28 26 Kathy Reichs, 206 Bones, London, Random House, 2009, p. 164. 27 Kathy Reichs, Bones to Ashes, London, Random House, 2007, p. 60. 28 Ibid., p. 35. Cristina Alonso Villa 42 It was almost eight by the time I reached my condo. I could have devoured Vermont and still had room for dessert. [...] My freezer offered two choices. Miguel’s Mexican flag fiesta. Mrs. Farmer’s country chicken pot pie. I went with the pie. 29 She goes to the gym or for a walk when she has time, for the sake of health or when she feels down, instead of going shopping for new clothes or shoes. To work off my anger at Crease, my disgust with myself, and my fear for LaManche, I pounded out three miles on the treadmill at the gym. Then I lifted for thirty minutes, and sat in the steam room for another ten. 30 Talking about outfits, she normally wears comfortable clothing and foot wear, especially when she has to do field work, and she does not care getting real dirty, as in one occasion when she has to get into a septic tank. Flinging back the quilt, I went to my abbreviated morning ritual, then threw on jeans, T-shirt, sweatshirt, jacket and cap. 31 Fox-Brennan is also not obsessed with appearance. We also see her running in the mornings and eating healthily (at some point she even admits being vegetarian), though also not normally cooking at home. She has a healthy weight and wears nice, comfortable clothes, and also does not mind getting all covered up in mud if she has to. Book-Brennan travels a lot due to her work (she works both in the US and in Canada), but she is not looking for romance all over. She has male and female co-workers and they all work seriously and professionally, with no flirtations. Even with Ryan (Seely Booth on the screen), for whom she feels an attraction, she behaves normally and, even though she feels shivers when he looks at her in certain ways (there is flirtation from time to time between them), it does not affect her judgment or distracts her. Nor did I want Ryan controlling my life. I had to take steps when I decided steps needed taking. 32 I couldn’t help but grin back. We’d been a team for so long, Ryan detecting, me working the vics. Though the breakup was difficult, I wanted this to continue. We’d been strictly colleagues once, could be again. 33 She is not even more willing to do her job when it is handed by Ryan, she treats all the cases with the same professionality and diligence, coming from other detectives or departments. In television, we can see quite often that Brennan leaves especially arqueological work in order to help Booth, which could be seen as a not too professional behaviour, even though when in the series it is presented as the most obvious way of proceeding for her. 29 Kathy Reichs, Bones to Ashes, London, Random House, 2007, p. 110. 30 Kathy Reichs, Deadly Decisions, New York, Scribner, 1999, p. 226. 31 Kathy Reichs, Grave Secrets, New York, Scribner, 2002, p. 23-24. 32 Kathy Reichs, Bones to Ashes, London, Random House, 2007, p. 76. 33 Kathy Reichs, 206 Bones, London, Random House, 2009, p. 42. The ‘post-‘ in the Bones 43 It is with regard to romantic relationships in the TV series that we can see the conservative ideology of the channel more blatantly. Brennan does not date that often, but in the third episode of the fourth season she dates two men at the same time, without them knowing. In this chapter, she makes her point about how irrational monogamy is, just to realize by the end of the episode that monogamy is the only way relationships work. When both men meet each other by chance, she ends up losing them; because that is not the way it is supposed to be from a conservative point of view. Nonetheless, in the TV series there is the surprising case of Angela Montenegro, who is bisexual and even dates another woman, Roxie, in three chapters of season 4 (8, 10 and 17). However, this also doesn’t last and Angela just resumes dating men, eventually setteling down marrying Hodgins and having a baby, as it is meant to be. Apart from the Brennan character, the books are also interesting especially from a feminist point of view because they deal with many issues which affect women today, such as prostitution, pornography, physical abuse or dubious forms of women empowerment like pole-dancing. Throughout the investigation, she reflects about the cases and through the interrogatories she tries to understand the motivations, if any, which incline people towards hurting another human being, especially women or children. I stared at the photo. Though not overtly sexual, the image was disturbing. ‘Her friends say she wants to be a model,’ Ryan said. She could be, I thought, studying the slender form, long hair, and luminous green eyes. ‘A lot of girls want to be models,’ I said. ‘Did you? ’ ‘No.’ ‘Kelly Sicard also had runaway dreams,’ Ryan said.” 34 Conclusions Books like the Bones novels make visible the value of women as significant social agents, capable of performing the same activities and with the same ability as men, the preferred social agent in the patriarchal society. The character of Temperance Brennan may not be as eye-catching as some of the heroines we discussed above in relation to post-feminism as false-feminism, yet she offers a real empowering role model for women based on career performance and not on purchasing power, and what to say about the fact that Brennan shows that there is still life for women after marriage, after children and after forty! 34 Kathy Reichs, Bones to Ashes, London, Random House, 2007, p. 84. Cristina Alonso Villa 44 The Bones novels offer an example of new agency for women in the era of postmodernity, one more appropriate for the current state of affairs than the comeback of traditional roles, and more realistic: being able to make a living out of writing in Manhattan, or becoming a top publicist or a successful layer earning vast sums of money, is not something all people can do, let alone a rich heiress. Brennan is a woman who earns her living doing what she always wanted. She may not be rich, but she is happy and she can afford a comfortable living. She has normal relationships with people around her, with her co-workers, with her daughter, even with her ex husband and with Ryan, a prospective partner. In contrast, the television adaptation fails to recreate this new agency and reproduces more ‘traditional’ roles. It is true that it also shows empowered, emancipated women, who have jobs traditionally considered male and who are the subjects of their own lives. However, all these ‘achievements’ lose their importance when it comes to marriage, relationships or family, when all these women fall back to traditional female roles. Furthermore, on the TV series there is a nuance of ‘weirdness’ around these strong independent women, especially in regard to Temperance, who is not able to relate to people around her, uses a highly sophisticated and technical language (which makes it even more difficult to communicate) and lacks sense of humour and grasps no irony. This can be understood as a hint for women, so that they avoid becoming too smart or too good at something in order to avoid becoming weird and thus having difficulties finding a husband. Even though these novels may not have a significant literary value in comparison with the great novels of the nineteenth century, but they sure are a healthy entertainment that shows us that there is other agency possible for women. I imagine a future where girls dream of becoming self-sufficient, self-assured, emotionally stable professional people like Temperance Brennan, instead of self-centred, self-assessing, marriage-focused, consumer entities. Bibliographical References Stephanie Genz & Benjamin A. Brabon, Postfeminism. Cultural texts and theories, Edinburgh, Edinburgh University Press, 2009 Patricia S. Mann, Micro-Politics. Agency in a Postfeminist Era, Minneapolis, University of Minnesota Press, 1994 Angela McRobbie, The Aftermath of Feminism: Gender, Culture and Social Change, London, Sage Publications Ltd., 2008 Joseph P. Natoli & Linda Hutcheon, A Postmodern Reader, New York, SUNY Press, 1993 Diane Negra, What a Girl Wants? : Fantasizing the Reclamation of Self in Post-feminism, London, Routledge, 2009 The ‘post-‘ in the Bones 45 Pew Research Center, “Fox News viewed as most ideological Network,” <http: / / www.people-press.org/ 2009/ 10/ 29/ fox-news-viewed-as-most-ideological-net work/ >, October, 29, 2009 [ONLINE] [access: 14/ 05/ 2012] Kathy Reichs, Deadly Decisions, New York, Scribner, 1999 [EPUB] Kathy Reichs, Grave Secrets, New York, Scribner, 2002 [EPUB] Kathy Reichs, Bones to Ashes, London, Random House, 2007 Kathy Reichs, 206 Bones, London, Random House, 2009 Darío Barrera-Pardo The sound symbolism of velar sounds in English popular fiction 1. Introduction One of the tenets of contemporary, mainstream linguistics, is that the linguistic sign is arbitrary. 1 This principle was formally established by Ferdinand de Saussure in the late nineteenth century, but the idea can be traced back to Aristotle, who stated that There is no natural relation between the sound of any language and the thing it refers. 2 As with many other scientific discoveries, the idea is both simple (anyone can understand it) and extremely powerful: there is no natural, motivated relationship between a word and its shape. As we will see, ‘shape’ in our case is concomitant to ‘sound.’ Thus, and as is well known, a domesticated canid can be a hund, dog, perro, kalb, chien and so on depending on the language we are referring to (i.e., German, English, Spanish, Arabic, and French). It is evident in this short list that the different sound shapes are completely divergent, and no preferred form can be attributed to the linguistic sign ‘dog’. Another case in point is onomatopoeia, whereby different languages express the same natural sound (a dog’s bark, a rooster’s crow, a chiming bell) with sound shapes that are to a large extent diverse. It should also be noted that if sound forms were constrained by iconic patterns, the possible number of phonological shapes would be extremely limited, resulting in a much more impoverished lexicon that what we actually have. Nonarbitrariness is thus something of a linguistic cul-de-sac. Sound symbolism implies that certain sounds or sound combinations are better suited to represent a particular meaning. For example, it has long been claimed by some researchers that the vowel ‘i’ is associated with small objects and entities, whereas the vowel ‘a’ is linked with large objects and beings. 3 This might not necessarily be the case, as we will see in what follows. 1 Ferdinand Saussure, Course in General Linguistics, La Salle, Illinois, Open Court, [1916] 1983. 2 Cited in D. Chandler, Semiotics, The Basics, London, Routledge, 2002, p. 26 3 See eg. Otto Jespersen, “Symbolic value of the vowel I”, in Otto Jespersen, Selected Writings of Otto Jespersen, London, Allen and Unwin, 1962, pp. 557-577; Hans Marchand,_”Phoneticsymbolism, Chapter 7” in The Categories and Types of Present-Day Darío Barrera-Pardo 48 Sound symbolism is therefore a somewhat radical departure from common understanding of linguistic structure. 4 However, there is a long knowledge base now that should make us think twice before sound symbolism is discarded without further consideration. There are good syntheses and reviews of sound symbolism which indicate that the phenomenon is common and widespread across the languages of the world. 5 Another finding in some disciplines related to linguistics in different fashions (it must be acknowledged that most linguists have shied away from these lines of research) is that, when confronted with words that are posited as being sound symbolic, many speakers show preference for made-up sound symbolic words over arbitrarily conformed words. This has now been attested for such disparate subjects as language acquisition, 6 or brand name preference. 7 These findings are less trivial than many mainstream linguists would believe. Take the example of the attested sound symbolism of brand names. If the potential aesthetic characteristics of a particular brand name are not properly acknowledged, consumers may reject the product on sound symbolic basis. In a follow-up study, Shrum, Lowrey, Luna, Lerman and Liu found that when choosing brand names, speakers of French, Spanish and Chinese who were bilingual in English preferred product names that matched their sound symbolic makeup with the product’s characteristics. 8 One of their results is that for convertible automobiles front vowels (‘i’ in this experiment) were preferred, and that back vowels (in this case ‘a’) were English Word-Formation, A synchronic-diachronic approach, Munich, Becksche Verlagsbuchhandlung, 1969, pp. 397-428; Russel Ultan, “Size-sound symbolism”, in Joseph Greenberg (ed.), Universals of Human Language, vol. 2, Phonology. Stanford, Stanford University Press, 1978, pp. 525-567. 4 Dwight Bolinger, “The sign is not arbitrary”, Boletín del Instituto Caro y Cuervo 5, 1949, 231-239; Dirk Panhuis, “The arbitrariness of the lingual sign as a symptom of linguistic alienation”, Studies in Language 5, 1981, pp. 343-360; Anna Wierzbicka, „ Oats and wheats, The fallacy of arbitrariness”, in John Haiman (ed.), Iconicity in syntax, Amsterdam, John Benjanmins, 1985, pp. 311-342. 5 Leanne Hinton, Johanna Nichols, and John Ohala (eds.),Sound Symbolism, Cambridge, Cambridge University Press, 1994; Roman Jakonson and Linda Waugh, The Sound Shape of Language, Berlin, Walter de Gruyter, 1987; Janis Nuckolls, “The case for sound symbolism”, Annual Review of Anthropology 28, 1999, pp. 225-252. 6 Mutsumi Imai, Sotaro Kita, Miho Nagumo, and Hiroyuki Okada, Sound symbolism facilitates early verb learning, Cognition 109, pp. 54-65, 2008; Susan Parault and Meghan Parkison, Sound symbolic word learning in the middle grades, Contemporary Educational Psychology 33, pp. 647-671, 2008. 7 L. Shrum and Tina Lowrey, “The implications of phonetic symbolism for brand name construction”, in Tina Lowrey (ed.), Psycholinguistic Phenomena in Marketing, Mahwah, Lawrence Earlbaum, 2006, pp. 39-58. 8 L. Shrum, Tina Lowrey, David Luna, D. Lerman, and Min Lui, “Sound symbolism effects across languages, Implications for global brand names”, International Journal of Research in Marketing 29, 2012, pp. 275-279. The sound symbolism of velar sounds in English popular fiction 49 more likely associated with another type of vehicle, 4x4 SUVs. If automobile makers pay heed to these facts, the marketing of their products will be more consumer-oriented. Not a trivial finding, given the zillions of dollars involved in the car industry. 2. Evidence for the sound symbolism of velar sounds in English 2.1. The target sounds in this study The iconic role of velar sounds in English will be analyzed in some forms of popular literature and subsequently in an experimental approach. First of all, the sounds that are the focus of interest in this study are exemplified below: Consonants Tack tag Tall Vowels Too took Toe tout Tall top tore Table 1 Target sounds of the study The reference accent for the study is Standard American English, also known as General American. It is acknowledged by the majority of linguists as the most widespread pronunciation both in the USA and Canada (hence also the label ‘North American English’). The sources of the analysis are all in American English, as we will see below, and the subjects of the experiment reported on in what follows were all speakers of this variety. The so-called velar sounds in this accent are all pronounced either closing the vocal tract at the soft palate or velum (as in tack and tag), or forming a more or less open stricture at the velum, as for the approximant tall and the vowels too, took, toe, tout, tall, top, and tore. The vowels in top and tall, as is well known, differ in the two main varieties of English. Standard British English has a rounded, low back vowel for top, , whereas Standard American English has an unrounded, lower back vowel . In addition, tall has a more closed vowel in Standard British English , and the vowel in Standard American English is much opener: . However, in words like tore the vowel in both accents is , albeit with a following r in Standard American English. Darío Barrera-Pardo 50 I have followed the transcription system represented in standard pronunciation dictionaries. 9 The phone at the end of tall is a positional variant, in technical terms an allophone of the lateral consonant , which is normally rather velarized in the accent I am considering (not only at the end of words, in other positions as well). We will focus in this study on the preference for velar sounds in the names of a special set of characters in popular literature and in experimental evidence. 2.2. Velar symbolism in popular literature 2.2.1 Jean Auel’s (1980) Neanderthals I will first explore the sound symbolism of velar sounds in some sources of popular literature. In this section I will review the names of the characters that feature in the novel The Clan of the Bear Cave. 10 Briefly, this novel deals with the encounter and interactions of a Cro-Magnon Homo sapiens girl, Ayla, with her Neanderthal companions. Below I list the names of the characters of this work. 1. Aba (woman) no velar 2. Aga (woman) velar 3. Borg (boy) velar 4. Brac (boy) velar 5. Broud (boy) velar 6. Brun (man) no velar 7. Creb (man) velar 8. Crug (man) velar 9. Dorv (man) velar 10. Droog (man) velar 11. Durc (man) velar 12. Ebra (woman) no velar 13. Goov (man) velar 14. Gorn (man) velar 15. Grev (boy) velar 16. Grod (man) velar 17. Groob (boy) velar 18. Igra (girl) velar 19. Ika (woman) velar 9 J.C. Wells, Longman Pronunciation Dictionary, First edition, Harlow, Longman, 1990. 10 Jean Auel, The Clan of the Cave Bear. The Valley of the Horses, London, Hodder & Staughton, 1980. The sound symbolism of velar sounds in English popular fiction 51 20. Iza (woman) no velar 21. Mog-ur (man) velar 22. Norg (man) velar 23. Nouz (man) velar 24. Oda (woman) velar 25. Oga (woman) velar 26. Ona (girl) velar 27. Ovra (girl) velar 28. Uba (girl) velar 29. Uka (woman) velar 30. Ura (girl) velar 31. Vond (man) velar 32. Voord (man) velar 33. Vorn (boy) velar 34. Zoug (man) velar ___________________________ 35. Ayla no velar Table 2 List of characters in Auel (1980) The first 34 characters are all Neanderthals, Ayla being the only Cro- Magnon in the story. On first inspection, it is evident that the vast majority of the characters of this narrative have at least one velar sound in their name (that is what velar in the table above indicates). For instance, name 2 in the list, Aga, has one velar consonant, . Name 3, Borg, has two velar sounds: the vowel and the consonant . And name 4, Brac, has one velar consonant at the end. What is interesting here is that the vast majority of the Neanderthal characters are characterized by having one or sometimes more velar sounds. Note that the name of the only non Neanderthal in the story, Ayla, contains no velar sound. This first finding is summarized in table 3 and figure 1 below. Neanderthals total velar: n = 30 88.23 % total no velar: n = 4 11.77 % Table 3 Neanderthal names with velar sounds in Auel (1980) Darío Barrera-Pardo 52 Figure 1 Percentage of velar and non velar names for Neanderthals in Auel (1980) The difference between Neanderthal velar and non velar names is statistically significant; 2 = 19.88 (df = 1); p < 0.0001, two-tailed. On closer inspection, it also appears that the velar quality of the Neanderthal names is more outstanding in male than in female names. This additional finding is depicted in tables 4 and 5 and figures 2 and 3 below. Neanderthal male total velar: n = 20 95.24 % total no velar: n = 1 4.76 % Table 4 Neanderthal male names with velar sounds in Auel (1980) 0 20 40 60 80 100 Velar Nonvelar Neanderthal names The sound symbolism of velar sounds in English popular fiction 53 Figure 2 Percentage of velar and non velar names for Neanderthal males in Auel (1980) Neanderthal female total velar: n = 10 76.93 % total no velar: n = 3 23.07 % Table 5 Neanderthal female names with velar sounds in Auel (1980) Figure 3 Percentage of velar and non velar names for Neanderthal females in Auel (1980) 0 20 40 60 80 100 Velar Nonvelar Neanderthal male names 0 20 40 60 80 100 Velar Nonvelar Neanderthal female names Darío Barrera-Pardo 54 For Neanderthal males, the difference between velar and non velar names is statistically significant: 2 = 17.190, (df = 1); p < 0.0001, two-tailed. However, for Neanderthal females the difference between velar and nonvelar names is only marginally statistically significant: 2 = 3,769, (df = 1); p = 0.0522. In sum, author Jean Auel chose for her Neanderthal characters names that are velar in sound, well above chance levels and particularly more so for male individuals. 2.2.2 Neanderthals in comic strips Velar phonetic characterization is also seemingly widespread in the representation of primitive-looking people in comic strips. Note that Neanderthals, until very recently, were considered by laypeople as quite primitive, brutish forms of the genus Homo. 11 So it is no coincidence that in other forms of trivial literature, primitive humans are equated with Neanderthals. And, as I will show, their names are strikingly similar to the names chosen by Auel with respect to their phonetic makeup. Table 6 below shows a collection of primitive names together with their sources. Primitive people’s names in Larson 12 Thak, Dug, Duggy, Og, Grog, Zog, Norg, Danook, Zak Primitive people’s names 13 Oog, Grog, Thag Table 6 Names of primitive-looking characters in comic strips Unfortunately, and for copyright reasons, the cartoons in which these characters appear cannot be reproduced here. But what is again evident is that all of the names are velar-sounding. Some names contain only one velar phone: Thak, Dug/ Duggy, Zak, and Thag; and the rest have more than one: Og, Grog, Zog, Norg, Danook, and Oog. We will find the same pattern if we explore the names of primitive people characters in other forms of popular art, like the cinema. The cast of characters of motion pictures set in the Stone Age show a very strong tendency toward velarity, as shown in table 7. 11 But not by scientists, see e.g. Brian Fagan, Cro-Magon, How the Ice Age Gave Birth to the First Modern Humans, New York, Bloomsbury Press, 2010. 12 Gary Larson, In Search of the Far Side, Kansas City, Andrews and McMeel, 1980; Gary Larson, Beyond the Far Side Kansas City, Andrews and McMeel, 1983; Gary Larson, It Came from the Far Side, Kansas City, Andrews and McMeel, 1986; Gary Larson, Night of the Crash-Test Dummies, Kansas City, Andrews and McMeel, 1988; Gary Larson, Unnatural Selections, Kansas City, Andrews and McMeel, 1991. 13 In www.CartoonStock.com. The sound symbolism of velar sounds in English popular fiction 55 One Million Years BC (1966) Caveman (1981) Raquel Welch ... Loana Ringo Starr ... Atouk John Richardson ... Tumak Barbara Bach ... Lana Percy Herbert ... Sakana Dennis Quaid ... Lar Robert Brown ... Akhoba Shelley Long ... Tala Martine Beswick ... Nupondi Jack Gilford ... Gog Evan C. Kim ... Nook When Dinosaurs Ruled the Earth (1970) Carl Lumbly ... Bork John Matuszak ... Tonda Victoria Vetri … Sanna Avery Schreiber ... Ock Robin Hawdon … Tara Richard Moll ... Patrick Allen … Kingsor Abominable Drewe Henley … Khaku Snowman Sean Caffrey … Kane Magda Konopka … Ulido Quest for Fire (1981) Imogen Hassall … Ayak Everett McGill ... Naoh Patrick Holt … Ammon Ron Perlman ... Amoukar Jan Rossini … Rock Girl Nicholas Kadi ... Gaw Carol Hawkins … Yani Rae Dawn Chong ... Ika Maria O'Brien … Omah Gary Schwartz ... Rouka Connie Tilton … Sand Mother Naseer El-Kadi ... Nam Maggie Lynton … Rock Mother Franck Bonnet ... Agoo Jimmy Lodge … Fisherman Jean Kindt ... Lakar Billy Cornelius … Hunter Kurt Schiegl ... Faum Ray Ford … Hunter Brian Gill ... Modoc Terry Fitt ... Hourc Bibi Caspari ... Gamla Peter Elliott ... Mikr Michelle Leduc ... Matr Robert Lavoie ... Tsor Matt Birman ... Morah ChristianBenard ... Umbre Table 7 Names of characters in selected Stone Age motion pictures This selection of pictures set in the Stone Age is representative of this movie genre. Of the 48 names appearing in table 7, 31 (65.58%) have one or more velar sounds, whereas 17 names (34.42%) have no velar sound(s). The difference is statistically significant: 2 = 4.083, (df = 1); p = 0.0433, two-tailed. It can also be observed that most male character names have a velar makeup (21 names, 77.77% of the male characters), and that the pattern is very different for female characters: there are 12 female names that contain no velar Darío Barrera-Pardo 56 sound (57.14%), and 9 velar female names (42.85%). This is similar to what we found in the characters of Auel, where velar sounds were chosen more consistently for male Neanderthals than for female Neanderthals. It seems, in sum, that in a variety of popular literature or narrative (and cinema could easily be included in this category) genres, the names for what we can variously name Neanderthal, primitive or Stone Age characters are chosen non randomly (we have seen that all the differences are statistically significant) to have velar sounds in them. The pattern is so consistent that it could be argued that the authors of these sources, i.e., fiction writers like Auel, cartoonists like Larson, and the movie script writers of the Stone Age films, are simply copying one another. Name giving could thus extend like a fashion or like a meme, 14 a concept or idea that spreads within a culture (much like genes, hence the name memes). Then the sound symbolism of velar sounds could have become standardized for particular uses within this narrow section of the population. Would laypeople also prefer to assign velar sounding names to this kind of characters? 2.3. Velar symbolism tested experimentally This part of the study answers the question posed at the end of the previous section. To test experimentally the sound symbolism of velar sounds, 68 speakers of Standard American English were asked to choose made-up names for a set of characters, where one of the made-up names contained one or more velar sounds, and the alternative name contained none. Native speakers of English were asked to identify each token as one or the other member of a minimal pair presented in a forced choice task. The types of characters included primitive people (here called cave man), but was extended to monsters, aliens, remote tribes and distant planets, because it had been impressionistically observed in popular literature sources that at least monsters and aliens also showed the tendency to have velar sounds. Remote tribes and distant planets thus served as distractors in the name assigning task performed by the subjects. Table 8 illustrates the items in the questionnaire handed to the subjects. Choose a name for a remote tribe: Lipe Koog Choose a name for an alien being: Terb Gorg Choose a name for a cave man: Zok Heb Choose a name for a distant planet: Seb Geng Choose a name for a monster: Gak Zat Choose a name for a remote tribe: Oog Aysh 14 Susan Blackmore, The Meme Machine, Oxford, Oxford University Press, 1999. The sound symbolism of velar sounds in English popular fiction 57 Choose a name for a cave man: Gool Pum Choose a name for a monster: Erf Arg Choose a name for a remote tribe: Kak Datch Choose a name for an alien being: Treef Trok Choose a name for a distant planet: Koosh Besh Choose a name for an alien being: Eeft Arl Choose a name for a monster: Troog Pret Choose a name for a distant planet: Un Ung Choose a name for a cave man: Goom Tem Choose a name for an alien being: Shuf Koof Choose a name for a remote tribe: Kayg Mayp Choose a name for a distant planet: Tras Trong Choose a name for a monster: Ayf Oge Choose a name for a remote tribe: Grool Freem Choose a name for a distant planet: Emp Onk Choose a name for a cave man: Gayk Bayp Choose a name for an alien being : Feen Keeg Choose a name for a cave man: Nawg Nad Choose a name for a monster: Ast Alk Choose a name for a distant planet: Krong Tran Choose a name for an alien being: Doke Tabe Choose a name for a cave man: Ang Eef Choose a name for a remote tribe: Thass Thok Choose a name for a distant planet: Ok Ud Choose a name for a remote tribe: Trun Gruk Choose a name for an alien being: Eesh Ong Choose a name for a monster: Kunk Semp Choose a name for a distant planet: Traf Grag Choose a name for an alien being: Delk Devs Choose a name for a remote tribe: Zesh Zool Choose a name for a cave man: Kuk Dus Choose a name for a monster: Noog Nayd Choose a name for a cave man: Frus Grak Choose a name for a monster: Og Ub Table 8 The items of the experimental task questionnaire It needs to be remarked that in this experiment one more velar sound was present in some of the names, as in Geng, Ung, Trong in table 8 above. The final sound in all three is a velar nasal , restricted to word final position in this study. There were 40 items as shown in table 8, so each type of character (cave man, monster, alien, remote tribe, distant planet) was tested 10 Darío Barrera-Pardo 58 times. The character types were randomized in the questionnaire. The results are given in table 9 and figure 4 below. cave man monster alien remote tribe distant planet velar 58.27% 75.91% 63.05% 46.87% 51.47% non velar 41.73% 24.09% 36.95% 53.13% 48.53% Table 9 Results of the name choosing experiment Figure 4 Velar and non velar percentages for the name choosing experiment The velar sounding names for the cave men were chosen well above chance levels: 2 = 14.890, (df = 1); p = 0.0001, two-tailed. The same applies to monsters: 2 = 146.184, (df = 1); p < 0.0001, two-tailed; and aliens: 2 = 37.066, (df = 1); p < 0.0001, two-tailed. However, the difference between velar and non velar names for remote tribes does not reach significance: 2 = 2.125, (df = 1); p = 0.1449, two-tailed. And the same is the case for distant planets: 2 = 0.471, (df = 1); p = 0.4927, two-tailed. 3. Explanation of the sound symbolism of velar sounds To explain why velar sounds are preferred for the types of beings surveyed in this study, we have first to ascertain what phonetic property is common to 0 20 40 60 80 100 cave man monster alien remote tribe distant planet Velar Nonvelar The sound symbolism of velar sounds in English popular fiction 59 all velar sounds, that is, the vowels that are articulated at the back of the oral cavity, together with all the consonants that share the same articulatory area. The one common feature that will be relevant for this study for all of these sounds is that they are low in pitch, or more technically that they have a low fundamental frequency (normally abbreviated to F 0 , the term I will use henceforward) of the voice. Fundamental frequency depends on the rate of vibration of the vocal folds, and the faster they vibrate the higher the associated pitch will be, although pitch is not actually an acoustic property, it is an auditory property, how high or low a sound is perceived to be. 15 Importantly for the results of this study, as we will see below, children and women normally have higher pitch than men, mainly because the vocal folds of males (in all mammal species, including Homo sapiens) are thicker than in females. It has been observed by Ohala that in animals The F 0 of voice can also indirectly convey an impression of the size of the signaler since F 0 , other things being equal, is inversely related to the mass of the vibrating membrane (vocal cords in mammals, syrinx in birds) which, in turn, is correlated to overall body mass. Also, the more massive the vibrating membrane, the more likely it is that secondary vibrations could arise thus giving rise to an irregular or ‘rough’ voice quality. To give the impression of large and dangerous, then, an antagonist should produce a vocalization as rough as and as low in F 0 as possible. 16 Clearly, then, male mammals may exploit F 0 to sound threatening and dangerous to their potential conspecific (i.e., competing males of the same species) rivals and enemies belonging to other species. And it is the pitch of their voices that makes them sound large and therefore intimidating. The explanatory power of the perceived effect of F 0 use does not stop in the threat signals emitted by male mammals, it is as well directly linked to the size sound symbolism of vowels I referred to above in section 1 of this study. Recall that small objects and beings tend to be associated with vowels of the ‘i’ type, and conversely large objects and beings are better represented by vowels like ‘a.’ Now we have a naturally motivated explanation for this association: vowels like ‘i’ are characterized by high frequency, whereas vowels of the ‘a’ type have low frequency. But this sound symbolic association is not restricted to the size of entities; the research reported by Woodworth shows that the relative position of an object, expressed by place adverbs (here and there), deictic pronouns (like this and that) and directional affixes (in many languages a morpheme that expresses direction like ‘toward’ and ‘away’) is systematically (i.e. non randomly) related to vowel 15 Peter Ladefolged, A Course in Phonetics, Fifth edition, Boston, Thomson Wadsworth, 2006. 16 John Ohala, “An ethological perspective on F 0 of voice”, Phonetica 41, 1984, 1-16. Darío Barrera-Pardo 60 quality. 17 The author found out in a survey of 26 languages, belonging to different language families, that forms with proximal meaning have a higher pitch than forms with a distal meaning. This ‘frequency code’ as Ohala has termed it, 18 can also explain why men’s and women’s names differ in their sound shape. In a study of the sound patterns of men’s and women’s names, Cutler, McQueen and Robinson determined that, as opposed to male names, female names contain many more ‘i’ vowels, well above chance levels. 19 Once more, the observed facts fit very adequately Ohala’s hypothesis. And finally, we come to the object of this study. It has been shown that cave men, aliens, and monsters all share a statistically very significant tendency to have velar sounding names. The explanation is now apparent: these beings are perceived as threatening to humans, and the frequency code conveys threat when the pitch of voice is low, because larger beings have more massive vocal folds, which in turn implies more overall body mass. And a larger being is obviously perceived as more dangerous. But the frequency code also explains the sexual dimorphism found in mammals (including humans), because males have bigger vocal folds, correlated with more massive body size, and therefore sound more aggressive than conspecific or interspecific females. As we have seen, velar sounds are acoustically associated with a lower pitch of voice, and that is why the characters analyzed in this study are symbolized by a velar makeup: they are perceived (probably subconsciously) as threatening and only secondarily as larger (another consequence of lower pitch according to the frequency code hypothesis). This also explains why in the Neanderthal names, as we saw in the previous analysis, males have significantly more velar sounding names (they are more threatening than females). If male versus female monsters and aliens were included in the study, I predict that the same pattern would be found. Bibliographical References Jean Auel, The Clan of the Cave Bear. 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Darío Barrera-Pardo 62 Nancy Woodworth, “Sound symbolism in proximal and distal forms”, Linguistics 29, 1991, pp. 273-299. Montserrat Bascoy Lamelas Die Super-Mütter der Gegenwart in Kerstin Giers mommy lit-Romanen 1. Eine Annäherung an Kerstin Giers mommy lit-Romane aus der Gattungsperspektive Auf den Bestsellerlisten des deutschen Literaturmarktes stehen heutzutage sehr oft Romane, die unter der Kategorie chick lit 1 klassifiziert werden können. Zu diesem Trend gehören auf jeden Fall zahlreiche Titel der Schriftstellerin Kerstin Gier (Bergisch Gladbach, 1966). Unter ihren bekanntesten Texten befinden sich der Roman Die Mütter-Mafia (2005), der inzwischen in der 23. Auflage erschienen ist, und die darauffolgenden Bände der Reihe, in denen sie die Geschichte von Constanze Bauer und ihren Freundinnen erzählt, Die Patin (2006), Gegensätze ziehen sich aus (2008) und Die Mütter-Mafia und Friends. Das Imperium schlägt zurück (2011). 2 Diese Romane können unter der Kategorie des Subgenres mommy lit 3 eingeordnet werden. In den folgenden Abschnitten werden die Texte in Hinblick auf die wesentlichsten 1 Es handelt sich bei dieser Gattung um ein ursprünglich anglo-amerikanisches Genre, das in den 1990er Jahren entstanden ist und sich dann ganz schnell in anderen kulturellen Räumen etabliert hat. Dies ist vor allem dem großen Erfolg von Helen Fieldings Roman Bridget Jones Diary (1996) zu verdanken, der allgemein von der Literaturkritik als ‚Mutter‘ des Genres anerkannt wird, so wie auch dem anderer Texte wie der Erfolgsroman Sex and the City (1996) von Candance Bushnell. In anderen Ländern wurden in der Folge Romane verfasst, die die Hauptmerkmale von chick lit beachten und oft gleichzeitig spezifische Aspekte der eigenen kulturellen Realität integrieren. Später sind verschiedene Untergattungen entstanden, wie die hier behandelte Variante mommy lit. Bei chick lit handelt es sich auf jeden Fall nicht nur um Literatur, sondern auch um ein kulturelles Phänomen. (Vgl. dazu Suzanne Ferriss, Mallory Young (Hg.): Chick-Lit. The New Woman’s Fiction. New York, London 2006, S. 2). Mit den Besonderheiten von chick lit im deutschen literarischen Raum beschäftigt sich Annette Peitz in ihrer komparatistischen Untersuchung Chick Lit. Genrekonstituierende Untersuchungen unter anglo-amerikanischem Einfluss. Frankfurt am Main 2010. Trotz der breiten Präsenz des sozio-literarischen chick lit-Phänomens in Deutschland sind jedoch bis Datum noch relativ wenige wissenschaftliche Arbeiten entstanden, die sich damit befassen (Annete Peitz 2010, S. 22f.). 2 Im Folgenden werden alle vier Texte als Mütter-Mafia-Romane zitiert. 3 In der wissenschaftlichen Literatur kann man neben der Bezeichnung ‚mommy lit‘ auch andere wie ‚mum lit‘ oder ‚mummy lit‘ finden, die sich auf dieselbe Untergattung beziehen. Montserrat Bascoy Lamelas 64 Gattungscharakteristika analysiert, um die Kategorisierung der Romane zu begründen. 1.1. Grundaspekte von chick lit und mommy lit Sarah Gormley beschreibt chick lit in einem einführenden Artikel zu dieser Gattung als die Bezeichnung für solche Romane […] written by women, (largely) for women, depicting the life, loves, trials and tribulations of their predominantly young, single, urban female protagonists”. 4 Es handelt sich insbesondere um ein das weibliche Publikum ansprechendes Genre, das prinzipiell keine intellektuelle Tiefe beansprucht, sondern deren Hauptzweck Unterhaltung ist. Schon das Design der Cover - Prädominanz u.a. von Rosafarben, Glitzer, Frauengestalten, Modeobjekte, etc. - wird von den Verlagshäusern als Marktstrategie benutzt, um die Bücher für Leserinnen attraktiv zu gestalten. Ein weiteres anziehendes Element für das weibliche Publikum ist das enorme Identifikationspotential der Protagonistinnen. Chick lit-Heldinnen sind meistens junge, ledige, arbeitende, schönheits- und konsumorientierte Frauen in den 20ern oder 30ern. Die Romane stellen ihren alltäglichen Kampf für Selbstbestimmung und um persönliches Glück dar, auf beruflicher so wie auf romantischer Ebene. Diese Texte, die als Populärbzw. Trivialliteratur eingeordnet werden, haben sowohl positive wie auch negative Reaktionen von Seiten des Publikums und der Literaturkritiker hervorgerufen: For the fans, it is claimed that chick lit reflects the experiences of contemporary young women […]. For chick lit’s detractors, however, these novels are formulaic, vapid, and, moreover, anti-feminist, firmly (re)locating women within the private sphere of hearth and heart. 5 Im Gegensatz zur hohen, hauptsächlich in seinem Identifikationspotential liegenden Popularität werden von anderen Autorinnen, Feministinnen und Literaturwissenschaftlerinnen die platte Einfachheit und die geringe literarische Qualität der Texte sowie die mangelnde Ernsthaftigkeit beim Umgang mit der Romanform und mit der Darstellung weiblicher Lebensmuster kritisiert, die nach chick lit-Gegnern nicht der Wirklichkeit entsprechen. Den Autorinnen wird oft vorgeworfen, dass ihre Bücher nur eine ständige Wiederholung derselben formellen und inhaltlichen Muster sind und dass sie und die Verlagshäuser nur an Verkaufszahlen Interesse haben. Heutzutage wird diese für Frauen gedachte Fiktion bezichtigt, das feministische Bewusstsein der Leserinnen zu lähmen, genauso wie die Frauenliteratur frühe- 4 Sarah Gormley: “Introduction“, in: Working papers on the web 2009, 13. URL: http: / / extra.shu.ac.uk/ wpw/ chicklit/ gormley.html. Letzter Zugriff am 12.09.2012. 5 Sarah Gormley, Op. Cit. Die Super-Mütter der Gegenwart in Kerstin Giers mommy lit-Romanen 65 rer Epochen der Ablenkung von den weiblichen Aufgaben diente. 6 Die Diskussion über die gegenwärtigen Weiblichkeitsauffassungen, die chick lit provoziert, veranschaulicht die Aktualität des Genres und seine Bindung an die Massenmediengesellschaft. Trotz der Vorwürfe gegen chick lit kann man anhand der neuesten anglo-amerikanischen Untersuchungen behaupten, dass Fragen moderner weiblicher Existenz in den Romanen aufgeworfen werden und den Leserinnen die Möglichkeit gegeben wird, darüber zu reflektieren oder nicht. In dieser Hinsicht wirkt chick lit für Literaturwissenschaftlerinnen wie Joanne Knowles authentisch, und zwar in dem Sinne der engen Verbindung zwischen Leben und Fiktion. 7 Auf der Webseite vom Bastei Lübbe Verlag, wo die Mütter-Mafia-Romane veröffentlicht werden, erscheinen Kerstin Giers Titel unter der Rubrik ‚Frauen‘. 8 Die Texte sind für das weibliche Publikum konzipiert und können unter den folgenden Kategorien eingeordnet werden, benutzt man den Klassifizierungsvorschlag von Rosalind Gill und Elena Herdieckerhoff: (1) Roman - (2) Liebesroman - (3) chick lit - (4) mommy lit. 9 Als Untergattung von chick lit unterscheidet sich mommy lit von dieser insbesondere dadurch, dass die Protagonistinnen ihre neue Rolle als Mutter mit den bisherigen Sphären ihres Lebens - Beruf und Liebe bzw. Sexualität - in Einklang bringen müssen. Heather Hewett definiert das Schicksal dieser Heldinnen treffend als den Weg von “womanhood to motherhood“. 10 Dieses Subgenre dient nach Katie Arosteguy der Beobachtung des Angstzustandes, den die Erfahrungen der Mutterschaft bei den Frauen bewirken. 11 Ein Hauptmotiv 6 Joanne Knowles betont den Vorwurf, den Feministinnen an chick lit-Autorinnen machen, weil ihre Heldinnen kein feministisches Bewusstsein zeigen: “[…] the contemporary fictional opiate that is chicklit distracts women from forming feminist analysis of Thelma and Louise while running an international bank all day without smudging her mascara (in the style of the woman Bridget Jones feels she should be) which, in the twenty-first-century, is not only their right but quite possibly their feminist duty”. Joanne Knowles (Hg.): Chiklit. Diegesis: Journal of the Association for Research in Popular Fictions 2004, 8, S. 3. 7 Vgl. dazu auch Sarah Gormley 2011. 8 In einem kritischen Ton nähert sich Tobias Becker der chick lit in seinem Artikel “Happy End. Schreiben Sie sich nicht ab! Schlagen Sie ein neues Kapitel in Ihrem Liebesleben auf! Unser Autor hat Frauenromane gelesen - und verrät Ihnen, wie sie ein manipulierender Macho werden“, in: KulturSpiegel 7/ 2012, S. 17-19. Becker definiert chick lit als Untergattung von Frauenliteratur und bezieht sich auf die im deutschen Raum bisher manchmal für diese Bücher gebrauchte Bezeichung ‚freche Frauenromane‘. 9 Vgl. dazu Rosalind Gill, Elena Herdieckerhoff: “Rewriting the romance: new feminities in chick lit? ” in: LSE Research Online 2007. URL: http: / / eprints.lse.ac.uk.2514. Letzter Zugriff am 22.08.2012. 10 Heather Hewett: “You are not Alone: The Personal, the Political and the ‘New’ Mommy Lit”, in: Suzanne Ferriss, Mallory Young (Hg.): Chick-Lit. The New Woman’s Fiction. New York, London 2006, S. 122. 11 Vgl. dazu Katie Arosteguy: “The politics of race, class, and sexuality in contemporary American mommy lit”, in: Women’s Studies 2010, 39, S. 409-429. Montserrat Bascoy Lamelas 66 von mommy lit ist demzufolge die Harmonisierung der mütterlichen Aufgaben mit dem Berufsleben. Die Probleme, die die Heldinnen dabei haben, zeigen die Unvereinbarkeit der modernen weiblichen Identität, die sie vertreten, mit den gegenwärtig durch die Massenmedien verallgemeinerten und den Frauen aufgedrängten Mutterschaftsidealen. Heutzutage orientieren sich Frauen an dem Bild der guten Mutter, das die Sachliteratur und die Massenmedien verbreiten, wie Internet, Zeitschriften usw. In dieser Hinsicht befasst sich Hewett mit dem Phänomen new momism, ein Konzept, das sich auf die aus feministischer Sicht konservative, rückständige Auffassung bezieht, dass eine Frau nur vollkommen sein kann, wenn sie Mutter geworden ist; nach dieser Ideologie sind Kinderbetreuung und -erziehung die primären weiblichen Aufgaben. 12 Die new momism-Ideologie impliziert somit eine Rückkehr zu traditionellen Weiblichkeits- und Mutterschaftsvorstellungen gegenüber den Errungenschaften vom Feminismus. Neben der Verfolgung des Ideals der guten Mutter und der Kritik an den Ideen des new mo m ism, ist die Vorstellung des have it all (Beruf-Mann-Kind) ein wesentliches Motiv in mommy lit. 13 Wie Stephanie Harzewski festgestellt hat, ist die Behandlung des have it all-Motivs ein postfeministischer Aspekt von mommy lit. 14 Da chik lit-Heldinnen die postfeministische Einstellung vertreten, dass sie sich selbst als Individuen bestimmen wollen, bleibt deshalb die Entscheidung, wie sie ihre Mutterschaft wahrnehmen, in ihren Händen, ob sie Beruf und Mutterschaft vereinbaren oder ihre Jobs kündigen und Vollzeitmütter werden. Der Ursprung von mommy lit liegt so Hewett in den Mutterschaftserfahrungen der Autorinnen. Dies würde den Romanen einen autobiographischen Charakter verleihen - für Arosteguy einen semi-autobiographischen. 15 Auf diese Weise zeigen die Autorinnen ihre Absicht, die aktuellen, wahren Verhältnisse, in denen Frauen ihre Mutterolle in der privaten so wie in der öffentlichen Sphäre erfüllen. Mommy lit, wie Hewett und Arosteguy u.a. Literaturwissenschaftlerinnen behaupten, zeugt von der Vielfalt an verschiedenen, ebenso gültigen Mutterschaftsmustern bzw. -realisierungen in der Gegenwart und behandelt das have it all-Motiv, eine Vorstellung, die nicht immer auf dieselbe Art und Weise vollzogen wird. Im Nachwort zum Roman Die Mütter-Mafia bezieht sich Kerstin Gier genau auf diese Aspekte als grundlegend in ihrem Text: 12 Vgl. dazu Heather Hewett 2006, S. 122f. 13 “The dominant styles of motherhood in Mommy Lit texts, then, are exhibited by women who can seemingly “do it all” - hold down a career, have a family, enjoy the companionship of friends, and maintain a fulfilling sex life”. Katie Arosteguy 2010, S. 413. 14 Vgl. dazu Stephanie Harzewski: Chick Lit and Postfeminism. Charlottesville, VA/ London 2011, S. 170f. 15 Vgl. dazu Heather Hewett 2006, S. 119, und Katie Arosteguy 2010, S. 409. Die Super-Mütter der Gegenwart in Kerstin Giers mommy lit-Romanen 67 Zum Schluss möchte ich mich bei all den Müttern bedanken, die mich zu diesem Roman inspiriert haben, ob bewusst oder unbewusst. Bei den “Mein-Kind-wirdsicher-mal-Model/ Nobelpreisträger/ Bundeskanzler“-Müttern, die einem klar machen, wie herrlich durchschnittlich das eigene Kind doch ist. Bei den “Warumhast-du-dich-noch-nicht-auf-der-Liste-eingetragen? “-Müttern, die einen daran erinnern, dass man abends nicht tatenlos auf dem Sofa herumhängen muss. Und bei den “Du - musst - dich - nicht - entschuldigen - dass - es - bei - dir - so - schlimm - aussieht“- Müttern, die einem deutlich machen, dass man sich das hektische Aufräumen und Staubsaugen auch hätte sparen können. Ich finde, es wird höchste Zeit, dass wir aufhören, uns gegenseitig unsere vermeintlichen Verfehlungen unter die Nase zu reiben, denn davon werden wir selber ja keine besseren Mütter. Stattdessen sollten wir anfangen, uns gegenseitig für das zu schätzen, was wir besonders gut können“. 16 Obwohl die Autorin nicht aus eigener Erfahrung schreibt, spiegelt sich in ihren Mütter-Mafia-Romanen die vielfältige Realität der Mütter, die Kerstin Gier in ihrer Umgebung beobachtet. In den Büchern kritisiert sie die gängigen Mutterschaftsideale, die die Frauen irgendwie dazu zwingen, in anderen Müttern ihre Konkurrentinnen zu sehen. Deshalb ermahnt sie Mütter zur Solidarität zwischen ihnen selbst. Für Kerstin Gier gibt es weder perfekte noch schlechte Mütter, das könnte das Motto ihrer Mütter-Mafia sein. 1.2. Die Einordnung der Mütter-Mafia-Romane als mommy lit In mommy lit treten die Suche der eigenen Identität als Mutter und das Streben danach, eine gute Mutter zu sein, in den Vordergrund. Andererseits werden in den Texten durch die Darstellung alltäglicher Erfahrungen die Überforderung und der Angstzustand aufgezeigt, die die modernen Frauen aufgrund der hohen Anforderungen der Gesellschaft erleben. 17 Kerstin Gier präsentiert somit in den Mütter-Mafia-Romanen eine Hauptfigur, deren wichtigste Sorge es ist, sich selbst und den anderen zu beweisen, dass sie sowohl eine gute Mutter als auch eine vollkommene Frau ist. Gegenüber den typischen mommy lit-Heldinnen, die Karrierefrauen sind und ihr erstes 16 Kerstin Gier: Die Mütter-Mafia. Köln 2011 22 , S. 318. 17 Der kontinuierliche Angstzustand, den chick lit-Heldinnen allgemein erleiden, erhöht das Identifikationspotential des Genres und somit seinen Erfolg. Man kann auch sagen, dass dieses Motiv als Antriebskraft funktioniert, indem die Angst die “quest for selfdefinition“ der Heldinnen nicht nur begleitet, sondern auch forttreibt. (Vgl. dazu Sarah Gormley 2011.) Nach Imelda Whelean illustrieren Texte wie Bridget Jones Diary die Tatsache, dass die heutige Vielfalt an idealisierten Weiblichkeitsbildern für die Frauen verwirrend ist, und dass sie trotz der Errungenschaften vom Feminismus nicht ganz einfach damit umgehen können. Die Suche nach Selbstbestimmung wäre für Whelean also eine Suche nach “sense of order“ im Chaos. Vgl. dazu Imelda Whelean: “Hight Anxiety: Feminism, Chicklit and Women in the Noughties”, in: Diegesis: Journal of the Association for Research in Popular Fictions 2004, 8, S. 6. Montserrat Bascoy Lamelas 68 Kind bekommen, 18 stellt die Autorin eine Heldin vor, die am Anfang der Geschichte noch keinen Beruf ausübte, sondern einfach eine glückliche Ehefrau und Mutter von zwei Kindern war. Der Roman Die Mütter-Mafia fängt mit einem Wandel im Leben der Protagonistin an, der ihre ganze Welt zerrüttet und sie dazu bringt, ihre weibliche und mütterliche Identität infrage zu stellen. Nach dem unerwarteten Entschluss ihres Ehemannes, sich zu scheiden - er verliebt sich in ein junges, attraktives Model namens Paris -, fühlt sich Constanze in ihrem Alter von 35 Jahren ausrangiert. Außerdem bleibt sie für ihre Kinder zuständig, muss in das Haus ihrer verstorbenen Schwiegermutter in der Insektensiedlung, ein Vorort von Köln, umziehen und befindet sich dazu noch in einer komplizierten finanziellen Lage, weil sie kein eigenes Einkommen hat. Constanze sieht sich also dazu gezwungen, in einem neuen Ort und in einem neuen Leben allein zurechtzukommen. Die Anpassung an die neue Situation kann die Heldin nur durch die Hilfe ihrer Freundinnen überwinden, die zu einer Ersatzfamilie für sie werden. Joanna Web Johnson hat die Bedeutung dieses Elements in chick lit analysiert und die soziale Relevanz der Freundinnengruppe betont. 19 Constanze und ihre Freundinnen ergänzen sich und unterstützen sich gegenseitig. Die Freundinnengruppe - die alte Freundin Trudi und die neuen Freundinnen Mimi und Anne - ist besonders wichtig in den Mütter-Mafia-Romanen, weil es sich darin um die Konfrontation von zwei entgegengesetzten Frauengruppen handelt: die Mütter-Society und die Mütter-Mafia. Nach ihrem Umzug in die Insektensiedlung tritt Constanze mit einer Gruppe von Müttern in Kontakt, bei denen sie hofft, Hilfe zu bekommen, und wo sie ihrerseits ebenfalls behilflich sein kann. Die Mütter-Society bietet Unterstützung für andere Mütter an, aber Constanze und ihre Freundin Anne werden von der Gruppe nicht als Mitglieder akzeptiert. Die Heldinnen entsprechen nicht ihren Erwartungen einer guten Mutter und werden so in ihrer Identität als Mütter beleidigt. Deswegen entscheiden sie sich, eine andere Gruppe zu gründen, die Mütter-Mafia, die andere, authentische Mutterschaftsmuster fordert. 20 Die Rivalität der zwei Gruppen wird von Kerstin Gier benutzt, um die Komplexität der Mutterrolle in der heutigen Gesellschaft zu verbildlichen. Die Selbstbestimmung der Protagonistin als Mutter erfolgt parallel zu ihrer Bestätigung in den anderen Dimensionen weiblicher Identität. Die Sorge 18 Eine Beschreibung von mommy lit-Heldinnen findet man u.a. in den zitierten Arbeiten von Heather Hewett und Katie Arosteguy. 19 Nach Webb Johnson anerkennen viele chick lit-Romane “female solidarity and the idea of socially constructed families (versus biological ones) from which the single woman or girl can truly draw her strengths”. Joanna Webb Johnson: “Chick Lit Jr.: More Than Glitz and Glamour for Teens and Tweens“, in: Suzanne Ferriss, Mallory Young (Hg.): Chick-Lit. The New Woman’s Fiction. New York, London 2006, S. 151. 20 Kerstin Gier: Die Mütter-Mafia. Köln 2011 22 , S. 232f. Die Super-Mütter der Gegenwart in Kerstin Giers mommy lit-Romanen 69 der Heldin um körperliche Schönheit und das Bedürfnis, ein gutes Image zu haben, sind wichtig für sie, insofern der weibliche Körper als identitätskonstituierendes Element fungiert, wie Gill und Herdieckerhoff festgestellt haben. 21 Constanze ist eine junge, erwachsene Frau, die sich ihrer Attraktivität bewusst ist, und die diese weibliche Macht ab und zu mal benutzt, um sich durchzusetzen. 22 Sie möchte immer einen guten Eindruck hinterlassen (und nicht nur äußerlich), und deswegen neigt sie dazu, Lügen zu erzählen, z.B., dass sie sehr gut Schach spielt, auch wenn sie keine Ahnung davon hat. 23 Das bringt sie dauernd in kompromittierende, humorvolle Situationen à la Bridget Jones, obwohl sie am Ende immer dabei gut abschneiden kann. Die Sorge der Heldin um ihr Image ist nicht nur wichtig bei ihrer Integration in die Insektensiedlung, sondern zugleich auch bei ihrem Sex- und Liebesleben. Nimmt man die in Abschnitt 1.1 zitierte kurze Definition von chick lit, bezieht sich das Wort ‚love‘ auf ein wesentliches inhaltliches Element des Genres: die Suche nach Mr. Right. Wenn normalerweise mommy lit- Heldinnen ihren Mr. Right bereits gefunden haben, wird Constanze als geschiedene Frau ihren Mr. Wrong durch einem neuen, den richtigen Geliebten ersetzen. Obwohl die Liebeshandlung eine Konstante in chick lit ist, erweist sich diese Handlungslinie jedoch oft als sekundär, wie Alison Umminger behauptet. 24 Am Beispiel der Mütter-Mafia-Romane kann man beobachten, dass ihre Rolle als Mutter primär ist und von der Protagonistin vor ihr Liebesleben gestellt wird. Trotzdem beendet Kerstin Gier die Geschichte von Constanze Bauer mit einem ‚happy end‘: Sie ist von ihrem Mr. Right, Anton, schwanger und eine zukünftige Ehe wird angedeutet. 25 Auf formaler Ebene ist in den Mütter-Mafia-Romanen noch ein wichtiger Aspekt zu besprechen, der charakteristisch für chick lit und mommy lit ist: der Humor. Mommy lit-Texte bezwecken, den Eindruck zu vermitteln, dass sie authentische Zeugnisse weiblicher Erfahrungen sind. Infolgedessen sind die meisten dieser Werke, wie die untersuchten Romane von Kerstin Gier, in der ersten Person geschrieben, sodass sie den Eindruck eines intimen Gesprächs mit der besten Freundin bzw. Leserin erwecken. Häufig wird eine lockere Redeweise, ein umgangssprachlicher, salopper, humorvoller Ton benutzt, der charakteristisch für informelle und intime Gespräche zwischen 21 Vgl. dazu Rosalind Gill, Elena Herdieckerhoff 2007. 22 Constanze kann nach dem Typ, der von Gill und Herdieckerhoff (Op. Cit.) beschriebenen Heldinnen, betrachtet werden, die schön und interessant sind, nachdem sie eine Transformation vom ‚ugly duckling‘ in eine attraktive Frau erlebt haben - als Kind wurde Constanze ‚Horror-Windmühle‘ genannt. Vgl. dazu Kerstin Gier: Die Mütter- Mafia. Köln 2011 22 , S. 222. 23 Kerstin Gier: Die Patin. Köln 2011 13 , S. 142f. 24 Vgl. dazu Alison Umminger: “Supersizing Bridget Jones: What’s Really Eating the Women in Chick Lit”, in: Suzanne Ferriss, Mallory Young (Hg.): Chick-Lit. The New Woman’s Fiction. New York, London 2006, S. 240. 25 Kerstin Gier: Die Mütter-Mafia und Friends. Das Imperium schlägt zurück. Köln 2011, S. 7. Montserrat Bascoy Lamelas 70 Freundinnen vorherrscht. Ebenso werden des Öfteren humorvolle Szenen des Alltags beschrieben, wie Georgina C. Isbister treffend festgestellt hat: Protagonists’ experiences are messy, often both embarrassing and humorous, inviting readers to recognize their own anxieties in those of the protagonists“. 26 Der Humor ist vielleicht das wichtigste, auffälligste Stilmerkmal von chick lit. Imelda Whelean spricht in diesem Sinne von einem “observational humor“ 27 , der nicht nur den Zweck der Unterhaltung erfüllt, sondern zugleich durch (Selbst)Ironie die kritische Einstellung markiert, die die Heldinnen gegenüber sich selbst und ihrer Umgebung haben. So wie Peitz dieses Stilmittel beschreibt, handelt es sich auch um ein “brauchbares Mittel zur Krisenbewältigung“. 28 Darin ist sie mit Hewett einverstanden, die den Humor in mommy lit als eine notwendige Strategie versteht, um die Unsicherheit und die Angst zu überwinden, die das Vorbild der Super-Mutter verursacht. 29 Der Humor dient in dieser Hinsicht genauso zur Selbstbekräftigung in der eigenen individuellen Identität als Mutter, wie bei Constanze Bauer zu beobachten ist. 2. Das Ideal der Super-Mutter und die Mutterrolle aus einer postfeministischen Perspektive in den Mütter-Mafia-Romanen Die Mütter-Society-Insektensiedlung vertritt in den Romanen das gegenwärtige Mutterschaftsideal. Sie definieren sich auf ihrer Webseite wie folgt: Wir sind ein Netzwerk fröhlicher, aufgeschlossener und toleranter Frauen, die alle eins gemeinsam haben: den Spaß am Mutter-Sein. Ob Karrierefrau oder »Nur«- 26 Georgina C. Isbister: “Chick lit: A Postfeminist Fairy Tale“, in: Working Papers on the Web 2009, 13. URL: http: / / extra.shu.ac.uk/ wpw/ chicklit/ isbister.html. Letzter Zugriff am 11.09.2012. 27 Imelda Whelean 2004, S. 10. 28 Annette Peitz 2011, S. 53. 29 Hewett unterstreicht auch die Idee, dass der Humor in mommy lit ebenso ein Zeichen noch nicht überwundener Rollenverteilungen ist: “It's not that our culture hasn't changed, because it has; but even though many families no longer fit traditional concepts of what constitutes a “family”, these ideologies still hold sway. Slowly, however, they are changing; for example, a few fathers have begun to write domestic humor, revising the persona of the harried housewife into the frenzied father. But the ongoing popularity of the harried housewife suggests that while roles are shifting, the idealized roles of “mother” and “father” continue to produce anxiety for many people”. (Heather Hewett 2006, S. 130) Eine solche Unterscheidung der Geschlechterrollen ist manchmal in den Mütter-Mafia-Romanen zu beobachten, besonders in den stereotypen Beschreibungen mancher Figuren, wie z.B. die des Playboys, dessen Mutter sich um ihre Enkelin kümmern soll. (Kerstin Gier 2011 22 , S. 164f.) Die Super-Mütter der Gegenwart in Kerstin Giers mommy lit-Romanen 71 Hausfrau: Hier tauschen wir uns über relevante Themen der modernen Frau und Mutter aus und unterstützen uns gegenseitig liebevoll. 30 In dieser kurzen Vorstellung der Gruppe werden Mütter in zwei gleichgestellte Typen eingeordnet: die Karrierefrau und die Nur-Hausfrau - obwohl mit dem zweiten Typ eine Hausfrau gemeint ist, die wie die Figur von Frauke Werner-Kröllmann Vorsitzende im Elternrat, Chefredakteurin der Kindergartengazette, Herausgeberin eines Kochbuchs für Kiddies und amtierende Obermami der Mütter-Society ist. 31 In der Beschreibung der Gruppe wird auch angedeutet, dass das Mutter-Sein eine sehr komplexe Aufgabe ist, sodass Frauen Unterstützung anderer Mütter brauchen, um eine gute Mutter sein zu können. Das von der Mütter-Society vertretene Mutterschaftsideal kann sehr wohl mit der Definition identifiziert werden, die auf der Webseite www.fuckermothers.wordpress.com, ein aktuelles Diskussionsforum über “feministische Perspektiven auf Mutterschaft“, erscheint: […] die heutige Mutter soll sich aufopferungsvoll um ihren Nachwuchs kümmern, gleichzeitig aber auch (in Maßen) eigene ‘Karriere‘ machen, Sport treiben, Spaß haben und weiterhin schlank und attraktiv sein […]. 32 Aus dieser Definition ist die Vorstellung der Super-Mutter herauszulesen, die in ihrem Leben alles erreicht hat (Beruf, Mann, Kind) und zugleich alle Sphären ihres Lebens vollkommen miteinander verbindet. Weiterhin ist noch hinzuzufügen, dass die Mütter-Society zugleich die Idee des new momism verteidigt, dass eine Frau nur vollkommen sein kann, wenn sie Mutter wird. Das zeigen die Mitglieder z.B. in der Verachtung der erfolgreichen Karrierefrau Mimi, Freundin von Constanze, die Schwierigkeiten hat, schwanger zu werden. Constanze zeigt sich kritisch gegenüber dem von der Mütter-Society vertretenen Ideal der modernen Mutter: Ich bewunderte die Frauen, die es schafften, Kinder und Karriere zu managen, die jede Minute des Tages verplant und organisiert hatten und dabei auch noch gut aussahen und Spa hatten. Frauen, die es fertig brachten, um sechs Uhr früh zu joggen, eine Wechseldusche zu nehmen, für die ganze Familie Frühstück zu machen und frischen Orangenschaft auszupressen, auf dem Weg zum Kindergarten noch bei der Bank vorbeizufahren, den Einkauf zu erledigen und das Altglas wegzubringen, um dann pünktlich um neun in der Vorstandsetage ihres Firmenkonzerns aufzukreuzen und einen ganzen Tag lang mit Millionen zu jonglieren. 33 Die Heldin weist in diesem ironisch neidvollen Geständnis auf die Unrealisierbarkeit des beschriebenen Mutterschaftsideals hin. Martin R. Textor be- 30 Kerstin Gier: Die Mütter-Mafia. Köln 2011 22 , S. 7. 31 Kerstin Gier: Die Mütter-Mafia. Köln 2011 22 , S. 87. 32 URL: http: / / fuckermothers.wordpress.com/ about/ . Letzter Zugriff am 20.07.2012. 33 Kerstin Gier: Die Mütter-Mafia. Köln 2011 22 , S. 138. Montserrat Bascoy Lamelas 72 stätigt 34 , dass das Selbstbild der Frauen heute sehr stark von außen beeinflusst wird, wie an der Konstruktion der Mutteridentität bei den Mitgliedern der Mütter-Society gesehen werden kann. Eine gute Mutter für sie ist z.B. diejenige, die bei der Erziehung ihrer Kinder die neuesten wissenschaftlichen Publikationen kennt und die aktuellsten Theorien in die Praxis umsetzt - auch wenn manchmal widersprüchliche Informationen koexistieren. 35 Die hohen Erwartungen, die die Gesellschaft in die Mütter setzt, führen öfters dazu, dass sich bei vielen Frauen, wie die Heldinnen von mommy lit, ein “schlechtes Gewissen und Schuldgefühle“ entwickeln. 36 Nach Martin R. Textor sind Frauen in ihrer Rolle als Mutter verunsichert, weil sie mit verwirrenden Mutterschaftsvorstellungen und -erwartungen konfrontiert werden. Dies führt dazu, dass sie u.a. in anderen Müttern ihre Vorbilder suchen. Eine solche Verwirrung und Verunsicherung wird von Kerstin Gier anhand ihrer unterschiedlichen weiblichen Figuren thematisiert. Constanze stellt ihre Identität als Mutter nach den Erfahrungen der Scheidung und des Neuanfangs in einer unbekannten Nachbarschaft, besonders nach ihrem Kontakt mit der Mütter-Society, infrage. Sie würde sich ihrer Meinung nach in der Kategorie der ‚Rabenmütter ‘befinden, aber diese Wahrnehmung ändert sich bald. Sobald die Heldin von der falschen weiblichen Solidarität 37 der Mütter- Society enttäuscht wird und beobachtet, dass sogar zwischen ihren Mitgliedern eine hohe Konkurrenz um das Podium der besten Mutter existiert, bekräftigt sie sich in ihrer eigenen Mutteridentität. In der Mütter-Mafia werden im Gegensatz zur Mütter-Society solche Mütter akzeptiert, die keine Super-Mütter sein wollen und die keine Rivalität miteinander erlauben. Das von Constanze vertretene Mutterschaftsideal steht im Zeichen des Postfeminismus. Nach Isbister ist die Vorstellung, dass die Heldinnen als moderne Frauen die Fähigkeit besitzen, alles haben zu können, ein wesentlicher Aspekt der populären postfeministischen Perspektive in chick lit, und somit in mommy lit. Ihrer Meinung nach beeinflusst dieses Ideal die Selbst- 34 Vgl. dazu Martin R. Textor: “Mutterschaft: Identität und Erleben“, in: Kindergartenpädagogik. Online Handbuch. URL: http: / / www.kindergartenpaedagogik.de/ 110.html. Letzter Zugriff am 16.09.2012. 35 Constanze macht sich lustig über die Mitglieder der Mütter-Society, die z.B. oft Kurse wie “Knüpfen mit Kleinkindern“ - von ‚Koryphäen‘ in ihren Gebieten gehalten - anbieten. (Kerstin Gier: Die Mütter-Mafia. Köln 2011 22 , S. 7f.) Im Roman Gegensätze ziehen sich aus parodiert sie die Mütter-Society und gibt auf ihrer eigenen Webseite “Fragen Sie die Patin“ verrückte Antworten auf die Fragen von Müttern mit Schwierigkeiten, die ihren Rat suchen. 36 Martin R. Textor, Op. Cit. 37 Die Mütter-Society beschränkt die Mitgliedschaft auf nur wenige Mütter, die sie sorgfältig auswählen. Nur eine einzige alleinstehende Mutter darf Mitglied sein. Weder Frauen, die keine interessanten Jobs bzw. eine Karriere haben, noch Hausfrauen, die nicht an sozialen Projekten oder anderen öffentlichen Aktivitäten teilnehmen, dürfen zur Mütter-Society gehören. Die Super-Mütter der Gegenwart in Kerstin Giers mommy lit-Romanen 73 bestimmung der Frauen, ihr ‚true self‘. 38 In der Mütter-Society ist die Idee des have it all ein Muss, so wie das Ideal der Super-Mutter. In dem Fall der Mütter-Mafia-Figuren fehlt ihnen immer etwas, um alles zu haben: Entweder handelt es sich um erfolgreiche Karrierefrauen ohne Kinder, um Mütter, die keinen Beruf haben, oder um Frauen, die weder einen gut bewerteten Job haben noch Zeit finden können, um sich richtig um ihre Kinder zu kümmern. Nichtsdestotrotz erreichen die Protagonistin und ihre Freundinnen am Ende der Geschichte, was ihnen gefehlt hat (Mann, Beruf oder Kind) und finden somit ihre Identität in der Verbindung dieser existenziellen Dimensionen. Man kann behaupten, dass die Idee des have it all aus einer postfeministischen Sicht eine Möglichkeit, aber nicht ein Muss sein soll. Dennoch ist für mommy lit-Heldinnen die “Affirmation of the individual“ in allen weiblichen Bereichen, wie Harzewski 39 u.a. Autorinnen bemerkt hat, eine im Zeichen des Postfeminismus leitende Idee in mommy lit. Martin R. Textor spricht in diesem Sinne von der Freiheit moderner Frauen, “ihr eigenes Leitbild zu “konstruieren“ und in ihrem Handeln zu befolgen“. 40 Constanze versucht, ein Bild von sich selbst als selbst gemachte Frau, die ihr eigenes Leben im Griff hat, wiederzugeben. Sie gesteht aber, dass sie auch Fehler macht, und dass sie nicht immer weiß, was sie tun soll oder was sie eigentlich will. In dieser Einstellung kann man sowohl die Notwendigkeit der Reflexion über die eigene Identität als auch die Komplexität der Beziehungen zwischen den leitenden Idealen und der Wirklichkeit erkennen. Aus diesem Grund plädiert Kerstin Gier anhand der Figuren der Mütter-Mafia besonders dafür, die eigene Rolle als Mutter kritisch infrage zu stellen. Nur auf diese Weise können Mütter ihre Fehler erkennen. Und deswegen werden in den Romanen die Figuren, die die Vorstellung der Super-Mutter vertreten, kritisiert, wie z.B. die Obermami Frauke Werner-Kröllmann, die nie an ihren Entscheidungen als Mutter zweifelt und deshalb nicht erkennen kann, dass ihre Tochter misshandelt wird. 41 Ein Bereich, in dem diese Schwierigkeiten zu erkennen sind, ist die Harmonisierung von Berufs- und Familienleben. Obwohl Constanze am Anfang der Geschichte arbeitslos ist, schafft sie es am Ende, mit der Unterstützung ihres Geliebten, zusammen mit ihren Freundinnen ein Schuhgeschäft aufzuziehen, wo sie von ihrem Talent für Mode auf der Berufsebene profitieren kann. Man erfährt aber nicht, wie sie diese Tätigkeit mit ihren mütterlichen 38 Bei ihrer Beschreibung der verschiedenen Positionen über den Postfeminismus im wissenschaftlichen Bereich unterstreicht Isbister, in Anlehnung an Rosalind Gill, die Existenz eines durch die Massenmedien verbreiteten ‚populären Postfeminismus‘, der die wissenschaftliche postfeministische Debatte nicht berücksichtigt, und der vom Ideal der alles habenden Frau bestimmt ist. Vgl. dazu Georgina C. Isbister 2009. 39 Vgl. dazu Stephanie Harzewski 2011, S. 169. 40 Martin R. Textor, Op. Cit. 41 Vgl. dazu Kerstin Gier: Die Mütter-Mafia. Köln 2011 22 , S. 226f. Montserrat Bascoy Lamelas 74 Aufgaben kombiniert. Kerstin Gier stellt in den Romanen andere Figuren dar: Karrierefrauen mit Kindern, Karrierefrauen, die nicht Mutter sind, Ehefrauen, Frauen mit normalen Jobs, etc.; bei allen erfahren die Leserinnen jedoch nur, welche alltäglichen Probleme sie haben, aber keine möglichen Lösungen. Wie bereits erwähnt, braucht die Protagonistin für ihre Selbstbestimmung als Frau und Mutter die Hilfe der Freundinnengruppe, aber auch die ihres Mr. Right. Die Relevanz der Liebesbeziehung mit Anton liegt darin, dass sich Constanze durch ihn selbstbestätigt fühlt, weil sie dank ihm ein vollkommenes Sex- und Liebesleben hat; er ermöglicht ihr, die Idee des have it all zu vollziehen. Die Heldin erreicht ihr Glück u.a. durch eine heterosexuelle Beziehung und durch die Gründung einer Familie. Dies, zusammen mit anderen Aspekten, wie die Freude an häuslichen Tätigkeiten - Constanze ist eine ausgezeichnete Köchin und kann sehr schöne Barbiekleider nähen - , gehört nach feministischer Kritik zu dem stereotypisierten Phänomen, das in chick lit und mommy lit ein traditionelles Weiblichkeitsbild vermittelt wird. Gegen diese Überzeugung spricht Heike Paul nicht von einer Aktualisierung, sondern von der Neuerfindung solcher Stereotypen. Traditionelle Weiblichkeitsaspekte und Strukturen wie die Ehe oder die Familie stellen somit Elemente einer neokonservativen Tendenz innerhalb des Postfeminismus dar. 42 In Bezug auf die Bedeutung der Heterosexualität in mommy lit kann man sich auf die Auffassung von Harzewski einer ‚late heterosexuality‘ beziehen, in der Frauen nicht von der patriarchalen Ordnung eingeengt oder beeinflusst werden, sondern frei entscheiden. Die Männer werden auf diese Weise zum notwendigen Accessoire der Heldinnen. 43 Die Koexistenz von romantischen und anti-romantischen, von feministischen und antifeministischen Elementen ist typisch für chick lit und lässt sich somit aus der postfeministischen Perspektive interpretieren, insofern die Populärkultur neokonservative und moderne Aspekte von Weiblichkeit vereint. Die einzige Kritik an dieser Mischung ist, dass dies manchmal zu Widersprüchlichkeiten führt. 3. Fazit Wie Harzewski feststellt, “chick lit emerged in what has been described as a postfeminism era“. 44 Anhand der analysierten Aspekte von Kerstin Giers Mütter-Mafia-Romanen, die sie unter dem Subgenre mommy lit einordnen lässt, konnte auch bestätigt werden, dass diese Texte im Zeichen des für 42 Vgl. dazu Heike Paul: “Feminist Chicks? : Chick lit als (post)feministische Populärliteratur”, in: Heike Paul, Alexandra Ganser (Hgg.): Screening Gender. Geschlechterszenarien in der gegenwärtigen US-amerikanischen Populärkultur. Münster 2007, S. 60f. 43 Vgl. dazu Stephanie Harzewski 2011, S. 11. 44 Stephanie Harzewski 2011, S. 11. Die Super-Mütter der Gegenwart in Kerstin Giers mommy lit-Romanen 75 mommy lit charakteristischen, postfeministischen Denkens konzipiert sind. Andererseits wäre die Analyse der Texte und des Weiblichkeits- und Mutterschaftsverständnisses, das darin vermittelt wird, ohne den Dialog der Gattung mit dem Feminismus, wie Harzewski pointiert, nicht vollziehbar. Kerstin Giers Mütter-Mafia-Romane enthalten einen, wie Paul formuliert, populären postfeministischen Diskurs. Kerstin Gier stellt absichtlich vielfältige Weiblichkeitsbilder und weibliche Lebensvorstellungen dar mit ihren konkreten Nuancen und Problemen. Diese Intention kann man besonders durch eine Analyse des vierten Romans Die Mütter-Mafia und Friends. Das Imperium schlägt zurück bestätigen, in dem die Autorin mehrere Stimmen von anderen Schriftstellerinnen und Schriftstellern sprechen lässt. Das Buch transponiert in der literarischen Fiktion das Gespräch zwischen Autorin und Leserinnen, indem im Rahmen der Webseite der Mütter-Society verschiedene Geschichten mit dem Thema Mutterschaft von den Mitgliedern der Gruppe besprochen werden. Widersprüchliche Meinungen werden geäußert, verschiedene Reaktionen werden beschrieben. Der Zweck des Buches ist es eben, die Vielfältigkeit an Mutterschaftsbildern bei den modernen Frauen zu zeigen. Indem Kerstin Gier in den Mütter-Mafia-Romanen verschiedene Mütter und verschiedene Mutterschaftsideale präsentiert, stimmt ihre Absicht mit der Bedeutung überein, die der populäre Postfeminismus für Isbister in chick lit hat: Popular postfeminism provides a needed space for exploring expressions of women’s experience, especially including those women who do not identify as feminist. 45 In dieser Hinsicht stellen Kerstin Giers mommy lit-Romane keine politische Einstellung gegenüber feministischen Ideen oder Forderungen dar, sondern sie enthalten nur unterschiedliche Möglichkeiten, sich als Mutter mit der aktuellen Welt zu konfrontieren und auf ihre Erfordernisse einzugehen oder nicht. Um ihre Identität zu konstruieren, müssen Frauen selber kämpfen, um das zu erreichen, was sie alles haben wollen. Als kennzeichnend für postfeministische Heldinnen in mommy lit sind also Unabhängigkeit, körperliche Integrität und Freiheit wesentlich, wie die Hauptfigur von Kerstin Giers Geschichte zeigt. Eine postfeministische Perspektive ist gleichzeitig daran zu erkennen, dass die Mutterschaft als ein Recht, aber nicht als ein Muss von Frauen verstanden wird, und dass das Mutter-Sein nicht von gesellschaftlichen Konventionen oder Moden bestimmt werden soll, sondern von der eigenen Individualität. In dieser Hinsicht wollen die Mütter-Mafia-Romane weder eine politische Kritik des aktuellen Panoramas im Bereich Familie und Mutterschaft sein noch ein bestimmtes Ideal oder eine Definition von Mutterschaft im 21. Jahrhundert fordern. Im Mittelpunkt von Kerstin Giers Kritik steht allein das Bild der Super-Mutter. Ironischerweise lässt die Auto- 45 Georgina C. Isbister 2009. Montserrat Bascoy Lamelas 76 rin schon am Anfang des ersten Romans Die Mütter-Mafia Sabine Ziegenweidt-Sülzermann von der Mütter-Society erklären: “Eine zufriedene Mutter ist eine gute Mutter, das ist ja wissenschaftlich nun wirklich hinlänglich bewiesen“. 46 Bibliographische Referenzen Katie Arosteguy: “The politics of race, class, and sexuality in contemporary American mommy lit”, in: Women’s Studies 2010, 39, S. 409-429. Tobias Becker: “Happy End. Schreiben Sie sich nicht ab! Schlagen Sie ein neues Kapitel in Ihrem Liebesleben auf! Unser Autor hat Frauenromane gelesen - und verrät Ihnen, wie sie ein manipulierender Macho werden“, in: KulturSpielgel 7/ 2012, S. 17-19. Suzanne Ferriss, Mallory Young (Hg.): Chick-Lit. The New Woman’s Fiction. New York, London 2006. Kerstin Gier: Die Mütter-Mafia. Köln 2011 22 . Kerstin Gier: Die Patin. Köln 2011 13 . Kerstin Gier: Gegensätze ziehen sich aus. Köln 2011 8 . Kerstin Gier: Die Mütter-Mafia und Friends. Das Imperium schlägt zurück. Köln 2011. Rosalind Gill, Elena Herdieckerhoff: “Rewriting the romance: new feminities in chick lit? “, in: LSE Research Online 2007. URL: http: / / eprints.lse.ac.uk/ 2514. Letzter Zugriff am 22.08.2012. Sarah Gormley: “Introduction“, in: Working papers on the web 2009, 13. URL: http: / / extra.shu.ac.uk/ wpw/ chicklit/ gormley.html. Letzter Zugriff am 12.09.2012. Stephanie Harzewski: Chick Lit and Postfeminism. Charlottesville, VA/ London 2011. Heather Hewett: “You are not Alone: The Personal, the Political and the ‘New’ Mommy Lit”, in: Suzanne Ferriss, Mallory Young (Hg.): Chick-Lit. The New Woman’s Fiction. New York, London 2006, S. 119-140. Georgina C. Isbister: “Chick lit: A Postfeminist Fairy Tale“, in: Working Papers on the Web 2009, 13. URL: http: / / extra.shu.ac.uk/ wpw/ chicklit/ isbister.html. Letzter Zugriff am 11.09.2012. Joanne Knowles (Hg.): Chiklit. Diegesis: Journal of the Association for Research in Popular Fictions 2004, 8. Heike Paul: “Feminist Chicks? : Chick lit als (post)feministische Populärliteratur”, in: Heike Paul, Alexandra Ganser (Hgg.): Screening Gender. Geschlechterszenarien in der gegenwärtigen US-amerikanischen Populärkultur. Münster 2007, S. 59-74. Annette Peitz: Chick Lit. Genrekonstituierende Untersuchungen unter anglo-amerikanischem Einfluss. Frankfurt am Main 2010. Alison Umminger: “Supersizing Bridget Jones: What’s Really Eating the Women in Chick Lit”, in: Suzanne Ferriss, Mallory Young (Hg.): Chick-Lit. The New Woman’s Fiction. New York, London 2006, S. 239-252. Joanna Webb Johnson: “Chick Lit Jr.: More Than Glitz and Glamour for Teens and Tweens“, in: Suzanne Ferriss, Mallory Young (Hg.): Chick-Lit. The New Woman’s Fiction. New York, London 2006, S. 141-158. 46 Kerstin Gier: Die Mütter-Mafia. Köln 2011 22 , S. 13. Die Super-Mütter der Gegenwart in Kerstin Giers mommy lit-Romanen 77 Imelda Whelean: “High Anxiety: Feminism, Chicklit and Women in the Noughties“, in: Diegesis: Journal of the Association for Research in Popular Fictions 2004, 8, S. 65-11. Rocío Carrasco Carrasco Masculinities, AIDS, and U.S. Science Fiction Cinema in the 80s 1. Introduction Hollywood cinema has, for much of the last century, offered images of masculinity that have contributed to the construction of certain notions of male identity in Western cultures. Popular portraits of manhood have been consistently sustained by male-oriented power structures, thus contributing to the reconfirmation of traditional concepts of gender identity. Moreover, and despite the fact that male images are inevitably affected by historical and cultural specificities, a “normative” definition of masculinity—constructed around notions of power and privilege—works in every filmic genre, proposing models for the depiction of ideal masculinities. In this light, the idea that gender identities are “performative” seems to work. 1 Hence, the history of cinema proposes specific types of masculinity for each genre and period that respond to dominant beliefs and which are sometimes used to calm tensions brought about by social conflicts. The analysis of popular male images in films brings to the fore important cultural debates and helps to understand better the social construction of masculinity in U.S. society at each specific historical time. Indeed, and especially during the last decade, a great number of academic works has been published—particularly in the United States—on the representation of masculinity in movies from many different angles. The present paper intends to contribute to this literature and offers a reading of “non-normative” portrayals of masculinity as depicted in two U.S. Science Fiction (SF) films from the controversial 1980s, whereby issues of male identity, men’s health, and body consciousness are involved. Taking a rather different perspective from that of the great number of academic writings that analyzes the recurrent image of the “hard hero” in action and SF films of the 1980s, 2 this paper will 1 See Harry Brod, “Masculinity as Masquerade”, in Andrew Perchuck and Helaine Posner, eds, The Masculine Masquerade. Masculinity and Representatio, Cambridge, Mass, 1995, and Judith Butler, Bodies that Matter, On the Discursive Limits on ‘Sex’, New York, 1993. 2 See Yvonne Tasker, Spectacular Bodies, Gender, Genre and the Action Cinema, London, 1993; Susan Jeffords, Hard Bodies. Hollywood Masculinity in the Reagan Era, New Brunswick, 1994; and Barbara Creed, “From Here to Modernity, Feminism and Postmodernism”, in Screen 28.2 (1987), 47-67. Rocío Carrasco Carrasco 80 focus on the contaminated or infested male body, understood as an image of the consequences of the overlap between borders and of the disruption of the norm. As I will set out to defend, this non-normative depiction of masculinity becomes a symbol of the times, suggesting cultural anxieties and the need to find new approaches from where to analyze the body. It is generally acknowledged that during the decade of the 1980s, precisely when rampaging male heroes tended to appear in the media, the previous model of “ideal” masculinity started to weaken and, as some scholars have rightly pointed out, The category white, middle-class, heterosexual and male was still a privileged category but a much less secure one than before. 3 Indeed, I agree with critics that consider the 1980s as a key moment for the display of new visions of masculinity. Political, social, and cultural developments, together with a growth of gender consciousness, improved women’s situation and gave rise to new male identity crises. The previous attempt to “masculinize” society decreased little by little. In relation to this issue, and while recognizing significant changes in normative U.S. masculinity during the 1980s, Messner and other critics contend that these shifts did not undermine conventional power structures; instead they only represent A shift in the style—not in the social position of power—of hegemonic masculinity. 4 Indeed, and as suggested above, a strong and healthy male body became an instrument of power and control that constructed a “solid” masculine identity in times of crises. Obvious examples are action movies starring actors like Arnold Schwarzenegger, Sylvester Stallone, or Bruce Willis that show images of a dominant masculinity linked to strength and violence. Critics like Susan Jeffords (1994) have read these Reaganite “hard bodies” as signs of a masculinity in crisis, arguing that they serve to calm anxieties caused partly by the appearance of the “New Man” in U.S. society and by the insistence on new gender definitions during that time. Among the most outstanding social and popular issues affecting male identity at this time, one could point out the awareness of AIDS since 1981, which caused a general panic and was mainly associated with homosexuality and male drug consumers. In relation to this issue, Paula Treichler argues 3 Judith Newton, From Panthers to Promise Keepers. Rethinking the Men’s Movement, Lanham, 2005, p. 9. 4 M.A. Messner, “Changing Men and Feminist Politics in the United States”, in Theory and Society 22 (1993), p. 733. A lament about the loss of old values of manhood is also perceived by many who, like Robert Bly and his followers, believe in “the spiritual warrior,” one more symbolic ideal of contemporary manhood (Anthony E Rotundo, American Manhood; Transformations in Masculinity from the Revolution to the Modern Era, New York, 1993, p. 287). Masculinities, AIDS, and U.S. Science Fiction Cinema in the 80s 81 in “AIDS, Identity, and the Politics of Gender” that for many years after the discovery of the disease, AIDS has been considered as a “gay male disease,” and she denounces, therefore, women’s lack of information about it: Though plentiful, the identities AIDS scripts for women rarely worked to expand women’s own awareness of the epidemic or to further social change. Rather, facts, information campaigns, even stories of sickness have served, sometimes inadvertently, to discourage women from engaging seriously with the epidemic. 5 Many U.S. films of the 1980s and 1990s managed to suggest contemporary fears toward newly discovered diseases that were contagious and sexually transmitted and that threatened to dismantle normative masculinity. 6 Specifically, by focusing on the trope of the body transformation, invasion and/ or alteration, the SF film of the 1980s provides the ideal forum from where to articulate male anxieties regarding the issue of AIDS. In this sense, the SF film can be considered as an important cultural referent that foregrounds questions of gender and male identity at work in U.S. society in the 1980s. These new gender concerns were especially reflected in some remakes of classic SF movies of the 1950s, where the male protagonist is depicted as terrified as a consequence of the presence of an “unfamiliar other.” John Carpenter’s 1982 remake of The Thing and David Cronenberg’s 1986 The Fly present male protagonists menaced by contemporary gender and cultural collective fears: AIDS, homosexuality, and contagious diseases. Precisely, the invading monster in these films can be regarded as a metaphor of the virus that destabilizes male identity. 2. The male body in crisis The 1980s were times of male resurgence, and public culture encouraged images of violent, aggressive men. The popular image of a tough masculinity reflected the contemporary political, and social atmosphere. The 80s are known for a return to the kind of morality that had dominated U.S. culture before the social upheavals of feminists and other minority groups from the 60s. Ronald Reagan, elected president in 1981 and re-elected in 1984, became the symbol of this decade, characterized by a turn to the right. Susan Jeffords in her Hard Bodies. Hollywood Masculinity in the Reagan Era argues that this president 5 Paula Treichler, “AIDS, Identity and the Politics of Gender”, in Sandra Kemp and Judith Squires, eds, Feminism. Oxford, 1997, p. 375-6. 6 Examples include Philadelphia (1993), Longtime Companion (1989), A Mother’s Prayer (1995), Breaking the Surface (1997), or And the Band Placed On (1993), among others. Rocío Carrasco Carrasco 82 Became the premiere masculine archetype for the [19]80s, embodying both national and individual images of manliness that came to underlie the nation’s identity during his eight years in office. 7 The body has been considered as a power contender by many critics and theoreticians (Connell, Bordo, Petersen) and hard male bodies have been culturally considered as objects of power. The social definition of men as holders of power is not only translated into an ideal and mental body but also into muscle tensions, posture, and the texture of the body, according to Connell. The cult of hardness, especially relevant in the 1980s, stands for the need for some armor to feel protected in society since, and as Bordo argues, [a] culture that idealizes, fetishizes, is addicted to the hard and impenetrable, is a cold and unforgiving place to be. 8 Bordo insists on the fact that the way we experience our bodies is powerfully affected by the cultural metaphors that are available to us. 9 This social need of armor becomes quite apparent during the 1980s and muscularity does not only imply notions of social power but also sexual potency. Bodybuilding became fashionable in the 1980s with the emergence of the beauty and health industry. Yvonne Wiegers deals with the social construction of male bodybuilding and affirms that this ideology Which espouses personal responsibility for one’s physical and psychological wellbeing, coincided near perfectly with the individually-oriented nature of bodybuilding and its promises of superior strength, health and beauty. 10 Yet, the idea of bodybuilding raises questions about the denaturalization of masculinity and/ or the fabrication of male identity. In relation to this issue, Tasker affirms that Men have become, during the 1980s, more overtly targeted as consumers of lifestyle. The invitation extended to western men to define themselves through consumption brings with it a consequent stress on the fabrication of identity, a denaturalising of the supposed naturalness of male identity. 11 As embodiments of the popular vision of masculinity, muscular and healthy bodies can be said to disguise and/ or calm male fears of AIDS and other threats to the body. By offering a strong healthy body on screen, the sense of 7 Susan Jeffords, Hard Bodies. Hollywood Masculinity in the Reagan Era, New Brunswick, 1994, p. 11. 8 Susan Bordo, The Male Body. A New Look at Men in Public and in Private, New York, 1999, p. 59. 9 Ibid., p. 38. 10 Yvonne Wiegers, “Male Bodybuilding, The Social Construction of a Masculine Identity”, in The Journal of Popular Culture, 32. 2, 1998, p. 150. 11 Yvonne Tasker, Spectacular Bodies, Gender, Genre and the Action Cinema, London, 1993, p. 110. Masculinities, AIDS, and U.S. Science Fiction Cinema in the 80s 83 wellbeing that the Reagan philosophy sought to promote is somehow granted. It is at this point where critics like Yvonne Tasker and Barbara Creed have highlighted what they consider to be a hysterical over-compensation for a real masculinity in crisis. The emergent new versions of masculinity that appeared in the 1980s were undermined on the big screen precisely by means of super-powerful heroes. The action film of the 1980s is one of the most studied genres in relation to the representation of masculinity and its cultural and political implications. Especially relevant for these studies are images of built male bodies like those provided by two key muscular stars, Schwarzenegger and Stallone. Susan Jeffords’ influential work Hard Bodies: Hollywood Masculinity in the Reagan Era (1994) and Yvonne Tasker’s Spectacular Bodies. Gender, Genre and the Action Cinema (1993) become key references for any analysis of the muscular hero during the Reagan era. Jeffords contends that the “Reagan Revolution,” with its conservatism and militarism influenced the representation of the hero in many action films of the decade. Thus, white male heroes with hard bodies came to represent the country’s solution for all its internal and external conflicts. For this purpose she analyzes films that, like Rambo (1982), Die Hard (1988), Robocop (1987) or Terminator (1984), present us with an image of masculinity that accurately supports the political agenda of the Reagan era. These films became metaphors, then, for the symbolic outbreak of broader political and social troubles. Tasker includes new approaches, such as postmodernism when dealing with the relationship between star image, genre, and masculinity. Her point is that recent action cinema responds to the shifts in gendered, sexual, and racial identities that took place during the 1980s, also reflecting the influences of other media such as the new video culture. In the chapter entitled “The Body in Crisis or the Body Triumphant? ” she deals with the implications as well as with the different critical perspectives of the masculine body, and more specifically, with the existing film theories addressing the muscular male hero. She considers this muscular body as revealing a complexity in the action film. This image has been, according to her, polarized and critically interpreted both as a triumph of traditional masculinity or, on the contrary, as a hysterical image pointing at a crisis of masculine identity. An “either/ or” opposition has framed critical discussions about images of masculinity. Yet if we take into account the historical time in which these images emerge as well as their class and race connotations, it seems, Tasker proposes to use a more inclusive perspective and circumscribe the analysis instead of relying on “both/ and” terms. This perspective proposes, then, a discussion of the multiplicity of meanings that the term “masculinity” implies. 12 12 Ibid. p. 110. Rocío Carrasco Carrasco 84 On the other hand, and as suggested above, the SF genre offers an alternative portrayal of the body in crisis, specifically in the context of health and illness. As movies like The Fly (1986)or The Thing (1982) illustrate, the healthy male body is dangerously threatened and remains vulnerable to the invasion of destructive forces that cause destabilization and fear to the main protagonist. In this sense, the SF film coalesces with the new cultures of “healthism” as described by sociologists whereby the lived experienced of the illness are taken into account, which Might include how people were managing illness in the context of their own lives and the kinds of emotional or affective experiences produced by this. 13 Hence, emotional experiences like vulnerability and fragility are included in these narratives, suggesting that we need new concepts to understand the body in the context of illness and disease. This new culture emphasizes the idea of “self-health,” implying that the body is never healthy of sick but has a potential to “break out,” which is aligned to the effectively of an individual self-managing strategies. 14 Moreover, and as these movies also illustrate, the problem of the body in crisis does not remain isolated but it eventually extends to governments, the community and/ or the nation, especially when there is an imminent risk of contagion. Hence, as “healthism” suggests, the emergence of new cultures of risk, which includes epidemiological changes throughout populations such as the global spread of AIDS, Have created a new set of problems for governments and a perceived need for a more intensive need for micro surveillance and disciplining populations. 15 In other words, “healthism” implies that individuals engage in the responsible maintenance of their own health and take on unpredictable risks through becoming more self-disciplining. 3. The contaminated/ abject body in SF In this section, I will attempt to illustrate how two outstanding SF films of the 1980s -The Thing and The Fly—address, albeit in very different ways, the issue of health and illness by means of the actions of unconventional heroes who suffer from identity crisis when the “normality” of their bodies is threatened by unknown forces. Traditionally, the fear of the “unfamiliar” has taken up different forms throughout the history of the SF and, therefore, aggressive alien colonizers can be read, as King and Krzywinska point out, 13 Lisa Blackman, The Body, Oxford, 2008, p. 98. 14 Ibid., p. 99. 15 Ibid., p. 99. Masculinities, AIDS, and U.S. Science Fiction Cinema in the 80s 85 As metaphors for a range of perceived threats to humanity, or particular groups, ranging from 1950s communism to the AIDS virus and contemporary ‘illegal aliens’ of human origin. 16 This fear becomes more evident in films where the alien force threatens to appropriate the human body, as is the case of alien abduction films or the movies under discussion here. 17 These two instances of the contaminated/ abject body deal with the topic of infestation, which can be read as allegories of personal and social destabilization and as disruptions of the “norm,” while illustrating the controversies of the 1980s towards the issue of health and AIDS. 18 3.1. Collective fear, male bonding and AIDS: The Thing (1982) John Carpenter’s The Thing is set in 1982 in an Antarctic research station, where an alien life form with the power of assimilating other organisms— the Thing— infiltrates, taking the appearance of the researchers that it absorbs, and causing paranoia within the group. The film can be read as an allegory of the spread of AIDS through society by means of this alien being that has the power to invade and absorb any creature it touches. Specifically, the film suggests the collective fear of contagion of the disease, which has deadly consequences for the normative male body. The fear of the decline of 16 Geoff King: Tanya Krzywinska, Science Fiction Cinema. From Outerspace to Cyberspace, London, 2000, p. 31-2. 17 Also in SF dealing with space-exploration the issue of AIDS is present. For instance, in Lynch’s Dune (1984), the evil enemy-baron Harkonnen-constantly represents a threat for a pure society in his appearance, linked to the abject, and in his killing instincts. His predilection for blood, insistently evolved in the film, constitutes the menacing presence of AIDS in U.S. society, reinforced by the fact that only men compose this enemy race. 18 Yet, with the passing of the time, critics have observed a change of attitude when representing AIDS on screen. A number of more recent films, like Dying Young, have been read as displaced treatments of AIDS. However, Eberwein claims that many recent films that depict sick or incapacitated heterosexual males can be read “as aggressively negative statements about the disease and its victims” (Robert Eberwein, “Disease, Masculinity and Sexuality in Recent Films”, in Journal of Popular Film and Television 22. 4 (1995), p. 155). He is comparing two kinds of films depicting sick males. On the one hand, the sickness of heterosexual males in films like Born on the Fourth of July or Dying Young, which are not able to destroy the heroes’ masculinity permanently, even if the result is the death of the male character. On the other hand, he analyzes films that portray homosexual males deeply affected by AIDS, such as Philadelphia or Savage Nights. In them, their sexuality is “paralyzed” and even “in films in which diminished sexual power is an issue, sexual potency is still shown as thinkable within a heterosexual framework” (Ibid. p. 156). In more recent SF cinema the issue of AIDS is suggested in films where an emphasis on blood and materiality is present, as it can be the case of Cronenberg’s eXistenZ (1999). Rocío Carrasco Carrasco 86 male patriarchy impregnates the whole film and especially affects the main protagonist, the helicopter pilot R.J. McReady (Russell). The film mirrors, then, the paranoia that took place at the beginning of the 1980s over contagion. AIDS was a genuine crisis in that decade, and for many it meant the end of the “Golden Age of Promiscuity,” which took place after a period when social life became more open and sexuality more “naturalized.” As many news reports, magazines, and books of the times evidence, the disease caused a widespread plague, and even kissing was a risk of contagion, which affected social and personal relationships. For some, as John Tierney argues in The New York Times, fear spread faster than AIDS, and the population, influenced by the media, felt that the risk of contagion was bigger than it actually was. At the opening of The Thing, we get to see the protagonist as a kind of hard-hero. He is seen drinking whisky directly from the bottle, swearing and using no coat in the cold snowy weather, only wearing a tight shirt that suggests his muscled torso. Concerning his behaviour, McReady looks impassive and proves his braveness when, after strange circumstances involving the killing of a pilot, he volunteers piloting some members of his crew to a Norwegian camp and finding out what has happened. Yet, this “manly” attitude is soon to change with the presence of the Thing. It is interesting to note that in Niby’s 1951 version, Captain Hendry (Tobey), whose body and personality are likewise threatened by a hostile alien presence, has a romantic relationship with Nikki (Sheridan). This relationship somehow assures his heterosexuality and, therefore, his “normality.” Hence, their romance has been considered as The healthy 1950s alternative to the bizarre, threatening asexuality of the Thing. 19 Moreover, the concept of the traditional nuclear family, which starts to be threatened in the 1950s, assures comfort and a friendly environment against the rough context of invasion. Apart from this, Henry is positioned to lead a group of people that is defined as opposed to the Thing. There is a relationship of camaraderie among the members of the group. 20 Thus, the consolida- 19 Sam Umland, “Sexual Freaks and Stereotypes in Recent Science Fiction and Fantasy Films, Loathing Begets Androgyny”, in Donald Palumbo, ed, Eros in the Mind’s Eye. Sexuality and the Fantastic in Art and Film, New York 1986, p. 226. 20 In this context, the group of men has been interpreted as an allegory of the “American Dream,” a nation capable of facing the challenge of the unknown and its own diversity and division, not only by using strength but also through affection (Kendall R Phillis, Projected Fears. Horror Films and American Culture, Westport Connecticut, 2005, p. 50). Even cinematography indicates their closeness and “the film is filled with tight shots, focusing on the men in close proximity to each other” (Ibid 52). They share jokes, care for each other, forgive each other, and bond together in the face of adversity. This idea of the group against a common enemy is present in myths where the community represents the norm and the “other” that threatens the norm. Masculinities, AIDS, and U.S. Science Fiction Cinema in the 80s 87 tion of the heterosexual couple, together with the destruction of threatening outsiders, seem to be a must for “healthy” society to continue. 21 Contrary to what happened in the original movie, the all-male group in Carpenter’s version is not represented as an idyllic community but homosocial bonds are depicted as dangerous and unhealthy, which further resonates with the prejudices from the 1980s against gay people as potential carriers of AIDS. This becomes evident in the recurrent use of scenes where there seems to be no sense of comradeship among the members of the group, who do not hesitate to kill whoever they think may be infected. This situation becomes worse and worse throughout the film until the point is reached when nobody trusts anybody and spectators become confused on who might be infected. We find a crew that is composed of black and white males, what further suggests that the invading monster is the result of the crew’s homosociality. As Guerrero contends: The Things’s bi-racial, isolated homosocial world in which the men of the crew overindulge in alcohol and open pot smoking and which is infected with a relentless, rapidly spreading pollution becomes a nearly literalized microcosmic model consonant with how the “gay plague” was perceived in the media and the public imagination at the time of the film’s circulation. 22 This reinforces the belief in the 1980s that AIDS is a disease affecting minorities and male homosexuals and that it could be easily transmitted. According to Kristeva, marginalized groups are labelled abject since they threaten contagion from the “outside.” This idea of unhealthy relationships is further reinforced by a decadent mise-en-scene, whereby the movie is full with images showing dirt, blood, and dust. In addition, the idea of “self-health,” advocated by the cultures of “healthism,” seems to work in these sequences in which the group does not function as a whole but where the individuals’ bodies are in crisis because they are vulnerable to be contaminated at any time. The film poses the question of what happens when the boundaries between the familiar and the unfamiliar are disrupted. Hence, the Thing is regarded at all times as a horrible presence that threatens the health of the members of the crew but that does not show the physical suffering of the person who carries it. In this sense, Guerrero rightly considers The Thing as representing the epidemiology (origins and spread of the disease). Indeed, the importance of non-contagious blood is stressed throughout the film, as when the protagonist, in a moment of fear, ties up his crew and forces them to get their blood analyzed in order to discover 21 Likewise, Kaufman’s 1978 remake of Invasion of the Body Snatchers does not include the heterosexual relationship, insinuating the danger of male bonding. 22 Edward Guerrero, “AIDS as Monster in Science Fiction and Horror Cinema”, in Journal of Popular Film and Television, 18.3 (1990), p. 89. Rocío Carrasco Carrasco 88 what “the Thing” is. His fears are more than evident at this point in the movie. In this context, the hero—together with the rest of the group—becomes menaced and frightened of being infected by this unknown monster that is an allegory of AIDS. The hero is not safe in this community where the “unfamiliar” resides, and that is why he feels weak and tired. His body is vulnerable to be infested but, contrary to what happens in The Fly, it has not gone through any visible transformation yet. He cannot take control of his body but it is his body that is betraying him, and he feels revulsion, disgust, and fear. The body may be deceiving him and cannot be trusted anymore. This idea can be ultimately related to narratives that tell about the responsibility of self-health for emotional stability. 3.2. Body deterioration and crisis: The Fly (1986) Cronenberg’s remake of the 1958 film The Fly tells the story of a scientist— Seth Brundle (Goldblum)—who experiences with teletransportation and who eventually begins to transform into a man/ fly hybrid after one of his experiments goes wrong. Contrary to what happened with The Thing, Cronenberg’s film does not emphasize the result of the transformation but the gradual deterioration of the protagonist’s body. This fact hints at the film’s allusion to the danger of recently discovered diseases and, specifically, to the suffering body affected by AIDS, although the disease is never mentioned throughout the film. Moreover, Seth’s agonic transformation is in itself a public issue, which interests the media, and which suggests the concern in the 1980s with the issue of health. In this sense, we get to see how Seth’s body transforms progressively until he becomes a monster-like creature. This transformation is painful and gets worse as time passes. With the help of academy award winning makeup effects, Seth’s disease look does not only shock his girlfriend, Veronica (Davis), but also audiences, especially at sequences where he loses hair, teeth and fingernails and his skin becomes discoloured and lumpy. His body can be considered, in Judith Halberstam and Ira Livingston terminology, a posthuman body, as they defined it as The causes and effects of postmodern relations of power and pleasure, virtuality and reality, sex and its consequences. The posthuman body is a technology, a screen, a projected image; it is a body under the sign of AIDS, a contaminated body, a deadly body, a techno-body; (…) a queer body. 23 According to this definition, Seth’s body suggests a posthuman monstrosity whose 23 Judith Halberstam and Ira Livingston, eds, Posthuman Bodies, Bloomington, 1995, p. 3. Masculinities, AIDS, and U.S. Science Fiction Cinema in the 80s 89 Bodily forms are recognizable because they occupy the overlap between the now and the then, the here and the always. 24 His hybridity is depicted as repulsive, especially in the context of the 80s, when the cult of a beautiful healthy body was widely spread in the media. It is interesting to note some differences with the original 1958 film The Fly. Edward Guerrero points out some significant changes: What we have is a shift from disruptive threats of repressed erotic desires, racial projections, and the effects of experimental technologies to the 50s nuclear family to the exploration of upscale, singles sexual liberation and the detailed visual inscription of its dreaded pathological consequences, all of which draws upon public alarm over new sexually transmitted diseases emergent in the 1980s. 25 As suggested above, Seth experiences a conscious agony due to his body’s gradual transformation, which at the beginning he considers as a contagious disease. Seth is the victim of his own experiment and, at the same time, is clearly affected by this mutation, as when he pleads with his girlfriend for help. Moreover, his painful metamorphosis brings to the fore apprehension related to sexual intimacy. Seth is single and has a relationship involving sex with Veronica. As a consequence of his “animalization,” Seth displays a progressive and aggressive sexual appetite, and the film is explicit in showing many lovemaking scenes. It finally suggests, then, the danger of sex outside the traditional monogamous family. 26 The problems regarding the destruction of the nuclear family in the original have been replaced by the problems of liberal relationships and the fear of sexual intimacy in a context where sex was considered dangerous and a disease transmitter. In relation to this issue, Knee has argued: While the earlier film portrays a patriarchy in crisis and articulates anxieties regarding the family (…) the later film reveals anxieties over a social framework more entangled with the corporation and, in conjunction with these, concerns over the wages of intimacy—in economic, physical and emotional terms. 27 Seth undergoes a critical process as a consequence of his slow and painful transformation into the “other.” One way to counteract this crisis is by showing a rather aggressive behaviour, which is linked to his primitive, animal side. He needs to fight against the “normality” of the world surrounding him. His anomalous condition makes him reaffirm his human side through violence. The identity crisis is mainly provoked by his need to redefine him into a “non-normative” position, which echoes the dangers of cross- 24 Ibid., p. 3. 25 Edward Guerrero, “AIDS as Monster in Science Fiction and Horror Cinema”, in Journal of Popular Film and Television, 18.3 (1990), p. 91. 26 Ibid., p. 92. 27 Adam Knee, “The Metamorphosis of the Fly”, in Wide Angle 14.1 (1992), p. 32. Rocío Carrasco Carrasco 90 ing boundaries between one/ self. As the film illustrates, hybridity is depicted as a threat to the male character but, contrary to what happened with other SF films, Seth’s fears are not projected onto an outsider “other” but onto his body, which is taken as the repository of this painful process of becoming. 4. Conclusion As I have attempted to illustrate, both The Thing and The Fly deal, albeit in very different ways, with the contaminated and vulnerable body, echoing the debates on the issue of health and illness that were taking place in the context of the 80s in the USA. The movies talk about the lack of information about AIDS and the popular dilemmas that this newly-discovered disease entailed for a population that was concerned with the cult of the body at times where normative masculinity started to be dismantled. As these movies suggest, AIDS is considered as a threat to normative masculinity that affects identity and, rather than presenting the infected body as a valid alternative, its depiction is always linked to the abject, the disgust or the “other.” In this sense, the SF genre reflects the ideologies of the times concerning issues of men’s health, while suggesting that the only way to cope with the crisis is to fight and end up with the enemy. Yet, whereas popular genres of the times—like action movies—propose narratives of silence in which the threat of the contaminated body is eradicated by the display of ideal masculinities, these SF movies offer non-conventional heroes who are menaced by the idea of becoming terrifying monsters. In short, male characters starring in The Thing and The Fly articulate the anxieties in the 1980s over the male body and connect it with the very real struggles and dilemmas that the problematic of AIDS entails by providing, paradoxically, a more “realistic” picture than the one proposed by dominant masculinities linked to strong action heroes. From this, one can conclude that the SF genre becomes a privileged medium for the portrayal of cultural fears and for the articulation of masculinity in crisis. 5. Acknowledgments The author wishes to acknowledge the funding provided by the Spanish Ministry of Science and Research for the writing of this essay (Research Project FEM2010-18142). Masculinities, AIDS, and U.S. Science Fiction Cinema in the 80s 91 Bibliographical References Lisa Blackman, The Body, Oxford, 2008. Susan Bordo, The Male Body. A New Look at Men in Public and in Private, New York, 1999. 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Adam Knee, “The Metamorphosis of the Fly”, in Wide Angle 14.1 (1992), 20-34. Julia Kristeva, Powers of Horror. An Essay on Abjection, Translated by Leon S. Roudiez, New York, 1982. M.A. Messner, “Changing Men and Feminist Politics in the United States”, in Theory and Society 22 (1993), 723-37. Judith Newton, From Panthers to Promise Keepers. Rethinking the Men’s Movement, Lanham, 2005. Alan Petersen, Unmasking the Masculine. Men and Identity in a Sceptical Age, London, 1998. Kendall R. Phillis, Projected Fears. Horror Films and American Culture, Westport, Connecticut, 2005. Anthony E. Rotundo, American Manhood; Transformations in Masculinity from the Revolution to the Modern Era, New York, 1993. Yvonne Tasker, Spectacular Bodies: Gender, Genre and the Action Cinema, London 1993. John Tierney, “In 80s, Fear Spread faster than Aids”, in The New York Times 15, June 2001. 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Why would a certain text or a piece of art fall into the category of the canon and another under the category of triviality? Who determines what constitutes literary quality, and what might be the criteria according to which a fictional narrative would have to be defined as trivial? Some movies, for instance, are immediately hailed as monumental, if not classics, while many others come and go without anyone raising an eyebrow. Some pieces of music are first regarded as ordinary and common, and yet, in the course of time, suddenly emerge as major contributions, or as significant icons of their time. Two cases in point: the Beatles, or Charles Dickens. As much as we would like to rely on a firm canon, the literary discourse always tends to pry that abstract idea out of our critical hands. 1 The term ‘triviality’ might be representative of the modern book market, of modern mass culture, that means, perhaps since the seventeenth and eighteenth centuries, but even such a historical framework might not do full justice to the issue itself because triviality is more intimately associated with notions of lack of originality, creativity, and meaningfulness than with popularity, great publicity, and wide dissemination. 2 1 Canon and Canon Transgression in Medieval German, ed. by A. Classen, (Göppinger Arbeiten zur Germanistik 573), Göppingen, Kümmerle, 1993; Albrecht Classen, “The Torturous and Random Process of the Canonization in Literary History from the Middle Ages to the Present. The Case of Erasmus Widmann as an Example - The Victimization of a Poet Oddly Situated between Epochs, Cultures, and Religions”, in, Studia Neophilologica 83.1 (2011), pp. 94-103. 2 Peter Nusser, Trivialliteratur, (Sammlung Metzler, 262) Stuttgart, Metzler, 1991; Vesselin S. Radkov, Die deutschsprachige Trivialliteratur von den Anfängen bis zur Gegenwart, Theorie, Texte und Aufgaben zur stilistisch-sprachlichen Analyse und literarisch-kritischen Erarbeitung, Sofia, Universitäts-Verlag "St. Kliment Ochridski", 1994; Nina Wohlfahr, Probleme der Forschung zur Trivialliteratur, eine kritische Analyse von Methoden und Krite- Albrecht Classen 94 In order to elucidate the critical issues, approaching them, perhaps surprisingly, from a medieval perspective, here I will discuss the thirteenthcentury romance Meleranz by The Pleier, which has been made available recently once again in a new edition meeting modern scholarly standards. 3 While in the past we have often heard of the term ‘epigonality’ which served to address and (dis)qualify problematic romances from the late Middle Ages, 4 triviality might work better for our analysis since it focuses more precisely on the problems regarding content and style, meaningfulness and lack thereof. Certainly, older scholarship has dismissed just too many latemedieval poets as epigones, that is, as imitators without any individuality or creative ability. But a poet could well be an epigone without being a trivial writer, or be trivial without being an epigone. The Meleranz might allow us to gain deeper insights into the question at stake and help us to connect the modern debate about triviality with medieval conditions when quantity was not necessarily a relevant criteria to determine the quality of a work of art or literature. Ultimately, our interpretation of this late-medieval Arthurian romance might provide us with critical tools to examine triviality in literature at large since this rather odd case from the late thirteenth century forces us to determine more meticulously how to differentiate between a profound and a superficial text, hence, between a superior and a poor or less developed literary text, each addressing different audiences or meeting different audience expectations. As I will argue in this paper, from the point of view of literary history at large, the Meleranz deserves its own place, whether we judge it high or low in its aesthetic quality, which is characteristic of all trivial literature serving its own purpose in public culture. In other words, literary historians are as much called upon to study the classical canon as well as the domain of mundane, repetitive, or simplistic texts, always depending on the specific approaches and set of questions raised (social-historical vs. aesthetic-abstract methods). After all, trivial literature or art can tell us as much, if not even more, of the broader cultural conditions at a certain time as canonical works that might have been just to esoteric for most readers/ listeners. As we will see, the essential features of The Pleier’s romance are highly simplistic and almost naive, basically catapulting itself out of the common rien anhand ausgewählter Werke von Marianne Fredriksson, Hamburg 2004 (MA thesis); Texte aus dem Supermarkt, Beiträge zur Trivialliteratur, ed. Annegret Middeke, Shumen, Universitäts-Verlag, 2004. 3 ‘Melerantz von Frankreich‘ - Der Meleranz des Pleier, Nach der Karlsruher Handschrift. Edition - Untersuchungen - Stellenkommentar, ed. Markus Steffen. (Texte des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit 48) Berlin, Erich Schmidt, 2011. 4 Walter Haug, “Paradigmatische Poesie. Der spätere deutsche Artusroman auf dem Weg zu einer nachklassischen Ästhetik“ in, Deutsche Vierteljahresschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 54 (1980), pp. 204-31. Trivial Literature in Past and Present 95 reading lists for our modern students and out of the interest range of most medieval scholars (for an exception, see now Reich). But Meleranz can still hold our interest insofar as it allows us to study paradigmatically the meaning of triviality already in the Middle Ages, at least in this case. A venerable pedigree of one work in light of its sources and reference system, for instance, is no guarantee of high literary or cultural standards, albeit the straightforward definition of triviality, to reiterate our previous observation, continues to escape our critical grasp, and this even in light of medieval literature. 2. Triviality and Cultural History Talking about triviality immediately implies a value judgment, a classification process dividing certain items into high and low level qualities, as subjective as all those efforts might be under certain conditions. Literary scholarship has done already much to tackle the issue of triviality, as reflected perhaps best by the solid summary article on this topic by Peter Nusser in the Reallexikon and by his monograph on trivial literature. 5 He defines trivial literature in the following way: Als ‘trivial’ wird Literatur angesehen, die um des Profits ihrer Produzenten (der Verleger und Autoren) willen den Bedürfnissen, Erwartungen, Dispositionen eines möglichst großen Leser- und Käuferpublikums unmittelbar entgegenkommt. 6 For him, the authors of trivial literature aim at the emotional excitement of their readers, without offering deeply intellectual or spiritual messages. Moreover, trivial literature serves, according to Nusser, to confirm, affirm, and support specific value systems and to pander to a simple range of various needs of its audience. In order to achieve the goal of satisfying the common reader who might be looking for nothing but some literary excitement, the treatment of emotional aspects, and comic relief, the author of trivial literature commonly creates a standardized protagonist without major internal conflicts who operates in a historical and cultural space that is little differentiated and structured and easily copes with smaller or even existential challenges because of his absolute superiority (Superman). That protagonist broadly appeals to a large number of recipients who long for an identification figure (hero), and who experiences a quick recovery after any kind of downfall (imprisonment liberation; defeat victory; loss of love recovery of love), if such problems ever really occur. 5 Peter Nusser, Trivialliteratur (Sammlung Metzler, 262), Stuttgart, Metzler, 1991. 6 Peter Nusser, “Trivialliteratur“, in Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft, ed. Jan-Dirk Müller, Vol. III. Berlin and New York, Walter de Gruyter, 2003, pp. 691-95. Albrecht Classen 96 Many times, trivial literature or art is predicated on simple stereotypes and naive concepts of good versus evil, specifically leaving aside all questions pertaining to problematic issues, contradictions, and the need for individual protagonists to develop and grow through trial and error, facing profound tribulations in order to establish happiness, which might be highly evasive and illusionary after all. Trivial literature appears to be black and white, while sophisticated literature could be called ‘gray’ or rainbowcolored because of the internal complexities. All those criteria point, as Nusser underscores, specifically toward the eighteenth century when the modern book market emerged where a mass reading public tried to find satisfying, exciting, and stimulating literature, avoiding problematic issues and troubling concerns of larger kinds. 7 Indeed, every time when quantity gains the upper hand in the production of culture, the issue quickly arises that quality, however defined, might fall to the wayside. Within the modern market system, we are constantly facing the problem of trivialization, which might almost be a characteristic of book production at large. 8 However, even here we continue to face significant challenges as to the critical evaluation of high versus low culture or literature, especially because ‘popularity’ of a singular work does not confirm its quality or lack thereof. Otherwise we would have to group together the famous novels by Hermann Hesse, highly popular worldwide during the 1950s and 1960s and probably until today, with those by Umberto Eco and Mario Simmel, equally literary bestsellers, but not necessarily on the same qualitative level. The only reasonable approach in this regard promises be to identify narrative structures, plot developments, ethical and moral perspectives, and the level of complexity in the basic concept presented by the writer/ artist, which then might allow us to identify the work as trivial or not. Simplicity of style, however, does not necessarily tell us much about the quality of a poem or a piece of music, where it actually can be a virtue; so we might be instead best advised to take into consideration a bundle of criteria in the discussion of triviality versus canonicity and to accept the need to determine the presence of triviality often case by case. 7 Peter Nusser, Trivialliteratur, in Reallexikon der deutschen Literaturwissenschaft, ed. Jan- Dirk Müller, Vol. III. Berlin and New York, Walter de Gruyter, 2003, pp. 691-95, hier 692-93. 8 Martin Greiner, Die Entstehung der modernen Unterhaltungsliteratur, Studien zum Trivialroman des 18. Jahrhunderts, Hg. und bearbeitet von Therese Poser, Reinbek bei Hamburg, Rowohlt, 1964. Trivial Literature in Past and Present 97 3. Triviality in the Middle Ages? In this paper I want to investigate our common understanding of triviality from a historical perspective and explore the relevance and meaningfulness of that term and underlying notion with respect to the situation of medieval and early modern German literature. After all, with the fundamental media revolution at the end of the fifteenth century relatively similar conditions emerged in the world of book production and book sale compared to the sixteenth and seventeenth centuries, at least on a certain, though mostly reduced level. Moreover, even without the development of the printing press the late-medieval book markets were amazingly filled with texts of all kinds of genres, many of which have come down to us in fairly large editions. Thus we observe, either in parallel or somewhat overlapping, the rise of miscellany manuscripts, anthologies, songbooks, housebooks, and other large collections reflecting a growing interest by the urban intellectual elite and also the lower classes. Furthermore, we would have to consider that numerous late-medieval composers of poetry and romances, of prose texts and plays reactivated the tradition of high-medieval courtly literature, engaged in a continuous process of imitation, copying, adapting, and modifying, commonly translating verse into prose. As much as quantity became a major factor in the creation and dissemination of literature, especially with the printing press since ca. 1470, as much it continues to be rather problematic to talk about triviality in this context. 8 Of course, the issue here cannot be whether a text revealed a certain degree of originality or not, since the concept of the literary genius did not emerge until the late eighteenth century. The Middle Ages did virtually not know of any text where the author would not have proudly pointed out his/ her sources. We can also not rely on any quantitative figures since some of the medieval texts commonly identified as true masterpieces have survived only in very few, at times only in one manuscript (e.g., Wolfram von Eschenbach’s Titurel, the anonymous Kudrun, and the equally anonymous Mauritius von Craûn). 9 Many religious texts, by contrast, have experienced a 8 See the contributions to Kultur- und kommunikationshistorischer Wandel des Liedes im 16. Jahrhundert, ed. Albrecht Classen, Michael Fischer, and Nils Grosch, (Populäre Kultur und Musik 3) Münster, New York, et al., Waxmann, 2012; Albrecht Classen, Deutsche Schwankliteratur des 16. Jahrhunderts, Studien zu Martin Montanus, Hans Wilhelm Kirchhof und Michael Lindener, (Koblenz-Landauer Studien zu Geistes-, Kultur- und Bildungswissenschaften 4) Trier, Wissenschaftlicher Verlag Trier, 2009; id., together with Lukas Richter, Lied und Liederbuch in der Frühen Neuzeit (Volksliedstudien 10). Münster, New York, et al., Waxmann, 2010. 9 For comments on the manuscript, see my remarks in Morîz von Craûn. Mittelhochdeutsch / Neuhochdeutsch. Mittelhochdeutscher Text nach der Ausgabe von Ulrich Pret- Albrecht Classen 98 tremendous popularity, as documented by a large number of manuscript copies, but they do not necessarily enjoy the status of being first-rate poetic works, quite aside of their specific generic properties (e.g., Jacobus de Voragine, The Golden Legends). The same dialectics would also apply to modern literature since neither the status as bestseller nor the awarding of the Nobel Prize for Literature have guaranteed the rank of being a true masterpiece, especially since many other outstanding or profound texts have never been honored by having that prize bestowed upon them. However, from the perspective of the history of mentality, gender studies, and cultural history, for instance, there would be no need to distinguish between high-brow and trivial literature. On the contrary, trivial literature offers many intriguing insights into popular concepts, ideas, attitudes, and values, at least couched within their strategy to project certain ideologies and to influence their readers—a situation which we can actually observe in virtually all literary texts from all times. Nevertheless, when we turn to the fifteenth and sixteenth centuries, we are often confronted by the puzzling question of what to make of the mass of popular poetry, prose novels (Volksbücher), Shrovetide plays, jest narratives (Schwänke), and other genres produced for mass consumption. 10 There is no need to question their importance from a cultural and historical perspective insofar as they provide insight into general interests of an increasingly literate audience. With the rise of printed material, hence the emergence of public campaigns in the service of religious or political interests, the number of texts offered for sale grew even further, and soon we actually move into the domain of earlymodern newspapers and related mass products. All that, however, does not make it any easier for us to define canonicity versus triviality. It would be extremely difficult, if not impossible, to determine the literary quality and relevance of, say, the large corpus of broadsheets. Another intriguing case would be the Nuremberg cobbler and poet, Hans Sachs, whose prolific output went beyond all bounds. Some of his poems and Shrovetide plays continue to enjoy great respect today, while many others ave not attracted much attention at all by modern readers and scholars. 11 zel. Übersetzung, Kommentar und Nachwort von Albrecht Classen, (Universal- Bibliothek 8796), Stuttgart, Reclam, 1992. 10 Albrecht Classen, The German Volksbuch. A Critical History of a Late-Medieval Genre. (German and Russian Literature 15), Lewiston, NY, Queenston, and Lampeter, Edwin Mellen, 1995, reissued 1999. 11 Albrecht Classen, “Der verkannte Meister? Eine Schlüsselfigur des 16. Jahrhunderts im Kreuzfeuer der Kritik. Die Darstellung von Frauen im Werk von Hans Sachs“, in, Etudes Germaniques 59 (2004), pp. 5-39; Horst Brunner, Hans Sachs. (Auf den Spuren der Dichter und Denker durch Franken ) Gunzenhausen, Schrenk-Verlag, 2009. Trivial Literature in Past and Present 99 The same applies to a large corpus of anonymous plays produced at that time. 12 There might be two possible approaches to this phenomenon, one very inclusive, the other restrictive and exclusionary. We could, for example, acknowledge everything penned by Sachs as relevant and meaningful both for the entire world of sixteenth-century literature, especially concerning the literary life in Nuremberg. Or we could compare and contrast, for instance, individual texts as more representative and expressive than others, if we keep the larger corpus of sixteenth-century texts in mind. Everything, however, depends on the individual interest and research focus, unless we employ aesthetic, metrical, linguistic, or compositional criteria for our assessment that might be rather elusive in the changing literary-historical contexts. Another possible approach could be a functional one insofar as we would probe the political or religious impact, for instance, which a certain text might have had, meaning that we would question to what extent one of Sachs’s poems exerted a public influence or not and so achieved its goals in advocating certain ideals and values. Approaching the task at hand from a postmodern perspective, Hans-Otto Hügel claims that Generell hatte die traditionale, die vormoderne Gesellschaft keine Möglichkeit, Populäre Kultur auszubilden. Solange feste soziale, kirchliche und ständische Ordnungen vorherrschen, geht den kulturellen Phänomenen jener Deutungsspielraum ab, der für Populäre Kultur charakteristisch ist. 13 But ‘popular’ proves to be a rather amorphous term in this debate since it is predicated on the difference between the social classes and their (perhaps) different reading interests, a hiatus that emerged only by the seventeenth century. 14 We can also not support the claim that medieval writers were mostly limited in developing innovative perspectives outside of the framework provided by the Church and feudal society, considering the numerous anticlerical statements and the many poems or narratives severely criticizing the political structure. Since we do not know much at all about the cultural conditions, interests, and concerns among the lower classes during the Middle Ages and the early modern age, and are limited mostly to those texts that have survived in 12 Eckehard Catholy, Das Fastnachtspiel des Spätmittelalters, Gestalt und Funktion, (Hermaea. Germanistische Forschungen, Neue Folge, 8) Tübingen, Niemeyer, 1961; Albrecht Classen, “The Discourse About the Gender-Relationships on the Urban Stage, in Late- Medieval German Shrovetide Plays and Verse Narratives”, to appear in Performance and Theatricality in the Middle Ages and the Renaissance, ed. Markus Cruse. Turnhout, Brepols, 2013. 13 Hans-Otto Hügel, “Einführung“, in, Handbuch Populärer Kultur, Begriffe, Theorien und Diskussionen, ed. id. Stuttgart and Weimar, Metzler, 2003, p. 3. 14 Ibid., pp. 342-48. Albrecht Classen 100 manuscripts, incunabula, or prints, we will not achieve our goal of effectively analyzing popular versus elite literature in the fifteenth and sixteenth centuries since those categories do not specifically apply to the material conditions in the premodern world. We can probe, however, with more hope for success, the cultural and qualitative differences between high and low, creative and repetitive, complex and simplistic, etc., if we compare courtly romances from the thirteenth and fourteenth centuries with those written in previous centuries. The debate regarding the clash between so-called ‘classical’ Middle High German romances and those from the subsequent period has deep roots and finds its perhaps best expression in the various literary histories published since the middle of the nineteenth century where the authors had to make choices, had to evaluate and to present their readers with categories for the proper interpretation and critical assessment of the text selections. To avoid all those dilemmas, the editors of the famous Die deutsche Literatur des Mittelalters: Verfasserlexikon simply and also boldly decided to include every text from that period, disregarding all quality issues. But both from a critical and a didactic perspective we are required to formulate well-founded value judgments and to justify in an objective and circumspect manner the selection of texts for our interpretations and for teaching. 4. The ‘Trivial’ Romance Meleranz: Where do we stand today? Here I will focus on a unique text that has so far attracted relatively little attention, and if so, then it evoked mostly negative comments, 15 though this still does not mean that we can simply ignore this romance, The Pleier’s Meleranz, as a noteworthy work in the history of late-medieval German literature. Comparing this romance with any of the major predecessors, such as Hartmann von Aue’s, Gottfried von Straßburg’s, or The Stricker’s works can immediately lead us to the assumption that The Pleier naively copied in many regards from the various models from the turn of the century. Being an epigone, he would thus lose our respect and or make him irrelevant. 16 The critical issue, however, is not his epigonality, but his triviality because imitating motifs and narrative structures does not necessarily lower literary standards, as many of the best-known Middle High German romances indicate (e.g., Hartmann von Aue’s Erec and Iwein). Analepsis, above all, that is, 15 Steffen, ed., ‘Melerantz von Frankreich‘ - Der Meleranz des Pleier, Nach der Karlsruher Handschrift. Edition - Untersuchungen - Stellenkommentar (Texte des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit 48) Berlin, Erich Schmidt, 2011, p. XI, with references to the relevant research literature. 16 John Lancaster Riordan, “A Vindication of the Pleier”, in, Journal of English and Germanic Philology 47 (1944), pp. 23-43, here 30. Trivial Literature in Past and Present 101 repeating earlier motifs or themes as developed by earlier writers or in the same text before, could be an intriguing strategy to reflect on the status of fictionality, if employed deliberately, and not occurring by default or lack of narrative skills. 17 The young protagonist never experiences any significant problem, al though he is constantly faced by huge external challenges. Good and evil are clearly divided, and we know from the beginning where the poet’s sympathies rest. Approaching this text from the perspective of mentality and social history, of course, we can clearly observe the extent to which even this romance, which survived in only one manuscript from the late fifteenth century, contains remarkable comments about good and bad rulers and outlines, in a loose way, principles of an ideal ruler within the feudal world. Recent scholars have made some attempts to identify noteworthy elements, such as the use of emphasis, 18 the reception of literary elements from antiquity, 19 or the importance of names and naming, 20 but this still leaves us wondering how to judge this work more objectively, moving us beyond the dismissive remarks by literary historians such as Helmut de Boor. 21 We can only agree with Markus Steffen as to the intrinsic value of this text as a document of late-medieval German literature at large, which certainly justified his decision to re-edit the romance anew on the basis of the single manuscript, Karlsruhe, Badische Landesbibliothek, Hs. Donaueschingen 87, written by the scribe Gabriel Lindenast-Sattler on behalf of his patron, Freiherr Johann Werner der Ältere von Zimmern (1444/ 1445-1495), in 1480. 22 However, it is one thing to ask why Meleranz enjoyed the popularity that it did in the fifteenth century, and another thing to investigate how 17 Nikolaus Ruge, Die wort wil ich meren, Grenzen des Erzählens in ‘Tandarios und Flordibel’, in, Orte - Ordnungen - Oszillationen, Raumerschaffung durch Wissen und räumliche Strukturen von Wissen, ed. Natalia Filatkina and Martin Przybiliski, (Trierer Beiträge zu den historischen Kulturwissenschaften 4) Wiesbaden, Reichert Verlag, 2011, pp. 57-72. 18 Haiko Wandhoff, Kunstbeschreibungen und virtuelle Räume in literarischen Texten des Mittelalters. (Trends in Medieval Philology 3), Berlin and New York, Walter de Gruyter, 2003, 238-43. 19 Manfred Kern, Die Artusromane des Pleier, Untersuchungen über den Zusammenhang von Dichtung und literarischer Situation, (Philologische Studien und Quellen 100) Berlin, Erich Schmidt, 1981, pp. 322-23. 20 Björn Reich, Name und maere, Eigennamen als narrative Zentren mittelalterlicher Epik; mit exemplarischen Einzeluntersuchungen zum Meleranz des Pleier, Göttweiger Trojanerkrieg und Wolfdietrich D, (Studien zur historischen Poetik 8) Heidelberg, Universitätsverlag Winter, 2011. 21 Helmut de Boor, Die deutsche Literatur im späten Mittelalter, Zerfall und Neubeginn. Part 1, 1250-1350, (Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart 3/ 1) Munich, Beck, 1962, pp. 78-80. 22 Steffen, ed., pp. XVI-XXXVIII - Albrecht Classen 102 we can evaluate this romance as to its ethical, moral, religious meaning, and philosophical ideas in its wider context. Irrespective of The Pleier’s dependence on previous sources or his possible innovative creativeness with this work, it seems most accurate to identify Meleranz as a piece of trivial literature because of the simplistic characterization of his protagonists, the lack of any critical issues that might concern them on an individual basis, the plain narrative structure, and the almost boring linear narrative development. At the same time I will leave out stylistic, linguistic, or grammatical aspects that cannot be so easily determined in a late-medieval romance without an extensive comparative approach, which previous scholars tended to pursue more commonly. In my subsequent considerations I will not recur to or linger on the fact that this romance has survived only in one manuscript from the late Middle Ages, since this cannot serve as a valid criterion for judging literary quality, as we have already seen above. And I will also abstain from efforts to contrast and compare Meleranz with its predecessors, hence from identifying it possibly as an epigone, as previous scholars tended to do with more or less success. 23 Instead, I will discuss some of the critical features within the text that can confirm convincingly that the Meleranz fits into the category of triviality since it lacks basic features of a complex and meaningful romance and falls short of the ethical or political substantiveness characteristic of a qualitative Arthurian narrative, apart from almost stereotypical concepts of a good ruler who defends his people and proves his great generosity. Meleranz encounters several examples of bad, unjust, and tyrannical rulers, but he overcomes and kills them consistently one after the other, making himself to a veritable serial hero who just cannot be defeated by anyone and yet maintains his modest and honorable demeanor. But his personal approach to being a good lord then does not find any explanations and we are left with a rather pale character who achieves all and everything without ever stumbling or experiencing any significant form of suffering. As J. W. Thomas notes, Pleier not only presents his heroes as models of knighthood, he also depicts King Arthur’s court as an ideal society that, highly refined and richly attired, dwelt in 23 Danielle Buschinger, “Ein Dichter des Übergangs. Einige Bemerkungen zum Pleier“, in, Daß eine Nation die ander verstehen möge. Festschrift für Marian Szyrocki zu seinem 60. Geburtstag, ed. Norbert Honsza and Hans-Gert Roloff. Amsterdam and Atlanta, Rodopi, 1988, pp. 137-49; Manfred Kern, Die Artusromane des Pleier, Untersuchungen über den Zusammenhang von Dichtung und literarischer Situation, (Philologische Studien und Quellen 100) Berlin, Erich Schmidt, 1981. Trivial Literature in Past and Present 103 great luxury in splendid castles and passed the time with an endless round of dances, concerts, feasts, and tournaments. 24 With this statement and others he indeed factually describes major features in this romance and others by The Pleier, yet he does not establish a true critical stance and only concludes “that the author was composing for a generation with somewhat different literary interests and expectations than those of Hartmann and Wolfram.” 25 But would that not need further qualifications? True, The Pleier experienced some popularity, as reflected by fifteenth-century adaptors such as Püterich von Reichertshausen and Ulrich Füetrer, not to forget the famous frescoes on Runkelstein Castle near Bozen in South Tyrol commissioned by Nikolaus Vintler. 26 But this still leaves the question regarding the literary quality of his romances very open. Those frescoes certainly deserve our attention as representative works of their time, but I would still argue that Meleranz, above all, has to be identified as ‘trivial’ taken by itself in literary-historical and aesthetic terms. 5. Triviality in Terms of Plot Development, Characterization of the Protagonist, and the Value System As to be expected, the poet begins with a traditional laudatio temporis acti (vv. 1-100), lamenting the decline of morals and ethics at his time, while the past still knew of ideal characters, one of whom soon proves to be the young Meleranz, King Artur’s nephews, although the former has only heard of his famous uncle and needs to leave secretly his parents’ royal court in France in order to join his uncle’s court. In particular, he wants to test Artus’s high reputation as a host, himself appearing there as an unknown squire. This quiet departure causes Meleranz’s parents considerable grief, but since they later learn of their son’s great knightly successes, they never really blame him for his disrespectful behavior or for having caused them profound emotional stress. 27 Instead, as we perceive from the early stages of the romance, 24 The Pleier’s Arthurian Romances, Garel of the Blooming Valley, Tandareis and Flordibel, Meleranz, trans. And with an introd. by J. W. Thomas, (Garland Library of Medieval Literature, Series B 91) New York and London, Garland, 1992, p. xii. 25 J. W. Thomas, trans., p. xxix 26 J. W. Thomas, trans., p. xxix 27 In this regard we could not draw any noteworthy insight from this episode to explore further the emotional dimension of the parents-children relationship in the thirteenth century because the poet develops the issue in such a superficial manner. In other words, he misses another opportunity to deepen his literary account by truly exploring the mother’s or the father’s reactions upon the terrible news that their son has suddenly disappeared. As to the relevance of the topic of childhood, see the contributions to Childhood in the Middle Ages and the Renaissance, The Results of a Paradigm Shift in the History of Mentality, ed. Albrecht Classen, Berlin and New York, Walter de Gruyter, 2005. Albrecht Classen 104 the protagonist must at first enter new and dark territories, especially a large and unknown forest in order to face his first challenges and to grow slowly into his future ideal role as a knight. Meleranz deliberately turns away from the major road and enters the thicket in order to avoid being discovered by his parents’ messengers, who would prevent him from finding his way to King Arthur and would take him home again (vv. 255-62), a condition which conveys a sense of parental overprotection from which the young protagonist can free himself only by simply leaving home. The issue itself is not problematized, and the future events easily confirm that Meleranz had made the right decision, as always throughout the entire romance, to seek out his famous uncle and prove his own worth as an Arthurian knight. Even though Meleranz has no clear sense of direction, he immediately comes across a fabulous castle where he is warmly welcomed and then told the right way when he departs again the next day. Nevertheless, the poet has him subsequently wander through the forest for fourteen days, until he comes across a mountain located next to the sea—a convenient moment of narrative retardation. More than in many other previous romances, we are given a clear image of the mountain and its true challenges for man since Meleranz at first finds himself stuck there and is forced to spend a night on the top (v. 278), without food and drink, not to speak of shelter. But all these inclement conditions only prove Meleranz’s inner strength and persistence in pursuing his goals, insofar as he discovers the next morning a path that leads him down to a valley where he comes across a lovely meadow with a bathhouse, in which his future beloved, the Princess Tytomei, enjoys her pastime. This new setting is predicated on the ‘classical’ topos of the locus amoenus, with a pleasant pasture and a linden tree where future lovers meet without being disturbed by unwelcome outsiders. Nevertheless, the construction of the fountain indicates the degree to which human activities have already remodeled nature, now serving as the platform for the subsequent development of the budding love affair. 28 As the young woman relates to one of her chambermaids, Meleranz was actually guided by the stars to that place because he is her predestined future husband (vv. 530-41)—once again no surprise, a specific narrative element which The Pleier seems to have avoided at virtually all costs. The princess is completely assured by her teacher and advisor, a kind of astrologer, that Meleranz is a perfect young man who commands more virtues than any other person on this world (vv. 555-58), For a survey of the relevant research literature and the critical issues regarding childhood in the premodern world, see my introduction. 28 For the more utopian concept, see Walther von der Vogelweide’s “Under der linden.” Here quoted from id., Leich, Lieder, Sangsprüche. 14th, completely rev. ed. by Christoph Cormeau, Berlin and New York, Walter de Gruyter, 1996, Book II, no. 16 (L. 39, 31). Trivial Literature in Past and Present 105 hence would fulfill all her own expectations. In fact, as we learn from the subsequent developments, that will be very much the case, only that Meleranz still needs to grow up, gain the status as knight, and carry out his heroic deeds helping people and individuals in need in order to prove his ideal character. However, all his struggles pertain to external aspects, while his interior identity is completely developed from the start and does not seem to concern the narrator/ author, whose focus rests on the material conditions of the courtly and chivalric world, not on its identity, value system, ideals, and ethical or moral concerns. After all, evil figures are simply eliminated and represent only temporary threats to Tydomey or Meleranz. The Pleier closely copies many of the traditional features of courtly romances, but cleans them up by removing all possible conflicts and tensions, contradictions and paradoxes, and hence elevates his protagonist out of the realm of reality and presents him as a dream figure who only serves to illustrate the perfection of knighthood and chivalry in the old days, while the present no longer lives up to those ideals—the perfect recipe for triviality, particularly because here we encounter numerous long-worn topoï already devalued into clichés. Similarly as the description of the mountain in the midst of the wilderness had evoked our interest after all as a meaningful deviation from the ordinary narrative pattern (see the contributions to Heights of Reflection), so the setting with the bathhouse provided the poet a convenient opportunity to add a slight element of innovation, if we may call it that, especially in comparison with a fairly similar setting in Herzog Ernst (baths in Grippia) from ca. 1220 (ms. B). For Meleranz the thought that he might surprise a naked woman in that bath causes deep worries in him since he is afraid that he might embarrass her deeply and thus cast severe blame on himself for his lack of modesty. As insignificant as this scene with the two protagonists’ reflections (he outside, she inside) might be at first sight, it would certainly allow us to probe further the entire issue of shame as a marker of cultural development in the sense as argued by Norbert Elias. 29 While that sociologist had strongly argued for the rise of shame as a major social criterion to determine the beginning of the process of civilization not until the beginning of the early modern age (perhaps in the sixteenth, or more likely the seventeenth and eighteenth centuries in Elias’s mind), The Pleier’s text offers additional support for the counter claim that a shame culture existed already in the high Middle Ages. 30 Nevertheless, as trivial the entire development of this love 29 Norbert Elias, Über den Prozess der Zivilisation, Soziogenetische und psychogenetische Untersuchungen (orig. 1939), Frankfurt a. M., Suhrkamp, 1985. 30 For a comprehensive discussion of Elias’s theory and related approaches, see Albrecht Classen, “Naked Men in Medieval German Literature and Art, Anthropological, Cultural-Historical, and Mental-Historical Investigations”, in, Sexuality in the Middle Ages Albrecht Classen 106 affair seems to be, we can recognize also to what extent even trivial literature can provide important insights into mental history and the history of everyday life. Again, as this case fully confirms, the phenomenon of triviality itself has no relevance as to the significance of any text or work of art for scholarly investigations. In the subsequent scene love quickly emerges between both persons, and there is no doubt that they will ultimately experience perfect happiness, although the major portion of the romance is still awaiting its development. Nevertheless, as we can clearly recognize here, both their feelings are pure and intensive, a guarantee that their love will last forever, similar to the experience of love in sentimental romances from the late thirteenth century (e.g., Mai und Beaflor), though there the achievement of love commonly proves to be highly problematic and challenging and cannot necessarily be recognized as a sign of triviality. 31 Meleranz demonstrates to be an ideal character wherever he operates, since he displays a high level of modesty (v. 1190), constancy in love (vv. 1210-14), and commands virtually all qualities expected from any noble courtier in the Middle Ages (the same also applies to his beloved in corresponding terms). From early on, then, the two protagonists have already found each other and only need to wait out their time until a series of events have happened that create also the necessary social conditions for a happy union leading to a publicly approved marriage (vv.1351-54). Both individuals at first test the other person and receive solid confirmation that the respective other is completely trustworthy, noble, honorable, and truly a lovable person not only in terms of his or her public performance, but in terms of the inner character as well. They realize, in other words, from the beginning of the romance that their interior happiness rests in the other person, so all the conditions for ideal love are given right away, and we only need to wait for almost eight thousand verses and more until the two can be given in marriage to each other. The symbolic representation for this aspect is produced when Meleranz departs finally to reach King Arthur’s court, and receives a kiss and a ring from her (v. 1559 and v. 1569) as a pledge of her eternal love. When the princess is subsequently tested by her teacher and advisor as to Merelanz’s true love for her, who is at first deceiving her with a false reading of the constellation of the stars in astrological terms, we realize the true intensity of her emotions. And when the teacher admits her deliberate lie, and Early Modern Times, New Approaches to a Fundamental Cultural-Historical and Literary- Anthropological Theme, ed. Albrecht Classen, (Fundamentals of Medieval and Early Modern Culture 3) Berlin and New York, Walter de Gruyter, 2008, pp. 143-69. 31 Albrecht Classen, “Roman Sentimental in the Middle Ages? Mai und Beaflor as a Literary Reflection of the Medieval History of Emotions”, in Oxford German Studies 35.2 (2006), pp. 83-100. Trivial Literature in Past and Present 107 the young woman declares: “Ich aht uff allen kumber niht, / sid ich waiß, daß ich im bin / lieb. Nun ist min sorg hin” (vv. 1894-96; I do not pay attention to any sorrow since I know that he loves me. My worries are all gone). Nothing really would have to be discussed further, and the love story really has already come to its conclusion before it has fully begun, especially since this observation equally applies to Meleranz whose profound love for Tydomey is regularly repeated throughout the subsequent narrative. Next the poet returns to Meleranz’s personal situation, having left his parents’ court secretly in order to test his uncle’s true degree of hospitality. King Artus had accepted him in a most friendly fashion without knowing anything about his identity, and this simply because he had impressed him so much with his knightly skills, his courtly manners, and his physical abilities—again no surprise at all. As much as Meleranz’s mother, above all, had suffered from her son’s disappearance, this conflict is easily overcome when a messenger arrives at Artus’s court looking for the young man, whose anonymity is thus finally lifted. 32 As much as Meleranz is aware of the problems that he had caused his parents, he only asserts that this was not his intention (2238-40), whereby the conflict is settled. In turn, the narrator can resume his discussion of the young man’s longing for his beloved in the distance and to his desires to achieve the rank of a knight, which Artus then bestows on him quickly because his nephew has already proven to be perfect in all regards. The news of the great festivities spread widely and also reach Tydomey, who thereupon sends a letter to her beloved, along with a highly symbolic belt, a scarf, and a brooch (vv. 2734-37), something which lovers throughout time and in world literature have always done. The narrator thereby succeeds in paralleling the account of their love affair with the report about Meleranz’s knightly accomplishments, thus constantly undergirding the chivalric romance with strong elements of the erotic, almost blending two genres together, the one area supporting the other in the narrative development. The unsavory result, however, consists of a romance where neither the goal of gaining the highest reputation as a knight nor that of winning supreme love ever face any challenges, insofar as the path toward that goal is clearly outlined from the start and not blocked by any serious barrier. Minor retardation proves to be the central strategy, combined with the slow and not surprising development of Meleranz as the savior in numerous dangerous situations in which he can never be defeated despite his youth and lack of experience. 32 Cf. the parallel, yet much more sophisticated scene in Gottfried von Straßburg’s Tristan when Tristan is found at King Mark’s court by his foster father, Rual. Gottfried von Straßburg, Tristan. On the basis of the edition by Friedrich Ranke, newly ed., trans., and commentary by Rüdiger Krohn, Stuttgart, Reclam, 1980, book VII. Albrecht Classen 108 In other words, predetermination in every situation and at all turns of events arises as the characteristic feature of this trivial romance. Despite all of his efforts to present us with ever new dangers and challenges for his protagonists, The Pleier has cast him already from the beginning in such idealistic terms that it always proves to be only a matter of time for Meleranz to achieve all of his objectives, especially in knightly terms. His opponents are at first described as horrifying, undefeated knights who have badly failed to uphold the standards of chivalry, but have never been punished for their failings because of their enormous physical strength. Only Meleranz achieves that goal, each time with such ease and knightly splendor that we might not be so far off in identifying him as the shining Western ‘cowboy’ or Holywood star of the modern film industry, yet still in a medieval costume. After all, Meleranz does practically nothing but to perform his role to the full satisfaction of his creator and that of the audience. As ideal as he immediately proves to be, one wonders why anyone among the contemporary audience might have been truly interested in him and his life, except for the fact that he basically functions as the living confirmation of the generic dream of the perfect character everyone among the listeners/ readers really would like to be, just as in a fairy tale. Moreover, as we regularly learn, all those individuals who serve the evil rulers quickly admit to Meleranz that they have been only forced by their new lord to carry out his orders and would like nothing more but to escape that dictator’s commands. As evil as their actions on his behalf might have been, they are quickly exculpated because they had been forced to obey their bad lord’s commands. In this regard, Meleranz’s appearance not only destroys the basis of the evil king’s power, but also liberates his abused vassals, who then turn into the protagonist’s loyal servants, such as in the case of the giants who take many travelers, men and women, as prisoners because that is their charge as exiled people (4463), even though they dislike this deeply unethical behavior (vv. 4450-66; 4630-31; 5517-25, etc.). The narrator also refers to the giants’ ordinary equipment, huge clubs (v. 4930), replicating the standard image of such creatures as we commonly encounter them in highmedieval literature. Corresponding to his audience’s general interest, The Pleier especially includes many detailed descriptions of coats of arms, whether imaginary or realistic (e.g., vv. 5901-95), filling his pages with such external trivia that were probably highly appealing to the broad range of listeners at the thirteenth-century courts, although this effort almost undermined his own ambitions to create a meaningful romance, opening the floodgate of triviality undermining his text. One knightly episode illustrates most clearly why we would have to identify Meleranz as a trivial romance. After having defeated and overcome already a number of most dangerous opponents whom he thus removed as Trivial Literature in Past and Present 109 evil rulers who had suppressed their people, Meleranz finally turns against King Libers of Lorgan who has threatened his niece, Tydomey, already for some time, trying to force her to accept him as her husband (vv. 7690-93)— the troublesome issue of too close blood relationship is not even raised here. Just in time, however, Meleranz finally arrives and engages his opponent and his men in a protracted series of jousts in which the protagonist wins completely without leaving any doubt about his own triumphant prowess and superiority, and this very much to Libers’s frustration and irritation (v. 9843). Libers quickly realizes how the young hero teases him and publicly demonstrates that no one on the field of tournaments would have a chance against him in any joust, but he has no power to defeat Meleranz and must accept his role as defeated opponent. From a literary perspective, the entire and very lengthy description of the tournament which extends over days and involves many individual jousts, leading every day to more prisoners whom Meleranz can capture, amounts to nothing but a highly colorful and yet repetitive performance by the protagonist who obviously never fails and always does the right thing, and who thus can firmly count on winning, after all, the hand of his beloved Tydomey. The narrator places greatest emphasis on the colors of the various horses and lances, the ritual of fighting and resting, prayer and jousting, casting the entire lengthy episode into a kind of heraldic presentation acted out in the field, man against man. Yet, there is never any doubt about Meleranz’s victories, whereas the narrative attention is turned toward listing the various colors for the lances, the armors, and the horses. Despite his effort occasionally to inject a sense of true struggle on the part of the protagonist, the narrator always hastens to disperse it and to ensure us that Meleranz or his steward Cursun cannot be defeated, such as in: “Da ergiengen wechsselschlag vil, / Yedoch gesiget ritterlich / Cursun der ellenßrich” (vv. 9586-88; They exchanged many strikes, but the strong Cursun won in knightly fashion). In this regard, this romance ultimately fails in developing a serious knightly narrative because the protagonist has already achieved the highest accomplishments as a young man and only needs to apply his extraordinary skills and unparalleled strength to the relevant task at hand. In order to maintain the basic tension and hence his audience’s attention, the narrator makes King Libers voice his growing anger and hence his determination not to allow Meleranz win the victory over him outright. Despite all previous losses, he resolutely intends to defeat his opponent after all and thus to compensate for the failure of all his knights to resist the young protagonist (9844-52), but we know already that even Libers will not be able to carry the victory over Meleranz. After all, insofar as the preconditions guarantee for the latter the complete triumph, the entire narrative has no Albrecht Classen 110 room for his potential defeat. In other words, we never have to worry about him since we know that he will win any joust and battle for sure. Although the actual amount of narrative events in the entire romance is rather limited, The Pleier did not reserve any space for a more complex and sophisticated development as the possible result of a change of events. After all, Meleranz cannot become problematic because he always and consistently fulfills the role of the perfect knight, and as such he must clear the path for himself in this tournament ultimately to marry Tydomey. The repetitiveness of the account, with Meleranz and his steward winning every joust and taking their opponents prisoners, then their happy return to the camp, their nightly rest and sleep, and the renewal of their activities the next day, strategically weaken The Pleier’s efforts to tell us truly a meaningful story with real depth. Despite the fact that Meleranz faces outstanding knights who could be serious challenges, nothing truly faces the protagonist, so we read over and over again: “Melerantz mit fröden rayt, / da er sin herberg vannd” (vv. 9894-95; Melerantz went back to his camp full of joy). This is no longer a true tournament where individual skills are tested, but a knightly performance on a stage where the script has already identified the winner who only needs to carry out his task to gain the ultimate trophy, a phenomenon which we encounter also in contemporary texts such as the anonymous Mauritius von Craûn and Ulrich von Liechtenstein’s Frauendienst. 33 Although Libers reiterates his determination not to let the same destiny happen to him as to his knights—“Ich hon gedingen unnd trost, / daz min helden werden erlost” (vv. 9925-26; I am filled with confidence and hope that my heroes will soon win)—we know anyway that he is caught in a self-illusion, irrespective of his splendid armor and weaponry: “All sin zimierd / waz tewer unnd liechtgevar” (vv. 10058-59; All his decoration was expensive and bright in color). Of course, Libers proves to be the most formidable opponent for Meleranz, which means that the narrator can indulge more than ever before in describing their ferocious joust. As many times before, the young protagonist at first seems to be in danger of being beaten, but he only retreats somewhat in a feign move in order to deceive the opponent whom he does not want to kill (v. 10174), although that is never even an option in all the tournament activities (for one exception, see above). The only slight variation consists of Libers’s desperate plan to change the tactic, to tackle the 33 Albrecht Classen, “Moriz, Tristan, and Ulrich as Master Disguise Artists, Deconstruction and Reenactment of Courtliness in Moriz von Craûn, Tristan als Mönch, and Ulrich von Liechtenstein’s Frauendienst”, in Journal of English and Germanic Philology 103, 4, 2004, pp. 475-504; id., “Self-Enactment of Late Medieval Chivalry, Wooing and The Tournament as Performance and Self-Representation in Ulrich von Liechtenstein’s Frauenbuch”, in, Seminar XXXIX, 2, 2003, pp. 93-113. Trivial Literature in Past and Present 111 other, and to wrestle him to the ground, but even this fails completely, resulting in Meleranz’s complete victory, as expected (vv. 10197-226). In order to escape the danger of composing an Arthurian romance completely determined by literary platitudes, topical episodes, and clichés, the author also presents the young princess as a person faced by external dangers, especially from her male relatives. Nevertheless, neither she nor Meleranz ever need to question the purity of their emotions for each other, especially since the stars have already predicted their future union and happy marriage. The narrator consistently emphasizes Tydomey’s extraordinary beauty and Meleranz’s unmatched physical prowess, and both demonstrate exemplary virtues and self-control, the highest level of education and courtly acculturation. Even when all hurdles have been overcome and the two lovers are allowed to be together, they do not sleep with each other until they have married. As much as Meleranz is tortured by sexual lust (vv. 12314-18), he willingly suppresses his longing in observation of the courtly mores (vv. 11525- 26) and patiently waits until the appropriate moment has arrived, the first wedding night. Then, however, the narrator does not indulge in any comments on their sexual pleasures and only mentions modestly: “Die naht sy lieplich lagen, / lieplicher leib sy pflaugen” (vv. 12333-34; During the night they were lying lovingly and exchanged delightful love). While the young man demonstrates his ideal character through his knightly performance until his wedding, thereafter through his noble government as king, Tydomey displays all the female virtues one could expect from a princess. She only has to wait for her shining hero to complete the series of tasks to win her hand. In full conformance with the courtly ideals, she pays great respect to her lover, marvels at his armor with its signs of the many jousts, and expresses her pity for his long suffering on her behalf (vv. 11066-74). Ultimately, neither Tydomey nor Meleranz ever surprise us in their actions and words; instead they impress us from the moment they appear on the narrative stage, being stereocast as completely ideal characters who love the person whom they are supposed to love, who demonstrate the highest standards of an aristocratic lifestyle, and hence enjoy universal respect, honor, and love. Anyone who dares to oppose them is ultimately defeated and rejected, hence exposed in his own lack of civility and courtliness, while this couple rises to the rank of being the epitome of their society, as anticipated from the very beginning of this romance. Although we cannot say for sure what the reaction of the contemporary audience might have been, but considering the linear development of this narrative where no critical problem ever occurs and where the protagonists never have to struggle truly to gain happiness, except for waiting out their time and overpowering their enemies, we seem to be on save ground to identify this narrative as a typical example of medieval trivial literature. Albrecht Classen 112 Granted, there is a base line of plot development, with young Meleranz secretly departing from his parents, meeting his beloved early on, reaching the court of King Arthur, from where he leaves again to achieve a series of major knightly victories that ultimately secure him the reward of gaining the hand of Tydomey in marriage. But the respect and honor which the two protagonists enjoy from the beginning are never questioned and only grow in the course of time. While Tydomey basically holds out against the wooing of other men until Meleranz is ready to marry her, the latter simply defeats one knight after the other without ever being in any real danger of losing a joust or of dying in battle. Once the opponents are all overcome and the time has arrived for the wedding and subsequent celebrations, the narrator demonstrates an astonishing lack of inventiveness and fills his pages with continuous repetitions. We are constantly informed about the hosts and their guests enjoying festivals together, dining, going to sleep at night, rising in the morning, having meals together, and indulging in courtly entertainment again. The only exception to the rule proves to be the narrator’s attempt at the end to include some elements of a Fürstenspiegel, didactic advices regarding the virtues of a good king, either conveyed through comments on Meleranz’s own gracious behavior toward his people, especially the poor (vv. 12431-34), or through his father who admonishes him to observe some basic rules of a good king: “Nun schigket also üwer leben, / daz ir den lüten allen / müsset wol gevallen” (vv. 12618-20; Now arrange your life in such a way that you must be a model for all people). Taken all together, Markus Steffen’s optimism regarding the idiosyncratic value and meaningfulness of The Pleier’s Meleranz seems rather questionable, when he argues: “Deutlich wird dabei das interpretatorische Potenzial, das den Pleier’schen Artusromanen eignet, koppelt man sie von der rein intertextuellen Perspektive ab” (In this process the potential for interpretation, which is inherent in The Pleier’s Arthurian romance, becomes apparent if one disconnects it from the purely intertextual perspective). 34 Considering the poet’s lack of any interest in a real character and plot development, his complete reliance on narrative patterns that repeat themselves throughout the text, the absolute predictability of the outcome of this love story, and Meleranz’s guaranteed victories over all of his opponents from the very beginning rob this Arthurian romance its individuality and significance. Here courtly culture is celebrated once more in idealistic terms, although the narrator clearly admits from the start that this represents nothing but a literary dream of the past which the present no longer lives up to: “Die lüt vil grimeklichen / lebent in allen richen” (vv. 25-26; The people in all the countries lived miserably). 34 Steffen, ed., p. XV Trivial Literature in Past and Present 113 As much as The Pleier admits right away that he is translating from an unidentified Italian or French (“von wälschem gedichte,” v. 103; from an Italian poem) source and that he would not be as good a poet as Hartmann von Aue and Wolfram von Eschenbach (102-10), it would not suffice for our critical evaluation to categorize and hence to condemn him as an epigone. Epigones would not necessarily be incapable of creating new works of fresh quality on the basis of older sources, but this still would not mean that their works would have to be belittled in their low quality. Instead, the term ‘trivial’ applies much better here since The Pleier mostly operates with a very simple structure, avoids any strategies to create more sophisticated or problematic characters, and has cast protagonists with no shortcomings or flaws. 35 Especially Meleranz proves to be the proverbial knight in shining armor who comes to the rescue of his damsel in distress, quickly rising from being the still unknown son of the King of France to being the ruler over two kingdoms after having defeated evil opponents. With only one exception, the evil King Godonas of Terrandeß (vv. 4469-71), whom Meleranz not only overcomes in a joust but then also kills (vv. 6194-203), none of his enemies proves to be truly evil, and once he has won victory, they all submit under his rule and acknowledge him as their superior. Despite a number of problems that cause considerable grief for single female rulers, none of the knightly events described reflect on true moral or ethical issues, another clear sign of triviality. Meleranz is a motley narrative, somewhat entertaining, but devoid of true tensions, conflicts, and dilemmas. Ultimately, The Pleier’s central interest rests on presenting knighthood and chivalry in its practical performance and material conditions, as reflected by the endless descriptions of weapons, armor, coats of arms, tournaments, jousts, courtly festivals and meals, dancing and music, tents and bedrooms. Meleranz and his beloved Tydomey are the central figures on a theatrical stage obviously exerting considerable appeal to late-medieval audiences particularly because of their trivial character. This does not mean that Meleranz would be an Arthurian romance of little interest to us, especially considering the strong emphasis on courtly and knightly culture, on courtly love, the exchange of letters and love tokens, and the focus on good kingship. But altogether here we clearly encounter an early example of trivial literature obviously written for and enjoyed by a late-medieval audience no longer concerned with major ethical, religious, or philosophical issues, preferring, instead, narratives that offered plain entertainment without sig- 35 Nikolaus Ruge, Die wort wil ich meren, Grenzen des Erzählens in ‘Tandarios und Flordibel’, in, Orte - Ordnungen - Oszillationen, Raumerschaffung durch Wissen und räumliche Strukturen von Wissen, ed. Natalia Filatkina and Martin Przybiliski, (Trierer Beiträge zu den historischen Kulturwissenschaften 4) Wiesbaden, Reichert Verlag, 2011, pp. 57-72, p. 68. Albrecht Classen 114 nificant conflicts and inner turmoils. Meleranz could easily be compared to modern trivial heroes such as Old Shutterhand in one of Karl May’s many novels or those protagonists that populate endless comic strips, detective stories, or film script who all fight against evil, win their battles at the end because they are the good, and at times love in that process. Bibliographical References Primary Texts The Pleier’s Arthurian Romances, Garel of the Blooming Valley, Tandareis and Flordibel, Meleranz, trans. And with an introd.by J. W. Thomas. Garland Library of Medieval Literature, Series B, 91, New York and London, Garland, 1992. ‘Melerantz von Frankreich‘ - Der Meleranz des Pleier, Nach der Karlsruher Handschrift. Edition - Untersuchungen - Stellenkommentar, ed. Markus Steffen, (Texte des späten Mittelalters und der frühen Neuzeit 48) Berlin, Erich Schmidt, 2011. Morîz von Craûn. Mittelhochdeutsch/ Neuhochdeutsch. 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Introduction Trivial literature, including such genres as romantic, terror, or detective novels, for example, is many times disregarded for being ordinary, unremarkable or frivolous, on the basis of style, of its schematic presentation of characters and plot, or simply as a light form of entertainment addressed to a mass readership. Although entertainment and popularity should be associated with trivial literature, this characteristic does not necessarily have negative connotations. In the case of detective fiction, these novels may be said to present some degree of predictability, especially true in the case of a series featuring a leading detective. Nevertheless, they open up a range of possibilities for their enjoyment and give rise to several layers of interpretation. Thus, since the consideration of detective fiction as a source of entertainment is certainly multi-faceted, critics highlight different reasons for its popularity. Some point out that it provides an innocent outlet for our criminal instincts, or that it satisfies our need for excitement if/ when our lives are deprived of it. Others underline that it offers the pleasure of being cleverer than the detective, that is, the enjoyment of logical speculation, which may provoke further thoughts beyond the fictional crime portrayed. 1 Whether criminal, emotional or intellectual pleasure, entertainment and detective 1 Regarding the reader’s search for intellectual pleasure in detective fiction, Scott McCracken in his book about popular fiction comments on Ernst Bloch’s analysis of detective fiction when he argues that “the detective narrative prompts thought beyond the formal puzzle, and it is this ‘beyond’ that provides the opportunity for the reader’s pleasurable interaction with the detective story” (Scott McCracken, Pulp, Reading Popular Fiction, Manchester, New York, Manchester University Press, p. 67). In more general terms, Maureen T. Reddy’s book about feminism and the crime novel underlines that “although many readers greatly enjoy the sheer intellectual exercise of amassing clues and trying to beat the detective to the puzzle’s solution, that is probably not the sole reason they read crime fiction. They sometimes turn to crime fiction for precisely the same reasons they read other kinds of literature, escape, enlightenment, enjoyment of felicities of style and characterization, and so on” (Maureen T. Reddy, Sisters in Crime. Feminism and the Crime Novel, New York, Continuum International Publishing Group, p. 4). Carme Farré-Vidal 118 fiction have been tightly connected since its first practitioners in the 19 th century. If we read between the lines of detective novels in search of intellectual entertainment, it becomes evident that this popular genre walks hand in hand with society and readers for its reflections or comments on social changes. As an example of this close relationship with society, forensic detective fiction has emerged as a significant sub-genre in the last two decades, with the work, for example, of Patricia Cornwell, Karin Slaughter, or, of course, Kathy Reichs. In their novels these authors and others skillfully combine contemporary scientific curiosity, our generalized social use of technology and the contemporary social trend that critic Mark Seltzer calls wound culture, that is, “the public fascination with torn and opened bodies and torn and opened persons”. 2 Similarly and in regard to the use of forensic science in popular shows, David P. Pierson notes Thomas Doherty’s use of the term “forensic noir.” He explains that “forensic noir is characterized by two distinct features: an almost fanatical belief in forensic science to solve crimes and a morbid interest in human dissection”. 3 Generally speaking, the use of forensic science in fiction portrays the scientific study of criminal evidence and dead bodies, and promotes reassurance and a sense of closure. Quoting from Ellen Burton Harrington’s analysis of the use of forensic science in Sherlock Holmes and CSI, “individual identity can be fixed and scientifically assured, … crime can be solved, the truth known with certitude, and order restored”. 4 This general explanation underlines the defining features of the conservative discourse upheld in forensic detective fiction: its use of truth-endowed technology, the reconstruction of lost identity and, eventually, the implementation of some degree of justice. On the other hand, in the development of detective fiction the phenomenon has emerged that the traditional male detective has had to share his privileged position with tough women investigators, particularly since the late 1970s, thanks to authors like Marcia Muller, Liza Cody, Sue Grafton or Sara Paretsky, to name just a few. Just as “today’s fiction reflects the expanded range of women’s opportunities in today’s job market”, 5 current detective novels nowadays depict women not only as victims or femmes fatales, but also as women investigators. Thus, detective novels may explore 2 Mark Seltzer, “Wound Culture, Trauma in the Pathological Public Sphere”, in October, vol. 80, 1997, p. 3. 3 David P. Pierson, “Evidential Bodies, The Forensic and Abject Gazes in C.S.I., Crime Scene Investigation”, in Journal of Communication Inquiry, vol. 34, 2010, p. 185. 4 Ellen Burton Harrington, “Nation, Identity and the Fascination with Forensic Science in Sherlock Holmes and CSI”, in International Journal of Cultural Studies, vol. 10, no. 3, 2007, pp. 365-366. 5 Christine A. Jackson, Myth and Ritual, Women’s Detective Fiction, Cambridge, Polity Press, 2002, p. 1. Public Spaces in Kathy Reichs’s Forensic Detective Fiction 119 feminist ideals and incorporate women’s concerns, revealing a critical awareness of women’s subordinate position in society. In this way, this paper argues that feminist ideals used for the definition of social and individual identities in public space when the analysis takes into account its characteristics and the social interactions that it promotes as well as the limits on those interactions imposed by the social environment. As pointed out in sociological studies by philosophers like Henri Lefebvre, space can be argued to be a social product, a complex social construction, which reveals a culture and an ideology, and affects spatial practices and perceptions. The analysis of the social arena in a patriarchal society provides a direct reflection of this argument. In a male-centered social system public space, mainly represented by work and politics, has been considered a male preserve, whereas women have been assigned the task of taking care of the private, embodied in the home and family. This space segregation has excluded women from the public sphere as well as from power and knowledge, and is obviously based on the traditional understanding of men and women as opposites, and the separation of well-defined gender roles. On the one hand, men have been assigned the role of the breadwinner - protector and provider of women -, and on the other, women, the role of the homemaker - child-bearer and caregiver, connected with the giving of life and in charge of the preparation of food. 6 This is why space has been considered one of the ways for conferring, wielding and holding power. Thus, this analysis contends that in the series of Kathy Reichs the patriarchal consideration of public space definitely tumbles down, as Temperance Brennan claims and legitimizes woman’s presence in public space as a public female hero. The protagonist of the series has crossed patriarchal limits and has accepted the responsibilities of adult womanhood. From the start, she is portrayed as an autonomous and independent middle-aged woman, who, separated and with a daughter, works doing two different jobs in parallel in two different countries, that is, being a university professor at Charlotte, North Carolina, while at the same time working as a forensic consultant both for the State of North Carolina and the police in Montreal for the province of Quebec. Dr. Brennan crosses the frontier between two countries physically and symbolically. Her job, which portrays her as a dealer in death, places her in public space - at the crime scene and the forensic laboratory - and this turns out to be her own legitimate domain. 6 These are the terms used by American philosopher Kenneth Clatterbaugh (Kenneth Clatterbaugh, Contemporary Perspectives on Masculinities, Men Women and Politics in Modern Society, Boulder, Westview, 1990, p. 151). Carme Farré-Vidal 120 2. The Crime Scene Most novels of the Brennan series begin with the finding of a dead body and Dr. Brennan is called to the crime scene, which is where the interaction between the body and the forensic scientist in the outside world occurs. The first stage refers to her access to the crime scene, which is normally an arduous task full of different sorts of obstacles. Dr. Brennan’s is a lonely pursuit from the start, with little support from law enforcement. After lonesome driving, she may have to access the crime scene alone. Sometimes she realizes that she has been given directions to take the longest way 7 ; other times she is denied immediate access by the police officer safeguarding the area until her identity as a forensic scientist, not only as a simple woman, is checked 8 . Moreover, the way to the crime scene may also be difficult because it may be remote, located amid lush vegetation. The following quote is an example from Déjà Dead and describes Dr. Brennan’s walk into a forest to one of the crime scenes in the novel, where the natural environment is symbolically described as being against her advance: Dust particles danced in the slanted shafts. Flying insects swarmed around my face and whined in my ears, and creepers grabbed my ankles … I followed, slapping at mosquitoes, handing off vegetation, squinting through clouds of gnats around my eyes, and the occasional loner that went straight for the cornea. 9 Once at the crime scene, Dr. Brennan’s job is not a bed of roses, either. On her arrival, she has to face little cooperation from some law enforcement officers: the local police officer may greet her at the crime scene with an arrogant attitude 10 or the detective helping her on the spot may indolently suggest leaving the crime scene investigation till the following morning 11 . The system’s reluctance to get involved may also include politicians, as the following quote from the site of the plane crash in Fatal Voyage denotes: Thirty minutes later the chief medical examiner of the State of North Carolina walked into the site from the west, followed by the state’s lieutenant’s governor... I watched them pick their way through the debris, the pathologist looking around, assessing, the politician with head bowed, glancing neither left nor right, holding himself gathered tightly, as if contact with his surroundings might draw him in as a participant rather than an observer. 12 Society’s power structures - police officers and politicians - are only concerned about themselves. They do not care about restoring the dead body’s 7 Kathy Reichs, Fatal Voyage, p. 3. 8 Kathy Reichs, Déjà Dead, pp. 7-8. 9 Kathy Reichs, Déjà Dead, pp. 11-12. 10 Kathy Reichs, Break No Bones, pp. 97. 11 Kathy Reichs, Devil Bones, p. 31. 12 Kathy Reichs, Fatal Voyage, p. 14. Public Spaces in Kathy Reichs’s Forensic Detective Fiction 121 identity, because as a dead body, it has become abjection, as explained by Julia Kristeva in Powers of Horror, “what disturbs identity, system, order. What does not respect borders, positions, rules”. 13 The abject threatens to dissolve the unity of the subject, to break down any distinctions between themselves and the world of the dead, between the self and the other, between subject and object. Institutional power cannot face the dead body, as it explicitly carries the disgusting grotesque scars of patriarchal abuse and threatens the patriarchal status quo. As a parallel form of victimization, the woman forensic scientist is also initially portrayed as a victim of the agents of power due to the difficulties that she has to overcome in her investigation. The structures of power, the institutions, are mainly portrayed as patriarchal in their pursuit of dominance over those considered inferior beings, that is, for their neglect of victims but also for the constraints on the woman forensic scientist’s involvement against criminal abuse; they make her feel that she does not belong, that she is a foreigner. 14 This is a recurring theme that is presented in different ways throughout the novels. In Devil Bones, for example, it is Boyce Lingo, a preacher and county commissioner supporting extremist white-male supremacy, who adamantly opposes the job of a woman as a forensic scientist: The fault lies with a system of laws designed to protect the guilty. With libertine scientists who undermined the efforts of our brothers and sisters in uniform... Dr. Temperance Brennan, employed by your university, by your medical examiner, institutions funded by your tax dollars … She knows the battle raging on our streets. Does she work to convict those … who have chosen the serpent’s path? Quite the opposite. 15 Or it is also Temperance Brennan who informs the reader about the unchangeable opinion against her job held by detective Luc Claudel, one of the 13 Julia Kristeva, Powers of Horror, New York, Columbia University Press, 1982, p. 4. 14 As Susan Elizabeth Sweeney underlines, this feature can be thought to be a general trend in feminist detective novels concerning their revision of individual identity, feminist detective fiction … often investigate incidents of sexism, homophobia and violence against women rather than capital offenses. More important, they suggest that these particular instances of wrongdoing are the logical outcome of a society based on women’s oppression, and that patriarchy and other hierarchical systems which discriminate against groups of people constitute the real evil behind such crimes. Although feminist detective novels may still name a single person as the guilty party, then, they argue that these individual’s actions reflect a broader social practice - and that truly solving the crime would entail changing that practice as well as identifying the individual. (Susan Elizabeth Sweeney, “Gender-Blending. Genre-Bending and the Rendering of Identity in Barbara Wilson’s Gaudí Afternoon”, in Multicultural Detective Fiction. Murder from the “Other” Side, ed. Adrienne Johnson Gosselin, New York and London, Garland Publishing Inc., 1999, p. 125) 15 Kathy Reichs, Devil Bones, pp. 235-236. Carme Farré-Vidal 122 detectives that she often works with, for instance in Fatal Voyage: “Claudel. The highly regarded bulldog of a detective who would grudgingly work with me, but remained unconvinced that female forensic anthropologists were helpful to law enforcement”. 16 No matter what Dr. Brennan does or how decisive her contributions to the investigation are, patriarchal discrimination becomes apparent over and over again. Consequently, by means of Dr. Brennan, the novels expose current cultural anxieties about women’s changing roles as well as all sorts of patriarchally driven domination or victimization. They deconstruct the idea that man is the central reference point in reality and that, therefore, woman is the “Other” as Simone de Beauvoir highlighted so many years ago. 17 Moreover, the woman forensic scientist has crossed Kristeva’s imaginary boundary into the realm of death, mutilation and horror, and actively interacts with what patriarchy considers the abject, what disrupts the functioning of the system. Even so, from the first moment that Dr. Temperance Brennan arrives at the crime scene, she certainly interrupts Othering by means of forcing the rethinking of patriarchal space segregation. Firstly, she leaves no doubt that her presence is legally sanctioned when she shows her official credential, which demands being addressed as ‘doctor’ and not being treated simply as a woman. The acknowledgement of her position at the crime scene certainly entitles her to take the initiative and be in charge. 18 Her position as forensic specialist may involve having to unearth painfully the human remains herself, which are usually hidden underground. It may be a very arduous task, a test for her endurance and physical strength, but she never yields responsibility. Besides her struggle against every obstacle on her way, her credentials and her hard work legitimate her presence in public space both legally and ethically. Dr. Brennan, eventually, represents the embodiment of authority, knowledge and power. At the crime scene the woman forensic scientist is the one who organizes the identification and protection of all transient physical evidence, including the dead body. However, her necessary scientific detachment works hand in hand with her deep involvement with the victim. She does not feel overwhelmed, disgusted, threatened or compelled to escape from abjection. In the face of death she can feel despair, 19 and cannot escape from “the voices 16 Kathy Reichs, Fatal Voyage, p. 306. 17 As Simone de Beauvoir explained in 1949, “humanity is male and man defines woman not in herself but as relative to him; she is not regarded as an autonomous being . . . She is simply what man decrees . . . She is defined and differentiated with reference to man and not he with reference to her; she is the incidental, the inessential as opposed to the essential. He is the Subject, he is the Absolute - she is the Other.” (Simone de Beauvoir, Second Sex, Hardmonsworth, Penguin Books, 1986, p. 16) 18 Kathy Reichs, Fatal Voyage, p. 8. 19 Kathy Reichs, Fatal Voyage, p. 3. Public Spaces in Kathy Reichs’s Forensic Detective Fiction 123 of the dead clamouring in [her] brain”. 20 Driven by her professional as well as emotional involvement with the victim she is capable of agency in public space, which obviously involves a further deconstruction of Othering, in particular regarding the passivity traditionally associated with the role defined for women in patriarchy. 21 3. The Forensic Laboratory As the next stage in the investigation and once every piece of evidence has been taken care of, the dead body is transferred to the forensic laboratory, but this change of location does not stop Dr. Brennan’s empathic gaze at the victim. Looking at the body lying on the autopsy table, she can imagine the last time the victim combed her hair; 22 she may “get coldly, resolutely angry” 23 or terribly sad, as she feels “tears burning the back of [her] lids”. 24 Besides, although the law and her profession legalize the most intimate access and handling of the dead body, Dr. Brennan confesses to the reader, just as the autopsy is about to begin, that “the relentless exposure would be a final indignity, an assault after death to exceed any she might have endured at the end of her life”, 25 and a part of her only wishes that she could cover that body in order to offer some protection. Nevertheless, Dr. Brennan forces herself to focus, 26 the empathic gaze gives way to the forensic gaze, that is, the gaze “which seeks to control and order crime, death and abjection”, 27 because she has a higher goal. She leaves no trace of doubt about her professional commitment in the following quote from Break No Bones: In my view, death in anonymity is the ultimate insult to human dignity. To spend eternity under a Jane Doe plaque. To disappear nameless into an unmarked grave without those who care about you knowing that you have gone. That offends. While I cannot make the dead live again, I can reunite victims with their names, 20 Kathy Reichs, Death du Jour, p. 314. 21 As discussed by Anne Cranny-Francis in her book Feminist Fiction, Feminist Uses of Generic Fiction, “the female detective must involve herself as energetically as any male character in the action of the story . . . with the added incentive that the characterization of an active female role is an implicit interrogation of the passivity conventionally associated with female narrative roles” (Anne Cranny-Francis, Feminist Fiction, Feminist Uses of Generic Fiction, Cambridge, Polity Press,1990, p. 167). 22 Kathy Reichs, Déjà Dead, p. 19. 23 Kathy Reichs, Deadly Décisions, p. 4. 24 Kathy Reichs, Deadly Décisions, p. 5. 25 Kathy Reichs, Grave Secrets, p. 16. 26 Kathy Reichs, Break No Bones, p. 222. 27 David P. Pierson, “Evidential Bodies, The Forensic and Abject Gazes in C.S.I., Crime Scene Investigation”, in Journal of Communication Inquiry, vol. 34, 2010, p. 185. Carme Farré-Vidal 124 and give those left behind some measure of closure. In that way, I help the dead to speak, to say a final good-bye, and sometimes, to say what took their lives. 28 Dr. Brennan, delivering a direct monologue with the reader as the first person narrator of the novels and compelling her audience to share her views, clearly expresses her own strong feelings. She struggles against patriarchal violence, that is, the victimization arising from a dominant attitude and behavior exhibited by those who believe themselves to be superior beings. Some examples of the victims in the series, ranging from the elderly, street children, young girls or women, present the reader with an irrefutable proof. Whereas Dr. Brennan cannot prevent this victimization, what she can do is restore human dignity and identity and turn the unidentified abject body into a human victim. With the help of her empathic gaze as well as the forensic technology available to her, she reaffirms her own identity as a woman forensic scientist and reinstates the abject body, the degraded nameless dead body, as a human being. Dr. Brennan, in this way, shows her feminist consciousness that is, “knowledge of what and why one is doing it” 29 by means of stating her social responsibility as a restorer of her own identity as well as that of victims. Thanks to forensic science, particularly the location and defining traits of the laboratory, Dr. Brennan can ultimately implement her commitment to purify and sublimate abjection. Regarding the location of the morgue, the novels point out that it is situated in the basement of the police headquarters, which may be suggestive of the forensic scientist’s journey of discovery into the heart of the matter. Since it is only accessible from a side corridor by means of a solitary elevator, 30 it is portrayed as a safe location, where only legally-permitted users have access, so it is secure from external disturbances and systemic pressures. It is usually a quiet place - sometimes ironically compared to a tomb. 31 Moreover, the laboratory is imprinted with cleanliness and light in every corner. In this sense, Dr. Brennan lists the defining features of the morgue in the following way: “cold tiles, stainless steel table, shining instruments, and fluorescent light, masked and gloved investigators”. 32 The forensic laboratory prevents any kind of infection by means of its ambient temperature, its construction materials, forensic equipment and the penetrating light that 28 Kathy Reichs, Break No Bones, p. 36. 29 Cristina Lucia Stasia, “’Wham! Bam! Thank You Ma’am! ’, The New Public/ Private Female Action Hero”, in Third Wave Feminism, A Critical Exploration, eds. Stacy Gillis, Gillian Howie and Rebecca Munford, Basingstoke, Hampshire, and New York, Palgrave Macmillan, 2004 , p. 182. 30 Kathy Reichs, Cross Bones, p. 9. 31 Kathy Reichs, 206 Bones, p. 85. 32 Kathy Reichs, Grave Secrets, p. 169. Public Spaces in Kathy Reichs’s Forensic Detective Fiction 125 avoids any shadows or blurs. Everything in the forensic laboratory is conducive to the righteousness of the forensic scientist’s findings. The physical antiseptic environment, together with the help of forensic science and technology, allows Dr. Brennan to have both untainted access to and unlimited interaction with the dead body. During this semi-private relationship, the dead body does not lie when the harsh light of the laboratory is on. This is when every injustice is on scientific display and identity is unquestionably revealed. Consequently, the fairness of forensic science unveils social and individual identity without a shadow of doubt: the dead body becomes a publicly identified person again, the woman forensic scientist reaffirms her status in public space and social/ individual patriarchal identity is deconstructed and criminalized. 4. Conclusion Therefore, it is my contention that the core of Kathy Reichs’s Brennan series promotes a sense of closure as well as a restoration of identity on the basis of forensic science and its feminist paradigm. Looking at the socially abjected body, that is, the dead body as well as the woman forensic scientist, the novels deconstruct society’s patriarchal identity for its hegemonic exploitation. Dr. Temperance Brennan, although she works within the system, plays her role as an outsider, both as a woman and as a forensic scientist, beyond patriarchal influence, but positions herself firmly within public sphere, that is, both at the crime scene and in the forensic laboratory; Dr. Brennan overcomes any obstacles on her way and exposes patriarchy. Moreover, by means of the forensic scientist, the reader is forced to come face to face with the most deadly consequences of a patriarchal system. Dr. Brennan, scientifically and ethically empowered, and displaying extreme endurance and inner strength, contests victimization, dismantles social patriarchal identity, and fixes individual identity, thanks to the reliability and independence of forensic science. The series background provides a solid foundation for its multi-faceted feminist discourse. On the one hand, Dr. Brennan, because of her job, crosses the boundaries between countries, but she also makes the patriarchal gender limits collapse, which places the deconstruction of any form of social exclusion or separation high on the agenda of the series. On the other, the skilful use of forensic anthropology decisively contributes to uncovering, physically and symbolically, the body of the crime as well as the evidence of criminal dealings, and consequently, Dr. Temperance Brennan is the one who, lawfully occupying her position in public space, discloses the crime. Ultimately, after breaking down hegemonic barriers and boundaries, the woman forensic scientist emerges as a figuration of female consciousness and agency, the new public hero struggling under the banners of truth and justice. Carme Farré-Vidal 126 Bibliographical References Simone de Beauvoir, The Second Sex, Hardmonsworth, Penguin Books, 1986. 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Einführung Die ‘artifizielle‘ Kurzlebigkeit, d.h. das rasche Obsolet werden bzw. schnelle Ersetzen kultureller Tendenzen, die folgerichtig auch als ‘Trends‘ bezeichnet werden, scheint ein besonderes Phänomen unserer Zeit zu sein; und dies gilt insbesondere für diejenigen Bereiche der Kultur, die im allgemeinen als ‘trivial‘, also nicht hochkulturwürdig angesehen sind. Um so bemerkenswerter ist dann allerdings, wenn sich Stoffe und Motive aus diesem ‘niederkulturigen‘ Bereich über einen längeren Zeitraum im Bewusstsein eines größeren Publikumskreises festzusetzen vermögen. Zu diesen insgesamt eher raren Beispielen gehört auch Karl May bzw. sein Œuvre an Abenteuerromanen, die von May bzw. seinen Verlegern so genannten ‘Reiseerzählungen‘, die sich - wenngleich mit Abstrichen - seit den ersten Veröffentlichungen bis in die Gegenwart hinein eines breiten und letztlich ungebrochenen Interesses erfreuen. Ist Karl Mays Werk aber Trivialliteratur? Folgen wir der Definition, wie sie beispielsweise im ‘dtv-Brockhaus‘ unter dem entsprechenden Stichwort geliefert wird, erfahren wir Folgendes: Lit., (bes. Erz., Roman), die den Lesebedürfnissen eines großen Publikums entspricht, in Motivwahl, Sprache, Handlungsführung trivial (zugleich reißerisch und schematisch) ist und als ästhetisch geringwertig gilt. Die (meist spannende) Handlung gelangt über gehäufte Konflikte fast stets zum glückl., oft märchenhaften Ende. Als typisch für die ältere T. gelten der Ritter- und Räuberroman [...], Kolportageromane und der Abenteuerroman. 1 Hier werden Kriterien formuliert, die den Büchern Karl Mays adäquat sind. Zumindest in seinem ‘frühen‘ und ‘mittleren‘ Opus lassen sich die entsprechenden Elemente mühelos auffinden - etwas anders ist das bei dem sogenannten ‘Spätwerk‘, das zwar symbolisch bzw. symbolistisch überprägt ist. Ansonsten werden die entsprechenden Schemata umfassend bedient, es gibt edle Helden und Schurken, und nur selten einmal findet sich so etwas wie 1 Nach dtv Brockhaus-Lexikon, Bd. 18, S. 296. Jörg Füllgrabe 128 ein ‘graugezeichneter‘ Charakter - meist dann, wenn es sich um eine Person handelt, die im Sinne einer psychischen, entwicklungsorientierten Katharsis den Weg zum Guten einschlägt. Allerdings lassen sich im Werk Mays in der Tat Verschiebungen erkennen, die auch auf eine Entwicklung oder vielmehr veränderte Sichtweise des Schriftstellers verweisen. Und so wurde insbesondere Winnetou bzw. wurden ihm und seinem ‘weißen Bruder‘ Old Shatterhand - ein vorgebliches Alter Ego Mays - konsequentermaßen über die Präsenz in den immer wieder neu aufgelegten Büchern hinaus eine ‘Existenz‘ bis in den Kontext der darstellenden Kunst hinein zuteil. Bereits im Rahmen der verschiedenen Karl-May-Festspiele, mehr noch jedoch in den entsprechenden Verfilmungen der sechziger Jahre wurden so den zuvor lediglich imaginierten Figuren Gesichter gegeben. 2 In der Bundesrepublik 3 entstanden in kurzer Folge elf Verfilmungen von Karl May-Stoffen, die auf Amerika Bezug nahmen; die Reihe begann 1962 mit dem Schatz im Silbersee und endete 1968 mit Winnetou und Old Shatterhand im Tal der Toten. 4 Aus dem Blickwinkel bereits der Spätsechziger und natürlich erst recht in der Zeit danach wirkten die Constantin-Verfilmungen zum Teil bereits unfreiwillig komisch, dementsprechend war ein parodistisches Neuaufgreifen des Stoffes unter dem Filmtitel Der Schuh des Manitou 2001 nur konsequent. Inwieweit die - auf entsprechende Ausführungen Arno Schmidts 5 aus dem Jahr 1969 fußenden - Argumente Frank Deglers 6 hinsichtlich einer in der Herbig-Parodie geleisteten deutlichen Offenlegung latenter Homosexualität der beiden Helden Old Shatterhand und Winnetou - im Film erkennbar an der Figur des Zwillingsbruders Winnetou - stichhaltig sein mögen, soll hier nicht weiter verfolgt werden. Eine weniger explosive, in gewissem Sinne ‘unschuldige‘ Form parodistischer bzw. humoristischer Rezeption wurde in den neunziger Jahren in einer ‘Late-Night-Show‘ des Hessischen Rundfunks geboten, in der als ‘running gag‘ zwei mit Indianerkostümen verkleidete Männer auf Schaukelpferden saßen und auf ihren Bruder Winnetou warteten. Ihre Namen waren - eine recht naive Wortspielerei - ‘Winneone‘ und ‘Winnethree‘. Fest steht, dass die filmische Parodie ein kommerzieller Erfolg war; und auch die regelmäßigen Ausstrahlungen dieses Streifens in den verschiedenen in der Bundesrepublik verbreiteten Privatsendern macht die Rezepti- 2 Weitere Aspekte der gegenwärtigen Rezeption werden noch unten angeführt. 3 In der seinerzeitigen DDR gab es bezeichnenderweise keine Karl May-Verfilmungen; allerdings wurde mit der Figur des ‘Ulzana‘ - verkörpert durch Gojko Mitic - eine Art sozialistischer ‘Gegen-Winnetou‘ geschaffen. 4 Vgl. Johannes Zeilinger, Karl May, S. 48-49. 5 Arno Schmidt sieht diese sexuelle Orientierung bereits in den Romanen Mays bzw. den ‘seriösen‘ Verfilmungen der sechziger Jahre angelegt (Sitara und der Weg dorthin, S. 34-36). 6 Vgl. Degler, Genre, Gender und schwule Indianer, S. 213-216. Hinauf zum Edelmenschen 129 onsbreite deutlich. Dieses Phänomen der Vergegenwärtigung Mays auf televisionärer Ebene wird übrigens auch daran deutlich, dass die ‘echten‘, d.h. bei Constantin herausgebrachten Filme der sechziger Jahre regelmäßig sowohl im öffentlich rechtlichen als auch im privaten Sendespektrum gezeigt werden. Winnetou ist demnach gewissermaßen immer noch - zumindest bedingt - omnipräsent. 2. Ausgangssituation Karl May Doch zurück zum Schriftsteller May selbst: Der am 25. Februar 1842 geborene Karl Friedrich May wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf. Die von ihm selbst später kolportierte Blindheit, die durch ärztliches Eingreifen geheilt wurde, ist aller Wahrscheinlichkeit nach genauso fiktional wie seine ‘Erlebnisse‘ im Orient und Wilden Westen. Diese ‘Tatsache‘ diente - wohl analog zum blinden Sänger Homer - in gewissem Sinne dem Beleg für schriftstellerische Inspiration sowie der historischen Wahrhaftigkeit, die ja von Heinrich Schliemann seit 1870 durch seine Ausgrabungen in ‘Troja/ Hissarlik‘ nachgewiesen schien. Die durch eine erste Verurteilung unterbrochene Lehrerausbildung wurde später fortgesetzt und mit der Abschlussprüfung zum Hilfslehrer 1859 abgeschlossen. Nach dem Diebstahl einer Taschenuhr wurde May mit Berufsverbot belegt, beging als ‘Outlaw‘ gewissermaßen verschiedene Diebstähle und Hochstapelei und wurde daraufhin zu Arbeitshaus und Zuchthaus verurteilt. Noch in der Haft begann er zu schreiben, war nach seiner vorzeitigen Entlassung als Zeitschriftenredakteur tätig und begann schließlich, seine ‘Reiseerzählungen‘ zu publizieren. 1893 erschien ‘Winnetou, drei Jahre später konnte sich Karl May bereits eine Villa in Radebeul leisten, in der er neben den ‘echten‘ Gewehren seiner Nordamerika- Erzählungen, der ‘Silberbüchse‘, dem ‘Bärentöter‘ sowie dem ‘Henrystutzen‘ authentische ethnologische Artefakte zu sammeln begann. 1899 folgte eine fünfzehnmonatige Orientreise und erst 1908 trat May eine Touristenreise nach Nordamerika an. 7 Am 30. März 1912 schließlich verstarb May, der die letzten Jahre seines Lebens vorrangig mit Prozessen zur Wiederherstellung seines guten Rufes verbrachte. 8 May war also niemals ein kühner Abenteurer, gleichwohl vermochte er, einem Großteil seiner Leserschaft erfolgreich vorzugaukeln, dass er - in seinen Büchern als ‘Old Shatterhand‘ bzw. ‘Kara Ben Nemsi‘ firmierend - der ‘wahre Held‘ seiner entsprechenden Erzählungen war, der sich selbstverständlich, mit Ausnahme ‘Winnetous‘ vor allen anderen Protagonisten auszeichnete. Dies gilt neben den gewissermaßen superheldenhaften Kräften körperlicher wie intellektueller Art nicht zuletzt auch für die vorgebli- 7 Vgl. etwa Claus Roxin, Mays Leben, S. 58-60. 8 Vgl. etwa Rudolf Beissel, Von Atala bis Winnetou, S. 247-252. Jörg Füllgrabe 130 chen Sprachkenntnisse des sächsischen Schriftstellers. Unter anderem erfahren seine ‘dankbaren Leser‘ folgendes: Ich spreche und schreibe: französisch, englisch, italienisch, spanisch, griechisch, lateinisch, hebräisch, rumänisch, arabisch 6 Dialekte, persisch, kurdisch 2 Dialekte, chinesisch 6 Dialekte, mamayisch, Namaqua, einige Sunda-Iidiome, Suaheli, hindustanisch, türkisch und die Indianersprachen der Sioux, Apatschen, Komantschen, Snakes, Utahs, Kiowas nebst dem Ketschumany 3 südamerikanische Dialekte. Lappländisch will ich nicht mitzählen. (...) Die Gestalten, welche ich bringe, haben gelebt oder leben noch und waren meine Freunde. 9 Und in einem Brief an eine Leserin schreibt May: Winnetou war geboren 1840 und wurde erschossen am 2.9.1874. Er war noch herrlicher, als ich ihn beschreiben kann. (...) Weil ich meist Selbsterlebtes erzähle und Selbstgesehenes beschreibe, brauche ich mir nichts auszusinnen. 10 Mit dieser Detailinformation zum Leben und Sterben Winnetous und mehr noch der beeindruckenden Liste seiner Multilingualität verstand es der Schriftsteller natürlich, bei seiner ihm geneigten und bewundernden Leserschaft unerhörten Eindruck zu machen; aber nicht genug, dass er die von ihm beschriebenen Orte niemals bzw. einige wenige der Schauplätze später in einer Art ‘all-inklusive-Touristik‘ bereist hatte, auch mit den erwähnten Sprachkenntnissen Mays war es bei weitem nicht so gut bestellt, wie er zum Besten gab. In seiner umfangreichen Bibliothek befand sich zwar eine Reihe von Wörterbüchern, aus denen er seine ‘Sprachkenntnisse‘ bezog - in der Umsetzung reichte es allerdings oft nur für fehlerhafte fremde Wörter bzw. Neologismen, die im vermeintlich authentischen Sprachschatz überhaupt nicht vorkommen. Inwieweit Karl May irgendwann tatsächlich zumindest einen Teil seiner eigenen Propaganda internalisierte und daran glaubte, das Beschriebene wirklich erlebt zu haben, ist nur schwer zu verifizieren. Dass May durchaus von dem Willen beseelt war, für seine Leserschaft vollständig mit den Hauptpersonen seiner Reiseerzählungen zu verschmelzen, ja möglicherweise zumindest eine Zeitlang von dieser Übereinstimmung selbst überzeugt gewesen war, geht vielleicht aus folgender Anmerkung des Schriftstellers hervor: Ich habe nämlich die eigenthümliche Gewohnheit, ein deutscher Schriftsteller, nebenbei aber auch Old Shatterhand zu sein. 11 Gerade dieses scheinbare Understatement ist ein nicht ungeschickter Schachzug, mit dem May die Glaubwürdigkeit seiner Aussage zu untermauern trachtete. Denn: Wäre er ein Hochstapler, dann hätte er sich zuvor- 9 Zitiert nach Heiko Postma, In Radebeul auf fremden Pfaden, S. 8. 10 Zitiert nach Hans Wollschläger, Karl May, Grundriß eines gebrochenen Lebens, S. 86. 11 Zitiert nach Heiko Postma, In Radebeul auf fremden Pfaden, S. 6. Hinauf zum Edelmenschen 131 derst gerühmt, der bekannte Westmann zu sein; ein ‘nebenbei‘ dieses Umstandes wäre dann wohl nicht zu erwarten. 12 Allerdings blieb ihm wohl ein Rest von ‘Erdung‘, denn es wird kolportiert, dass der berühmte ‘Westmann‘ Buffalo Bill bzw. Angehörige seiner Truppe anlässlich einer seiner Europa-Tourneen, deren Erfolg gerade in Deutschland sicherlich auch der ‘Vorarbeit‘ Karl Mays zu verdanken war, in Begleitung eines seiner Indianer einen Abstecher nach Radebeul unternommen habe, um den berühmten ‘Helden‘ kennenzulernen 13 - und vermutlich damit die Absicht verband, diesen zu enttarnen. Karl May, so heißt es, ist dieser Konfrontation aber aus gut nachvollziehbaren Gründen aus dem Weg gegangen. Und 1912, nur kurz vor seinem Tod, bekannte May in Wien zumindest indirekt die Fiktionalität seiner Texte - paradoxerweise jedoch bei gleichzeitigem Beschwören von deren - allerdings eher immateriellem - Wahrheitsgehalt. 14 Bereits in ‘Mein Leben und Streben‘ wurde derlei angedeutet: Die Hauptperson aller dieser Erzählungen sollte der Einheit wegen ein und dieselbe sein, ein beginnender Edelmensch, der sich nach und nach von allen Schlacken des Animamenschtums reinigt. Für Amerika sollte er Old Shatterhand, für den Orient aber Kara Ben Nemsi heißen, denn daß er ein Deutscher zu sein hatte, versteht sich ganz von selbst. (...) Und dieser imaginäre Old Shatterhand, dieser imaginäre Kara Ben Nemsi, dieses imaginäre ‘Ich‘ hat nicht imaginär zu bleiben, sondern sich zu realisieren, zu verwirklichen. 15 3. Kritik an einer ‘weißen Position‘ durch Karl May Erstaunlich ist, dass auch in Mays Romanen neben dem rein Abenteuernden gewissermaßen politische Grundsatzprogramme auftauchen, die einerseits der Indianerphilie der Deutschen des 19. Jahrhunderts entsprechen bzw. aus ihr entsprungen sind, andererseits auch entsprechende mentale Grundbefindlichkeiten bis hin zur Feststellung, dass ‘Indianer‘ und ‘Deutsche‘ in gewisser Ebene als Synonyme bzw. wechselseitig verbundene Existenzbedingungen aufzufassen seien, weiterbelebten. So etwa in ‘Winnetou I‘, 16 wo es heißt: 12 Diese Formulierung hat natürlich auch einen weiteren Vorteil, denn im Fall einer kritischen Inaugenscheinnahme der wahren Lebens- und Reiseverhältnisse Mays hätte dieses ‘nebenbei‘ dann auch als Abschwächung interpretiert werden können. 13 Vgl. Karl Markus Kreis, Deutsch-Wildwest, S. 256-258. 14 Vgl. Thomas Kramer, Karl May, S. 12-17. 15 Mein Leben und Streben, S. 213-14. 16 Die zitierten Passagen entstammen der ‘klassischen grünen Reihe‘ des Karl May- Verlags Bamberg. Jörg Füllgrabe 132 Ja, die rote Rasse 17 liegt im Sterben! Vom Feuerland bis weit über die nordamerikanischen Seen hinauf liegt der kranke Riese ausgestreckt, niedergestreckt, niedergeworfen von einem unerbittlichen Schicksal, das kein Erbarmen kennt. Er hat sich mit allen Kräften dagegen gewehrt, doch vergeblich. Seine Kräfte sind mehr und mehr geschwunden. (...) Ganz unstreitig gehörte ihnen das Land, das sie bewohnten. Es wurde ihnen genommen. Welche Ströme Blut dabei geflossen und welche Grausamkeiten vorgekommen sind, das weiß jeder, der die Geschichte der ‘berühmten‘ spanischen Eroberer der mittelamerikanischen Länder gelesen hat. Nach ihrem Vorbild ist man dann später weiter verfahren. (...) Der Rote musste weichen, Schritt um Schritt, immer weiter zurück. Von Zeit zu Zeit gewährleistet man ihm ‘ewige‘ Rechte auf sein Territorium, jagte ihn aber schon nach kurzer Zeit wieder hinaus, immer weiter. (...) Wollte der Rote nun sein gutes Recht geltend machen, so antwortete man ihm mit Pulver und Blei, und er musste den überlegenen Waffen der Weißen wieder weichen. Darüber erbittert rächte er sich an dem einzelnen Bleichgesicht, das ihm begegnete, und die Folgen davon waren dann stets grausame Metzeleien, die unter Roten angerichtet wurden. Dadurch ist er, ursprünglich ein stolzer, wahrheitsliebender, aufrichtiger und seine Freunden stets treuer Jägersmann, ein heimlich schleichender, mißtrauischer, lügnerischer Mensch geworden, ohne daß er dafür kann, denn nicht er, sondern der Weiße ist schuld daran.” 18 Aus dieser Parteinahme für die untergehenden Bewohner Nordamerikas heraus erfolgte wohl die weitere Entwicklung der Winnetou-Gestalt. 4. Karl Mays ‘Winnetou‘ - Vom Blutrünstigen zum Edelmenschen Karl May versuchte seine Originalität immer wieder unter Beweis zu stellen. Verschwieg er die Rolle von George Catlins 1848 erstmals im deutsch erscheinenden Buch ‘Die Indianer Nordamerikas‘, aus dem weite Passagen seines ersten Winnetou-Bandes stammen dürften, nannte er an anderer Stelle Namen. 19 Aber ausgerechnet einen der ‘Väter des Westromans‘, James Fenimore Cooper, aus dessen Lederstrumpf-Romanen May definitiv und dezidiert einen Teil seiner Anregungen bezog, 20 und der nicht nur geographisch sondern auch zeitlich den von ihm thematisierten Sujets deutlich näher stand, als ‘Phantasten‘ zu diskreditieren, ist schon reichlich kühn. Und doch tat May genau das. Als Ohrenzeuge der entsprechenden ‘Wahrheiten‘ wohnt das alter Ego Karl Mays, Old Shatterhand, im zweiten Band der Winnetou- Trilogie den Ausführungen eines ‘echten‘ Westmanns, des opiumabhängigen Old Death, bei, wenn dieser über das Cooper’sche Opus sagt: 17 Je nach Ausgabe wurde aus der ‘roten Rasse‘ auch ‘der rote Mann‘ bzw. gegenwärtig die ‘Rote Nation‘. 18 Winnetou I, S. 1. 19 Vgl. etwa Karl Markus Kreis, Deutsch-Wildwest, S. 253. 20 Vgl. etwa Augustin, Siegfried / Beissel, Rudolf, Quellen und Vorbilder Mays, S. 59-60. Hinauf zum Edelmenschen 133 Das liest sich so gut, das geht alles so glatt und reinlich. Man brennt sich die Pfeife oder Zigarre an, setzt sich auf das Sofa, legt die Beine hoch und vertieft sich in das schöne Buch, welches der Leihbibliothekar geschickt hat. Aber lauft nur einmal selber hinaus in den Urwald in den fernen Westen! Da geht es wohl ein wenig anders zu, als es in solchen Büchern zu lesen ist. Cooper ist ein ganz tüchtiger Romanschreiber gewesen und auch ich habe seine Lederstrumpferzählungen genossen; aber im Westen war er nicht. Er hat ausgezeichnet verstanden, die Poesie mit der Wirklichkeit zu verbinden; aber im Westen hat man es eben nur mit der letzteren zu tun, und von der Poesie habe wenigstens ich noch keine Spur entdecken können. 21 Eine Beschreibung der amerikanischen Ureinwohner hinsichtlich ihrer Lebensumstände, Wirtschaftsweise, Religion etc. im Detail findet bei May natürlich nicht bzw. nur in bestimmten Fällen und unter einem engen Spektrum statt. Dies ist aus zweierlei Gründen selbstverständlich: Erstens sind diese Bücher ‘Erzählungen‘ und keine Reisebzw. Forschungsberichte, und zweitens, und das ist sicherlich das gewichtigere daran, war der Verfasser ja nie in den Ländern und bei den Völkern, die Sujet seiner Romane waren. So sind denn die Beschreibungen oft nicht sonderlich detailliert, und das gilt selbst für die indigene Hauptperson seiner ‘West-Romane‘, Winnetou. Über den Weitberühmten, dessen Name in ‘jedem Zelt, in jeder Blockhütte, an jedem Lagerfeuer‘ lebt, berichtet May folgendes: Sein reiches dichtes bläulich schwarzes Haar war auf dem Kopf zu einem hohen helmartigen Schopf geordnet und fiel von da aus, wenn er im Sattel saß, wie eine Mähne oder ein dichter Schleier fast bis auf den Rücken der Pferde hinab. 22 Wenn eine solche Beschreibung, bemerkenswerterweise von eben der poetischen Art, die von May im zweiten Band der Winnetou-Trilogie als Abwertungskriterium Coopers Romanen zugeschrieben werden, mit der historischen Wirklichkeit verglichen werden soll, wie sie in verschiedenen zeitgenössischen Fotografien - etwa des letzten großen unabhängigen Apachenhäuptlings Geronimo deutlich zu sehen ist, wird klar, daß Mays Beschreibungen eigenen Idealvorstellungen, nicht jedoch der Wirklichkeit entsprechen. Noch obskurer allerdings wird es, wenn Winnetou in ‘Krüger Bei‘ (dem zweiten Band der Satan und Ischariot-Trilogie) sich nach Europa auf den Weg macht, um dann nach einem Zwischenstop in Dresden bei ‘Scharlieh May‘ mit diesem gemeinsam nach Nordafrika aufzubrechen, um einen Mörder und Testamentensbetrüger dingfest zu machen. 23 Sein Erscheinen in der Heimat des Schriftstellers ist auf dezente Weise spektakulär: 21 Vgl. Winnetou II, S. 6. 22 Winnetou I, S. 110. 23 Siehe etwa auch Volker Depkat, Abenteuerräume, S. 111-112. Jörg Füllgrabe 134 ‘Scharlieh! ‘ rief es da unter der offen gebliebenen Tür. [...] Winnetou stand im Eingang! Winnetou der berühmte Häuptling der Apatschen in Dresden! Und wie sah der gewaltige Krieger aus! Eine dunkle Hose, eine ebensolche Weste, um die ein Gürtel geschnallt war, und ein kurzer Sakko, das war seine Kleidung. In der Hand trug er einen starken Stock und auf dem Kopf einen Zylinderhut, den er nicht abgenommen hatte. Ich erzähle die Tatsachen hier kurz und bündig, brauche aber wohl kaum zu versichern, daß meine Überraschung, ihn hier zu sehen, ebenso groß war wie mein Entzücken. 24 Was sich in der ‘zivilisierten Kleidung‘ Winnetous in Dresden gewissermaßen äußerlich vollzogen hat, ist als Programm bereits seit der ersten Begegnung zwischen dem Apachenhäuptling und Old Shatterhand angelegt - eine Tendenz zur ‘Humanisierung, die sich gerade anhand des Wandels in der Darstellung der Gestalt des Winnetou gut beobachten lässt. Dieses Idealbild eines Indianers, das nachgerade humanistische Werte vertritt - vermutlich allerdings durch den ‘weißen Apachen‘ Kleki-Petra (‘Weißer Vater‘) übermittelt - wird in Winnetou lebendig. Am Anfang allerdings entspricht er dieser Tendenz zur Idealisierung noch keineswegs. Im Zusammenhang mit kriegerischen Praktiken und Ritualen etwa leben auch bei Karl May anfänglich Stereotypen der vorangegangenen Wildwestliteratur weiter. So wird auch das, was in den von Karl May vielgescholtenen Lederstrumpf- Romanen selbstverständlich ist, von Winnetou - zunächst etwa in dem Roman 1875 erschienen ‘Old Firehand‘ 25 - praktiziert, das Skalpieren des besiegten Gegners: Sofort kniete Winnetou über dem Bewußtlosen, senkte ihm das Messer in die Brust, faßte mit der Linken das reiche dunkle Haar zusammen - drei Schnitte, kunstgerecht geführt - ein kräftiger Ruck und der Skalp war gelöst. Er schwang ihn hoch um den Kopf und ließ den fürchterlichen Siegesruf hören, welcher Mark und Bein erschütternd auf die Gegner zu wirken pflegt.” 26 Allerdings durchläuft - wie bereits angedeutet - die Figur des ‘Winnetou‘ eine kulturelle Höherentwicklung, die neben den bereits durch Geburt vorhandenen edlen Anlagen einerseits gewiss durch die Unterweisungen des ‘weißen Vaters‘ in die richtigen Bahnen gelenkt worden war, durch den Kontakt mit Mays altem Ego, Old Shatterhand‘, aber noch intensiviert wurde. Dies führt denn unausweichlich auch zur - wenngleich informellen - Konversion des Häuptlings, die dieser gewissermaßen im Sterben vollzog bzw. kundtut: Als der letzte Ton verklungen war, wollte Winnetou sprechen - es ging nicht mehr. Ich brachte mein Ohr ganz nahe an seinen Mund und mit der letzten An- 24 Krüger Bei, S. 195. 25 Vgl. Horst-Joachim Kalbe, Der Schatz im Silbersee, S. 190. 26 Winnetou II, S. 437. Hinauf zum Edelmenschen 135 strengung der schwindenden Kräfte flüsterte er: ‘Scharlih, ich glaube an den Heiland. Winnetou ist ein Christ. Leb wohl! ‘ 27 Inwieweit May hier an Konstantin des Großen Taufe auf dem Sterbebett gedacht haben mag, ist kaum mehr zu eruieren, allerdings ist dieser Bezug auch nicht auszuschließen. In jedem Fall scheint hier ein dem Sehnen des ‘Kulturmenschen‘ nach dem unverbildeten Wilden antagonistisches Element erkennbar, womöglich vergleichbar dem der Postmoderne, die auch die exotische Welt in gewisser Hinsicht als eine Art folkloristischen Selbstbedienungsladen ansieht. Bei Karl May erfolgte deutlich die ‘Kultivierung‘ des Fremden und Anderen auf die eigenen Gepflogenheiten und kulturellen Werte hin. 28 Um den Karl May insbesondere der frühen Romane auf den Punkt zu bringen: Je ähnlicher der ‘Wilde‘ - gleich ob in Amerika oder in der Wüste Arabiens - dem war, was sich bürgerliche Schichten unter einem deutschen Ideal vorzustellen vermochten, desto edler war er. Die Figur des Apachenhäuptlings ‘Winnetou‘ durchläuft demnach auch unter ‘deutscher Anleitung‘ von ihrem ersten Auftreten im Werk Karl Mays bis zu dessen Spätwerk eine Entwicklung, die im besten Sinne als eine der Menschheit analoge aufgefasst werden könnte. 29 Zu den Kriterien dieser naturwüchsigen Grausamkeit gehört - wie erwähnt - auch der Umstand, dass der Apache durchaus den tatsächlichen oder auch lediglich zugeschriebenen kriegerisch-grausamen Gepflogenheiten der indigenen Bevölkerungen Nordamerikas anhängt, indem er etwa seine besiegten Feinde skalpiert. 30 Zwar wurde diese Grausamkeit bereits unter dem Einfluss des ‘weißen Apachen‘ ‘Klekih-petra‘ (den May aufgrund seiner ‘Sprachkompetenz‘ als ‘Weißer Vater‘ verdeutscht) gemildert, bricht jedoch immer wieder durch, und erst der langanhaltende Kontakt des Indianers mit dem Christen- und wohl auch dem Deutschtum zuerst Klekih-petras und dann vor allem des Western-Alter-Egos Mays, ‘Old Shatterhand‘ 31 ermöglicht eine Entwicklung hin zu Idealfigur des ‘Edlen Wilden‘, wie er besser nicht von Rousseau ersonnen sein könnte. Bis zu einem gewissen Grad kann Winnetou sicherlich auch als eine Art Gegenentwurf zum Nietzsche’schen ‘Übermenschen angesehen werden. So lassen sich gerade in funktionaler Hinsicht vergleichbare Aspekte feststellen - etwa was den der ‘Re-Mythisierung‘ angeht, der im Œuvre Nietzsches explizit ausgesprochen ist, hingegen im Zusammenhang mit den Büchern Mays doch eher implizit vorliegt. Ein gewiss nicht unwesentlicher Faktor, der sich in beiden Kontexten anbietet, ist der der ‘Ethik der Selbstüberwin- 27 Winnetou III, S. 474. 28 Vgl. etwa Marlies Bugmann, Savage to Saint, S. 67-71. 29 Vgl. etwa Karl Markus Kreis, Deutsch-Wildwest, S. 254. 30 Hierzu grundsätzlich etwa Aleksandra Bochenek, Romantik und Tragik der Indianer in der ”Winnetou”-Trilogie von Karl May, S. 16-17. 31 Vgl. Helmut Schiedt, Dr. Mabuse, Winnetou Co., S. 114-115. Jörg Füllgrabe 136 dung‘, 32 die im Zusammenhang mit dem - nichttrivialen - ‘Zarathustra‘auf eine sinnstiftende Meta-Eben verweist, im trivialliterarischen Werk Karl Mays sicherlich bestenfalls als blasser Abklatsch einer bei aller immer wieder aufkommenden Betonung des Religiös-Christlichen doch deutlich diesseitsorientierten Handlungs- und Wahrnehmungspragmatik zu verstehen sein dürfte. Und so ist die innere wie äußere Entwicklung von Winnetous erstem Auftreten in ‘Old Firehand‘ aus dem Jahre 1875 zu seiner späten Würdigung in ‘Winnetou IV‘ aus dem Jahre 1910 nur konsequent - und entspricht natürlich auch den gewachsenen literarischen Ambitionen Karl Mays. Und so heißt es denn auch zu Winnetou folgerichtig, er sei nicht Gelehrter oder Künstler, nicht Schlachtensieger oder König gewesen, denn er war mehr als das Alles: Er war Mensch! Er war Edelmensch! 33 Wie etwa Heinrich Zschokke, der vom ‘freundlichen Naturmenschen‘ 34 schrieb, ist May hier hochromantisch. Das Erbe dieses Edelmenschen ist dementsprechend nach Aussagen Karl Mays für das Volk der Apachen kaum zu überschätzen, denn so der Schriftsteller in einer ‘Reiseerinnerung‘ von 1878: Winnetou war der berühmteste Häuptling der Apachen, deren bekannte Feigheit und Hinterlist ihnen unter ihren Feinden den Schimpfnamen ‘Pimo‘ zugezogen hatte; doch seit er zum Anführer seines Stammes gewählt worden war, hatten sich die Feiglinge nach und nach in die geschicktesten Jäger und verlegensten Krieger verwandelt, ihr Name wurde gefürchtet bis über den Kamm des Gebirges herüber, ihre Unternehmungen waren stets von bestem Erfolge begleitet, sie unternahmen in geringer Männerzahl und mitten durch feindliches Gebiet hindurch die kühnsten Streifzüge. 35 5. Ein infinites Fazit ‘Funktioniert‘ Karl May heute auch noch? Die Frage ist meines Erachtens mit einem unbedingten, allerdings auch eingeschränkten ‘ja‘ zu beantworten. Die filmischen Adaptionen seriöser wie parodistischer Art wurden ja bereits angedeutet, aber selbstverständlich ließe sich noch mehr anführen wie etwa 32 Vgl. in diesem Zusammenhang zu Nietzsches ‘Zarathustra‘ Aldo Venturelli, Nietzsches Auffassung des Übermenschen und das Problem einer Mythologie der Moderne, S. 120-126. 33 Zitiert nach Karl Markus Kreis, Deutsch-Wildwest, S. 254. 34 Vgl. Horst Wolf Müller, Winnetou. Vom Skalpjäger zum Heiland, S. 197. 35 Zitiert nach Eckehard Koch, ‘Winnetou war geboren 1840 und wurde erschossen am 2.9.1874‘, S. 112. Hinauf zum Edelmenschen 137 die Sonderbriefmarke der Deutschen Bundespost zum 75. Todestag Mays 1987. 36 Der Reiz der ‘Reiseerzählungen‘, die May seit seiner Adaption des Ferry’schen ‘Waldläufers‘ 37 schrieb, ist heute allerdings sicherlich ein anderer, als dies vom Ende des neunzehnten bis in die sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts hinein der Fall gewesen war. Zum einen hat sich die Möglichkeit, Wünsche und Identifikationen Heranwachsender auf fiktionale Biographien zu projizieren deutlich erhöht, neben ‘Cowboy und Indianer‘ sind eine ganze Reihe anderer Identifikationsfiguren und -gruppen getreten. Noch wesentlicher erscheint mir jedoch der Umstand zu sein, dass ein wichtiger Magnet der May’schen Reiseimaginationen heute seine Anziehungskraft verloren hat - auch weitere Urlaubsreisen sind heute für viele kein unerfüllbarer Traum mehr. In welchem Maße die Bücher Karl Mays auch heute noch die herausragende Bedeutung als eine Art ‘Primärliteratur‘ haben, mag dahingestellt sein; sicherlich ist dies gegenüber früheren Lesegenerationen deutlich weniger der Fall. Und doch war Karl May lange Zeit ein Obligo für Heranwachsende, allerdings vornehmlich diejenigen männlichen Geschlechts. Und so wurde denn auch in dem ‘offiziellen endgültigen Handbuch für den Karl- May-Fan‘, das vor nunmehr 20 Jahren erschien, eine gewissermaßen ‘lesegenetische‘ Begründung für die generationenandauernde Beliebtheit des Œuvres des schriftstellernden Sachsen May geliefert: ”Ich hab‘ Karl May gelesen, mein Vater hat Karl May gelesen - das wird dem Jungen auch nichts schaden.” 38 Dem ist wohl immer noch so - und doch kann das nicht alles sein. Denn diese Begründung erscheint mittlerweile angesichts etwa einer deutlichen Erweiterung des Rollenspektrums für Jungen doch eher banal - und wird letztlich auch der schriftstellerischen Leistung Mays kaum gerecht. Warum aber sollte Karl May dann heute überhaupt noch gelesen werden? Da ist zum einen der Aspekt zu berücksichtigen, dass Karl May immerhin gegenüber gegenwärtiger Kinderbzw. Jugendliteratur wie beispielsweise der ‘Harry-Potter-Reihe‘ zumindest im Grundsatz nicht nur eine für die Entwicklung junger Menschen notwendige Möglichkeit zur ‘Flucht aus dem Alltag‘ bietet, sondern diese trotz aller Fehler und Ungenauigkeiten zumindest einigermaßen realistisch fundiert. Hier wäre unter einer Erweiterungsperspektive beispielsweise ein Vergleich zwischen Mays ‘Winnetou‘ und den in Dan Browns ‘Begrabt mein Herz an der Biegung des Flusses‘ gewürdigten historischen indianischen Persönlichkeiten nahezulegen, um etwa ‘Dichtung und Wahrheit‘ bei Karl May zu verdeutlichen. 36 Abgebildet etwa bei Rüdiger Schaper, Karl May. Untertan, Hochstapler, Übermensch, S. 77. 37 Vgl. Hedwig Pauler, Bearbeitung: Gabriel Ferrys ‘Der Waldläufer‘, S. 539-540. 38 Dieter Mank, Das offizielle endgültige Handbuch für den Karl-May-Fan, S. 9. Jörg Füllgrabe 138 Und - ganz gleich ob wir von ‘Trivial-’ oder ‘Unterhaltungsliteratur‘ sprechen - die Grundsatzfrage ist doch, ob diese, weil sie eben ‘da ist‘, nicht auch einen Anspruch auf seriöse Betrachtung hat, eben weil sie ein Phänomen literarischer Wirklichkeit ist. Nach meinem Dafürhalten bietet sich das Werk Karl Mays im Allgemeinen und die Gestalt des ‘Winnetou‘ im Besonderen für eine auch weiterhin anhaltende, seriöse Beschäftigung an, weil sich - etwa hinsichtlich einer immer wieder deutlich erkennbaren Empathie mit der indigenen Bevölkerung des amerikanischen Kontinents, aber auch einer zumindest tendenziell erkennbaren Grundhaltung der ‘Gewaltvermeidung‘ - essenzieller und substanzieller ist. Letztlich ist allerdings auch hier - und das scheint mir für das Phänomen ‘Trivialliteratur‘ grundsätzlich zu gelten - die Nachfrage des Publikums ein wesentlicher Erfolgs- und Akzeptanzindikator, aufgrund dessen ich Mays Romane zumindest zur ‘gehobenen‘ Trivialliteratur zählen möchte. Zugegebenermaßen liegt diese feine Unterscheidung in einer Grauzone, in die ich gleichwohl vorstoßen möchte, weil es mir widerstrebt, den Karl May der ‘Reiseerzählungen‘ unwidersprochen auf eine Ebene etwa mit den Groschenromanen vom Schlage einer ‘Jerry Cotton-Reihe’, den Büchern von Konsalik oder Westernheftchen zu stellen. Dass das Spätwerk des schriftstellernden Sachsen, der damit die höheren Weihen ‘echter‘ Literatur zu erlangen suchte, ganz gewiss tiefgründiger angelegt ist, soll hier nicht weiter erörtert werden, allerdings erscheint mir das frühe und mittlere Werk Karl Mays, dessen Anspruchstiefe nicht gar so ausgeprägt ist, vornehmlich unter der Perspektive einer nicht gar zu anspruchslosen Unterhaltung fast noch ‘zeitloser‘ weil ‘unambitionierter‘ zu sein. Bibliographische Referenzen Primärtexte Karl May, Winnetou I, Bamberg 1950. Karl May, Winnetou II, Bamberg 1951. Karl May, Winnetou III, Bamberg 1951. Karl May, Krüger Bei, Bamberg 1950. Karl May, Der Waldläufer, Bamberg 1954. Karl May, Mein Leben und Streben, Hildesheim/ New York 1975. Nachschlagwerke dtv Brockhaus Lexikon, München 1982. Hinauf zum Edelmenschen 139 Sekundärliteratur Siegfried Augustin/ Rudolf Beissel, “Quellen und Vorbilder Mays“, in, Siegfried Augustin/ Axel Mittelstaedt (Hgg.), Vom Lederstrumpf zum Winnetou. Autoren und Werke der Volksliteratur, München 1981, S. 59-81. Rudolf Beissel, Von Atala bis Winnetou, Bamberg 1978. Aleksandra Bochenek, Romantik und Tragik der Indianer in der ”Winnetou”-Trilogie von Karl May, Hamburg 1998. Annette Bühler-Dietrich, “Zwischen Glaubwürdigkeit und make believe, Karl May im Kontext der deutschamerikanischen Literatur des 19. Jahrhunderts“, in, Wolfram Pyta (Hg.), Karl May, Brückenbauer zwischen den Kulturen, Berlin 2010, S. 169- 188. Marlies Bugman, Savage to Saint. The Karl May Story, Eigenverlag (Booksurge) 2008. Frank Degler, “Genre, Gender und schwule Indianer. Michael ‘Bully‘ Herbigs Karl- May-Parodie ‘Der Schuh des Manitou‘“, in, Helmut Schmiedt / Dieter Vorsteher (Hgg.), Karl May. Werk - Rezeption - Aktualität, Würzburg 2009, S. 202-225. Volker Depkat, “Abenteuerräume, Die Verschränkung von Amerika- und Orientbildern im Werk Karl Mays“, in, Wolfram Pyta (Hg.), Karl May, Brückenbauer zwischen den Kulturen, Berlin 2010, S. 109-130. Horst-Joachim Kalbe, “Karl Mays Der Schatz im Silbersee - eine romantische Indianergeschichte im Kino, im Comic und auf der Bühne“, in, Hartmut Fischer (Hg.), Winnetou lebt! ...? & Amerika liegt am Dümmer. Amerika in der deutschen Literatur, Northeim, 2009, S. 184-207. Eckehard Koch, “Winnetou war geboren 1840 und wurde erschossen am 2.9.1874”. Zum historischen Hintergrund der Winnetou-Gestalt“, in, Dieter Sudhoff / Hartmut Vollmer (Hgg.), Karl Mays ‘Winnetou‘. Studien zu einem Mythos, Oldenburg 2007, S. 89-128. Thomas Kramer, Karl May. Ein biographisches Porträt, Freiburg i. Br. 2011. Karl Markus Kreis, “Deutsch-Wildwest. Die Erfindung des definitiven Indianers durch Karl May“, in, Pamela Kort/ Max Hollein (Hgg.), I like America. Fiktionen des Wilden Westens, München 2006, S. 249-273. Dieter Mank, Das offizielle endgültige Handbuch für den Karl-May-Fan, München 1992. Horst Wolf Müller, “Winnetou. Vom Skalpjäger zum Heiland“, in, Dieter Sudhoff/ Hartmut Vollmer (Hgg.), Karl Mays ‘Winnetou‘. Studien zu einem Mythos, Frankfurt 1989, S. 196-210. Hedwig Pauler, “Bearbeitung, Gabriel Ferrys ‘Der Waldläufer“, in, Gert Uerding (Hg.), Karl-May-Handbuch, Stuttgart 1987, S. 537-540. Heiko Postma, In Radebeul auf fremden Pfaden. Über Wesen & Werk, Lében & Lebenslegende des Volksschriftstellers, Hannover 2011. Claus Roxin, “Mays Leben“, in, Gert Uerding (Hg.), Karl-May-Handbuch, Stuttgart 1987, S. 57-123. Claus Roxin, “Karl May und die Karl May-Forschung“, in, Kevin Carpenter/ Bernd Steinbrink, Ausbruch und Abenteuer. Deutsche und englische Abenteuerliteratur von Robinson bis Winnetou, Oldenburg 1984, S. 122-127. Rüdiger Schaper, “In 70 Romanen um die Welt“, Die Zeit, 12.10.2011 - Online- Ausgabe. Rüdiger Schaper, Karl May. Untertan, Hochstapler, Übermensch, München 2011. Jörg Füllgrabe 140 Arno Schmidt, Sitara und der Weg dorthin. Eine Studie über Wesen Wirkung Karl May‘s, Karlsruhe 1963. Helmut Schmiedt, “Winnetou I-III“, in, Gert Uerding (Hg.), Karl-May-Handbuch, Stuttgart 1987, S. 205-218. Helmut Schmiedt, Dr. Mabuse, Winnetou & Co. Dreizehn Klassiker der deutschen Unterhaltungsliteratur, Bielefeld 2007. Aldo Venturelli, “Nietzsches Auffassung des Übermenschen und das Problem einer Mythologie der Moderne“, in, Silvio Vietta/ Herbert Uerlings (Hgg.), Moderne und Mythos, München 2006, S. 115-128. Hans Wollschläger, Karl May, Grundriß eines gebrochenen Lebens, Zürich 1976. Deutsches Historisches Museum / Johannes Zeilinger (Hg.), Karl May. Imaginäre Reisen, Berlin 2007. Elaine Hewitt and Marta Gómez Moreno The Entertaining World of Japanese Gothic Literature 1. Introduction This work intends to introduce the entertaining world of Japanese Gothic literature. In part, this will be done by setting out the different literary resources in Japanese literature from past times up to the present. Subsequently, we will describe the Japanese Gothic literature influenced by the previously mentioned works. Western Gothic literature may be placed explicitly within the historical and cultural context of 18th-century European Enlightenment, where it emerged as a type of literary counter-discourse. Before we go on to study Japanese Gothic literature we will briefly, look at the Gothic in general and in Europe in particular in order to understand all three subsequently. For our preliminaries, we begin with David Punter 1 who outlines Western Gothic literature by means of employing the context surrounding Gothic in the eighteenth century. As indicated by Punter, until the mid 1750s, when printing helped reading to become more widespread, literature had predominantly been created for a closed aristocratic circle. However, the increase in the number of towns and the advent of the trading middle class had produced more readers and these middle-class readers acquired a preference for Gothic texts. Although these Gothic texts were about the unreal at the same time they still managed to be about the world these readers were acquainted with. This was very different for the readers of the idealised worlds described in Elizabethan poetry. The decade of the 1740s was important for Gothic literature as it saw the rise of ‘graveyard poetry’. According to Punter, this poetry challenged the rationalism abundant at the time and embraced extremity of feeling. As such, it greatly influenced subsequent writers about the Gothic. The principle focus of the work of the literary critic Grixti 2 is that the root of our fears is an important part of reality and “of the tools we have developed for reading and dealing with it”. Grixti reckons that popular horror fictions are a device that society has invented in order to understand itself. 1 David Punter, The Literature of Terror Volume 1, The Gothic Tradition, Essex, Longman 1996, p. 1. 2 Joseph Gritty, Terrors of Uncertainty, London, Routledge 1989, p. xiii. Elaine Hewitt and Marta Gómez Moreno 142 The same author sees this literature as an important “signifying component” of the human mind, in that society and so linguistics influence the whole person. Grixti first presents a general description of the historical signposts in the development of horror fiction as a cultural consequence. He then links horror fiction to social unease. King 3 states that the main purpose of horror fiction “is to reaffirm the virtues of the norm by showing us what awful things happen to people who venture into taboo lands”. Thomas 4 suggested that the Restoration’s suppression of religion in fact removed people’s magical comforts. In turn, this deficiency found expression in their fascination with witchcraft and astrology in the sixteenth and seventeenth centuries and thus the almost ritual aspects of Gothic fiction. We may continue our definition of Western Gothic and its context by means of Robert Miles’s explanation. 5 Amongst other readings of the Gothic Miles mentions its metaphysical paradigm that contains a belief in providence but no belief in compassion. He sees Gothic literature as containing a series of symbols and signs representing the state of disjunction of its characters. To the question: What is Gothic? Miles gives the following answer: “… Gothic is a discursive site, a carnivalesque mode for representations of the fragmented subject… This may end up making Gothic a more ambiguous shifting term”. Botting 6 explains that in the eighteenth century the Western Gothic was concerned with external happenings such as casting out evil and restoring peace. However, in the nineteenth century, real events such as the French Revolution caused society to feel more uncertain, as well as being partly the cause of a shift in the paradigm of Gothic literature. After the French Revolution, real social hierarchies became uncertain and so the Gothic devices of castles, heroes and villains now became stereotyped and were not as effective for its readers as a way of externalising their anxieties. Regarding individual features and motifs of the Western Gothic, Walpole, an expert during his era in matters of the arts, stated that the term ‘Gothic’ in England was related to medieval bleeding, rudeness and sex and that its literature was regarded as illegitimate. The Germanic term of ‘Gothic’ (‘Gotisch’) was related to the adventures of knights during the Middle Ages and the cultural medieval environment, that is to say ruined castles, secret passages, witchcraft, traumas and frightening situations. It also dealt with insurgents 3 Stephen King, The Work of Horror Really is a Dance, San Francisco, San Francisco Examiner 1992, pp. 442-443. 4 Keith Thomas, Religion and the Decline of Magic, Studies in Popular Beliefs in the Sixteenth and Seventeenth-Century England, Harmondsworth, Penguin 1973. 5 Robert Miles, Gothic Writing, A Genealogy, 1750-1820, Manchester, Manchester University Press 2002, p. 4. 6 Fred Botting, Gothic, The New Critical Idiom, London, Routledge 2007. The Entertaining World of Japanese Gothic Literature 143 against the corruption of the government. Walpole brought out his Gothic novel The Castle of Otranto containing all these elements in 1765. 7 Drabble 8 describes Gothic Novels thus: “Tales of the macabre, fantastic and supernatural usually set amid haunted castles, graveyards, ruins and wild picturesque landscapes. They reached the height of their considerable fashion in the 1790s and the early years of the 19 th century”. Botting believes that the aforementioned symbols in Gothic literature later came to stand for internal conflict or even left the reader undecided as to if they referred to external or internal anxieties. Stoddart 9 is of the opinion that another characteristic of the Gothic novel is the use of the demonic in its numerous shapes. The main demonic representation is Satan, and often appears through demonic possession. The same author offers another aspect of the use of demonic figures - those created from human beings becoming threatening, dangerous characters due to their wish for chaos and destruction. In keeping with Olivares, 10 the Gothic novel uses symbols to represent our frustrations. Then, once a feeling of restlessness has been created, the nightmare itself happens. For Bronfen 11 the literary device of death is used to provoke feelings of faith, mortal existence, anxiety and psychic horror, and in this way creates the terror in a Gothic Novel. Willard 12 believes that one of the literary devices most used in this type of novel, is, without a doubt, the subject matter of the occult sciences. This includes secret societies and exoteric worship. In Western Gothic fiction, according to Haggerty 13 , Christian beliefs and Catholic customs were turned into a recurrent subject matter for horror stories. Thus, churches, abbeys, nuns, secrets among nuns, monks and priests are familiar characteristics of Western Gothic plots. Different stories taken from primitive sources show the variety of entertaining worlds and the Gothic exhibited throughout Asian culture. However, on occasions, the themes that Eastern Gothic literature deals with are different from those of Western Gothic. Nevertheless, the Eastern Gothic 7 Horace Walpole, The Castle of Otranto. 1765, London, Penguin Paperbacks 1978. 8 Margaret Drabble, ed, The Oxford Companion to English Literature Oxford, Oxford University Press 1985, p. 405. 9 Helen Stoddart, “The Demonic” in The Handbook to Gothic Literature, ed. by Marie Mulley-Roberts, London, MacMillan Press Ltd 1998, pp. 43-45. 10 Julio Ángel Olivares, Merino, Cenizas de Plenilunio Alado, Pálpitos y Vestigios del Vampiro en la Literatura Inglesa anterior a Drácula, de Bram Stoker, Jaén, Universidad de Jaén 2001. 11 Elisabeth Bronfen, „Death” in The Handbook to Gothic Literature, ed. by Marie Mulvey- Roberts, London, MacMillan Press Ltd 1998, pp. 39-43. 12 Thomas Willard, “Occultism” in The Handbook to Gothic Literature, ed. by Marie Mulvey- Roberts, London, MacMillan Press Ltd 1998, pp. 165-168. 13 George Haggerty, “The Horror of Catholicism, Religion and Sexuality in Gothic Fiction” in Romanticism on the Net. 15, Sep. 2006, http: / / www.erudit.org/ revue/ ron/ 2004/ v/ n36-37/ 011133ar.html Elaine Hewitt and Marta Gómez Moreno 144 also coincides somewhat with the fundamental and universal elements of the Western Gothic genre in order to arrive at a climax of terror. The Japanese Gothic tradition called the Goshikku has an important role within Gothic fiction and even has links to Western Gothic literature. Izumi Kyoka (1873-1939) was the pioneer in trying to contextualise the idea of Japanese Gothicism in his Japanese Gothic Tales. Hughes 14 states that Charles Shiro Inouye, 15 who wrote the introduction to the English translations of the aforementioned work, believed that Izumi’s stories rejected the crude values of the European Gothic and substituted them with genteel values. Hughes observed another contrast to the Western Gothic in that the language Izumi used was full of beautiful metaphors, instead of horrific vocabulary. Inouye believed that the Gothic disrupted the dominant literary framework of both Britain and Japan. In Britain in the nineteenth-century, the Gothic clashed with realist ideas of the Enlightenment. In Japan, the Gothic writings of Kyoka, for example defied and questioned the Meiji Reformation that approximately spanned the period from 1868 to 1912, and its innovations in literature. We will now chronologically follow the influences of Oriental history on the writers of Oriental Gothic literature. 2. The Japanese Nara Period (710-794) and the Heian Period (1001-1014) The Nara Period comprises the years 710 to 794 A.D., and the Heian Period the years 1001 to 1014 A.D. Kojiki (712) is the oldest surviving historical book dealing with the ancient story of Japan. Other sources of medieval chronicles had been elaborated during the Nara Period (710-794) - one example is that called nihongi (year 720). According to Bargen 16 the Heian Period had diverse Gothic literary devices but from a social point of view these inspired generations of Japanese writers. For example and according to Hock Soon Ng 17 the eleventh-century work of Genjii monogatari (The Tale of Genji) 18 can be identified as the first influence on the Japanese Gothic tradition. One of the literary Gothic themes it contains is that of the jealous or ruined woman who comes back after death and kills and spiritually possesses her female opponent. It was written 14 Henry J. Hughes, “Familiarity of the Strange, Japan’s Gothic Tradition”, in Criticism, A Quarterly for Literature and the Arts 42.1. 2000, pp. 59-89. 15 Charles Shirao Inouye, Trans. Japanese Gothic Tales, Honolulu, University of Hawaii Press 1996. 16 Doris G. Bargen, A Woman’s Weapon, Spirit Possession in the Tale of Genji, Honolulu, University of Hawaii Press 1997. 17 Andrew Hock Soon Ng, “Tarrying with the Numinous, Postmodern Japanese Gothic stories”, New Zealand Journal of Asian Studies 9.2. 2000, pp. 65-86. 18 Murasaki Shikibu, Tale of Genji, Tokyo, Tuttle 1974. The Entertaining World of Japanese Gothic Literature 145 by Lady Murasaki Shikibu (1001-1014) and another main theme of this work tried to show the repression of women within a patriarchal society and polygamous system. This female author did this by way of the literary Gothic motif of spiritual possession (mono no ke) of five feminine characters. The said expression for spiritual possession (mono no ke) is understood in benign terms - not like the demoniacal possession by the spirits of dead people as it is conceived in Europe and America - but only in terms of spiritual harassment. In Japanese literature, women were customarily the medium through which the spirits expressed themselves and depended on the ability to possess other bodies. The nature of spirits obviously makes them a part of the supernatural stratum but they tended to settle earthly problems too. On the one hand, in Eastern Gothic tales, spiritual possession was a method for curing psychological and physically intractable illnesses, because an imbalance of harmony had occurred. On the other hand, it may be seen as a feminine strategy for returning control to women’s lives. For example, imbalance caused by the continuous interrelations within the polygamous system. Eiga monogatari (A Tale of Flowering Fortunes) is a Japanese epic of this period that deals with the life of courtier Fujiwara no Michinaga. It was written by a number of authors and it consists of two volumes that were written from 1028 to 1107. The first part, thirty volumes detailing the period from the reign of Emperor Uda up to Michinaga’s death, is believed to have been written between 1028 and 1034 by Akazome Emon and Fujiwara no Tamenari. The second volume of ten books deals with the reign of Emperor Horikawa, and was written by Dewa no Ben between 1092 and 1107. This volume comprises the text, which was written in kana script. In terms of the Gothic motif, it includes the case of Norimich’s wife who became possessed in 1024. As we know, the motifs of Japanese Gothic tales are also based on women with supernatural powers such as mediums, female vampires and so on. Normich’s story later inspired the Gothic work by Kyoka 19 called Koya Hijiri (The Holy Man of Mount Koya) in which he resorts to the figure of a vampire woman as the protagonist. The Heian Period tales are known for the elegant way in which the characters expressed their anger and aggression. This period was distinguished by behaviour of pleasure and refinement. Throughout later Japanese Gothic fiction, we find references to the aforementioned Tale of Genji. Later, in the 18th century the author Akinari attributed his punisher female spirits to the prototypical Lady Rokujo from the aforementioned Tale of Genji. This medi- 19 Izumi Kyoka, “The Holy Man of Mount Koya”, 1900, in Japanese Gothic Tales.Trans. Charles Shirao Inouye. Honolulu, University of Hawaii Press 1996, pp. 21-73. Elaine Hewitt and Marta Gómez Moreno 146 eval motif of women with supernatural powers such as female vampires finds reflection in a similar source in the Western Gothic novel. 3. The Heike Canon (medieval texts) The canon of Heike is comprised of a large number of medieval texts. This type of narration can be included in the Sino-Japanese tradition which extends back from the medieval to the Heian and Nara periods described before. In line with Hughes, the tale of Heike variants are considered the third medieval device of Japanese Gothic literature. They narrate the rise and fall of the Taira or Heike family or clan and their final defeat in the Genpei War of 1185. So the Gothic sources are based on their violent descriptions of decapitations and so forth. The horrible descriptions from the Heike again appear in later Japanese Gothic fiction from Akinari to Mishima. For example, the author Akutagawa takes the image of the burning carriage from the Heike canon and uses it in Hell Screen. 20 Additionally, the symbolism of the Heike is focussed on the yin-yang concept. This is expressed in Western Gothic as the device of Holy Crusade between God and the Devil. In Japanese Gothic fiction, this kind of duality (the yin-yang concept) is expressed by a different kind of symbolism. This symbolism is projected through the reincarnation of God and sacred powers that annihilate the demonic ones. It also includes the concept that everything is calm when there is a wise ruler on a site where the yin and the yang is stable, until it is infested by demonic powers This fight is interpreted in Heike literature in terms of any kind of human mistake that unbalances cosmic synchronisation. Through its recitals of the demoniacal forces, this type of narrative tries to transmit the need for controlling them and so this subject matter is Gothic. Other variations exist in the way the tales of Heike are narrated in that they interact with the Japanese tradition. Here Buddhist doctrinal discussions, sermons and tales are set out which remind us of the characteristics intrinsic in the morality and mystical tales of an Anglo-Saxon medieval nature. Others centre on the aspects of Heike that originate in a shamanic expression of the ghosts of those that have had violent deaths. Two centuries after the composition of the Tale of Genji another medieval work would appear in 1120. In turn, that would be converted into another of the influences on the writers of the Japanese Gothic genre later on. The title of this work was Konjaku Monogatari -Tales of Times Now Past. 21 It con- 20 Ryunosuke Akutagawa, Hell Screen and Other Stories, 1918, Tokyo, Hokuseido Press 1948. 21 Marian Ury, ed, Tales of Times Now Past, Sixty-Two Stories from a Medieval Japanese Collection, Ann Arbor, MI, University of Michigan 1993. The Entertaining World of Japanese Gothic Literature 147 tained one thousand tales, collected within 30 books and focused on the society and culture of India, China and Japan. These tales emphasised interaction between humans and supernatural beings and from this we can see their correspondence to aspects in Gothic literature. Frequent protagonists were noblemen, warriors, monks, scholars, doctors all of these similar to characters in Western Gothic literature. Set against them were their rivals, the oni (devils and ogres from Japanese folklore) and the tengu (demons from Japanese folklore and mythology). These tales would be converted into the greatest collection of Japanese folklore, and were one of the starting places for literary resources of the Japanese Gothic. 4. The 17th Century This period was rich in stories of oral origin from a wealth of sources. This abundance originated from the fact that urban and rural cultures were in continuous contact. Some of the stories that were widely disseminated told of contemporary events. Others were taken from ancient Chinese texts. Reider 22 refers to the view of Tachikawa Kiyoshi who was of the opinion that recounting stories served another purpose. Tachikawa Kiyoshi asserts that during wartime in the 16th century the practice of recounting horror stories originated in order to encourage bravery in the warriors. The themes dealt with went from the most horrifying stories to the most exotic ones. The popular clamour for these stories meant there was a great demand for storytellers commissioned to collect and narrate them orally throughout the various villages. Reider informs us that one of the first literary collections of this period was categorised as kaidan and was known as Kaidan zensho (Complete Works of Strange Tales) of 1627. Etymologically ‘kai’ means a ‘strange mysterious, rare or bewitching apparition’ and ‘dan’ means ‘talk or recited narrative’. The sum of both finally gives us ‘a narrative of the strange’. The aforementioned work Kaidan zensho (Complete Works of Strange Tales) comprised an entire translation of traditional mysterious oral tales written in classic Chinese. Kaidan are tales of the strange and mysterious, often depicting the horrific and gruesome. It was only during the following Edo period (1600-1867) that these stories were collected, compiled, and published under the rubric of kaidan as kaidan-shif (collections of kaidan). Three types of elements are found in the kaidan - namely Chinese adaptations, Buddhist teachings, and Japanese folklore. These also take other directions ranging from the religious and didactic toward the secular, and are not exclusive of each other. 22 Noriko T. Reider, “The Emergence of Kaidan-shu, The Collection of Tales of the Strange and Mysterious in the Edo Period”, in Asian Folklore Studies 60, 2001, pp. 79-99. Elaine Hewitt and Marta Gómez Moreno 148 As noted by Reider, some main manuscripts existed which were fundamental in the development of kaidan literature, each one of them representing a type of kaidan. The first, Otogi boko (Hand Puppets) of 1666 and written by Asai Ryoi, contained sixty-eight mysterious, weird, and frightening stories with their origins in classical Chinese fiction. The second Inga monogatari, consisted of stories on adorned Buddhist teachings embellished with their own tone of terror, such as recitals on divine punishments for sins committed in mortal life. Some examples of this are the recitals on transformation by man into animals as punishment for sins. Animal transformation was a traditional literary device. The most common stories narrated how female foxes turned into attractive women who seduced men. The first and second type indicated above all deal with stories of the strange, weird, and frightening in an entertaining way. 5. The Edo Period (1600-1868) The Edo period was a time of social unrest due to the demise of the Samurai and the breakdown in the social structure. This was also a period characterised by its interest in the eccentric and the supernatural. Although, as we have seen, the kaidan stories are more ancient, it was in this Edo period (1600-1868) that the kaidan were properly compiled and given the name of kaidan-shu. During the 18th century, well-known authors such as Ueda Akinari were highly productive and had much success in writing so-called kaidan influenced literature. As maintained by Hughes, 23 the latter author Ueda Akinari (1734-1809) is considered to be the maximum literary exponent of the Edo Period. According to Reider, this same author, Ueda Akinari wrote one of the first Japanese Gothic works called Ugetsu monogatari (Tales of Moonlight and Rain). 24 According to Balmain 25 the work by Tsuruya Nanboku called Yotsuya kaidan (Ghost Stories at Yotsuya) 26 is another example of Edo Gothic because it shows how one Samurai leaves a pile of bodies in his wake as he forgets all about his Samurai code of honour, thinking only of his own progress up the social scale. Contrary to merely being a ghost story, Yotsuya kaidan (Ghost Stories at Yotsuya) furthermore features acts of sexual violence and 23 Henry J. Hughes, “Familiarity of the Strange, Japan’s Gothic Tradition”, in Criticism, A Quarterly for Literature and the Arts 42.1. 2000, pp. 59-89. 24 Ueda Akinari, Tales of Moonlight and Rain, Japanese Gothic Tales, Trans. Hamada Kenji. New York, Columbia University Press 1972. 25 Colette Balmain, Introduction to Japanese Horror Film, Edinburgh, Edinburgh University Press 2008. 26 Tsuruya Nanboku, “Ghost Stories at Yotsuya”, in Traditional Japanese Theater, An Anthology of Plays, Ed. by James T. Araki and Karen Brazell. New York, Columbia University Press 1998, pp. 456-84. The Entertaining World of Japanese Gothic Literature 149 treachery based on the well-known iroaku character (erotic evil character) (see Shirane 27 ). This character recalls that of the vampire, due to opposing feelings of distaste but attraction that the reader and the protagonists have toward this creature. Another figure in the same work was Iwa the revengeful female of whom Barrett 28 observed: “Perhaps she could have been created only during Nanboku’s degenerate times when the social fabric based on loyalty towards superiors was coming apart”. Thus, we see that the social context of the birth of Japanese Gothic has something in common with the context of the birth of the Western Gothic in the times of the French revolution and the turmoil in that social order. Akinari’s Jasei no In (Lust of the White Serpent) was also written in the Edo period but is set in the earlier Heian era. It is part of theaforementioned Tales of Moonlight and Rain. The female protagonist of this story is in fact a menacing monster, and this is a psychological threat as well as an essential element of a Gothic plot. The work which had the most influence as an archetype of kaidan literature was Botan doro (Tales of the Peony Lantern) 29 written by Asai Ryai. Its author Asai Ryai, tells stories of fascinating subject matter in a highly literary style of Japanese prose. The principal aspects that fascinated the reader were the detailed, unusual, supernatural descriptions of events. Botan doro (Tales of the Peony Lantern) is both a romantic and horrific Japanese ghost story. It contains the topic of sexual relationships with the dead, and the cost of loving a ghost. Thus, many of its features are obviously Gothic. Hughes believes that the author Izumi Kyoka (1873-1939) was influenced by the supernatural tales of Romanticism from the early Edo period in Japanese arts and letters. One work was the aforementioned Utaandon (The Holy Man of Mount Koya) which deals with a woman who is considered to be a vampire. She keeps her youth by bathing in a spring where she also seduces men, absorbing semen instead of blood. She finally turns her lovers into animals. In the kabuki theatre - an experimental form of theatre of this period according to Matsunosuke 30 some outstanding aspects can be distinguished, amongst them the aesthetic of exorcism. The aesthetic of exorcism does not 27 Haruo Shirane, ed, Early Modern Japanese Literature, An Anthology, 1600-1900, New York, Columbia University Press 2002, p. 846. 28 Gregory Barrett, “Archetypes in Japanese Film; The Sociopolitical and Religious Significance of the Principal Heroes and Heroines”, London, Associated Presses 1989, p. 99. 29 Grace James and Warwick Goble, eds, “Tales of the Peony Lantern”, in Green Willow and Other Japanese Fairy Tales, Whitefish, MT, Kessinger 2003, pp. 25-37. 30 Nishiyama Matsunosuke, Edo Culture, Daily Life and Diversions in Urban Japan, 1600- 1868, Trans. Gerald Groemer, Honolulu, University of Hawaii Press 1997. Elaine Hewitt and Marta Gómez Moreno 150 completely conform to the traditional definition of exorcism from a religious point of view. It is surrounded by fantasy and reality, making itself noticed when religious activity occurs in the play. It was found in representations from ancient ceremonies, common to folklore, where exorcisms were carried out to scare off the evil spirits that had accumulated during the year and to bring good luck. It was a practice that was carried out with the coming of the New Year, and which the religious communities acted out from town to town. The differences between Japanese and Christian exorcism reside in Japanese exorcism, which is accomplished through ritual dances (kagura) and offerings to the gods. It was not accomplished through prayers to draw out a demon from the body of the possessed, as in Christian exorcism. Around the end of the 19th century in the works of the authors Kawatake Mokuami and Ichikawa Kodanji IV appeared the ‘villain lover’ and the ‘virtuous bandit’ figures (see Matsunosuke 223-224). These were villains who were evil by nature - but of a beautiful and virtuous aspect. On the other hand and according to Shirane, within this type of theatre, two other types of characters were created: the first was popularly termed ‘poisonous women’ (dokufu) (843) and the second was the ‘evil woman’ character (abuka) (843). These were characters of low social standing and appeared in scenes of violence or crime. 6. The Yomihon Narratives Also distinguished by its supernatural theme and its place in the 18th century we find the yomihon, whose literal meaning is ‘books for reading’ (Shirane 866). The late yomihon from the end of the 18th century deals with stories that alluded with elegant stylistics to classic Chinese and Japanese texts. They are centred on stories of what is supernatural and on recitals that often recount revenge between clans or struggles for thrones. These ended with military conflicts that involved heroes with supernatural powers, legendary warriors and figures such as spirits, ghosts or monsters. From the late yomihon also emerged stories based on historic themes and supernatural figures. The plots of these stories came from various sources. Some were Buddhist folklore or tales of the miraculous amongst which are to be found the ‘astonishing tales’. Conversely, these stories also aim at the transmission of the teachings of Buddha in relationship to the cause-effect of karma to simultaneously provide moral teaching for anyone from the Japanese population in general who read the yomihon. Furthermore, some are about the teachings of Confucius with respect to wrong and right and to the forming of a moral and didactic purpose within the intricate arguments of these stories. In the view of the present authors, this is reminiscent of Chris- The Entertaining World of Japanese Gothic Literature 151 tian morality tales in their objective of transmitting the Christian teachings, which exposed vices and virtues. The latter characteristics are strongly linked to the Western Gothic. The late yohimon also had plots based on military conflicts, revenge or family disputes over inheritances, creating for this purpose various warrior characters or supernatural figures such as legendary or powerful male heroes. Amongst the most important authors of this era, Takebe Ayatari should be emphasised, as this author wrote Honcho siukoden (Japanese Water Margin). 31 The novel details the trials and tribulations of a hundred and eight outlaws during the Song Dynasty period of Chinese history. Among its characters were found spirits, ghosts, and powerful heroes. Similar to that which was pointed out before, these stories focused on history and characters in military struggles for clan or house succession. Within the Yomihon narratives, it is indispensable to mention the work of Kyokutei Bakin, especially his novel NansoSatomi Hakkenden (The Eight Dog Chronicles) (1814-1842). It is an historical novel of the strange and supernatural set in times of medieval war. It focuses on the principle of rewarding good and punishing evil as well as karmic casualty. The Eight Dog Chronicles reinforced the need to defeat attachment and look for enlightenment. As we know, the lack of karma and existence of chaos is produced by an imbalance between yin and yang important elements of the Japanese Gothic. The Eight Dog Chronicles also holds the record for being one of the longest novels in the world, consisting, as it does, of 106 volumes. Contemporary with European Gothic was the propagation of the Oriental tale in Europe. During the 18th century, the first supposed Oriental stories appeared in French as false translations from Persian, Arabic, and Chinese. Walpole parodied the form in his Hieroglyphic Tales 32 which included stories about the weird which also had Oriental influence. Thus, we may see that although the Gothic influence does not seem to be reciprocal, Europe at least was somewhat influenced by the Oriental Gothic. This is because the Western world was obviously interested in the Oriental Gothic as shown by the aforementioned parodied forms of it. In Japanese and Western Gothic literature, religious institutions and clergy were often portrayed as corrupt and murderous. In the same line as the Western Gothic tradition, one of the stories Koya Hijiri (The Holy Man of Mount Koya) had a plot filled with violence, ghosts and ecclesiastical images where a monk must face a perilous trip involving various dangers and carnal temptations. Additionally, according to Hughes, it would be correct to relate it to the Faustino conflicts that are found in Lewis’s The Monk. 33 There- 31 Ayatari Takebe, Honcho Siukoden (Japanese Water Margin), 1773, in Haruo Shirane, ed. Early Modern Japanese Literature, New York, Columbia University Press 2002. 32 Horace Walpole, Hieroglyphic Tales, 1785, San Francisco, Mercury House 1993. 33 Matthew Gregory Lewis, The Monk, 1796. London, Penguin 1998. Elaine Hewitt and Marta Gómez Moreno 152 fore, the doubts the protagonists have throughout the Japanese Gothic novel affect characters that seek illumination through discovery in a world divided between God and oneself. 7. Discussion and Conclusions It is certain that before confronting any Japanese Gothic text, it is indispensable for anything Japanese to be studied in connection with its history and with the era in which it was written. In our exploration of Japanese Gothicism, we have extracted three fundamental pillars upon which Japanese Gothic literature has been erected. The first deals with the inexhaustible supply of resources from legends and folklore. The second consists of mythology. Both were collected in texts such as Heike monogatari amongst others. The third is an aspect on which the genre of the Japanese Gothic is centred - that is to say, religion - the latter understood as the fear of cosmic imbalance destabilised by demoniacal powers whose only solution resides in controlling them and placating their anger within the concept of yin-yang. The aforementioned notion of yin-yang, without doubt, differed in all senses from the Gothic genre in the rest of the world. As maintained by Hughes and highlighted here, the dichotomy between Good and Evil does not exist in Taoism as it does in Western culture. However, Taoism transmits the idea of the yin and yang concept as the duality of which all that exists in the universe is composed. These two forces are apparently complementary but at the same time opposites. In Eastern culture all that could be explained as the struggle between the Western idea of Good and Evil, was achieved in terms of the measure of an ambivalence of one force influencing the other, provoking chaotic cosmic division. The cosmic balance between Good and Evil from the Eastern perspective was best represented in Eastern Gothic literature by the Japanese author Akinari who pointed out the difference between these kinds of rivalry in his work. This same struggle was interpreted by the Konjaku and Heike tales in terms of any kind of human mistake that could unbalance cosmic synchronisation. For example, we mentioned the extraordinary snake creature in one of Ueda Akinari’s tales Jasei no In (Lust of the White Serpent) which balanced out the other character Toyoo’s high-living. Asian Gothic did not usually portray crusades between good and evil in the same way as Western Gothic. In the former, life was not summed up as a fight between God and the Devil because both could be present in life at the same time. This also has links to the Gothic motif of doubleness. In The Holy Man of Mount Koya by Izumi Kyokathe idea of becoming responsible for one’s own wickedness as part of one’s duality was developed. The Entertaining World of Japanese Gothic Literature 153 However, in the Western Gothic the struggle between Good and the Evil focussed, for example, on malicious reactions when encountering something beautiful - maybe assaulting it - as occurs with Lewis’s monk when he experiences the ecstasy of wickedness and so sexually abuses and kills Antonia. Similarly, Rimer 34 thought that the need for the Buddhist monk Mizoguchi to destroy the beauty of the shrine in Mishima’s Kinkakuji (The Temple of the Golden Pavilion) 35 should be compared to the order to behead John the Baptist on behalf of Salome in Oscar Wilde’s eponymous work. 36 The Japanese Gothic uses religious insurrection and social policy to express social dissatisfaction or lack of cosmic harmony, such as that exposed in the medieval Heike tales of the Heian period, as propounded by Bialock. 37 Nevertheless, it was also another form of expression for the genre of the Gothic. The great difference in subject matter between Western and Eastern Gothic was a consequence of various factors, including Eastern religion, Eastern culture and Eastern folklore. As observed by Hughes 38 , the Asian culture, gives no place to the presence of a god or a demon or even to sacred shrines, as occur in the Christian culture. So we do not find stories dealing with the Antichrist or the Devil as in the West In addition to the quest for an empty self, the Eastern Gothic more often depicts not a mission against some perceived singular evil but the discovery of an undivided world of good and evil. In translation, life is not a battleground for God and the Devil - the two grow naturally together in the field of life. Throughout the literary tradition of the Japanese Gothic we have encountered stories of characters who express anger in elegant tones and those who expressed aggression in a more primitive manner. Possession by spirits was used in a different way to the West, since in the former it was a way of showing the suffering of women in an environment controlled by men. In other Japanese Gothic stories, this female suffering, and therefore the need for revenge, was personified through aristocratic female vampires. Finally, epic narratives also found a place in the Japanese Gothic. There they were based on warlike stories, family arguments, or aristocratic family mishaps. Medieval sources and settings are found in both the Japanese and Western Gothic literature. In Japanese Gothic the literary texts were adorned with 34 Thomas J. Rimer, A Reader’s Guide to Japanese Literature, Tokyo, Kodansha 1988. 35 Yukio Mishima, The Temple of the Golden Pavilion, 1956, Trans. Ivan Morris, New York, Vintage 1994. 36 Oscar Wilde, Salome, 1894, Cambridge, Chadwick-Healey 1997. 37 David T. Bialock, Eccentric Spaces, Hidden Stories, Narrative, Ritual, and Royal Authority from the Chronicles of Japan to the Tale of the Heike, Stanford, Stanford University Press 2007. 38 Henry J. Hughes, “Familiarity of the Strange, Japan’s Gothic Tradition”, in Criticism, A Quarterly for Literature and the Arts 42.1. 2000, p. 60. Elaine Hewitt and Marta Gómez Moreno 154 explicit scenes of torture and decapitations extracted from Tales of Heike. All this can be found within the entertaining world of the Japanese Gothic. Bibliographical References Primary Sources (all texts listed are available English translations) Ueda Akinari, Tales of Moonlight and Rain, Japanese Gothic Tales, Trans, Hamada Kenji, New York, Columbia University Press, 1972. Ryunosuke Akutagawa, Hell Screen and Other Stories, 1918, Tokyo, Hokuseido Press, 1948. Grace James and Warwick Goble, eds, Tales of the Peony Lantern, Green Willow and Other Japanese Fairy Tales, Whitefish, MT, Kessinger, 2003, pp. 25-37. Izumi Kyoka, “The Holy Man of Mount Koya”, 1900, in Japanese Gothic Tales, Trans, Charles Shirao Inouye, Honolulu, University of Hawaii, 1996, pp. 21-73. Matthew Gregory Lewis, The Monk, 1796, London, Penguin, 1998. Yukio Mishima, The Temple of the Golden Pavilion, 1956, Trans, Ivan Morris, New York, Vintage, 1994. Tsuruya Nanboku, “Ghost Stories at Yotsuya”, in Traditional Japanese Theater, An Anthology of Plays, ed, James T, Araki and Karen Brazell, New York, Columbia University Press, 1998, pp. 456-84. Murasaki Shikibu, Tale of Genji, Tokyo, Tuttle, 1974. Ayatari Takebe, “Honcho Siukoden (Japanese Water Margin)”, 1773, in Haruo Shirane, ed, Early Modern Japanese Literature, New York, Columbia University Press, 2002. Marian Ury, ed, Tales of Times Now Past, Sixty-Two Stories from a Medieval Japanese Collection, Ann Arbor, MI, University of Michigan, 1993. Horace Walpole, The Castle of Otranto,1765, London, Penguin Paperbacks, 1978. —, Hieroglyphic Tales, 1785, San Francisco, Mercury House, 1993. Oscar Wilde, Salome, 1894, Cambridge, Chadwyck-Healey, 1997. Secondary Sources Colette Balmain, Introduction to Japanese Horror Film, Edinburgh, Edinburgh University Press, 2008. Doris G., Bargen, A Woman’s Weapon, Spirit Possession in the Tale of Genji, Honolulu, University of Hawaii Press, 1997. 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Im Jahr 2005 wird die Erstausgabe der fiktiven Biographie des berühmten Minnesängers Walther von der Vogelweide unter dem vielversprechenden Titel Wer gab Dir, Liebe, die Gewalt 2 publiziert und im Jahr 2006 folgt eine freie Bearbeitung des Nibelungenliedes 3 - Die Nebel des Morgens. Verbotene Erinnerungen des letzten Nibelungensohns. 4 Dieses Werk setzt die reiche produktive Rezeption des Nibelungenstoffes fort, die schon im Mittelalter einsetzte und mit einer Unterbrechung seit der Romantik zahlreiche Adaptationen hervorgebracht hat. 5 Obwohl “nichts [...] das ‘Nibelungenlied’ zum Nationalepos der Deutschen [prädestinierte]“, 6 hatten viele seiner Bearbeitungen seit dem 19. Jahrhundert nationalistische 1 Viola Alvarez, Das Herz des Königs, Bergisch Gladbach 2003, 2005 und 2009. 2 Viola Alvarez, Wer gab dir, Liebe, die Gewalt? Bergisch Gladbach 2005, 2007 und 2009. 3 Das Nibelungenlied, Hrsg., übers. und mit einem Anhang versehen von Helmut Brackert. 2 Bde. Frankfurt am Main, 2001. 4 Viola Alvarez, Die Nebel des Morgens. Verbotene Erinnerungen des letzten Nibelungensohns, Bergisch Gladbach 2006, 2008 und 2009. 5 Zur Nibelungenlied-Rezeption vgl. u. a. Otfried Ehrismann, Nibelungenlied. Epoche - Werk - Wirkung, München 2002 (1. Aufl. 1987), S. 166-200; John Evert Härd, Das Nibelungenepos, Wertung und Wirkung von der Romantik bis zur Gegenwart, Übers. von Christine Palm. Tübingen und Basel 1996 (schwedische Originalausgabe 1989); Klaus Zatloukal (Hg.), 3. Pöchlarner Heldenliedgespräch. Die Rezeption des Nibelungenliedes, Wien 1995; Klaus Zatloukal (Hg.), 6. Pöchlarner Heldenliedgespräch. 800 Jahre Nibelungen. Rückblick - Einblick - Ausblick, Wien 2001; Bernhard R. Martin, Die Nibelungen im Spiegelkabinett des deutschen Nationalbewusstseins. Studie zur literarischen Rezeption des Nibelungenliedes in der Jugend- und Unterhaltungsliteratur von 1819-2002, München 2004. 6 Joachim Heinzle, “Konstanten der Nibelungenliedrezeption in Mittelalter und Neuzeit“ in, Klaus Zatloukal (Hg.), 3. Pöchlarner Heldenliedgespräch. Die Rezeption des Nibelungenliedes, Wien 1995, S. 81- 107, hier S. 102. Marija Javor Briški 158 Tendenzen. 7 Dies trifft für Alvarez’ Adaptation allerdings nicht zu. Es handelt sich vielmehr um eine Geschichte von Liebe, Leidenschaft, Leid und Verrat, die - rückblickend, weit ausholend und die Zeitebenen vermischend - von einem gewissen Byrndt Högnisson erzählt wird, dem neu erfundenen, illegitimen Sohn Brynhilds und Hagens, die zu den Protagonisten des Romans erhoben werden. 8 Auf den ersten Blick spielen die Emotionen auch im Nibelungenlied eine tragende Rolle. 9 In kaum einem anderen Werk der mittelalterlichen Literatur gibt es wohl so viele Bekundungen von starken Emotionen wie in diesem Heldenepos. Liebe, Angst, Trauer, Hass, Wut und Zorn, weniger Lachen als Weinen beherrschen Männer und Frauen gleichermaßen. Niemand scheint sich den Emotionen entziehen zu können, die in ihrer Stärke die emotionalen Ausdrucksformen der Moderne bei weitem übertreffen. Dieser vermeintliche Pathos emotionaler Ausbrüche der Menschen im Mittelalter führte den Soziologen Norbert Elias in seiner bekannten Studie Über den Prozeß der Zivilisation zu der Annahme, dass es am Übergang zur Neuzeit zu einer Domestizierung bzw. einer Verinnerlichung der Gefühle gekommen sei. Diese mehr oder weniger etablierte These wurde allerdings in neuerer Zeit vor allem von dem Historiker Gerd Althoff in Frage gestellt. 10 Er betont vielmehr den Symbolcharakter und die Zeichenhaftigkeit emotionaler Inszenie- 7 Vgl. Bernhard R. Martin, Die Nibelungen im Spiegelkabinett des deutschen Nationalbewusstseins. Studie zur literarischen Rezeption des Nibelungenliedes in der Jugend- und Unterhaltungsliteratur von 1819-2002, München 2004. 8 Allein gewisse Namen in Alvarez’ Neubearbeitung des Nibelungenstoffes und Charakterzüge mancher Protagonisten weisen darauf hin, dass die Autorin nicht nur auf das Nibelungenlied, sondern auch auf andere Quellen wie das Lied vom Hürnen Seifried u. a. zurückgegriffen haben muss. So heißt beispielsweise der Vater Krimhilds und ihrer Brüder Gibich und nicht Dankrat. Zur Namensgebung vgl. Joachim Heinzle, Konstanten der Nibelungeliedrezeption in Mittelalter und Neuzeit. In, Klaus Zatloukal (Hg.), 3. Pöchlarner Heldenliedgespräch. Die Rezeption des Nibelungenliedes, Wien 1995, S. 81- 107, hier S. 95. Zur Negativzeichnung Siegfrieds vgl. Ralph Breyer, “Der hürnen Seyfried“ in, Klaus Zatloukal (Hg.), 3. Pöchlarner Heldenliedgespräch. Die Rezeption des Nibelungenliedes, Wien 1995, S. 53-65, hier S. 55; Bernhard R. Martin, Die Nibelungen im Spiegelkabinett des deutschen Nationalbewusstseins. Studie zur literarischen Rezeption des Nibelungenliedes in der Jugend- und Unterhaltungsliteratur von 1819-2002, München 2004. Vgl. dazu auch Albrecht Classen, “The Downfall of a Hero. Siegfried’s Self-Destruction and the End of Heroism in the Nibelungelied”, in German Studies Rewiew XXVI, 2, 2003, S. 295- 314. 9 Zur Bedeutung der inszenierten Emotionen im Nibelungenlied siehe Marija Javor Briški, “Angst - Trauer - Zorn. ‘Emotionen’ im Nibelungenlied“, In Acta neophilologica Nr. 45, H. 1-2, 2012, im Druck. Vgl. dazu auch Irmgard Gephart, Der Zorn der Nibelungen. Rivalität und Rache im “Nibelungenlied“, Köln, Weimar und Wien 2005. 10 Gerd Althoff, “Empörung, Tränen, Zerknirschung. ‘Emotionen’ in der öffentlichen Kommunikation des Mittelalters“, in Frühmittelalterliche Studien, Jahrbuch des Instituts für Frühmittelalterforschung der Universität Münster Nr. 30, 1996, S. 60-78, hier S. 62. Viola Alvarez’ Die Nebel des Morgens 159 rungen in der öffentlichen Kommunikation. 11 Die ‘Echtheit’ 12 der Gefühle ist hier irrelevant, von Bedeutung ist vielmehr die Unmissverständlichkeit der Botschaft, die durch inszenierte Emotionen vermittelt wird. “Emotional wirkende Verhaltensweisen lassen sich“, wie Althoff 13 schreibt, “in ganz bestimmten Situationen mittelalterlicher Kommunikation beobachten. Sie finden sich am Beginn von Konflikten, in der Phase ihrer Entstehung, (sic) sowie am Ende ihrer Auseinandersetzungen.“ Die in der Öffentlichkeit zur Schau gestellten Emotionen waren “verbindliche Absichtserklärungen, sei es der Konflikt-, sei es der Friedensbereitschaft“. 14 Um die Eindeutigkeit solcher Botschaften zu gewährleisten und die intendierte soziale Interaktion zu generieren, unterlagen die emotionalen Verhaltensweisen der in einer Gesellschaft festgelegten Konventionen und waren demnach historisch und kulturell bedingt. 15 Ohne Kenntnisse solcher sozialer Interaktionsmuster werden Darstellungen von vermeintlichen Emotionen in mittelalterlichen Texten nicht in ihrer historischen Tragweite wahrgenommen. Ein adäquates Bild vergangener Gesellschaftsentwürfe zu vermitteln, ist sicherlich nicht Ziel der Unterhaltungsindustrie. Was zählt, ist die Steigerung des Absatzmarktes ihrer Produkte, die sich am Geschmack der Konsumenten orientieren 16 : Flucht aus dem Alltag 17 und Spiegelung eigener Sehnsüchte. 18 Im vorliegenden Beitrag soll u. a. untersucht werden, welcher Strategien sich Viola Alvarez in der Neubearbeitung des Heldenepos bedient, um diesen Anforderungen gerecht 11 Gerd Althoff, “Der König weint. Rituelle Tränen in öffentlicher Kommunikation“, in Jan-Dirk Müller (Hg.), ‘Aufführung’ und ‘Schrift’ in Mittelalter und Früher Neuzeit, Stuttgart, Weimar 1996, S. 239-252; ders., “Empörung, Tränen, Zerknirschung. ‘Emotionen’ in der öffentlichen Kommunikation des Mittelalters“, in Frühmittelalterliche Studien, Jahrbuch des Instituts für Frühmittelalterforschung der Universität Münster Nr. 30, 1996, S. 60-78; ders., “Tränen und Freude. Was interessiert Mittelalter-Historiker an Emotionen? “, in, Frühmittelalterliche Studien, Jahrbuch des Instituts für Frühmittelalterforschung der Universität Münster Nr. 40, 2006, S. 1-11. 12 Wie Jan-Dirk Müller betont, schließt der demonstrative Charakter von Gefühlsäußerungen die Spontaneität nicht unbedingt aus. Siehe Jan-Dirk Müller, Spielregeln für den Untergang. Die Welt des Nibelungenliedes, Tübingen 1998, S. 209. 13 Gerd Althoff, “Empörung, Tränen, Zerknirschung. ‘Emotionen’ in der öffentlichen Kommunikation des Mittelalters“, in, Frühmittelalterliche Studien, Jahrbuch des Instituts für Frühmittelalterforschung der Universität Münster Nr. 30, 1996, S. 60-78, hier S. 64. 14 Ebd., S. 76. 15 Ingrid Kasten, “Einleitung“, in, Ingrid Kasten (Hg.), Machtvolle Gefühle, Berlin, New York 2010, S. 1-24, hier S. 1, 8. 16 Peter Nusser, “Entwurf einer Theorie der Trivial- und Unterhaltungsliteratur“, in, ders., Unterhaltung und Aufklärung, Frankfurt am Main u. a. 2000, S. 13-53, hier. S. 13. 17 Vgl. dazu u. a. Rudolph Lüthe, “Wirklichkeitsfluchten? In welcher Welt leben wir als Leser und Betrachter? “, in, Helga Arend (Hg.), “Und wer bist du, der mich betrachtet? Populäre Literatur und Kultur als ästhetische Phänomene. Festschrift für Helmut Schmiedt“, Bielefeld 2010, S. 95-112, hier S. 109. 18 Peter Nusser, Trivialliteratur, Stuttgart 1991, S. 138. Marija Javor Briški 160 zu werden. Ein besonderes Interesse gilt hier der Frage, welchen Stellenwert die Emotionen haben: ob es sich um tatsächliche Gefühlsäußerungen der Personen handelt, ob diese vorwiegend im privaten Bereich bekundet werden und ob öffentliche Inszenierungen von Gefühlen, sei es von ‘echten’ oder nur ‘gespielten’, intendierte Aktionen hervorrufen. Damit der mittelalterliche Handlungsrahmen dem Leser nicht nur eine Evasion aus seiner Alltagswelt bietet, sondern auch eine gewisse Identifizierung mit den Protagonisten erfolgt, auf die die RezipientInnen ihre Wunschträume projizieren, 19 ist im Vergleich zum Nibelungenlied eine gesteigerte Individualisierung bzw. Psychologisierung der Figuren erforderlich, die ihr Handeln und Denken nach modernem Verständnis der westlichen Gesellschaft ausrichten. Zentrales Thema von Alvarez’ Nibelungenlied-Adaptation ist nicht mehr die von Kriemhild realisierte Blutrache für den Tod ihres geliebten Siegfried, sondern die verborgene und verbotene Liebe zwischen Brynhild, der aus Island stammenden Gemahlin des Burgunderkönigs Gunther, und dessen langjährigem Gefolgsmann und Ratgeber Hagen. Im Gegensatz dazu scheint im Nibelungenlied die Beziehung der beiden über ein Verhältnis zwischen Herrin und Vasallen nicht hinauszugehen, da der Erzähler keine konkreten Anhaltspunkte bietet, die auf eine Liebesbeziehung hindeuten würden. Hagen ist in der mittelalterlichen Vorlage aufgrund seiner gesellschaftlichen Position Brünhild also lediglich zu Treue und Loyalität verpflichtet. Während Brünhild und Hagen in der mittelalterlichen Version wenig persönliche Züge tragen und eher schemenhaft wirken - sie das auf Ehre bedachte ‘Kraftweib’ und er der stählerne Krieger, der gemäß seinem Treueeid handelt -, kommt es in Alvarez’ Fassung zu wesentlichen Veränderungen. Den Helden wird ‘Leben eingehaucht’, indem ihre Lebensgeschichte ausgebreitet wird, es wird erzählt über ihre Ahnen, ihre Kindheit, ihre Emotionen und inneren Beweggründe, die ihr Handeln für die heutigen LeserInnen plausibel und nachvollziehbar erscheinen lassen. Zu Beginn von Brynhilds Ahnentafel steht die legendäre Yenka mit den blauen Zähnen, Brynhilds Ururgroßmutter, eine außergewöhnliche Frau, die Stärke und Entschlossenheit auszeichnen. Diese hervorragenden Eigenschaften werden in weiblicher Linie weitervererbt, so dass diese Persönlichkeitsmerkmale Brynhild gewissermaßen ‘in die Wiege gelegt’ werden, aber nicht nur diese. Den auf unverbrüchlicher Liebe basierenden ehelichen Verbindungen ihrer weiblichen Ahnen nach zu urteilen, scheint sie für eine glückliche Liebesbeziehung geradezu prädestiniert zu sein, doch ist für sie von den Göttern zunächst ein anderes Schicksal beschieden: Eine unheilvolle Reise soll ihr bevorstehen. Auch wenn die Eltern sie davor bewahren wollen und 19 Vgl. Peter Nusser, Trivialliteratur, Stuttgart 1991, S. 127, 136. Vgl. auch ders., “Entwurf einer Theorie der Trivial- und Unterhaltungsliteratur“, in ders., Unterhaltung und Aufklärung, Frankfurt am Main u. a. 2000, S. 13-53, hier S. 35, 41. Viola Alvarez’ Die Nebel des Morgens 161 sie in den Kämpfen die Brautwerber immer wieder besiegt, wird sich das Schicksal dennoch erfüllen, als sie den Reizen des schönen, aber ganz und gar nicht edelmütigen Siegfried erliegt. Unwissend und in die Irre geleitet, wird sie von ihm nach Worms überführt, wo er sie dem schwächlichen, unattraktiven König Gunther, der in der Tat nichts anderes ist als eine Marionette seines weisen Ratgebers Hagen, als Braut übergibt. Allein in der Fremde hat sie niemanden, der die in ihrer Heimat getroffene Absprache mit Siegfried, der sich als ihr Bräutigam ausgab, hätte bezeugen können. Brynhild beugt sich ihrem Schicksal und wird wider ihres Willen Gunthers Frau, aber die Hochzeitsnacht wird nicht vollzogen, denn Brynhild hängt ihren frisch angetrauten Ehemann - wie im Nibelungenlied - gefesselt an einem Wandhaken auf, wo er sich nur mit Hilfe seines Bruders der öffentlichen Schmach entziehen kann. Eine solche Schande kann Gunther nicht tolerieren und vertraut sich Siegfried an, der Gunther bei der ‘Bändigung’ seiner Gemahlin behilflich sein soll. Diese Szene übersteigt an Gewalt bei weitem die Geschehnisse des mittelalterlichen Heldenepos. Brynhild wird brutal vergewaltigt, zuerst von Siegfried, der sich nicht zurückzuhalten vermag, und dann von Gunther mehrere Male die ganze Nacht. Brynhild ist zutiefst verletzt und weiß nicht anders aufzubegehren, als sich selbst zu verstümmeln, indem sie ein Muttermal in ihrem Gesicht, das Zeichen von Gunthers Triumpf, mit einem Messer in aller Öffentlichkeit herausschneidet. Zurückgezogen in ihren Gemächern, fristet sie ihr armseliges Dasein, bis sie in Liebe zu Hagen entbrennt. Auch auf Hagen bürdet eine schwere Last. Als Kind Zeuge der Ermordung seiner Mutter durch seinen gewalttätigen Vater, der ihn um des Profits willen an die Hunnen verkauft, erlernt er nicht nur in früher Jugend das Kriegshandwerk im hunnischen Exil, wo er seinen Vergewaltiger tötet, sondern wird - nach Hause zurückgekehrt - in einem Akt der Selbstjustiz zum Mörder seines Vaters. Nach Jahren des Umherirrens wird er schließlich als Dienstmann und Ratgeber schon zur Zeit von Gunthers Vater Gibich sesshaft am Wormser Hof und übernimmt nicht nur die Kampfausbildung der jungen Wormser Edelleute, sondern avanciert als Gunthers Berater zum eigentlichen Herrscher von Burgund. Doch ist der in der Gesellschaft und im Kriegsdienst erfolgreiche Protagonist, auf dem eine schwere Schuld lastet, nicht in die Gemeinschaft integriert und sowohl für seine Umwelt als auch für die Leser undurchschaubar. Erst allmählich werden seine Geheimnisse gelüftet. Brynhild und Hagen, zwei einsame und besondere Menschen, finden in ihrer geheimen innigen Liebe endlich ihr persönliches Glück. Nicht nur Brynhild, auch Hagen, der über jegliche Empfindungen scheinbar Erhabene, zeigt im privaten Bereich ungeniert seine Emotionen: Leidenschaft, Liebe, Wut, Eifersucht, Trauer. In der partnerschaftlichen, auf gegenseitigem Verständnis beruhenden Beziehung der Protagonisten können die heutigen Marija Javor Briški 162 Rezipienten nicht nur bekannte, sondern auch ihren Wünschen entsprechende Verhaltensmuster und Vorstellungen wiedererkennen. Wer sehnt sich nicht nach der uneingeschränkten, gewaltigen Liebe zu einem Menschen, der den anderen versteht, durch den sich der andere seiner Selbst erst bewusst wird? Und es war wie zur Erschaffung der Welt, Feuer stieß auf Feuer. Glut verschlang Glut, aus Hitze kam der Funke des Lebens, dessen was sein musste. Brynhild, die nichts gewusst hatte von sich, erweckte in diesen Küssen Hagen, der nichts hatte wissen wollen von sich. Es war das Licht der Erkenntnis, das sie beide überwältigte. 20 Ein anderes Beispiel - Hagen sagt: ‘Und ich bin ein Mann ohne Vergangenheit. Ich habe erst angefangen, da zu sein, als ich dich fand. Vorher gab es mich gar nicht.’ 21 Aber dieser bedingungslosen Liebe ist keine lange Dauer beschieden. Als Hagen von der tief verletzten Brynhild erfährt, welche Gewalt ihr von Siegfried und Gunther angetan wurde, steht für ihn der Entschluss fest: Die Schuldigen müssen bestraft werden. Nicht öffentliche Tränen um verlorene Ehre wie im Nibelungenlied sind es, die Hagen veranlassen als getreuer Gefolgsmann die erlittene Schmach seiner Herrin zu vergelten. 22 Hagen handelt vielmehr als Liebender und Richter, der sich für die Gerechtigkeit einsetzt und Brynhilds traumatisches Erlebnis durch die Bestrafung von Siegfried und Gunther zu mildern sucht, wenn auch ohne Einwilligung Brynhilds, die ihre Liebesbeziehung zu Hagen in keiner Weise bedrohen möchte. Auf einer inszenierten Jagd tötet Hagen im Einvernehmen mit Gunther Siegfried und bekennt sich öffentlich zu der von ihm ausgeführten Hinrichtung. Wie im Nibelungenliedheiratet auch in Alvarez’ Roman die um Siegfried trauernde Krimhild in zweiter Ehe einen hunnischen Herrscher und zieht in die Fremde. Schon vor Krimhilds Einladung an den Hof der Hunnen plant Hagen, ihr mit den Burgundern einen Besuch abzustatten, denn er rechnet mit ihrer Rache, der sie dort nicht werden entgehen können, auch Hagen nicht, der sich zu seiner Schuld, Siegfried getötet zu haben, bekennt und auch für sich eine Strafe als gerecht erachtet, ja geradezu herausfordert. Aber nicht nur um der Strafe willen entschließt er sich, den Weg ihres gewissen Untergangs zu gehen, es gibt noch einen anderen Grund: Hagen, der erheblich älter ist als Brynhild, hat - im Sinne der Jugendapotheose in 20 Viola Alvarez, Die Nebel des Morgens. Verbotene Erinnerungen des letzten Nibelungensohns, Bergisch Gladbach 2006, S. 471. 21 Ebd., S. 532. 22 Marija Javor Briški, “Angst - Trauer - Zorn. ‘Emotionen’ im Nibelungenlied“, in Acta neophilologica 45, H. 1-2, 2012, im Druck. Viola Alvarez’ Die Nebel des Morgens 163 der heutigen westlichen Gesellschaft - Angst vor dem Altwerden und einem jämmerlichen Dahinsiechen auf dem Krankenbett. Er bevorzugt vielmehr einen schnellen Tod auf dem Schlachtfeld, wie es sich für einen Krieger gebührt. Zudem will er auf diese Weise die Intaktheit seiner Liebesbeziehung, auch wenn sie dadurch zeitlich begrenzt ist, bewahren. Doch gelingt ihm das nicht ganz, denn es kommt zu einer Differenz zwischen den beiden, als Brynhild versucht, ihn an seinem Vorhaben zu hindern. In der nur skizzenhaften Darlegung habe ich einige Aspekte der Bearbeitung und Trivialisierung der literarischen Vorlage in Alvarez’ Roman angesprochen und fasse sie nun zusammen: Indem die Autorin Nebenfiguren des Nibelungenliedes zu den Protagonisten erhebt, lässt sie andere, wie Krimhild, in den Hintergrund treten. Sie setzt neue Akzente und verändert die ursprüngliche Geschichte über eine für heutige Zeit unverständliche Blutrache zu einer Geschichte über ein ewig aktuelles Thema, die wahre große Liebe. Dieses spricht vor allen Dingen einen Großteil der heutigen weiblichen Leserschaft an, die ihrem alltäglichen Leben entfliehen und zumindest durch den Konsum fiktionaler Literatur an großen Gefühlen teilhaben möchte. Aus den eher schemenhaften Figuren des Nibelungenliedes werden außergewöhnliche Menschen aus ‘Fleisch und Blut’, mit einer persönlichen Geschichte, besonderen Eigenschaften und ‘wahren’ Emotionen. Doch wird die Individualisierung bzw. Psychologisierung der Helden noch so allgemein gehalten, dass die LeserInnen ihren Wunsch nach großer Liebe und Leidenschaft in die Beziehung der Protagonisten projizieren und während der Lektüre miterleben. 23 Da die Gefühlsäußerungen in Alvarez’ Roman im Unterschied zum Nibelungenlied im Wesentlichen keinen Symbolcharakter haben und folglich keine bestimmten kulturell-bedingten Interaktionsmuster in der Gesellschaft intendieren, sondern Ausdruck tatsächlicher Emotionen der Romanfiguren sind, werden sie weniger im öffentlichen als im privaten Bereich gezeigt, in dem die Personen häufig miteinander umgehen und kommunizieren, als ob sie in der Welt der heutigen LeserInnen lebten. In diesem Sinne wäre es durchaus gerechtfertigt, von einer ‘Privatisierung’ der Gefühle zu sprechen. Auch der historische Rahmen der Romanhandlung, in der durch Verschleierung von Geheimnissen und deren erst allmählicher Aufdeckung eine für den Leser reizvolle Spannung aufgebaut wird, dient dem Eskapismus der RezipentInnen, er wird aber durch gewisse Anachronismen durchbrochen. So agieren die Menschen meist aus persönlichen Beweggründen eher als Privatpersonen denn als Angehörige der vergangenen Ständegesellschaft, in der sich das Individuum strengen Normen unterordnen musste. 23 Zur Identifikation zwischen Leser und Romanfiguren vgl. Peter Nusser, Trivialliteratur. Stuttgart 1991, S. 122f. u. ders., “Entwurf einer Theorie der Trivial- und Unterhaltungsliteratur“, in, ders., Unterhaltung und Aufklärung, Frankfurt am Main u. a. 2000, S. 27f. Marija Javor Briški 164 Das für die Unterhaltungsliteratur zu erwartende Happy-End 24 bleibt dennoch aus, denn ein glückliches Ende lässt die literarische Vorlage nicht zu. Bibliographische Referenzen Gerd Althoff, “Der König weint. 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Jahrhunderts: “Phantastik wird in seinen Erzählungen und Romanen zum Spiegel einer unheimlich bedrohten, dem Untergang zugeneigten Welt”. 2 Für Freund stellt Der Baron Bagge geradezu das Paradigma dieser Konzeption des Phantastischen dar, deren Charakteristika er eingehend beschreibt. Einem anderen Aspekt folgend wird die Erzählung von Freund als Novelle klassifiziert (“In der 1936 erschienen Novelle ‘Baron Bagge’, Lernet- Holenias wichtigste kürzere Prosaarbeit” 3 ). Es erscheint an dieser Stelle nicht müßig, an Goethes bekannte Definition - “denn was ist eine Novelle anders als eine sich ereignete unerhörte Begebenheit” 4 zu erinnern und zu unterstreichen, dass diese Formulierung einen klaren Hinweis auf das Element des Realistischen beinhaltet, welches direkt aus der “sich ereigneten Begebenheit” resultiert. Liegt hier also ein unüberbrückbarer Widerspruch vor oder ist es möglich, das Wirkliche mit dem Nicht-Wahrscheinlichen als jeweilige Eigenschaften der Novelle und der phantastischen Literatur in Übereinstimmung zu bringen? Um die ganze Tragweite dieser Konfrontation zu verstehen, ist es nötig, so David Roas, mit der Prüfung dessen zu be- 1 Der hier zu Grunde liegende spanisch-lateinische Begriff verosimilitud wird meist mit Wahrscheinlichkeit wiedergegeben, hier wäre jedoch auch der weniger geläufige philosophische deutsche Begriff Wahrscheinlichkeitsnähe oder Wahrscheinlichkeits-ähnlichkeit angebracht, da Wahrscheinlichkeit eine Zukunftsperspektive beinhaltet, was in diesem Kontext nicht erwünscht ist. Wir entscheiden uns der besseren Lesbarkeit halber jedoch für den geläufigeren Terminus. 2 Winfried Freund, Deutsche Phantastik, München, Wilhelm Fink Verlag 1999, S. 179. Vgl. auch den Klappentext der spanischen Ausgabe, wo von “uno de los grandes relatos fantásticos del siglo XX” die Rede ist (Alexander Lernet-Holenia, El Barón Bagge, Übersetzt von Alberto Luis Beixio, Madrid, Siruela 2006). 3 Ibid. 4 Johann Peter Eckermann, Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens, München, Beck 1984, S. 194-195. Francisco Manuel Mariño 168 ginnen, was wir unter real verstehen, denn: “lo fantástico va a depender siempre, por contraste, de lo que consideremos como real” . 5 2. Diskurs und Geschichte Der diskursive Beginn der Novelle ist eindeutig phänomenisch, rechtfertigt also die Existenz selbst der Erzählung, im Unterschied zu vielen anderen numenischen Diskursen, die ihre Existenz als Texte nicht erklären. 6 Die Erzählung beginnt mit einem Streit zwischen Baron Bagge und “einem jungen Herrn von Fargo“ in Gegenwart des unbekannten heterodiegetischen Erzählers in der ersten Person, wodurch motiviert wird, dass der Protagonist diesem Erzähler seine Geschichte berichtet, und zwar als Erklärung für die sehr heftige Szene, der dieser gerade beigewohnt hat. Dies geschieht mit den Worten: “In der Folge aber mochte er sich verpflichtet fühlen, mir einige Erklärungen zu geben, und erzählte mir seine Geschichte”. 7 Von hier ab vollzieht sich ein Wechsel der Erzählebene, und es ist nun der Held der Geschichte selbst, der diese bis zum Ende erzählt. Dieser scheinbar zufällige Beginn spielt jedoch eine entscheidende Rolle für die “realistische” Konfiguration der Novelle und unterstreicht die Bedeutung der “ereigneten Begebenheit”, durch die die Gattung definiert ist. Ich gebe hier zum besseren Verständnis den Inhalt der Geschichte so wieder, wie er im Klappentext resümiert wird: Winter 1915. Erster Weltkriege. Der junge österreichische Leutnant Baron Bagge erkundet mit seiner Schwadron in den nördlichen Karpaten die Lage an der russischen Front. Nahe des Dorfes Hor werden die Reiter an einer Brücke in ein kurzes, aber intensives Gefecht verwickelt, das sie mit großer Anstrengung überstehen. Bagge wird dabei von einem aufgewirbelten Stein- oder Eisbrocken an der Schläfe getroffen, kann aber die kleine ungarische Garnisonstadt Nagy-Mihaly noch erreichen, wo ihn Freunde seiner Familie ganz selbstverständlich in ihren Kreis aufnehmen. Als sei ihm dies alles vorherbestimmt, heiratet er die ihm aus den Erzählungen seiner Mutter nur flüchtig bekannte Tochter des Hauses. So rätselhaft wie das vom Krieg scheinbar völlig unberührte Leben in dem Städtchen gestalten sich nun auch die Aufklärungsmissionen der Schwadron: Im düsteren Licht der wolkenverhangenen Winterlandschaft ist von feindlichen Truppen weit und breit nichts zu bemerken. Als sie aufs neue die Brücke eines unbewohnten Tales passieren, erscheint sie dem entkräfteten Bagge, als sei sie mit Gold be- 5 Dt. “Denn das Phantastische wird, als Kontrast, immer von dem abhängen, was wir als real erachten” (David Roas, Tras los límites de lo real. Una definición de lo fantástico, Madrid, Páginas de Espuma 2011, S. 15). 6 Vgl. Darío Villanueva, El comentario del texto narrativo, cuento y novela, Madrid, Mare Nostrum Comunicación 2006, S. 33-34. 7 Alexander Lernet-Holenia, Der Baron Bagge, Wien, Paul Zsolnay Verlag 1998, S. 6. Im folgenden wird nur die Seitenzahl angegeben. Die Wahrscheinlichkeit des Phantastischen 169 schlagen. Er wird sich nun endgültig seines Traumes bewußt, erwacht und findet sich schwer verletzt auf jener Brücke, wo das Gefecht eingangs stattgefunden hat. Bis auf wenige Kameraden ist seine Patrouille aufgerieben. Die Brocken, die ihn getroffen haben, waren Geschosse gewesen. Das Städtchen Nagy-Mihaly, die Heirat, die Feste gab es nur im Traum, sie waren Visionen aus einem Zwischenreich von Leben und Tod. Wenn wir diese Geschichte aus der Perspektive der “semantischen Extremwerte“ (“máximos semánticos”) betrachten, wie sie Tomás Albaladejo formuliert hat, um den Wahrscheinlichkeitsgrad eines fiktionalen Textes zu bestimmen, so besteht kein Zweifel daran, dass Lernet-Holenias Erzählung der Kategorie des “wahrscheinlichen Fiktionalen” (“ficcional verosímil“) zuzuordnen ist, da die in Frage stehende Geschichte zu einem Weltmodell gehört, welches charakterisiert werden kann als “independiente de la realidad efectiva al ser una construcción lingüística que establece una realidad particular, pero está vinculado a aquélla dado que es representación de una realidad similar”. 8 Eine solche Zuordnung wird noch durch eine Reihe von in der Erzählung vorhandenen Elementen gestützt, die den von Itamar Even-Zoar postulierten Realemen nahekommen. Es handelt sich dabei um eine Menge von Elementen, die sowohl formal als auch inhaltlich geeignet sind, als kulturspezifische Repertorien klassifiziert zu werden, die literarischen Realismus herstellen. 9 Diese Realeme werden durch die Tatsache 8 “Unabhängig von der effektiven Realität, weil es sich um eine sprachliche Konstruktion handelt, die eine besondere Wirklichkeit etabliert, jener jedoch verbunden bleibt, da sie die Repräsentation einer ähnlichen Realität ist“ (Tomás Albaladejo, Semántica de la narración, la ficción realista, Madrid, Taurus 1992, S. 53). Wenn der Autor sich für die Etablierung eines so gearteten Weltmodells entscheidet, “so konstruiert er eine Reihe von Anweisungen, die der effektiven Realität nicht zu eigen sind, mit der sie jedoch eine Ahnlichkeitsbeziehung besitzen. Von diesen Anweisungen hängen Wesen, Zustände, Prozesse, Aktionen und Ideen ab, die - auch wenn sie nicht zu der erwähnten Wirklichkeit gehören, doch solche Eigenschaften besitzen, die dieser ohne weiteres angehören könnten, wodurch die Struktur der Referenzmenge, die der Produktor in Einklang mit diesem Weltmodell herstellt, Wahrheitsähnlichkeit [Wahrscheinlichkeit, sp. verosimilitud] besitzt, d. h. sie ist nicht wahr [verdadera], da sie ja von der effektiven Wirklichkeit verschieden ist, sie ist ihr jedoch ähnlich, weil das Weltmodell nach Regeln aufgebaut ist, die denen der effektiven Realität äquivalent sind“. [“lo que hace es construir una serie de instrucciones que no son propias de la realidad efectiva, con la que, sin embargo mantienen una relación de semejanza. De estas instrucciones dependen seres, estados, procesos, acciones e ideas que, si bien no forman parte de la mencionada realidad, tienen características tales que podrían perfectamente pertenecer a la misma, por lo que la estructura de conjunto referencial que el productor constituye de acuerdo con este modelo de mundo está provista de verosimilitud, es decir, no es verdadera en tanto en cuanto es distinta de la realidad efectiva, pero es semejante a ésta en la medida en que el modelo de mundo está formado por reglas equivalentes a las de dicha realidad”](ibid). 9 Vgl. Itamar Even-Zoar, “Les règles d’insertion des ‘réalèmes’ dans la narration”, Littérature, 57, 1985, S. 109-118. Francisco Manuel Mariño 170 gerechtfertigt, dass “toda historia fantástica es presentada, además, como un suceso real para conseguir convencer al lector de la análoga ’realidad’ del fenómeno sobrenatural“. 10 Dies geschieht a posteriori, wenn der Fiktionspakt bereits geschlossen ist, durch welchen der konkrete Text als phantastisch anerkannt wird. Beispiele für solche Realeme sind die phänomenische Struktur der Erzählung sowie die konkrete räumliche (“Bei Tokaj, als letzter Ausläufer der Karpaten, ein mit Weinbergen bedeckter, erloschener Vulkan […]“ [S. 11]) und zeitliche Situierung (“Am 26. Februar, gegen Mittag, ward die Schwadron alarmiert und erhielt Order, […], der Division und der Armee vorauf, nach Norden aufzuklären“ [S. 13]). Neben diesen Elementen, die Realismus transportieren, stehen andere, die dies zwar auch tun, jedoch so nah mit der “merkwürdigen Begebenheit” verbunden sind, dass sie im Leser ein Gefühl der Unsicherheit und des Zweifels hervorrufen. Hierfür einige Beispiele. Zweifel des Protagonisten an der Realität der Ereignisse: Man hatte mir das, als ich klein war, oft erzählt. Doch sind es vielleicht bloß Kindergeschichten gewesen. (S. 9) In die Erzählung eingeschobene Träume: Ich träumte, ich säße in einem Varieté in irgendeiner Stadt… (S. 24) Fehlende temporale Konkretisierung (die mit der Konkretheit der Realeme kontrastiert) und fehlende Bewusstheit hinsichtlich der Ereignisse: Das Ganze mochte nur wenig über eine Minute gewährt haben. Wir waren noch nicht recht zum Bewußtsein gekommen, daß wir überhaupt angegriffen hatten, als auf der Dorfstraße auch schon wieder zum Sammeln geblasen ward. (S. 35) Träumerischer, halbbewusster Zustand des Protagonisten, zusammen mit einer subjektiven Wahrnehmung der Zeit und der eigenen Identität: Im ganzen blieben wir etwa eine Stunde in Wascharhely. Diese Zeit verflog mir in merkwürdiger Traumhaftigkeit. (S. 38-39) Wieder beschlich mich das beunruhigende Gefühl von einer Traumhaftigkeit meines ganzen Zustandes, wie es mich schon unmittelbar nach dem Gefechte befallen, und ich zweifelte einen Augenblick lang, ob wirklich ich es sei, der hier war […] (S. 46) Wahrnehmung (und Bestreiten) der Zweideutigkeit der Antworten auf die eigenen Zweifel: 10 “Jede phantastische Geschichte zudem als eine wirkliche Begebenheit dargestellt wird, um dadurch zu erreichen, dass der Leser von der analogen “Realität“ des übernatürlichen Phänomens überzeugt wird“ (vgl. David Roas, “La amenaza de lo fantástico“, in D. Roas (ed.), Teorías de lo fantástico, Madrid, Arco/ Libros 2001, S. 7-44, hier S. 25). Die Wahrscheinlichkeit des Phantastischen 171 Damit nahm ich die Zügel wieder auf und sah, aufrichtig verärgert über die fortwährenden zweideutigen Äußerungen der beiden und darüber, daß sie etwas vor mir zu verbergen schienen, woanders hin. (S. 50) Es erscheint dem Protagonisten “unwahrscheinlich”, dass die Familien der Stadt so groß sind: […] jeder hatte neben Kindern und womöglich Enkeln auch noch so unwahrscheinlich viele andere Verwandte, daß ich, abgesehen von der notorischen Fortpflanzungsfähigkeit der Ungarn, förmlich annehmen mußte, daß sie andererseits auch nicht stürben. (S. 52-53) Die Unsicherheit, die diese Beispiele zeigen, beinhaltet natürlich ein realistisches Element, da sie im Leser die Identifizierung mit einem Erzähler fördert, dessen Zweifel er sich selbst zu eigen machen kann. Wo liegt nun also das phantastische Epistem, 11 das die Erzählung in den Augen der meisten Interpreten definiert? Wie Roger Bozzeto zutreffend erinnert, können in der effektiven Wirklichkeit Momente der Zweideutigkeit vorkommen (“ich erkenne mich im Spiegel nicht wieder, eine Schaufensterpuppe kann für eine echte Person gehalten werden oder ein Nebelstreifen kann eine unbekannte Form annehmen…” 12 ) oder aber, in den besonders klaren Worten von Harry Belevan: Creemos haber dilucidado ya la ambigüedad existente entre dos categorías aparentemente contradictorias como Realidad e Imaginación, pero no está de más insistir nuevamente sobre ello: ¡todos los elementos constitutivos de la imaginación están en la realidad! (Lo mismo es aplicable a lo fantástico pues «el mundo fantástico… es el alma de toda realidad»: George Sand.) La hipótesis fantástica adquiere, por consiguiente, plena vigencia al no ser sino un elemento más de la realidad - elemento que literariamente se traduce y se plasma mediante la imaginación. 13 Die Präsenz realistischer Inhalte in einem als phantastisch klassifizierten literarischen Diskurs setzt diesen nicht nur nicht außer Kraft, sondern ver- 11 In diesem Kontext verstehen wir Epistem als Initialwissen über das Phantastische, das vor dem phantastischen Diskurs besteht (vgl. Harry Belevan, Teoría de lo fantástico. Apuntes para una dinámica de la literatura de expresión fantástica, Barcelona, Anagrama 1976, S. 26, Anmerkung). 12 R. Bozzetto, “¿Un discurso de lo fantástico? ”, in D. Roas (ed.), Teorías de lo fantástico, cit., S. 223-242, hier 240. 13 “Wir glauben, die Ambiguität zwischen zwei scheinbar widersprüchlichen Kategorien wie Wirklichkeit und Vorstellung/ Imagination herausgefunden zu haben, es ist aber nicht überflüssig, noch einmal zu insistieren, alle Elemente, aus denen die Imagination besteht, bestehen in der Wirklichkeit! (Dasselbe gilt für das Phantastische, denn «die phantastische Welt … ist die Seele jeder Realität», George Sand). Die phantastische Hypothese erlangt dadurch volle Gültigkeit, da sie nur ein weiteres Element der Realität ist - ein Element, dass sich auf der literarischen Ebene mittels der Imagination übersetzt und widergespiegelt wird“. (Harry Belevan, Teoría de lo fantástico…, cit., S. 96). Francisco Manuel Mariño 172 stärkt ihn sogar, da dadurch die Verwirrung, die Unsicherheit und der Zweifel verstärkt werden, die seit Todorov als Charakteristika des Phantastischen gelten: “La foi absolue comme l’incrédulité totale nous mèneraient hors du fantastique; c’est l’hésitation qui lui donne vie”. 14 Die Tatsache, dass der Diskurs, wie in den Beispielen gezeigt, mit bestimmten Passagen versehen wird, in denen von Träumen und Dämmerzuständen des Protagonisten die Rede ist, führt uns zum Phänomen des Schwellenübergangs (sp. paso de umbral) zwischen Wachen und Schlafen, wodurch der für die Phantastik charakteristische Zweifel entsteht, ob das Erzählte zur onirischen Welt gehört oder nicht, wie dies z. B. an Heinrich von Kleists Prinz Friedrich von Homburg veranschaulicht werden kann. Dieses Konzept, das ich schon an anderer Stelle behandelt habe, kann wie folgt beschrieben werden: 15 Entre los distintos procedimientos narrativos y retóricos que recoge Remo Cesarani como muy frecuentes - y, por tanto, caracterizadores - del modo fantástico actual, figuran los llamados Pasos de umbral y de frontera, que desarrolla L. Lugnani en Verità e disordine. El recurso remite a los distintos cambios de dimensión (de la realidad a la del sueño, a la de la pesadilla, o a la de la locura), que pueden - y suelen - experimentar los héroes del fantástico, por medio del cual se subvierte el orden de partida del relato, introduciendo la incredulidad característica del epistema en los otros personajes y en el lector […] 16 Der Baron Bagge weist jedoch im Prinzip gerade diesen Zweifel an der Zuschreibung der erzählten Ereignisse zur Traumwelt oder zum Wachzustand nicht auf: die Referenzen auf den Traum sind so eindeutig, dass sie den Leser nicht verwirren. Wenn beispielsweise Charlotte zum Protagonisten sagt: “Sie wurden für mich einfach der Mensch, von dem ich träumte” (S. 68), dann fasst der Leser diesen Satz nicht im wörtlichen, sondern im übertragenen Sinn auf. Es ist also nicht die Ungewissheit über die Realität der Geschichte, die im Leser hervorgerufen wird, sondern es entstehen Zweifel und Fragen, deren Beantwortung leicht durch die effektive Realität 14 Tzvetan Todorov, Introduction à la littérature fantastique, Paris, Seuil, 1970, S. 35. 15 Siehe dazu Francisco Manuel Mariño, Dualismo y ambigüedad en Prinz Friedrich von Homburg, Valencia, PUV (im Druck). 16 “Unter den verschiedenen narrativen und rhetorischen Techniken, die Remo Cesarani zu den am häufigsten im phantastischen Modus gebrauchten zählt - und die daher auch als diesen definierend angesehen werden müssen, sind die sog. Schwellen- oder Grenzübergänge, die L. Lugnani in Verità e disordine präzisiert. Dieser Rekurs bezieht sich auf die verschiedenen Dimensionswechsel (von der Realität zum Traum, zum Albtraum oder zur Verrücktheit), die die Helden der Phantastik erleben können - und dies auch meistens tun, wodurch die Anfangsordnung der Erzählung umgekehrt wird, indem das für das Epistem charakteristische Misstrauen in den übrigen Figuren und im Leser hervorgerufen wird […].“Francisco Manuel Mariño, “Pasos de umbral vigiliaensueño en la configuración de dos novelas fantásticas, Der Engel vom westlichen Fenster y Bretaña, Esmeraldina”, in Estudios Filológicos Alemanes, 2, 2003, S. 123-133, hier S. 123. Die Wahrscheinlichkeit des Phantastischen 173 beantwortet werden können: Warum erscheint niemals der Feind? Warum sind die Familien des Ortes so groß? Wie ist es möglich, dass die Heldin den Helden erkennt, ohne ihn je gesehen zu haben? Eigentlich ist also die Spannung, die im Leser hervorgerufen wird, eine Spannung, die durch Ereignisse produziert wird, die nichts mit dem Übernatürlichen zu tun haben (d.h. mit dem Unwahrscheinlichen), das die Regeln der effektiven Wirklichkeit außer Kraft setzt. Selbst Passagen wie “Es war mir unbegreiflich, wie sie durch die versperrte Tür, an der überdies von innen der Schlüssel stak, hatte hereinkommen können” (S. 72) stehen nicht im Widerspruch zu den Regeln unserer empirischen Welt und sind daher auch nicht Träger fehlender Wahrscheinlichkeit (oder Wahrheitsähnlichkeit), sondern geben Anlass zu hypothetischen Erklärungen. 3. Bildung und Autodekonstruktion des Phantastischen Es scheint eine nicht anfechtbare Meinung zu sein, dass das literarische Phastastische dann entsteht, wenn die Regeln der fiktionalen Welt den Regeln der effektiven realen Welt widersprechen, wodurch es zur Zerstörung der Wahrscheinlichkeit (im Sinne von Wahrheitsähnlichkeit) kommt. Dagegen formuliert jedoch David Roas, gestützt auf Nelson Goodman, 17 Antonio Damasio 18 und Paul Watzlawick 19 Folgendes: Como afirma Goodman, no conocemos el mundo sino las «versiones» que fabricamos de él: «la percepción participa en la elaboración de lo que percibimos». Dicho de otro modo: no hay «realidad real», sino representaciones de la realidad. Aquí podría aplicarse el concepto de «patrón neural» utilizado por Damasio, pero entendido, desde esta perspectiva, como el patrón de realidad compartido por los humanos. La realidad, concluye Watzlawick, es una construcción social. 20 Dies impliziert jedoch nicht, dass die phantastische Literatur nicht auf die außertextliche Wirklichkeit verweisen muss oder dass sie einfach durch den 17 Nelson Goodman, De la mente y otras materias, Trad. de Rafael Guardiola, Madrid, Visor, 1995, p. 50. 18 Antonio Damasio, En busca de Spinoza. Neurobiología de la emoción y los sentimientos, Barcelona, Crítica, 2007. 19 Paul Watzlawick et al., La realidad inventada, Trad. de Nélida M. de Machain, Barcelona, Gedisa, 1989. 20 “Wie Goodman darlegt, kennen wir nicht die Welt, sondern nur die «Versionen», die wir uns von dieser herstellen, «die Wahrnehmung hat Teil an der Elaboration dessen, was wir wahrnehmen». Anders gesagt, es gibt keine «wirkliche Wirklichkeit», sondern nur Repräsentationen dieser Realität. Hier könnte das Konzept des «neuralen Musters» von Damasio angewendet werden, jedoch aus dieser Perspektive verstanden als Muster der Realität, die von den Menschen geteilt wird. Die Realität, so resümiert Watzlawick, ist eine soziale Konstruktion“ (David Roas, Tras los límites de lo real. Una definición de lo fantástico, cit., p. 26). Francisco Manuel Mariño 174 Konflikt zweier Wirklichkeitscodes im Innern des Textes entsteht, vielmehr gilt Folgendes, in den Worten von David Roas: Lo fantástico conlleva siempre una proyección hacia el mundo extratextual, pues exige una cooperación y, al mismo tiempo, un envolvimiento del receptor en el universo narrativo. Relacionando el mundo del texto con el mundo extratextual se hace posible la interpretación del efecto amenazador que lo narrado supone para las creencias respecto de la realidad empírica. 21 In diesem Sinn partizipiert der Leser an den Merkwürdigkeiten, die den Protagonisten innerhalb der Geschichte betreffen, die in Der Baron Bagge erzählt wird, er teilt seine Zweifel und Fragen, auf die der Text im Prinzip keine Antwort gibt. Es ist die Summe dieser Zweifel (und nicht die Möglichkeit, jeden einzelnen für sich zu erklären), die das Gefühl eines unversöhnlichen Aufeinandertreffens zweier Welten auslöst: in der fiktionalen Welt ist der Protagonist - ebenso wie der Leser in der empirischen Welt - weder fähig, sich diese Häufung der Überschreitung von Regeln, nach denen die Wirklichkeit funktioniert, zu erklären, noch den Konflikt zu lösen, der daraus resultiert. Auf diese Weise entsteht das phantastische Epistem. Der weitere Gang der Novelle löst jedoch diese Unsicherheit auf: alles war ein Traum. Das Phantastische wird so, mit den Worten Todorovs, zum “Merkwürdigen” (“l’étrange”), “ [s]i il [le lecteur] décide que les lois de la réalité demeurent intactes et permettent d’expliquer les phénomènes décrits”. 22 Und weiter: Des événements qui paraissent surnaturels tout au long de l’histoire, y reçoivent à la fin une explication rationnelle. Si ces événements ont longtemps conduit le personnage et le lecteur à croire à l’intervention du surnaturel, c’est qu’ils avaient un caractère insolite. La critique a décrit (et souvent condamné) cette variété sous le nom de « surnaturel expliqué. 23 Bedenkt man, dass das Ungewöhnliche (“lo insólito“) der Ereignisse durch Träume erklärt wird, könnte hier auch das Konzept des Phantasmatischen (fantasmatique) greifen, das David Roas so beschreibt: Por lo que se refiere a lo fantasmatique, dicho término (adaptado del psicoanálisis) identifica la expresión directa de fenómenos psicológicos o psicopatológicos como el sueño, la alucinación (por efecto de la fiebre o de las drogas), la obsesión, etcétera. En este caso se trata de narraciones cuya (falsa) fantasticidad funciona provisionalmente mientras dura la lectura, generando efectos similares de 21 “Das Phantastische impliziert immer eine Projektion auf die außertextliche Welt, denn es verlangt Kooperation und gleichzeitig eine Beteiligung des Rezipienten innerhalb des narrativen Universums. Indem die Textwelt mit der außertextlichen Welt in Beziehung gesetzt wird, wird die Interpretation des Effekts der Bedrohung [efecto amenazador] möglich, die das Erzählte für die empirische Realität darstellt“ (David Roas, Tras los límites de lo real. Una definición de lo fantástico, cit. pp. 32-33). 22 Tzvetan Todorov, Introduction à la littérature fantastique, cit. p. 46. 23 Tzvetan Todorov, Introduction à la littérature fantastique, cit. pp. 49-50. Die Wahrscheinlichkeit des Phantastischen 175 suspense y angustia a los de un relato fantástico puro. Pero la racionalización final, la explicación del (supuesto) fenómeno imposible, elimina el efecto fantástico y produce una evidente decepción en el lector. 24 4. Das wiedererlangte Phantastische: Schwellenübergang und Mittlerobjekt Woran soll man sich nun halten bei der phantastischen Konzeption des Baron Bagge? Es verwundert vor allem, dass die gegenwärtigen Studien zur deutschen phantastischen Literatur, beispielsweise die bereits zitierte von Winfried Freund, den Text wie selbstverständlich, ohne weitere Diskussion, in die Kategorie der Novelle einordnen, obgleich doch das Unwahrscheinliche, das einen Großteil des Textes ausmacht, am Ende durch den Rekurs auf die Träume erklärt wird, was, wie ich gezeigt habe, die Novelle eindeutig in die Nähe des Phantastischen rückt. Es findet sich jedoch im Text ein Element, das die vorstehende Behauptung widerlegt, nämlich die Brücke, die die reale Welt mit der onirischen verbindet. Ich zitiere die relevante Textstelle: Ich erwachte erst viele Tage später zum zweitenmal. Ich lag in einem Lazarett in Ungarn. Aber ich brauchte noch ebenso viele Wochen, Monate oder Jahre, um zur Einsicht zu kommen, daß alles, was ich in den Augenblicken geträumt hatte, die ich auf der Brücke gelegen, nichts als ein Traum gewesen sei, ja selbst jetzt kann ich es noch immer nicht ganz glauben, es sei denn, daß, wenn der Tod ein Traum ist, auch das Leben bloß ein Traum wäre. Zwischen den Träumen aber führten Brücken hin und wider [...]. (S. 105) Der Schlüssel zur Novelle liegt in eben dieser Brücke: Überhaupt schien es, als habe ich nur von Toten geträumt. Lebende hatte ich im Traum wohl gar keine gesehen. Daher auf unserem Ritt die anscheinende Öde des Landes [...], daher die Überfülle in Nagy-Mihaly, wo gewissermaßen die Schatten sich alle gesammelt, daher mein tagelanges Weiterziehen mit der Schwadron, die starb, indessen ich von ihr träumte. Nur Semler hatte immer noch nach dem Feinde gesucht. Denn er dachte, wenn er Feinde noch fände, sei er nicht tot. Aber er fand keine. Er zog den neuntägigen Weg des Todes, wie er vorgezeichnet ist in den Mythen, er trieb dem Traumland zu, er fuhr nach Norden bis zur Brücke von 24 “Was das Konzept des Phantasmatischen anbelangt, so identifiziert dieser Terminus (der aus der Psychoanalyse stammt) den direkten Ausdruck psychischer oder psychopathologischer Phänomene wie den Traum, die Halluzination (als Folge von Fieber oder der Einnahme von Drogen), die Obsession usw. In diesem Fall handelt es sich um Erzählungen, deren (falsche) Phantastik [«fantasticidad»] provisorisch funktioniert, nämlich so lange, wie die Lektüre dauert, wobei ähnliche Effekte von Spannung und Furcht wie in der reinen phantastischen Erzählung entstehen. Die Rationalisation am Schluss, die Erklärung des (vermeintlich) unmöglichen Phänomens, eliminiert den phantastischen Effekt und produziert im Leser eine offensichtliche Enttäuschung“ (David Roas, Tras los límites de lo real. Una definición de lo fantástico, cit., pp. 64-65). Francisco Manuel Mariño 176 Hor oder Har, wo der Helweg ist, zur Brücke aus Gold, die hinüberführt in das Unwiderrufliche, aus dem keiner zurückkommt. Nur ich hatte noch vermocht, mich umzuwenden, und war wiedergekehrt. Denn wenn einer so heißt es sich umwendet auf dem Todeswege, so kehrt er zurück. (S. 106f.) Das Wichtigste an diesem Verbindungselement der Brücke ist, dass dem Helden auf seiner Fahrt durch die wirklichen Orte, die in seinem Traum vorkommen, auch die Brücke erscheint: Dagegen fand ich die Brücke wieder, über die wir zuletzt gekommen, die aus Gold, die über den gläsernen Fluß führt. Sie war natürlich aus Holz, die Brücke, und im San rann auch nicht Glas, sondern Wasser. Aber mehrere Zimmerleute waren eben dabei, die Brücke auszubessern. So konnte ich wiederum nicht hinüber. Allein ich atmete auf. Denn ich hätte wahrscheinlich noch immer nicht den Mut gehabt, sie zu überschreiten. Ob es nun wirklich die mit gehämmerten Goldblechen beschlagene gewesen wäre, über die in Hundertschaften die Scharen toter Männer reiten, oder die Brücke Es Sireth der Araber, die schmal ist wie die Schneide eines geschliffenen Krummschwertes und zum Paradise führt, oder ob es nur die schlichte Holzbrücke über den San sein mochte - in keinem Fall, fürchte ich, hätte ich es über mich gebracht, den Fuß auf sie zu setzen. (S. 110) Diese Stelle ist doppelt bedeutsam. Zum einen stellt sie die Ambiguität wieder her, die die Evidenz des Traumes zerstört zu haben schien: das Phantastische tritt also wieder zu Tage. Und dieses Epistem stützt sich zudem auf den Übergang vom Wachzum Dämmerzustand, der zuvor nicht bemerkbar war; der Beweis dafür ist die Brücke, die ein klares Beispiel für ein sogenanntes Mittlerobjekt darstellt, das ausführlich von Lucio Lugnani beschrieben wird und das Remo Ceserani so zusammenfasst: Es un objeto que, con su inserción concreta en el texto, se convierte en testimonio inequívoco del hecho de que el personaje-protagonista ha realizado efectivamente un viaje, ha entrado en la dimensión de otra realidad y ha traído consigo un objeto de aquel mundo. 25 Lugnani erklärt zudem die spezifische Funktion dieses Mittlerobjekts: Bisogna dunque pensare che l’oggeto mediatore svolga la sua funzione specifica nel racconto in cui c’è un dislivellamento di piani di realtà il passagio fra i quali non è previsto dal codice e viene perciò marcato da un forte effetto soglia, e in cui l’oggetto mediatore atesta una verità equivoca perché inspiegabile e incredibile quia inepta. 26 25 “Es handelt sich um ein Objekt, dass durch seine konkrete Einführung in den Text zu einem eindeutigen Zeugnis der Tatsache wird, dass der Protagonist tatsächlich eine Reise gemacht hat, dass er in der Dimension einer anderen Wirklichkeit war und dieses Objekt mitgebracht hat“ (Remo Ceserani, Lo fantástico, Übersetzt von J. Díaz de Atauri, Madrid, Visor, 1999, p. 108). 26 “Man muss bedenken, dass das Mittlerobjekt seine spezifische Funktion innerhalb der phantastischen Erzählung dadurch erfüllt, dass es sich um eine Erzählung handelt, bei der derartig unterschiedliche Realitätsebenen existieren, dass der Übergang zwischen ihnen nicht im Code vorgesehen ist, sodass er durch einen starken Schwelleneffekt mar- Die Wahrscheinlichkeit des Phantastischen 177 Und fügt weiter unten hinzu: “l’oggetto mediatore no è più un meccanismo risolutivo ma anzi la macchina stessa dell’irresolutezza e del Gubbio”. 27 Es ergibt sich also das Paradox, dass gerade das Objekt, das den Zweifel, der durch den Schwelleneffekt hervorgerufen wird, zerstreuen soll, diesen Übergang bestätigt, diese Überlagerung verschiedener Ebenen der Wirklichkeit, und gerade dadurch perpetuiert es die Unsicherheit in Bezug auf bestimmte Aspekte der Handlung. Im konkreten Fall des Baron Bagge bestätigt die Existenz der Brücke nachdem der Held aufgehört hat zu träumen den Schwelleneffekt, für dessen zwei Ebenen (Traum und Realität) sie als Konrektor dient. 5. Schluss Obgleich die Novelle im Prinzip eine standardisierte lineare Erzählstruktur besitzt, die in ihrer Vorhersehbarkeit der Trivialliteratur entnommen ist, so spielt sie doch, wie wir gesehen haben, mit der Dosierung derjenigen Elemente, die Unwahrscheinlichkeit vermitteln. Sie aktiviert und desaktiviert diese und erzeugt damit das Gefühl des Zweifels, welches das Phantastische definiert. Das Ende der Novelle perpetuiert dieses Gefühl, sodass der Held letztendlich nicht mehr zwischen dem Geträumten und dem Wirklichen unterscheidet, weil er sich bewusst ist, dass Traum und Wirklichkeit sich überlagern und nicht scharf voneinander zu trennen sind: “Denn in Wahrheit, so zuwider Phantastereien sonst mir sind, ist mir im Innersten der Traum noch Wirklichkeit und die Wirklichkeit eigentlich nur mehr wie ein Traum” (S. 110f.). Auf diese Weise entwickelt die Novelle, trotz des vergeblichen Bemühens, das Mögliche mit dem Unmöglichen zu versöhnen oder gerade deswegen einen Diskurs der sich als eindeutig phantastisch erweist, auch wenn unsere Zweifel bewirken, dass wir dessen erst ganz zum Schluss gewahr werden. Bei alledem entspricht die Novelle durch ihre Nähe zum Schauerroman 28 der ja ebenfalls ganze Regimenter von Toten auftreten kiert wird; und das Mittlerobjekt zeugt von einer zweifelhaften Wahrheit, weil sie quia inepta unerklärbar und unglaublich ist.“(Hervorhebung im Original. Lucio Lugnani,Veritá e disordine, il dispositivo dell’oggeto mediatore, en R. Ceserani, L. Lugnani, G. Goggi, C. Benedetti e E. Scarano, La narrazioni fantastica, Pisa, Nistri-Lischi, 1983, S. 177-288, hier S. 225). 27 Lucio Lugnani,Veritá e disordine, il dispositivo dell’oggeto mediatore, cit., S. 227. 28 “Die Atmosphäre des Schauerlichen und Rätselhaften, die den Geheimbundroman prägte, fand, ebenso wie die Ritterromane, Vorgaben im englischen Schauerroman, der pseudomittelalterlichen Gothic Novel nach Horace Walpoles The Castle of Otranto” (Horst Brunner / Rainer Moritz [Hgg.], Literaturwissenschaftliches Lexikon. Grundbegriffe der Germanistik. Berlin, Erich Schmidt Verlag 1997, S. 352). Francisco Manuel Mariño 178 lässt , durch die Spannung, die sie aufbaut und durch ihren eskapistischen Charakter durchaus den Parametern der Trivialliteratur (so wie sie heute verstanden wird 29 ). Sie bediente den breiten Publikumsgeschmack, dem der Autor ja auch durch seine elegante Schreibweise und seine nostalgische Behandlung der Zeit der österreichisch-ungarischen Monarchie entsprach. Bibliographische Referenzen Tomás Albaladejo, Semántica de la narración, la ficción realista, Madrid, Taurus 1992. Harry Belevan, Teoría de lo fantástico, Apuntes para una dinámica de la literatura de expresión fantástica, Barcelona, Anagrama 1976. Roger Bozzetto, “¿Un discurso de lo fantástico? ”, in D. Roas (ed.), Teorías de lo fantástico, cit., S. 223-242. Horst Brunner; Rainer Moritz [Hgg.], Literatur wissenschaftliches Lexikon, Grundbegriffe der Germanistik, Berlin, Erich Schmidt Verlag 1997. Remo Ceserani, Lo fantástico, Übersetzt von J. Díaz de Atauri, Madrid, Visor 1999. Antonio Damasio, En busca de Spinoza. Neurobiología de la emoción y los sentimientos, Barcelona, Crítica 2007. Johann Peter Eckermann, Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens, München, Beck 1984. Itamar Even-Zoar, “Les règles d’insertion des ‘réalèmes’ dans la narration“, in Littérature, 57, 1985, S. 109-118. Winfried Freund, Deutsche Phantastik, München, Wilhelm Fink Verlag 1999. Nelson Goodman, De la mente y otras materias, Übersetzt von Rafael Guardiola Madrid, Visor 1995. Alexander Lernet-Holenia, Der Baron Bagge, Wien, Paul Zsolnay Verlag 1998. Alexander Lernet-Holenia, El Barón Bagge, Übersetzt von Alberto Luis Beixio, Madrid, Siruela 2006. Lucio Lugnani, “Veritá e disordine, il dispositivo dell’oggeto mediatore”, in R. Ceserani, L. Lugnani, G. Goggi, C. Benedetti e E. Scarano, La narrazioni fantastica, Pisa, Nistri-Lischi 1983, S. 177-288. Francisco Manuel Mariño, “Pasos de umbral vigilia-ensueño en la configuración de dos novelas fantásticas, Der Engel vom westlichen Fenster y Bretaña, Esmeraldina”, in Estudios Filológicos Alemanes, 2 (2003), S. 123-133. Francisco Manuel Mariño, Dualismo y ambigüedad en Prinz Friedrich von Homburg, Valencia, PUV (im Druck). David Roas, “La amenaza de lo fantástico”, in D. Roas (ed.), Teorías de lo fantástico, Madrid, Arco/ Libros 2001, S. 7-44. David Roas, Tras los límites de lo real. Una definición de lo fantástico, Madrid, Páginas de Espuma 2011. 29 “Besonders beliebt ist heute wie zu Beginn des 20. Jh. (z.B. Hanns Heinz Ewers, Alraune) auch wiederum phantastische Trivialliteratur, Schauer- und Fantasy-Literatur” Horst Brunner / Rainer Moritz [Hgg.], Literatur wissenschaftliches Lexikon…, cit. S. 353). Die Wahrscheinlichkeit des Phantastischen 179 Tzvetan Todorov, Introduction à la littérature fantastique, Paris, Seuil 1970. Darío Villanueva, El comentario del texto narrativo, cuento y novela, Madrid, Mare Nostrum Comunicación 2006. Paul Watzlawick et al., La realidad inventada, Übersetzt von Nélida M. de Machain, Barcelona, Gedisa 1989. Carlos Menéndez-Otero ABC’s Lost and the novel. An on-off relationship ‘Unoriginal’, ‘work-for-hire’, ‘hack work’ and ‘professional fan fiction’ are some of the terms with which licensed fiction has been maligned by critics, readers, and more often than not, stand-alone fiction writers resentful at the sales of paperback novels tied in to popular media franchises, usually pertaining to no-less maligned genres such as teen romance, action, crime, horror, thriller, and especially sci-fi. As a matter of fact, current figures may be far below those of previous decades, when the novelizations of blockbusters Star Wars: A New Hope (1976) and Gremlins (1984) sold over three million copies each, but sales of novels related to Star Trek, Buffy the Vampire Slayer, HALO or Star Wars are still counted by the hundreds of thousands. Putting aside the temptation just to blame people for what they like, we do consider these literary pariahs worthy of academic study, even more so since the late 1950s it has become rather rare to come across a popular media property — especially films, television shows and lately, videogames — which a series of novels is not attached to. The phenomenon television series Lost, to which four tie-in novels were published between November 2005 and May 2006, is therefore no exception to the rule, and this paper purports to explore how those novels relate to their literary genre, target audience, and the show they were tied in to. 1. A brief introduction to Lost On September 22, 2004, the Disney-owned ABC network premiered Lost, a primetime drama series about forty-eight multinational survivors from a plane crash stranded on a mysterious tropical island in the South Pacific. An immediate hit with audiences and critics worldwide, the series averaged about 16 million viewers for its first season in the US alone 1 and was subsequently renewed for a second, which aired originally between September 2005 and May 2006, and proved equally successful, as did the six episodes of season three broadcast in late 2006. Then, even though the inclusion of timeshifted viewing in Nielsen audience measurements would adjust figures up, ratings began to drop severely with Not in Portland, the seventh episode of season three, aired on February 7, 2007. Regardless of occasional peaks, they 1 ABC Medianet, “Season Programs Rankings”, in Press Releases, abcmedianet.com/ web/ dnr/ dispDNR.aspx? id=062105_06 21/ 06/ 2005 [retrieved, 19/ 06/ 2010]. Carlos Menéndez-Otero 182 continued dropping to an eventual average low of slightly over 10 million viewers for the final season. 2 Despite sticking to the frame narrative 3 and most of the cast from the first season, the second was a big leap forward in many respects. New characters were introduced, and as new mysteries and plotlines unfolded, it first became clear that unlike previous blockbuster cult series such as Twin Peaks (1990-1991) and The X-Files (1993-2002), every season of Lost would try to keep the audience’s interest by giving answer only to a few questions from previous seasons and ”raising a series of new questions and mysteries to be explored and resolved”. 4 As if Lost were a hypertext with inner and outer links, or a videogame 5 in which seasons and episodes operated respectively as levels and sublevels, 6 hardcore fans were actively encouraged 7 to explore the expanding hyperdiegesis, 8 watch for intertextual 9 references and allusions to philosophy, literature, religion and pop culture, and engage online with other dedicated fans to unlock collectively every puzzle before casual viewers did 10 — which in turn put the series firmly in the context of what 2 Bill Gorman, “Final 2009-2010 Broadcast Primetime Show Average Viewership”, in TV by the Numbers, tvbythenumbers.zap2it.com/ 2010/ 06/ 16/ final-2009-10-broadcast-pri metime-show-average-viewership/ 54336/ 16/ 06/ 2010 [retrieved, 15/ 05/ 2012]. 3 ”Nearly every episode focuses on a single character and reveals their backstory through a series of flashbacks nested within the events happening on the island. “Aaron Smith, Transmedia Storytelling in Television 2.0. Strategies for Delivering Television Narratives Across Media Platforms, Senior Undergraduate Thesis for Middlebury College, blogs.middlebury.edu/ mediacp/ files/ 2009/ 06/ Aaron_Smith_2009.pdf 2009 [retrieved, 18/ 06/ 2012], p. 70. 4 Stacey Abbott, “How Lost Found Its Audience, The Making of a Cult Blockbuster”, in Roberta Pearson (ed.), Reading Lost, London, Tauris 2009, p. 22. 5 ”One might think of a role-playing video game like Baldur’s Gate or Diablo, where players can only see the environment immediately in front of their avatars. Beyond them exists an abyss of darkness, until the player moves forward, and a little more of the spatial environment is revealed. Crucially, Lost does not expand its world with definitive answers. […] There are multiple ‘levels’ below and above ground, in bunkers, and on top of mountains. Man-made structures are scattered throughout the spatial dimensions of the island, and, as of season 5, they are also dispersed across temporal dimensions of the island. All of this encourages viewers to map out and navigate the space.” Aaron Smith, op. cit., p. 73-75. 6 Jennifer Buckendorff, “Fans play TV series ‘Lost’ like an interactive video game”, in The Seattle Times, seattletimes.nwsource.com/ html/ entertainment/ 2002730079_lost game10.html 10/ 01/ 2006 [retrieved, 07/ 05/ 2012]. 7 As a matter of fact, the tagline for the season was”everything happens for a reason.” 8 Matt Hills, Fan Cultures. London, Routledge 2002, p. 104. 9 Julia Kristeva, Desire in Language, A Semiotic Approach to Literature and Art, New York, Columbia University Press 1980. 10 “[...] bastantes pistas consistieron desde un primer momento en ambiguas referencias intertextuales […] que el espectador sólo podía, 1) descubrir mediante el visionado atento y el uso de herramientas de edición de vídeo (freeze-frame, zooms, frame-toframe...); 2) decodificar su significado original mediante la investigación y, sobre todo, ABC´s Lost and the n ovel 183 Jenkins et al. call ”participatory culture.” 11 Also, as has become usual in the television business, the renewal for a second season greenlighted the production of a flood of tie-ins, which started hitting physical and virtual shelves in late 2005. 2. Tie-ins and transmedia narratives The Wikipedia entry for ‘tie-in’ defines it ”as an authorized product based on a media property a company is releasing.” 12 The main aim of a tie-in is twofold: to further monetize the media property it is based on and to strengthen the bond between the property and its fan base. Despite the fact that the most common and profitable tie-ins are still physical items (apparel, collectibles, reference books, soundtracks, videogames, novelizations, comicalizations, original novels and comic books, etc.), Internet-based interactive applications (websites, social media, podcasts, enhanced broadcasts, webisodes, webcomics, etc.) have become increasingly important over the last few years, and rendered partially obsolete the semiotic distinction between media franchising and transmedia storytelling. 13 Accordingly, as audiences fragment across platforms and mass-media advertising prices drop, it is often the case that the same media conglomerate not only adapts the story for multiplatform delivery, but also tries to build cross-platform user loyalty by placing tie-ins in the canon universe of the property, 14 rather than in an expanded or alternative universe, as well as la colaboración activa con otros miembros de la audiencia, apoyándose en citas multimedia (fotografías, textos, clips de vídeo...) de los capítulos de la serie y enlaces a los elementos referenciados, y 3) tratar de recontextualizar […] dicho significado en el universo diegético de Perdidos y sus dos grandes interrogantes mediante el debate con el resto de una audiencia que, merced a las descargas y streams ilegales[…], la rápida adquisición de los derechos de emisión en televisiones internacionales y las numerosas herramientas de comunicación horizontal de la web 2.0 (wikis, blogs, foros, tweets...), pronto se transformó en una gran comunidad global.” Carlos Menéndez-Otero, “‘Live together, die alone.’ La audiencia global(izada) de Perdidos”, in Pérez-Gómez Miguel A. (ed.), Previously On. Estudios interdisciplinarios sobre la ficción televisiva en la Tercera Edad de Oro de la Televisión, Seville, Biblioteca de la Facultad de Comunicación de la Universidad de Sevilla 2011, p. 721. 11 Henry Jenkins et al, Confronting the Challenges of Participatory Culture. Media Education for the 21st Century, Cambridge, MA, The MIT Press 2009. 12 Wikipedia, “Tie-in”, en.wikipedia.org/ wiki/ Tie-in [retrieved, 23/ 04/ 2012]. 13 Henry Jenkins, Convergence Culture, Where Old and New Media Collide, New York, New York University Press 2006, p. 20-21. 14 Just to give an example, Lucasfilm ”have posted a statement of canonicity which attempts to include all of Star Wars vast range of expansions, much to the chagrin of the ‘purists‘. A similar situation exists with Star Trek and, to a lesser extent, with Buffy.“ David Sweeney, Tied-in/ Cut Loose. Licensed Fiction and the Expansion of Fictional Carlos Menéndez-Otero 184 giving fans the chance to engage diegetically and extradiegetically with the property itself, its creators, stars, and/ or technical staff — in other words, what Brooker terms as ”overflow” 15 and Jenkins as ”convergence.” 16 Nonetheless, it should not be ignored that the said semiotic distinction still holds some sway, since only texts unequivocally regarded as primary may establish facts in the canon universe ”which can ‘supersede‘ [or even ‘decanonize‘] expansions in other media“. 17 3. The television tie-in novel As explained in Tied In. The Business, History and Craft of Media Tie-In Writing, 18 most film and TV tie-in novels are commissioned by licensing departments of studios, written in a few weeks, and range between 80,000 and 100,000 words. 19 Unlike blockbuster novelizations, which are typically released before the film’s premiere, TV related novels are customarily put off until at least a second season has been secured and may continue being published long after the series goes off-air. Besides, although cult series like Buffy the Vampire Slayer and Star Trek have had many episodes novelized, original novels dominate TV related fiction. The vast majority goes straight to paperback, though a few also have a hardback edition first. Contrary to common belief, most tie-in novels are actually penned by established middle-range writers, not hacks, with some solid stand-alone work and/ or other tie-ins already published, and it is by no means unusual that contributing screenwriters to the show may also be invited to contribute to the book series. Tie-in writers are usually credited for their work, but their biography and picture are very seldom provided inside the book or on the covers, where most of the space is customarily taken up by the franchise logo and a portrait of the show character(s) in the novel. Content is always submitted for studio approval prior to publication, and whether the show creators have a say depends on the kind of deal they Worlds, in International Association of Media Tie-In Writers, iamtw.org/ art_licensed fiction.html 2005 [retrieved, 12/ 06/ 2012]. 15 Will Brooker, “Overflow and audience”, in Will Brooker and Deborah Jermyn (eds.), The Audience Studies Reader, London, Routledge 2003, p. 322-334. 16 Henry Jenkins, op. cit. 17 David Sweeney, op. cit. 18 Lee Goldberg (ed.), Tied In. The Business, History and Craft of Media Tie-In Writing, Calabasas, CA, International Association of Media Tie-In Writers 2010. 19 The figure goes down to between 20,000 and 40,000 words when the novel is targeted at younger audiences. See Aaron Rosenberg, “Dumbing Down? The Challenges of Writing YA Tie-In Fiction”, in Lee Goldberg (ed.), Tied In. The Business, History and Craft of Media Tie-In Writing Calabasas, CA, International Association of Media Tie-In Writers 2010, p. 72. ABC´s Lost and the n ovel 185 managed to strike when the project was picked up. Tie-in writers are required to capture the flavor of the series and put it in book form — that is to say, plots, characters, and story worlds have to be re-encoded for use in a different medium so that the resulting text may achieve a similar effect on the reader as the show does on the viewer. Unlike unauthorized fan fiction, where any sort of relationship or behavior — no matter how unlikely or deviant — may be brought up for the reader’s amusement, 20 tie-in literature is severely constrained by the canon established by the show, with which it must be consistent so as to be approved for publication — i.e., a tie-in original novel must be able to create an allusive non-parody intertextual relationship with the primary text. Primarily addressed to fans, television tie-in original novels usually shorten descriptions of characters and diegetic places regular viewers are already familiar with, and focus on main character interaction and introspection. Analeptic backstories hinted at but never fully explored, different point-of-view retellings of key events, and proleptic stories that read like would-be episodes are the most common narratives of this type of fiction. 4. The Lost tie-in paperpacks. A case of failure ”[W]hat (or who) is on the island with [the survivors] and what is the island’s secret, fuel the cult mythology of Lost”. 21 Well aware of that, ABC marketed many Lost tie-ins — even such unlikely candidates as jigsaw puzzles — as aids to solve the island’s mysteries, especially printed and online materials. Taking this into account, it seems hardly coincidental that the reference volume The Lost Chronicles: The Official Lost Companion, released by Disney’s publishing subsidiary Hyperion on September 28, 2005, was the first Lost tie-in book on the market, and that within a few weeks, the most devoted fans could also satisfy their thirst for information on Lost with the first issue of the monthly Lost: The Official Magazine, published on October 4, and the first installment of the online weekly Official Lost Podcast, uploaded on November 8. Having grabbed a niche market of Lost fans with its reference book, on November 1, Hyperion released Endangered Species, the first in a series of 20 ”In addition to licensed fiction, both the Star Trek and Buffy franchises have generated a vast amount of fan fiction that is, unlicensed production which ‘recomposes’ characters and situations from the source text, violating copyright law in the process. The ‘slash’ sub-genre of fan fiction produces erotic stories featuring homosexual relationships between characters who are not identified as such in the source text. Star Trek’s Captain Kirk is frequently represented in the series as aggressively heterosexual and his transformation in the numerous slash fictions that represent him as homosexual seems to contradict the source text.” David Sweeney, op. cit. 21 Stacey Abbott, op. cit., p. 15. Carlos Menéndez-Otero 186 Lost tie-in mass market paperback original novels intended to come out every two months throughout the season. As planned, a second and a third Lost paperback, entitled Secret Identity and Signs of Life, were published on January 1 and March 1, respectively. 22 Then, a pre-order page for a fourth Lost paperback was available for some time at online bookseller Amazon, though what would eventually come out in May was Bad Twin, 23 a metafictional hardcover first announced for publication in mid-February and credited to a deceased Oceanic 815 passenger. 24 Although precise data on the number of copies sold by the Lost tie-in novels are not readily accessible, at least two facts allow us to infer that Bad Twin was far more successful than any of its paperback predecessors: 1) as of June 2012, the Amazon book sales rank for Bad Twin was 452,295, whereas those for the paperbacks were all below 826,000, 25 and 2) out of the Lost novels, only Bad Twin made it to The New York Times, 26 Publishers Weekly, Amazon and Barnes & Noble bestseller lists by selling about 300,000 copies within a few weeks. 27 Why was Bad Twin so successful? Or rather, why were the other three novels so unsuccessful? At first glance, there is nothing that sets the first three Lost novels apart from other tie-ins. Published in mass market paperback at the peak of the show’s popularity and retailed at $5.99 each, they were commissioned to Cathy Hapka, a recurring writer for Disney tie-in children’s books, and Frank Thompson, a middle-range screenwriter, filmmaker, and film history, fiction and tie-in writer, who had also written some tie-ins for Hyperion before. Running at between about 40,000 (Endangered Species, Secret Identity) 22 Cathy Hapka, Endangered Species, New York, Hyperion Publishing 2005; Cathy Hapka, Secret Identity, New York, Hyperion Publishing 2006; Frank Thompson, Signs of Life. New York, Hyperion Publishing 2006. 23 Gary Troup, Bad Twin. New York, Hyperion Publishing 2006. 24 The narrative and commercial device of crediting the authorship of a tie-in to a fictional character has been used to help sales of novels related to Twin Peaks, Murder She Wrote and As the World Turns, among many others. More recently, Barney Stinson (Neil Patrick Harris) from How I Met Your Mother has been listed as co-author of a series of tie-in humorous self-help books on dating and friendship. 25 Amazon, “Bad Twin (Hyperion)”, www.amazon.com/ Bad-Twin-Hyperion-Gary- Troup/ dp/ B000LP64N6 [retrieved, 12/ 06/ 2012]; Amazon, “Endangered Species (Lost)”, www.amazon.com/ Endangered-Species-Lost-Cathy-Hapka/ dp/ 0786890908 [retrieved, 12/ 06/ 2012]; Amazon, “Lost, Secret Identity - Novelization #2 (Hyperion (Lost))”, www.amazon.com/ Lost-Secret-Identity-Novelization-Hyperion/ dp/ 07868 90916 [retrieved, 12/ 06/ 2012]; Amazon, “Lost, Signs of Life - Book #3”, www.amazon. com/ Lost-Signs-Life-Book-3/ dp/ 0786890924 [retrieved, 12/ 06/ 2012]. 26 On May 27, the novel reached #14th on this list. 27 Felicia Lee, “‘Bad Twin,’ a Novel Inspired by ‘Lost,’ Makes the Best-Seller Lists”, in The New York Times, www.nytimes.com/ 2006/ 05/ 27/ books/ 27lost.html 27/ 05/ 2006 [retrieved, 07/ 05/ 2012]. ABC´s Lost and the n ovel 187 and 46,000 words (Signs of Life), 28 the Lost paperbacks fall into the shorter type of tie-in fiction, mostly taken up by young adult novels. Cover design is consistent throughout the book trilogy, though it seems obvious that some minor tweaks in hue and composition were performed to enhance the bookstore visibility of the second and third book. The most prominent elements on each front cover are by far the Lost logo and an overexposed turquoise-hued cropped mid shot of either one or two white-clad main characters — Kate Austen (Evangeline Lilly) on Endangered Species, Jack Shephard (Matthew Fox) on Secret Identity, Walt Lloyd (Malcolm David Kelley) and John Locke (Terry O’Quinn) on Signs of Life — over an islandrelated background. Also, an upper-cased caption states that the book is ”an original novel based on the TV hit series created by Jeffrey Lieber and J.J. Abrams and Damon Lindelof.” On the back, a synopsis of the novel is provided along with a shot of either the plane wreckage — on Secret Identity and Signs of Life — or the widely-known promotional group shot of the cast from the first season — on Endangered Species. The plot in Endangered Species is about Faith Harrington, a twentysomething herpetologist who gets stranded on the island after her extreme environmentalist boyfriend frames her in the murder of her former Ph.D. advisor, targeted for being at the service of a biotech corporation, in Australia. In Secret Identity, undergraduate psychology student Dexter Cross gets on the Oceanic 815 after being found out by his well-off college girlfriend and her brother that he is not the rich heir he has been claiming to be but a poor white-trash yokel. Finally Signs of Life tells the story of thirty-something Jeff Hadley, a Scottish artist and lecturer unable to forget a now dead girlfriend he jilted before moving to Australia. Each book evokes the narrative of the television series by alternating between flashback episodes, in which the reader is shown the chain of events that caused the said characters inner trauma and eventually put them on the doomed flight, and island episodes, where Faith, Dexter, and Jeff are challenged to confront trauma and ultimately use their skills and abilities to become useful members of the island community. Hapka’s novels also strive to translate the subjective flash cuts from the show into literary form by ending every island chapter with a perception or thought which acts as a hook on which the following flashback chapter hangs. 29 28 Even though we have not had access to the electronic editions, we have been able to estimate the average number of words per page at about 270 — except the first and last page in every chapter, which we have counted as half a page each. According to this estimation, Endangered Species would be approximately 39,150 words long, Secret Identity, 40,500 and Signs of Life, 46,710. 29 To give one example among many, the last paragraph in chapter 6 in Secret Identity reads, ”Dexter’s stomach did an unpleasant flip-flop as he gazed more closely into the young man’s twisted, bloated, yet thankfully unfamiliar face.” (38) On the following Carlos Menéndez-Otero 188 Diegetic time in the island episodes is set by reference to key events from the first season of Lost, which are retold from the main character’s point of view — most notably, the immediate aftermath of the crash, the death of marshal Edward Mars, the golf tournament, the boar hunt, the beach puddle fishing, Sawyer’s looting of the fuselage, and the exodus to the caves. Also, the reader is reminded of the island mysteries by a constant flow of rhetorical questions and especially the periodic appearance of the Smoke Monster. Many of the show themes and motifs also recur, especially the institutional shaping and everyday performance of individual identity, the blurred line between libertarianism and oppression, and the ultimate interconnectedness of all human beings regardless of class, gender, language, or nationality. It may be added that, alongside a plethora of literary, film and art references and allusions, almost every main character from the first season makes at least a cameo appearance in the novels. That notwithstanding, we dare say that, as well as falling largely behind the television show, the three books fail both as novels and Lost tie-ins. First, both the front cover design and the tie-in genre conventions create character expectations that are disappointingly not met. For much of each book, the reader is stuck with a bland, poorly-characterized — for instance, hardly any effort has been made to capture the rich display of languages, accents and dialects in the show’s dialogue — main character never ever mentioned on the series, but whom they are asked to accept as a member of the ‘background survivors’ featured on each episode, very much like the infamous Nikki Fernandez (Kiele Sanchez) and Paulo (Rodrigo Santoro), shoehorned into the show on season three and soon made to exit the stage for good. Second, the rather dull and predictable plot in each novel is only made worse by a simple-sentence short-paragraph style that reads mostly like a verbatim transcript of a second-rate discarded screenplay. Third, although Hapka’s novels are mostly consistent with the show events, Signs of Life is not and, for instance, it misdates the O-815 crash by two years and does not conform to the flashback-island alternation in chapters 7-8, 16-17 and 19-22. Finally, the endless ”forensic fandom” 30 that provided much of the pleasure of watching Lost is actually prevented by these books, for they utterly fail to deliver any insider’s knowledge to the mysteries of the island and besides, they customarily make explicit much of what is deliberately left implicit on the show, especially images in the background of shots, passing intertextual references and allusions, and subtle looks between characters. page, chapter 7 begins with the sentence, ”Dexter’s stomach jumped like a nervous frog as the bus pulled to the curb with a loud wheezing of brakes.” (39) 30 Will Brooker, “Television Out of Time, Watching Cult Shows on Download”, in Roberta Pearson (ed.), Reading Lost, London, Tauris 2009, p. 61-70. ABC´s Lost and the n ovel 189 5. Bad Twin. Lost in transmedia All these flaws, much commented on by very disappointed fans online, made ABC turn the tables completely for Bad Twin. To begin with, the book was conceptualized by show runners Damon Lindelof and Carlton Cuse themselves, who had also been dismayed at the ABC-commissioned paperbacks, in which they had taken no part at all. 31 Product placed in manuscript form on the Lost episodes The Long Con and Two for the Road, aired on February 8 and May 3, respectively, Bad Twin was ghostwritten by Laurence Shames as Gary Troup — a fact which was not made public until mid-June and allowed for some weeks of online buzz about the identity of the author and the rather overt ‘purgatory’ anagram in the pen name. 32 Better written and substantially larger 33 than the previous Lost novels but also flawed with cliché and some dull characters, Bad Twin is deceptively presented as a conventional single point of view noir novel with little apparent link to the series, either in form or content. Thus, the plot is about Paul Artisan, a cynical small-time investigator hired by Cliff, one of the twin heirs to the Widmore fortune, to find his missing brother and alleged family’s black sheep Zander. As Artisan’s investigation unfolds across the State of New York, the Florida Keys, Cuba, and Australia, death seems to follow his steps, and it becomes increasingly obvious that he was only hired to fail and in fact, very little in the Widmore family is as it appears to be. The hardback front cover greatly differs from those of the previous novels or for that matter, most tie-in fiction. It shows a sunset-lit shot of the title twig-carved into beach wet sand. Centered at the bottom is the fictional author’s name and just below, the caption ”His Final Novel Before Disappearing on Oceanic Flight 815.” The series logo, much smaller than on the paperback covers, is displayed in a tiny sticker-like oval illustration over the author’s name. On the back cover, the place of the synopsis is taken by a text insisting that Troup, an author of “many novels of mystery and crime” and ”several non-fiction books, including The Valenzetti Equation,” is believed to have perished in the O-815 catastrophe. On the first pages, even though the copyright page states that the book is “a work of fiction” and ”the author himself is a fictional character,” a note from the Hyperion editors, some correspondence between Troup and Walkbout editor Christine DeVries, and 31 ”ABC commissioned mass-market novelizations for “Lost,” with titles like “The Endangered Species” [sic] and “Secret Identity.” Mr. Lindelof picked one up; a chapter and a half in, he remembered thinking, “This is terrible.” Lorne Manly, “Running the Really Big Show, ‘Lost’ Inc.”, in The New York Times, www. nytimes.com/ 2006/ 10/ 01/ arts/ television/ 01manl.html 01/ 10/ 2006 [retrieved, 18/ 05/ 2012]. 32 Felicia Lee, op. cit.; Steven Zeitchik, “Inside Move, It’s a Shames”, in Variety, www.variety.com/ article/ VR1117945504 18/ 06/ 2006 [retrieved, 10/ 05/ 2012]. 33 Estimating the average number of words per page at about 300, we would say that Bad Twin is roughly 65,700 words. Carlos Menéndez-Otero 190 a romantic dedication to Oceanic flight attendant Cindy Chandler further expand the author’s back-story and place him firmly in a liminal space between the story world of Lost and the reader’s everyday life — the very same space where the Lost tie-in alternate reality game (ARG) The Lost Experience, actively promoted by Lindelof and Cuse as part of the official mythology of the series, started to be played coinciding with the book launch on May 2. Over the summer of 2006, The Lost Experience would engage thousands of fans in the US, Australia, and the British Isles in a communal ”multimedia treasure hunt” 34 that, besides the Troup back-story 35 and Bad Twin, built its complex narrative through e-mails, voicemails, online discussion board messages, newspaper ads, commercials, billboards, corporate websites, blogs, online videos, television programs, stunts, and even candy bar wraps which were not positioned as fictional, but as real. By discovering the often well-hidden clues disseminated throughout these media, players were supposed to be helping fictional blogger Rachel Blake a.k.a. ‘Persephone’ (Jamie Silberhartz) bring out the dark secrets — including the meaning of the famous numbers and the island’s stations — of the DHARMA Initiative and its parent company, the Hanso Foundation, both introduced in the second season of Lost. Also, in the course of the game, players were often asked to interact with sites of sponsoring brands like Sprite, Jeep, Verizon and Monster, which augmented the impression of reality and generated a most welcome flow of advertising revenue for ABC. On May 9, a quarter-page newspaper advertisement and an online statement from the Hanso Foundation asking readers not to believe Bad Twin made the novel an essential piece in the transmedia narrative of The Lost Experience, which boosted sales and more importantly, prompted fans to read it as actively as they watched Lost, and find intertextual references and allusions that could help solve the ARG puzzles and ultimately those of the series itself. As Cari Vaughn points out, ”Bad Twin makes an effort to continue the idea of hypertext and metafiction, reiterating references from the show [...] and introducing links to new sources.” 36 More specifically, readers were asked to navigate through at least three different interconnected levels of 34 Lia Miller, “To Counter the Doldrums During Summer Reruns, ‘Lost’ Fans Can Get Lost in a Game Online”, in The New York Times, query.nytimes.com/ gst/ fullpage.html ? res=9C00E3DF123FF937A15757C0A9609C8B63 24/ 04/ 2006 [retrieved, 10/ 05/ 2012]. 35 In the following weeks, the story was supplemented with online clips from a fake 2004 television program called Book Talk, on which Troup (portrayed by an unknown actor) further discussed Bad Twin, the Hanso Foundation and his non-fiction book The Valenzetti Equation, supposedly removed from public access by the said foundation. Besides that, the passenger sucked into the turbine on Pilot. Part 1 (played by stuntman Frank Torres) was retroactively identified as Gary Troup. 36 Cari Vaughn, “Lost as Hypertext”, in Lost Online Studies, vol. 2, issue 1, loststudies.com/ 2.1/ hypertext.html 2008 [retrieved, 12/ 05/ 2012]. ABC´s Lost and the n ovel 191 intertextuality: 1) mysteries (the numbers, the island, the stations), institutions (Paik Industries, the Widmore family, the Hanso Foundation) and themes (family feuding, class difference, renewal through atonement, relativity of good and evil, literary versus audiovisual culture, and especially the island as purgatory) from the show itself; 2) literary works (The Lord of the Flies, The Turn of the Screw) and philosophers (John Locke) referenced or alluded to on the show, and 3) other literary and film works (The Odyssey, The Epic of Gilgamesh, Beowulf, King Lear, The Great Gatsby, A River Runs Through It, The Divine Comedy) and philosophers (St. Augustine). By positioning the reader as a small-time detective on an active social lookout for intertextual references and allusions, Bad Twin successfully replicated in a different medium the watching experience of the show, where viewers simultaneously identify with the main cast and ”are positioned as detectives”, 37 and linked it to the larger transmedia narrative of The Lost Experience, where much of the narrative unfolding seemed to depend on the players’ skill at solving collaboratively online the puzzles created by writers Jordan Rosenberg and Javier Grillo-Marxuach, and developed by the UK design agency Hi-ReS! . 38 The Lost Experience was nevertheless criticized for ”its overt commercialization” 39 and the very small dribble of information it provided about the soaring number of Lost unsolved mysteries, which in turn fed an alreadyexisting theory that answers were being withheld just because the show runners did not know where the story was going and they were making it up as they went along. 40 By the time the first six episodes of season three had erred in November 2006, the theory was regarded as a certainty by an increasing number of fans, who proceeded to jump ship in droves when the show came back in February. 6. Conclusion To conclude, on the one hand, The Lost Experience provided the Lost fan base with a one-off story world where communities could be built to engage with a carefully-developed Lost-related narrative which successfully translated into multiple platforms, including the tie-in original novel Bad Twin and the reader’s everyday life, the fictional universe of the series and the active collaborative videogame-like watching experience of hardcore fans worldwide. 37 Ivan Askwith, “‘Do You Even Know Where This Is Going? ’ Lost’s Viewers and Narrative Premeditation”, in Roberta Pearson (ed.), Reading Lost, London, Tauris 2009, p. 171. 38 See Hi-ReS! , “The Lost Experience”, in Archive, archive.hi-res.net/ thelostexperience/ index.html 2006 [retrieved, 30/ 04/ 2012]. 39 Jason Mittell, “Lost in a Great Story. Evaluation in Narrative Television (and Television Studies)”, in Roberta Pearson (ed.), Reading Lost, London, Tauris 2009, p. 130. 40 Ivan Askwith, op. cit. Carlos Menéndez-Otero 192 Had Endangered Species, Secret Identity and Signs of Life attempted to do that, or meet the main character expectations created on their covers, they might have been far more popular among Lost fans than they were, although it should not be forgotten that the very narrative of the show, heavily dependent on visual composition and editing, allusive and accented dialogue, unexpected relationships among characters and especially anachronism, was actually a major obstacle to the development of original novels along the conventions of the tie-in genre. On the other hand, the ultimate failure of The Lost Experience, Bad Twin and the first six episodes of season three to reward highly time-consuming efforts at forensic fandom with valuable information about the island’s mysteries finally exhausted the patience of many fans, who felt betrayed and either quit their zealous forensic fandom or stopped watching the show entirely. While ratings plummeted in the first semester of 2007, the show runners insisted that, even though there had been a master plan — i.e., ”fibula” 41 — for the series from the very beginning, the actual narrative — i.e., ”shushed“ 42 — was heavily dependent on audience response, network requirements and production contingencies. As proof of that, no sooner had Lindelof and Cuse reached an agreement with ABC to end the show after three more sixteen-episode seasons that Lost started to provide answers to some ongoing mysteries, as well as ”teasing nods in dialogue that treated the viewer as a confidante — lines pre-empting or echoing fan discourse”. 43 As a result, the ratings hemorrhage was contained for much of the following season, but many of the lost viewers did not ever return and in fact, viewership periodically fell below the ten million mark in seasons five and six. In the meantime, tie-in lines had also had to be redesigned accordingly. Whereas the rising number of DHARMA Initiative brand products and collectibles that came out from 2007 onwards sold quite well, growing fan reluctance to engage with further non-payoff highly time-consuming Lost tieins made rather unsuccessful the much more straightforward ARG sequels to The Lost Experience, Find 815 (2007) and The Dharma Initiative Recruiting Project (2008).Also, despite the success of Bad Twin, such reluctance ruled out any possibility of another read-between-the-lines novel or for that matter, any tie-in printed fiction to Lost — even more so since Lindelof and Cuse publicly expressed their disgust at Hyperion having allowed Shames to put his own vision into Bad Twin and use copyrighted elements without network clearance. 44 41 David Bordwell, Narration in the Fiction Film, Madison, WI, University of Wisconsin Press 1985, p. 48-62. 42 Ibid. 43 Will Brooker op. cit. 2009, p. 68. 44 Steven Zeitchik, op. cit. ABC´s Lost and the n ovel 193 That the Lost printed fiction was hardly missed by the fan base and Lost. The Missing Pieces (2007-2008), a Verizon-sponsored series of thirteen two-tofive minute tie-in mobisodes which looked further into the main cast backstories, was better received than any of the paperbacks lead us to wonder whether tie-in narratives are about to become as audiovisual as the shows, films and videogames they mostly spring from. Bibliographical References Stacey Abbott, “How Lost Found Its Audience, The Making of a Cult Blockbuster”, in Roberta Pearson (ed.), Reading Lost, London, Tauris 2009, p. 9-26. ABC Medianet, Season Programs Rankings, in Press Releases, abcmedianet.com/ web/ dnr/ dispDNR.aspx? id=062105_06 21/ 06/ 2005 [retrieved, 19/ 06/ 2010]. 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In this respect, Poe has been acknowledged as the writer who endowed the Gothic genre with a significantly modern flavor, turning archetypal 18 th -century Gothic clichés into physical reflections of a narrator’s troubled mind, exploring realistic cases of psychopathology, and granting horror an undeniable status which rendered it worth perusing by avid readers and highbrow scholars alike. Similarly, despite Stephen King’s few incursions in other genres such as science fiction, 1 he has also for the most part been known worldwide as the king of horror, gradually thrusting horror fiction, a commonly considered minor genre up to then, into the mass market arena. 2 In this sense, according to Gary Hoppenstand and Ray Browne, during the 1960s and 1970s, “horror fiction then produced the occasional best-seller, such as Ira Levin’s Rosemary’s Baby (1967) and William Peter Blatty’s The Exorcist (1971), but for the most part the late 60s and the 70s were […] not the eras of Dracula, Frankenstein and the Wolfman. [Nevertheless] King helped to change that”. 3 For the second half of the twentieth century up to now, Stephen King has arguably made himself a brand name in this genre, considering himself “the Green Giant of what is called the ‘modern horror story’” 4 , updating classics of the 1 It is the case of Stephen King’s last novel 11/ 22/ 63, which deals with time travel. 2 Even if Stephen King is contemporary to other outstanding horror writers such as Dean R. Koontz or Clive Barker, his popularity has made him distinct from the rest. Likewise, the fact that many of his novels have ultimately been turned into films has also played a major role in increasing his popularity as a contemporary horror writer. 3 Gary Hoppenstand and Ray B. Browne, “The Horror of It All, Stephen King and the Landscape of the American Nightmare”, in The Gothic World of Stephen King, Landscape of Nightmares, Bowling Green, Bowling Green State University Press, 1987, 1. 4 Stephen King, “On Becoming a Brand Name”, in Tim Underwood and Chuck Miller, Fear Itself, The Horror Fiction of Stephen King, San Francisco, Underwood-Miller, 1982, 15. Marta Miquel-Baldellou 196 genre to suit the contemporary readership, 5 and lately, attracting much attention from the field of popular fiction studies. Critics such as Michael L. Burduck (1992), Frederick S. Frank and Anthony Magistrale (1997), and more recently, Burton R. Pollin (2004), to name just a few, have already noticed some parallelisms between the works of Edgar Allan Poe and Stephen King. Frank and Magistrale have claimed, forinstance, that ”King responds to the example and work of Poe on a variety of levels in his fiction, inspired by Poe’s explorations of the collective and personal unconscious”. 6 Magistrale has claimed that Poe’s tales have given shape to King’s fictional landscape, stating that this intertextuality can best be appreciated in King’s frequent citations and acknowledgement of the influence Poe has exerted on the bulk of his work. 7 Likewise, Burton R. Pollin argued that ”since 1967 his [King’s] publications have been rich in their allusions to Poe or to his works and have often been patently shaped, in part, through schemes, methods, and devices derived from that author”. 8 Nonetheless, despite all these critics’ references to the intertextuality existing between both authors, it has been Stephen King himself who has mostly emphasized the important influence Poe has exerted on his works. In his long literary essay Danse Macabre, King considers Poe’s ”The Tell-Tale Heart” as ”perhaps the best tale of inside evil ever written”. 9 Similarly, in his non-fiction volume entitled On Writing: A Memoir of the Craft (2000), King gladly admitted that the first narrative he ever managed to sell was his own written version of Roger Corman’s film The Pit and the Pendulum, loosely based on Edgar Allan Poe’s tale. It seems King felt so thrilled after seeing Corman’s film in the cinema that he immediately got down to write the story and to sell it to many of his classmates at the elementary school. In his memoirs, King declared that, as a child, he was particularly fond of Roger Corman’s ’Poepictures,’ as he used to call them, and it was through them 5 Mary Ferguson Pharr has pointed out that to King’s ”popular culture genius lies in his ability to redesign classic Gothic lore” (115). As a case in point, Stephen King’s novels Pet Sematary and Salem’s Lot have been read as works updating classics of the horror genre such as Frankenstein and Dracula, respectively. 6 Frederick S. Frank and Anthony Magistrale, ”Stephen King”, in The Poe Encyclopedia. Westport, CT, Greenwood Press, 1997, 188. 7 Anthony Magistrale, Student Companion to Edgar Allan Poe, Westport, CT, Greenwood Press, 2001, 29. 8 Burton R. Pollin, “Stephen King’s Fiction and the Heritage of Poe”, Poe’s Seductive Influence on Great Writers, New York, Universe, 2004, 230. 9 Stephen King, Danse Macabre, London, Warner Books, 2000, 80. Stephen King also widely focuses on Poe’s ”The Tell-Tale Heart” in his essay ·The Genius of ‘The Tell- Tale Heart’” in the volume entitled In The Shadow of the Master, edited by Michael Connelly. Stephen King in Edgar Allan Poe’s Mirror 197 that Edgar Allan Poe’s Gothic universe gradually began to settle in his own imagination. 10 2. A parallel poetics of fear Both Edgar Allan Poe’s and Stephen King’s notion of fear is deeply rooted in their poetics of writing, which bears a significantly close resemblance in both authors, and is thoroughly explored in their respective reflective essays on horror and creativity, mainly Stephen King’s Danse Macabre (1981) and On Writing (2000), 11 and Poe’s ”Review of Nathaniel Hawthorne’s Twice-Told Tales” (1842) together with his seminal text “The Philosophy of Composition” (1846). According to David Saliba, “for an author [Poe] whose own theory of art stipulates the need for captivating the reader’s complete attention, fear is an appropriate choice for effecting his ends, mainly because of the fascination it holds for most readers”. 12 A comparative analysis of the texts about their poetics of writing underpins the blatant parallelisms between both writers and their similar theories about the importance of the effect. In this respect, Michael L. Burduck went so far as to state that “the ideas King presents [in Danse Macabre] shed light on works of terror produced long before that period [ultimately concluding] [s]imilar if not identical notions of horror no doubt existed in the mind of Poe”. 13 As outstanding popular writers, both Poe and King also share their complete awareness of what the readership demands so as to reach as large an audience as possible, thus becoming icons of popular fiction. 14 Poe knew about the fears present in the nineteenth-century mind, and King even dared to a top ten list of fears most threatening and appealing to contemporary readerships. As an avid reader of scientific works, Poe found particularly fascinating those works discussing diseases of the human mind, and scholars such as David Sloane have stated Poe knew the theories of nineteenthcentury doctor Benjamin Rush and his most famous book Medical Inquiries 10 It is ironic to think that, some years later, many of Stephen King’s novels would also be turned into successful films such as Carrie (Brian de Palma, 1976), The Shining (Stanley Kubrick, 1980) or The Shawshank Redemption (Frank Darabont, 1994), to name just a few. 11 As a companion to On Writing, Stephen King showed his interest in the creative process publishing his volume Secret Windows, Essays and Fiction on the Craft of Writing (2000). 12 David R. Saliba, A Psychology of Fear, The Nightmare Formula of Edgar Allan Poe, Washington, University Press of America, 1980, 2. 13 Michael L. Burduck, Grim Phantasms, Fear in Poe’s Short Fiction, New York, Garland, 1992, 25. 14 Edgar Allan Poe has lately been studied as an icon of popular culture. See articles, Mark Neimeyer’s “Poe and popular culture” in The Cambridge Companion to Edgar Allan Poe (ed. Kevin J. Hayes, 2002), and John E. Reilly’s “Poe in Literature and Popular Culture” in A Companion to Poe Studies (ed. Eric W. Carlson, 1996). Marta Miquel-Baldellou 198 and Observations upon the Diseases of the Mind, published in 1812. According to Rush, fear is a form of madness, and anticipating the thoughts of John Conolly, fear arises from the mind’s inability to control the ramblings of imagination. However, Rush also acknowledged that a sudden impression from fear or terror may even prove beneficial and even cure the disease. Drawing on this medical theory of fear, in the domain of fiction, the perusal of horror narratives may assist readers in overcoming their anxieties and developing resistance to this emotion. In this respect, the horror writer, such as Poe, uses fear as a type of inoculation so as to exorcise personal and innermost fears. Consequently, fear may even be associated with a pleasurable experience as it may aid in conquering our sense of terror by means of confronting our fears in a controlled and safe environment such as when reading a scary tale. Readers can thus explore their own fears as reflected in a Gothic tale, and therefore, learn something about themselves. In this respect, Poe seemed to be aware of the close relation established between fear and wonder, and thus, of Edmund Burke’s theories about fear and a person’s desire to indulge in it. In Burke’s words, “whatever is in any sort terrible, or is conversant about terrible objects or operates in a manner analogous to terror, is a source of the sublime”. 15 In this sense, according to Michael Burduck, Poe realized that “Beauty exists side by side with terror and horror”, 16 and this is why he stated that the death of a beautiful woman is unquestionably the most poetical topic in the world, 17 thus showing the inextricable link between fear and beauty, sorrow and the sublime. This therapeutic function of horror fiction runs parallel with Stephen King’s reflections about the genre in his seminal volume Danse Macabre. King ponders about the function of horror fiction, finally reaching the conclusion that “we make up horrors to help us cope with the real ones”. 18 King even goes so far as to use the Greek term catharsis, implying that we need to grasp the sources of fear, and turn them into tools that will help us dismantle them, thus hopefully allowing us to overcome those fears. The vicarious experience of reading fantasy fulfils the need to escape from the rigid reality around us. Through a suspension of disbelief, 19 readers face their own fears and manage to defeat them, thus attaining a feeling of satisfaction once the reading experience and its catharsis have come to an end. In this respect, 15 Edmund Burke, A Philosophical Enquiry into the Origin of Our Ideas of the Sublime and the Beautiful, New York, Columbia University Press, 1958, 39. 16 Michael Burduck, Grim Phantasms, Fear in Poe’s Short Fiction, New York, Garland, 1992, 15. 17 Edgar Allan Poe, “The Philosophy of Composition”, in, G.R.Thompson, Great Short Works of Edgar Allan Poe, New York, Perennial Library, 1970, 535. 18 Stephen King, Danse Macabre, London, Warner Books, 2000, 27. 19 This concept must be attributed to the Romantic poet Samuel Taylor Coleridge. Stephen King in Edgar Allan Poe’s Mirror 199 Stephen King has admitted that horror fiction reaffirms the idea of order, and ultimately, stresses the value of the norm. 20 Once the cathartic function of horror fiction has been acknowledged, there is also the need to identify those sources of fear. Popular writers of horror fiction would look for experiences that most people would find frightening so as to attract as large an audience as possible. In the preface to Tales of Grotesque and Arabesque (1840), Poe admitted that the nature of horror did not come from Germany, referring to 18 th -century Gothic tales and their aesthetic features, but rather from the soul, thus implying his horror tales were necessarily of a more introspective nature, and consequently, more effective. Likewise, Stephen King has contended that most of his ideas to write a horror novel come from his own nightmares, 21 assuming that what he considers effective enough to scare him may also be resorted to, so as to produce a shocking effect on someone else. Thus, in both cases, even if Poe and King may exploit some external trappings of the classic Gothic tradition, they mostly aim at awakening the terrors of the human mind. In this respect, Poe often employs the fears present in his contemporaneous readers’ minds such as the death of a beloved one in tales like “Morella” and “Ligeia”, the fear of insanity in “The Tell-Tale Heart” and “The Imp of the Perverse”, claustrophobia and being entombed while still alive in “The Premature Burial” and “The Fall of the House of Usher”, fear of crowds and strangers in “The Man of the Crowd”, fear of animals in “Metzengerstein” and “The Black Cat”, and the ancestral fear of darkness in tales such as “The Pit and the Pendulum”. Significantly enough, Stephen King also refers to what he calls phobic pressure points, 22 listing up to ten kinds of fear that he perceives as particularly recurring in most people, such as the fear of the dark, squishy things, deformity, snakes, rats, closed-in places, insects, death, others, and finally, the fear for someone else. The writer selects one particular fear and has to make sure he invests all his efforts so as to achieve that particular effect. King thus describes the work of horror as a dance, or a rhythmic search for the place where readers live at their most primitive level. Then, this source of fear can be exploited in different ways. In his volume Danse Macabre, King also claims that Gothic fiction exists at three main levels. Firstly, there is the finest emotion, which is known as terror, and which comprises those tales in which we see nothing outright nasty, but it is rather what the mind sees that make these stories quintessential tales of terror. As a case in point, King states “terror is the sound of the 20 Michael Burduck, Grim Phantasms, Fear in Poe’s Short Fiction, New York, Garland, 1992, 27. 21 Stephen King, “The Horror Market Writer and the Ten Bears”, in Gary Hoppenstand, Popular Fiction, An Anthology, New York, Longman, 1997, 93. 22 Stephen King, Danse Macabre, London, Warner Books, 2000, 18. Marta Miquel-Baldellou 200 old man’s continuing pulse beat in ’The Tell-Tale Heart’”. 23 Secondly, there is horror, which King perceives as the emotion of fear that underlies terror, and describes it as a less refined emotion because it is not entirely from the mind but rather invites a physical emotion. Finally, the third level in Gothic fiction amounts to revulsion or feeling grossed-out, by means of which the writer makes use of revolting scenes if necessary so as to cast the reader under his spell. King summarises his theory about Gothic fiction stating: So: terror on top, horror below it, and lowest of all, the gag reflex of revulsion. My own philosophy as a sometime writer of horror fiction is to recognize these distinctions because they are sometimes useful, but to avoid any preference for one over the other on the grounds that one effect is somehow better than another. […] I recognize terror as the finest emotion […], and so I will try to terrorize the reader. But if I find I cannot terrify him/ her, I will try to horrify; and if I find I cannot horrify, I’ll go for the gross-out. I’m not proud. 24 Thus, according to King, terror gives way to horror when the reader eventually faces the source of fear that lurks behind the closed door; terror is uncertainty, while horror is corroboration; terror appeals to the mind, while horror is more physically appealing. Then, revulsion comes in to indulge in the nasty aspects of horror. King’s words about the need to use any of these three levels of horror, if necessary, also echo those of Poe when the Bostonian writer referred to the animadversions that these tales of effect often attracted from literary critics, 25 arguing, instead, that the true critic should only judge whether the purpose of the tale has been accomplished, no matter what advantageous means the writer had to resort to, so as to attain the intended effect (that is, whether it is by means of terror, horror or even revulsion). Stephen King mostly identifies Poe with the domain of terror, as Poe’s tales are filled with instances of uncertainty such as the moments preceding Madeline’s resurrection in “The Fall of the House of Usher”, which rather appeal to the fears of the mind rather than to any physical response. However, Roderick’s shocking vision of Madeline standing by the door could be described as a valid example of Poe’s intrusion within the realm of horror, and moreover, Poe’s accurate description of Madeline’s robes tainted with blood, or Valdemar’s decomposing corpse, for that matter, are arguably moving closer to what King would aptly term as the gross-out. Apart from the need to select one particular effect and try hard to attain it by means of terror, horror or even sheer revulsion, both writers also share their firm belief in the need to envision the whole tale with that specific aim 23 Stephen King, Danse Macabre, London, Warner Books, 2000, 37. 24 Stephen King, Danse Macabre, London, Warner Books, 2000, 39-40. 25 Edgar Allan Poe, “Review of Twice-Told Tales”, in G.R.Thompson, Great Short Works of Edgar Allan Poe, New York, Perennial Library, 1970, 523. Stephen King in Edgar Allan Poe’s Mirror 201 in mind: to cause a particular effect on the reader. In this sense, Stephen King defends the right to surround a basic fear with a plot, stating that “Edgar Allan Poe wrote the same way, and suggested again and again in his literary essays that the only way to write a short story was to begin with the effect and then work your way out”. 26 Likewise, in his “Review of Twice-Told Tales”, Edgar Allan Poe states that “the unity of effect or impression is a point of the greatest importance”, and thus, the writer, “having conceived, with deliberate care, a certain unique or single effect to be wrought out, he then invents such incidents - he then combines such events as may best aid him in establishing this preconceived effect”. 27 Poe perceives that this effect is so important that he even goes as far as to state that there should be no word in a tale that is not aimed at achieving that pre-established design. Thus, other features such as length, tone, or plot are subservient to Poe’s theory of the unity of effect. 28 In addition to their similar way of conceiving their poetics, Poe and King also share a profoundly allegorical quality in many of their writings. 29 In his volume Danse Macabre, Stephen King claims that the popularity of horror fiction seems to increase in periods of serious economic or political constraints, and therefore, these novels tend to reflect these national anxieties. 30 Hence, King’s stories often portray New England middle-class suburbs that seem quintessentially normal in appearance until this sense of apparent normality is subverted, and this façade of innocence is ultimately found to conceal a pitch dark secret. Thus, according to Gary Hoppenstand and Ray Browne, these novels often show that the American dream may become an American nightmare, 31 that the American experience is not always positive, and that Americans living in apparently blissful suburbs may also hide a skeleton in the cupboard. In this respect, themes such as abused innocence or the decadence of the American family life are constantly explored in many of King’s novels. Similarly, Poe’s Gothic tales also reflect the cultural context in which they were originated. To use Michael Burduck’s words, Edgar Allan Poe disputed “the rather overly optimistic ideas formulated at the onset of the American 26 Stephen King, “The Horror Market Writer and the Ten Bears”, in Gary Hoppenstand, Popular Fiction, An Anthology, New York, Longman, 1997, 94. 27 Edgar Allan Poe, “Review of Twice-Told Tales”, in G.R.Thompson, Great Short Works of Edgar Allan Poe, New York, Perennial Library, 1970, 521-522. 28 Edgar Allan Poe, “The Philosophy of Composition” in G.R.Thompson, Great Short Works of Edgar Allan Poe, New York, Perennial Library, 1970. 29 Stephen King, Danse Macabre, London, Warner Books, 2000, 47. 30 Stephen King, Danse Macabre, London, Warner Books, 2000, 43. 31 Gary Hoppenstand and Ray B. Browne, The Gothic World of Stephen King, Landscape of Nightmares. Bowling Green, Bowling Green State University Press, 1987, 8. Marta Miquel-Baldellou 202 Renaissance”, 32 challenging the contemporary transcendental optimism and defending that good does not always defeat evil. Moreover, as an editor and journalist in many periodicals of the time, Poe was well aware of the news currently published, reading and writing about murders, journeys and scientific advances alike, and on many occasions, Poe made use of this frightful news published in journals so as to write his tales and produce the intended effect. Finally, both Poe and King share an acute sense of irony that is often present in most of their works. King has referred to the humor that is often implicit in horror fiction, 33 whether to stress out extreme situations that otherwise would be unbearable if prolonged for too long, to establish a closer relation with the reader, or to show the narrator’s insanity if he also happens to be the villain of the story. In this sense, many demented narrators in Poe’s tales also make use of irony and humor precisely to underline their psychotic traits and thus let the reader know about the untrustworthiness of their narrative. In King’s novels, humor is also often used to appease the reader momentarily, while the surprising and terrible twist is just awaiting him round the corner. 3. A comparative analysis Both Poe’s and King’s poetics of writing and their theory about the unity of effect can be perceived in their respective tales “The Cask of Amontillado” (1846) and “Dolan’s Cadillac” (1993). Both tales depict the narrator’s resentment against his rival and the accurate account of the murder that the narrator committed so as to take revenge on his antagonist for a terrible offence he once perpetrated. Despite some alterations, King’s tale, published in 1993 within his compilation of short-stories Nightmares and Dreamscapes, is an intended homage to Poe’s seminal tale “The Cask of Amontillado”. In this sense, Anthony Magistrale has already pointed out the blatant intertextuality existing between Poe’s classic tale “The Cask of Amontillado“ and Stephen King’s “Dolan’s Cadillac“, stating that The urge for revenge becomes as much a marker for King’s central protagonist as it is for Poe’s Montresor. The male characters are compelled to return to the details of their stories, and each is somehow comforted in the retelling of it. Furthermore, the employment of a first-person narration in both tales forces the reader to participate vicariously in the act of revenge. As we are made to witness each brick stacked into the wall of “Amontillado“, in King’s narrative we are likewise 32 Michael L. Burduck, Grim Phantasms, Fear in Poe’s Short Fiction, New York, Garland, 1992, 7. 33 Stephen King, Danse Macabre, London, Warner Books, 2000, 146. Stephen King in Edgar Allan Poe’s Mirror 203 drawn into the main protagonist’s obsessional preparations for the live burial of his adversary. 34 King’s tale, “Dolan’s Cadillac”, discloses Robinson’s confession of the murder of wealthy Dolan so as to take revenge for the death of his wife. Robinson begins his narrative stating that he has waited for seven years, watching over Dolan from afar, giving himself time to choose the best way to accomplish his plan. Robinson, the narrator of King’s tale, discloses that he and his wife worked as schoolteachers, while Dolan was an opulent and corrupt businessman without scruples. One fine day Robinson’s wife witnessed one of Dolan’s unlawful acts and reported him to the police. As a result of this, she was killed when her car, full of dynamite, exploded when she started the engine. Robinson has always been aware that Dolan is to blame for making him a widower, and since then, he has promised himself to devise a plan so as to take revenge. In Poe’s tale, Montresor also vows revenge for the thousand injuries of Fortunato. Nevertheless, the exact reason why Montresor decides to murder Fortunato is never fully stated. Montresor’s confession of his murder takes place half a century later than the terrible deed was committed, and as happens in King’s tale, there is an important antagonism between both rivals. Fortunato is a wealthy and well-reputed expert on wine, while the ancient grandeur that used to characterise Montresor’s ancestors has long vanished. Even if both Montresor and Robinson feel eager to execute their deeds, they also know that revenge is a dish best eaten cold, and they wait patiently enough to take action when it suits best. Due to this long process of watching over their rivals, the avengers gradually learn about their antagonists’ weaknesses. In Poe’s tale, the action is set in Italy, and during the Carnival season, when Fortunato is in disguise and slightly inebriated, Montresor decides to invite him to taste some Amontillado he preserves in the vaults of his palazzo. Well aware of Fortunato’s weakness for good wine, Montresor knows he will be able to lead his victim to his cellar and accomplish his purpose of walling him up. In Stephen King’s tale, Robinson has witnessed Dolan making frequent pilgrimages between Las Vegas and Los Angeles in his silver Cadillac. In the course of one of Dolan’s journeys, Robinson intends to change the road signs, and lead Dolan to a deserted area. He also plans to dig a deep hole so that Dolan’s Cadillac gets stuck in it and Dolan is buried alive in his car. So as to accomplish his deed, Robinson gets plenty of physical training and acquires some expertise in how to handle excavators and digging tools. Significantly enough, Robinson decides to take action on the fourth of July as he realizes Dolan is coming to town on that day. 34 Anthony Magistrale, Student Companion to Edgar Allan Poe. Westport, CT, Greenwood Press, 2001, 29. Marta Miquel-Baldellou 204 Both tales are told from the perspective of the narrator who is a victim as well as the villain of the story. In both cases, the narrators provide an accurate account of their deeds so as to prove their sanity and the fairness of their actions to impart justice. However, the fact that they cannot forget their criminal endeavors after such long time, together with their threads of thought prior to committing their deeds, turn them into unreliable narrators precisely due to their obsessive and psychotic traits. In King’s tale, when Robinson is tempted to give up his plan to take revenge, he constantly overhears the voice of his late wife so that he can regain courage and ultimately accomplish his deed. In Poe’s tale, Montresor’s apparently cold-blooded account and his sense of triumph are weakened when, toward the end of Poe’s tale, it is stated that Montresor’s murder took place half a century before, thus implying, despite having committed the crime, and thus, having avenged himself, Montresor is incapable of leaving the past behind. In terms of plot, both tales follow a descending pattern as their narrators inevitably fall to the temptation of accomplishing their revenge, and their victims are irretrievably condemned to hell and buried alive in the ground. In both stories, there are explicit references to masonry, as Montresor shows his trowel when Fortunato demands a sign to prove he belongs to the brotherhood, and as Robinson acquires expertise in building and uses his shovel to bury Dolan in his Cadillac in the desert. Both tales run parallel to each other once Fortunato and Dolan have fallen into their respective executor’s trap. The victims’ terror turns into laughter and ultimately madness as they realize the end that is awaiting them. In a last attempt to ask for mercy, Fortunato and Dolan address their villains uttering exactly the same well-known words. In Poe’s tale, the last words Montresor and Fortunato exchange are the following: “For the love of God, Montresor! ” “Yes,” I said, “for the love of God! ” But to these words I hearkened in vain for reply. I grew impatient. I called aloud- “Fortunato! ” No answer. I called again - “Fortunato! ” No answer still. I thrust a torch through the remaining aperture and let it fall within. 35 In Stephen King’s tale, this final scene is similar enough to that in Poe’s story as the following quote asserts: 35 Edgar Allan Poe, “The Cask of Amontillado”, in, G. R. Thompson, The Selected Writings of Edgar Allan Poe. New York, Perennial Library, 2004, 421. Stephen King in Edgar Allan Poe’s Mirror 205 “For the love of God! ” he [Dolan] shrieked. “For the love of God, Robinson! ” “Yes,” I said, smiling. “For the love of God.” I put the chunk of asphalt in neatly next to its neighbour, and although I listened, I heard him no more. 36 This final dialogue between victim and perpetrator arises as an illustrative example of the intertextuality existing between these two texts. Both narratives are tales of revenge portraying perfect crimes as neither Montresor nor Robinson are ever charged with the murder of Fortunato and Dolan, respectively. Nonetheless, their success is open to discussion, and even acquires an ironic twist, as these narratives are both confessions of a crime both perpetrators should have already left behind. As a case in point, in Stephen King’s tale, Robinson even admits that he still has nightmares and tries to avoid driving near the area beneath which he knows Dolan is buried within his Cadillac. 4. Recapitulation Both tales follow a parallel narratological formula saving the necessary differences in terms of time and setting. Poe’s tale is set in Italy and the murder is accomplished in Montresor’s vaults during the Carnival season, while King’s story takes place in Los Angeles, in a deserted area, on the fourth of July, the day when the American Independence is celebrated. The main goal of both murderers, Montresor and Robinson, is to take revenge, but while in King’s tale, Robinson seeks to avenge his wife’s death at Dolan’s hands, Montresor aims to take revenge on Fortunato for the thousand injuries inflicted upon him, even though his true motif is never entirely revealed. 37 In both cases, the murder is accomplished by means of burying the victims alive. In Poe’s tale, Montresor walls up his victim in the cellar, while in King’s tale, Robinson entraps Dolan’s Cadillac in a deep hole he has previously dug up. The victims, both Montresor and Dolan, are wealthy and unscrupulous individuals that feel being above the rest, and who might have made their fortune through dubious means. Dolan is a corrupt businessman, while in Poe’s tale, Montresor’s family name is more ancient and respectable than that of Fortunato. As regards the perpetrators of the crime, the precise and exact accounts Montresor and Robinson give of their murders turn them 36 Stephen King, “Dolan’s Cadillac”, in Nightmares and Dreamscapes, New York, Signet, 1994, 54. 37 Even though the motif is not explicitly stated, critics such as David D. Reynolds have convincingly referred to a religious one, arguing that Poe’s tale “The Cask of Amontillado” responds to an enactment of the historical conflict between Catholics and Masons. In this interpretation, Montresor, as a Roman Catholic, assumes a perverse priestly function against Fortunato, who is a Mason, and as such, is perceived as a foe. Marta Miquel-Baldellou 206 into apparently rational individuals. Nevertheless, their obsessive personalities and their need to retell their deeds again and again reveal their psychotic character and the impossibility for them to forget, thus corroborating that crime never truly pays. Moreover, as opposed to Poe’s tale, in which Montresor feels confident his deed will ultimately be accomplished, in King’s tale, as a rather postmodern horror story, Robinson is portrayed as a worn out man, who has gone through deep grief after his wife’s demise. On many occasions, his plan long in the making is on the verge of failure, and even long after his deed is completed, Robinson still has nightmares and dreads Dolan’s return to take revenge on him. In addition to this narratological formula that recurs in both texts, these two tales are also illustrative of their authors’ poetics of writing. In both cases, they can be described as horror tales of revenge told from the perspective of the criminal. Each narrative is aimed to achieve the intended effect of fear by sharing a criminal’s plans to take revenge on his antagonist. In the course of both tales, the reader encounters different types of fear listed by Stephen King in his literary essay such as the fear of the dark, the fear of closed-in places, the fear of death, the fear of madness and the fear for someone else. These different typologies of fear are also achieved through the use of different strategies such as instances of terror and horror, and even of being grossed out. In both tales, as readers, in terms of terror, we witness the criminal’s uncertainty as to whether his plan will be successful, and his deed would ultimately take place. We also share the victim’s horror when they begin to gain insight into their dramatic situation, and ultimately, there are also some gross-out elements in both stories, such as Montresor’s final allusion to Fortunato’s bones, or Robinson’s disrespectful behavior whenever he drives near the area where Dolan is buried. Despite the fact that the intended effect is obviously to cause fear, in both stories, the narrators adopt a cynical and sarcastic approach when they address their victims, thus underlining their supremacy over their antagonists. Nonetheless, their inability to forget their criminal deeds even after a long time is also ironic as it puts into question whether what they regard as a perfect crime is ultimately truly successful. This irony also stretches to the writers themselves and their need to take revenge on their critics. According to Dawn Sova, “The Cask of Amontillado” was Poe’s response to Thomas Dunn English’s attacks against Poe especially in relation to his physical appearance and his fondness of drinking. 38 Likewise, even if producing a high number of popular novels that have instantly become best-sellers, Stephen 38 Dawn Sova, Edgar Allan Poe - A to Z, New York, Facts on File, 2001, 45-46. Stephen King in Edgar Allan Poe’s Mirror 207 King has equally been harshly criticized for producing novels lacking any sort of literary quality. 39 Thus, as tales of horror, both also fulfill a therapeutic function as they provide both writers and readers with a cathartic experience: that of taking revenge. Once the tale has come to an end, the reader regains a sense of order and reintegration after that terrible, but thrilling, experience has expired. According to King, these horror tales also reflect the anxieties of the nation. In this sense, “Dolan’s Cadillac” underlines the fear of corrupt businessmen that prey upon the low-middle classes and exploit them to indulge in a blissful life of privilege and wealth. Stephen King’s “Dolan’s Cadillac” is obviously a tribute to Poe’s tale “The Cask of Amontillado”. Their parallel plot, King’s overt quotes from Poe’s tale, and both authors’ similar poetics of writing underscore the blatant intertextuality existing between both narratives. It only remains to question whether Poe, being so sensitive about plagiarism, 40 would accuse King of having committed such an awful crime, or would rather gladly accept King’s story as an outstanding tribute to his own classic tale. Bibliographical References Michael L. Burduck, Grim Phantasms, Fear in Poe’s Short Fiction, New York, Garland, 1992. Edmund Burke, A Philosophical Enquiry into the Origin of Our Ideas of the Sublime and the Beautiful, New York, Columbia University Press, 1958. 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Browne, The Gothic World of Stephen King, Landscape of Nightmares, Bowling Green, Bowling Green State University Press, 1987. 40 Poe harshly accused Henry Wadsworth Longfellow of plagiarism, and similarly, Stephen King has also profusely dealt with this issue in his novella “Secret Window, Secret Garden” included in Four Past Midnight (1990). Marta Miquel-Baldellou 208 Stephen King, Dolan’s Cadillac, Nightmares and Dreamscapes, New York, Signet, 1994, 9-56. Stephen King, “The Horror Market Writer and the Ten Bears (1973)”, in Gary Hoppenstand, Popular Fiction, An Anthology, New York, Longman, 1997, 93-95. Stephen King, Danse Macabre, London, Warner Books, 2000. Stephen King, On Writing, A Memoir of the Craft, London, Hodder & Stoughton, 2000. Stephen King, Secret Windows, Essays and Fiction on the Craft of Writing, London, Book- Of-The-Month Club, 2000. 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Agata Mirecka Man lernt denken mit diesem Text: Diabelli von Hermann Burger Man lernt denken, Acht geben, aufpassen, berücksichtigen, beurteilen, sich Gedanken machen und auch sich fragen, was der Schriftsteller im Sinn hatte, als er die Problematik seiner Diabelli-Erzählungen festlegte. Hermann Burger war ein Schweizer Germanist und Schriftsteller, wurde 1942 in Burg geboren, studierte Germanistik und Kunstgeschichte an der Universität Zürich. Seine Dissertation handelte von Paul Celan und seine Habilitation war eine Studie über zeitgenössische Schweizer Literatur. Für seine schriftstellerische Arbeit wurde er mehrmals ausgezeichnet, zum Beispiel mit dem Conrad-Ferdinand-Meyer-Preis, dem Friedrich-Hölderlin- Preis der Stadt Bad Homburg (für die Künstliche Mutter) und dem Ingeborg- Bachmann-Preis. 1989 nahm er sich durch Suizid das Leben. Er hat Prosawerke (Bork. Prosastücke; Schilten. Schulbericht zuhanden der Inspektorenkonferenz 1976; Diabelli. Erzählungen; Die Künstliche Mutter. Roman; Blankenburg. Erzählungen; Der Puck. Erzählungen; etc.) und Gedichte (Rauchsignale; Kirchberger Idyllen 1980) geschrieben. Für Burger war Schreiben in erster Linie eine “Existenzform“ und nicht nur eine “Tätigkeit“, so führt er es in dem letzten, entsprechend betitelten Kapitel seiner Poetikvorlesung Schreiben als Existenzform an. “Schreiben ist offenbar nicht bloß ein Kraftakt, der notwendig ist, einen Roman, ein Drama, einen Gedichtzyklus zu bewältigen, sondern eher eine Lebenshaltung. Schreibend-Sein ist eine Stilform, der Realität zu begegnen. Mit der Frage “Was wäre zum Beispiel, wenn…“, die am Anfang jeder schriftstellerischen Erkundung steht, gebe ich zu erkennen, daß ich mit der Wirklichkeit, so wie ich sie antreffe, nicht zufrieden bin. Fiktion ist immer Opposition zum Bestehenden.“ 1 Wie Burger selber aussagt, verwendet er bei der Herstellung einer Fiktion in seinen Werken immer wieder die Technik der schleifenden Schnitte zwischen Realem und Irrealem, die Verfremdung der Kenntlichkeit. Schreiben als Existenzform heiße, die komplementären Erfindungen suchen zu diesem Leben, das als Rohfassung nicht genügt. Entscheidend ist der Spieltrieb, berichtet der Autor weiter. 2 1 Hermann Burger, Die allmähliche Verfertigung der Idee beim Schreiben, Frankfurter Poetik Vorlesung, Frankfurt am Main 1990, S. 99. 2 Vgl. ebd., S. 105. Agata Mirecka 210 Erika Hammer, Oberassistentin am Germanistischen Institut der Universität Pécs, nennt Burgers Schreibkunst Virtuosität und Entfesselungsakrobatik. Die Schrift sei für Burger als Existenzbeweis wichtig. Er selber und seine Erzähler seien Performer, die immer auf der Bühne des Lebens stehen. 3 Der Virtuose interessiere sich für Experimente aller Art. Er suche das Erstaunen erregende des Experiments und erfreue sich am Spiel mit dem Magischen, was ihm zugleich eine Aura des Magischen verschaffe. Im Mittelpunkt befindet sich eine Kunstfertigkeit, die die Frage der techné in der Kunst und eine die Norm weit übersteigende Leistung heraufbeschwört. Nach Hammer gehe es in diesem Kontext um Fragen von Gewöhnlichkeit vs. Individualität und ungewöhnliche Subjektivität als Können, Begabung und virtuose Technik. Die Überspitzung der Normalität durch besondere Kunstfertigkeit bedeutet, dass jemand, der ein Virtuose genannt wird, wie ein Magier die Grenzen des Möglichen zu überschreiten vermöge. Dieses Moment der Transgression ist es eben, was den Virtuosen auszeichne. 4 Erika Hammer stellt auch in ihrem Artikel Ein Rastelli der Wörter fest, dass die Bühne bei Burger für die Grenzüberschreitungen gilt und diese werden zu konstanten Motiven in seinem Werk. Burger wird auch von Hammer als Sprachjongleur, der Wörter als Bälle betrachtet, genannt. Sie fragt sich, wie diese von dem Autor dargestellten Grenzüberschreitungen von den Erzählern technisch bemüht werden. So wie der Jongleur die Gesetze der Schwerkraft überwindet, versuchen auch die Erzähler Burgers sich von den Geboten und Verordnungen des Sprachsystems loszusagen, Grenzen zu überschreiten, Fesseln der Ordnung und der Normalität abzuwerfen, so dass die Texte selber von “Entfesselungsakrobatik“ sprechen können, die sie auch betreiben. 5 Hier möchte ich meine Achtung einer Sammlung der Erzählungen Hermann Burgers widmen. Diabelli aus dem Jahre 1979 ist ein Sammelband der drei Erzählungen unter dem Titel: Der Orchesterdiener. Ein Bewerbungsschreiben; Diabelli, Prestidigitateur. Eine Abschiedsvolte für Baron Kesselring; Zentgraf im Gebirg oder das Erdbeben zu Soglio. Kurzgefasste Schadenmeldung an den Schweizerischen Erdbebendienst. Den Titeln nach könnte man vermuten, dass die Texte kurz und bündig wie richtige Bewerbungs-schreiben oder Schadenmeldungen sind. Sie umfassen jedoch ca. 90 Seiten und wurden sehr akkurat und präzise von dem Schriftsteller verfasst. Die Erzählung Diabelli, Prestidigitateur ist ein Brief von dem Magier Grazio Diabelli an Baron Kesselring, in dem der Magier dem Baron das Ende seiner Karriere bekannt gibt, 3 Vgl. Magnus Wieland; Simon Zumsteg (Hg.), Hermann Burger - Zur zwanzigsten Wiederkehr seines Todestages, Zürich 2010, S. 49. 4 Vgl. ebd., S. 55. 5 Vgl. Magnus Wieland; Simon Zumsteg (Hg.), Hermann Burger - Zur zwanzigsten Wiederkehr seines Todestages, Zürich 2010, S. 60. Man lernt denken mit diesem Text 211 da er “vor dem Bankrott seines Innersten“ 6 zu stehen glaubt, “den Blick hinter die eigenen Kulissen nicht mehr erträgt.“ 7 Burger berichtete in der Frankfurter Poetik-Vorlesung unter dem Titel Die allmähliche Verfertigung der Idee beim Schreiben, wie er auf die Idee des Diabelli gekommen ist. “Im Sommer 1977 fuhr ich mit meinem VW-Variant in eine Garage, um den Umtauschwert schätzen zu lassen. Das Ergebnis war vernichtend. Zwei Stunden später, als ich von einem Parkplatz kurvte, gab es einen Riesenknall. […] Es blieb mir nichts anderes übrig, als das Wrack demütig in jene Garage zu schieben, über deren Ramschangebot ich kurz zuvor noch gelacht hatte. […] Auf dem Weg zum Bahnhof sah ich in einer Buchhandlung den Hesse-Titel Kindheit des Zauberers stehen. Im Zug dann notierte ich mir folgendes: “Bizarre Kindheit eines Zauberers, rote Gemächer, rote Windeln. Wie ich zur Zauberei gekommen bin. Ich hatte die allerbizarste Kindheit, und mein Entschluß, Magier zu werden, war nur der logische Schluß aus dieser Bizarrerie. Ich mußte, wollte die Menschheit als die kälteste Erfahren und als kälteste zum Publikum haben.“ Das war der Kern zur Zauberer-Erzählung Diabelli. Prestidigitateur.“ 8 In seinem Absagebrief lehnt Diabelli nicht nur das Engagement ab, sondern er erklärt dem Adressaten des Briefs, Baron Harry Kesselring, dass er sein Betätigungsfeld ein für alle Mal verlassen werde, allen bisherigen Erfolgen zum Trotz. In seinem Abschiedsbrief gibt er seine Stellungnahme ab und will seinen Entschluss begründen. Burger selbst hat den Inhalt der Erzählung in den Poetikvorlesungen wie folgt umrissen: “Ein Kaltmagier gibt seinen Abschied, weil er den Blick hinter die eigenen Kulissen nicht mehr erträgt. Er rechtfertigt sich. Aber von wem und wie? Was hat ein demissionierender Zauberkünstler dem Publikum zu sagen, das er jahrelang an der Nase herumgeführt hat.“ 9 Diabelli sei vor allem Anlass zu einer weitläufigen Darstellung seines artistischen Metiers, zur Erinnerung an die eigene Karriere, zur Erinnerung an berühmte Zauberkünstler, ihre Tricks und ihre Schicksale. Der Erzählungsband Diabelli (1979) ist ein markantes Beispiel für Arbeitsweise und Kunstverstand des Autors wie für den beeindruckenden Aufwand, mit dem er einen Einfall sprachlich realisiert. Wegen dieser Erzählung trat Burger dem “Magischen Ring“ der Zauberkünstler bei, um zu Informationen zu gelangen, die er der eingegangenen Schweigepflicht wegen wiederum in einer indirekten, trickreichen und vom Eigentlichen ablenkenden Sprache verwenden durfte. 6 Hermann Burger, Diabelli-Blankenburg, Frankfurt am Main 2006, S. 32. 7 Hermann Burger, Die allmähliche Verfertigung der Idee beim Schreiben. Frankfurter Poetik Vorlesung, Frankfurt am Main 1990, S. 55. 8 Ebd., S. 53. 9 Hermann Burger, Die allmähliche Verfertigung der Idee beim Schreiben. Frankfurter Poetik Vorlesung, Frankfurt am Main 1990, S. 55. Agata Mirecka 212 Der Name des Zauberkünstlers Diabelli erinnert an Beethovens Diabelli- Variationen (1823) und auch an den Teufel (diabolus). Formal folgt Hermann Burger nach eigenen Angaben den genannten 33 Diabelli-Variationen Ludwig van Beethovens durch die Einteilung in 33 Volten 10 , was sich aber nur in der Anzahl der Absätze mehr oder weniger erkennbar manifestiert. In der Frankfurter Poetik Vorlesung erklärt Burger seine Vorgehensweise beim Schreiben des Textes. Er besuchte einen Zauberkünstler in Bern, der ihm die wichtigsten Aspekte der Magie veranschaulichen sollte. Er lernte typische Zaubersprüche kennen, sowie bestimmte Schritte, Bewegungen auf der Bühne, Namen für die Requisiten, biographische Kuriositäten aus dem Leben großer Magier, Fremdwörter, wie: Prestidigitateur (Taschenspieler, Gaukler), Eklektiker, etc. Burger behauptet, dass solche Fragen den Zweck hatten, mit größtmöglicher Naivität an den Stoff heranzugehen, der Schriftsteller ist insofern kindlich, als er die Welt voller Überraschungen immer wieder wie neu erlebt. Burger fand den ganzen Widerspruch von Glanz und Elend des Virtuosen in dem Fremdwortungetüm ausgedrückt. 11 In der Erzählung Diabellis erwächst unbändige Sucht, sich originell zu tarnen und zu spiegeln: nach außen hin der eloquente, elegante Täuschungsartist. dem jeder Trick gelingt, nach innen die Pannenanfälligkeit in Person. Der Protagonist ist aus einem Kindheitswunsch heraus zur Zauberei gekommen, um Zuwendung der anderen erzwingen zu können. Doch alle Versuche, die Gravitationsgesetze des Lebens zu kaschieren, erweisen sich als illusionär. Man kann noch das Publikum täuschen, die Premierenpräsentation der eigenen Lebenslüge lässt sich aber nicht ewig hinauszögern. Diabelli ist nicht nur Kunstfigur, sondern insbesondere auch Künstlerfigur. In der Erzählung wird das Circensische, das Spiel des perfekten Anscheins und der eigenen Stilisierung der Technik der Forcierung unterworfen. Immer weitere Kreise ziehend denkt Burger dabei über das “standesgerechte“ Verhältnis von Kunst und Tod nach, von Künstler und Tod und findet den Selbstmord als Attraktion in die Vorstellung einzubauen. Grazio Diabelli sieht in der Erzählung die einzig lohnende Aufgabe darin, als “finale grande“ gewissermaßen, eine Disparationstechnik zur Eliminierung seiner selbst zu konstruieren. Damit scheint er den “erforderlichen“ künstlerisch adäquaten Abgang gefunden zu haben, denn “das Endziel aller Flucht- und Wirbelwindillusionisten, der geheime Limes ihrer Kunst war, sich so rasch, so rätselhaft wie möglich in nichts aufzulösen.“ 12 10 Es sind eigentlich 35, wahrscheinlich sind der erste und der letzte nicht mitzuzählen. 11 Vgl. Hermann Burger, Die allmähliche Verfertigung der Idee beim Schreiben. Frankfurter Poetik Vorlesung, Frankfurt am Main 1990. 12 Hermann Burger, Diabelli-Blankenburg, Frankfurt am Main 2006, S. 37. Man lernt denken mit diesem Text 213 Im Zwiespalt von Wirklichkeit und Kunst, Leben und Tod bleibt die Unsicherheit die einzige Sicherheit. Hinter der Maskierung steht immer die Demaskierung, hinter dem scheinbar zu kalkulierenden Trapezakt des Artisten steht die tödliche Gefahr, die man aber nicht als solche wahrnehmen soll. 13 Die Gegenwart der Erzählfiguren ist bei Hermann Burger variabel: zum Teil beschreibt der Autor die ihn umgebende Realität mit einer bis zur Akribie reichenden Genauigkeit, zum Teil verschlüsselt oder verzerrt er sie. Es gibt aber auch Beispiele für das vollkommene Fehlen von Parallelen zwischen der Umgebung des Autors und der seiner Erzähler, so unter anderem Der Orchesterdiener. Der Schriftsteller bemerkt in seinen Frankfurter Poetik- Vorlesungen folgendes: “Bei der Herstellung einer Fiktion verwende ich immer wieder die Technik der schleifenden Schnitte zwischen Realem und Irrealem, die Verfremdung der Kenntlichkeit“ 14 . Burger meint damit seine Vorliebe, den Leser über den Wahrheitsgehalt seiner Sachbuchpassagen, aber auch der biographischen Abschnitte im Unklaren zu lassen bzw. ganz bewusst irrezuführen. Dies erreicht der Autor meist durch die Sukzession grotesker, aber wahrer Ausführungen einerseits und frei erfundener “Fakten“ andererseits. Welchen Effekt verspricht sich nun der Autor von dieser Nasführung des Lesers? Zunächst pure Schadenfreude: “Mein Leser macht mir dann am meisten Freude, wenn er bei einem Text nicht mehr unterscheiden kann, was reine Fiktion und was Realitäts-Darstellung ist.“ 15 Diese Verunsicherung ist eine der Komponenten, die Burgers Texte, so schwer lesbar machen. Er kann sich durch die Kontamination von Tatsachen mit Aberfakten weder in der Fiktion noch in der “echten Welt“ einrichten, sondern ist immer zur Reflexion gezwungen. Wenn die Zürcher Rezensentin Beatrice von Matt Hermann Burger in ihrem Nachruf “einen unvergleichlichen Wortkünstler“ 16 nennt, spricht sie damit jenes Qualitätsmerkmal des Autors an, das ihm von der Literaturkritik nahezu einmütig zugesprochen wurde. Auch Klara Obermüller bewundert die Eloquenz Burgers: “Seine Sprachgewalt, seine Formulierungskunst, [und: A.M.] seine innovative Lust am Wort haben Burger zu einem der originellsten und sprachmächtigsten Autoren der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur gemacht.“ 17 13 Ebd., S. 82. 14 Hermann Burger, Die allmähliche Verfertigung der Idee beim Schreiben. Frankfurter Poetik Vorlesung, Frankfurt am Main 1990, S. 102. 15 Ebd. 16 Beatrice von Matt, Der Sieg des Cimiterischen. Zum Tod von Hermann Burger. - in NZZ, 4./ 5.3.1989. 17 Klara Obermüller, “Dem im Leben nicht zu helfen war“. Der Zauberer des Worts ist abgetreten, Zum Tod des Schriftstellers Hermann Burger.in Die Weltwoche Nr. 10, 9.3.1989. Agata Mirecka 214 Eines der auffälligsten Merkmale der meisten Prosaschriften Burgers ist die äußerst ungewöhnlich hohe Anzahl von Neulogismen, Fremdwörtern und Fachausdrücken. Nur in Diabelli findet man 460 Fremdwörter auf 54 Seiten. Hermann Burger bildet seine Wortneuschöpfungen auf verschiedene Arten. Am häufigsten ist die Transformation eines fremdsprachlichen Stammes durch ein im Deutschen gebräuchliches Suffix in eine andere Wortklasse z.B. dezidiert, füsilieren die Disparition oder eine Komposition zweier Wörter, z.B. das Vexierbild, Ultrarigorosität, wovon üblicherweise mindestens eines aus einer anderen Sprache stammt oder ein Fremdwort ist. Neulogismen mit ausschließlich deutschsprachigem Material sind selten, die Ableitungen und Kompositionen erfolgen meist mit Lexemen romanischer Sprachen, insbesondere des Lateinischen, Französischen oder Italienischen, sehr selten aus anderen Sprachen, wie Griechisch oder Englisch. Die außergewöhnliche Anreichung des Vokabulars mit Neulogismen, Fremdwörtern und Fachausdrücken hat aus der Sicht des Autors natürlich eine gewisse Funktion inne. Hermann Burger begründet die Benützung der Fülle der Fremdwörter in seiner Frankfurter Poetik-Vorlesungen: “Ich liebe das Fremdwort, den Fachterminus, weil in ihm die Beziehung zwischen dem Zeichen und dem Bezeichneten weniger erstarrt ist. Es ist das dynamischere, das gleichsam motorisierte Wort,“ 18 Burger sieht in seinem Fremdwortgebrauch ein Stilmittel, das unter anderem zur Verunsicherung dienen soll. Zu Diabelli merkt Burger in diesem Zusammenhang an: “Das Fremdwort tarnt den gemeinsten Sachverhalt, es stempelt den Leser zum Laien, genauso wie der Prestidigitateur seine Opfer in die Irre führt.“ 19 Außer den Fremdwörtern und Neulogismen spielt auch der Superlativ bei Hermann Burger eine stellenweise nicht unwesentliche Rolle. Der zweiten Steigerungsstufe kommt in Diabelli eine wichtige Funktion zu. Burger imitiert die superlativische Sprechweise eines Magiers, wobei er die Grenze zur Parodie teilweise überschreitet, wenn er beispielsweise von “allerinnersten Verletzungen“ 20 oder vom Schachautomaten als das “Nochniedagewesenste auf dem Gebiet der Roboterkunst“ 21 spricht. Der “Hang zu Superlativen, zu Apodikta“ soll aber nicht nur die Sprache, sondern überhaupt die Existenz des Virtuosen dokumentieren - nicht zuletzt den Zwang, in seinem Fach der “Allerunübertroffenste“ zu sein (z.B. am verwandtesten unter den Komponisten, urplötzlichst, artifiziellste Verdorbenheit, seinen allerinnersten Verletzungen etc.) Eher als formale Variation erscheint dagegen auf den ersten Blick die Verwendung des Plurals durch Grazio Diabelli (“unsere 18 Hermann Burger, Die allmähliche Verfertigung der Idee beim Schreiben. Frankfurter Poetik Vorlesung. Frankfurt am Main 1990, S. 102. 19 Ebd., S. 56. 20 Vgl. Hermann Burger, Diabelli-Blankenburg, Frankfurt am Main 2006. 21 Vgl. ebd. Man lernt denken mit diesem Text 215 Wenigkeit“, “unseres Könnens“ 22 ), allerdings dient sie wohl auch dem Ausdruck wenn nicht einer Spaltung, so doch zumindest eines Zwiespalts. Baron Kesselring erkundigt sich zu Beginn der Erzählung nach Diabellis Ergehen als “Künstler und Mensch“ 23 , womit die Bruchlinien innerhalb der Seele des Virtuosen bereits angerissen sind. Burgers Satzbau ist oft “kaskadenartig“, also wie ein Wasserfall sich von einer Aussage zur anderen stürzend, ohne wieder einen Bogen zurückzufinden. Die häufig starke Segmentierung der Sätze soll ihnen gesteigerten emotionalen Gehalt geben, z.B. durch wiederholte Anbringung von Doppelpunkten, deren Aufgabe es ist, auf Kommendes aufmerksam zu machen. 24 Wir können in Diabelli folgendes lesen: “Leider wird Grazio Diabelli dieser Einladung nicht folgen können, verehrter Herr Baron, denn als Prestidigitateur und Großillusionist bin ich aller Wahrscheinlichkeit nach restlos vernichtet; nichts deutet darauf hin, dass ich diese meine letzte Hokuspokuskrise noch einmal überwinden werde, wie ich schon so oft einem Springteufel gleich aus einer Virtuositätsdepression wieder hochgeschnellt bin, laufend Depressionen komprimiert und in Verblüffungseffekte transformiert habe - und lediglich aus Anlass Ihres Jubelfestes meine Melancholie abzustreifen respektive in eine vollbengalische umzuwandeln, liegt, so paradox dies aus dem Mund eines Zauberers klingen mag, außerhalb meiner Macht -; nein, ich stehe, wenn die Diagnose nicht täuscht vor dem Bankrott meines Innersten, und zwar hat mich nicht das werte Publikum, das mir an der letzten Kaltmagiergala in Stockholm, einer Benefizvorstellung für Querschnittgelähmte, zujubelte, abgeschrieben, nicht die Schaumenge, von der der Künstler immer meint, das Schlimmste befürchten zu müssen, eine Bloßstellung, Skalpierung, ein Abbalgen der Haut auf offener Bühne, wie es tatsächlich Pinetti wiederfuhr, dem Professor für amüsante Physik, der bekanntlich in Leipzig“ 25 ...etc. Das war nicht die Hälfte des Satzes. In Diabelli geht es nach Burgers eigenen Aussagen darum, “mit dem ablenkenden Begleitvortrag die Trickhandlung zu tarnen“ 26 . Das heißt, mit der sprachlichen Umständlichkeit die Tätigkeit des Magiers nachzuahmen, der ja mit viel Aufwand von der Schwachstelle seiner Nummer ablenken muss. Für Monika Schmitz-Emans, Professorin für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum, ist Diabelli ein poetologischer Text. “Der hier entfaltete Vorstellungskreis um Magie, Illusionismus und Artistik bildet ein metaphorisches Substrat, das - auf 22 Vgl. ebd. 23 Vgl. ebd. 24 Vgl. Hermann Burger, Die allmähliche Verfertigung der Idee beim Schreiben. Frankfurter Poetik Vorlesung, Frankfurt am Main 1990, S. 70. 25 Hermann Burger, Diabelli-Blankenburg, Frankfurt am Main 2006, S. 30. 26 Hermann Burger, Die allmähliche Verfertigung der Idee beim Schreiben. Frankfurter Poetik Vorlesung, Frankfurt am Main 1990, S. 63. Agata Mirecka 216 höchst artistische Weise - in den Dienst der Bespiegelung der Arbeit des Schriftstellers genommen wird.“ 27 Die wichtigsten Theorie- und Problemkomplexe, mit denen Diabelli jongliert, seien nach Schmitz Emans - die Anknüpfung des Textes an einen Diskurs, der Kunst und Magie in einen Zusammenhang bringt. Das Erleben von Kunst sei anfänglich ein Erleben von Magie. Über die Figur eines Illusionisten wird auch an den auf Platon zurückgehenden Diskurs über die Dichtung als eine Illudierungskunst angeknüpft (Politeia X). Die vom Dichter dargestellten Dinge sind nach Platon scheinhaft, ein trügerisches Surrogat echter Dinge, ein Stück falscher Schein. Diabelli “ist [...] ein Text, der sich in die Tradition poetischer Sprachreflexion stellt und an die Vorstellung erinnert, das poetische Wort sei mit dem Bezeichneten innerlich verbunden und vermöge die Welt zu verwandeln.“ 28 Diabelli ist von Anspielungen auf den jüngeren literaturtheoretischen Diskurs um das Subjekt des Textes durchflochten, auf Texttheorien, die im Zeichen der schlagwortartigen Formel vom Tod des Autors stehen. Sein Erzähler-Ich inszeniert sich selbst als verschwindendes Ich. 29 “Als ich entdeckte, daß man, vor einem Spiegel stehend, mit einem Zweiten, hinter das Ohr gehaltenen Frisierspiegel das Ich vervielfachen kann bis ins Unendliche, blockierte ich das Badezimmer. Wo meine Eltern Toilette machten, erprobte ich die Kindermaske eines Tausendkünstlers. Mich verbergen, erscheinen, aus dem Nichts auftauchen und wieder dahin verschwinden: existentielle Knalleffekte waren meine Knabenspiele, Herr Baron, nicht Seilspringen, Paradieshüpfen, Völkerball und dergleichen Hafenkäse.“ 30 Schmitz-Eman sieht in den Maskierungspraktiken der Zauberkünstler die des Schriftstellers, dessen Masken aus Wörtern bestehen, aus Zitaten, aus vorgefertigten Ausdrucksweisen. Das mit-der-Sprache-Spielen ist ein gefährliches Spiel mit sich selbst. Diabelli hat sein Selbst verloren oder gibt verloren zu haben vor. Sein Ich ist ihm abhanden gekommen, so möchte er aus der Branche zurückziehen. 31 Diabelli gesteht: ”Damit hängt Diabellis Krise zusammen. Habe illudiert und illudiert und dabei mein Selbst verjuxt, begonnen als Schüler Karachos unter dem Decknamen Santambrogio, Triumphe gefeiert mit der zersägten Jungfrau als Angelo Masturbanni, die Wirbelwindzauberei perfektioniert als Wendolin Mondelli alias Graziani alias Grazio Diabelli etcetera; verändert sich ein Magier beruflich, das heißt, macht er sich ein neues Trickfeld untertan, verändert er auch seinen Künstlernamen, um seine Glanznummer gleich personifizieren zu können. Who is who in 27 Magnus Wieland; Simon Zumsteg (Hg.), Hermann Burger - Zur zwanzigsten Wiederkehr seines Todestages, Zürich 2010, S. 165 28 Ebd., S. 166. 29 Vgl. ebd., S. 167. 30 Hermann Burger, Diabelli-Blankenburg, Frankfurt am Main 2006, S. 44. 31 Vgl. Magnus Wieland; Simon Zumsteg (Hg.), Hermann Burger - Zur zwanzigsten Wiederkehr seines Todestages, Zürich 2010, S. 167. Man lernt denken mit diesem Text 217 unserem Metier, die Frage könnte ein Heer von Mystifikations-Spezialisten beschäftigen. Man moduliert sich von einer Tonart in die andere, und um herauszufinden, als wer ich eigentlich zu Ihnen spreche, Baron Kesselring, muß ich Diabelli in Graziani, Graziani in Mondelli, Mondelli in masturbanni, Masturbanni in Santambrogio zurückübersetzen. Ich fürchte, daß auf dem Scheitelpunkt meiner Karriere im alter-egoistischen Fächer kein Ich mehr übrigbleibt.“ 32 Hermann Burger spielt in seinen Werken mehr mit Wörtern als mit Bedeutungen, mehr mit den signifiants als mit den signifiés. Seine Ausdrucksweise ist daher meist virtuos, überspitzt und in der Wortwahl originell. Die virtuose Misshandlung der Sprache ist Christian Schug nach konstruierte Artikulationsstrategie. Sprachmacht deklariert sich als Sprachohnmacht. Im komplizierten Versagen und der Überanstrengung löst sich Sprache auf und mutiert passagenweise zum Paradoxon. Zwar bewegt sich der Plot auf einen Endpunkt hin, der Text jedoch schreibt sich von allen Seiten her: Tautologien, Paraphrasen, Assoziationsschübe, kaum auflösbare Satzstrukturen und schwere erschließbare Wortschöpfungen als ein einziger monströser, gegenläufiger Versuch, transparent zu machen, indem man verwirrt. Der Autor selbst spricht von der “Technik der Abirrung“. 33 32 Hermann Burger, Diabelli-Blankenburg, Frankfurt am Main 2006, S. 33. 33 Hermann Burger, Die allmähliche Verfertigung der Idee beim Schreiben. Frankfurter Poetik Vorlesung. Frankfurt am Main 1990, S. 41. Eva Parra-Membrives Trivialität, Identitäten und DDR-Kriminalroman Trotz solch abwertender Behauptungen wie Nach der Lektüre von mehr als 150 Kriminalromanen aus der DDR bot sich ein ästhetisch niederschmetterndes Bild: Graue Langeweile stellte sich ein, die Texte waren (mit einigen wenigen Ausnahmen) von künstlerisch derart dürrer Qualität, dass sich eine genuin literaturwissenschaftlich-ästhetische Annäherung an den Gegenstandsbereich als einigerma en obsolet erwies. 1 sind in den letzten Jahren vermehrt wissenschaftliche Abhandlungen zum Thema “Kriminalroman in der DDR“ 2 veröffentlicht worden. Zwar ist die 1 Brigitte Kehrberg, Der Kriminalroman der DDR 1970-1990, Hamburg, Dr. Kova , 1998, S. 3. 2 Siehe hier, unter anderem, Richard Albrecht, “Die meisten Leser erwarten eine Leiche. Über den DDR-Krimi in der DDR und seine Entwicklung“, Die Horen, 26/ 1981, 115- 130; Richard Albrecht, Das Bedürfnis nach echten Geschichten. Zur zeitgenössischen Unterhaltungsliteratur in der DDR, Frankfurt, Lang, 1987; Casadesús Bordoy, Alejandro, “Kriminalroman und Ideologie in der DDR“, in Marisa Siguán, (et.al) (Hrsg.), Was bleibt? Christa Wolf y los temas literarios de la reunificación alemana, Tarragona, Sociedad Goethe España, 2010, S. 203-215.Anselm Dworak, Der Kriminalroman der DDR, Marburg, Foltin, 1974; Jan Eik, “Krimis aus dem Wilden Osten. Weitere Anmerkungen zur Kriminalliteratur der DDR“, in Nina Schindler, Das Mordsbuch. Alles über Krimis, Hildesheim, Claassen, 1997, S. 128-136; Edith Gaida, “Belletristische Heftreihenliteratur in der DDR“, Weimarer Beiträge, 1970, 12,1, S. 58-176; Edith Gaida, “Die Heftreihenliteratur der DDR. Begriff und Geschichte“, in Potsdamer Forschungen, Heft 15, 1975; Dorothea Germer, Von Genossen und Gangstern, Zum Gesellschaftsbild in der Kriminalliteratur der DDR und Ostdeutschlands von 1974 bis 1994, Essen, Blaue Eule, 1998; Reinhard Hillich Reinhard; Heidemarie Schmidt, “Beobachtungen an einigen neueren DDR- Krimis“, in Weimarer Beiträge 32/ 1986 (1), 1986, S. 109-123; Reinhard Hillich, “Damm- Brücke-Flu . Sachdienliche Hinweise zur Diskussion über Kriminalliteratur in der DDR“, in Reinhard Hillich, Tatbestand. Ansichten zur Kriminalliteratur in der DDR 1947- 1986, Berlin, Akademie, 1989, S. 10-36; Reinhard Hillich, Tatbestand. Ansichten zur Kriminalliteratur in der DDR 1947-1986, Berlin, Akademie, 1989; Manfred Jäger, “Zeitlassen beim Absterben. Die Metamorphosen des DDR-Krimi“, in Erhard Schütz, Zur Aktualität des Kriminalromans, München, Fink, 1978, S. 86-112; Julia Koller, Kriminalromane in der DDR, Norderstedt, Grin, 2001; Wolfgang Mittmann, “Es begann mit einer Heftreihe. Anmerkungen zur Kriminalliteratur in der DDR“, in Nina Schindler, Das Mordsbuch. Alles über Krimis, Hildesheim, Claassen, 1997, S. 114-128; Hans Pfeiffer, Phantasiemorde. Ein Streifzug durch den DDR Kriminalroman, Berlin, das Neue Berlin, 1985; Thomas Przybilka, Krimis im Fadenkreuz - Kriminalromane, Detektivgeschichten, Thriller, Verbrechens- und Spannungsliteratur der Bundesrepublik und der DDR 1949 - 1990/ 92. Eine Auswahlbibliographie der deutschsprachigen Sekundärliteratur, Köln, Baskerville, 1998; Eva Parra-Membrives 220 Anzahl der Studien, die sich mit diesen angeblich qualitätslosen 3 Texten beschäftigen noch verhältnismäßig gering, und in den meisten Fällen auch noch sehr lokalen 4 Ursprungs, aber immerhin ermöglichen es diese Beiträge, dass man heute das “Obsolete“ 5 einer literaturwissenschaftlich-ästhetischen Annäherung an den im Osten entstandenen Krimi begründet in Zweifel ziehen kann. Zugeben muss man allerdings schon, dass die Idee einer ästhetisch anspruchsvollen Trivialliteratur (soweit akzeptiert wird, dass sich die Begriffe “trivial“ und “anspruchsvoll“ nicht gegenseitig ausschließen 6 ) im ehemaligen sozialistischen deutschen Staat Skepsis auslösen kann. Kompromisslose Unterhaltung war schließlich nicht die vorrangig gesuchte Eigenschaft einer Literatur, die etwas gänzlich Entgegengesetztes anstrebte, und zwar eine [...] neue inhaltliche Bestimmung aller Kunst: die Arbeit müsse als das den Menschen formende Element, als die Schicksal und Charakter konstituierende Macht dargestellt werden; der primäre Gegenstand der Kunst müsse der im gesellschaftlichen Verband arbeitende und in der Arbeit sich erst eigentlich seiner Menschlichkeit verwirklichende Mensch sein: Die Gesellschaft müsse als eine Gemeinschaft Arbeitender begriffen werden. 7 Dass diese Gemeinschaft Arbeitender, die als Beispiel für die “Wirklichkeit in ihrer revolutionären Entwicklung” 8 gelten sollte, nicht unbedingt in Kriminalromanen, d.h. Texten, die sich inhaltlich notwendigerweise mit Gewalt beschäftigen mussten, auftreten sollte, scheint nun leicht verständlich. Eine sich angeblich auf friedliches Zusammenleben in Gemeinschaft und Solidarität stützende Gesellschaft konnte sich auf der Suche nach einer selbstrepräsentativen Literatur wohl kaum wünschen Texte zu begünstigen, die ihre Handlung vorwiegend auf solch antisoziale Aktivitäten wie Mord und Totschlag, Neid und Rache stützten. Götting behauptet z.B.: Walter T. Rix, “Krimis in der DDR, Sozialistischer Seiltanz“, in Die Horen 144, 1986, S. 71-78. 3 Um Kehrbergs Formulierung zu benutzen. 4 D.h., von Wissenschaftlern, die seinerzeit im Literaturbetrieb der DDR auf irgendeiner Weise (als Autoren, Literaturkritiker oder gar Zensoren) mit einbezogen waren. 5 Siehe erneut Kehrberg, Referenz in Anm. 1. 6 Eine detaillierte Erörterung der zwischen der anspruchsvollen und trivialen Literatur in der literaturkritischen Tradition lange Zeit gesetzten Grenzen würde zu weit ausholen. Es soll hier nun auf die im vorliegendem Band veröffentlichen Beiträge verwiesen werden. Ebenfalls von Interesse sind: Jurg Brönnimann, Der Soziokrimi, ein Soziokrimi, ein neue Genre oder ein soziologisches Experiment. Eine Untersuchung des Soziokriminalromans anhand der Werke der schwedischen Autoren Sjöwall und Wahlöö und des deutschen Autors -ky. Wuppertal 2004. Alexandra Krieg, Auf Spurensuche. Der Kriminalroman uns seine Entwicklung von den Anfängen bis zur Gegenwart, Marburg, 2002. 7 Werner Brettschneider, Zwischen literarischer Autonomie und Staatsdienst. Die Literatur in der DDR, Berlin, Erich Schmidt, 1980, S. 28. 8 Ebd., S. 29. Trivialität, Identitäten und DDR-Kriminalroman 221 Die Literatur hatte sozialistische Tugenden wie z.B. Arbeitsethos, kollektives Verhalten und Humanität zu beschreiben und hatte damit eine wichtige Funktion bei der Ausgestaltung des ‘realen Sozialismus’ inne. 9 Gegeben hat es sie aber trotzdem, die sozialistische Kriminalliteratur, und erfolgreich war sie zudem auch noch. 10 Denn obwohl in den ersten DDR- Jahren sowohl Detektivals auch Kriminalromane noch als “Paradigma für westlich-kapitalistischen Verfall“ 11 galten, und sich nicht wenige geachtete Literaturkritiker entschieden dagegen äußerten, derartige Texte innerhalb der staatlichen Grenzen überhaupt zu genehmigen, 12 da die Trivialliteratur im Allgemeinen und die Verbrechensliteratur im Konkreten unter dem Verdacht stand, alle möglichen Laster zu fördern, 13 waren doch bald auch die strengsten Zensoren von der Notwendigkeit eines Kompromisses überzeugt. In der schwierigen Nachkriegs- und vor allem Nachnazizeit war die deutsche Bevölkerung durch den Mangel an glaubhaften Vorbildern ganz besonders für eine völlig neuartige sozial-kulturell-ästhetische Erziehung anfällig, und, wie bereits der Westen entdeckt hatte, 14 konnte gerade da die Trivialliteratur als effektives massenbildendes Mittel eingesetzt werden, um erneuerte Modelle der Identität zu konstruieren. Etwa im Luhmannschen Sinne: In ihrer scheinbaren Frivolität ist die Populärkommunikation nur dann plausibel, wenn sie sich an Individuen wendet, welche Kommunikation brauchen, um sich eine eigene Identität aufzubauen, weil sie eine Identität nicht mehr von Anfang an dank gesellschaftlicher Stratifikation oder Familienstellung besitzen. 15 9 Ulrike Götting, Der deutsche Kriminalroman zwischen 1945 und 1970. Formen und Tendenzen, Wetzlar, Kletsmeier, 1998. 10 Walter T. Rix, “Krimis in der DDR, Sozialistischer Seiltanz“, in Die Horen 144, 1986, S. 71-78, hier S. 73. 11 Richard Albrecht, Das Bedürfnis nach echten Geschichten. Zur zeitgenössischen Unterhaltungsliteratur in der DDR, Frankfurt a. M., Lang, 1987, S. 77. 12 “[…] in einem sozialistischen Staat kaum denkbar ist, vor allem “mangels” entsprechender gesellschaftlicher Erscheinungen. Sie ist ein Produkt des Kapitalismus und wird mit seinem Untergang eines Tages ebenfalls verschwinden”, in, Ernst Kaemmel, Literatur unterm Tisch. Der Detektivroman und sein gesellschaftlicher Auftrag, Viktor Zmegac (Hrsg.), Der wohltemperierte Mord. Zur Theorie und Geschichte des Detektivromans, Frankfurt, Athenäum, 1971, S. 177-184, hier S. 183. 13 Hasso Mager, Krimi und Crimen, Halle a. d. S., Mitteldeutscher Verlag, 1968, S. 16. 14 “Im gegenwärtigen ideologischen System des staatsmonopolischen Kapitalismus in Westdeutschland zählt die imperialistische Massenliteratur zu den effektivsten Grundformen politischer und weltanschaulicher Massenbeeinflussung“, in Klaus Ziermann, Romane von Flie band. Die imperialistische Massenliteratur in Deutschland, Berlin, Dietz, 1969, S. 5. 15 Elena Esposito, “Popularität“, in Roger Lüdecke (Hrsg.), Kommunikation im Populären. Interdisziplinäre Perspektiven auf ein ganzheitliches Phänomen, Bielefeld, transcript, 2011, S. 15-20, hier S. 18. Eva Parra-Membrives 222 Denn, wie Esposito feststellt: Bei allen Klagen und Kritiken, denen sie beständig ausgesetzt wird, erfüllt die Populärkommunikation in der modernen Gesellschaft diese bisher unerlässliche Funktion. 16 Besonders bedeutsam war dabei die Notwendigkeit, vor allem in den ersten Jahren, die Gefahr einer ungeeigneten - oder unerwünschten - kollektiven Identitätskonstruktion 17 dieser zunächst noch auf schwachen Beinen stehenden Gesellschaft aufgrund fremder, unangebrachter Modelle und Muster einzudämmen. Johannes R. Becher, Kultusminister von 1954 bis 1958, warnte eindringlich davor, diese dem Trivialem zugeordneten Texte einfach ohne Gegenleistung zu verbieten: Of course, if we do not satisfy this need, the masses will find another outlet and obtain reading material from the other side. We cannot combat this reading material from the other side with criticism, with education, etc., […] we must set our own literature against it - for women, young adults, and children. 18 Dem unaufhaltsamen Ausbreiten der gefährlichen westlichen Trivialliteratur musste so mit eigenen Produkten entgegengewirkt werden, die sowohl den Forderungen des sozialistischen Realismus genügen, als auch den in ihnen enthaltenen Widerspruch zur verordneten Kulturpolitik demonstrativ auflösen konnten. 19 Parigger beschreibt es folgendermaßen: In den fünfziger Jahren war die Produktion von Unterhaltungsliteratur vor allem als Gegenzug zur westlichen Unterhaltungsliteratur gemeint. Sie erfüllte eine defensive Funktion. Zu der Zeit, als der Verkehr zwischen beiden deutschen Staaten noch ziemlich frei war, hatte Unterhaltungsliteratur aus der BRD noch freien Zugang. In der DDR wollte man in einer sozialistischen Unterhaltungsliteratur, den Ideen, die auf diese Weise propagiert wurden, eine positiv-sozialistische Gedankenwelt gegenüberstellen.“ 20 Und es wurde sogar noch weiter ausgeholt. Gaida erklärt, dass mit den eigens erarbeiteten sozialistischen Kriminalromanen zusätzlich noch 16 Ebd., S. 19. 17 Im Sinne von Aleida Assmann, Einführung in die Kulturwissenschaft. Grundbegriffe, Themen, Fragestellungen. Berlin, Erich Schmidt, 2006, S. 219. 18 Elimar Schubbe, Dokumente zur Kunst-, Literatur- und Kulturpolitik der SED, Stuttgart, Seewald, 1972, S. 223. Zitat leider nur auf Englisch verfügbar. 19 Dorothea Germer, Von Genossen und Gangstern, Zum Gesellschaftsbild in der Kriminalliteratur der DDR und Ostdeutschlands von 1974 bis 1994, Essen, Blaue Eule, 1998, S. 35. 20 Marleen Parigger; Stef Pinxt, “Zur Unterhaltungsfunktion von Literatur. Der Zusammenhang von ästhetischer Theoriebildung und ideologischen Prämissen“, in Hoogeveen, Jos; Labroisse, Gerd (Hrsg..), DDR-Roman und Literaturgesellschaft, Amsterdam, Rodopi, 1981, S. 141-162, hier S. 148. Trivialität, Identitäten und DDR-Kriminalroman 223 Ein wirksamer Damm gegen die Gefahr des Eindringens westlicher Schund- und Kitschliteratur gebildet und damit die Verbreitung feindlicher Ideologie und Propaganda weitgehend unterbunden werden. Gleichzeitig sollten die Hefte eine ‘Brücke‘ zur ‘hohen‘ Literatur schlagen, d.h., ihre Leser an anspruchsvolle literarische Werke heranführen. 21 Es war vor allem der Gedanke an diese ‘Brücke‘ zu den von den Autoritäten eher angestrebten, anspruchsvolleren Texten der so genannten Hochkultur, der im Falle der Kriminalromane wohl wahrscheinlich das anfangs bestehende Publikationsverbot in relativ kurzer Zeit auflösen konnte. Denn dass die Entscheidung, eine Literatur des Trivialen nicht nur zu autorisieren, sondern gar zu fördern, nur zögernd und ungern getroffen wurde, wird sogleich erkennbar, wenn man sich die für die ersten Jahre auserlesenen Texte etwas genauer anschaut: Heftromanreihen, wie z.B. die im Jahre 1959 entstandene Kompass-Bücherei, die in ihrem Programm angeblich Abenteuer-, Kriminal- oder Science-Fiction Romane aufführten, versuchten den ungeahnten Leser fast hinterhältig zu einigen nicht so ganz dem Trivialen zuzuschreibenden Lektüren zu verführen. So wurden Texte von prestigereichen Autoren wie Brigitte Reimann, Rudolf Bartsch oder Erich Loest veröffentlicht, 22 Autoren, die aufgrund ihrer Rolle im Bitterfelder Weg wohl kaum unter der angegebenen Etikette ihren Platz finden sollten. 23 Wenn heutzutage Bestseller-Autoren die ästhetische Qualität ihrer Werke unter folgender Annahme zu verteidigen versuchen: Es sind sicher nicht die Eigenschaften eines Textes (oder eines Films oder jedes kulturellen Inhaltes), die ihn als populär oder hochkulturell, künstlerisch oder sonst definieren: ein und derselbe Text […] kann mit vollem Recht als Kunstwerk sowie zugleich als Unterhaltungsobjekt, also auch als (möglicherweise sehr erfolgreiche) Populärliteratur gelten. Ob ein Text banal oder nicht-banal ist, hängt vielmehr davon ab, wie er gelesen wird, nicht vom Text als solchem. 24 So machte hier die DDR-Staatsmacht den entgegengesetzten Versuch: nichtbanale Texte im Rahmen einer erzwungenen Banalität zu lesen, um die Inhalte auch der Trivialliteratur eher den staatlichen Bestrebungen anzupas- 21 Edith Gaida, “Belletristische Heftreihenliteratur in der DDR“, Weimarer Beiträge, 1970, 12,1, S. 58-176, hier S. 159. 22 Dieter Spiller, Katalog der DDR-Unterhaltungsliteratur. Sammlerpreise und Bibliographie aller Heft- und Buchreihen, Cottbus, Spiller, s.a., S. 118. 23 Erwähnt werden sollte hier aber nun, dass mehrere dieser Autoren, durch ein Pseudonym geschützt, sich ebenfalls gerne mit der Trivialliteratur, vor allem dem Kriminalroman, beschäftigt haben. Erich Loest war in dieser Hinsicht besonders fleißig und veröffentlichte unter den Namen Bernd Diksen und Hans Walldorf mehrere dieser Texte. Siehe hier, Eva Parra Membrives, Alejandro Casadesús, Crímenes literarios en el Socialismo. La serie Blaulicht y la novela policíaca en la RDA, Bern, Peter Lang, 2012, S. 53. 24 Elena Esposito, Popularität, in Roger Lüdecke (Hrsg.), Kommunikation im Populären. Interdisziplinäre Perspektiven auf ein ganzheitliches Phänomen, Bielefeld, transcript, 2011, S. 15-20, hier S. 15. Eva Parra-Membrives 224 sen. Ein Experiment, das aber scheiterte. Denn selbst der angeblich ungebildete und genügsamste Leser des neuen sozialistischen Deutschlands, der Liebhaber des Trivialen, besaß seine Erwartungen und wusste genau, was, und was eben nicht, er zu lesen erhoffte und wünschte. So erfolgreich wie von dem offiziellem Literaturbetrieb erwartet wurde daher die Kompass- Bücherei nicht. Die triviale Maskierung allein vermochte es nicht, das Interesse der breiten Bevölkerungsschichten an Texten zu erwecken, die eigentlich nur wenig Abenteuerliches oder Kriminelles beinhalteten, so dass die ersten Bausteine dieser zur “echten“ Kultur führenden Brücke auf diesem Weg nicht gesetzt werden konnten. 25 Die Reihe wurde sehr bald eingestellt, und dies, obwohl sich im allgemeinen Serienhefte in der DDR einer großen Popularität erfreuen konnten. 26 Der vielleicht ästhetisch unverständige, aber dennoch wählerische Trivialliteraturleser der DDR ließ sich also nicht so leicht bevormunden 27 und bevorzugte Kriminal- oder Abenteuerromane, die tatsächlich, und nicht nur dem Namen nach, solche waren. Reihenhefte, wie die bekannte Delikte- Indizien-Ermittlungen Serie, auch kurz Die-Reihe genannt, oder die bis ins wiedervereinigte Deutschland hineinreichende Serie Blaulicht waren da eher nach seinem Geschmack, und die hohen Erfolgsquoten 28 dieser beiden einzig dem Kriminellen gewidmeten Reihen schafften es zu beweisen, das J. R. Becher mit seiner Einschätzung der Lesebedürfnisse der DDR-Bevölkerung gar nicht so falsch lag. Bevorzugt triviale Texte lesen muss aber nun nicht bedeuten, sich ganz der Realität zu entziehen und überhaupt kein Interesse an der Konstruktion 25 Der Literaturforscher und Sammler Dieter Spiller bezweifelt sogar, dass einige der im Verlagsprogramm der Kompass-Bücherei angegebenen Texte je veröffentlich wurden. Dieter Spiller, Katalog der DDR-Unterhaltungsliteratur. Sammlerpreise und Bibliographie aller Heft- und Buchreihen, Cottbus, Spiller, s.a., S. 118. 26 Anita M. Mallinckrodt, Das kleine Massenmedium. Soziale Funktion und politische Rolle der Heftreihenliteratur in der DDR, Köln, Verlag Wissenschaft und Politik, 1984, S. 28. Siehe auch, “Like detective and adventure novels, all East German science fiction titles consistently sold out”, in Sonja Fritzsche, Science Fiction Literature in East Germany, Bern, Lang, 2006, S. 14. 27 Dass eine Bevormundung angestrebt wurde, betont bereits Emmerich, “Wünschte die Partei sich die Autoren als sozialistische Erzieher und Lenker der DDR-Bevölkerung, so war das lesende Volk damit korrespondierend als ein durchaus noch unmündiges, gleichsam dauerhaft minderjähriges konzipiert, das man auch beim Lesen nie sich selbst und seinen geheimen Bedürfnissen überlassen durfte. Der DDR-Leser als ein schwererziehbares Mündel war permanent von Gebots- und Verbotstafeln umstellt, die ihm sagten, was er zu lesen habe und was nicht”. Wolfgang Emmerich, Kleine Literaturgeschichte der DDR, Berlin, Aufbau, 2000, S. 47. Der Trivialliteraturkonsument scheint jedoch nicht unbedingt auf diese Gebote und Verbote einzugehen. 28 Dorothea Germer, Von Genossen und Gangstern, Zum Gesellschaftsbild in der Kriminalliteratur der DDR und Ostdeutschlands von 1974 bis 1994, Essen, Blaue Eule, 1998, S. 55. Trivialität, Identitäten und DDR-Kriminalroman 225 eines neuen, sozial gerechteren Staates zu haben, ganz im Gegenteil. Auch ein populärer Realismus ist möglich, sogar von besonderem Interesse: Gerade die Vorhersehbarkeit bestimmter narrativer Abläufe scheint es zu erlauben, Aufmerksamkeitskapazitäten für politische, soziale und andere alltägliche Kontexte, für Welthaftigkeit ganz allgemein, frei zu geben. Gerade weil Populärliteratur nicht sonderlich viel Raum auf Figuren- und Plotentwicklung verwenden muss, also auf autonome Strukturen, bleibt ihr besonders viel Platz für aktuelle Themen der Unwelt, also Heteronomes. 29 behauptet Huck, und dies war auch zu DDR-Zeiten gültig. Vom Misserfolg der versuchten Trivialisierungsstrategie eingeschüchtert, wagten die sozialistischen Literaturzensoren es nicht mehr, einflussreiche Autoren der hohen Kultur verdeckt einzuschleusen, aber kontrollierten doch weiterhin noch, dass systemgerechte Texte geschaffen wurden. Die-Reihe und Blaulicht-Autoren wurden sorgsam ausgewählt, auch die Inhalte streng untersucht. Selbst weniger gebildete Mitglieder des so genannten Arbeiter- und Bauernstaates sollten sich darüber freuen können, bei ihren Lektüren sozialgerechte Texte wiederzufinden. Der Kriminalität, und vor allem ihrem Ursprung, dem Keim des kriminellen Gedankens, sollte nachgegangen werden, um mit Hilfe seiner Isolation und späteren Bekämpfung die Vorteile einer sozialistisch orientierten Gesellschaft zu unterstreichen. Verständlich scheint nun, dass die ersten, nur schüchtern sich mit transgredierenden DDR-Bürgern befassenden Texte, die “Schuld“ jeder als kriminell zu identifizierenden Handlung dem schädlichen Einfluss des Westens zuschreiben möchten, 30 und somit am Anfang seiner Entstehung den DDR-Kriminalroman, und gar nicht ganz zu unrecht, in den Ruf kommen ließen, einfach nur eine eigentlich realitätsfremde, einzig den Westen diskreditierende Linie, ohne jede weiteren, schon gar nicht ästhetischen, Bestrebungen einschlagen zu wollen. 31 Es müssen einige Jahre der Verfestigung des Trivialen vergehen, Jahre, in denen Literaturkritiker plötzlich ihre Vorbehalte an solchartiger Literatur nicht mehr begreifen 32 und der Kriminalroman als Gattung der Gefahr des Verbots entronnen ist, damit die Inhalte der Krimitexte etwas freier gestaltet werden können. Mitte der sechziger und Anfang der siebziger Jahre entrinnt 29 Christian Huck, “Was ist Populärliteratur? Oder doch eher, wann ist Populärliteratur? “, in Roger Lüdecke (Hrsg.), Kommunikation im Populären. Interdisziplinäre Perspektiven auf ein ganzheitliches Phänomen, Bielefeld, transcript, 2011, S. 43-77, hier S. 49. 30 Eva Parra-Membrives; Alejandro Casadesús, Crímenes literarios en el Socialismo. La serie Blaulicht y la novela policíaca en la RDA, Bern, Peter Lang, 2012. 31 Ebd. 32 “Mager sagte der Kriminalliteratur ein baldiges Ende voraus, da es in der sozialistischen Welt in absehbarer Zeit keine Verbrechen mehr geben und es ihr also an Stoff mangeln werde. Habe ich das tatsächlich gesagt? “, in Hasso Mager, Krimi und Crimen, Halle, Mitteldeutscher Verlag, 1968, S. 8. Eva Parra-Membrives 226 der DDR-Kriminalromanautor seiner bisherigen Vormundschaft, vergisst gänzlich westliche Gefahr, und beginnt sich mit der möglichen sozialen Schuld bei kriminellem Handeln auseinanderzusetzen. Und dies, lange bevor der angeblich so innovative Soziokrimi im Westen Beliebtheit erlangte. Als repräsentatives Beispiel eines trivialen Textes, der sich trotzdem mit der Konstruktion einer geeigneten kollektiven Identität auseinandersetzen kann, mag jetzt, wenn auch nur kurz, auf Gert Schönaus Feuer im Kükenstall, eine 1971 entstandene Geschichte, eingegangen werden. Auf den ersten Blick ist aus staatlicher Sicht kaum etwas an dem Text auszusetzen. Trotz der geringen Seitenzahl - kaum 32, wie in der Blaulicht- Reihe teilweise üblich -, beinhaltet die Geschichte doch alles, was ein Text braucht, um ein repräsentatives sozial-realistisches Begebnis zu erzählen, fast völlig der Bitterfelder Linie angepasst, also dem offiziellen kollektiven Bild folgend. Protagonistin ist hier ein junges Arbeitermädchen, das unerwartet gefährlich kriminell wird, und in einem Kükenstall Feuer legt, was dem Staat, und somit auf indirekter Weise auch auf unverzeihliche Weise dem sozialistischen Volk erhebliche ökonomische Schäden zufügt. 33 Dabei bedauern die Verwalter des beschädigten Volkseigentums - und dies ist besonders hervorzuheben - nicht etwa, wie vielleicht im kapitalistischen Westen wahrscheinlich wäre, den wirtschaftlichen Schaden, sondern das unsolidarische Handeln auf das die Brandstiftung hinzuweisen scheint: Mit dem Schaden werden wir schon irgendwie fertig. Schlimmer ist, daß unter uns ein leichtsinniger Kerl ist, der jetzt nicht den Mut aufbringt, seinen Leichtsinn einzugestehen, oder sogar ein Lump, der uns in den Rücken fällt. 34 Die Absonderung des zunächst unbekannten Täters geschieht ziemlich rasch von Seitens der polizeilichen Repräsentanz - was bei nur 32 Seiten wohl kaum anders zu erwarten ist : Doris, die Brandstifterin, wird überführt, und das markant unsoziale Benehmen des Mädchens vom Autor an mehreren Stellen erleuchtend hervorgehoben: “es dauerte eine ganze Weile und bedurfte Martens [des Polizeibeamten] Langmut, bis sie endlich vernünftig antwortete“, 35 suggeriert eine aufsässige, die Autorität - durch den Polizisten verkörperte - nicht respektierende Persönlichkeit, und, wie zum Schluss noch viel deutlicher dargestellt wird, eine durch ihr gesellschaftsfremdes, individualitätssuchendes Wesen zwangshaft in die Kriminalität abgerutschte, untypische DDR-Bürgerin: Sie geben immer nur anderen die Schuld“, erwiderte Martens. “Vielleicht suchen Sie auch einmal die Fehler bei sich selbst. Haben Sie es den anderen nicht oft allzu 33 Auf die mögliche Tierquälerei wird überraschenderweise nicht näher eingegangen. 34 Gert Schönau, Feuer im Kükenstall, Berlin, Verlag Das Neue Berlin, 1971, S. 7. 35 Ebd., S. 31 Trivialität, Identitäten und DDR-Kriminalroman 227 schwer gemacht, Ihnen zu helfen? Haben Sie sie nicht durch Ihren Eigensinn vor den Kopf gesto en? 36 Dass der Text eine deutliche politische Position vertritt, die in einer falschen Individualitätskonstruktion, und nicht im Kollektiv, also einzig in Doris selbst, d.h., nicht in ihrer gesellschaftlichen Umgebung, die Schuld der kriminellen Transgression erblickt, scheint aber einem etwas aufmerksameren Leser weniger eindeutig. Zum einen ist diese abnorme kriminelle Persönlichkeit noch außerordentlich jung. Martens, der leitende Polizeibeamte, sieht sie als “ein farbloses, körperlich unentwickeltes Mädchen, dem man dreizehn Jahre eher als siebzehn geglaubt hätte“, 37 und die Tatsache, dass es sich eher um ein Kind, als um eine Frau handelt, nimmt dem möglichen Anstoß, den der DDR-Leser an der Täterin des Deliktes gehabt haben könnte, doch einen großen Teil seiner Kraft. Zum anderen wird, trotz der Kritik an ihrem Eigensinn und ihrer mangelnden Bereitschaft, sich helfen zu lassen, nicht ganz verschwiegen, dass die Isolation des Mädchens ihren Ursprung in einer schwierigen und, von ihr natürlich unverschuldeten problemhaften Kindheit hatte, und somit mit einem Mangel an einer geeigneten Sozialisationserziehung zusammenhängen kann: Dieses Mädchen hat eine ganz miserable Kindheit gehabt. Ein richtiges Elternhaus und seinen Vater lernte es nie kennen. Die Mutter wechselte häufig die Freunde und ist außerdem Alkoholikerin. Jetzt lebt sie in Jena mit einem Bauarbeiter zusammen. Um Doris kümmert sie sich überhaupt nicht mehr. 38 Vorbilder hatte Doris also im Prinzip keine, die es ihr ermöglicht hätten, in ihrer frühesten Jugend eine geeignete kollektive Identität zu konstruieren. Denn dass sie den Drang zur Individualität und nicht zur Kollektivität spürt, wird ja mehrmals im Text negativ betont. Interessant wird aber der Text, wenn man erkennt, wie der Autor versucht, seine Leser zu dem Gedanken zu bringen, dass in einem sozial gerechtem Staat, wie die DDR es sein wollte, unglückliche familiäre Startbedingungen nicht unbedingt zur Kriminalität hätten führen müssen, wenn die weniger nähere Umgebung, d.h., die Gesellschaft, die ihr zuständige Arbeit geleistet hätte. In seinem Bestreben nach wirtschaftlicher Festigung darf der sozialistische Staat auch seine Bürger nicht aus den Augen verlieren, ohne Gefahr zu laufen, dem kapitalistischen Ausland zu ähneln. Schönau ist sich dessen bewusst, und reflektiert es auch in seinem Text. In der raschen polizeilichen Ermittlung entdeckt der mit der Auflösung des Falles beauftragte Beamte, dass das Motiv der Brandstiftung eine unkontrollierte Frustration ist. Nachdem Doris endlich glaubt, so etwas wie ein Heim gefunden zu haben, eine 36 Ebd., S. 32 37 Ebd., S. 31 38 Ebd., S. 27 Eva Parra-Membrives 228 Gruppe, in die sie sich integrieren kann, und das Gefühl verspürt, dass sie von ihrer Umgebung aufgrund der von ihr gut geleisteten Arbeit geschätzt wird, soll das Mädchen an eine andere Arbeitsstelle, die ihr nicht behagt, versetzt werden, um dort die Produktion zu erhöhen. Von ihrer Mutter abgeschoben, von Sozialarbeiterinnen kaum beachtet, befindet sich die jetzt erneut zurückgewiesene Doris, deren Persönlichkeit ohne geeignete, positive Vorbilder ohnehin gefährdet ist, nahe dem Abgrund. Als sie kurz davor steht, ihre hart erarbeite Integration zu verlieren, und, was noch schlimmer ist, ihre kollektive Identität gefährdet wird, handelt sie verzweifelt kriminell. Das Kollektiv, in das sie sich einfügen möchte, will sie nicht, wie sie auch schon vorher ihre Mutter und die Sozialarbeiter nicht wollten. Doris findet sich überflüssig. Ihre Brandstiftung ist nichts anderes als Trotz, 39 Schmerz, eine verständliche Reaktion auf ihre Verdinglichung, auf ein falsches Handeln des sozialistischen Staates, der auf diese spezielle Bürgerin nicht aufgepasst hat: “[…] wir haben das nicht zugelassen. Das war vor vierzehn Tagen. Nach der Frühjahrsbestellung werden wir die Angelegenheit klären. Die Produktion geht schließlich vor.“ ‘Aber diejenigen, die produzieren, sind Menschen, und deren Probleme richten sich nun einmal nicht nach dem Kalender! ‘ wandte der Oberleutnant ein. “Natürlich haben Sie recht, aber…“ “Doris Beier gegenüber hatten Sie eine besondere Verantwortung“, fuhr Martens fort. “Wie ich beim Referat Jugendhilfe erfahren habe, soll das Mädchen bei Ihnen lernen, sich ins Kollektiv einzufügen.“ 40 Kollektive Identitäten konstruieren heißt nämlich auch, die emotionelle Stabilität der Individualität beachten und respektieren. Menschen sind keine Maschinerie und brauchen vor allem in ihren ersten Jahren nicht nur Arbeit, sondern auch soziale Modelle, die auf Liebe und Zuneigung aufbauen. In die Kriminalität absteigen geschieht leicht, wenn man solches nicht in Betracht zieht. Wobei es aber nie zu spät ist, um wieder von vorne anzufangen. Feuer im Kükenstall endet sehr aufschlussreich mit der Wiedergutmachung früherer Versäumnisse: Da tat der Oberleutnant etwas, das Petry nie für möglich gehalten hätte. Er trat hinter die Weinende, strich ihr behutsam über das Haar und sagte leise: “Wein‘ dich ruhig aus, Doris. Das Leben geht weiter, und du hast eine Menge gutzumachen.“ 41 39 Peter Nusser, Romane für die Unterschicht, Stuttgart, Metzler, 1975, S. 84. 40 Gert Schönau, Feuer im Kükenstall, Berlin, Verlag Das Neue Berlin, 1971, S. 28. 41 Ebd., S. 32. Trivialität, Identitäten und DDR-Kriminalroman 229 Dass aber nicht Doris es ist, die etwas gutzumachen hat, sondern der defizient handelnde Staat, ist dem Leser, wenn auch nicht ausdrücklich erwähnt, längt klar. Kriminalromane können so unter dem Schutz der Trivialität Kritik ausüben vielleicht sogar freier als in Texten der sogenannten Hochkultur. Der Spannung wegen gelesen, als schnelles Konsumprodukt angesehen, werden diese Hefte doch dazu benutzt, auf subliminale Weise bestimmte Ideen in die zum Teil ahnungslosen Leser einzupflanzen. Diese Ideen müssen nicht unbedingt den von dem Staat erwünschten Gedanken entsprechen, auch wenn es auf den ersten Blick so aussieht. Anspruchsvolle Inhalte als Banalität verkleidet, mit Hilfe des trivialen Rahmens des Kriminalromans. Aber, obwohl diese geschickte Trivialisierung nicht so ganz trivialer Inhalte viele - so Kehrberg, wie zu Anfang dieses Beitrag gezeigt worden ist - hinters Licht führen konnte, hat sie vielleicht viel mehr zur Konstruktion einer kollektiven Identität der DDR-Leser beigetragen, als allgemein gedacht. Eine genauere Untersuchung dieser Texte wäre zweifelsohne interessant. Bibliographische Referenzen Richard Albrecht, “Die meisten Leser erwarten eine Leiche. Über den DDR-Krimi in der DDR und seine Entwicklung“, in Die Horen, 26/ 1981, S. 115-130. 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María Jesús Pérez Jáuregui Intersexual anxieties: Gender, sexuality, and the future of humanity in Storm Constantine’s The Enchantments of Flesh and Spirit Storm Constantine’s novel The Enchantments of Flesh and Spirit, the first in a trilogy, was published in 1987, and later revised for the improved editions of 2003 and 2007. 1 It is the first-person account of Pellaz, also known as Pell, a human teenager living at a time in which humanity’s downfall is a reality and Wraeththu are quickly becoming the new ruling species. They are true hermaphrodites, physically beautiful and resilient and spiritually more advanced than mankind; but nothing is more intriguing to the reader than the fact that they were once human. As Pellaz undergoes a series of transformations into a member of this species first and, ultimately, a semi-divine being destined to be the emperor of an emerging civilization, he confronts and reflects upon the human baggage of Wraeththukind and its success and failures to overcome old gender, social, and psychological boundaries. In their works of science fiction, some female authors explore alternative universes or futures in which binary gender constraints are transcended, while confronting and destabilizing the precepts of the patriarchal tradition in different ways. Among these works there are novels which propose a same-sex utopia. 2 “SF writers,” Brian Attebery observes, “are more than willing to disrupt the binary gender code with such concepts as a literal third sex”. 3 A world with no sexual difference “automatically erases so many forms of injustice that its societies … seemed a major improvement from the perspective of many women readers”. 4 Jane Donawerth’s definition of utopia as “a fictional, idealized place or system, created as a dialogue with and critique of contemporary social assumptions and practices” is qualified 1 Storm Constantine, The Enchantments of Flesh and Spirit, Stafford, Immanion Press, 2007. I have selected the 2007 edition as my text because it represents the last stage of the author’s revision of the novel. 2 Theodore Sturgeon’s Venus Plus X (1960) and Ursula K. Le Guin’s The Left Hand of Darkness (1969) present intersexed societies with different characteristics and have been analyzed by feminist critics in depth. Among others, see Attebery, Decoding Gender in Science Fiction, New York, Routledge, 2002; and Larbalestier, The Battle of the Sexes in Science Fiction, Middletown, Wesleyan University Press, 2002. 3 Attebery, Op. cit., p. 9. 4 Attebery, Op. cit., pp. 107-08. María Jesús Pérez Jáuregui 234 by Sargent’s statement that perfection is not characteristic of utopian fiction. 5 The Wraeththu saga could be viewed as a critical utopia because a series of “difficult problems that the described society may or may not be able to solve” are presented. 6 However, even its classification as a utopia can be challenged after a close reading. In Enchantments, the question arises as to whether intersexuality succeeds in completely erasing old gender divisions and prejudices. This article will take this as a starting point from which to tackle a more specific issue, the anxiety that first-generation hara, formerly male, manifest regarding the female aspects of their nature, the partial loss of masculinity, and the possibility of pregnancy and birth. 7 I will also address the problem of human women, who grow increasingly infertile as humanity deteriorates and are unable to join Wraeththukind, thus being potentially doomed to extinction, while their defining biological and psychological traits are absorbed into male bodies. “There were always troubles … Plagues, catastrophes, rampant crime, poverty, starvation, violence, war, corruption, religious mania …” Pellaz writes, recounting how civilization was decaying when, as a human boy, he lived with his family in a relatively safe area, at the beginning of his narration (p. 21). On top of the self-inflicted disasters, there lurks the threat of a “youth cult”, the Wraeththu (p. 22). They are described by eyewitnesses as young men who bring about “death, rape and madness” wherever they go (p. 25). They are presented as “full of hatred”, using “dress codes” and “rituals” and “fornicat[ing] amongst themselves” (pp. 24-25). Rather than running away, teenage boys “want to join them, because the world’s so fucked up, it seems like the best option” (p. 25). At this stage in the novel, Wraeththu are shrouded by mystery: Pellaz - and the reader - find out that they are an entirely new species as the narration progresses. The first turning point in Pell’s life is the visit of a har, Calanthe, also known as Cal, who fascinates him so deeply that the boy decides to run away with him. He immediately realizes that there is something uncanny about Cal: He was beautiful, but the strange thing was, it didn’t feel like I was looking at purely male beauty … I realized he did not even smell male, but he didn’t smell female either. He was a strange paradox. What was the secret he was holding to himself? (p. 35) 5 This definition is found in Donawerth, Frankenstein's Daughters : Women Writing Science Fiction. Syracuse: Syracuse UP, 1997, p. 2. See Sargent, “The Three Faces of Utopianism Revisited” in Utopian Studies. 5.1 (1994), p. 6. 6 Sargent, Op. cit., p. 9. 7 Har and its plural form hara are the generic terms that refer to the members of the Wraeththu species, just as the term men refers to human beings. Intersexual anxieties 235 Later on, Pell reflects that sometimes, when he looked at Cal, “it seemed a woman stood there” (p. 42). This observation, the first hint of the androgyny of Wraeththu, becomes a pervasive one as Pell meets other members of the species. However, he still believes that Cal is male, and his attraction toward the har awakens a fear that he will have to partake in homosexual relations: ‘They say you despise women, and don’t have sex with them, because you want the human race to die out, but you... They say you are like animals - with each other. Is that true? ’ ‘Not exactly. Does it bother you? ’ ‘It doesn’t concern me.’ (p. 34) Pell travels to the newly founded Wraeththu city of Saltrock, where he learns more about this species - which originated with a single mutated individual that transformed others -, and he prepares to undergo inception, the ritual through which he will become har. He is told that a priest’s blood will infect him and cause his body to mutate, giving birth to an individual which will be strong, beautiful, ageless, immune to most diseases, and ready to develop extra-sensory faculties and the spiritual potential that humanity has failed to use. All this is alluring to Pell; however, he is terrified when he finds out that he will become intersexed. His mentor, Orien, explains it thus: ‘Inside you, new parts will begin to grow and externally, your organs of generation shall be improved, refined. You will be hermaphrodite: a word that derives from the names of two ancient deities...’ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . I felt faint. Images of castration brought a taste of blood to my mouth. (p. 80) According to the original myth of Hermaphroditus, his body was blended with the body of the nymph Salmacis. Through his prayers to the gods, a pool was created which would transform any man who bathed in it into an intersexed creature. Larbalestier comments on the formulation of this story, arguing that hermaphroditism appears as “something that makes a man effeminate, that takes something away from him so that he becomes ‘no more than half a man’”. 8 Pell fears that his masculinity will be at least partially lost, his male identity threatened. Through inception, blood from a har is transfused into the human teenager’s body, starting a process of change that lasts for three days. It is difficult not to associate inception with vampirism; in Dyer’s words, “the vampire has represented … an alternative life-style as it threatens the established order…” 9 In the novel, Wraeththu are only one of the many problems hu- 8 Larbalestier, Op. cit., p. 92. 9 Dyer, “Children of the Night: Vampirism as Homosexuality, Homosexuality as Vampirism” in Sweet Dreams: Sexuality, Gender and Popular Fiction, edited by Susannah Radstone, London, Lawrence & Wishart, 1988, p. 54. María Jesús Pérez Jáuregui 236 manity is facing, but they are increasingly perceived as the biggest threat. The sharing of blood is associated with danger: AIDS in our society, death as a result of the young man turning out to be too weak for inception in the Wraeththu world. There is also a strong connection with sex, embedded in vampire eroticism, and made more explicit in Enchantments as it is revealed that inception is completed through aruna with another har. This is defined as “the exchange of essences”, sex that transcends the physical and moves into a spiritual realm, something more elevated than instant gratification (p. 80). Pell’s dread is replaced with wonder as he discovers his new body. There was no damage, no scars, just this exquisite instrument of magic and pleasure. Not changed too much, just redesigned. An orchid on a feathered, velvet shaft. ... When I touched it, it opened like a flower, something moved in the heart of it, but I had seen enough for now. It was beyond me to go delving and see what else might be lurking down there. (p. 97) He realizes that the phallus, or ouana-lim, is still there, although changed. So is the soume-lam, an evolved version of the female genitals, although he is unready to face it. Each of these organs is endowed with seven centers of pleasure, which can be reached sequentially during aruna (p. 110). Pell gradually becomes conscious of how deeply he has been transformed. “Was I not now a woman, a woman who needed no breasts to nurse her young, no swelling hips to carry them? ” he reflects. “And was I not also a man, with a man’s physical strength? ” (p. 98) As a more mature Pell looks back on his beginnings, he says that Wraeththu “are made of the hardest part of woman and the softest part of man” (p. 201). Other characters in the novel manifest their views and anxieties regarding their biological condition. Orien, a shaman, refers to religion, magic, and humoral theory in order to describe it: The hermaphrodite has long been regarded as a perfect archetype in many magical and religious systems. ... The feminine principle within us is called soume... Magically, its main properties are coolness, moistness and passivity. The male principle is ouana... Its main magical properties are heat, dryness and activity. (p. 99) This description echoes Aristotle’s discourse, which influenced Galenic medicine and Western thought for centuries. The masculine principles of heat and dryness were given pre-eminence, and women were seen as lacking, and thus inferior. These ideas complicate the notion of Wraeththu as a perfectly balanced fusion of male and female: male elements would still prevail. Cal, who becomes Pell’s chesna, his partner, struggles with - and is somehow afraid of - his female side: ‘Let’s face it, Pell. We still think of ourselves as male, totally male, with a few pleasing adjustments, of course. We look male, don’t we? … All those female bits Intersexual anxieties 237 lurking inside you, where you can’t see them, where you can forget them; but they’re there! ’ (pp. 195-96) He goes on to hint that he was attracted to men as a teenager, before his own inception: ‘When you first met me, your first Wraeththu chum, what did you think? Oh, here’s a boy that’s into boys, and as I’m an effeminate, spoiled little brat, living a boring life, I’ll go along with that … [W]hen I first became incepted, that was what it was for me. Can’t you see? That’s what I am. If I wasn’t har, I’d be... you know what I’m saying don’t you? (p. 196) Later on in the story, Pell says that Cal “hated all women … It was a legacy of before he was har” (p. 255). Cal’s fear deepens as he ponders over har reproduction. Wraeththu of elevated caste, spiritually developed, can procreate: a pearl is conceived during aruna and carried by the soume partner in the equivalent to a female uterus for two months. After the pearl is delivered, it must be incubated and a baby, or harling, is born. Donawerth writes that “women writers of science fiction often punish their male characters with culturally feminine experiences of degradation” and come up with ways in which these characters “undergo what real women of all ages have undergone” including, in some cases, “the dangers of reproduction”. 10 Childbearing does look like a curse to Cal: “It’s having to face just how inhuman you are, what inception really did to you”, he says after seeing a harling. By creating these male-looking hermaphrodites who can be impregnated, Constantine may be criticizing chil rearing as the sole responsibility of women in 20 th -century society; she demolishes one of the main biological distinctions by making pregnancy available to all who are prepared. Parenting is also made easier: harlings develop at a faster pace than human babies and are not as dependent on their progenitors; there is no breastfeeding and they reach adult age by ten. Discussing other SF novels, Larbalestier has stated that “same-bodied experience equals tolerance equals peace and understanding.” 11 However, intersexuality and shared childbearing do not amount to social equality in some of the tribes that Pell meets and temporarily joins during his journey. He finds out that first generation Wraeththu, in many cases, have not really transcended old gender prejudices and tend to revert to a social system in which a subgroup of hara are labelled as female whereas other adopt formerly male roles. In the Kakkahaar tribe, a group of attendants of low caste are described as “dressed in diaphanous silks and heavily hung with gold adornments” (p. 135). Pell elaborates: I could tell Cal disapproved. He thought the Kakkahaar treated their Aralids in the same way that women used to be treated in patriarchal societies, and although 10 Donawerth, Op. cit., p. 127. 11 Larbalestier, Op. cit., p. 97. María Jesús Pérez Jáuregui 238 I could not disagree entirely, at no time did I meet anyhar in the camp dissatisfied with the arrangement. (p. 135) Cobweb, another har whom they find in a poor condition, heal, and take back to his tribe and son, describes himself as “a progenitor, a hostling,” and says that “the Varrs all have very set roles” (p. 184). Many of them are warriors, and they struggle to look male, wearing their hair short. Others have long hair and are consorts and hostlings; their roles are traditionally female. “Masculinity in hostlings,” Pell observes, “is not considered aesthetic, and they try to hide that side of themselves” (p. 203). True feminist utopias present societies in which inequality has been overcome; however, this is not the case in Enchantments. Only when the city of the Gelaming tribe, Immanion, is described, does the reader realize that there is a utopia-in-the making. The lack of consistency between what Pearson and others call biological “hermaphronormativity” and gender can be viewed, bearing in mind Judith Butler’s thesis, that gender is not tied to the body, but something culturally and socially constructed that is performed: “gender is neither the causal result of sex nor as seemingly fixed as sex”. 12 Wraeththu societies that retain heteronormative standards depend on their hara’s repetition of gender acts, which prevents the “emergence of those ‘incoherent’ or ‘discontinuous’ gendered beings who … fail to conform to the gender norms of cultural intelligibility.” 13 Ironically, though, the deviation for Kakkahaars, Varrs and other tribes would be manifesting an intersexed gender identity consistent with hermaphroditic bodies. Male and female roles are imposed, distributed in an attempt not to let go of the former humanity which framed their mindset. The true intersexed gender can only be attained over time, as incepted - or first-generation - Wraeththu are replaced with second-generation ones. 14 “I’ll have to tell him what humans are,” Cobweb reflects, talking about his harling, “won’t it be crazy if he thinks that men and women are a perverse idea? …” (p. 186). As he analyzes Varr society, Cal’s shock echoes the reader’s, but Pell makes a point in his reply: ‘Male and female? … They are splitting off again. …Wraeththu combined the sexes, but they are splitting off.’ ‘Is that so bad, so immoral? ’ I argued. ‘Wraeththu combined the sexes by favouring the male. There are too many issues that haven’t been raised, too many uncomfortable questions unanswered.’ (p. 194) This “favouring the male” - the fact that only boys can be incepted, not women - is not only “uncomfortable” for hara, but also for feminist readers 12 Butler, Gender Trouble: Feminism and the Subversion of Identity, New York, Routledge, 1990, p. 6. 13 Butler, Op. cit., p. 17. 14 Second-generation Wraeththu are those born to Wraeththu progenitors. Intersexual anxieties 239 of the novel, who may feel compelled to challenge the speculative future presented by Storm Constantine. Jones and Stallybrass view the original myth of Hermaphroditus as tale of “absorption of the Other into the Same.” 15 “[E]ven as he intertwines with Salmacis” the boy “erases her name.” 16 Larbalestier makes a similar argument as she deals with the intersexed creatures in another novel, Sturgeon’s Venus Plus X: “If woman is lack, and man is the one, then their unity will result in the woman vanishing altogether, or in the woman becoming a man. The Ledom are a version of men, but not a version of women”. 17 These creatures have appropriated motherhood; they “look like men to Charlie,” who is the human observer in this novel, “men with uteri”, just as much as Wraeththu look male to human beings during the first stages of their expansion. 18 As Pell, Cobweb and Cal discuss what the latter terms “humanity’s funeral,” the issue of the lack of a future for women comes up: ‘Are you feeling guilty, Cal? Are you thinking of all the pain and suffering and wretchedness of innocents just born in the wrong time and the wrong place? ’ ‘And the wrong body,’ Cobweb added dryly. (pp. 183-84) Constantine gives a voice to women in the novel, allowing them to express their feelings toward the new state of affairs. “I curse the day I was born a woman,” a teenage girl, Kate, says when she looks at Pell appraisingly (p. 129). “I know I would make a brilliant har”, she adds on the same page. Years later, she settles in Ferelithia, a city in which Wraeththu and human women live together; it is there that Pell finds her again. Although still sad, she is resigned; she can’t be part of the “long term future of the world”, so she focuses on living the present (p. 262). ‘I’m not resentful, Pell. I look at you and see a woman in you, her eyes looking out at me. She is your beauty and your strength … She is honesty, a mirror. I see her in all Wraeththu and love her. You are not a man, and you shouldn’t feel guilty for the male part of you …’ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ‘We call ourselves ‘he’,’ I said. ‘We deny the female part, or want to. We are afraid of it.’ (p. 262) Women are relatively content living with Wraeththu because a radical form of patriarchal oppression had been restored in their country, equality taken from them, and they needed to fly from it (pp. 266-67). However, as another 15 See p. 85 in their article “Fetishizing Gender: Constructing the Hermaphrodite in Renaissance Europe” in Body Guards: The Cultural Politics of Gender Ambiguity, edited by Julia Epstein and Kristina Straub, New York, Routledge, 1991. 16 Ibid. 17 Larbalestier, Op. cit., p. 99. 18 Pearson, “Towards a Queer Genealogy of SF” in Queer Universes: Sexualities in Science Fiction, edited by Joan Gordon, Veronica Hollinger, and Wendy G. Pearson, Liverpool, Liverpool University Press, 2008, p. 94. María Jesús Pérez Jáuregui 240 har, Vaysh, puts it, Wraeththu are sad “to watch them grow old alone” (p. 256). Sex between hara and human beings is impossible, lethal to men and women. Probably aware of potential feminist (and female readers’) qualms regarding the exclusion of women, Storm resorts to the spiritual in order to provide a not altogether satisfying solution, worded by Kate and accepted by Pell. ‘When I die, … that’s when I get my chance. You should know that. I will be reborn as har, as will all souls.’ I shivered. Kate … had seen so plainly that which I had missed. We are all one. The bodies are different, but bodies are expendable. The soul goes on forever. (p. 263) Gender discrimination is only part of the human inheritance weighing down Wraeththu evolution. Throughout the novel, Pell undergoes two transformations, the latter of which - orchestrated by Thiede, the first of their kind - forces him to part with Cal and shapes him as the ruler of all Wraeththu, an almost divine har. As he matures and learns his place in the world, he stands for his species: both Pell and Wraeththu as a whole are inconsistent, full of misconceptions and prone to making mistakes. Pell impregnates another har, Rue, and runs away, ashamed of what he has done; later on, he is punished by having to accept Rue as royal consort. “It was the sort of thing ignorant males had done to females throughout human history: leaving them pregnant and alone...,” Pell admits (p. 329). Violence is part of the male inheritance of Wraeththu. They do not sit around in a hidden corner of the world, waiting for humanity to become extinct. “Men,” Attebery writes, “belong to the sex that rapes and abuses, that rationalizes its own tendency to violence …, that consistently disparages women and any of its own members that are perceived to be womanish”. 19 “[W]e oppose the taking of life, but it would be naive to think we won’t have to fight for the highest good,” Thiede explains, attempting to justify their use of violence. According to Rebecca Adams, “… any utopian vision must necessarily focus on imagining cultural foundation not founded on violence, and this project is intimately bound up with the transcending of patriarchy”. 20 There are multiple examples of Wraeththu’s active destruction or enslavement of humans in the novel; only teenage boys suitable to be incepted are spared. Some tribes, like the Varrs, focus on fighting and “living in stolen towns”; “their culture seemed just the same,” Pell muses (p. 191). Humanity fights back: scientists try - and fail - to create viruses that will take down Wraeththu; ironically, Pell is shot by a human woman so that his 19 Attebery, Op. cit., p. 7. 20 Adams, “Narrative Voice and the Unimaginability of the Utopian 'Feminine' in Le Guin's The Left Hand of Darkness and 'The Ones who Walk Away from Omelas'”, in Utopian Studies 2.1 (1991), p. 36. Intersexual anxieties 241 soul can be seized by Thiede and undergo a second transformation: “Wretched, weak as she was, she saw me. Wraeththu, shining Wraeththu, sleek with health. She saw the blood of her kind light my flesh from within” (p. 217). Violence and power struggles that generate inequality are at odds with a true feminist utopia. In The Enchantments of Flesh and Spirit, human civilization has brought about its own extinction and is meant to be replaced by Wraeththu, whose connection to nature - instead of dominance over it - is more in accordance to what critics have termed “feminist science”, which is utopian. 21 However, their world is not “clearly and radically discontinuous from the patriarchal one we know”. 22 The new species has to contend with its human inheritance of violence and repression, assume its intersexuality and everything that it implies - such as motherhood - as natural, and allow its members to perform gender freely. Enchantments can be better viewed as speculative fiction than as a true utopian novel. However, Constantine reflects on our own world, outlining its failures, rethinking them from the perspective of more evolved minds that still have a long way to go. The new biological and spiritual configuration of Wraeththu presents enormous potential for the shaping of a fair society. Bibliographical References Rebecca Adams, “Narrative Voice and the Unimaginability of the Utopian 'Feminine' in Le Guin's The Left Hand of Darkness and 'The Ones who Walk Away from Omelas'”, in Utopian Studies, 2.1, 1991, pp. 35-47. Brian Attebery, Decoding Gender in Science Fiction, New York, editorial, 2002. Marleen Barr, Lost in Space, Probing Feminist Science Fiction and Beyond, Chapel Hill,1993. Judith Butler,Gender Trouble, Feminism and the Subversion of Identity, New York,1990. Storm Constantine, The Enchantments of Flesh and Spirit, Stafford, 2007. Jane Donawerth, Frankenstein's Daughters, Women Writing Science Fiction, Syracuse, 1997. Richard Dyer, “Children of the Night, Vampirism as Homosexuality, Homosexuality as Vampirism”, in Susannah Radstone, Sweet Dreams, Sexuality, Gender and Popular Fiction, London, 1988. Ann R. Jones & Peter Stallybrass, “Fetishizing Gender, Constructing the Hermaphrodite in Renaissance Europe”, in Julia Epstein & Kristina Straub (eds.), Body Guards, The Cultural Politics of Gender Ambiguity, New York, 1991. Justine Larbalestier, The Battle of the Sexes in Science Fiction, Middletown, 2002. 21 Donawerth, Op. cit., pp. 25-26. 22 Barr, Lost in Space: Probing Feminist Science Fiction and Beyond, Chapel Hill, University of North Carolina Press, 1993, p. 11. María Jesús Pérez Jáuregui 242 Wendy G. Pearson, “Towards a Queer Genealogy of SF”, in Joan Gordon, Veronica Hollinger & Wendy G. Pearson, Queer Universes, Sexualities in Science Fiction, Liverpool, 2008. Lyman T. Sargent, “The Three Faces of Utopianism Revisited”, Utopian Studies 5.1, 1994, pp. 1-37. Jesko Reiling “Wird sie, das Aschenbrödel von der Kaiseralm, jemals einen Brautkranz tragen? “ Das Aschenputtel-Märchen in Liebesromanen seit dem 19. Jahrhundert 1 1. Einleitung Das Märchen vom Aschenputtel kann als prototypisches Verlaufsmodell einer Liebesgeschichte gelten, da es beschreibt, wie ein armes, einsames Mädchen, das niedere Arbeiten verrichten muss, einen Prinzen heiratet, wie also materieller Gewinn und sozialer Aufstieg mit Liebesglück einhergehen. Es überrascht deshalb auch nicht, dass ca. jedes 3/ 4-Jahr ein Liebesheftroman erscheint, der den Namen Aschenputtel oder sein englisches Pendant Cinderella im Titel führt: So sind, um nur einige Beispiele zu nennen, im deutschen Cora-Verlag in den zurückliegenden zwei Jahren in verschiedenen Heftreihen die Romane Cinderella und der Milliardär (Juliaextra, Nr. 0348 [2012]), Einmal Cinderella sein (Juliaextra, Nr. 0378 [2011]), Cinderellas letztes Date (Thriller, 0194 [2011]), Cinderella in Texas (Bianca, Nr. 1785 [2011]), Cinderella tanzt ins Glück (Julia, Ärzte zum Verlieben, Nr. 0034 [2010]), Cinderella in Cadiz (Romana, Mittelmeerträume, Nr. 0196 [2010]), Schenk mir diesen Tanz, Cinderella (Juliaextra, Nr. 0307 [2010]) sowie Märchenprinz sucht Aschenputtel (Bianca, Nr. 1742 [2010]) erschienen. 2 Diese Heftromane setzen eine Tradition fort, die im 19. Jahrhundert nach dem verlegerischen Erfolg der Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm begonnen hatte, als Autoren, die man heute gerne als triviale Schriftsteller wahrnimmt, wie etwa Berthold Auerbach oder Eugenie Marlitt, das Märchen in ein zeitgenössisches, bäuerliches bzw. bürgerliches Milieu überführten und ihre jeweilige weibliche Hauptfigur als modernes Aschenputtel charakterisierten. Auch 1 Die folgenden Ausführungen gehen auf eine Ausstellung zurück, die ich zusammen mit einer studentischen Arbeitsgruppe im Kabinett für sentimentale Trivialliteratur in Solothurn (Schweiz) unter dem Titel “Erfolgsmodell Aschenputtel“ im Jahre 2011 konzipiert und veranstaltet habe. 2 Nimmt man auch Heftromane hinzu, in denen der Begriff Aschenputtel (bzw. Aschenbrödel oder Cinderella) bloß im Text oder gar nur im Rückentext vorkommen, erhöht sich diese Zahl. Hier geht es jedoch nicht darum, genaue empirische Daten vorzulegen, wie häufig Aschenputtel zitiert wird, sondern in erster Linie um den Nachweis, dass Aschenputtel als Prätext auch heute noch attraktiv ist. Jesko Reiling 244 Hedwig Courths-Mahler, die “Klassikerin des Unterhaltungsgenres“, 3 nannte ihren 1928 erschienenen Liebesroman Aschenbrödel und Dollarprinz. Im Folgenden möchte ich der Frage nachgehen, warum all diese Autoren aus den unterschiedlichen Epochen in ihren Liebesgeschichten stets explizit auf den Prätext verweisen; ich greife hierbei - um die Menge handhabbar zu machen - beispielhaft nur solche Romane heraus, die im Titel auf das Märchen verweisen. Im Zentrum meines Beitrages steht die Analyse der erzählerischen und wirkungsgeschichtlichen Funktion und Bedeutung des intertextuellen Phänomens dieser Interfiguralität. Dabei geraten nicht nur epochentypische Wahrnehmungen des Märchens in den Blick, sondern auch die Historizität der Trivialliteratur. Meine Ausführungen verstehen sich zudem als Beitrag zu der immer wieder aufgeworfenen Frage nach dem Verhältnis von Märchen und Trivialliteratur, das man bis heute gerne auch als Folgeverhältnis ansieht, so wie es etwa Will-Erich Peuckert 1938 getan hatte, als er verkündete: “Das Märchen lebt weiter im Schundroman.“ 4 2. Aschenputtel in Heftromanen Bereits die bekannten Märchensammler Jacob und Wilhelm Grimm hielten 1822 fest, dass das Aschenputtel-Märchen “zu den bekanntesten“ Märchen gehöre und “aller Ende erzählt“ werde. 5 Und auch heute gilt das Märchen von Aschenputtel oder von Aschenbrödel, wie es bei Ludwig Bechstein heißt, als eines der bekanntesten Kinder- und Hausmärchen. Dementsprechend breit und vielfältig fallen heutige Deutungen des Märchens aus, dem man sich vor allem aus tiefenpsychologischer Perspektive nähert und es in verschiedenen therapeutischen oder auch pädagogischen Settings einsetzt. Bruno Bettelheim zum Beispiel versteht das Märchen als Erzählung über Geschwisterrivalität, 6 Eugen Drewermann als Darstellung des “Traum[s] vom verborgenen Königtum“, das jeder Menschen in sich trage und versuche, zur Entfaltung zu bringen. 7 Beide betrachten dabei das Märchen vor allem als Erzählung für Kinder, die bewusst oder unbewusst eigene Prob- 3 Rebecca Biener, Hedwig Courths-Mahler. In, Heinz Ludwig Arnold (Hg.), Kindlers Literatur-Lexikon, Bd. 4. 3., völlig neu bearbeitete Auflage, Stuttgart, Weimar, 2009, S. 238f., hier S. 238. 4 Will-Erich Peuckert, Deutsches Volkstum in Märchen und Sage, Schwank und Rätsel, Berlin, 1938, S. 10. 5 Jacob und Wilhelm Grimm, Werke, Abt. III, Gemeinsame Werke, Bd. 45, Kinder- und Haus- Märchen 1819/ 1822, 3. Bd. Neu hg. v. Hans-Jörg Uther. Hildesheim, Zürich, New York, 2004 [Nachdruck], S. 38. 6 Vgl. Bruno Bettelheim, Kinder brauchen Märchen. Aus dem Amerikanischen von Liselotte Mickel und Brigitte Weitbrecht, München, 1983, S. 275-324, hier S. 276. 7 Vgl. Eugen Drewermann, Hänsel und Gretel. Aschenputtel. Der Wolf und die sieben Geißlein. Grimms Märchen tiefenpsychologisch gedeutet, München, 2006, S. 137-312. “Wird sie, das Aschenbrödel von der Kaiseralm, jemals einen Brautkranz tragen? “ 245 lemlagen und -konstellationen darin gespiegelt finden. Hildegunde Wöller erkennt aus Gender-Perspektive in dem Märchen hingegen den “Mythos von der großen Muttergöttin“ und versteht das Märchen damit als Erzählung über den “Untergang der matriarchalen Religion“ und deren Fortleben in patriarchalischen Zeiten. 8 In den modernen Liebesheftromanen ist davon freilich nichts zu finden. In ihnen wird das Aschenputtel (lediglich) als Modell verstanden, wie man den Weg aus der Einsamkeit in die Zweisamkeit, vom Single-Dasein zum Liebesglück, erfolgreich beschreitet. Verknüpft wird diese individuelle Erfolgsgeschichte dabei stets mit einer gesellschaftlichen Problemlage. Während in den Heftromanen das anfängliche Liebesglück im Allgemeinen durch Beziehungs- und Bindungsängste der beiden Hauptfiguren oder durch vermeintliche Rivalinnen und Rivalen gestört wird oder aber die berufliche Situation, wie etwa weit auseinanderliegende Arbeitsorte, die traute Zweisamkeit verhindert, 9 sind es in Liebesromanen, in denen der Name Aschenputtel explizit für die weibliche Hauptfigur verwendet wird, stets Standesunterschiede, die die Dinge verkomplizieren. In der 2010 erschienenen Erzählung Das Aschenbrödel von der Kaiseralm etwa wehren sich die Eltern gegen die Verbindung ihres Sohnes Marcus mit der armen Schneiderin Vera, die kaum ein Auskommen hat. Weil der Vater von Marcus, ein Großbauer, eine politische Laufbahn als Landtagsabgeordneter anstrebt, fürchtet er, sein “Ansehen“ und somit seine Wahlchancen zu verlieren, 10 sollte sein Sohn nicht standesgemäß heiraten. Lange ringt Marcus, den seine Eltern gerne mit der Tochter des Bürgermeisters verheiraten möchten, mit sich und den Wünschen seiner Eltern, bevor er sich zu seiner Liebe zu Vera bekennen kann; am Ende schwenken dann auch die Eltern ein. In der Erzählung Märchenprinz sucht Aschenputtel, das im englischen Original den Titel Texas Cinderella trägt, ist es die weibliche Hauptfigur Tanya, der Zweifel an der kaum begonnenen Beziehung mit Tate McCord kommen, dem Sprössling einer wirtschaftlich und damit politisch äußerst einflussreichen Diamantenhändler-Familie. Als Tochter der Haushälterin der McCords glaubt sie nicht, dass sie in “seine Kreise“ passen könnte 11 und schlägt sei- 8 Hildegunde Wöller, Aschenputtel. Energie der Liebe. In, Liebe und Glück im Märchen. Wie Paare aneinander wachsen können. Hg. v. Hans Jellouschek, Verena Kast, Hildegunde Wöller, Stuttgart 2009, S. 196. 9 Vgl. Christian Thiel, Liebe, Sex, Karriere. Die Modernisierung des trivialen Liebesromans, Mit einem Vorwort von Peter Nusser, Hamburg, Berlin 1991, S. 55-60. 10 Monika Leitner, Das Aschenbrödel von der Kaiseralm, Köln, Bastei-Verlag 2010 (Bergkristall, 117), S. 46. 11 Victoria Pade, Märchenprinz sucht Aschenputtel, Hamburg, Cora-Verlag 2010 (Bianca, 1742),S. 132; engl. Originalausgabe von 2009 unter dem Titel, Texas Cinderella. Vgl. auch S. 78, Tanya fragt Tate, “’Ist dir wichtig, was die Tochter der Haushälterin von dir hält? ’“ Seine Antwort zeigt jedoch, dass ihn die (vermeintlichen) Standesunterschiede Jesko Reiling 246 nen Heiratsantrag deshalb zunächst aus, überlegt es sich dann aber doch anders und erlebt, wie die High Society an ihrer Partnerschaft entgegen ihrer Erwartungen keinen “Anstoß“ nimmt. 12 Die intertextuellen Referenzen sind in diesem Heftroman, Texas Cinderella, so paradox wie aufschlussreich: Als Kind kam Tanya die Welt der McCords stets als ferne und unerreichbare Märchenwelt vor, wie sie selbst einmal erzählt, 13 und diese Distanz legt sie auch im Erwachsenenalter zunächst noch an den Tag, wie ihre Zweifel verdeutlichen. Auch ihre Mutter, die Haushälterin, gibt ihrer Tochter explizit zu verstehen, dass Tanya keine Cinderella sei: Du bist nicht Cinderella, und Tate ist kein Prinz, der dich auf sein Schloss entführen wird, wo ihr dann glücklich bis zum Ende aller Tage lebt. Natürlich wirst du irgendwann einen Mann finden, mit dem du glücklich bist. Aber ich wünsche mir eben, dass es jemand Besseres ist als ein McCord. 14 Vor allem also wegen moralischer Vorbehalte gegenüber dem vermeintlich leichtlebigen Sohn aus reichem Hause, der sich kaum als idealer und vor allem treuer Ehemann erweisen dürfte, erscheint der Mutter die Beziehung ihrer Tochter zu Beginn keineswegs vielversprechend. Am Ende stellen sich die Befürchtungen der Mutter als unbegründet heraus und der Leser erkennt, dass Tanya eben doch wie Cinderella außerordentlich vom Schicksal begünstigt ist. Eine ähnliche Wendung erfährt auch Veras Leben auf der Kaiseralm. Während sie zunächst noch von beinahe dem ganzen Dorf als Außenseiterin wahrgenommen und deshalb auch als “Aschenbrödel von der Kaiseralm“ denunziert wird, 15 wird sie vom Dorf erst gegen Ende der Erzählung im positiven Sinne als außergewöhnlich wahrgenommen, nämlich als ein “armes Madl“, das sein Glück gemacht hat. 16 Tanya-Cinderella und auch Vera-Aschenbrödel werden zunächst als Singlefrauen eingeführt, die ein zwar zufriedenes, aber doch eher einsames Leben führen und denen erst nach einigen Irrungen und Wirrungen das Liebesglück lacht. Peter Nusser hat in seinen Studien zur kommunikativen Tiefenstruktur der Trivialliteratur diese weitgehende Gleichheit von Leserinnen und Hauptfigur als Voraussetzung dafür beschrieben, dass die für Unterhaltungsliteratur typische identifikatorische Lektüre einsetzen könne. 17 Dazu trägt ebenfalls bei, dass gar nicht interessieren, ”‘Mir ist wichtig, was du von mir hältst.’“ (Hervorhebung im Original). 12 Ebd., S. 140. 13 Ebd., S. 77. 14 Ebd., S. 79. 15 Leitner, Aschenbrödel, S. 43. 16 Ebd., S. 65. 17 Peter Nusser, “Entwurf einer Theorie der Trivial- und Unterhaltungsliteratur“, in ders, Unterhaltung und Aufklärung. Studie zur Theorie, Geschichte und Didaktik der populären Le- “Wird sie, das Aschenbrödel von der Kaiseralm, jemals einen Brautkranz tragen? “ 247 bereits im Titel durch den geographischen Verweis - Kaiseralm bzw. Texas - das Mädchen aus dem Märchen in die ‘Realität‘ herüberholt geholt und so der Realitätswert der Hauptfigur gesteigert wird. Tanya und Vera, die modernen Aschenputtels, erscheinen somit von Beginn an als “alludierte Figuren“, 18 denen lediglich eine “Quasi-Identität“ 19 mit Aschenputtel eignet. Die Lebenswege von Tanya und Vera erinnern an die Geschichte Aschenputtels, sind dabei aber weitgehend auf den Beziehungsaspekt beschränkt und somit im Vergleich mit dem Prätext deutlich realistischer, weil radikal entzaubert: Ihnen fehlen all die wunderbaren Elemente und Helferfiguren aus dem Märchen, wie etwa der Nussbaum oder die Tauben. Zwischen dem Leid von Aschenputtel aus dem Märchen und dem Leid der Aschenputtels aus den Heftromanen besteht ein deutlicher Unterschied: Während im Märchen Aschenputtel von ihrer Stiefmutter und den Stiefschwestern drangsaliert wird, ist die Familie in den Heftromanen meist intakt, wobei allerdings in beiden hier vorgestellten Fällen der Vater bereits gestorben und Aschenputtel zudem ein Einzelkind ist. Trotz der armen Verhältnisse, in denen die Heftroman-Aschenputtel aufwachsen, leiden sie nicht an ihrer Familie, sondern erfahren - und das wirkt aus textvergleichender Perspektive doch etwas merkwürdig - lediglich in ihren Liebesangelegenheiten von der Gesellschaft Ungemach. Beide hier paradigmatisch näher vorgestellten Romane kolportieren ein konservatives Gesellschaftsbild, das von deutlich voneinander geschiedenen Ständen ausgeht und keine Vermischung sozialer Schichten akzeptiert und damit dem individuellen Liebesglück entgegensteht. Die Heftromane als Folgetexte des Märchens erweisen sich als dessen Metatexte im Genette’schen Sinne, indem sie in das Märchen eine Ständeproblematik hineintragen, die so im ursprünglichen Märchen gar nicht vorhanden ist. Den Heftromanen dient der Prätext Aschenputtel dazu, dem immer gleichen Handlungsverlauf - “Eine Frau findet ihre große Liebe“, 20 “Zwei Partner (Mann und Frau) werden nach Überwindung von Widerständen gemeinsam glücklich“ 21 oder “Kennenlernen und Verlieben, dann Hindernisse, dann Zusammenfinden“ 22 - eine neue Variation abzugewinnen, mit welchen Schwierigkeiten die Liebe bisweilen konfrontiert sein sestoffe, Frankfurt et al. 2000, S. 13-54, eine Kurzfassung davon in ders., Trivialliteratur. Stuttgart 1991 (Sammlung Metzler, 262), S. 119-130. 18 Wolfgang G. Müller, “Namen als intertextuelle Elemente“, in Poetica 23 (1991), S. 139- 165, S. 150. 19 Ebd. 20 Franziska Ruloff-Häny, Liebe und Geld. Der moderne Trivialroman und seine Struktur. Zürich 1976 (Zürcher Beiträge zur deutschen Literatur- und Geistesgeschichte, 45), S. 7. 21 Peter Nusser, Romane für die Unterschicht. Groschenhefte und ihre Leser. 5., mit einer erw. Bibliographie und einem Nachwort versehene Aufl. Stuttgart 1981, S. 77. 22 Hans Dieter Zimmermann, Trivialliteratur? Schema-Literatur! Entstehung, Formen, Bewertung. Stuttgart 1982, S. 70. Jesko Reiling 248 kann. Von den restlichen Liebesheftromanen unterscheiden sich die hier besprochenen Werke lediglich durch den Aschenputtel-Bezug und die vermeintliche Ständeproblematik; ansonsten gleichen sie diesen hinsichtlich Handlungsführung und Charakterzeichnung der Hauptfiguren weitgehend. Freilich gibt es in deutschen Heftromanen auch eine im Vergleich zu den hier vorgestellten Romanen abgeschwächter Aschenputtel-Rezeption, die sich nur auf einzelne Motive des Märchens bezieht. So kann ‘Cinderella‘ auch einfach für ein Mauerblümchen stehen, das sich im Verlauf der Handlung als attraktiv herausstellt (etwa Cinderellas letztes Date [vgl. Einleitung] oder Cinderella kehrt zurück [Bianca, Nr. 1616, 2008]), oder eine Frau bezeichnen, das auf einer Tanzveranstaltung von ihrem Traumprinzen zum Tanz aufgefordert wird (Schenk mir diesen Tanz, Cinderella [vgl. Einleitung]). In Einmal Cinderella sein verliert die weibliche Hauptfigur ihren Schuh und verliebt sich später in den Finder. Diese lediglich lockeren Motivassoziationen der Heftromane halten sich mit den Heftromanen, die eine Ständeproblematik vorführen, die Waage. Von den 2012 auf den Websites des Cora- und Bastei-Verlags 14 identifizierbaren Aschenputtel-Heftromanen gibt es in sieben davon aufgrund der gesellschaftlichen Unterschiede Spannungen zwischen dem Liebespaar. In modernen amerikanisch-kanadischen Romances folgen die Autorinnen dem Märchen deutlich enger, wie die Untersuchung von Erin McCrossan zeigt. Die Auswertung von rund 100 Romanen, die alle in den 1990er veröffentlicht wurden, zeigt, dass diese Romane die Notlage der weiblichen Hauptfigur nicht - wie die deutschen Romane - in der Ständeproblematik sehen, sondern eine persönliche ‘Krise‘ dafür verantwortlich machen: “a death in her family, an unkind stepparent, poverty, adolescence (in young adult fiction) or a lingering adolescent issue“. 23 Dadurch gerate das moderne Aschenputtel in eine psychische Notlage, 24 aus der sie sich dann wieder herausarbeitet. Als Ausdruck und gewissermaßen auch als ‘Belohnung‘ der erfolgreichen Problemlösung findet Cinderella am Ende jeweils ihren Wunschpartner. 3. Hedwig Courths-Mahler: Aschenbrödel und Dollarprinz (1928) Eine der einflussreichsten, wenn nicht sogar die einflussreichste Vorläuferin der heutigen Heftromane war Hedwig Courths-Mahler. Courths-Mahler bezeichnete ihre Romane selbst als “harmlose Märchen“, mit denen sie ihren 23 Erin McCorran, “Introductory Essay“, in The Cinderella Romance Novels Project at the University of Rochester, im Internet unter, http./ / www.lib.rochester.edu/ camelot/ cinder/ Essay.htm. Dort findet sich auch eine annotierte Bibliographie moderner englischer Aschenputtel-Romane. 24 “Cinderella grieves, becomes depressed, disillusioned, and confused.“ (Ebd.). “Wird sie, das Aschenbrödel von der Kaiseralm, jemals einen Brautkranz tragen? “ 249 Leserinnen “einige sorglose Stunden“ verschaffen wollte, 25 als “Märchen für große Kinder“. 26 Meist erzählt sie mit einer Doppelperspektive und berichtet abwechselnd aus der Sicht der männlichen und der weiblichen Hauptfigur, wie sich die beiden allmählich näher kommen. Durch dieses Erzählverfahren hat die Leserin gegenüber den Figuren stets einen kleinen Wissensvorsprung, sie kennt die Gedanken und Gefühle beider Seiten. 27 Den Protagonisten bleibt die Zuneigung des anderen jedoch meist länger verborgen: deshalb leidet man als Leser mit ihnen oder zweifelt zwischenzeitlich sogar, ob sich die beiden jemals kriegen. Am Ende steht jedoch stets das Happy End. Diese drei Aspekte - Doppelperspektive, Spannung durch die ungewissen Liebesmühen, die zudem durch weitere Konflikte erschwert werden können, und das Happy End - prägen bis heute das Erzählmodell der (Liebes-)Heftromane. Der Kölner Bastei Verlag gibt bis heute regelmäßig eine Hedwig Courths-Mahler-Reihe heraus, wobei allerdings die ursprünglichen Texte vom Verlag gekürzt und überarbeitet werden, damit sie auch in das vorgegebene Seitenformat hineinpassen. In ihrem 1928 erschienenen Roman Aschenbrödel und Dollarprinz folgt Courths-Mahler dem Märchen viel enger als die heutigen Heftromane. Von einer Ständeproblematik ist keine Rede, das Aschenputtel, eine Arzttochter aus Düsseldorf namens Ruth Waldorf, muss seine Liebe somit nicht gegen vermeintliche gesellschaftliche Widerstände durchsetzen, sondern leidet vielmehr an der familiären Situation: Kummer bereiten ihr die Krankheit ihres Vaters und die Arroganz ihrer Stiefmutter und ihrer beiden Stiefschwestern, die sie den Haushalt ganz alleine führen lassen. 28 Im Unter- 25 Hedwig Courths-Mahler, “Brief an Hans Reimann“, in, Hedwig Courths-Mahler. Schlichte Geschichten fürs traute Heim, Erzählt von Hans Reimann, Hannover 1922, S. 148. 26 Courths-Mahler zit. nach Sigrid Töpelmann, “Flucht in den Frieden. Wie “wahr“ sind die “harmlosen Märchen“ der Hedwig Courths-Mahler? Eine Entgegnung auf Gunnar Müller-Waldeck“, in Neuere deutsche Literatur 49/ 4 (2001), S. 142-152, hier S. 143. 27 So auch schon Roland Opitz, “Hedwig Courths-Mahler in literaturwissenschaftlicher Sicht“, in Weimarer Beiträge 39/ 4 (1993), S. 534-551, insbes. S. 541. 28 Vgl, “Das Verhältnis Ruths zu ihrer Stiefmutter und ihren Schwestern war ein sehr schwieriges. Blandine und Asta [die Stiefschwestern] bespöttelten Ruth, statt sie zu bewundern, und packten ihr immer noch mehr Arbeit auf, sie immer mehr in die Rolle eines Aschenbrödels hineindrängend, und die Stiefmutter war noch kälter und liebloser zu Ruth. Ruth ließ sich durch all dies nicht beirren, sie war froh, wenn sie dem Vater nützen konnte, und wenn sich der Groll von Stiefmutter und Schwestern an ihr Luft schaffte, statt an dem geliebten Vater. Aber auch sie sah im Stillen sorgenvoll in die Zukunft, des Vaters wegen. Was sollte aus ihm werden, wenn sein Zustand sich verschlimmerte und er überhaupt nicht mehr verdienen konnte? Um sich selbst hatte sie keine Angst, sie war ein tapferes Geschöpf und wusste, daß sie sich immer ihr Brot würde verdienen können, da ihr keine Arbeit zu viel war. Aber der Vater - und die Schwestern? Um diese sorgte sie sich auch, trotzdem sie sehr lieblos zu ihr waren.“ (Hedwig Courths-Mahler, Aschenbrödel und Dollarprinz, Leipzig, Bern [1928], S. 40). Jesko Reiling 250 schied zu den heutigen Heftromanen lassen sich bei Courths-Mahler zudem Bezüge auf andere literarische Werke feststellen. So verwendete sie etwa das Schiller-Gedicht Das Mädchen aus der Fremde von 1797, um ihr Aschenputtel näher zu charakterisieren, kippte dabei freilich den bei Schiller enthaltenen metaphorischen Gehalt des Gedichts, wonach das fremde Mädchen den Frühling oder gar die Dichtkunst verkörpern könnte, über Bord. Bei ihr verdeutlicht das Gedicht die erhabenen moralischen Qualitäten von Aschenputtel-Ruth, die man, gemäß der Aufforderung im Gedicht, bewundern und lieben soll. Zudem greift Courths-Mahler auch ein traditionelles Motiv der Aschenbrödel-Dramatisierungen auf: den Rollentausch von Prinz und Diener. In der Komischen Oper von Gioacchino Rossini, in La Cenerentola aus dem Jahre 1817, oder in der Komödie Aschenbrödel. Ein Dramatisches Märchen von Christian Dietrich Grabbe von 1835 nimmt der Prinz eine sozial niedere Rolle ein, um so ungestörter seine zukünftige Braut beobachten und prüfen zu können. Dies tut bei Courths-Mahler auch der Industrielle und Dollarmillionär John Stratter, der seine Ruth zunächst als vermeintlicher Sekretär besucht und so ihr reines und edles Herz erkennt und gewinnt. Der im Vergleich zu den Heftromanen deutlich engere Anschluss ans Märchen erfolgt bei Courths-Mahler vor allem, um die Situation von Ruth Waldorf zu verdeutlichen. 29 Indem Courths-Mahler - wie übrigens auch die ihr nachfolgenden Autorinnen Aja Berg mit ihrem 1951 veröffentlichten Liebesroman mit dem schlichten Titel Aschenbrödel und Eva Anders mit ihrem Roman Das Aschenbrödel von Schloß Wied von 1955 - die familiäre Zwangslage der weiblichen Hauptfigur weitgehend wie im Märchen gestalten, beziehen sie sich nicht wie die Heftromane in allusorischer Absicht auf den Prätext, sondern entwerfen ihre Erzählungen eher als “Parallele“ dazu; 30 die Romane von Courths-Mahler lassen sich somit durchaus als “profane [ ] Märchen“ charakterisieren. 31 Wie schon bei den Heftromanen festgestellt, so trifft man auch hier auf einen ‘diffusen Realismus’, wie man die wenigen zeithistorischen Bezüge im Roman vielleicht benennen könnte, die dem Leser eine vage Vorstellung davon geben, dass die Romane meist in der Zeit spielen, in der sich jeweils erschienen sind. Wie bei den Heftromanen, so dient auch bei Courths-Mahler dieser Realismus zur Kompensation der Stilisierungen und des Idealismus, den die Protagonisten mit ihrem besonders ausgeprägten “Adel der Gesinnung“, 32 wie es an einer Stelle heißt, deutlich bezeugen. Sie selbst bekannte sich unumwunden zur eskapistischen Funktion ihrer Literatur, die den Leser nicht mit einer konkreten Widerspiegelung seines 29 Vgl. hierzu Opitz, Courths-Mahler in literaturwissenschaftlicher Sicht, S. 547. 30 Müller, Namen, S. 150. 31 Alphons Silbermann, “Von der Kunst, unterhaltsam zu schreiben. Die Liebe bei Hedwig Courths-Mahler“, in IASL 18/ 1 (1993), S. 69-85, hier S. 72. 32 Courths-Mahler, Aschenbrödel, S. 52. “Wird sie, das Aschenbrödel von der Kaiseralm, jemals einen Brautkranz tragen? “ 251 Alltags behelligen wollte, und die - so die Studie von Cordula Günther - auch das vorherrschende Motiv der Leserinnen ist, sich der Lektüre zuzuwenden 33 : “Ich stamme“, so Courths-Mahler, “aus dem Volke, und das ist das Geheimnis meines Erfolges. Ich weiß genau, was mich in den harten Zeiten meiner Jugend die schwere Arbeit hat manchmal vergessen machen, und ich werde das immer im Sinne behalten.“ 34 Ihr ging es in ihren Romanen um die Darstellung von Figuren, von denen sie sich wünschte, “daß alle Menschen [so] sein möchten“. 35 4. Eugenie Marlitt: Goldelse (1866) Literarisches Vorbild von Courths-Mahler war eine der Bestseller- Autorinnen des 19. Jahrhunderts, von der abschließend noch die Rede sein soll: Eugenie Marlitt. In ihrem zweiten Roman, der 1866 zunächst als Fortsetzungsroman in der Gartenlaube erschienenen, kurz darauf als Separatausgabe herausgegebenen Goldelse rekurriert Marlitt für die Charakterisierung der Hauptfigur, der Goldelse, nicht bloß auf das Aschenputtel-Märchen, sondern auf eine Vielzahl von Märchenfiguren: Goldelse, die mit bürgerlichem Namen Elisabeth Ferber heißt, wird im Roman explizit als Aschenbrödel, 36 als Dornröschen, 37 als Schneewittchen 38 oder auch einfach nur als Fee oder Elfe bezeichnet, zudem wird sie als die wohltätige, heilige Elisabeth von Thüringen apostrophiert oder auch als Nachfahrin einer freiheitsliebenden Zigeunerin dargestellt. Der Name Goldelse, den Elisabeth erhält, weil 33 Vgl. zur notwendigen Differenzierung Cordula Günther, ‘Dann hat der Alltag und die Realität wieder das Vorrecht...’. Heftromanleserinnen und -leser in den neuen Bundesländern. In, HALMA Hallische Medienarbeiten 11 (1999), insbes. S. 19-25, im Internet unter, www.medienkomm.uni-halle.de/ publikationen/ halma/ hallische_medienarbeiten_11/ , davor schon Achim Barsch, “‘Populäre Literatur‘ als Forschungsproblem einer empirischen Literaturwissenschaft“, in Wirkendes Wort 41 (1991), S. 101-119, insbes. S. 104ff. 34 Courths-Mahler im Gespräch mit Die literarische Welt (1925), zit. nach Töpelmann, Flucht, S. 143. 35 Courths-Mahler, Jolendes Heirat (ca. 1935), zit. nach Töpelmann, Flucht, S. 144. Diese ins 19. Jahrhundert zurückreichende Poetik des Idealrealismus zog bekanntlich bereits die Häme der Zeitgenossen auf sich. Der Humorist und Schriftsteller Hans Reimann bezeichnete etwa Courts-Mahlers Werke als “echte [] Schundliteratur“ (Reimann, Schlichte Geschichten, S. 66), die den Volksgeschmack verderben würden und beschimpfte Courths-Mahler als “Furz-Malheur“ oder als “Kotz-Mahler“ (zit. nach Dana Horáková, Starke Frauen. Verehrt, geliebt, verteufelt. Berlin 2011, S. 37). Für Reimann war Courths- Mahler die “verkörperte Spießerinnen-Engstirnigkeit und -Phantasiearmut“ (Reimann, Schlichte Geschichten, S. 64). Auch wenn Reimann ästhetische Argumente ins Feld führt, seine Invektiven angesichts des immensen Erfolgs von Courths-Mahler (bis heute ca. 80 Millionen verkaufte Bücher) dürften zum großen Teil im Neid gründen. 36 Eugenie Marlitt, Goldelse. Leipzig,1868, S. 264, 296. 37 Marlitt, Goldelse, S. 9. 38 Marlitt, Goldelse, S. 274, 298, 366. Jesko Reiling 252 sie so schöne goldene Haare hat - diese Namengebung erinnert ans Rotkäppchen, das seinen Namen ja auch aufgrund der Kopfbedeckung erhält - spielt auch auf die Goldmarie an, die man aus Bechsteins Märchen Goldmaria und Pechmaria kennt. Die Hauptfigur wird also gleich mehrfach mit Figuren der Volksbzw. Naturpoesie codiert und soll somit einen bestimmten Menschentypus verkörpern, der sich durch seine naturnahe, unverdorbene Lebensart auszeichnet. Durch die Adaptation der weiblichen Märchenfiguren in ein realistisches Milieu, in dem der Roman spielt, erklärte Marlitt deren Charaktereigenschaften und Verhaltensweisen zu lebensweltlichen Verhaltensmustern, die auch im 19. Jahrhundert, allerdings nur noch bei jungen Mädchen, anzutreffen waren, dort aber von vielen Seiten her bedroht wurden. Goldelse leidet jedoch weder unter einer bösen Stiefmutter noch unter garstigen Stiefschwestern, sondern lebt zusammen mit ihrem jüngeren Bruder und ihren Eltern in familiärer Harmonie. Sie verkörpert dieselben Tugenden wie Aschenputtel und ist mit einer unerschütterlichen Zuversicht ausgestattet und verbindet ihren Frohsinn mit einer großen Willenskraft, welche die Basis für ihr Arbeitsethos bilden. Bevor sie ihr Glück als Ehefrau und Mutter finden kann, muss sie vielfältige moralische sowie soziale Prüfungen bestehen und sich in verschiedenen Situationen bewähren. Wie auch in anderen Romanen der Marlitt lässt sich bei der Goldelse beobachten, wie sie sich von einer zunächst nur wenig sozial integrierten Kindfrau, die vor allem im Kreise ihrer Familie verkehrt, zur gesellschaftsfähigen und gesellschaftlich angesehenen Erwachsenen mausert. Die Abenteuer, welche die Heldin bestehen muss, und die Konflikte, welche sie auszutragen hat, verkörpern Stationen auf dem Weg ins Glück und verdeutlichen, dass der Übergang vom Leben in Freiheit hin zu einem gesellschaftlichen Leben mit Konventionen und Pflichten beschwerlich sein kann. Die Geschichte der Goldelse ist somit nicht nur eine Liebesgeschichte, sondern vielmehr eine Entwicklungs- oder Bildungsgeschichte. Der literarisch dargestellte Lebensweg der Hauptfigur von der anfänglichen sozial isolierten Stellung hin zu einem Ehe- und Gesellschaftsleben, mag manchem als Aschenputtel-Biographie erscheinen. Die Romane Marlitts enthalten jedoch eine historische Tiefe und kultursowie zivilisationskritische Dimension, die den anderen Romanen, von denen bislang die Rede war, und auch dem Märchen fehlt: Stets müssen sich in den Romanen auch die wesentlich älteren, bereits gebildeten und im Berufsleben stehenden Männer, die zudem zunächst als eher hässliche und unsympathische Gestalten eingeführt werden, verändern, bevor sie die weibliche Hauptfigur heiraten können. Marlitts Romane eröffnen damit Reflexionsräume über das Zusammenspiel von Kultur und Natur. Sie zeigen, wie die moderne Kultur, die durch die Männer symbolisiert wird, mit der von den Mädchen verkörperten Natur zusammenfinden kann. Das funktioniert nur, wenn die Männer “Wird sie, das Aschenbrödel von der Kaiseralm, jemals einen Brautkranz tragen? “ 253 teilweise umdenken und von den Mädchen lernen. Oder anders formuliert: der moderne, kulturelle Mensch muss vom natürlichen Menschen, der sich in den Kindfrauen des 19. Jahrhunderts und den Märchenfiguren ‘verbirgt‘, lernen und sich Aspekte von diesem aneignen bzw. bewahren. Während die Marlitt somit ihre Aschenbrödel-Adaptation auch dazu nutzt, herrschende Geschlechtermodelle und kulturelle Fehlentwicklungen zu kritisieren, sahen die Autorinnen des 20. und 21. Jahrhunderts Aschenputtel vorwiegend als Leitbild für eine erfolgreiche Partnersuche. Blickt man zurück auf die hier skizzierte Geschichte der trivialliterarischen Aschenputtel-Darstellungen, 39 so lassen sich deutliche Veränderungen in der Behandlungsweise des Stoffes feststellen, die zu erkennen geben, dass die Trivialliteratur, sofern man an diesem Begriff überhaupt festhalten mag, in diachroner Perspektive Wandlungen unterlag. In Marlitts Goldelse ließ sich neben einer Vielzahl an intertextuellen Verweisen auf die Volkspoesie auch beobachten, dass diese zudem in eine umfassende Zeit- und Zivilisationskritik eingebettet sind, die schon Jochen Schulte-Sasse 1984 als charakteristisch für die Trivialliteratur des 19. Jahrhunderts angesehen hatte, 40 als er davor warnte, diese Literatur als “Konformliteratur“ zu rezipieren. 41 Während sich Marlitt vor allem für den Charakter der Märchenfigur interessierte und diesen in eine Entwicklungs- und Liebesgeschichte transformierte, rückte im 20. Jahrhundert vermehrt die Märchenhandlung in den Vordergrund. Wie Marlitt, so verstand auch Courths-Mahler Aschenputtel noch als moralisches und sittliches Ideal, das deswegen aber auch ein umfassendes persönliches Liebesglück verdient habe. Ihr Roman Aschenbrödel und Dollarprinz schreibt gewissermaßen diesen Begründungszusammenhang aus. Während Courths- Mahler ebenfalls mehrere Vorgängertexte in ihrer Erzählung zitiert, so beschränken sich die Heftromane auf lediglich einen Prätext. Die Autorinnen dieser Romane interessieren sich nur noch für die zunächst etwas stockende, 39 Damit konnte lediglich ein Teilbereich erschlossen werden, den man nicht nur im Bereich der trivialen Literatur erweitern könnte, sondern auch im Bereich der hohen Literatur. Hinweise auf literarische Aschenputtel-Bearbeitungen finden sich in Otto Bleich, “Das Märchen vom Aschenbrödel, vornehmlich in der deutschen Volks- und Kunstdichtung“, in Zeitschrift für vergleichende Literaturgeschichte N.F. 18/ 1-2 (1910), S. 55-102, Wolfgang Mieder, ‘Märchen haben kurze Beine‘. Moderne Märchenreminiszenzen in Literatur, Medien und Karikaturen, Wien 2009 (Kulturelle Motivstudien, 10), insbes. S. 11-21, sowie Werner Wunderlich, ”Cenerentola Risen from the Ashes. From Fairy- Tale Heroine to Opera Figure”, in Characters in Fictional Worlds. Understanding Imaginary Beings in Literature, Film and Other Media, Ed. Jens Eder, Fotis Jannidis, Ralf Schneider. Berlin, New York 2010 (Revisionen. Grundbegriffe der Literaturtheorie, 3), S. 542-567. 40 Vgl. Jochen Schulte-Sasse, “Trivialliteratur“, In Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte, Bd. 4. Hg. v. Klaus Kanzog, Achim Masser, Berlin, New York 1984, S. 562-583, insbes. S. 574, wo er zusammenfassend festhält, dass die Trivialliteratur des 19. Jahrhunderts “Gegenbilder gegen die die Realität“ entwarf. 41 Marga Firle, Vom Umgang mit trivialen Lesestoffen, Berlin 1992, S. 14. Jesko Reiling 254 dann aber umso glückvollere Liebesgeschichte. Sie rezipieren das Märchen sehr selektiv, vorwiegend mit Blick auf die Figurenkonstellation des Märchens (armes Mädchen und reicher Prinz), die sie als Ständeproblematik wahrnehmen, die jedoch weder im Märchen, noch bei Courths-Mahler oder Marlitt auftaucht. Deutlich geworden ist, dass Marlitt mit den vielen Interfiguralitäten durchaus danach strebte, eine zeitgemäße, moderne Form für das überlieferte Märchen zu finden. Ob sie das tatsächlich auch in dem “Schundroman“ tat, den der zu Beginn zitierte Peuckert als Nachfolger des Märchens ansah, wäre an einem anderen Ort ausführlicher zu diskutieren. Ihr Goldelse-Roman offenbart jedenfalls deutlich mehr semantische Tiefe und Vielschichtigkeiten als die Liebesromane des 20. und 21. Jahrhunderts und könnte auch deshalb als Nachfolgerin des Märchens gelten. Den Heftromanen kann man diesen Status jedoch nicht zusprechen, weil sie ausschließlich eine Liebesgeschichte zeigen, die sich keinen alternativen Lesarten öffnet. Bibliographische Referenzen Hedwig Courths-Mahler, Aschenbrödel und Dollarprinz, Leipzig, Bern,1928. Jacob und Wilhelm Grimm, Werke, Abt. III, Gemeinsame Werke, Bd. 45, Kinder- und Haus-Märchen 1819/ 1822, 3. Bd. Neu hg. v. Hans-Jörg Uther, Hildesheim, Zürich, New York 2004 [Nachdruck]. Monika Leitner, Das Aschenbrödel von der Kaiseralm, Köln, Bastei-Verlag, 2010 (Bergkristall, 117). Eugenie Marlitt, Goldelse, Leipzig, 1868. Victoria Pade, Märchenprinz sucht Aschenputtel, Hamburg, Cora-Verlag, 2010 (Bianca, 1742 [engl. Originalausgabe, 2009,Texas Cinderella]). Heinz Ludwig Arnold (Hg.), Kindlers Literatur-Lexikon, Bd. 4. 3., völlig neu bearbeitete Auflage, Stuttgart, Weimar, 2009. Achim Barsch, “‘Populäre Literatur‘ als Forschungsproblem einer empirischen Literaturwissenschaft, in Wirkendes Wort 41 (1991), S. 101-119. Bruno Bettelheim, Kinder brauchen Märchen, Aus dem Amerikanischen von Liselotte Mickel und Brigitte Weitbrecht, München, 1983. Otto Bleich, “Das Märchen vom Aschenbrödel, vornehmlich in der deutschen Volks- und Kunstdichtung“, in Zeitschrift für vergleichende Literaturgeschichte N.F. 18/ 1-2 (1910), S. 55-102. Eugen Drewermann, Hänsel und Gretel. Aschenputtel. Der Wolf und die sieben Geißlein. Grimms Märchen tiefenpsychologisch gedeutet, München, 2006. Marga Firle, Vom Umgang mit trivialen Lesestoffen, Berlin, 1992. Cordula Günther, ”‘Dann hat der Alltag und die Realität wieder das Vorrecht...’. Heftromanleserinnen und -leser in den neuen Bundesländern“, In HALMA Hallische Medienarbeiten 11 (1999); siehe www.medienkomm.uni-halle.de/ publikation en/ halma/ hallische_medienarbeiten_11/ Dana Horáková, Starke Frauen. Verehrt, geliebt, verteufelt, Berlin, 2011. “Wird sie, das Aschenbrödel von der Kaiseralm, jemals einen Brautkranz tragen? “ 255 Erin McCorran, “Introductory Essay”, in The Cinderella Romance Novels Project at the University of Rochester, http: / / www.lib.rochester.edu/ camelot/ cinder/ Essay.htm. Wolfgang Mieder, ‘Märchen haben kurze Beine‘, Moderne Märchenreminiszenzen in Literatur, Medien und Karikaturen, Wien 2009 (Kulturelle Motivstudien, 10). Wolfgang G. Müller, “Namen als intertextuelle Elemente“, in Poetica 23 (1991), S. 139- 165. Peter Nusser, Unterhaltung und Aufklärung. Studie zur Theorie, Geschichte und Didaktik der populären Lesestoffe, Frankfurt et al., 2000. Ders., Trivialliteratur, Stuttgart 1991 (Sammlung Metzler, 262). Ders., Romane für die Unterschicht. Groschenhefte und ihre Leser, 5., mit einer erw. Bibliographie und einem Nachwort versehene Aufl, Stuttgart, 1981. Roland Opitz, “Hedwig Courths-Mahler in literaturwissenschaftlicher Sicht“, in Weimarer Beiträge 39/ 4 (1993), S. 534-551. Will-Erich Peuckert, Deutsches Volkstum in Märchen und Sage, Schwank und Rätsel, Berlin, 1938. Hans Reimann, Hedwig Courths-Mahler. Schlichte Geschichten fürs traute Heim, Hannover, 1922. Franziska Ruloff-Häny, Liebe und Geld. Der moderne Trivialroman und seine Struktur, Zürich, 1976 (Zürcher Beiträge zur deutschen Literatur- und Geistesgeschichte, 45). Jochen Schulte-Sasse, “Trivialliteratur“, in Reallexikon der deutschen Literaturgeschichte, Bd. 4. Hg. v. Klaus Kanzog, Achim Masser, Berlin, New York, 1984, S. 562-583. Alphons Silbermann, “Von der Kunst, unterhaltsam zu schreiben. Die Liebe bei Hedwig Courths-Mahler“, in, IASL 18/ 1 (1993), S. 69-85. Christian Thiel, Liebe, Sex, Karriere. Die Modernisierung des trivialen Liebesromans, Mit einem Vorwort von Peter Nusser, Hamburg, Berlin, 1991. Sigrid Töpelmann, “Flucht in den Frieden. Wie “wahr“ sind die “harmlosen Märchen“ der Hedwig Courths-Mahler? Eine Entgegnung auf Gunnar Müller- Waldeck“, in Neuere deutsche Literatur 49/ 4 (2001), S. 142-152. Hildegunde Wöller, Aschenputtel. Energie der Liebe, In, Liebe und Glück im Märchen. Wie Paare aneinander wachsen können, Hg. v. Hans Jellouschek, Verena Kast, Hildegunde Wöller, Stuttgart, 2009. Werner Wunderlich, “Cenerentola Risen from the Ashes. From Fairy-Tale Heroine to Opera Figure”, in Characters in Fictional Worlds. Understanding Imaginary Beings in Literature, Film and Other Media, Ed. Jens Eder, Fotis Jannidis, Ralf Schneider, Berlin, New York, 2010 (Revisionen. Grundbegriffe der Literaturtheorie, 3), S. 542- 567. Hans Dieter Zimmermann, Trivialliteratur? Schema-Literatur! Entstehung, Formen, Bewertung, Stuttgart, 1982. Gesa Singer Literarischer Anspruch und Trivialität. Martin Suters Der Koch In einem ihrer Literaturkritik-Beiträge auf ‘Die Zeit online’ behauptet die renommierte Literaturkritikerin Iris Radisch, sie habe den Roman Der Koch von Martin Suter in einer Nacht durchgelesen, mit leerem Magen. - Das muss eine trostlose Nacht gewesen sein. 1 Denn was die Anlage der Geschichte verspricht: tamilischer Küchenhelfer avanciert zum gefragten Zürcher Kochexperten für erotische Auftragsmenüs, vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Verflechtungen der reichen skrupellosen Klientel in Prostitution und Waffenhandel, die letztlich seine eigene prekäre Herkunftskultur betreffen - kann der um akkurate Recherche bemühte Autor kaum zum Leben erwecken. Denn die Sterilität des unglaubwürdigen Plots korrespondiert mit der öden laienhaften Darstellung der molekularen Küchenexperimente, die selbst eines auch schon nicht mehr en vogue befindlichen Ferran Adrià unwürdig sind. Ebenso wenig wie die im Anhang unter fremder sachkundiger Anleitung aufgeführten Kochrezepte kann die Vorstellung überzeugen, dass ein traditionell hinduistisch denkender Einwanderer sich in diese scheinbar verruchte Welt aus Korruption, Gier und Abhängigkeit hineinziehen ließe, um nicht nur seine Armut zu überwinden, sondern dabei auch die lesbischen Eskapaden seiner Angebeteten zu unterstützen. Welch lüsternes und vor allem ironisches Spiel hätte nicht ein Robert Menasse mit dieser Vorlage getrieben? ! - Bei Suter bleibt aber alles ein bemühter Erklärungsversuch, allenfalls garniert mit einigen extravagant gedachten Seitenhieben auf die internationale oder vielmehr Schweizerische Geld- und Intrigen- High Society, die so vorhersehbar bleiben wie deren Herzleiden und sexuellen Interessen. Und darin liegt die Trivialität dieses Buches, das nicht hält, was es verspricht; das allenfalls oberflächlich unterhält und Vorurteile bestätigt, aber keineswegs unter die Haut geht oder ernsthaft irritiert. - Dem Romanschaffen von Suter ist das Bemühen anzumerken, literarisch sowie gesellschaftspolitisch Stellung zu beziehen; allerdings verbleibt zumindest der Roman Der Koch thematisch sowie sprachlich im Bereich des Trivialen. Mein Beitrag soll anhand einiger literaturkritischer Einschätzungen die Spannbreite zwischen literarischem Anspruch und Trivialität anhand dieses Romans herausarbeiten. 1 http: / / www.zeit.de/ kultur/ literatur/ 2010-02/ radisch_160210-2 Gesa Singer 258 1. Martin Suters Werk Der 1948 in Zürich geborene Martin Suter machte zunächst eine Ausbildung als Werbetexter und sammelte in dieser Branche Berufserfahrungen, bevor er als Autor zu arbeiten anfing. Als Werbetexter waren bekanntlich schon namhafte Autoren tätig: u.a. Erich Kästner, Kurt Schwitters, Kurt Tucholsky, Bertolt Brecht, Frank Wedekind, Charles Bukowski, Robert Gernhardt. Suter ist Autor von Erzählungen Romanen, Dreh- und Hörbüchern, u.a. schrieb er auch für eine Folge des ‘Tatort‘ das Drehbuch. Mit der Kolumne ‘Business Class. Manager in der Westentasche‘ in der Weltwoche-ABC, Zürich 1994 ff. wurde Suter bekannt (Auswahl erschien 1994 in Buchform). 2002 erschien die Trilogie: Ein perfekter Freund, und 2011 begann Suter mit der Allmen-Serie (Ermittlungsstories vor aktuellem Hintergrund). Seine Bücher erscheinen im Diogenes Verlag, der ein seriöses Ansehen genießt. Suters Romane erfreuen sich großer Beliebtheit , und dies spiegelt sich nicht zuletzt auch in seinen Verkaufszahlen wider: Mit dem Roman Der Koch , der seit seinem Erscheinen 2010 in den Bestsellerlisten rangiert, hat dieser Autor binnen kurzer Zeit für immense Erfolge seines Verlagshauses gesorgt: “Suter belegt auch in der Schweiz und in Österreich den Spitzenplatz der jeweiligen Bestsellerlisten. Entsprechend hoch sind die Verkaufszahlen. Letzte Woche war die erste Auflage mit 100'000 Exemplaren vollständig ausgeliefert, diese Woche folgt die zweite Auflage mit 80'000 Exemplaren, wie Kleinreport.ch berichtet.“ 2 1.1. ‘Der Koch‘ Ein tamilischer Kriegsflüchtling gerät bei seinem Versuch, in der Schweizerischen Haute-Cuisine zu reüssieren, in die Abhängigkeitsmechanismen der machtvollen Halbwelt und ihrer skrupellosen Waffenschieberei. 1.2. Zwischen literarischem Anspruch und Trivialität “Jeder meiner Romane ist eine Hommage an eine literarische Gattung.“ (Suter-Klappentext zu Allmen; Diogenes Werbebroschüre 2011). Im Hinblick auf den Roman ‘Der Koch‘ ließe sich vermuten, dass die Hommage dem Kriminalroman gilt oder den literarischen Verarbeitungen der anderen in dem Roman angesprochenen anregenden Themen: Lukullisches und Erotik. 2 http: / / www.tagesanzeiger.ch/ kultur/ buecher/ Rekord-fuer-Martin-Suter/ story/ 2220 8847 Literarischer Anspruch und Trivialität 259 Im Folgenden soll auf zwei Aspekte eingegangen werden, die maßgeblich für die literarische Qualität seines Textes sein können: die Thematik und die Sprache. 1.2.1 Thematik In der Debatte über Trivialität von Literatur werden zum einen thematischinhaltliche Kriterien ins Feld geführt: Als Auslöser entsprechender Reaktionen kommen also bestimmte Themen in Betracht, aber auch bestimmte Darstellungsweisen, mit denen der Reizcharakter des Sujets noch mehr gesteigert wird. Der Auffüllung dieser Variable - welche Stoffe, welche Formen bestimmt dazugehören - dient jede Geschmacksdebatte, jeder Wertungsvorschlag. ‘Trivial‘ hießen dabei die reizenden Stoffe und vor allem ihre zusätzlich verstärkenden Bearbeitungen. 3 1.2.2 Ein Roman über das Kochen? Der fast tragische Held des Romans, der tamilische Aushilfskoch Maravan, mit seiner anfangs jämmerlichen Existenz als Handlanger und gesellschaftlicher Außenseiter, ein Asylbewerber, der im Ausländerviertel wohnt und bei der Arbeit im schweizerischen Edelrestaurant missachtet wird, hat ambitionierte Pläne: seit Kindertagen in der Kochkunst der Schwester seiner Großmutter geschult und in die Geheimnisse der aryuvedischen Zubereitungsarten eingeweiht, hat nach Lehrjahren in Wellness Resorts in Kerala den Entschluss gefasst, sich als Koch hochzuarbeiten, und träumt von eine Karriere als selbständiger Koch. Nach dem Tsunami kam er in die Schweiz und führt in seiner Profiküche Marke Eigenbau in seiner Wohnung Kochexperimente mit indischen Zutaten und den Techniken der avancierten Molekularküche à la Ferran Adrià durch (obwohl dessen Name nicht fällt, soll sich beim Leser bei der Beschreibung der Laborküchentätigkeit diese Assoziation einstellen). Aber ausgerechnet die Beschreibung der Zubereitung von Speisen gelingt dem Autor kaum. Dies zeigt auch ein Kommentar eines Lesers auf der Website LeseLustFrust: 3 Thomas Hecken, “Der Reiz des Trivialen. Idealistische Ästhetik, Trivialliteraturforschung, Geschmackssoziologie und die Aufnahme der populären Kultur“, in Hecken, Thomas (Hrsg.),Der Reiz des Trivialen. Künstler, Intellektuelle und die Popkultur, (S. 13-48), Opladen, Westdeutscher Verlag, 1997, S. 2. Vgl. ebd.: “Inhaltliche Merkmale liefern zu Beginn die einfachsten Anhaltspunkte. Ganze Genres sind ja mit einem hochkulturell abgewerteten, wiewohl kommerziell populären Sujet identifiziert: die Liebesromanze, der Horrorfilm, der spannende Krimi, das rührselige Melodram, Landser-Hefte, Arzt- Romane, romantische Komödien, Agenten-Thriller, Science-Fiction-Geschichte, Tierfilm […]“. Gesa Singer 260 Besonders enttäuscht hat mich, wie Suter das Kochen beschreibt. So blutleer und wenig sinnlich habe ich das noch selten gelesen. Das Problem ist hier wohl die Molekularküche an sich, aber einfallsreich war der Autor auch nicht. 4 Folgender Textausschnitt kann dafür ein Beleg sein: “In einem Schränkchen unter dem Wandkorpus bewahrte er seine Destillationsutensilien auf: einen Destillationskolben, eine Destillierbrücke mit einem Kühlmantel, einen Auffangkolben, zwei Kolbenhälter, ein Thermometer und eine Rolle PVC-Schlauch. Er baute vorsichtig die Glasteile so zusammen, dass der Destillationskolben über einem Gasbrenner zu stehen kam, legte die Schlauchrolle ins Spülbecken und schloss das eine Ende am Wasserhahn, das andere am Kühlmantel an. Dann füllt er ein Spülbecken mit kaltem Wasser, nahm einen Plastiksack Eiswürfel aus dem Tiefkühler und schüttete sie dazu.“ 5 Ganz abgesehen davon, dass es nicht glaubwürdig ist, eine improvisierte Laborküche auf so kleinem Raum zu installieren, ist die Beschreibung der Apparaturen und des (in Wirklichkeit noch viel langwierigeren) Procedere alles andere als appetitanregend oder verführerisch. So auch die gut recherchierte, aber ziemlich leblose Bemerkung des Erzählers: “Maravan war nämlich Besitzer eines Isolationsbehälters, in welchem er für kurze Zeit Flüssigstickstoff aufbewahren konnte. Er hatte ihn ein Fünftel seines Monatseinkommens gekostet, aber er war ein unverzichtbares Hilfsmittel bei seinen kulinarischen Experimenten und seinen Bestrebungen, die Köche des Huwyler zu überflügeln.“ 6 Dass es ihm gelingt, so ein hochempfindliches Gerät wie einen Rotationsverdampfer in einer Sporttasche [! ] aus dem Restaurant zu schmuggeln, das für sein erstes Verführungsmenü nötig ist, stellt dabei nur eine weitere Unglaubwürdigkeit der Handlungskonstruktion dar. Wenn Aromen oder Geschmackserlebnisse geschildert werden, wiederholt sich in dem Roman die Aufzählung von Curry und Zimt; etwas Sinnlichkeit soll in die Darstellung einfließen, indem das Essen aus der Hand betont wird, und der Höhepunkt der aphrodisierenden Kulinarik soll durch einen nach Spargel schmeckenden Lutscher markiert werden! 7 1.2.3 Ein Roman über Erotik? Obwohl Maravan zunächst eine starke Neigung zur attraktiven Kellnerin Andrea verspürt, die er sich einmal durch seine Kunst ‘ins Bett kocht‘, ist er ansonsten ein bodenständiger, traditionsbewusster Mann, dem die lesbische 4 LeseLustFrust, http: / / leselustfrust.wordpress.com/ 2010/ 03/ 06/ martin-suter-der-koch 5 Martin Suter, Der Koch, Roman, Diogenes, Zürich, 2010, S. 21. 6 Ebd., S. 42. 7 Zum Kulturthema Essen und Kulinaristik haben Prof. Alois Wierlacher und Kollegen einige Aufsätze versammelt die sich allerdings nur am Rande mit Kulinarischem in der Literatur beschäftigen: vgl. http: / / www.kulinaristik.net/ publikationen.htm Literarischer Anspruch und Trivialität 261 Neigung seiner Freundin zunächst verborgen bleibt und deren unbekümmerte Erotik ihn irritiert. Maravan hatte wenig Kontakt zu Frauen. Die unverheirateten Töchter in der tamilischen Gemeinde waren zu behütet, um mit Männern Beziehungen zu pflegen. Eine tamilische Frau musste als Jungfrau in die Ehe. Und wen sie heiratete, bestimmten traditionsgemäß die Eltern. Es gab schon Schweizerinnen, die sich für ihn interessierten. Aber sie galten bei den Tamilen wegen ihres freizügigen Lebenswandels als schlechte Frauen. 8 Allgemein bleibt, obwohl ein zentrales Thema des Romans, die Schilderung der so genannten ‘Love Menus‘ oberflächlich und fad; und deren Wirkungen sind, ebenso wie deren Beschreibung eher unsinnlich. Ebenso wie Maravans Erklärung, die eher nach Sachbuch als nach wirklichem Erleben klingt: “Ayurveda ist eine Heilkunde, die viele tausende Jahre alt ist. Sie kennt acht Sparten. Die achte heißt Vajikarana. Sie befasst sich mit Aphrodisiaka. Dazu gehören auch gewisse Speisen.“ 9 Und nach dem Genuss des Menüs kommt es zu folgender Wirkung: “Sie ging auf ihn zu, nahm seinen Kopf zwischen beide Hände und küsste ihn auf den Mund.“ 10 Das anschließende Kapitel beginnt lapidar: “Am nächsten Morgen wurde bekannt, dass die größte Bank des Landes weitere neunzehn Milliarden abschreiben und fünfzehn Milliarden aufnehmen musste.“ 11 Erotik in der Literatur ist spätestens seit Boccaccios Decamerone, seit Marquis de Sade, Nabokov, Henry Miller und Anaïs Nin keine Ausnahme; aber so ausnehmend prüde ist wohl selten darüber geschrieben worden wie im Roman ‘Der Koch’. Suchte man bei zeitgenössischen Autoren nach lustvolleren und vor allem ironischeren Szenen, fände man beim österreichischen Autor Robert Menasse eine Vielzahl von Einfällen, die auch sprachkünstlerisch gelungen umgesetzt sind, so z.B. in Sinnliche Gewißheit (1996) oder Don Juan de la Mancha (2009). 12 Nicht zuletzt geht es in Der Koch im Zusammenhang mit den erotisierenden Menüs jedoch auch um Prostitution: “Von da an kochte Love Food regelmäßig für Krull. Der Schauplatz war immer die Wohnung im Falkengässchen. Nur die Gäste wechselten. Vor allem die Herren. René Kull betrieb 8 Suter, Der Koch, S. 24. 9 Ebd., S. 77. 10 Ebd., S. 55. 11 Ebd., S. 56. 12 Dies soll an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt, aber doch auf die derbe Komik des Anfangs- und des Schluss-Kapitels hingewiesen werden, in denen Chili und Meerrettich zum Einsatz kommen und die dem Autor einige entrüstete Kritik eingebracht haben, wenn es dem Roman auch nicht an literarischem Geschick fehle: http: / / www. perlentaucher.de/ buch/ robert-menasse/ don-juan-de-la-mancha-oder-die-erziehungder-lust.html; vgl. auch http: / / content.stuttgarter-zeitung.de/ stz/ page/ 1495413_ 0_9223_-robert-menasse-don-juan-de-la-mancha.html Gesa Singer 262 einen Escort-Service für besonders anspruchsvolle, meist internationale Kundschaft.“ 13 Bezeichnend ist, dass Maravan am Ende des Romans seiner tamilischen Freundin, die er inzwischen kennengelernt hat, die Bitte ausschlägt, auch für sie einmal ein Liebesmenü zu kochen. Hat sich hier etwa die Biederkeit des Autors auf die Figur übertragen? 1.2.4 Ein Wirtschaftskrimi? Der wissenschaftliche Diskurs über die Aufwertung von Kriminalliteratur macht einen Trend zur Kanonisierung zuvor als trivial gewerteter Gattungen anschaulich: Poe, Dickens, Conan Doyle, Christie und Chandler und andere gelten somit in der Literaturwissenschaft längst als ernst zu nehmende Autoren. Allerdings müssten als Kriterien für einen solchen Aufstieg auch sprachliche Meisterschaft, gelungene Psychologie- und Charakterstudie, ‘suspense‘, gesellschaftliche Relevanz etc. herangezogen werden. Die Literaturkritikerin Ursula März befindet über Suters ‘Koch‘: “Es handelt sich trotz scharf und aphrodisierend gewürzter Gerichte um einen Globalisierungroman.“ 14 Was die Kritikerin lobend hervorhebt, entpuppt sich bei näherem Hinsehen jedoch eher als durchsichtige Kulisse. In einer der ersten Szenen im Edellokal ‘Zum Huwyler‘ macht Suter deutlich, dass er die Upper Class des schweizerischen Unternehmertums und deren fadenscheinigen Lebenswandel im Visier hat: Die Medien waren vertreten durch zwei Mitglieder der Unternehmensleitung eines der großen Verlagshäuser (mit Damen), das in letzter Zeit durch rigorose Sparmaßnahmen aufgefallen war. Die Politik durch einen etwas in Vergessenheit geratenen Parteipolitiker mit seiner Gattin und zwei jüngeren Ehepaaren, Parteifreunden wohl, die im Auftrag der Parteileitung einen Jahrestag des Seniors feiern mussten. Die Medizin glänzte durch die Anwesenheit eines Klinikdirektors mit einem Chefarzt im ernsten Gespräch. Am Nebentisch speiste ein hoher Funktionär eines kriselnden, zur Zeit sponsorlosen Fußballclubs mit einem Finanzchef eines Versicherungskonzerns, beide in Begleitung ihrer Gemahlinnen. Sonst saßen da: ein Autoimporteur, ein Inhaber einer Werbeagentur und ein nicht ganz freiwillig abgetretener Bankpräsident, alle mit ihren großen, dünnen, blonden zweiten Frauen. 15 Neben der klischeehaften Erwähnung der Damenbegleitung ist hier schon etwas von der wirtschaftlichen Krisenstimmung zu spüren, in deren Umfeld der Autor seine Phantasien von Waffenschieberei, skrupelloser 13 Suter, Der Koch, S. 169. 14 Ursula März zit. nach Perlentaucher.de: http: / / www.perlentaucher.de/ buch/ martinsuter/ der-koch.html. 15 Suter, Der Koch, S. 10. Literarischer Anspruch und Trivialität 263 Geldgier und zwielichtigem Lebenswandel der Politiker und Wirtschaftsbosse gedeihen lässt. Die Szenarien dafür setzt Suter allerdings eher wie eine Aneinanderreihung von Nachrichtenmeldungen ein, die im Verlauf des Romans eine Zuspitzung erfahren. So heißt es im 2., im Juli 2008 spielenden Kapitel: “Barack Obama, der Präsidentschaftskandidat der Demokraten, sprach in Berlin vor zweihunderttausend Menschen und versprach ihnen eine Wende für die ganze Welt. Die brauchte es auch, denn vor wenigen Tagen war die zweitgrößte Hypothekenbank der USA zusammengebrochen, und ein paar weitere gerieten immer tiefer in Schwierigkeiten. Die sri-lankische Armee meldete eine schwere Niederlage der LTTE 16 im Mullaitivu-Distrikt. Und die LTA berichtete über das dritte Amnestieangebot an desertierte sri-lankische Soldaten in diesem Jahr.“ 17 Wenig später heißt es: “Die sri-lankische Regierung hatte alle UN - und anderen Hilfsorganisationen angewiesen, die Nordprovinzen bis zum Ende des Monats zu verlassen. Fast eine Viertelmillion Tamilen waren auf der Flucht. Es drohte eine humanitäre Katastrophe.“ 18 Der Held bleibt jedoch frei von allen schuldbringenden Abhängigkeiten: “Maravan war nicht militant. Er glaubte nicht an den unabhängigen Staat Tamil Eelam. Er würde das zwar nie laut sagen, aber er war der Meinung, dass die Liberation Tigers seine Versöhnung erschwerten und die Rückkehr von ihnen allen, die sie hier froren und niedrige Arbeiten verrichteten, verzögerten, vielleicht noch für Generationen verhinderten. Das wollte er nicht mitfinanzieren.“ 19 Scharf kontrastiert ist dagegen die Figur des zwielichtigen Unternehmers Dalmann, der gerade eine Herzattacke hinter sich hat: Auch wenn es Dalmann noch nicht ans Lebendige ging, so hatte er doch ernsthafte Probleme. Viele seiner russischen Geschäftsfreunde, denen er hier Kontakte vermittelt und ein angenehmes Geschäftsklima geschaffen hatte, spürten die Krise und blieben aus. […] Und das Thema Aktenvernichtung in der Atomschmuggelaffäre flackerte auch immer wieder auf. Jedes Mal mit dem Risiko, dass der Name Palucron und Dalmanns ehemalige Funktion als Verwaltungsrat dort in die Medien geriet. 20 16 Liberation Tigers of Tamil Eelam. “[…] eine paramilitärische Organisation, die von 1983 bis 2009 im Bürgerkrieg in Sri Lanka für die Unabhängigkeit des von Tamilen dominierten Nordens und Ostens Sri Lankas vom Rest der Insel, in dem mehrheitlich Singhalesen leben, kämpften.“ (Wikipedia) 17 Suter, Der Koch, S. 89. 18 Ebd., S. 115. 19 Ebd., S. 69. 20 Ebd., S. 135. Gesa Singer 264 Und diese Handlungsstränge lässt der Autor schließlich zusammenlaufen: “Und so kam es, dass Maravan, der Tamile, nichtsahnend für Razzaq, den Pakistani, ein Essen zubereitete, bei dem ein Geschäft eingefädelt wurde, das die srilankische Armee über ein paar Umwege mit ausgedienten Schweizer Schützenpanzern versorgte.“ 21 Während der tamilische Protagonist Maravan als ehrenhafter, von Skrupeln geplagter Held gezeigt wird, der die Liebesmenüs für dubiose Wirtschaftsintrigen nur kocht, um seinem Lebenstraum einer gastronomischen Existenz näherzukommen und seine Familie in Sri Lanka zu unterstützen, sind nahezu alle anderen Figuren des Romans von Profitgier und Verstrickung in zweifelhafte Machenschaften gezeichnet. 1.2.5. Sprache Zum anderen ist auch die Handhabung der Sprache seit Beginn der Trivialitätsdebatte ein wichtiges Kriterium: Laut Hecken ordne man dabei “[…] Unterscheidungsmerkmale von restringierter und elaborierter Sprache dem Verhältnis von trivialer und hoher Literatur zu.“ 22 Das Vorhandensein einer elaborierten und unkonventionellen Sprache wird als literaturästhetisches Kriterium vielfach geltend gemacht. Man muss nicht erst die klassische Autonomieästhetik der 1790er Jahre bemühen, um in die Debatte um Maßstäbe und Formprinzipien einzusteigen. “Diese Ästhetik reibt sich bewusst an der aus Goethe und Schillers Sicht eilfertigen und oberflächlichen Literaturproduktion der Massenliteratur und deren vermeintlicher formaler Schludrigkeit.“ 23 Der Literaturkritiker Greiner fragt sich: “Warum ist Suter so beliebt? Weil er für seine Bücher keine Hochsprache oder gar Literatursprache wählt, sondern die Umgangssprache, die jeder von uns tagtäglich so dahinredet. Wir erkennen uns in Suter wieder, in seinem Stolpern und Stümpern, in der strikten Vermeidung von Hypotaxen, in der einfältigen Aneinanderreihung von Hauptsätzen: “Maravan zählte die Tage bis zum Ende der Europameisterschaft. Nicht nur wegen des Jobs. Der ganze Rummel ging ihm auf die Nerven. Er interessierte sich nicht für Fußball. Schwimmen war sein Sport 21 Ebd., S. 191. 22 Hecken, Der Reiz des Trivialen, S. 26. 23 Siegfried Seifert, “Goethe / Schiller und die ‘nivellirenden Naturen‘. Literarische Diskurse im klassischen Weimar“, in Theile, Gert (Hrsg.), Das Schöne und das Triviale. München, Wilhelm Fink Verlag, 2003, S. 79-92, hier S. 83. Literarischer Anspruch und Trivialität 265 gewesen. Und ganz früher hatte er sich einmal für Kricket interessiert. Bevor er sich ganz dem Kochen verschrieben hatte.“ 24 Greiner führt seine Sprachkritik an Suter weiter aus: “Es gibt aber nicht nur diese toten, vollkommen nichtssagenden Beschreibungssätze, sondern es gibt Sätze, die so verunglückt sind, als wären sie aus einer Fremdsprache unbeholfen ins Deutsche übertragen worden.“ 25 Suters Sprache ist unsinnlich und konventionell, ebenso wie seine aufgerufenen klischeebesetzten Szenerien. Greiner führt anhand von Textzitaten Suters vor, wie unbeholfen dieser mit der Sprache umgeht, wenn es darum ginge, Atmosphäre zu schaffen: “Der Koch in diesem Buch ist Tamile, und er versteht es, erotisierende Gerichte zuzubereiten. Leider ist Suters Sprache von erotischer Subtilität so weit entfernt wie ein Holzfäller von Tilman Riemenschneider. Wenn sich die Tamilen treffen, geht es ja genauso zu wie bei den wackeren Schweizern: “Es war eine elegante Gesellschaft, die sich in dieser Sturmnacht zusammengefunden hatte. Makeda trug einen bodenlangen bestickten Tibeb, Sandana einen hellblauen Sari, Andrea ein tief ausgeschnittenes Abendkleid, und Maravan hatte alle mit Anzug und Krawatte überrascht.“ Menschen kann Suter also nicht. [sic! ] Vielleicht Natur? ‘Die Tannen, die den Weg säumten, waren schwer beladen mit Schnee. Ab und zu fiel etwas davon herunter. Dann rieselte es noch eine Weile weiß glitzernd vom um seine Last erleichterten Ast.‘ Vom um seine Leselast erleichterten Leser rieselt etwas, das eher nicht nach Schnee aussieht.“ 26 2. Der Reiz des Trivialen Zumeist zeichnet sich das Triviale entweder durch Schockreize wie Horror und Gewalt oder durch einen Hang zum Sentimental-Kitschigen aus, der beim Leser Rührung hervorrufen soll: “Rührung ist Erschütterung light […]; aber sie ist auch ein mixed feeling: in ihrer strengen Bedeutung, meint Friedrich Schiller, bezeichnet sie die ‘gemischte Empfindung des Leidens und der Lust am Leiden.‘“ 27 Dies ist ein Zustand, der im rührenden Lustspiel des 18. Jahrhunderts seinen theatralischen Ausdruck fand. “Es hat eine Epoche gegeben, die Rührung als kommunikative Form und als Gemeinschaftser- 24 Ulrich Greiner, Martin Suter, “Platinblond, navyblau. Martin Suters erstaunlich gelobte Romane sind erstaunlich schlecht geschrieben“, in, Zeit.de, http: / / www.zeit.de/ 2011/ 02/ L-B-Suter/ komplettansicht 25 Greiner, Martin Suter: Platinblond, navyblau. 26 Ebd., (zit. Suter 2010: 246 ; 182). 27 Jochen Vogt, “’Gerührt, nicht geschüttelt.‘ Zur Ehrenrettung einer heruntergekommenen Kategorie“, in, Gert Theile, (Hrsg.),Das Schöne und das Triviale, München, Wilhelm Fink Verlag 2003 (S. 63-78), hier S. 65. Gesa Singer 266 lebnis zelebriert hat; und in diesem ‘weinenden Säculum‘ spielten die dichterischen Texte eine Schlüsselrolle.“ 28 Eine der Strategien von Trivialliteratur besteht in der “Schwarzweißmalerei, durch feste und vorhersagbare Handlungsschemata und durch Simplifizierungen der Wirklichkeit.“ 29 Ironisch und den naiven Sprachduktus Suters imitierend zeichnet Theurich das Handlungsgerüst und die moralische Note des auf den mitmenschlichen Leser schielenden Romans nach: “Denn Maravan muss nicht nur selbst überleben, sondern auch für seine verfolgte tamilische Familie sorgen. Und dafür Deals mit den Terroristen der Tamil Tigers machen, deren Arm bis in die Schweiz reicht. Keine leichte Sache, denn Maravan besitzt Moral und Skrupel.“ 30 Greiners Urteil über Suters Werk lautet zusammenfassend: ”Konfektionsprosa“ 31 . Und auch der private Leser findet: “Völlig überfrachtet, das nervt […]. Da kann ich ja gleich zur Zeitung greifen.“ Aber warum ist es so erfolgreich? 3. Literarischer Markt und Kritik Man kann festhalten, “[…] daß sich erst mit der Entwicklung des literarischen Marktes die Schichtung der literarischen Ebenen, eben die Dichotomie von ‘hoher‘ und Massenliteratur, ausbildete.“ Daran ist bis heute stets von einem um Normierungen bemühten akademischen Diskurs festgehalten worden. Eine andere Frage ist, was die Leser (und darunter durchaus auch und gerade die akademischen Leser) unterhält, was für sie leicht konsumierbar und zugänglich ist, was entsprechend beworben und auch durch die etablierte Literaturkritik empfohlen wird; welches Ansehen der Verlag genießt, welche Leserschaft der Autor anspricht, wie er sich und sein Werk vermarktet, wie es zum ‘Zeitgeist‘ passt etc. …Das muss nicht zwangsläufig im Widerspruch zu ‘hoher‘ oder in irgendeiner Weise ernst zu nehmender Literatur stehen. 28 Ebd., S. 67. 29 Günter Lange, “Trivialliteratur und ihre Didaktik“, in, Lange, Günter / Neumann, Karl / Ziesenis, Werner (Hrsg.),Taschenbuch des Deutschunterrichts. Grundfragen und Praxis der Sprach- und Literaturdidaktik, Bd.2: Literaturdidaktik. Klassische Form, Trivialliteratur, Gebrauchstexte. 8., unveränd. Auflage, Hohengehren, Schneider Verlag 2003, S. 761-786, hier S. 766. 30 Werner Theurich, “Suter-Roman “Der Koch“. Erlaubt ist, was den Leser scharf macht“, in: Spiegel online: http: / / www.spiegel.de/ kultur/ literatur/ 0,1518,676762,00.html 31 Greiner, Martin Suter: Platinblond, navyblau. Literarischer Anspruch und Trivialität 267 Theurich fasst seine Kritik an dem Roman wie folgt zusammen: “Action regiert über Analyse, Fakten müssen bewältigt, Cliffhanger platziert werden. Auch im “Koch“ gehts aktuell zur Sache: Die Weltwirtschaftskrise liefert bunte Hintergrund-Tapete, Schweizer Geschäfte mit Waffen und Geld flankieren die Handlung, und der Kampf der Tamilen in Sri Lanka versetzt die Bestseller- Soße mit revolutionärem Geschmacksverstärker.“ 32 Orientiert man sich an den Verkaufszahlen, scheint diese Kombination bei Suters Leserschaft großen Anklang zu finden; und so schließt Theurich: “Der Koch“ ist auf jeden Fall ein gefundenes Fressen für Suter-Fans ein bisschen zu ironiefrei für literarische Feinschmecker, aber allemal eine solide Sache für Freunde gutbürgerlicher Lese-Küche.“ 33 Als “[…] Hommage an eine literarische Gattung […] (Suter 2011; s.o.) ist Der Koch möglicherweise intendiert; aber die Vorlage könnte dann allenfalls bei Mario Simmels Unterhaltungsroman Es muß nicht immer Kaviar sein (1960) gefunden werden, dessen Held ebenfalls durch seine Kochkünste verführt. 34 Was die für die Trivialliteratur typischen Schockreize (vgl. Abschnitt 2) angeht, hat Suter einige zu setzen versucht. Allerdings mit einem Duktus, der eher an Rührung als Aufgewühltheit appelliert. Damit befindet der Roman sich aber wiederum nicht im Bereich der ernst zu nehmenden Literatur. Bibliographische Referenzen Martin Suter, Der Koch, Roman, Diogenes, Zürich 2010. Ulrich Greiner, “Martin Suter, Platinblond, navyblau. Martin Suters erstaunlich gelobte Romane sind erstaunlich schlecht geschrieben“, in Zeit.de, http: / / www.zeit.de/ 2011/ 02/ L-B-Suter/ komplettansicht Thomas Hecken, “Der Reiz des Trivialen. Idealistische Ästhetik, Trivialliteraturforschung, Geschmackssoziologie und die Aufnahme der populären Kultur”, in Hecken, Thomas (Hrsg.), Der Reiz des Trivialen. Künstler, Intellektuelle und die Popkultur, Opladen, Westdeutscher Verlag 1997, S. 13-48. Günter Lange, “Trivialliteratur und ihre Didaktik“, in Lange, Günter / Neumann, Karl / Ziesenis, Werner (Hrsg.), Taschenbuch des Deutschunterrichts. Grundfragen und Praxis der Sprach- und Literaturdidaktik. Bd.2., Literaturdidaktik. Klassische Form, Trivialliteratur, Gebrauchstexte. 8., unveränd. Auflage, Hohengehren, Schneider Verlag 2003, S. 761-786. LeseLustFrust, http: / / leselustfrust.wordpress.com/ 2010/ 03/ 06/ martin-suter-der-koch Perlentaucher.de. http: / / www.perlentaucher.de/ buch/ martin-suter/ der-koch.html 32 Theurich, Suter-Roman “Der Koch“. 33 Ebd. 34 Unter der Kombination der Stichworte ‘Erotik‘ und ‘Kulinarik‘ ließen sich im Internet weitere geschmackvolle oder -lose zeitgenössische Bücher und ‘Groschenromane‘ finden, die wohl kaum Suters Phantasie angeregt haben können. Gesa Singer 268 Siegfried Seifert, “Goethe / Schiller und die ‘nivellirenden Naturen‘. Literarische Diskurse im klassischen Weimar“, in Theile, Gert (Hrsg.), Das Schöne und das Triviale, München, Wilhelm Fink Verlag, 2003 (S. 79-92). Werner Theurich , “Suter-Roman “Der Koch“. Erlaubt ist, was den Leser scharf macht“, in Spiegel online, http: / / www.spiegel.de/ kultur/ literatur/ 0,1518, 676762, 00.html Jochen Vogt, “‘Gerührt, nicht geschüttelt.‘ Zur Ehrenrettung einer heruntergekommenen Kategorie“, in Theile, Gert (Hrsg.), Das Schöne und das Triviale, München, Wilhelm Fink Verlag, 2003, S. S. 63-78. Niels Werber, “Die Form des Populären. Zur Frühgeschichte fantastischer und kriminalistischer Literatur“, in Hecken, Thomas (Hrsg.), Der Reiz des Trivialen. Künstler, Intellektuelle und die Popkultur, Opladen, Westdeutscher Verlag, S. 49-86. Špela Virant Wanderungen der Untoten Die Untoten sind heute in der Unterhaltungsindustrie überall präsent und haben diverse Genres und Subgenres gebildet. Zombies, Vampire und Geister bevölkern Film, Fernsehen und Bücher. So findet man gegenwärtig in der deutschen Amazon Internet-Buchhandlung über 7000 Suchergebnisse in der Kategorie Bücher zum Stichwort Vampire, über 1000 zu Zombies und über 45000 zu Geistern. Zum Vergleich: Zum Stichwort Holocaust sind nur knapp über 4000 Suchergebnisse zu finden. Die beliebtesten Titel versprechen Horror und Erotik, das Angebot reicht jedoch auch bis hin zur Jugend- und Kinderliteratur. 1 Was aus diesen Suchergebnissen nicht ersichtlich wird, ist der Umstand, dass Untote auch in zeitgenössischen literarischen Texten erscheinen, die nicht unter der Bezeichnung Unterhaltungsliteratur im Buchhandel angeboten werden, und als metaphorische Begriffe sogar im Diskurs der Geistes- und Sozialwissenschaften auftauchen. Die enorme Frequenz ihrer Erscheinung und die Heterogenität der Kontexte, in denen heute die Untoten auftreten, legen nahe, den Topos der Untoten in seiner literaturhistorischen Entwicklung und im Kontext zeitgenössischer gesellschaftlicher und literarischer Diskurse zu betrachten. Der vorliegende kurze Beitrag soll nur einen Aspekt dieser umfassenden Problematik skizzieren, und zwar die Wanderung und den Wandel der literarischen Figuren der Untoten zwischen der populären und der elitären Kultur. Der aus dem Englischen übernommene Begriff der Untoten, the Undead, bezeichnet eine Gruppe von fiktionalen Figuren, die die Undurchlässigkeit der Grenze zwischen Leben und Tod aufheben. Meistens sind es Figuren von Verstorbenen, die im Reich der Toten keine Ruhe finden und deshalb unter die Lebenden zurückkehren. Sie sind zwar gestorben, sind jedoch weder ganz tot, noch richtig lebendig. Die bekanntesten Revenants oder Wiedergänger sind Vampire, Zombies und die Geister von Toten. Genau genommen könnten zu den Untoten jedoch auch jene literarischen Figuren gezählt werden, die lebend in das Reich der Toten eindringen und zurückkehren. Auch sie überschreiten die Grenze zwischen Leben und Tod in beiden Richtungen. Die Provenienz und die historische Funktion dieser Figuren sind jedoch sehr unterschiedlich. Während Vampire, Zombies und Geister dem Volks- 1 http: / / www.amazon.de; letzter Zugriff, Juni 2012. Špela Virant 270 glauben entstammen und lange Zeit vor allem in Volkserzählungen, also in der populären Kultur im besten Sinne des Wortes, weiterleben oder weiterhin untot bleiben, werden Lebende, die ins Totenreich vordringen eher in Texten beschrieben, die schon früh kanonisiert werden: im Gilgamesch-Epos, in Ovids Metamorphosen, Vergils Aeneis oder Dantes Göttlicher Komödie. Die Kanonisierung dieser Texte verweist auf ihre Bedeutung im macht-politischen Kontext, in dem sie vor allem die Legitimierung von Herrschaftsstrukturen gewährleisten sollen, was bei Vergils Aeneis besonders deutlich wird. Während die Lebenden von ihrem Ausflug in das Totenreich meistens mit dem Segen der Ahnen und einer Bestätigung der herrschenden Ordnung zurückkehren, stiften die zurückgekehrten Toten eher Unordnung und Angst unter den Lebenden. Sie können bei ihrer Rückkehr explizit ihre Unzufriedenheit ausdrücken, vor allem mit der Art und Weise, wie sich die Hinterbliebenen im Leben eingerichtet haben, sie können auf Missstände hindeuten, und jenen Trost spenden, die sich der herrschenden Ordnung beziehungsweise Unordnung widersetzen. Oder sie können nur durch ihr Erscheinen auf Missstände hinweisen, ohne explizit zu werden und ohne Partei zu nehmen. Ein weiterer wesentlicher Unterschied zwischen den Lebenden, die ins Totenreich reisen, und den Toten, die wiederkehren, betrifft die gesellschaftliche Position der Reisenden sowie derjenigen, denen die Wiedergänger erscheinen. Die Reise in die Unterwelt bleibt nur Auserwählten vorbehalten. Auch wenn sie nicht dem höchsten Stand angehören, so haben sie - zum Beispiel als Künstler - in der Gesellschaft eine besondere Rolle, die sie durch den Bericht über ihre grenzüberschreitende Erfahrung auch mit Nachdruck behaupten. Als Geister oder Vampire aber können große Herrscher wie Kaiser Friedrich II. oder einfache Dorfbewohner wie die Bauern vom Balkan erscheinen und sie können von Angehörigen aller Stände wahrgenommen werden. 2 Als fiktionale Figuren haben Wiedergänger ein weit größeres Identifikationspotential: Jeder kann von einem verstorbenen Nachbarn heimgesucht werden. Zwar können die Lebenden, die Untote wahrnehmen, mit besonderen Eigenschaften ausgestattet sein - die Geisterseher oder Medien mit positiven, die Gewissenlosen und die Verbrecher, die von ihren Opfern verfolgt werden mit negativen -, aber die Figuren in Geschichten über Untote sind meistens demokratischer und weniger elitär als die Figuren in den Geschichten über die Reise ins Jenseits. 2 Vgl. Olaf B. Rader, “Die Gespenster der alten Kaiser. Falsche Friedriche, Barbablanca und die politische Sehnsucht nach dem Heiligen Reich”, in Claire Gantet (Hrsg.), Gespenster und Politik, Paderborn 2007, S. 181-197. Daniel Arlaud, Vampire, “Aufklärung und Staat: Eine militärmedizinische Mission in Ungarn, 1755-1756“, in, Ebd., S. 127- 141. Wanderung der Untoten 271 In diesem Sinne waren Wiedergänger lange Zeit vor allem Figuren, die einen subversiven Charakter hatten. Da sie von “unten“ kamen und von “unten“ wirkten, zielte ihre subversive Kraft oft nicht unmittelbar auf die höchsten Herrschaftsschichten, sondern richtete sich gegen die Manifestationen der Machtordnung auf der Ebene lokaler Gemeinschaften und familiärer Strukturen. So wurde im Mittelalter, wie Jean-Claude Schmitt zeigte, das Bändigen von Untoten als Marktnische von der Geistlichkeit entdeckt. 3 Die Rolle dieser grenzüberschreitenden Figuren kann natürlich nicht auf die gesellschaftlich-politische Dimension reduziert werden. Ihre Funktion für die religiösen Vorstellungen, für das “Imaginäre des Todes“, für die Vermittlung einer “Geographie des Jenseits“, 4 bleibt von zentraler Bedeutung. Auch kann nicht behauptet werden, dass in frühen kanonischen Texten keine wiederkehrenden Toten erwähnt werden, wie zum Beispiel in Sophokles’ Elektra oder in der Bibel (1 Samuel 28). Doch spielen sie in diesen Texten keine zentrale Rolle. Bei Sophokles erscheinen sie gar nicht auf der Bühne, sondern nur im Text. Ein Geist wird erwählt, vierfach distanziert, in Chrysotemis Bericht darüber, was ihr jemand Berichtete, der Klytaimnestra belauschte, als sie über ihren Traum berichtete. 5 Wiederkehrende Tote, die Rache fordern, werden vom Chor als rhetorisches Bild verwendet. 6 Auch wenn diese Erscheinungen nur marginal bleiben, so wird schon in diesen Erwähnungen die Verbindung dieser Figuren mit dem Äußern von Unzufriedenheit über die herrschende Ordnung sowie mit der Forderung nach und der Ankündigung von Strafe und Rache hergestellt. Diese Verbindung wird in den sozialen und politischen Diskursen der nachfolgenden Epochen immer wieder in unterschiedlichen Formen und Kontexten bedient und wurde bereits wissenschaftlich erforscht. 7 Was bei diesen Untersuchungen bisher jedoch zu wenig Beachtung fand, ist die parallel dazu verlaufende Entwicklung und Wandlung des Topos der Untoten in der Literatur und in anderen Künsten. Der entscheidende Schritt im literarischen Aufstieg der nicht zur Ruhe kommenden Toten wird an der Schwelle zwischen Renaissance und Barock in der Dramatik vollzogen, und zwar in Shakespeares Werken wie Hamlet oder Richard III, wo Geister doppelt und dreifach geadelt werden, erstens durch ihr königliches Blut, zweitens durch ihr Auftreten in der Tragödie, die als die edelste literarische Gattung galt, obwohl sie für ein in jener Zeit populäres Massenmedium geschrieben wurde, und drittens durch die schnelle 3 Jean-Claude Schmitt, Die Wiederkehr der Toten. Geistergeschichten im Mittelalter, Stuttgart, 1995. 4 Ebd., S. 13. 5 Vgl. Sophokles, Elektra, IV, 417- 425. Stuttgart, 1987. 6 Vgl. ebd., XV, 1417-1421. 7 Vgl. Claire Gantet (Hrsg.), Gespenster und Politik, Paderborn, 2007. Richard Greene; K. Silem Mohammad, Die Untoten und die Philosophie, Stuttgart, 2010. Špela Virant 272 Kanonisierung dieser Dramen. Trotz dieser Veredelung aber behalten Shakespeares Geisterfiguren im Rahmen der dargestellten Geschichten, also auf der fiktionalen Ebene, ihre subversive Funktion, sie stellen die Legitimität der dargestellten herrschenden Könige in Frage, gleichzeitig aber bestätigen sie im Rahmen der gesellschaftlichen Diskurse die Legitimität der Herrschaftsschicht im Elisabethanischen England, was dazu beiträgt, dass diese Stücke relativ schnell kanonisiert werden. Die Kritik an der Herrschaft wird von den Herrschaftsdiskursen vereinnahmt und in Selbstbestätigung verkehrt. Keine zwei Jahrzehnte später kehrt auch in Sevilla ein edler Untoter zurück zu den Lebenden, um dem frevelhaften Treiben Don Juans eine Ende zu bereiten. Als Komtur vereint er die weltliche Machtordnung mit der göttlichen, die er durch sein Erscheinen wiederherstellt. In Gegensatz zu den meist ephemeren Geistererscheinungen von Toten, repräsentiert der steinerne Gast die Festigkeit und Unerschütterlichkeit dieser Ordnungen und bleibt für Jahrhunderte ein fester Bestandteil der europäischen Theaterliteratur. Es ist nicht unbedeutend, dass am Anfang des ausdifferenzierten literarischen Diskurses der Neuzeit die prominentesten Untoten in Theaterstücken erscheinen und eine wichtige dramaturgische Aufgabe erfüllen, da sie die Handlung in Gang oder zum Finale bringen. Sie stehen an der Schwelle einer illusionistischen Theaterpraxis, die im 17. Jahrhundert dominierte. Im Rahmen dieser Theaterpraxis werden die Erscheinungen von Untoten im Spiel mit unterschiedlichen Wirklichkeitsebenen eingesetzt, um die vraisemblance, die Glaubwürdigkeit der Bühnenrealität zu steigern. Indem die künstliche Natur ihrem eigenen künstlichen Übernatürlichen gegenübergestellt wird, wirkt sie der Natur ähnlicher. Spuren dieser Funktion finden sich in den heutigen massenmedial inszenierten Figuren von Untoten. Durch ihren Ursprung im Volkstümlichen scheinen sie prädestiniert für die moderne Pop-Kultur, wegen dem Umweg durch die Hochkultur neigen sie jedoch zu einem fiktiv subversiven Charakter. Für die Untoten der heutigen Trivialliteratur sind aber die Konnotationen wichtiger, mit denen die Untoten im 19. Jahrhundert aufgeladen wurden. Obwohl Tirso de Molinas Komtur von Sevilla als Affirmation der bestehenden Ordnungen den Untoten einen festen Platz in der Hochkultur verschafft hat, bricht ihre Herkunft von “unten“ - aus der mythologischen Unterwelt, aus der physischen Grabestiefe, aus den sozialen Unterschichten und aus den minderen Textsorten - wieder durch die hochkulturelle Versteinerung hindurch und bringt ihren subversiven Charakter zum Ausdruck. Im 19. Jahrhundert ist es der zur populärsten Gattung gewordene Roman, der sich den Untoten erschließt. Die zwei berühmtesten Figuren sind Frankensteins Monster und Dracula. Wanderung der Untoten 273 Während Mary Shellys Frankenstein oder Der moderne Prometheus (1818) sich am Beginn des 19. Jahrhunderts gegen Gott auflehnt und selbst zum Schöpfer des Lebens wird, repräsentiert sein Monster schon die Kritik sowohl am Rationalitätsbegriff und am Wissenschaftsglauben der Aufklärung wie auch an dem romantischen Subjektbegriff und seinen Allmachtsphantasien. In Bram Stokers Dracula (1897) wird gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Figur eines Untoten emotional und erotisch Aufgeladen und als Symbolfigur der Auflehnung gegen die herrschende Sexualmoral in das 20. Jahrhundert übernommen. Der Vampir verkörpert Wünsche und Ängste, besonders die ambivalente Verbindung von Sex und Tod, von Begehren, Todesangst und Todessehnsucht, wie sie zur Jahrhundertwende auch von Freud in seiner Triebtheorie artikuliert wurde. Daniel Arlaud, der aufgrund seiner Untersuchung der Berichte über Vampire im 18. Jahrhundert zur Feststellung kommt, die Vampiren dieser Epoche seien “äußerst unordentliche Untertanen“, sieht eine Kontinuität in der Entwicklung: Sollen Vampire also als Typus des schlechten Untertans gelten? Ja, insofern sie einen von mehreren Ansatzpunkten einer rationalisierten Kontrolle und Pädagogik der Körper und Geister in abgelegenen Teilen des Reiches bilden. Wenn der Typus des Vampirs heute meistens als Verbildlichung der Widerstände der psychischen Sexual- und Todestriebe gegen die angelernte Selbstkontrolle gedeutet wird, so erscheint verinnerlicht eine gewisse thematische Kontinuität mit frühneuzeitlichen politisch-geographischen Deutungen der peripheren Integration der Barbaren durch die Zivilisation. 8 Die von Arlaud festgestellte Kontinuität und Verschiebung der Subversivität der Vampire in den Bereich des Psychischen ist für die Figuren von Untoten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zutreffend, bei den Figuren, die gegen Ende des Jahrhunderts und am Beginn des 21. Jahrhunderts erscheinen, kommt es jedoch zu neuen Verschiebungen. Im Laufe des 20. Jahrhunderts haben sich die Untoten besonders in den neuen Medien hemmungslos vermehrt. Im Virtuellen haben sie einen Raum des Untoten par excellence gefunden, in dem sie nicht richtig lebendig sind, aber auch nicht sterben können. Die meisten könnten als Urenkel von Frankensteins Monster und Dracula bezeichnet werden, doch ihr subversiver Charakter ist dabei verloren gegangen. Ihre Urväter haben die Prozesse des Gott- und Ich-Verlustes, der Verabschiedung von Metaphysik und Subjekt-Begriff eingeläutet und gleichzeitig kritisch reflektiert. Diese Prozesse haben diverse Spuren in den dominanten gesellschaftlichen Diskursen hinterlassen, was für die Untoten eine Rekontextualisierung bedeutet. Trivial wirken nun jene Untoten, die auf diese Rekontextualisierung nicht reagieren, die ererbten Muster nur nachahmen und so ihre inszenierte Subversivität gegen längst nicht mehr relevante Normen richten. Oder sie reagieren auf den doppelten Verlust so, dass 8 Arlaud, Vampire (Anm. 2) S. 141. Špela Virant 274 sie ihn zwar anerkennen, jedoch an alten Denkstrukturen festhalten, die Sehnsucht nach Metaphysik mit erotischem Begehren kurzschließen und eine Art Ersatz-Metaphysik und Ersatz-Subjektivität erschaffen (in Form “unerklärlicher Phänomene“ und “übernatürlicher Kräfte“). Jugendliche Vampire zeigen deutlich, dass das Übernatürliche als recht profaner Ort imaginiert wird, in dem die Identitätssuche nicht auf ein von Erwachsenen dominiertes und durchrationalisiertes Feld begrenzt ist. Ihr Sexualverhalten restituiert alte Verhaltensnormen, Design und Lifestyle aber entsprechen den von den Massenmedien vermittelten Vorstellungen von Jugend, Gesundheit, Schönheit und Reichtum, die als Vorbedingungen für das wahre Lebensgefühl behauptet werden. “Voll im Leben“ - wie es heißt - stehen hier die Untoten, was impliziert, dass sich lebendig nur jene fühlen, die die Vorbedingungen erfüllen und den Tod ausblenden. Dem Gegenüber steht eine Horde von Untoten, die in zeitgenössischen Texten erscheinen, jedoch kaum noch an Frankensteins Monster oder Dracula erinnern. Diese Untoten verbinden sich mit sehr unterschiedlichen Themen, ihnen gemeinsam aber ist, dass sie weder grausam bedrohlich und noch unwiderstehlich erotisch sind, sondern machtlos, unglücklich und sehr alltäglich. Sie werden zwar oft explizit als Untote bezeichnet, doch sie haben so wenig Ähnlichkeit mit der erwähnten Mehrheit, dass sie hier provisorisch lieber als die Unlebendigen bezeichnet werden sollen. Ihr Problem ist nicht, dass sie nicht ganz tot sind, sondern, dass sie nicht ganz lebendig sind, sich nicht so fühlen oder nicht als solche angesehen werden, also einen Mangel an Leben aufweisen. Die Unlebendigen können in unterschiedliche Gruppen aufgeteilt werden. Die Aufteilung soll keine Typologie einführen, sondern nur auf die Vielfältigkeit dieser Figuren hinweisen. Da das Unlebendige vor allem zur Verbildlichung von Verlustgefühlen und zur Kritik an modernen Lebensverhältnissen eingesetzt wird, orientiert sich die Aufteilung an den Umständen, die jeweils im Fokus der Kritik stehen. Unlebendige erscheinen zum Beispiel in eminent politischen und sozialkritischen Texten als Metaphern für politische Opfer, sozial Ausgegrenzte und Entrechtete, wie sie in Texten von Jelinek, Agamben oder Žižek zu finden sind. 9 Das Volkstümliche haben sie gänzlich verloren, während ihre subversive Dimension verstärkt wird. Sie erscheinen in Texten mit deutlicher medienkritischer Tendenz. Der Umgang mit Medien führt zu einem Gefühl der Entwirklichung - die Nutzung virtueller Realitäten wirkt zurück auf die Nutzer, die sich zunehmend selbst als unreal empfinden. Die Verbindung von Geistern und Medien er- 9 Vgl. Giorgio Agamben, Was von Auschwitz bleibt, Frankfurt a. M. 2003. Slavoj Žiže, Madness and Habit in German Idealism: Discipline between the Two Freedoms, http: / / www.lacan.com/ zizdazedandconfused.html, 14.7.2010. Wanderung der Untoten 275 scheint schon in dem vielzitierten Brief von Kafka an Milena, der als Reflexion des Übertragungsmediums Brief gelesen wird: “Geschriebene Küsse kommen nicht an ihren Ort, sondern werden von den Gespenstern auf dem Wege ausgetrunken. Durch diese reichliche Nahrung vermehren sie sich ja so unerhört. […] Die Geister werden nicht verhungern, aber wir werden zugrundegehen.“ 10 In zeitgenössischen literarischen Texten ist es Sibylle Berg, die die Verbindung zwischen Medien- und Gesellschaftskritik mit dem Gefühl des Unlebendigen und der Angst vor dem Leben am deutlichsten artikuliert. Die die Gründe für die Entwirklichung der Menschen verortet sie in der immateriell gewordenen Basis sozialer Ordnungen, also in den Arbeitsverhältnissen der Informationsgesellschaft: Vera: Es war Winter. Ich war alleine zuhause. Wie jeden Abend. Ich fühlte mich einsam, unnötig und beschissen. Ich verließ die Wohnung und bin durch die halbe Stadt gelaufen. Keine Ahnung, ob es noch Menschen gibt, die richtig arbeiten, dachte ich. Also, die irgendwelche Dinge herstellen und sie dann in Papier verpacken. Ich kenne solche Menschen nicht. Nur noch welche, die mit was Irrealem umgehen. Mit Geld oder Informationen, mit Sachen also, die es vielleicht gar nicht gibt. Vielleicht ist das ein Grund, warum alle so drauf sind. Wenn Menschen mit Sachen umgehen, die es nicht gibt, stellt sich natürlich knallhart die Frage, ob es überhaupt Menschen gibt. 11 In ihrem Stück Nur nachts bekommen zwei Geister vom Einsatzleiter den Auftrag, Mann und Frau, die mit Mitte vierzig einen romantischen Neuanfang wagen wollen, “von allem abzuhalten, was ihr Leben ändern könnte“. 12 Zu ändern ist vor allem die Einstellung zum Leben: Geist 2: Ich verließ die Wohnung nur noch bei Einbruch der Dunkelheit und kaufte Dosensuppen, die aß ich kalt, stehend, in der Wohnung, und solche Angst hatte ich, eine andere Bewegung zu machen als aus dem Haus, wieder zurück, im Stehen essen, in den Kleidern zu Bett, weil jedes Mehr doch bedeutet hätte, dass ich lebe, und davor hatte ich Angst. 13 Der Monolog von Geist 2 lässt sich wie eine Ergänzung und Erläuterung von Veras Monolog aus dem älteren Stück lesen, wobei hier mit der Angst vor dem Leben nicht die Gründe, sondern die Folgen einer abhanden gekommenen Realität, die auch die Realität des Todes einschließt, angesprochen werden. Eine weitere Gruppe von Texten bezieht sich weniger auf die Medien als solche, sondern mehr auf die massenmedialen Inhalte, die eben jenes Bild des “wahren Lebens“ vermitteln, das von der Masse der Untoten affirmiert 10 Franz Kafka, Briefe an Milena, Frankfurt a. M., 1986, S. 302. 11 Sibylle Berg, “Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot“, in Theater heute 8/ 9, 1999, S. 78-84, S. 83. 12 Sibylle Berg, Nur nachts, Reinbek bei Hamburg, Rowohlt Theaterverlag, UA 2010, S. 4. 13 Ebd., S. 22. Špela Virant 276 wird. Igor Bauersima zeigt in dem Stück norway.today Figuren, die sich unreal und unlebendig fühlen, weil sie diesem Bild nicht entsprechen können, was dazu führt, dass sie sich dagegen Auflehnen, sich dem Leben selbst verweigern und Selbstmord begehen wollen. 14 Es ist eine Auflehnung gegen ein paradoxes Wertesystem, in dem das Leben an sich als höchstes Gut gesetzt wird, unhinterfragbar und absolut, gleichzeitig aber auch vorgegeben wird, welches Leben überhaupt lebenswert ist. Eine Besonderheit sind auch Romane, bei denen der Leser früher oder später feststellen muss, dass die Ich-Erzählerfigur bereits tot ist, wie in Thomas Hettches Nox, Malin Schwerdtfegers Delphi oder in Georg Kleins Roman unserer Kindheit. 15 Dieser erzähltechnische Kunstgriff ermöglicht einen unauffälligen Wechsel der Erzählsituationen, denn der nicht mehr an irdische Logik gebundene Ich-Erzähler kann problemlos zum personalen oder sogar allwissenden Erzählen übergehen, wodurch es möglich wird, größere Zusammenhänge darzustellen, ohne die Fragmentierung der modernen Lebenswelt zu verleugnen. Von diesem Schema weicht Urs Widmers Roman Herr Adamson ab, 16 da er das Motiv der wiederkehrenden Toten mit dem Motiv der Reise ins Jenseits verbindet, auf die der Ich-Erzähler sich begibt. Das Elitäre, das dem letzteren Motiv in der Literaturtradition anhaftet, wird von Widmer durch burleske Elemente, auf die schon die Rezensenten hingewiesen haben, 17 gebrochen. Auch das Motiv der Reise ins Jenseits, so selten es in der zeitgenössischen Literatur vorkommt, reagiert hier auf die sozial-politische Rekontextualisierung. Der Roman von Georg Klein geht sogar einen Schritt weiter, indem er eine Erzählerfigur einführt, die nicht nur unlebendig, sondern auch ungeboren ist. Damit verweist er auf ein zentrales Problem moderner gesellschaftlicher Diskurse, und zwar auf die problematische, jedoch notwendige Neudefinition des Lebens, da alte Definitionen, die auf der Opposition von Leben und Tod gründen, unzulänglich geworden sind, einerseits durch die Ausblendung des Todes und die Verabsolutierung des Lebens, andererseits durch die Entwicklung der Naturwissenschaften, insbesondere der Medizin und Gentechnik, die um eine klare Bestimmung von Anfang und Ende des Lebens ringen. So wie man nicht mehr von einer klaren Opposition zwischen Leben und Tod ausgehen kann, so kann man auch die Untoten und die Unlebendigen 14 Igor Bauersima, „norway.today“, in Theater heute 1, 2001, S. 48-58. 15 Thomas Hettche, Nox, Köln, 2002. Malin Schwerdtfeger, Köln, Delphi, 2004. Georg Klein, Roman unserer Kindheit, Reinbek bei Hamburg 2010. 16 Urs Widmer, Herr Adamson, Zürich 2009. 17 Vgl. Andreas Wirthensohn, “Dem Tod den Stachel nehmen“, in Die Tageszeitung, 19.12.2009, S. 32.; Roman Bucheli, “Schief geht der Mensch durch die Welt”, in Neue Zürcher Zeitung, 22.8.2009. Wanderung der Untoten 277 nicht als Gegensätze sehen. Die verschiedenen Diskurse werden verschränkt und die Figuren überblendet. Deutlich bleibt jedoch, dass die Untoten weder durch die Vereinnahmung in Herrschaftsdiskursen noch durch die Trivialisierung ihre Vitalität und ihren potentiell subversiven Charakter verloren haben. Im Gegenteil. Gerade der Umstand, dass sie so massenhaft und trivial auftreten, macht sie wieder attraktiv für die Verbildlichung subversiver und kritischer Gedanken. Bibliographische Referenzen Giorgio Agamben, Was von Auschwitz bleibt, Frankfurt a. M., Suhrkamp, 2003. Daniel Arlaud, “Vampire, Aufklärung und Staat: Eine militärmedizinische Mission in Ungarn“, 1755-1756, in Claire Gantet (Hrsg.), Gespenster und Politik, Paderborn, Fink, 2007, S. 127-141. Igor Bauersima, “norway.today“, in Theater heute 1, 2001, S. 48-58. Sibylle Berg, “Ein paar Leute suchen das Glück und lachen sich tot“, in Theater heute 8/ 9, 1999, S. 78-84, Sibylle Berg, Nur nachts, Reinbek bei Hamburg, Rowohlt Theaterverlag ,UA 2010. Roman Bucheli, “Schief geht der Mensch durch die Welt“, in Neue Zürcher Zeitung, 22.8.2009. Claire Gantet (Hrsg.), Gespenster und Politik, Paderborn, Fink, 2007. Richard Greene / K. Silem Mohammad, Die Untoten und die Philosophie, Stuttgart, Klett-Cotta, 2010. Thomas Hettche, Nox, Köln, DuMont, 2002. Franz Kafka, Briefe an Milena, Frankfurt a. M., Fischer, 1986. Georg Klein, Roman unserer Kindheit, Reinbek bei Hamburg, Rowohlt, 2010. Olaf B. Rader, “Die Gespenster der alten Kaiser. Falsche Friedriche, Barbablanca und die politische Sehnsucht nach dem Heiligen Reich“, in Claire Gantet (Hrsg.), Gespenster und Politik, Paderborn, Fink, 2007, S. 181-197. Jean-Claude Schmitt, Die Wiederkehr der Toten. Geistergeschichten im Mittelalter, Stuttgart, Klett-Cotta, 1995. Malin Schwerdtfeger, Delphi, Köln, Kiepenheuer & Witsch, 2004. Sophokles, Elektra. Stuttgart, Reclam, 1987. Urs Widmer, Herr Adamson, Zürich, Diogenes, 2009. Andreas Wirthensohn, “Dem Tod den Stachel nehmen“, in Die Tageszeitung, 19.12.2009, S. 32. Slavoj Žižek, Madness and Habit in German Idealism: Discipline between the Two Freedoms. http: / / www.lacan.com/ zizdazedandconfused.html Juan Miguel Zarandona The Treatment of the Character of Merlin in the Spanish Comic El Aguilucho (1959) by Manuel Gago (1925-1980) 1. The Golden Age of Spanish popular comic The period from the 1940s and 1960s can be termed, without doubt, as the Golden Age of the classic “tebeo 1 español” or national Spanish Comic. 2 This can be said especially of a specific group of them - those dealing with knights and deeds of knighthood and, consequently, drawing their inspiration from the European and Iberian Middle Ages. The variety, originality, and popularity of that booming but light literary/ artistic entertainment phenomenon are beyond comparison with the present-day situation in contemporary Spain, where only the republication, for example, of the old mythical series of Capitán Trueno [Captain Thunder] or the Guerrero del Antifaz [The Masked Fighter], both medieval fiction heroes of Spain, can 1 Long before comics were named comics in Spanish - something that took place from the 1970s onwards, there used to be other words to refer to them. It happened in many other European languages: ‘quadrinhos‘ (Portuguese), ‘fumetti‘ (Italian), or ‘bande dessinée‘ (French). In Spanish this new hybrid form of trivial entertainment was first known as ‘historietas‘ or ‘tebeos‘. This latter word tebeo was finally accepted when it was granted official inclusion in the RAE Dictionary (Real Academia Española) in 1968, but it had its origin in a ‘revista de historietas‘ that was first published in Barcelona on March 17th, 1917 with a pseudo-acronym as its title: TBO. The editors declared in their first issue that it did not mean anything, but legend has it that the staff lithographer Arturo Suárez suggested it because of the Spanish phrase ‘te veo‘ (I see you). Whatever the origin, the truth is that this publication, which appeared regularly until 1998, became so popular that the whole comic genre adopted its format as a model and its title as its favorite designation. 2 According to most specialists, the first Spanish proper comic publication ever recorded was Dominguín, a comic for children edited by José Espoy, also published in Barcelona and that only lasted two years, from 1915 to 1916. For further information on the history of Spanish comics, see Antonio Altarriba, La España del Tebeo. La historieta española de 1940 a 2000, Pozuelo de Alarcón, Madrid 2001; Manuel Bayona and Diego Matos, El antifaz del Guerrero, Madrid 2012; Antoni Guiral et al, Del tebeo al manga. Una historia de los cómics, Vols. 1-9, Torroella de Montgrí, Gerona, Spain 2002-2011; Antoni Guiral, Cuando los cómics se llamaban tebeos. La escuela de Bruguera (1945-1963), Barcelona 2004; Antonio Martín-Martínez, Historia del cómic español 1875-1939, Barcelona 1978; Antonio Martín-Martínez, Los inventores del cómic español 1873-1900, Barcelona 2000; Ana Merino, El cómic hispánico, Madrid 2003. Juan Miguel Zarandona 280 match the reception success and social impact known in those distant years among the young and the not so young, but full of melancholic nostalgia. 3 The former of these two, the comic El Capitán Trueno, was, and still is, the most legendary and popular Spanish tebeo ever published. It appeared for the first time in 1956, as the leader of Spanish crusaders serving or under the command of King Richard I of England, the Lionheart, during the Third Crusade (1189-1192), and was published, more or less regularly toward the end, until 2005. In later years there were some attempts to revive it and stage a comeback but without much success. 4 Trueno can be identified as the ideal knight, a man of action from Northern Spain who travels the world battling against all kinds of injustice and who is fully devoted and faithful to his Viking Lady, Sigrid of Thule. El Capitán Trueno had many authors, both illustrators and writers, but two individuals must be mentioned especially, Miguel Ambrosio, nicknamed Ambrós (1913-1992) (illustrations), and Víctor Mora (1931- ) (texts). They were the first. However, the focus of this chapter will not be on this favorite of many generations of Spaniards, but on another popular creator belonging to the aforementioned Golden Age, i.e., on Manuel Gago (1925- 1980), 5 whose major comic strip (to which Capitán Trueno is much indebted) and first character have also been mentioned in a previous paragraph - El Guerrero del Antifaz. The bold and adventurous exploits of El Guerrero were published regularly for around twenty-one years between 1944 and 1966. The whole series consists of 688 different comic books, but, in spite of the large numbers, it is only Gago’s main work, not his complete works at all. The fact is that his followers and admirers can enjoy reading and viewing nearly fifty different series of comic strips, 6 around 26,000 pages, published from 1942 to 1978, all showing the same unmistakable style. 7 This turns 3 In 1946 Gago’s Guerrero enjoyed a weekly run of 800,000 issues. See: Fernando Bernabón, Manuel Gago. Aventuras en el papel. Homenaje al creador de «El Guerrero del Antifaz», Valladolid, 2008, 12; Francisco Tadeo-Juan, Análisis de una obra maldita. El Guerrero del Antifaz, Valencia, 2002, 8. 4 Joan Boix and Ricard Ferrándiz, El Capitán Trueno. El último combate, Barcelona, 2010; Ricard Ferrándiz, Álbum Capitán Trueno. Atlántida, Barcelona, 2011. 5 For more information about his life and career, see Fernando Bernabón, Manuel Gago. Aventuras en el papel. Homenaje al creador de «El Guerrero del Antifaz», Valladolid, 2008, 3- 44; Manuel Bayona and Diego Matos, El antifaz del Guerrero, Madrid, 2012, 79-90. 6 To consult his full bibliography, see Fernando Bernabón, Manuel Gago. Aventuras en el papel. Homenaje al creador de «El Guerrero del Antifaz», Valladolid, 2008, 45-47; Manuel Bayona and Diego Matos, El antifaz del Guerrero, Madrid, 2012, 99-103. 7 A style marked by its movement, dynamism, beautiful simplicity, focus on the figures rather than the backgrounds, imaginary and extreme originality. See Manuel Bayona and Diego Matos, El antifaz del Guerrero, Madrid, 2012, 104-112. The Treatment of the Character of Merlin 281 Gago into the most outstanding, representative, and prolific writer-drawerartist of comics in the history of this (not so) trivial genre in Spain. 8 2. Manuel Gago’s El Aguilucho Gago’s unique imagination let him place his characters and plots in the most exotic and distant places on earth and in time: the Far West, African jungles, Montezuma and Hernán Cortés’s Mexico, medieval courts and kingdoms of France, England or Spain, ancient Rome, ancient Roman Hispania, the Holy Land during the Crusades, China, India, and the Philippines, science fiction and vampire stories, Caribbean pirates, etc. Among all these fanciful comic books there is one, El Aguilucho, that seems to be a product of not much importance. Its protagonist, young knight Marcel, nicknamed Aguilucho, the Eaglet, takes clearly after his older brother in arms, El Guerrero. This series is also set in the Middle Ages; it displays the same rich array of knightly ideals, and is structured as an unstoppable succession of adventures. Marcel’s pseudonym, Aguilucho, not only refers to his age of twelve when the story starts to develop, but to the child’s noble and brave character. In spite of his many misfortunes and the countless abuses and wrongs that he has to endure, he never gives up until the very moment when all his projects are fulfilled. But, unlike El Guerrero del Antifaz, this series consists of only 68 twelvepage comic books whose first issue, entitled Complot siniestro [Sinister Plot], was published in Valencia in 1959. 9 In other words, it never was as successful as its adult model. However, this Spanish comic, in spite of being so unknown nowadays - a neglect that it does not deserve - can be regarded as a most brilliant, original, and bold artistic product. This chapter will try to prove this claim beyond doubt. 10 8 Gago can also be regarded as the leading representative of the so-called ‘Valencian School‘, located in the Mediterranean city of Valencia. Gago’s Guerrero was published by Editorial Valenciana, and his Aguilucho by Editorial Maga, both Valencian publishing houses. See Manuel Bayona and Diego Matos, El antifaz del Guerrero, Madrid, 2012, 17. 9 Editorial Valenciana published the whole comic strip, El Aguilucho, again in 1981. 10 In spite of this example of neglect, the world of comics is booming in contemporary Spain, as the “Asociación de Autores de Cómic de España” (AACE), www.autores decomics.com, the annual “Salón Internacional del Cómic de Barcelona”, or the catalogue of Ediciones Viñetas - Studio Comics, www.studiocomics.com, indicate. Juan Miguel Zarandona 282 3. An unavoidable source: Harold Foster’s Prince Valiant All these medievalizing, knightly Spanish comic books take after their influential parent example, the master series Prince Valiant whose first writer and illustrator was the Canadian-American Harold Foster (1892-1982), 11 one of the most reputed pioneer creators of the genre of comics, and a great influence afterwards, whose first strips date from 1929. Prince Valiant started its paper life as early as 1937, and it has never seen its publication interrupted thanks to the genius of many other talents who continued the original work and would preserve its style and spirit. 12 As is very well-known, Valiant is a young Viking Prince from the Isle of Thule who lived in the times of King Arthur. 13 He left his native land in order to settle down in England and join the Brotherhood of the Round Table. Eventually, he became the first knight of Camelot clearly surpassing the glories of such knights as Lancelot, Tristan, or Gawain, among others. King Arthur himself got used to entrust him with the most delicate and risky missions, a fact that will make him travel, as the perfect errand knight, to all the continents, even to pre-Columbus America and to pre-Livingstone’s Africa, always doing his best in order to fulfill both the Round Table assignments and his own adventures. But, above all, fully committed to the need to spread the news of the demanding ideals of the Order of Round Table and Camelot. But if Prince Valiant really is a cultural product worthy of attention, it is because it shares in the monumental task of reviving the matter of Britain, or of King Arthur, for contemporary audiences 14 - a phenomenon that had been taking place in Europe from the nineteenth century and that was led, among many others, by the British poet Alfred Tennyson (1809-1892) and 11 As a work of comic art, Prince Valiant stands high and alone because of its high quality and distinctive format. Foster was nearly as good a writer as he was an illustrator, making Prince Valiant a total work of art in both its literary and visual components - a very rare feat for comics. See: Todd H. Goldberg, Introduction to the first edition, 1992, in Brian M. Kane (ed), The Definite Prince Valiant Companion, Seattle, 2009, 11. 12 Harold R. Foster (1892-1982) was the only author of Prince Valiant in the Days of King Arthur from 1937 until 1971. Then he shared authorship, and work, with John Cullen Murphy (1919-2004) until 1980 when he finally left the comic, a publication that continued without his hand, but with the help of very sympathetic disciples always benefiting from his original spirit and creative powers. 13 Todd H. Goldberg, Introduction to the first edition, 1992, in Brian M. Kane (ed), The Definite Prince Valiant Companion, Seattle, 2009, 11. 14 Prince Valiant was the first but the number of comic strips that followed its example is huge and extremely varied. See: Siegrid Schmidt and Peter Meister, “Comics”, in Norris J. Lacy (ed), The New Arthurian Encyclopedia. New York and London, 1996, 97-98; Michael Torregrossa, Camelot 3000 and Beyond: An Annotated Listing of Arthurian Comic Books Published in the United States ca. 1980-1998,[Online] Available at: www.lib. rochester.edu/ camelot/ acpbibs/ comicbib.htm The Treatment of the Character of Merlin 283 the German composer Richard Wagner (1813-1883). 15 The legends associated to King Arthur and his many knights had previously been told in many fashions and genres: chronicle, epic or lyrical poetry, medieval romance, popular legend, dramatic play, etc. Forter’s role was to facilitate its migration to a new format, that of comic strips or comic books - to a format whose destiny was to be granted the privilege of becoming a protagonist of the new, then emerging, contemporary popular culture, consisting of trivial readers’ entertainment and mass consumption. The first translated comic by Harold Foster reached Spain in 1935 in a magazine entitled Aventurero (Nº 1). It was a version in Spanish of his Tarzan, a work that he produced in 1929, eight years before the appearance of Prince Valiant. During the 1950s, only some partial translations of Prince Valiant were published: two very shortlived publications of the American comic in two Spanish magazines: Aventuras Maravillosas (1950), twelve pages only, and Boy (1953), 21 appearances. From 1959 on, different adaptations of the story in the form of juvenile fiction, with many original illustrations, were published and widely read. But it was necessary to wait until 1972 for Spanish readers to have a full translation of the strips published in America until before those years and in its original form. This can clearly be regarded as a late reception. 16 But it did not prevent many Spanish Prince Valiant fanatics to read the original or translations of it into other languages. For example, Manuel Gago, who always declared and confessed his addict’s devotion for Foster and his works, read it long before in French. And it is also true that Gago had his own Tarzan and African jungle story. His first work, published in 1942, was entitled El espíritu de la selva [The Spirit of the Jungle], indeed a tebeo dealing with Tarzan, which had, as its main source of inspiration, Forter’s 1929 visual presentation of the character imagined by British novelist Edgar Rice Burroughs (1875-1950), 17 and using the 1935 translation as likely mediator. 15 Tennyson’s major, influential Arthurian work is the long poem made up of many poems, The Idylls of the King (1834-1885). Wagner’s Arthurian operas were three: Lohengrin (1850), Tristan und Isolde (1865), and Parsifal (1882). 16 For further information see: Salvador Vázquez de Parga, Harord R. Foster. Cuando el cómic es nostalgia, Barcelona, 1983, 97-99, 109-110. 17 Burroughs published his legendary African fiction work Tarzan of the Apes, first in a magazine in 1912, and then as a book in 1914. In coming years he managed to write twenty-five successful sequels of this work. From then the number of sequels by other writers and also in other media, cinematic versions included, is almost impossible to count. Juan Miguel Zarandona 284 4. Valiant (1937- ), Guerrero (1944- ), Trueno (1956- ), and the anxiety of influence Harold Bloom, the master theorist of literature, taught us, first in 1973, and then in 1997, with a second edition of his popular classic work Anxiety of Influence. A Theory of Poetry, that poets in particular, and writers and artists in general, feel anxious when they encounter and confront their precursors. They are hindered in their creative process by the ambiguous relationship they necessarily maintain with precursor poets. In other words, they necessarily tend to produce work that is derivative from existing poetry/ literature, etc., but this is not enough to guarantee their survival into posterity. They must also forge an original vision - resist, and challenge the weight of poetic tradition to make room for their own original vision. This double movement of influence/ no influence of precursor poets is what awakes this sense of anxiety in living poets. This anxiety can be traced very clearly in the aforementioned Spanish comics El Capitán Trueno and El Guerrero del Antifaz. Although both the pair Miguel Ambrosio-Víctor Mora and Manuel Gago never explicitedly acknowledged their clear indebtness with the artistic findings exemplified by Foster’s Prince Valiant, this is an undeniable fact. 18 But, according to Harold Bloom illuminating explanation, they not only followed their precursors, they also wanted to gain access to the realm of posterity. Consequently, their ‘anxiety‘ made them depart greatly from them and strive to introduce their own original genius. First of all, from a macrotextual point of view, the writers and illustrators of the Spanish heirs of Prince Valiant of Thule learned the technique of modern comic making, developed in America, from their source: the harmonization and complementarity of text and illustration to begin with. 19 They also benefited form its modern vision of a totally legendary, romanti- 18 Only in 2006, Víctor Mora - protagonist of the 50th Anniversary of the first publication of El Capitán Trueno- clearly acknowledged that he had Camelot in mind when producing his Capitán Trueno. It was in a preface to a new comprehensive edition of the comic strip. However, he still did not mention Harold Foster or his Prince Valient, but the matter in general: “En 1956 salió de mi máquina de escribir el primer guion de El Capitán Trueno… se movería por una Edad Media hacia la que me habían atraído irresistiblemente los maravillosos relatos del ciclo artúrico. En efecto, los caballeros de Tabla Redonda, el rey Arturo y la reina Ginebra, el mago Merlín y los demás personajes apasionantes que evolucionaban entre Camelot y Tintagel, o por la mítica floresta de Brocelianda, me habían acompañado durante la infancia y la adolescencia.” See: Víctor Mora, “El largo cabalgar de El Capitán Trueno”, in Víctor Mora and Manuel Ambrosio, ’Ambrós‘: El Capitán Trueno, Vol. 1. Barcelona 2006, ii. It seems that Mora first read Prince Valiant in France where his family had to exile during the Spanish Civil War (1936-1939). 19 Armonía Rodríguez, El gran libro de El Capitán Trueno. 50º aniversario, Prólogo de Víctor Mora, Barcelona, 2006, 18. The Treatment of the Character of Merlin 285 cized, and anachronical Middle Ages (no time limits). And last but not least, they enthusiastically copied Harold Foster’s unconquerable devotion to continuous action and an unstoppable succession of adventures. This way, the three heroes became a kind of historical globetrotters (no space limits). Valiant, for example, travels to Africa and North America, much before Columbus did. In his wake, Trueno follows his trajectory and wanders around the five continents, besides Europe: North and South America, Africa, Asia and Australasia. Guerrero is a very impulsive traveler as well. If we descend to a microtextual level, neither Capitán Trueno nor Guerrero del Antifaz tells the story of King Arthur or the Round Table, even as a sub-plot. Why exactly? Very likely, because this was not a very Spanish or Hispanic subject matter. They wanted to offer, or had to because of their anxiety, a totally national product. However, they did rewrite, adapt, imitate, appropriate, or, above all, intertextualize, among other reception phenomena, the Arthurian characters, plots, and motifs. The wish, or obligation, 20 to create national Spanish heroes did not prevent them from copying the situations, dialogues and the very drawings of the American original, which constitutes a unique collection of brilliant intertextualities. Examples abound. To mention just one, both Trueno 21 and Guerrero 22 fall down a deep well where they encounter a giant octopus which they must confront and kill with a terrible risk to their lives. This is exactly what happened to Valiant, 23 as its fans well know. But, as far as Arthurian names and motifs are concerned, Trueno’s wise counselor is named Morgano, but his looks, behavior, and wisdom are very Merlinesque with a bit of Leonardo da Vinci’s inventions. 24 As aforementioned, Trueno’s lady is a young Viking princess named Sigrid who comes from the Isle of Thule. Valiant was an exiled prince from Thule as well. Additionally, Sigrid is never a passive lady, but a very determined and adventurous woman herself as well. The similarities with Valiant’s Aleta are many. Another female character related to Trueno is Kundra, a woman who experiences almost the same conversion from evil to goodness that Wagner’s Kundry showed. Her looks and manners are very Wagnerian too, i.e., a helmeted Walkiria-like female warrior. There is also one Isolda who plays a secondary role in Trueno’s adventures. 20 For official Franco ist censorship of the time, only fully Spanish subject matters were acceptable. See: Armonía Rodríguez, El gran libro de El Capitán Trueno. 50º aniversario, Prólogo de Víctor Mora, Barcelona, 2006, 20. 21 Read carefully: Víctor Mora and Manuel Ambrosio, ‘Ambrós’: El Capitán Trueno, 18 vols. Barcelona, 2006. 22 Read carefully: Manuel Gago, El Guerrero del Antifaz, 34 vols. Barcelona, 2002. 23 Read carefully: Harold R. Foster, Príncipe Valiente (1937-1971), 8 vols. Barcelona, 1992. 24 Armonía Rodríguez, El gran libro de El Capitán Trueno. 50º aniversario, Prólogo de Víctor Mora, Barcelona, 2006, 29. Juan Miguel Zarandona 286 Manuel Gago’s El Guerrero del Antifaz, set in 15 th century Spain, at the end of the Reconquista or reconquering of the Iberian Peninsula from the Moors, is also marked by the same anxiety of influence and intertextual processes. To begin with, the Spanish artist copied the same love triangle of the Arthurian legend and applies it to his own Spanish characters: Arthur becomes El Guerrero, Guinevere will be Ana María, and Lancelot can be clearly compared to Don Luis. Another story is led by a female character named Ikolda who here requires assistance from Guerrero to save a powerful Chalice or Grail that heals illnesses and brings happiness. Finally, the scenes that depict the meeting of Guerrero and Ana María with Catholic Queen Isabella of Castile and King Ferdinand of Aragon seated in their royal thrones of a united Spain resemble very clearly those showing the royal audience in Camelot between Valiant and Aleta, and Arthur and Guinevere. 25 Finally, Guerrero, whose secret real name is Adolfo de Moncada, must hide his face to protect his life - this is a story full of feelings of revenge -, anxiously follows/ departs from its sources in the fact that most fighting is against Spanish Muslims rather than against Saxons or Picts. 5. Spanish Arthuriana and the treatment of its sources During the long period of time ranging from the 14th to the 16th centuries, a literary fashion dominated much of the Iberian imagination, both in Spain and Portugal. It was the golden age of a genre named “novelas de caballerías,“ or “romances of knighthood,“ 26 whose prototypical example was knight Amadis of Gaula, and whose genial parodical closure was knight Don Quixote of La Mancha (1605-1615). 27 It has been demonstrated that there was a primitive but now lost version of the Amadís de Gaula composed ca. 1340. But what has reached us was a revised, both enlarged/ shortened version of it made by Garci Rodríguez de Montalvo (ca. 1450 - ca. 1505) and published in 1508. Curiously enough, the Amadis has been termed “the major contribution in Spanish to Arthurian literature.” However, apparently there is almost nothing Arthurian in it. What really happens is that the Spanish text is an imitation and an original adaptation and/ or appropriation 28 of Arthurian motifs and characters from 25 As Prince Valiant started his long artistic history as a popular comic with the phrase “In the days of King Arthur”, similarly, El Guerrero del Antifaz’s first vignette states that the story will take place during the reign of the Catholic King and Queen of Spain [durante el reinado de los Reyes Católicos], that is, Ferdinand and Isabella. 26 For further reading: José Manuel Lucía Megías, De los libros de caballerías manuscritos al Quijote, Madrid, 2004. 27 See: Carlos Alvar, “Los libros de caballerías y Don Quijote”, in El Quijote: letras, armas, vida, Madrid, 2009, 59-71. 28 Julie Sanders, Adaptation and Appropriation, London and New York, 2006, 15-41. The Treatment of the Character of Merlin 287 medieval French sources: The Vulgate (The Prose Lancelot) 29 and the Prose Tristan, 30 to create a new, unified story. The Matter of Britain was known, imitated and adapted from the very beginning in Spain and it arrived through the Way of Saint James and the poetry of the troubadours. But Amadís, the central character, not only coincides (imitates/ adapts/ appropriates) very frequently with the characters of Lancelot and Tristan, but symbolizes many other features of the Spanish national soul. The general plot also presents marked correspondences and differences. In other words, Amadís nationalized the matter for the Spanish readers of that age. This is a very dramatic example of Bloom’s “anxiety of influence.” 20th-century Prince Valiant (1937- ), earliest major comic work on an Arthurian theme and the most famous, is also known as the Vulgate for the world of comics. Consequently, it can be claimed that the same relation can be found between Lancelot/ Tristan and Amadís, as between Valiant and Trueno/ Guerrero. Spain has not ever produced a full comic book dealing directly with the Matter of Britain. As our anxious ancestors did during the Middle Ages and after, the artists have just imitated, used, i.e., nationalized their sources. This is a very curious phenomenon: a surprisingly enduring approach, or productive practice, i.e., the same indirect importation of the matter of Britain in Spain, be it a ‘novela de caballerías’ or a comic book. The way Spanish Arthuriana treats its sources, from medieval romances to modern-day comic books, seems to be a very enduring old phenomenon that repeats itself many centuries later. 6. El Aguilucho, an exceptional case study As we stated before, the Aguilucho comic strip is an exceptional work. First of all, it can be studied from the point of view of it being an astonishing, melting-pot combination of many sources or precursor texts and characters for full entertainment’s sake. Marcel, the Aguilucho, is the 12-year son of the Duke of Frisal, a nobleman whose feudal territory has been usurped by his traitorous half-brother. Miraculously, the young boy escapes from being killed by his perfidious uncle, which marks the beginning of his many adventures and deeds of knighthood all over the world where he encounters, for example, the following individuals and peculiar creatures: 29 The Vulgate Cycle (ca. 1215-1235), also called the Lancelot-Grail Cycle, was the monumental prose compilation of the Arthurian story, or the matter of Britain, from the early Grail history to the death of Arthur, that took place in medieval France. See: Carlos Alvar, De los caballeros del Temple al Santo Grial, Madrid, 2010, 111-124. 30 The Prose Tristan (1250) was a huge prose medieval French retelling of the Tristan story that fully integrated it in the Arthurian cycle. See: Carlos Alvar, De los caballeros del Temple al Santo Grial, Madrid, 2010, 125-130. Juan Miguel Zarandona 288 Dardo, valiant and protector leader of a group of men who lives and takes refuge in the woods, their kingdom. The model of Robin Hood is quite evident. Richard Lionheart, who also takes Aguilucho under his protection during the times of the Crusades in the Holy Land. 31 Saladino also features in this comic strip. The links with Walter Scott’s Ivanhoe (1820) and The Talisman (1825) are also very evident. During the 19th and 20th centuries, Scott was one of the most translated and popular authors in Spain. Richard himself knights young Marcel in a ceremonial vignette that resembles the moment King Arthur knighted Valiant very much. 32 A killer, a usurping, devilish uncle who clearly takes after some Shakespearean characters from, say, As You Like It, Hamlet, or, above all, Richard III, killer of his nephews. A mysterious evil character who dresses up like a bat, named Murciélago, that is, ‘bat‘ in Spanish. His likes and external appearances are just the same as those of Batman, the comic superhero. Provided with the same black disguise (mask and cape), he flies as Batman does, but what the latter did not dare to do was to join and lead a group of bloody Vikings against Aguilucho and his friends and comrades in arms. Curiously enough, Murciélago is frequently mistakenly identified with a “vampire.” 33 What Gago did here, i.e., such bold, hybrid crossovers between different fiction heroes and genres, as early as 1959, was to be promoted as the utmost novelty many years after when the same Batman is made to join the Round Table and become a knight. 34 Touches of fantasy and science-fiction popular genres by means of the appearance of all kinds of huge, wild, menacing animal and non-animal creatures such as giant ants, 35 giant bats, 36 giant turtles, 37 giant sharks, 38 giant bears, 39 dinosaur-like monsters, 40 a giant boar, 41 half-human monkey men, 42 scary bird-headed (wo)men. 43 However, the most horrible threat is that 31 Manuel Gago, El Aguilucho, Vols. 14, 49-50, Valencia ca. 1959-1961, 1-10. 32 Manuel Gago, El Aguilucho. Vol. 50, Valencia ca. 1959-1961, 6. 33 Manuel Gago, El Aguilucho. Vols. 59-64, 67-68, Valencia ca. 1959-1961, 1-10. 34 Bob Layton and Dick Giordano, Batman Dark Knight of the Round Table, Book one, New York, 1999; Bob Layton and Dick Giordano, Batman Dark Knight of the Round Table, Book two, New York, 1999. 35 Manuel Gago, El Aguilucho, Vol. 7, Valencia ca. 1959-1961, 7-9. 36 Manuel Gago, El Aguilucho, Vol. 10, Valencia ca. 1959-1961, 1-6. 37 Manuel Gago, El Aguilucho, Vol. 23, Valencia ca. 1959-1961, 3. 38 Manuel Gago, El Aguilucho, Vol. 58, Valencia ca. 1959-1961, 5-6. 39 Manuel Gago, El Aguilucho, Vol. 66, Valencia ca. 1959-1961, 1-4. 40 Manuel Gago, El Aguilucho, Vol. 51, Valencia ca. 1959-1961, 6. 41 Manuel Gago, El Aguilucho, Vol. 27, Valencia ca. 1959-1961, 2. 42 Manuel Gago, El Aguilucho, Vol. 8, Valencia ca. 1959-1961, 7-9. 43 Manuel Gago, El Aguilucho, Vol. 19, Valencia ca. 1959-1961, 4-6. The Treatment of the Character of Merlin 289 posed by a menacing dragon with two heads, and very long tails, wings, tongue, teeth and arms/ legs. 44 The story also abounds in fantasy when the characters are haunted by ghosts and demons, and a thrilling being called La Sombra, the Shadow. 45 The African jungle and its inhabitants are also very present. In other words, a Tarzan-like environment next to medieval crusader stories: crocodiles, giraffes, elephants, lions, King Kong-like gorillas, leopards, and anthropophagite natives. 46 However, no matter how must surprising, rich, and appealing these intertextual connections may be, the fact is that neither the subject matter nor the characters are Spanish, which was against one of the most outstanding and constant trends in the Spanish tebeo. Not a single companion of Aguilucho’s comes from the Iberian Peninsula, and this is very unusual. But there is something that makes it even more unusual: direct Arthurian motifs and characters. Two are the most important examples: the exemplary knight named Sir Arthur El Batallador (not King Arthur) who is introduced to the comic readers as a knight of the Round Table. 47 His problem is that, while making war against the infidels in the Holy Land, Lady Augusta, his wife, is under the evil influence of Count Bramor who loves her and wants Arthur dead. Although there is no adultery, this love triangle also resembles that of Arthur-Guinevere-Lancelot very clearly. There is also one vignette depicting Arthur holding a cup that could very well be the Holy Grail. 48 And last but not least, we have Merlin himself as a character in El Aguilucho. 49 At the beginning of the story, in the first two volumes, from the very first vignette, we see the Duke of Frisal, Marcel’s father, placing the child under the protection of two masters, the huge Brazos (Arms), who is a very Guerrero-like figure, and the wise Merlin with his prototypical old age and long white beard. Arms and letters together, Brazos’s mission is to teach his pupil how to become a noble knight. Merlin is to instruct him in the deep secrets of knowledge, just as he did with Arthur Pendragon before. From the first lessons, the old man shows his student that intelligence can be more powerful than fury and strength. And that books can be more useful than swords. 44 Manuel Gago, El Aguilucho, Vol. 18, Valencia ca. 1959-1961, 1-5. 45 Manuel Gago, El Aguilucho. Vols. 16, 28, Valencia ca. 1959-1961, 1-10. 46 Manuel Gago, El Aguilucho. Vol. 52, Valencia ca. 1959-1961, 1-10. Manuel Gago, El Aguilucho, Vol. 53, Valencia ca. 1959-1961, 1-10. Manuel Gago, El Aguilucho, Vol. 54, Valencia ca. 1959-1961, 1-10. Manuel Gago, El Aguilucho, Vol. 55. Valencia ca. 1959- 1961, 1-10. 47 Manuel Gago, El Aguilucho, Vols. 24-41, Valencia ca. 1959-1961, 1-10. 48 Manuel Gago, El Aguilucho, Vol. 41, Valencia ca. 1959-1961, 8. 49 Manuel Gago, El Aguilucho, Vol. 1. Valencia ca. 1959-1961, 1-5; Manuel Gago, El Aguilucho, Vol. 2, Valencia ca. 1959-1961, 1-2. Juan Miguel Zarandona 290 Unfortunately, the academic period does not last much. Merlin loses his life when bravely and generously protecting Aguilucho from the killers sent by his uncle. The child saves his life and starts his wandering thanks to his wise mentor, which is good for entertainment and for the comic readers, but the story loses the great advantage of having Merlin as a character from then on. 7. Conclusions In this chapter I have tried to prove and document the claim that many of the leading figures, as well as their most representative works of the Spanish best comic tradition, are clearly indebted to Harold Foster’s classic model of what a comic strip had to be. In other words, both El guerrero del Antifaz and El Capitán Trueno were beyond doubt indebted to Prince Valiant. However, it was also true that, because of personal, artistic, and socio-historical preferences and constraints, this is something that was never done or acknowledged openly. Factors such as an effort to distance themselves from their sources (extreme examples of the Bloom’s’ anxiety of influence’), prevailing political censorship, or an uncompromising nationalistic mood explain this phenomenon. My argument is also supported by the phenomenon of the nationalization of the matter of Britain that took place in the Iberian Peninsula during the final centuries of the Middle Ages and the Renaissance, being Amadís de Gaula its more outstanding and popular example. What happened many centuries ago, repeated itself again during the 20 th century and in the Spanish world of comics or tebeos, which is really very surprising as well a fascinating object of comparative study. This is the reason why something not as extraordinary as having Merlin as a character, or another character named Arthur El Batallador, knight of the Round Table in El Aguilucho comic strip, indeed is very unique. It is because they are unique appearances of characters and motifs taken directly from the Arthurian legends. And not to acknowledge this uniqueness would be a misleading approach when evaluating this supposedly minor, almost forgotten Spanish comic product by Manuel Gago. The world history of Arthurian comics must also take into account some Spanish examples that have dealt with the matter as it is, rather than hiding or modifying it beyond easy recognition. Finally, what has been disclosed here must not lead to the wrong conclusion that the job is finished. Aguilucho’s uniqueness cannot be so unique. It is impossible. The entire canon of 20 th century classical Spanish comics is not only immense, but not very well known. There are still many neglected, forgotten texts that are surely and impatiently waiting for somebody to dis- The Treatment of the Character of Merlin 291 close and examine their surprises, Arthuriana included. The search has just started. Bibliographical References Carlos Alvar, “Los libros de caballerías y Don Quijote”, in El Quijote: letras, armas, vida, Madrid, 2009, 59-71. Carlos Alvar, De los caballeros del Temple al Santo Grial, Madrid, 2010. Antonio Altarriba, La España del tebeo. La historieta española de 1940 a 2000, Pozuelo de Alarcón, Madrid, 2001. Manuel Bayona and Diego Matos, El antifaz del Guerrero, Madrid, 2012. Fernando Bernabón, Manuel Gago. Aventuras en el papel. Homenaje al creador de «El Guerrero del Antifaz», Valladolid, 2008. Joan Boix and Ricard Ferrándiz, El Capitán Trueno. El último combate, Barcelona, 2010. Harold Bloom, Anxiety of Influence. A Theory of Poetry, Second edition, New York, 1997 (1973). Ricard Ferrándiz, Álbum Capitán Trueno. 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Francisco Tadeo-Juan, Análisis de una obra maldita. El Guerrero del Antifaz, Valencia, 2002. Salvador Vázquez de Parga, Harold R. Foster, cuando el cómic es nostalgia, Barcelona, 1983. Amira Žmiri Bilder aus dem bosnischen Leben in Anton Oskar Eugen Klaussmanns Erzählung Mustapha’s Teppich. Erzählung aus Bosnien Die Veröffentlichung von Werken österreichischer und deutscher Autoren mit bosnisch-herzegowinischer Thematik erlebte ihren Höhepunkt im Jahr 1878, als Bosnien-Herzegowina von der Österreichisch-Ungarischen Monarchie okkupiert wurde, aber auch im Jahr unmittelbar danach. Es handelte sich vor allem um Reiseliteratur, bzw. um Reiseberichte und Reiseführer, weniger vertreten waren Reiseromane. Diese Art Literatur hatte einen politischen Charakter und war zum größten Teil politisch motiviert, was zur Folge hatte, dass deutschsprachige Autoren am häufigsten geographische, historische, militärische und anthropologische Reiseberichte geschrieben haben. Eine kleinere Anzahl der zur Reiseliteratur zählenden Werke befasste sich mit literarischen Themen. 1 Als Beispiele sind Robert Michels Erzählung Die Verhüllte, Franz Joseph von Königsbrun-Schaups Roman Die Bogumilen. Ein bosnischer Roman, und Anton Oskar Eugen Klaussmanns Erzählung (veröffentlicht unter dem Pseudonym Vinko Zori ) Mustapha’s Teppich. Erzählung aus Bosnien 2 zu nennen. Die erwähnten Werke haben eines gemeinsam: Ihre Autoren wollten deutschen und österreichischen Lesern eine neue und unbekannte Lebensweise näherbringen und zugleich einen deutschsprachigen Beitrag “[...]auf der Suche nach neuen Themen und Motiven vor allem aus einer exotischen Welt leisten.” 3 Als Themen und Motive erscheinen nämlich Liebe, Abenteuer, Sehnsucht, Liebesleid, Verbrechen und Tod, was zusammen mit einer melodramatischen und sentimentalen Handlung diese Werke als trivial kennzeichnet. 1 Vgl. Amira Žmiri , “Austrijski i njema ki putopisi o Bosni i Hercegovini do 1941. Godine”, Banja Luka, Besjeda, 2012. 2 Robert Michel, Die Verhüllte, Berlin, Fischer Verlag, 1907; Franz Joseph von Königsbrun-Schaup, Die Bogumilen. Ein bosnischer Roman, München/ Leipzig, Verlegt bei Georg Müller, 1909; Vinko Zori , “Mustapha’s Teppich. Erzählung aus Bosnien“, in Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Stuttgart/ Berlin/ Leipzig 1895, Band 7, S. 76- 100. 3 Tomislav Beki , Jugoslovenski motivi u delima Roberta Mihela, U, Zbornik za slavistik: Matica srpska, 1978, br. 15, S. 159. Amira Žmiri 294 Der deutsche Schriftsteller und Publizist Anton Oskar Eugen Klaussmann 4 wurde am 11. Mai 1851 in Breslau geboren und ist am 26. Oktober 1916 in Berlin gestorben. Klaussmann hat, wie erwähnt, die Erzählung Mustapha’s Teppich unter dem Pseudonym Vinko Zori geschrieben. 5 Er verfasste auch Jugendbücher, Abenteuerromane und Kriminalgeschichten. Die Handlung dieser Werke spielt in Afrika, am Nordpol, in Neu-Guinea oder in der Mandschurei, aber auch in Bosnien, das der Autor als Schauplatz für seine Erzählung Mustapha’s Teppich. Erzählung aus Bosnien gewählt hat. Die Erzählung beginnt mit der Beschreibung des Bazars von Sarajewo, der Hauptstadt Bosniens. Zori beschreibt den Bazar, die Tscharchija , als Ein halbes Hundert krummer, enger Gäßchen, zu beiden Seiten besetzt mit niedrigen, wenig tiefen, hölzernen Verkaufsbuden [...]. 6 Das ist der Ort, an dem vor den Augen der Vorübergehenden verschiedene Handwerker, Kleider- und Pelzhändler, Schneider, Schuster, Kupferschmiede und Teppichweber arbeiten, und wo man auf einem Platz [...] Christen und Mohammedaner, Soldaten und Civilisten, Europäer und Asiaten. 7 treffen kann. Der Autor vervollständigt dieses malerische Bild mit der Erklärung, dass man hier auf der Tscharchija an vier Tagen in der Woche arbeitet, und dass man freitags, samstags und sonntags drei verschiedene Ruhetage feiert, [...] den mohammedanischen, jüdischen und christlichen Ruhetag. 8 und zwar einen nach dem anderen, damit man niemanden in seinen religiösen Gefühlen verletzt. Zori stellt aber sofort fest, dass die Menschen hier doch sehr fleißig sind, und dass sie fast ununterbrochen arbeiten, so dass sie kaum Zeit haben, mit einem Nachbarn Kaffee zu trinken: [...] und die fleißigsten der Arbeiter gönnen sich kaum so viel Zeit zu einem Zwiegespräch, den Nachbar in seinem Dutschan zu besuchen oder in einem der einfachen Cafés ein Täßchen des Braunen, süßen Trankes zu schlürfen. 9 4 Das Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar erwähnt den Autor unter dem_Nachnamen “Klaußmann”. (Thüringisches Hauptstaatsarchiv Weimar Digitales_Archiv. Abruf der Internetseite am 14. April 2012.) 5 Ivan Pederin schreibt in seinem Beitrag, dass der Autor vielleicht auch das Pseudonym Ivan Novi benutzt hat. Vgl. Ivan Pederin: Balkanski okvir slike Slovenaca iHrvata u austrijskom i njema kom zavi ajnom romanu. U: Slavisti na revija. asopis za jezikonslovje in literarne vede, letnik 36, Slavisti no društvo Slovenije, Založba obzorja Maribor, Ljubljana, 1988, št. 3, S. 283-291, hier S. 289.) 6 Vinko Zori , „Mustapha’s Teppich. Erzählung aus Bosnien“, in Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Stuttgart/ Berlin/ Leipzig, 1895, Band 7, S. 76-100. 7 Ebd. 8 Ebd., S. 77. Bilder aus dem bosnischen Leben 295 Man muss hier darauf hinweisen, dass Kaffee für die Einwohner Bosniens einen der größten Genüsse darstellt und Kaffeetrinken zu einer ihrer Lieblingsgewohnheiten gehört. Ivan Pederin schreibt in seinem Beitrag (vgl. Fn. 5) im Hinblick auf diese Erzählung, dass sofort in der Einführung, durch das Verfahren der Partialisierung der Wirklichkeitsschilderung, die für die Trivialliteratur typisch ist, ein Bild vermittelt wird, als sei Sarajevo nur für Touristen da. 10 Dargestellt wird ein ruhiges, buntes Leben, ohne Streitigkeiten, ohne Neid oder Eifersucht, in dem die alltägliche Realität eines ganz gewöhnlichen Lebens gar nicht existiert. Auf Grund einer solchen Beschreibung des Bazars am Anfang der Geschichte, der dargestellt wird, als ob er das Zentrum aller wichtigen Ereignisse in der bosnischen Hauptstadt wäre und wo eine perfekte Ordnung herrscht, bekommt man wirklich den Eindruck eines idyllischen, märchenhaften Lebens, in dessen Umgebung ein Fremder gar nichts Schlechtes erwarten könnte. Dann führt der Autor den Teppichweber Mustapha Bali in die Handlung ein: Der fleißigsten einer aber ist Mustapha Bali , der Teppichweber. Maschallach! Welch’ ein Arbeiter das! 11 Mustapha ist eigentlich ein armer junger Moslem, der [...] sich mühsam seinen Lebensunterhalt erwirbt. 12 Er lebt mit seiner jungen Frau, Emina, einer bosnischen Schönheit , in einem Häuschen mit einem kleinen Garten, und das ist alles, was er besitzt. Emina ist [...] eine Perle, ein kostbares Gut, wie es der Sultan in Istambul in seinem Harem nicht besitzt [...]. 13 In einem starken Gegensatz zu Mustapha schildert der Autor Jussuf, einen alten, würdigen, reichen aber auch listigen Kaufmann, der dazu noch ein frommer Moslem ist. In diesen Figurenbeschreibungen hat Zori gleich am Anfang der Geschichte noch einmal die für die Trivialliteratur typischen sprachlich-stilistischen Elemente verwendet. Bei der Beschreibung von Eminas Schönheit benutzt er stereotype Wendungen, wie Perle, vollerblühte Schönheit, ein Schatz, ein kostbares Gut. 14 9 Ebd. 10 Vgl. Pederin, S. 289. 11 Vino Zori , Mustapha’s Teppich. Erzählung aus Bosnien. In, Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens. Stuttgart/ Berlin/ Leipzig, 1895, Band 7, S. 77. 12 Ebd. 13 Ebd., S. 78. 14 Ebd. Amira Žmiri 296 so dass man von einer Banalität der Wortwahl sprechen kann. Bemerkenswert ist auch eine Schwarz-Weiß-Darstellung, wobei Jussuf alt, würdig und reich ist, und Mustapha jung und arm, was von einer Typisierung und Kontrastierung der Personen zeugt. Jussuf ist ein reicher, schlauer Kaufmann, der glaubt, dass er wegen seines großen Vermögens, trotz seines Alters, noch immer Erfolg bei Frauen haben könnte. Genau zu diesem Zweck benutzt er sein Geld, indem er Frauen mit kostbarer Seide beschenkt. Der Autor beschreibt auch, als Gegenbild zur schönen, jungen und unschuldigen Emina, die alte hässliche Hexe, Tifia, vor der man nur Grauen empfinden kann. Tifia ist ein ein altes Weib , das gut weiß, wie man mit verschiedenen Zaubermitteln Eifersucht erwecken oder vertreiben kann. Eine kurze Bemerkung des Autors, dass man von der Frau eines Moslems nicht reden sollte, weil man hier in Bosnien solche Gespräche für [...] unpassend, ja beleidigend [...] 15 hält, zeigt, dass Zori bestimmte Kenntnisse über das familiäre Leben der bosnischen Moslems hatte. Ein Moslem erlaubt nämlich seiner Frau nie, mit einem anderen Mann zu sprechen und er selbst spricht auch nie über seine Frau mit anderen Männern. Der Autor beschreibt weiter in der Erzählung, dass Mustapha unmittelbar nach seiner Heirat mit Emina anfing, eine große Eifersucht zu empfinden, und zwar aus Angst, seine junge Frau verlieren zu können. Der junge Mann versucht vergeblich, seine Gedanken durch Arbeit auf ein anderes Thema zu lenken; immer wieder kehren sie zurück. Wenn aber, gleich Wolken vor der Sonne, finstere Schatten auf seinem Gesichte erschienen, wenn er die Lippen aufeinander preßte, und sein Athem rascher und lauter ging, dann hatte ihn der Dämon der Eifersucht gepackt, und Mustapha dachte daran, wieviel Verlockungen ein junges, schönes Weib ausgesetzt sei durch die klatschenden Zuträgerinnen, die alten Hanums, die von einem Harem zum anderen zogen. 16 Am Anfang empfindet Emina die Eifersucht ihres Mannes als eine Ehre, und sogar als Bestätigung seiner Liebe. Sie denkt, dass [n]ur Männer, die ihre Frauen sehr lieb haben [...] 17 so eifersüchtig sind. Mit der Zeit begreift aber Emina, dass diese Eifersucht eine Gefahr für ihr Glück bedeuten könnte. Der weitere Verlauf der Erzählung zeigt, dass ihre Angst gerechtfertigt war, weil Mustapha seiner Frau jeden Umgang verbietet und er schon argwöhnisch wird, wenn sie auf die Straße geht, [...] trotzdem sie nicht nur einen dichten Schleier, sondern auch noch eine starke schwarze Halbmaske vor dem Gesicht trug. 18 15 Ebd. 16 Ebd., S. 82. 17 Ebd., S. 84. Bilder aus dem bosnischen Leben 297 Von seinen Gefühlen verleitet, beginnt Mustapha über ein Stück Stoff nachzudenken, ein Stück schwerer Seide, die er bei Jussuf, seinem Nachbarn gesehen hat, und er fragt sich, wozu jener, der schon seit langer Zeit Witwer ist, so etwas braucht, da dieser Stoff nur ein Geschenk für eine Frau sein könne. Er entscheidet sich nach Hause zu gehen, um zu sehen, was seine Frau macht. Zu Hause findet er Emina, aber auch ein Stück Seide, wie sie ihm Jussuf einmal gezeigt hatte: Solchen Goldstoff hatte der Nachbar Jussuf höhnisch lächelnd vor einigen Tagen Mustapha gezeigt. 19 Ohne Emina zu glauben, dass sie nicht wisse, wie dieser Teufelsstoff in ihr Haus gekommen sei, wirft Mustapha sie aus dem Haus mit den Worten: Ich trenne mich von Dir, Du Verworfene, Du bist meine Frau nicht mehr! 20 Der Autor erklärt, dass diese in Arabisch ausgesprochenen Worte bedeuteten, dass damit im Islam die Scheidung rechtlich vollzogen wurde. Emina geht nach Hause, zu ihrem Vater, der wütend von seinen Söhnen verlangt, die verletzte Ehre ihrer Schwester zu rächen. Am nächsten Morgen gesteht Tifia, die alte Hexe, die als Häßlich, runzlich, zahnlos, heiser und schmutzig, also das Urbild einer Hexe [...] 21 beschrieben wird, Mustapha, dass sie dieses Stück Seide in seinem Haus verborgen habe, weil Mustaphas Nachbarin, Raifa, sie dazu veranlasst habe: Raifa hat ein Auge auf Euch geworfen und begehrt Euch zum Mann. 22 Sie habe erwartet, dass Mustapha seine Frau Emina verstoßen und sie danach heiraten würde. Mustapha begreift, welch einen Fehler er begangen hat. Er geht zum Haus von Eminas Vater, um seine Frau um Entschuldigung zu bitten. Emina verzeiht ihm alles, und die Erzählung hat ein glückliches Ende. Der Autor knüpft mit dieser Erzählung an eine lange Tradition in Bosnien an, in welcher die Frauen abgewertet wurden. Die Rolle der Frau, die Ehe und die Liebe werden auf diese Art und Weise trivialisiert. Man bemerkt sofort, dass hier eine naiv erzählte Geschichte mit einem einfachen, leicht überschaubaren Handlungsaufbau vorliegt. Es ist eine triviale Erzählung von Liebe und Ehe, Intrige und zuletzt Happy End. Pederin schreibt in seinem Beitrag, dass diese Erzählung eine triviale Form des Heimatromans mit bosnischer Thematik sei. 23 Und tatsächlich ist festzustellen, 18 Vinko Zori , Mustapha’sTeppich. Erzählung aus Bosnien, S. 84. 19 Ebd., S. 90. 20 Ebd., S. 93. 21 Ebd., S. 86. 22 Ebd., S. 97. 23 Vgl. Pederin, S. 289. Amira Žmiri 298 dass man sich in dieser Erzählung in klischeehafter Weise mit gesellschaftlichen Naturformen des Lebens befasst, wobei man den Eindruck bekommt, dass die ganze Geschichte als Unterhaltungsstoff dient, mit dem Ziel, dem deutschem Lesepublikum zu zeigen, dass es noch immer eine andere Lebensweise, weit entfernt von der Zivilisation Westeuropas, gibt. Das entspricht eigentlich insgesamt der Definition von Trivialliteratur als [...] literarische Schriften, die inhaltlich oder sprachlich-stilistisch als’ minderwertig’ gelten, meist Werke, in denen immer wieder dieselben Themen (Liebe, Abenteuer, Krieg, Heimat, Science Fiction) in ‘abgedroschener’, d. h. klischeehafter Weise abgehandelt werden. 24 Demselben Schema einer trivialen Geschichte folgt der Autor bei der Vorstellung der Personen. In starkem Kontrast zu den zwei guten, jungen und schönen Personen stehen Hanums , Frauen, die Liebesbriefe und heimliche Botschaften von Haus zu Haus bringen: [...] sie brachten von reichen Männern Geschenke, denn mit Geschenken ist das Herz der Orientalinnen und insbesondere der Haremsfrauen am leichtesten zu gewinnen. 25 Inhaltliche Merkmale der Trivialliteratur kommen in dieser Erzählung stark zum Ausdruck. Zori schildert einen Liebeskonflikt mit einem glücklichen Ende und findet die Ursachen für diesen Konflikt im Motiv der Eifersucht, die, so könnte es dem Leser erscheinen, der Autor als etwas ansieht, das in Bosnien ganz normal und gewöhnlich ist. Der Autor beschreibt auch andere Situationen, die dem deutschen Leser helfen sollten, dieses Land und dessen Einwohner besser zu verstehen. Im Mittelpunkt steht allerdings die Intention des Autors, den bosnischen Menschen als ziemlich primitiv und abergläubisch darzustellen. Eine der Eigenschaften dieses Volkes ist, dass man hier an Hexen, Zaubermittel und -kräfte glaubt: Mit solchen Zaubermitteln konnte man Alles erreichen: Eifersucht vertreiben und erwecken, Liebe hervorrufen und verschwinden machen. 26 Obwohl der Koran solche Zauberei streng verbietet, bemerkt der Autor, dass die alten Hanums für ein paar Silberstücke oder ein Kleidungsstück bereit waren, den Zauber anzuwenden. Zori , als Vertreter einer anderen Zivilisation, schildert in seiner Erzählung ein Volk, das sich auf einer ganz niederen Stufe der zivilisatorischen Entwicklung befindet und das gar nichts unternehmen möchte, um die bestehenden Verhältnisse zu ändern. Pederin schreibt, dass 24 Günther und Irmgard Schweikle (Hrsg.),Metzler Literatur Lexikon Begriffe und Definitionen, Stuttgart, Metzlerische Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag, 1990, S. 473. 25 Vinko Zori , Mustapha’s Teppich. Erzählung aus Bosnien. S. 82. 26 Vinko Zori , Mustapha’s Teppich. Erzählung aus Bosnien. S. 85. Bilder aus dem bosnischen Leben 299 [...] die deutsche Ausbildung und damit verbundene Superiorität in dieser Erzählung gar keine Rolle spielt. 27 Aus allem bisher Erwähnten könnte man schließen, dass diese Behauptung nicht zutreffend ist, weil Zori doch auf bestimmte Unterschiede zwischen der östlichen und westlichen Zivilisation aufmerksam macht. Dabei muss man gestehen, dass er weder Hass noch Abneigung gegenüber den bosnischen Menschen ausgedrückt hat, aber er hat auch keine Modernisierung der alten Lebensweise verlangt. Bosnien wird als ein märchenhaftes, man könnte auch sagen, ein exotisches Land geschildert, wohin ein deutscher Tourist reisen sollte, wenn er etwas Neues und Merkwürdiges erleben möchte. In diesem Kontext beschreibt Zori mit viel Humor Tifia, eine der Hexen, an die die hiesige Bevölkerung glaubt. Sie ist seiner Meinung nach so hässlich, dass man eigentlich dem Gebot des Propheten danken sollte, weil er das Tragen des Schleiers auf der Straße verordnet hat. Im weiteren Verlauf der Erzählung beschreibt der Autor ausführlich, wie dieses Ritual aussah, mit dessen Hilfe Mustaphas Eifersucht vertrieben werden sollte: In dem nur mit einigen Teppichen und zwei Schemeln möblirten Haremszimmer hockten Emina und Tifia am Boden. Vor ihnen stand eine Kohlenpfanne mit glühenden Holzkohlen und eine Metallkanne mit Wasser. Mit Grauen und doch voll Neugier sah Emina dem Treiben Tifi’s zu. Die Alte malte unter beständigem Murmeln etwas auf ein Stückchen weißes Papier und warf dann dieses auf die glühenden Holzkohlen. 28 Nachdem sie alles dreimal wiederholt hat, ist das Ritual beendet. Zori hat hier viel mehr als nur die Beschwörung der Zauberkräfte anschaulich gemacht. Hier werden Klischees über das alltägliche Leben einer moslemischen Frau besonders betont. Die moslemischen Frauen sind nach dieser Beschreibung ungebildet und unterdrückt und müssen die Eheregeln schweigsam akzeptieren. Sie selber haben dabei gar kein Bedürfnis irgend etwas daran zu ändern, weil ihrer Meinung nach die ehelichen Verhältnisse tief im Islam verwurzelt sind. Emina akzeptiert gerade deshalb Mustaphas Wunsch, oder man könnte sagen, Befehl, das Haus nicht oft zu verlassen, [...] trotzdem sie nicht nur einen dichten Schleier, sondern auch noch eine starke schwarze Halbmaske vor dem Gesicht trug. 29 Der Autor beschreibt weiter, dass Esie mina meistens alleine zu Hause sitzt, dass niemand sie besucht: 27 Vgl. Pederin, S. 289. 28 Vinko Zori , Mustapha’s Teppich. Erzählung aus Bosnien, S 86. 29 Vinko Zori , Mustapha’s Teppich. Erzählung aus Bosnien, S. 84. - Amira Žmiri 300 Nicht einmal eine von den Hanums, welche die allerneusten Neuigkeiten gegen Bezahlung oder gute Bewirthung von Harem zu Harem trugen, sollte hin und wieder Emina besuchen. Diesen alten Hanum misstraute Mustapha am allermeisten. Eine einzige Dienerin hatte Emina, ein elfjähriges Mädchen, die Tochter einer serbischen Wittwe aus der Nachbarschaft. 30 Von dieser Dienerin erwartet Mustapha zu erfahren, was Emina in seiner Abwesenheit gemacht hat. Dafür bekommt das Mädchen von Mustapha kleine Geschenke. Der Autor erklärt Mustaphas und Eminas Verhalten und ihre Reaktionen als Folge der Erziehung und der bestehenden Lebensverhältnisse, die durch den islamischen Glauben vorherbestimmt sind. Ein Hinweis darauf ist auch die in der Erzählung angeführte Tatsache, dass Moslems meistens eine Frau haben, obwohl ihnen erlaubt ist, drei oder sogar vier Nebenfrauen zu heiraten, wenn sie nur reich genug sind [...] um sich diesen sehr kostbaren Luxus zu gestatten. 31 Wieder lässt sich feststellen, dass der Autor diese Tatsache nicht kommentiert oder rechtfertigt, für ihn ist das eine Frage des islamischen Glaubens und der islamischen Tradition. Die ganze bosnische Lebensweise steht für ihn im starken Konstrast zur höher entwickelten deutschen Gesellschaft.Der bosnische Mensch wird durch die Wiederholung von Klischees bloßgestellt, und ihm werden unhinterfragt bestimmte angeborene oder kulturell erworbene Eigenschaften zugeordnet. Fazit Die Erzählung Mustapha’s Teppich. Erzählung in Bosnien leistet einen wichtigen Beitrag zu der Entdeckung einer exotischen’ Welt durch das deutschsprachige Lesepublikum. Das Ziel dieser Erzählung ist es, die Übermacht der westeuropäischen Kultur zu zeigen, obwohl festzustellen ist, dass der Autor nicht direkt die primitive Lebensweise in Bosnien kritisiert hat. Die im Beitrag erwähnten Skizzen des in der Erzählung dargestellten bosnischen Lebens deuten aber gerade darauf hin. Auf Grund der Handlung der Erzählung, in deren Mittelpunkt Themen und Motive wie Liebe, Heimat und Eifersucht stehen, sowie in Bezug auf sprachlich-stilistische Mittel, die Zori benutzt, zählt diese Erzählung zur Trivialliteratur ohne einen größeren literarischen Wert. Die Handlung ist sehr einfach nachzuvollziehen, und um die unterhaltende Wirkung der Geschichte zu erzielen, bedient sich der Autor nur leicht verständlicher Ausdrücke. Er hat auch bosnische Begriffe benutzt, deren Bedeutung er in Anmerkungen erklärt hat. Zudem hat er oft rhetorische Fragen eingeflochten, 30 Ebd., S. 84-85. 31 Ebd., S. 84. Bilder aus dem bosnischen Leben 301 mit denen er eigentlich in erster Linie die Aufmerksamkeit des Lesers wecken wollte. Die Bedeutung dieser Erzählung liegt aber in der Beschreibung einer neuen, ungewöhnlichen und fremden Lebensweise in einem von der Österreichisch-Ungarischen Monarchie okkupierten Land, das damit ein Teil Österreich-Ungarns wurde. Nach der Meinung des Autors ist die Exotik dieses Landes die beste (und vielleicht die einzige) Empfehlung für eine Reise nach Bosnien. Diese Erzählung soll eigentlich die Leserbedürfnisse nach dem Fremden, Unbekannten und zugleich Exotischen befriedigen, weil Bosnien selten das Thema von zur Trivialliteratur zählenden deutschen und österreichischen Werken war. Bibliographische Referenzen Tomislav Beki , Jugoslovenski motivi u delima Roberta Mihela ,U, Zbornik za slavistiku: Matica srpska, 1978, br. 15. Ivan Pederin, Balkanski okvir slike Slovenaca i Hrvata u austrijskom i njema kom zavi ajnom romanu, U, Slavisti na revija. asopis za jezikonslovje in literarne vede, letnik 36, št. 3, Slavisti no društvo Slovenije, Ljubljana, sc Založba obzorja Maribor, 1988, S. 283-291. Günther und Irmgard Schweikle (Hrsg.), Metzler Literatur Lexikon Begriffe und Definitionen, Stuttgart, Metzler und Carl Ernst Poeschel Verlag, 1990. Vinko Zori , “Mustapha s Teppich. Erzählung aus Bosnien“, in Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 7, Stuttgar, Berlin/ Leipzig, 1895, S. 76-100. Amira Žmiri , Austrijski i njema ki putopisi o Bosni i Hercegovini do 1941, Godine, Banja Luka, Besjeda, 2012. Literatur setzt sich aus vielen verschiedenen Texten zusammen - solchen, die zum Literaturkanon gerechnet werden, und solchen, die trotz ihres quantitativen Gewichts am Rande angesiedelt sind, d.h. insbesondere Trivialliteratur, die wir gerade aus literatursoziologischer Sicht nicht ignorieren dürfen. Das Schlagwort ‚trivial‘ fällt leicht, aber es genau zu definieren erweist sich als problematisch. Gab es z.B. Trivialliteratur auch schon in der Vormoderne? Warum entstehen überhaupt triviale Texte? Welche Bedürfnisse befriedigen sie? Welche Gestaltungstechniken werden dort eingesetzt? Was sagt die Trivialliteratur über das Lesepublikum bzw. deren Autoren aus? Diese und weitere Fragen werden von den Beiträgern zu diesem Band kritisch unter die Lupe genommen und anhand von exemplarischen Fällen sorgfältig analysiert. Popular Fiction Studies 1