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Strategisches Lesen lernen für die Rezeption fremdsprachiger Hypertextstrukturen

2012
978-3-8233-7741-2
Gunter Narr Verlag 
Parvaneh Sohrabi

Hypertexte bringen aufgrund ihrer spezifischen Strukturierung zusätzliche Anforderungen für den Lernenden mit sich, die nach Informationszielspezifikation, Informationssuche, Informationsbewertung und Informationsverarbeitung aufgeschlüsselt werden. Ein hohes Maß an Eigenkontrolle ist erforderlich, damit sich der Lernende nicht mit den zwei Hauptproblemen des hypermedialen Lernens, Desorientierung und kognitive Überbelastung, konfrontiert sieht. Zur Bewältigung der erwähnten Anforderungen wird in der Forschungsliteratur vielfach die Metakognition als Schlüsselkompetenz für das Lernen mit Hypertexten postuliert. Der empirische Nachweis hierfür fällt jedoch bislang recht bescheiden aus. Das vorliegende Buch geht daher auf die Frage ein, wie mit Hilfe der metakognitiven Lernstrategien die kognitiven Vorgänge des Lesens fremdsprachiger Hypertexte kontrolliert und damit optimert werden können.

Parvaneh Sohrabi Strategisches Lesen lernen für die Rezeption fremdsprachiger Hypertextstrukturen Strategisches Lesen lernen für die Rezeption fremdsprachiger Hypertextstrukturen Tübinger Beiträge zur Linguistik herausgegeben von Gunter Narr 533 Strategisches Lesen lernen für die Rezeption fremdsprachiger Hypertextstrukturen Parvaneh Sohrabi Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: / / dnb.dnb.de abrufbar. © 2012 · Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt auf säurefreiem und alterungsbeständigem Werkdruckpapier. Internet: http: / / www.narr.de E-Mail: info@narr.de Printed in Germany ISSN 0564-7959 ISBN 978-3-8233-6741-3 „We arrive precisely where we need to arrive because the hand of God always guides those who follow their path with faith“ Paulo Coelho Für meine Eltern VII Danksagung Die vorliegende Arbeit wurde in der Zeit von April 2008 bis November 2010 im Rahmen eines DAAD-Stipendiums nach dem Sandwich-Modell unter der gemeinsamen Betreuung von Herrn Prof. Dr. Nader Haghani (Universität Teheran) und Herrn Prof. Dr. Jörg Roche (Ludwig- Maximilians-Universität München) an der Fakultät für Literatur und Fremdsprachen der Universität Teheran sowie der Universität München angefertigt. Seit Gründung des deutschen Departments an der Universität Teheran vor 60 Jahren, ist diese Doktorarbeit die erste Dissertation, die geschrieben worden ist. Ohne die wertvolle Unterstützung und Mitarbeit einer ganzen Reihe von Personen hätte sie nicht so erfolgreich durchgeführt werden können. Ganz besonders gedankt sei an dieser Stelle: Herrn Prof. Dr. Nader Haghani, Universität Teheran, ohne dessen begeisternde Lehre mein Interesse für die Sprachlehrforschung im virtuellen Lehrraum nie in dieser Form geweckt worden wäre. Er stand mir in jeder Phase der Entstehung dieser Dissertation nicht nur als Ansprechpartner in fachlichen, methodischen sowie terminlichen Nöten zur Verfügung, sondern hat mich zugleich auch mental unterstützt. Herrn Prof. Dr. Jörg Roche, Ludwig-Maximilians-Universität München, für dessen kompetente Beratung wie auch wohlwollende und motivierende Unterstützung, besonders während meines eineinhalbjährigen Promotionsstudiums an der Universität München. Herrn Prof. Dr. David Gybbon (Universität Bielefeld) sowie Herrn Prof. Dr. Christian Schröder (Universität Potsdam) danke ich für die Mitbetreuung der Arbeit sowie die anregende und äußerst konstruktive Kritik an dieser Doktorarbeit. Dem DAAD, der diese Arbeit im Rahmen eines DAAD-Stipendiums nach dem Sandwich-Modell vom 01.04.2008 bis 30.10.2009 gefördert hat. Mein ausdrücklicher Dank gilt an dieser Stelle Frau Carola Seeler, Programm-Koordinatorin, sowie ihren Kolleginnen, die mir immer mit Rat und Tat zur Seite gestanden haben. Dem Zentrum für E-Learning der Universität Teheran für den Upload des Testmaterials auf dem LSM der Universität Teheran sowie dem Forschungszentrum ReCeLLT der Universität, das mir die Genehmigung für die Durchführung der Studie an ihrem Zentrum erteilt hat. VIII Frau Mobasser, Dozentin des deutschen Departments an der Universität Teheran, für die Bekanntmachung mit Studentinnen und Studenten aus ihren Lehrveranstaltungen zwecks Durchführung von empirischen Untersuchungen. Außerdem bedanke ich mich für ihre stets freundliche und motivierende Unterstützung innerhalb und außerhalb des Arbeitskreises. Herrn Dr. Hadadi, Leiter des deutschen Departments, für den reibungslosen administrativen Ablauf in der letzten Phase meines Promotionsstudiums. Herrn Arfa Alavi, Leiter der Sprachkurse im Österreichischen Kultur Forum (ÖKF) in Teheran, sowie Frau Dr. Roya Moghaddam, Referentin für Bildungskooperation am Deutschen Sprachinstitut Teheran (DSIT) für die Bereitstellung von Probanden. Den Studierenden des deutschen Departments der Universität Teheran sowie den Deutschsprachlernern des Österreichischen Kultur Forums (ÖKF) und des Deutschen Sprachinstituts Teheran (DSIT), durch deren bereitwillige Kooperation und Mitarbeit die Durchführung der Untersuchung erfolgreich stattfinden konnte. Frau Nayere Jafarbegloo für die statistische Auswertung der Arbeit. Empirische Arbeiten im Bereich Humanwissenschaften ist in Iran noch Mangelware. Dementsprechend gestaltet sich die statistische Auswertung als eine Herausforderung. Dem Studentinnenwohnheim Aurach, das mir für die Dauer meines Forschungsaufenthalts in München ein Heim und eine Familie gegeben hat. Mein besonderer Dank gilt der Heimleitung sowie Frau Katrin Datene, Frau Brigitte Weber, Frau Caroline Serong sowie Frau Jutta Geiger. Meiner besten Freundin, Frau Dr. Farank Haschemi, für die anregenden Gespräche und der mentalen Unterstützung. Meiner lieben Familie. Intellektuelle Arbeit setzt bekanntlich sowohl finanzielle als auch mentale Unterstützung voraus und beides habe ich von meiner Familie erfahren. Danke für das Durchleben von emotionalen Höhen und Tiefen, die mit viel Liebe geduldig hingenommen worden sind. Parvaneh Sohrabi IX Inhaltsverzeichnis 0 Einleitung .................................................................................................... 1 1 Lese- und Verstehensprozesse bei linearen Texten ................................ 7 1.1 Zur physiologischen Realität der Leseprozesse ............................. 8 1.1.1 Neurobiologische Vorgänge der Leseprozesse ................. 8 1.1.2 Sprachverarbeitung: Von der visuellen Aufnahme bis zur Gehirnfunktion ............................................................. 14 1.2 Modelle des Textverstehens in L1 ................................................. 23 1.2.1 Additiv-elementarer Ansatz .............................................. 24 1.2.2 Holistischer Ansatz ............................................................. 25 1.2.3 Integrativer Ansatz .............................................................. 29 1.3 Lesen als Informationsverarbeitung: Variablen erfolgreichen Lesens ................................................................................................. 32 1.3.1 Lernermerkmale .................................................................. 33 1.3.2 Materialmerkmale ............................................................... 38 1.3.3 Lernaktivitäten .................................................................... 39 1.3.4 Aufgabenmerkmale ............................................................ 40 1.3.5 Modell der guten Informationsverarbeitung .................. 41 1.4 Lese- und Verstehensprozesse bei Hypertexten .......................... 43 1.4.1 Hypertexte: Entstehung und Entwicklung ...................... 44 1.4.2 Zur Definition von Hypertext ........................................... 46 1.4.3 Basiskomponenten von Hypertexten ............................... 49 1.4.4 Kohärenzschaffende Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen .............................................. 54 1.4.5 Nutzungsstrategien bei Hypertexten ............................... 56 1.4.6 Verstehen von Hypertexten: Einflussfaktoren ................ 57 1.4.7 Kohärenzkonstruktionsprobleme bei Hypertexten ........ 61 1.5 Zusammenfassende Diskussion ..................................................... 63 2 Strategien als wichtige Aktanten der Informationsverarbeitung ....... 67 2.1 Zur Rolle kognitiver Strategien beim Lernen ............................... 67 2.1.1 Auf der Suche nach einer Taxonomie .............................. 68 2.1.2 Entstehung und Entwicklung ........................................... 72 2.1.3 Vier Dekaden Lernerstrategieforschung .......................... 75 2.2 Zur Bedeutung metakognitiver Strategien beim Lernen ............ 81 2.2.1 Entstehung und Entwicklung ........................................... 82 2.2.2 Forschungsbefunde im Bereich der traditionellen Lernumgebung .................................................................... 86 X 2.2.3 Forschungsbefunde im Bereich der hypermedialen Lernumgebung .................................................................... 90 2.3 Konzepte zur Leseförderung........................................................... 96 2.3.1 Vier Dekaden Lesetrainings-Modellierung ..................... 99 2.3.2 Konzepte direkter (meta)kognitiver Förderung ............ 101 2.3.3 Indirekte metakognitive (Lese)Trainingskonzepte ....... 106 2.4 Zusammenfassende Diskussion.................................................... 108 3 Designbzw. Instruktionsprinzipien (meta)kognitiver Fördermaßnahmen................................................................................... 111 3.1 Zur effektiven Förderung beim Lesen (fremdsprachiger) (Hyper)Texte ................................................................................... 111 3.1.1 Leitfaden zur Förderung (meta)kognitiver Strategien.. 113 3.1.2 Modelle zur Förderung (meta)kognitiver Strategien .... 117 3.2 Zum Inhalt und Aufbau des „LeseStrategieTrainingsModul“ (LSTM) ............................................................................................. 121 3.2.1 Sensibilisierungsphase ..................................................... 125 3.2.2 Modellierungsphase ......................................................... 126 3.2.3 Übungs- und Transferphase ............................................ 129 3.2.4 Bewertungsphase .............................................................. 130 3.2.5 Feedback und Selbsteinschätzung .................................. 130 3.3 Zusammenfassende Diskussion ................................................... 131 4 Evaluation und Erhebung (meta)kognitiver Fördermaßnahmen ..... 133 4.1 Evaluationsprinzipien und Erhebungsinstrumente .................. 133 4.1.1 Evaluationsmethoden ....................................................... 134 4.1.2 Offline-Erhebungsinstrumente ....................................... 137 4.1.3 Online-Erhebungsinstrumente ........................................ 141 4.2 Inhalt und Aufbau des „LeseKompetenzEvaluationsModuls“ (LKEM) ............................................................................................. 146 4.3 Zusammenfassende Diskussion ................................................... 149 5 Studie 1: Explorative Untersuchung der spontanen Strategieanwendung ............................................................................... 151 5.1 Fragestellungen und Hypothesen ............................................... 151 5.2 Methoden ........................................................................................ 153 5.2.1 Stichprobe, Design, Versuchsablauf und Materialien . 153 5.3 Ergebnisse ....................................................................................... 155 5.3.1 Spontaner Einsatz metakognitiver Strategie- Aktivitäten während des hypertextuellen Lesens ........ 155 5.3.2 Ausmaß der (in) adäquaten Regulation von Lernstrategien .................................................................... 158 5.3.3 Prognose der Lösungsgüte anhand von Aufgaben ...... 159 XI 5.3.4 Metakognitive Strategie-Aktivitäten und Lernerfolg ... 159 5.3.5 Zusammenhang zwischen metakognitiv-strategische Aktivitäten, Motivation und Vorwissen ........................ 160 5.4 Zusammenfassung und Diskussion der Explorationsstudie ... 160 6 Studie 2: Direkte Förderung durch Training ....................................... 163 6.1 Fragestellungen und Hypothesen ............................................... 163 6.2 Methode .......................................................................................... 165 6.2.1 Stichprobe, Design, Versuchsablauf und Materialien ...... 165 6.3 Ergebnisse ....................................................................................... 167 6.3.1 Ausmaß der (in)adäquaten Regulation von Lernstrategien EG vs. KG ................................................ 167 6.3.2 Prognose der Lösungsgüte anhand von Aufgaben ...... 173 6.3.3 Prognose der Lernperformanz (Fakten-, Inferenzwissen) anhand metakognitiver Aktivität ..................... 174 6.3.4 Zusammenhang zwischen metakognitiven Strategie- Aktivitäten, Motivation und Vorwissen ........................ 176 6.3.5 Zur Effektivität der Interventionsmaßnahme ............... 176 6.4 Zusammenfassung und Diskussion der Studie ......................... 178 7 Studie 3: Zur Nachhaltigkeit des Strategietrainings ........................... 181 7.1 Fragestellung und Hypothese ...................................................... 181 7.2 Methoden ........................................................................................ 183 7.2.1 Stichprobe, Design, Versuchsablauf und Materialien... 183 7.3 Ergebnisse ....................................................................................... 184 7.3.1 Metakognitive Strategie-Aktivitäten und Lernerfolg ... 184 7.3.2 Prognose der Lösungsgüte anhand von Aufgaben ...... 190 7.3.3 Prognose der Lernperformanz (Fakten-, Inferenzwissen) anhand metakognitiver Aktivität ..................... 190 7.3.4 Zusammenhang zwischen metakognitiven Strategie- Aktivitäten, Motivation und Vorwissen ........................ 192 7.3.5 Zu den nachhaltigen Effekten der Interventionsmaßnahme .................................................. 193 7.4 Zusammenfassung und Diskussion der Studie ......................... 196 8 Schlussfolgerung ..................................................................................... 199 9 Literaturverzeichnis ................................................................................ 203 XIII Abkürzungsverzeichnis ARPA-NET Advanced Research Project Agency CALLA Cognitive Academic Language Learning Approach CTEF EFL Text Comprehension EFL English as Foreign Language EG Experimentalgruppe ESL English as Second Language ET-RT Explicit Teaching before Reciprocal Teaching G Gruppe GLL Good Language Lerner H Hypothese IP Internet Protocol ITEF Questionnaire Measuring Interest in EFL Text KG Kontrollgruppe KZG Kurzzeitgedächtnis L1 Muttersprache L2 Fremdsprache LD-Protokolle Protokollen des Lauten Denkens LEFT EFL Learner Strategies for Text Comprehension LKEM LeseKompetenzEvaluationsModul LLS Language Learner Strategy LS Lernerstrategien LSS Language Strategies Survey LSTM LeseKompetenzStrategieModul LV Leseverständnis LZG Langzeitgedächtnis M Mittelwert MALQ Metacognitive Awareness Listening Questionnaire MARSI Metacognitive Awareness of Reading Strategies Inventory MRQ Motivation for Reading Questionnaire msec Millisekunde MSQL Motivated Strategies for Learning Questionnaire N Stichprobe XIV RTA Reciprocal Teaching Approach SBI Strategy Based Instruction SILC Strategy Inventory for Learning Culture SILL Strategy Inventory for Language Learning SORS Survey of Reading Strategies TCP Transmission Control Protocols TSI Transactional Strategy Instruction UKZG Ultrakurzzeitgedächtnis 1 „Leute, die sehr viel gelesen haben, machen selten große Entdeckungen“ Georg Christoph Lichtenberg 0 Einleitung Einen Text zu lesen, ohne ihn richtig verstanden zu haben, stellt eine Situation dar, mit der sich der (mutter-/ fremdsprachige) Leser häufig konfrontiert sieht. Die Schwierigkeiten treten noch deutlicher hervor, wenn laut vorgelesen wird. Fehlleistungen dieser Art können auf die begrenzte Arbeitsspeicherkapazität des Gehirns zurückgeführt werden. Das Auge behilft sich, diese begrenzte Leistung des Arbeitsgedächtnisses zu kompensieren, indem es nicht alles liest. Aufschlussreich in dieser Hinsicht sind Forschungsarbeiten zu Augenbewegungen beim Lesen, die seit Mitte der 70er Jahre betrieben werden (Rayner und Juhasz, 2004: 340). Aus wissenschaftlich fundierten Untersuchungen zur Augenmessung geht hervor, dass sich das Auge in schnellen Bewegungen sog. Sakkaden im Text vorwärts bewegt. In Schritten sind es ca. 8 aufeinanderfolgende Zeichen. Dann wird ein Wort - vor allem wichtige Inhaltswörter - für ca. 250 msec fixiert, um zum nächsten Wort zu springen (Rayner, 1978: 620; Rayner, 1997: 318; Rayner, 1998: 375; Rayner et al., 2006: 242). Die Forschungslandschaft zur Lesefähigkeit in der ersten (Mutter)Sprache (L1) teilt sich in drei Lager: die psychometrische, die neurophysiologische und die kognitionspsychologische Richtung. Seit gut einem Jahrhundert liegt die psychometrische Richtung vor (Samules und Kamil, 1984: 185), die sich jedoch nur mit dem Produkt des Leseverständnisses befasst und die dabei ablaufenden Prozesse völlig außer Acht gelassen hat. Problematisch an der psychometrischen Forschungsrichtung ist, dass sie sich solcher Instrumente bedient (McLoughlin, 1997; Flippo und Schumm, 2000), denen die theoretische Fundierung und damit die Konstruktvalidität fehlten (Daneman, 1982). Ähnlich wie die psychometrische existiert die neurobiologische Richtung seit ebenfalls 100 Jahren. Im Vergleich dazu ist die kognitionspsychologische Forschung zur Lesefähigkeit nicht mehr als vier Jahrzehnte alt und damit relativ neu (Richter und Christmann, 2006). Die fremdsprachige Leseforschung (L2) ist erst mit der kognitiven Wende in den 70er und 80er Jahren und mit Hinwendung auf das Lesen 2 in der Fremdsprache und damit auch verstärkte Forschung zum fremdsprachigen Lesen entstanden. Im Bereich der deutschen Sprache sind die Arbeiten von Steinhöfer (1986), Westhoff (1987), Kracher (1988), Lutjeharms (1988) sowie Ehlers (1994) nennenswert. Der internationale Forschungskontext zum fremdsprachigen Lesen ist vor allem mit den Namen Oller (1972), Eskey (1973), Ulijn und Kempen (1976), Clarke und Silberstein (1977), Clarke (1979, 1980) und Carrell (1984a, b, c) verbunden. Dementsprechend wird nach wie vor auf sie verwiesen. Auch hier lassen Forschungsarbeiten zum eigentlichen Leseprozess auf sich warten, der Fokus liegt auf dem Leseprodukt. Noch kaum untersucht ist etwa die Frage, wie und inwieweit Kapazitätsbeschränkungen des Arbeitsgedächtnisses durch inferenzielle oder metakognitive Strategien ausgeglichen werden können (Richter und Christmann, 2006). Eine ähnliche Situation kann auch im Bereich des hypermedialen Lesens und Lernens verzeichnet werden. Lernstrategische und metakognitive Defizite werden in der neueren Forschungsliteratur häufig als mögliche Erklärung für die Leistungseinbußen und Defizite beim hypermedialen Lernen herangezogen. Umfangreiche Forschungsansätze, welche die metakognitiven Aktivitäten beim hypermedialen Lernen auf der Basis handlungsnaher Prozessanalysen systematisch untersuchen, sind vergleichsweise rar (Steinberg, 1989; Reinking und Rickman, 1990; Kozma, 1991; Rouet, 1992; Park und Hannafin, 1993; Gall und Hannafin, 1994; Schnotz, 1994; Britt et al., 1996; Perfetti, 1996; Large, 1996; Dillon und Gabbard, 1998; Eiwan, 1998; Creß, 1999; Lin, Hmelo, Kinzer und Secules, 1999; Zumbach und Riemann, 2002, Bannert, 2007; Heiß, 2007). Defizitär fallen auch theoriebasierte Studien hinsichtlich des Lernens und des Wissenserwerbs mit Hypermedien aus (Foltz, 1996; Rouet et al., 1996; Dillon und Gabbard, 1998; Unz, 2000; Tergan, 2002; Waniek, 2002). Vernachlässigt sind auch die metakognitiv-strategischen Voraussetzungen der Nutzerinnen und Nutzer (Relan und Smith, 1996). Bestens erforscht in der Hypermediaforschung sind lediglich der Informationszugriff und dessen Unterstützung durch geeignete Navigationstools und Orientierungshilfen (Guthrie und Dreher, 1990; Kuhltau, 1991; Marchionini, 1995; McDonald und Stevenson, 1996; Chou und Lin, 1998; Sutcliffe und Ennis, 1998; Dias et al., 1999; Gerdes, 2002; Schulmeister, 2007). Studien zum Vergleich von Verstehens- und Lernprozessen bei Texten und Hypertexten finden sich zum Beispiel bei Reinking (1992), Hammwöhner (1993), Freisler (1994), Foltz (1996), Rouet et al. (1996), Shapiro (1998, 1999), Groß (2000) und Waniek (2002). Zuvor ist erwähnt worden, dass beim Lesen in der L1 das Auge vor allem wichtige Inhaltswörter fixiert. Nun stellt sich die Frage, wie diese Inhaltswörter in fremdsprachigen (Hyper)Texten identifiziert und von 3 anderen Wörtern im Text abgegrenzt werden, und wie überhaupt auf der Basis dieser Inhaltswörter und mit Hilfe welcher Faktoren das kohärente Hyper-Textverstehen entstehen kann. Auf diese Frage findet sich in der einschlägigen Literatur vielfach die aufgestellte Hypothese, dass besonders den metakognitiven Strategien eine wichtige Rolle bei der Regulation der Lese- und Verstehensprozesse zukommt. In Anlehnung daran findet sich dann auch häufig die Forderung nach adäquaten strategischen Fördermaßnahmen. Trotz dieser Forderung kann innerhalb der Forschungslandschaft ein Mangel an wissenschaftlich fundierten Ansätzen und instruktionalen Präskriptionen in der Gestaltung metakognitiv-strategischer Fördermaßnahmen und damit ein Mangel an wissenschaftlich fundierten Interventionsprogrammen festgestellt werden. Für wirksame metakognitive Fördermaßnahmen existieren inzwischen unterschiedliche, allgemeine Designprinzipien mit dem Ziel einer Verbesserung der Qualität des metakognitiv-strategischen Lernprozesses und eine Steigerung der Lernleistung. Ein Nachholbedarf besteht jedoch hinsichtlich fachspezifischer Orientierung. Die Suche nach einem eigens für das Lesen fremdsprachiger Hypertexte entwickelten Lesestrategieprogramms etwa wird vergeblich sein. In der einschlägigen Literatur findet man lediglich empirische Untersuchungen hinsichtlich der Effektivität metakognitiver Strategien in verschiedenen Wissens- und Fertigkeitsbereichen wie Mathematik. Nach Nold (1992: 10) liegt all diesen Untersuchungen liegt im Kern die Annahme zugrunde, dass in verschiedenen Wissens- und Fertigkeitsbereichen im Grundsatz die gleichen Faktoren wenn auch in unterschiedlichen Kombinationen - wirksam und prägend sind, so daß [sic] den Lernbedingungen und Lernstrategien , die in unterschiedlichen Lernbereichen erfaßt [sic] werden, dennoch eine Relevanz für Lernen im allgemeinen [sic] zugesprochen wird. Genau an den eben aufgezählten Forschungsdefiziten im Bereich des Lernens und Wissenserwerbs mit Hypermedien setzt die vorliegende Arbeit an. Das Ziel besteht darin, die Relevanz metakognitiver Strategien für das Lesen fremdsprachiger Hypertexte aufzudecken, indem erwachsenen Lernenden geeignete metakognitiv-strategische Unterstützungsformen angeboten werden. Dabei richtet sich der Blick des Lernförderungsprogramms auf die Behebung diagnostizierbarer Strategiedefizite sowohl im kognitiven Bereich der Informationsverarbeitung, als auch auf die exekutiven Strategien der Lernorganisation und Konzentrationssteuerung. In der Strategievermittlung fiel die Auswahl auf allgemeine/ inhaltsübergreifende Strategien und hier besonders metakognitives Wissen. Denn will man sich tatsächlich der Herausforderung des lebens- 4 langen Lernens stellen, so macht die Vermittlung eben dieser Strategien Sinn, zumal sie sich über verschiedene Inhaltsbereiche hinweg wirksam einsetzen lassen. Der Untersuchungsgegenstand - Förderung des Lesens fremdsprachiger Hypertexte anhand eines metakognitiv angereicherten Strategietrainings - erfordert den Einbezug von Erkenntnissen aus der neuro- und kognitionswissenschaftlichen Leseforschung, der menschlichen Wissensverarbeitung, der Hypertextforschung sowie der Instruktions- und Entwicklungspsychologie. Damit ergibt sich für die Arbeit vorliegende Gliederung. Im Kapitel 1 wird zunächst das Lesen aus neurowissenschaftlicher Sicht behandelt und in diesem Zusammenhang werden Prozesse von der Reizaufnahme bis zu zentralen Verarbeitungsmechanismen im Gehirn dargestellt. Diesen neurowissenschaftlichen Ausführungen wird dann die kognitionswissenschaftliche Sicht gegenübergestellt. In einem nächsten Schritt werden die unscharf verwendeten Begriffe des Themenbereichs Hypertext definiert und gegeneinander abgegrenzt. Ein kurzer Abriss der geschichtlichen Entwicklung des Hypertext-Konzepts, eine Übersicht über die Realisation des Hypertext-Gedankens in Systemen und Anwendungen und schließlich Faktoren des hypertextuellen Verstehens runden das Bild ab. Zum Ausklang des ersten Kapitels folgt eine zusammenfassende Diskussion unter Berücksichtigung des fremdsprachlichen Lesens. Kapitel 2 beschäftigt sich mit der Entstehung und Entwicklung metakognitiver Strategien sowie deren Rolle im Lerngeschehen. Aus empirischer Sicht wird zuvörderst auf die Frage der Effektivität (meta)kognitiver Förderprogramme in traditionellen und hypermedialen Lernumgebungen eingegangen. Darauf basierend sollen im Kapitel 4 Designprinzipien abgeleitet und in einer experimentellen Studie (Kapitel 6 und 7) hinsichtlich ihrer Wirksamkeit evaluiert werden. Kapitel 3 befasst sich mit der Frage, wie auf der Basis der Modelle zur Förderung strategischen Lernverhaltens ein Rahmenmodell für die effektive Förderung des metakognitiven Strategie-Einsatzes beim Lesen fremdsprachiger Hypertexte geschaffen werden kann. Daher wird zunächst auf die geläufigsten Leitfäden, die für den Aufbau von Fördermaßnahmen benutzt werden, eingegangen. Dann werden die gängigsten Modelle vorgestellt und anschließend wird das LeseStrategieTrainings- Modul (LSTM) erläutert, das eigens für iranischen Deutschsprachlerner konzipiert worden ist. Kapitel 4 geht auf die Frage der Evaluation von Interventionsmaßnahmen bzw. zugrundeliegenden Standards und Kriterien ein. Zunächst werden die vorhandenen Methoden und Instrumente zur Evaluation und Erhebung im Allgemeinen und im Spezifischen in Verbindung mit Lern- 5 strategien und Metakognition kurz dargestellt. Anschließend wird das LeseKompetenzEvaluationsModul (LKEM) vorgestellt, womit diejenigen Methoden und Instrumente gemeint sind, die in der vorliegenden Arbeit zur Evaluation strategischer Fördermaßnahmen sowie zur Erhebung strategischen Leseverhaltens und dessen Produkt, also das Leseverständnis selbst herangezogen werden. Im Kapitel 5 wird in Anlehnung an den theoretischen Teil und den daraus abgeleiteten methodischen Untersuchungsrahmen mithilfe eines Pretests die spontane Strategieanwendung der Lerner erhoben. Die Zielsetzung dieser Studie besteht darin, die spontan eingesetzten Strategien beim hypertextuellen Lesen zu identifizieren und zu beschreiben. Im Kapitel 6 wird die Wirksamkeit einer direkten Fördermaßnahme empirisch analysiert. Es soll vor allem festgestellt werden, inwiefern die Lernenden der Experimentalgruppe, denen im Rahmen eines vorgeschalteten Trainings die adäquate Umsetzung der metakognitiven Lernhilfen im Detail vermittelt worden sind, in der Lage sind, ihren Informationszugriff in der hypertextuellen Lernumgebung bewusster zu steuern und zu kontrollieren. Die Intervention als Ganzes wird einer Vergleichsgruppe bzw. Kontrollgruppe gegenübergestellt. Kapitel 7 geht auf die Nachhaltigkeit der Effektivität der Interventionsmaßnahme ein. Zu diesem Zweck nimmt die Experimentalgruppe einen Monat nach Beendigung der Interventionsmaßnahme an einem Nachtest teil. Auch dieses Mal werden die Ergebnisse der Experimentalgruppe einer Vergleichsgruppe bzw. Kontrollgruppe gegenübergestellt. Kapitel 8 fasst die wesentlichen theoretischen und empirischen Befunde der Arbeit zusammen. Es werden nicht nur die zugrundeliegenden Fragestellungen abschließend beantwortet, sondern es wird aufgezeigt, welche Fragen offen bleiben und welche neuen Forschungsfragen durch diese Arbeit aufgeworfen werden. 7 1 Lese- und Verstehensprozesse bei linearen Texten Das Lesen als sprachliche Fähigkeit ist sowohl Gegenstand der Neurowie auch der Kognitionswissenschaften. Gegenstand der kognitiven Wissenschaft sind die Prozesse der Aufnahme, Speicherung und Anwendung von Informationen. Neurowissenschaften erforschen die physiologischen Grundlagen der Kognition. Unter anderem haben Erkenntnisse aus den Neurowissenschaften zur Entwicklung der Kognitionswissenschaften beigetragen. Trotz offensichtlicher Gemeinsamkeiten erstaunt es umso mehr, dass neurowissenschaftliche und kognitionswissenschaftliche Ansätze meistens ohne Verbindungspunkte aneinander vorbei laufen. Die Erforschung der Gehirnfunktionen auf unterschiedlichster Ebene mit jeweils unterschiedlicher Terminologie ist das Resultat. Die Neurophysiologie hantiert mit Begriffen wie Neuron, Transmitter, Synapsen und Aktionspotential, während in der Kognitionswissenschaft Begriffe wie Symbol, Bedeutungskonstitution und Referenz anzutreffen sind. Es mag sein, das die Kognition „nicht vollständig reduzierbar auf die physiobiologischen Vorgänge im Gehirn ist, doch ist die Kognition unzweifelhaft an die neuronale Basis gebunden und wird von ihr eingeschränkt“ (Schwarz, 1992: 58). Um für die folgende Studie die Relevanz der Blick- und Aufmerksamkeitssteuerung für das Lesen zu verstehen, wird in diesem ersten Kapitel der Frage nachgegangen werden, inwiefern das Lesen von neuronalen und kognitiven Prinzipien determiniert wird. Zunächst werden die neuronalen Grundlagen der menschlichen Sprachfähigkeit - von dem funktionalen Ablauf der Steuerung des Blickes bis zur visuellen Wahrnehmung des Gelesenen - skizziert, deren physiologische Realität als weitgehend sicher gilt. Nicht behandelt werden jene molekularen Prozesse in den Sinneszellen, die dem Gehirn den Zugang zur Außenwelt eröffnen, denn es hätte den Rahmen der vorliegenden Arbeit gesprengt. Der neuronalen Modellierung folgt die kognitionswissenschaftliche Sicht. Auf diese Weise sollen jene Variable ausgemacht werden, die mithilfe angemessener Erhebungsinstrumente untersucht werden können. Dabei wird das Lesen in der Muttersprache (L1) wie auch in der Fremdsprache (L2) berücksichtigt. Die Gegenüberstellung des Lesens von Print- und Hypertexten zum Ende des ersten Kapitels rundet das Bild ab. 8 1.1 Zur physiologischen Realität der Leseprozesse Wichtige Einblicke in die Leserealität gewähren vor allem neurobiologische Forschungen, welche die Wahrnehmung visueller Reize und deren Verarbeitung im Gehirn untersuchen. In den folgenden Abschnitten wird daher die Struktur und Funktionsweise des menschlichen kognitiven Systems unter neuronalen Gesichtspunkten analysiert, um daraus Erklärungsmöglichkeiten für das Lesen und Verstehen von Texten abzuleiten. Zu diesem Zweck werden zunächst Befunde, die aus Messungen zu Augenbewegungen hervorgehen, präsentiert. In Anlehnung daran werden dann die neuronalen Mechanismen der Textverarbeitung vorgestellt. 1.1.1 Neurobiologische Vorgänge der Leseprozesse Messungen zu Augenbewegungen ergeben, dass sich die Augen beim Lesen nicht gleichmäßig bewegen, vielmehr konnten im Zusammenhang mit der Informationsaufnahme beim Lesen mindestens zwei sich abwechselnde Augenbewegungen ausgemacht werden: Sakkaden und Fixationen. Unter Sakkaden sind sprunghafte Weiterbewegungen des Auges gemeint, die bei Alphabetschriften wie das Deutsche oder das Englische von links nach rechts verlaufen und ungefähr 20% bis 30% der Lesezeit ausmachen. Im Schnitt werden bei jeder sakkadischen Bewegung zwischen 6 bis 9 aufeinander folgende Buchstaben 1 übersprungen, was 2° (Grad) des Sehfelds oder 1.5 Wörter umfasst, bis ein Wort fixiert wird (Rayner, 1978: 652; Rayner, 1997: 319; Rayner et al., 2006: 342). Die Dauer einer Sakkade steht in direktem Zusammenhang zu der zurückgelegten Distanz. Eine Sakkade von 2° etwa dauert circa 25-30 msec, wohingegen eine Sakkade von 4° 35-40 msec beträgt (Rayner, 1978: 621; Rayner 1998: 373). Man geht davon aus, dass eine Sakkade in etwa 15-40 msec dauert. Aufgrund dieses kleinen Zeitfensters kann auf der Netzhaut nur ein verzerrtes Bild entstehen. Deshalb können während des Springens keine nützlichen Informationen extrahiert werden. Neben der regulären Sakkaden, werden zwei weitere Klassen von Sakkaden voneinander abgegrenzt. Bei der ersten Klasse handelt es sich um den sogenannten Zeilensprung auch return sweep genannt. Mithilfe dieser Bewegungen kann der Blick in einer Vorwärtsbewegung vom Ende einer Zeile zum Anfang der nächsten Zeile geführt werden. Die Distanz, die auf diese Weise zurückgelegt wird, ist ziemlich groß und beträgt je nach Zeilenlänge ungefähr 60-80 Buchstaben. 1 Die Angaben zu Sakkadenlänge und Fixationsdauer unter anderem sind als Richtwerte zu verstehen. Diese Angaben variieren leicht sogar zwischen Aufsätzen ein und derselben Forschergruppe. 9 Da kann es schon vorkommen, dass das Auge beim Springen die gewünschte Stelle verpasst, was im Regelfall den Anfang des ersten Wortes der nächsten Zeile darstellt. In diesem Fall nimmt das Auge eine Korrektursakkade vor (Rayner, 1998: 375). Die zweite Klasse von Sakkaden zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sie nicht von links nach rechts verlaufen - wie es bei den regulären Sakkaden der Fall ist - sondern bei alphabetischen Links-nach-Rechts-Schriften vom Typ des Deutschen 2 - von rechts nach links verlaufen und damit eine Rückwärtsbewegung im Text ermöglichen. Dieses Zurückspringen im Text wird als regressive Sakkade oder auch Regression bezeichnet und macht ungefähr 10-15% aller Sakkaden aus (Rayner, 1978: 621; Rayner, 1998: 375; Rayner und Juhasz, 2004: 348; Rayner et al., 2006: 242). Anders formuliert: Das Auge nimmt alle zwei bis drei Sekunden eine Regression vor. Da diese Bewegungen jedoch wenige Buchstaben lang sind, werden sie auch nicht bewusst wahrgenommen. Außerdem werden regressive Bewegungen nur dann vorgenommen, wenn das Auge bei einer regulären Vorwärtssakkade an einer Stelle gelandet ist, die für die Identifikation des Wortes ungünstig ist (Rayner, 1997: 325). Ferner werden Regressionen vorgenommen, wenn Verständnisschwierigkeiten auftreten. Inkonsistenz etwa zwischen Korreferenz und Anaphora führt zu Regressionen (Rayner, 1997: 318; Rayner, 2006: 251). Besonders geübte Leser sind gut darin, die Stellen im Text ausfindig zu machen, die Verständnisprobleme verursachen (Rayner, 1998: 375). Unter Fixationen sind Ruhestellen gemeint, währenddessen das Auge eine bestimmte Stelle im Text fixiert, um dann weiter zu springen. Das bedeutet aber nicht, dass während einer Fixation das Auge völlig still steht. Selbst in dieser Position können schnelle, unwillkürliche, zitterähnliche Bewegungen ausgemacht werden, die als Nystagmus bezeichnet werden (Rayner, 1978: 622; Rayner, 1998: 373). Eine wesentliche Frage, die sich in Bezug auf die Fixationen stellt ist, wie viel und vor allem welche Informationen während einer einzelnen Fixation aufgenommen werden können? Diese Frage stellt seit mindestens drei Dekaden den Gegenstand von Untersuchungen mit Augenmessungen dar, womit wiederum die Frage nach der Größe der Wahrnehmungsspanne auf den Plan gerufen wird. Unter der Wahrnehmungsspanne ist jener Textausschnitt gemeint, aus dem während einer einzelnen Fixation Informationen extrahiert werden kann. Untersuchungen legen nahe, dass bei versierten Lesern Fixationen durchschnittlich 200-250 msec dauern, weshalb die Informationsaufnahme ausschließlich während Fixationspunkten erfolgt (Rayner, 1978: 622; 2 Bei alphabetischen Rechts-nach-Links-Schriften vom Typ des Persischen verlaufen regressive Bewegungen genau umgekehrt. 10 Rayner, 1997: 318; Rayner, 1998: 375; Rayner et al., 2006: 242). Diese Werte variieren, je nachdem ob laut oder still gelesen wird. Bei stillem Lesen liegt der Mittelwert der Fixationsdauer bei 225 msec und die Sakkadenlänge bei 2° - also ungefähr 8 Buchstaben. Bei lautem Lesen hingegen liegen eine Fixationsdauer von 275 msec und eine Sakkadenlänge von 1.5°, circa 6 Buchstaben vor (Rayner, 1998: 373). Pro Sekunde finden etwa 4 Fixationen statt, wobei vor allem die längeren Inhaltswörter länger fixiert werden. Kürzere Funktionswörter hingegen werden fast nicht fixiert (Rayner, 1998: 375; Richter und Christmann, 2006: 35). Inhaltswörter werden in 85% der Fälle fixiert, was bei Funktionswörtern nur auf 35% der Fälle zutrifft (Rayner und Duffy, 1986). Insgesamt belegen Untersuchungen, dass kurze Wörter, die 3 oder weniger Buchstaben enthalten, häufiger übersprungen werden als lange Wörter, die sich aus 6 oder mehr Buchstaben zusammensetzen (Rayner, 1997: 325 und 332; Rayner, 1998: 375). Im Vergleich dazu werden Wörter mit 8 oder mehr Buchstaben selten übersprungen, denn Wörter mit 6 oder mehr Buchstaben werden meistens fixiert. Insgesamt zeichnet sich die Größe der Wahrnehmungsspanne vor allem dadurch aus, dass sie relativ klein und asymmetrisch ist. Die eingeschränkte Wahrnehmungsspanne ist physiologisch bedingt, da der Bereich des schärfsten Sehens auf die Fovea beschränkt und damit relativ klein ist. Auf die Physiologie der Augen und damit einhergehende Konsequenzen wird im nächsten Abschnitt konkret eingegangen. Neben der Physiologie der Augen hängt die Wahrnehmungsspanne vom Schriftsystem ab. Alphabetenschriften, in denen Vokale nicht geschrieben werden, wie das Persische, sind mit kleineren Wahrnehmungsspannen verbunden als solche Schriften, in denen Vokale geschrieben werden wie das Deutsche (Rayner, 1998: 376). Für beide Schriftsysteme ergeben sich aber im Endeffekt vergleichbare Leseraten in Worten pro Minute, weil das Auslassen der Vokale in der Orthographie dazu führt, dass Wörter mit weniger Buchstaben geschrieben werden. Die Wahrnehmungsspanne ist asymmetrisch. Aufgrund dieses Phänomens beträgt die Wahrnehmungsspanne bei alphabetischen Links-nach-Rechts- Schriften vom Typ des Deutschen 3-4 Buchstaben links vom Fixationspunkt und 14-15 Buchstaben rechts vom Fixationspunkt. Die Lesegeschwindigkeit wird beeinträchtigt, wenn diese Zahl abnimmt. Für Sprachen, die von rechts nach links gelesen werden wie zum Beispiel das Persische, ergibt sich verständlicherweise eine umgekehrte Asymmetrie. Die Wahrnehmungsspanne umfasst 14-15 Buchstaben links vom Fixationspunkt und 4-5 Buchstaben rechts vom Fixationspunkt. Die Richtung der Asymmetrie wird also vom Schriftsystem der zu lesenden Sprache bestimmt (Rayner, 1997: 322; Rayner, 1998: 380). 11 Eine zweite Frage mit der sich die Untersuchungslandschaft beschäftigt, ist die, ob Fixationen und Sakkaden programmiert bzw. gesteuert werden können. Mithilfe von Untersuchungen zur Blickbewegungssteuerung versucht man seit ebenfalls drei Dekaden auf diese Frage eine Antwort zu finden. Die Frage nach der Blickbewegungssteuerung ist insofern wichtig, weil in Anlehnung daran wichtige Erkenntnisse für Maßnahmen zur Leseförderung in L1 und L2 abgeleitet werden können. Für die Blickbewegungssteuerung sind zwei Variablen relevant: Fixationsort bzw. Sakkadenlänge sowie Fixationsdauer. Für die Sakkadenlänge/ Fixationsort sind niedere visuelle Variablen sowie höhere sprachorientierte Variablen verantwortlich und Indizien sprechen dafür, dass sie unabhängig voneinander ihren Einfluss ausüben (Drieghe et al., 2004: 99). Der wichtigste visuelle Faktor ist immer noch die Wortlänge. Empirisch konnte nachgewiesen werden, dass der Fixationsort im erheblichen Maße von der Länge des aktuell fixierten Wortes sowie Länge des nachfolgenden Wortes determiniert wird (Rayner, 1997: 324; Drieghe et al., 2004: 80; Drieghe et al., 2007: 168). Wenn die Wortlänge nicht bekannt ist, so fallen die Sprünge kurzer aus, als wenn diese Information vorhanden ist (Rayner, 1997: 324). Kürzere Wörter werden häufiger übersprungen als längere. Neben dem visuellen Faktor Wortlänge werden sakkadische Sprünge und somit der Fixationsort von linguistischen Faktoren der Vorhersagekraft eines Wortes sowie der Wortfrequenz bestimmt, wobei den linguistischen Faktoren eine deutlich untergeordnete Rolle zukommt (Rayner und Juhasz, 2004: 343; Drieghe et al., 2007: 169). Wörter, die aus dem Kontext heraus vorhersagbar sind, werden übersprungen (Drieghe et al., 2004: 81; Drieghe et al., 2007: 157). Alle drei genannten visuell/ linguistischen Faktoren beeinflussen den Verarbeitungsaufwand, der bei kürzeren, bekannten und vorhersagbaren Wörtern geringer ausfällt (Drieghe et al., 2007: 158). Weiterhin geht aus Untersuchungen hervor, dass das Auge dazu neigt, den Wortanfang und die Mitte als Landeposition zu wählen. Dieses Phänomen wird als preferred viewing location oder auch optimal viewing position bezeichnet (Rayner, 1997: 323; Rayner, 1998: 385). Auch sakkadische Bewegungen, die einer Fixation vorausgehen, wirken sich auf den Fixationsort aus. Sollte eine vorausgehende Sakkade 8 bis 10 Buchstaben vom anvisierten Wort erfolgen, dann verlagert sich der Fixationspunkt links von der Wortmitte. Sollte jedoch eine vorausgehende Sakkade ganz nahe (2 bis 3 Buchstaben) vom Wortanfang erfolgen, dann verlagert sich die Landeposition rechts von der Wortmitte (Rayner, 1997: 325; Rayner, 1998: 386). Demnach wäre es am besten, wenn in der Nähe zur Wortmitte die Fixation erfolgt (Rayner, 1997: 325). Abgesehen von den genannten Faktoren stellt sich zusätzlich die Frage, welchen Einfluss kognitive Prozesse der Worterkennung sowie syntaktische 12 und semantische Verarbeitung auf den Fixationsort ausüben. Bezüglich der Beteiligung höherer kognitiver Prozesse bei der Blickbewegungssteuerung existieren zwei entgegengesetzte Hypothesen: die Hypothese der globalen Steuerung und die Hypothese der kognitiven Steuerung. Der ersten Hypothese zufolge, erfolgt die Blicksteuerung unabhängig von kognitiven Prozessen. In der zweiten Hypothese kommt kognitiven Prozessen eine entscheidende Rolle zu (Rayner, 1997: 327). Überprüfen lassen sich die Hypothesen anhand der Korrelation zwischen Fixationsort und Fixationsdauer sowie Textmerkmalen. Viele Indizien sprechen dafür, dass kognitive Prozesse eine wichtige Rolle spielen. Denn es hat sich gezeigt, dass ein enger Zusammenhang zwischen Fixationsdauer und Textmerkmalen besteht. So benötigen Wörter, die häufiger benutzt werden, kürzere Fixationszeiten und darunter fallen hochfrequente Wörter. Ebenso verhält es sich bei Wörtern, die aus dem Kontext heraus vorhersagbar sind (Rayner und Juhasz, 2004: 342; Rayner et al., 2006: 243). Lexikalisch ambige Wörter hingegen werden länger fixiert. Und schließlich ist die Lesezeit am Satzende länger als dies am Anfang oder in der Mitte der Fall ist. Als weitere Textmerkmale können semantische Relationen zwischen Wörtern in einem Satz, Anaphora und Korreferenz sowie syntaktische Disambiguität aufgezählt werden. All diese Merkmale können die Fixationsdauer beeinflussen (Rayner, 1997: 326). Die obigen Angaben beschreiben jedoch den idealtypischen Fall. Tatsächlich variieren Augenbewegungsmuster je nach Lesertyp, wie aus der Abbildung 1 hervorgeht. 13 Abb. 1: Augenbewegungsmuster von 3 Lesertypen (Weingarten, 2000: 90-91) Außerdem existiert zwischen starken und schwachen Lesern ein deutlicher Unterschied, was die Anzahl der Fixationsdauer und Regressionen 14 anbelangt. Schwache Leser weisen längere Fixationsdauer, kürzere Sakkadenlänge sowie eine größere Zahl an Regressionen auf als dies bei geübten Lesern der Fall ist (Rayner et al., 2006: 242). Ferner besteht bei ihnen eine weitaus größere Tendenz, kurze Funktionswörter zu fixieren, wie aus der nachstehenden Abbildung nachvollzogen werden kann. Abb. 2: Augenbewegungsmuster guter- schwacher Leser (Weingarten, 2000: 89) In diesem Abschnitt wurden Befunde aus der Augenbewegungsanalyse vorgestellt. Nun stellt sich berechtigterweise die Frage, warum überhaupt das Lesen aus einer ständigen Abfolge von Sakkaden und Fixationen besteht? Im nächsten Abschnitt soll daher gezeigt werden, inwieweit das Lesen von allgemeinen neuronalen Prinzipien determiniert wird. 1.1.2 Sprachverarbeitung: Von der visuellen Aufnahme bis zur Gehirnfunktion Den mannigfaltigen Augenbewegungen liegen, wie schon im Abschnitt 1.1.1 kurz angesprochen, physikalisch-physiologische Beschränkungen zugrunde. Das Sehfeld kann in drei Regionen unterteilt werden: Fovea, Parafovea und Peripherie (Rayner, 1997: 318; Rayner, 1998: 374). Das menschliche Auge ist so gebaut, dass nur ein sehr kleiner Bereich auf der Netzhaut Sehen mit höchster Auflösung ermöglicht. Dieser Bereich wird Fovea Centralis oder auch Fovea genannt und umfasst circa 1° bis 2° des Gesichtsbzw. Sehfeldes rechts und links vom Fixationspunkt, was der Größe eines Daumennagels entspricht, wenn er im Abstand von einer 15 Armlänge gesehen wird (Rayner, 1978: 622, Rayner, 1997: 319; Rayner, 1998: 374). In der Fovea befinden sich fast ausschließlich Zäpfchen 3 , die in diesem Bereich extrem dicht gepackt sind, wodurch auch erst die Sehschärfe, wie sie oben besprochen wurde, ermöglicht wird (Linder et al., 1991: 224; Seeley, Stephens und Tate, 2008: 537). Aufgrund der Beschränkung des Sehfeldes, muss sich das Auge beim Lesen so bewegen, dass der zu lesende Text stückchenweise auf die Fovea fällt. Um diese Aufgabe zu lösen, bedient sich das Auge mit dem zweistufigen Leseprozess, der wie oben erläutert aus Sakkaden und Fixationen besteht (Rayner, 1978: 652). Neben der Fovea spielen zwei weitere Bereiche um die Fovea herum beim Lesen eine wichtige Rolle: Parafovea sowie Peripherie. Die Parafovea umfasst 5° des Sehfelds rechts und links vom Fixationspunkt und die Peripherie alles, was über den Bereich der Parafovea hinaus geht (Rayner, 1978: 622, 1997: 319; Rayner, 1998: 374). Obwohl die Sehschärfe in den genannten Bereichen markant nachlässt, ermöglichen sie Voransichten, so dass zusätzlich zum gerade fixierten Wort auch partielle Informationen über das nächste Wort extrahiert werden können (Rayner, 1978: 622; Rayner, 1998: 374; Drieghe et al., 2007: 158). Die Charakteristik eines Wortes rechts vom Fixationspunkt - und darunter fallen wie zuvor erwähnt Länge, Frequenz und Vorhersagekraft spielt daher im Verarbeitungsprozess eine entscheidende Rolle. Sollten Wörter im parafovealen Bereich identifiziert werden, werden sie übersprungen (Rayner, 1997: 325; Rayner und Juhasz, 2004: 344). Nichtfixierung kann deshalb nicht immer gleichgesetzt werden mit einer Nichtverarbeitung. Nun stellt sich die Frage, welche physischen und kognitiven Vorgänge ineinander greifen, damit sich der Kreis der sogenannten visuellen Wahrnehmung schließt? Die visuelle Wahrnehmung bezeichnet „die Fähigkeit, visuelle Reize zu erkennen, zu unterscheiden und sie durch Assoziationen mit früheren Erfahrungen zu interpretieren. Gemeint ist also nicht nur der Prozess des sensorischen Erkennens, sondern die kognitive Verarbeitung visueller Reize“ (Fuhrmann, 2010: 2). Im Prozess des Lesens sind „alle Module der neuronalen Informationsverarbeitung, die eine Wissensgenerierung ermöglichen“, involviert. In der Literatur finden sich unterschiedliche Klassifizierungen. Fuhrmann (2010: 1) unterteilt den Gesamtprozess des Sehens in drei Ebenen: (1) die periphere Sinnesempfindung und -aufnahme, (2) den zentralen Verarbeitungsprozess der nicht-symbolhaften, konkreten Reizeigenschaften ohne Wissen über die 3 Zäpfchen sind diejenigen Sehrezeptoren, die sowohl für die Farbwahrnehmung als auch das Erkennen von räumlichen Details unter normalen Beleuchtungsverhältnissen verantwortlich sind. (Linder et al., 1991: 224f ; Seeley, Stephens und Tate, 2008: 374) 16 Form, Farbe, Größe etc. und (3) die Kognition (wie Denken, Problemlösen, Erinnerung, Behalten, Wissen) bzw. Interpretation durch das Gehirn. Wittmann und Pöppel (2001: 224) unterscheiden im Leseprozess vier Ebenen: Durch Augenbewegungen geleitet, gelangen optische Reize in Form von Buchstaben auf die Netzhaut des Auges (die Retina), wo sie umgewandelt werden, um dann als neuronale Information in verschiedene Teile des Gehirns geschickt zu werden. Es kommt beim bewussten [sic] Erkennen gelesener Worte zur Sinnentnahme, worauf wir etwa mit Zuneigung oder Abneigung reagieren können. Es wird dann neues Wissen, semantisches und bildhaftes, durch Speicherung im Gedächtnis aufgebaut, welches wiederum Grundlage dafür wird, wie wir neu zu lesende Texte auffassen und bewerten. Die Reizaufnahme stellt somit den ersten Schritt im Leseprozess dar. Abbildung 3 zeigt den Aufnahmeweg eines Lichtreizes von den Augenlinsen bis zum visuellen Cortex. Abb. 3: Neuronaler Aufnahmeweg von Lichtreizen (Seeley, Stephens und Tate, 2008: 537) 17 Wie aus der Abbildung hervorgeht, erfolgt die Aufnahme visueller Reize über das visuelle Feld bzw. Gesichtsfeld (1). Es handelt sich dabei um jenes Feld, das durch zwei Augen gesehen wird, ohne den Kopf zu bewegen. Das visuelle Feld wird in eine temporale und eine nasale Hälfte unterteilt. Die Größe dieses Feldes ermöglicht den Menschen zwar eine angemessene lagebedingte Orientierung, jedoch kann der Mensch nur in einem winzigen Teilbereich des zentralen Gesichtsfeldes scharf sehen. Und dieser Bereich liegt wie zuvor erwähnt auf der Fovea centralis auch bekannt als gelber Fleck, der auf der Netzhaut bzw. Retina als eine flache Einsenkung vorzufinden ist. Die Sehschärfe geht auf die Zapfen zurück, die für das farbige Sehen von Einzelheiten bei heller Beleuchtung verantwortlich sind und an dieser Stelle dicht verpackt sind. Damit Gegenstände richtig scharf abgebildet werden können, müssen sie mithilfe einer Blicksakkade in die Fovea centralis gebracht werden. Wenige Sehwinkel daneben fällt die Lichtenergie nicht mehr auf die ausschließlich in der Fovea lokalisierten Zapfen, sondern auf die Stäbchen, die im Vergleich zu den Zapfen eine deutlich geringere Sehschärfe sowie Lichtempfindlichkeit aufweisen. Nachdem das Licht die Augenlinse passiert, fällt das Licht über die temporale und nasale Hälfte des Gesichtsfeldes auf die jeweils entgegengesetzte Seite der Retina (2). Hier werden die Lichtenergien durch die Photorezeptoren der Zapfen in elektrische Signale umgewandelt, um dann über den Sehnerv bzw. Nervus opticus (3), der ausschließlich aus Axonen 4 der nasalen und temporalen Retina besteht, zum optischen Chiasma auch Chiasma opticum genannt weitergeleitet zu werden (4). Im Chiasma opticum trennen sich die nasalen Axone jedes Auges von den temporalen. Die nasalen Axone kreuzen auf die kontralaterale Seite. Die temporalen Fasern kreuzen sich nicht. Nach dem Chiasma vereinen sich die temporalen mit den nasalen kontralateralen Axonen im Thalamus und bilden zusammen den Tractus opticus (5). Die Axone aus dem Tractus werden danach zu hauptsächlich drei Gebieten geleitet: Colliculus superior im Mittelhirn, Prätektum im rückwärtigen Teil des Mittelhirns und Corpus geni- 4 Die Aufnahme, Verarbeitung und Beantwortung nervaler Erregungen (Reize) erfolgt über die Neuronen bzw. Nervenzellen. Ein Neuron setzt sich aus vier Bestandteilen zusammen: 1) Soma oder Zellkörper enthält die klassische Lebensfunktion einer Zelle und definiert ihre Reizschwelle. 2) Dendriten zur Reizaufnahme und als Verbindung zu anderen Zellen. 3)Axon als leitende Verbindung zu anderen Neuronen um Informationen aus Sinnesorganen, Muskeln und Zellen anderer Bereiche des Körpers austauschen zu können. 4) Synapsen zur Herstellung der Verbindung zu anderen Zellen. (Seeley, Stephens und Tate, 2008: 377f) 18 culatum laterale (CGL) des Thalamus. Der Colliculus superior ist für die reflexartigen, sakkadischen Augenbewegungen zuständig (6) (Seeley, Stephens und Tate, 2008: 448). Das Prätektum reguliert die Pupillenweite (ebd. 499). Die meisten Axone des Tractus Opticus jedoch - und damit sind Axone der kontralateralen Hälfte des visuellen Feldes gemeint werden zum Corpus geniculatum laterale (CGL) des Thalamus weitergeleitet (6) (ebd. 499). Neuronen des Corpus geniculatum laterale bilden die Fasern der Sehstrahlung (7). Die visuellen Reize werden hauptsächlich über die Sehstrahlung zum visuellen Cortex im Großhirn (8) weitergeleitet (ebd. 537). Dies erfolgt durch zwei identifizierte neuronale Leitungsbahnen: die magnozellulären und parvozellulären Leitungsbahnen. Die M- Leitungsbahnen setzen sich aus schnell leitenden Axonen zusammen, die dafür aber eine deutlich niedrigere räumliche Auflösungsfähigkeit von Umgebungsreizen besitzen. Die P-Leitungsbahnen hingegen bestehen aus dünnen Axonen, die aufgrund ihrer kleinen rezeptiven Felder eine relativ hohe räumliche Auflösung ermöglichen. Dieser funktionellen Eigenschaft der P-Bahnen ist es zu verdanken, dass während einer Fixation Form und Muster eines auf der Fovea projizierten Reizes effizient verarbeitet werden können. Den M-Bahnen kommt während der Fixation die Aufgabe der groben Verarbeitung der Raumlage der Stimuli auf der Retina zu, damit nur relevante Reize auf der Fovea platziert werden. Gerade weil die Axonen der P-Bahnen im Vergleich zu den M-Bahnen deutlich langsamer sind, würde ein während einer Fixation entstandenes Bild bis zur nächsten Fixation überdauern, was zwangsläufig eine Überlagerung der aufeinander folgenden Bilder zur Folge hätte. Mithilfe von Sakkaden wird eine Veränderung des Retinabilds herbeigeführt, das schneller von den M-Bahnen registriert wird, woraufhin die Aktivität der P-Bahnen unterdrückt wird. Demnach tragen Fixationen und Sakkaden dazu bei, dass die P- und M-Bahnen abwechselnd aktiviert werden (Wittmann und Pöppl, 2001: 226). Die auf die Retina projizierten Abbilder eines Textteils erreichen auf dem Weg der P- und M-Bahnen den visuellen Cortex. Hier werden die Wortbilder zusammengefügt, woraufhin sie „gesehen“ werden. Diese Abbilder werden dann im Großhirn zentraler Verarbeitungsschritte unterzogen. Unter Steuerung des präfrontalen Cortex werden verschiedene Gehirnareale gleichzeitig an der Sinnbildung beteiligt, je nachdem wie viele sprachliche Teilkomponenten bearbeitet werden müssen. Dabei laufen motorische und sensorische Anteile der Verarbeitungsmechanismen Hand in Hand, weil sie sich gegenseitig bedingen: Augenbewegungen werden aufgrund visueller Reize durchgeführt. Mithilfe der Augenbewegungen wiederum werden visuelle Eindrücke gesammelt (Wittmann und Pöppel, 2001: 227). Insgesamt spielen beim Lesen mindestens 6 19 sprachliche Teil-Komponenten eine Rolle, die in verschiedenen Arealen des Großhirns 5 bearbeitet werden: lexikalisch, semantisch, syntaktisch, sprachlautlich, prosodisch und orthographisch. Unter die lexikalische Komponente fällt das Wortwissen, was sowohl Funktionswörter als auch Inhaltwörter umfasst (Wittmann und Pöppel, 2001: 227). Für die lexikalische Wiederkennung von Wörtern ist das visuelle Assoziationsareal verantwortlich. Denn im visuellen Assoziationsfeld wird der aktuelle visuelle Eindruck mit älteren Eindrücken aus dem Langzeitgedächtnis verglichen. Auf der Grundlage dieses Vergleich wird entschieden, ob der visuelle Input erkannt und deren Inhalt signifikant ist oder nicht. Erst wenn der Eindruck als signifikant erachtet wird, erfolgt eine Weiterverarbeitung (Seeley, Stephens und Tate, 2008: 487). Abbildung 4 zeigt die wesentlichen Gehirnareale, die für die Prozessierung sprachlicher Informationen verantwortlich sind. Abb. 4: Wesentliche Gehirnareale für die Prozessierung sprachlicher Informationen (Seeley, Stephens und Tate, 2008: 48 7; modifiziert Sohrabi, 2010) Unter der semantischen Komponente ist die Bedeutung des Wortes gemeint. Die semantische Verarbeitung von Wörtern zur Ermittlung ihrer Bedeutung sowie deren Speicherung erfolgt im Wernicke-Areal in den linkshemisphärischen Bereichen des Temporalappens. Die syntaktische Komponente umfasst das Wissen um die Grammatik, womit der Bezug der Wörter aufeinander hergestellt wird. Das Broca-Areal in den linkshemisphärischen Bereichen des Frontallappens steuert die grammtische und syntaktische Einordnung der Wörter. Die sprachlautliche Komponente meint die 5 Da eine Behandlung der anatomischen Struktur des menschlichen Gehirns sowie Tektonik seiner Makrostruktur den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprängen würde, sind an dieser Stelle nur wichtige Themenbereiche angeschnitten worden. 20 Umwandlung der Buchstaben in ihre Lauteigenschaften, was sich beim stillen Lesen etwa in der ‘inneren Stimme’ niederschlägt. Der primäre auditore Cortex im oberen Teil des Temporallappens entschlüsselt die lautliche Struktur der Wörter. Im prämotorischen Areal des Frontallappens wird die Artikulation eines Wortes geplant. Ausgeführt wird die gewünschte Artikulation im primär motorischen Cortex des Frontallapens. Unter die prosodische Komponente fallen sowohl die Sprachmelodie als auch (Sprach)Gefühle. Die melodischen Aspekte der Sprache werden im Großhirn rechtshemisphärisch verwaltet und verarbeitet. Das Gelesene ruft zugleich auch personale Erinnerung und Gefühle wach. Über die emotionale Akzeptanz des Gelesenen wird impulsiv in der Amygdala entschieden und im präfrontalen Cortex kontextorientiert mit Korrektur versehen. Die orthographische Komponente schließlich meint die Verarbeitung von Buchstaben in Wörtern. Für das Erkennen von Buchstaben ist der linksseitige visuelle Cortex verantwortlich (Wittmann und Pöppl, 2001: 227ff). Da die Verarbeitung neu ankommender Informationen immer vor dem Hintergrund bereits vorhandenem Wissen erfolgt, so werden parallel zu den oben erwähnten Arealen des Großhirns, die für die Verarbeitung verschiedener sprachlicher Komponenten verantwortlich sind, zugleich auch jene Bereiche aktiviert, in denen Informationen gespeichert sind bzw. werden. In der Theorie existieren mehrere Gedächtnismodelle, von denen sich das so genannte Mehrspeichermodell zumindest in den Lehrbüchern als das populärste Gedächtnismodell durchgesetzt hat. Die Unterteilung in Kurzzeitgedächtnis und Langzeitgedächtnis sowie Erweiterung der Theorie um das Ultrakurzzeitgedächtnis auch sensorisches Register gehen auf Atkinson und Shiffrin (1971) zurück. Das sensorische Register nimmt eine Art Trichterfunktion ein, denn von den 10 Millionen Bit Sinneswahrnehmungen (tasten, sehen, hören, riechen, schmecken) gelangen nur ca. 16 Bit in das Ultrakurzzeitgedächtnis (UKZG) (Baillon und Mittelmann, 2006 siehe unter Lernfähigkeit). Dort werden sie für etwa eine Drittelsekunde gespeichert, bevor sie entweder gelöscht oder in das Kurzzeitgedächtnis (KZG) weitergeleitet werden (Schwarz, 1992: 77). Von den 16 Bit im UKZG werden ca. 0,5 bis 0,7 Bit ausgewählt und an das Kurzzeitgedächtnis (KZG) weitergeleitet (Baillon und Mittelmann, 2006 siehe unter Lernfähigkeit). Dabei handelt es sich um solche Informationen, welche die sogenannte Bewusstseinsschwelle überschritten haben. Und diese Schwelle liegt - wie bereits in 1.1.1 erläutert - bei durch die Augen aufgenommenen Informationen 225-250 msec. Die Informationen im KZG verblassen, wenn sie keine Aufmerksamkeit finden nach ca. 10 bis 20 Sekunden. Dieser Wert ist allerdings auch als Richtwert zu verstehen, denn manchmal ist auch von 15-45 Sekunden die Rede. Aus dem 21 Kurzzeitgedächtnis kann eine Information sofort abgerufen werden (Linder et al., 1991: 238). Die Anzahl der merkbaren Elemente ist aber begrenzt. Die Gedächtnisspanne, das heißt die maximale Zahl an Informationseinheiten, die gleichzeitig im KZG gespeichert werden kann, beträgt ungefähr 7 Einheiten. Die Gedächtniskapazität kann jedoch mithilfe von Organisationsprozessen so genanntes Chunking aufgestockt werden. Denn obwohl die Anzahl der Chunks/ Einheiten begrenzt ist, kann die Anzahl der Einheiten pro Chunk variieren, was die Speicherung von 5 bis 9 Buchstaben, 5 bis 9 Wörter sowie 5 bis 9 Phrasen ermöglicht. Die Entscheidung darüber, was als Chunk aufgefasst wird, ist dem Langzeitgedächtnis überlassen (Schwarz, 1992: 78f). Zu berücksichtigen ist, dass aus neurobiologischer Sicht das Kurzzeitgedächtnis durch Änderung im Membranpotential erzeugt wird (Seeley, Stephens und Tate, 2008: 504). Im Vergleich zum Kurzzeitgedächtnis ist die Kapazität des Langzeitgedächtnisses nahezu unbegrenzt und die Gedächtnisinhalte können außer in Krankheitsfällen nicht verloren gehen. Das Problem im Bezug auf das Langzeitgedächtnis ist das Wiederfinden von Informationen. Denn ein großer Teil des Wissens ist nur passiv und nicht aktiv vorhanden, es kann nur erkannt aber nicht wiedergegeben werden (Schwarz, 1992: 79f). Seeley, Stephens und Tate (2008: 503) unterscheiden zwischen zwei Arten des Langzeitgedächtnisses: Deklarativ oder explizites sowie prozedural oder implizites Gedächtnis. Das deklarative oder explizite Gedächtnis ist für das Reproduzieren und Wiedererkennen von Fakten wie Namen und Orte zuständig. Das prozedural oder implizite Gedächtnis spielt bei der Entwicklung von Fertigkeiten wie Fahrrad fahren und Klavier spielen eine wichtige Rolle. Das Gedächtnis kann besonders schwer einem bestimmten Assoziationsfeld zugeordnet werden. Für die Speicherung von Daten zeichnen sich gleichzeitig mehrere Bereiche im Gehirn verantwortlich (Linder et al., 1991: 238). Im Abschnitt 1.1.2 ist bereits auf die wichtige Rolle des präfrontalen Cortexes bei der Steuerung und Auslösung motorischer Bewegung also willentlich steuerbarer Handlungen eingegangen worden. Neben dieser Funktion ist er aber auch gleichzeitig für die kognitiv kontrollierte Koordination von Sinnesmeldungen zuständig, die ständig und parallel im Gehirn einlaufen und miteinander um Beachtung kämpfen. In dieser Funktion kommt dem präfrontalen Cortex die Aufgabe des Kurzzeitgedächtnisses zu (Multhaup, 2002). Sitz des expliziten Langzeitgedächtnisses sind Teilbereiche des limbischen Systems 6 . Für die Speicherung von Daten im expliziten Gedächtnis sind der Hippocampus und das Corpus amygdaloideum zuständig (Seeley, Ste- 6 Das limbische System befindet sich in den tieferen Bereichen des Großhirns und bildet einen Ring um das Mittelhirn. 22 phens und Tate, 2008: 455f). Der Hippocampus ist für das Abrufen von Informationen verantwortlich. Läsionen im Temporallappen, die den Hippocampus in Mitleidenschaft ziehen, können verhindern, dass Informationen vom Kurzzeitins Langzeitgedächtnis überführt werden. Das Corpus amygdaloideum ist in der emotionalen Interpretation sensorischer Informationen involviert, da es die vom Hippocampus abgerufenen Informationen mit einem emotionalen Wert wie Sympathie und Antipathie belegt und damit motivationspsychologisch markiert. Emotionen und Gemütslage dienen als eine Art Schranke, die darüber entscheiden, welche Information im expliziten LZG gespeichert werden und welche nicht. Zu berücksichtigen ist, dass die Amygdala in der Entwicklung von ängstlichen und impulsiven Reaktionen und Emotionen eine wichtige Rolle spielen, wohingegen der präfrontale Cortex eine passende korrigierende Reaktion zu den eher emotional markierten Reaktionen einleitet (Multhaup, 2002). Sitz des impliziten Gedächtnisses ist vor allem das Kleinhirn (Cerebellum) sowie die prämotorische Rinde. Diese genannten Bereiche spielen in der Entwicklung von Fertigkeiten wie Fahrrad fahren und Klavier eine wichtige Rolle. Abbildung 5 stellt schematisch das Zusammenspiel von UKZG, KZG und LZG dar. Abb. 5: Memory Processing (Seeley, Stephens und Tate, 2008: 502) Aufgrund der verteilten Speicherung wie sie oben dargestellt wurde, ist eine parallele Aktivierung des Wissens sowie automatisierter Abrufsprozesse erforderlich. Zu diesem Zweck müssen Kurzzeit- und Langzeitgedächtnis eng miteinander kooperieren. Für die Bearbeitung von (visuellen) Eingangsdaten sowie die Entscheidung darüber, ob sie im Langzeitgedächtnis gespeichert oder verworfen werden, ist der Zugriff auf automatisiertes Wissen im Langzeitgedächtnis notwendig. Mithilfe des bereits 23 vorhandenen Wissens aus dem Langzeitgedächtnis werden aktuelle Informationen im Kurzzeitgedächtnis bewertet und daraus Handlungsmöglichkeiten abgeleitet. Aus neurobiologischer Sicht erfolgt die Erzeugung vom LZG aufgrund neuronaler Änderungen. Für den Abruf von Informationen aus dem LZG sind eine ganze Serie von Neuronen und ihr Aktivitätsmuster - auch Memory Engramm genannt - verantwortlich (Seeley, Stephens und Tate, 2008: 504f). 1.2 Modelle des Textverstehens in L1 In den vorherigen Abschnitten ist das Lesen aus der neurobiologischen Sicht behandelt worden. In diesem Abschnitt wird das Lesen aus kognitionswissenschaftlicher Sicht durchleuchtet. Eine zentrale Frage der Kognitionsforschung betrifft die Repräsentation des Wissens, das heißt, die Art und Weise der langfristigen Speicherung im Gedächtnis (Schwarz, 1992: 91). Im Bezug auf die Wissensgenerierung aus Texten und deren Speicherung existieren unterschiedliche Ansätze, die sich teilweise gegenseitig ergänzen, teilweise miteinander konkurrieren und sich zum Teil auch gegenseitig ausschließen. Alle Modellvorstellungen des Textverstehens zu präsentieren, ist nicht das Anliegen dieses Abschnitts. Deshalb wird das Augenmerk auf die Forschungsaktivitäten der letzten 40 Jahre gelegt. In allen Modellen, die innerhalb der letzten 40 Jahre aufgestellt worden sind, wird das Textverstehen als Aufbau kohärenter mentaler Repräsentationen verstanden. Dieser gemeinsame Nenner fungiert zugleich auch als signifikantes Unterscheidungsmerkmal. Denn je nach Modell fallen die kognitiven Mechanismen zum Aufbau kohärenter mentaler Repräsentationen anders aus. In den noch traditionellen Theorieansätzen zeichnet sich der Prozess der mentalen Kohärenzbildung als Aneinanderfügen von Sinneinheiten aus. Die additiv-elementaren Ansätze wie etwa das Propositionsmodell von Kintsch und van Dijk (1978) fallen unter die traditionellen Theorieansätze. Neueren Auffassungen zufolge besitzen die konstruierten mentalen Repräsentationen von vornherein ganzheitlichen Charakter mit unterschiedlichen miteinander interagierenden Repräsentationsebenen. Unter die neueren Auffassungen fallen sowohl die holistischen Ansätze so unter anderem das Situationsmodell von Kintsch und van Dijk (1983) als auch die integrativen Ansätze, wofür die mentalen Modelle von Johnson- Laird (1983) das prominenteste Beispiel darstellen. Im dynamischen Modell des Textverstehens ist die mentale Kohärenzbildung ein adaptiver strategischer Prozess. Zielsetzung des vorliegenden Kapitels ist es, die theoretischen Annahmen des Textverstehens auf dem Grund zu gehen. Erst in Anlehnung 24 daran wird auf die Faktoren eingegangen, die das Lesen beeinflussen können. Dies ist insofern wichtig, weil sich einige Einflussfaktoren einer empirischen Untersuchung entziehen. Daher wird zu klären sein, welche Einflussfaktoren für Fördermaßnahmen zugänglich sind und sich entsprechend auch valide untersuchen lassen. Auf den additiv-elementaren Ansatz, holistischen Ansatz sowie integrativen Ansatz wird in diesem Abschnitt eingegangen. Die Erläuterung zum dynamischen Ansatz erfolgt aufgrund der Komplexität des Sachverhalts getrennt im Abschnitt 1.3. 1.2.1 Additiv-elementarer Ansatz Wie bereits oben erwähnt, zielen alle Modelle des Textverstehens auf den Aufbau kohärenter mentaler Repräsentationen ab. Mentale Repräsentationen meinen jenes Wissen, das die Umwelt in irgendeiner Weise repräsentiert (Rickheit et al., 2002: 65). Im additiv-elementaren Ansatz werden diese Repräsentationen mithilfe so genannter Propositionen erzeugt. Das heißt Propositionen als Bedeutungsbausteine beschreiben die semantische Struktur von Sätzen. Propositionen sind „the smallest units of knowledge that can stand as separate assertions“ (McNamara, Miller und Bransford, 1991: 491) oder auch „ein Bedeutungsmolekül, das seinerseits aus Konzepten besteht, quasi den Bedeutungsatomen. Eines der Konzepte […] fungiert als Prädikat und bindet die anderen Konzepte als so genannte Argumente an sich“ (Rickheit et al., 2002: 67). Man nehme als Beispiel den Satz: Brigitte schenkt Katrin eine Fahrkarte. Umschrieben als Proposition würde man auf Folgendes kommen: SCHENKEN (BRIGITTE, KATRIN, FAHRKARTE). SCHENKEN fugiert hier als Prädikat und (BRIGITTE, KATRIN, FAHRKARTE) als Argumente. Propositionelle Repräsentation sind auf zwei Ebenen angesiedelt: die Textbasis und die semantische Makrostruktur. Die Textbasis stellt die unterste, detaillierteste Repräsentationsebene dar und wird deshalb auch als semantische Mikrostruktur des Textes bezeichnet, in der alle im Text genannten Einzelheiten repräsentiert sind. Auf der semantischen Mikrostruktur herrscht zwischen unmittelbar aufeinanderfolgende Propositionen eine lokale Kohärenzbeziehung. Im Gegensatz zu der Textbasis werden auf der semantischen Makrostruktur Inhalte in zunehmend geraffter Form repräsentiert. Die Kohärenzbeziehung ist global, die sich aus dem gesamten Textzusammenhang ergibt (Samules und Kamil, 1992: 216; Schnotz, 1994: 155). Gerade weil die Beschreibung einer zum repräsentierten Gegenstand in einer natürlichen Sprache erfolgt, ist auch häufig von propositionaler (aussagenartiger) Repräsentation (Schwarz, 1992: 91) oder auch symbolischer Repräsentation die Rede. Aus den vorliegenden Symbolen werden durch Anwendung bestimmter Inferenzregeln neue Regeln 25 generiert (Schnotz, 1994: 145). Ein Fallbeispiel für den additiv-elementaren Ansatz stellt das Propositionsmodell von Kintsch und van Dijk (1978) dar. Dabei wird von einer zyklischen Verarbeitung von Texten ausgegangen. In einem Zyklus wird eine bestimmte Anzahl von Sätzen und Phrasen ins Arbeitsgedächtnis eingelesen und in Propositionen transformiert. Anhand von Kohärenzkriterien werden diese Propositionen dann zu einem hierarchischen Kohärenzgraphen überführt. Die verarbeiteten Propositionen werden nur kurzfristig im Kurzzeitspeicher des Arbeitsgedächtnisses aufbewahrt, bevor sie zum nächsten Zyklus übergehen, wo eine Verknüpfung der neuen Propositionen mit früheren Propositionen aus dem Langzeitgedächtnis stattfindet. Sollten keine früheren Propositionen im Langzeitgedächtnis vorhanden sein, muss mithilfe so genannter Inferenzen diese Kohärenzlücke geschlossen werden. Die Bildung von Inferenzen erfolgt durch die Generierung einer oder mehrerer zusätzlicher Propositionen unter Rückgriff auf das Vorwissen (Schnotz, 1994: 171). Die Annahme einer ausschließlich propositionellen mentalen Repräsentation wurde vielfach in Zweifel gezogen, denn Propositionen repräsentieren nur die Struktur des Textes (McNamara, Miller, Bransford, 1991: 492). Kritisch am Propositionsmodell ist weiterhin die in diesem Modell inhärente Auffassung, dass die Interpretation eines Satzes nicht über den propositionalen Gehalt hinausgeht. Demzufolge ist es nur anwendbar auf relativ einfache Texte, die keine Missverständnisse hervorrufen und damit eine Uminterpretation erfordern. Auch die Annahme einer konstanten Zahl von Propositionen, die dem Leser im Verarbeitungsprozess mental präsent sind, lässt sich mit empirischen Befunden nicht vereinbaren. Und schließlich ist die Rolle, die in diesem Modell der Inferenz zugedacht wird, problematisch. Inferenzen dienen der Schließung von Kohärenzlücken. Eine multiple Verknüpfung neuer Propositionen mit mehreren früheren Propostionen ist nicht vorgesehen (Schnotz, 1994: 173f). 1.2.2 Holistischer Ansatz Im Vergleich zum additiv-elementaren Ansatz, wo die kohärente mentale Repräsentation durch die Akkumulation semantischer Einheiten entsteht, geht man im holistischen Ansatz des Textverstehens davon aus, dass der Leser mithilfe seines Vorwissens von Anfang an eine ganzheitliche mentale Repräsentation bildet, daher auch die Bezeichnung holistisch. Das Konzipieren ganzheitlicher mentaler Repräsentationen kann auf unterschiedliche Weise erfolgen. Eine Möglichkeit wäre die Bildung semantischer Makrostrukturen. Wie bereits unter 1.2.1 erwähnt, werden semantische Makrostrukturen oder auch Makropropositionen, die den Textinhalt in geraffter Form wiedergeben, von Mikropropositionen des Textes gene- 26 riert. Der Generierungsprozess zeichnet sich durch eine auf- und absteigende Schemaaktivierung aus, bei dem vor allem strukturelle und reduktive Inferenzen gebildet werden. Mithilfe reduktiver Inferenzen werden Makropropositionen anhand von Mikropropositionen der Textbasis generiert. Strukturelle Inferenzen hingegen segmentieren den Text in thematisch homogene Abschnitte. Im Gegensatz zum additiv-elementaren Ansatz also, wo Inferenzen der Schließung von Kohärenzlücken dienen, werden sie hier neben der Makrostrukturbildung zur Anreicherung der mentalen Repräsentationen sowie Differenzierungszwecke herangezogen (Schnotz, 1994: 175). Eine weitere Möglichkeit, ganzheitliche mentale Repräsentationen zu bilden, stellt die von Sanford und Garrod (1981) aufgestellten Szenarien dar. Unter einem Szenarium ist eine im Vorwissen gespeicherte ganzheitliche Repräsentation einer komplexen Situation gemeint. Das Textverstehen bzw. der Prozess der mentalen Kohärenzbildung setzt mit der Suche nach einem geeigneten Szenarium im Vorwissen ein. Dann folgt deren Aktivierung sowie sukzessive Elaboration. Auf diese Weise werden komplexe Repräsentationen gebildet, die über das hinausgehen, was explizit im Text steht. Um das Problem der begrenzten Arbeitsgedächtniskapazität zu umgehen, werden nicht alle vorhandenen Szenarien mental präsent sondern nur ein bestimmter Teil. In diesem Ansatz haben Inferenzen -ähnlich wie bei der Bildung semantischer Makrostrukturen die Funktion, mentale Repräsentationen anzureichern und zu differenzieren (Schnotz, 1994: 175f). Eine andere Variante der mentalen Kohärenzbildung bietet das Situationsmodell von Kintsch und van Dijk (1983), eine Erweiterung ihres Propositionsmodells, in der neben der Bildung einer propositionellen Textbasis zugleich auch ein sogenanntes Situationsmodell aufgebaut wird. Ein Situationsmodell ist ein internes Modell des im Text beschriebenen Sachverhalts, das durch die Integration der Textinformation mit dem bereits vorhandenen Sachwissen entsteht. Inferenzen dienen dem Prozess der Modellbildung. Es werden nicht Propositionen innerhalb der Textbasis inferiert sondern Bestandteile des Situationsmodells. Auch Sätze dienen nicht der Bildung von Propositionen, sondern enthalten Hinweise für die Konstruktion des internen Modells (Schnotz, 1994: 177). Demnach haben die Leser einen Text erst dann wirklich verstanden, wenn sie die Textinformation und das Vorwissen zu einer angemessenen Repräsentation der im Text beschriebenen Sachverhalte integrieren können. Wie man aus den obigen Erläuterungen ablesen kann, spielen im holistischen Ansatz Vorwissensstrukturen in der Bildung ganzheitlicher mentaler Repräsentation eine sehr entscheidende Rolle. In der Kognitionswissenschaft werden unter Vorwissensstrukturen sogenannte Schemata verstanden. Man geht von der Annahme aus, dass „das zum Ver- 27 stehen allgemeine Weltwissen in Form kognitiver Schemata gespeichert ist und der Aufbau einer mentalen Repräsentation über eine Aktivierung solcher Schemata erfolgt“ (Schnotz, 1994: 61). Damit zählen Schemata zu den wichtigsten Wissensressourcen im Langzeitgedächtnis. Ein Schema 7 ist „eine abstrakte Wissensstruktur, die stereotype Charakteristika von Gegenständen oder Sachverhalten repräsentiert“ (Rickheit et al., 2002: 62). Manchmal ist auch von Skript die Rede und darunter ist ein Schema gemeint, das sich auf ganze, häufig vorkommende und relativ standardisierte Handlungs- und Ereignisabläufe bezieht (Schnotz, 1994: 64) bzw. eine stereotype Sequenz von Ereignissen oder Handlungen wie z.B. der Besuch in einem Restaurant (Rickheit et al., 2002: 63). Das Schema zeichnet sich durch eine „netzwerkartige Struktur mit hierarchischem Aufbau“ aus (Schwarz, 1992: 87), weshalb Schemata auch als Sachverhalte oder Sachverhaltklassen interpretiert werden (Schnotz, 1994: 62). Der hierarchische Aufbau erfolgt entweder durch die Herstellung einer Teil-Ganzes-Relation, indem bestimmte Schemata in andere eingebettet werden. Dabei treten Sub-Schemata in der Funktion der sogenannten Generalisten und untergeordnete Schemata in der Funktion sogenannter Spezialisten auf. Eine weitere Möglichkeit stellen Abstraktionshierarchien dar; wo ein und derselbe Sachverhalt auf unterschiedliche Abstraktionsebenen repräsent ist (Schnotz, 1994: 66). Eine ihrer wichtigsten Eigenschaften ist der generative Charakter, denn sie stellen einen gedanklichen Setzkasten mit inhaltlichen Leerstellen bzw. Slots bereit, die im Verstehensprozess mit konkreten Werten bzw. Fillers besetzt und somit eine n-Zahl an spezifischeren, begrifflichen Strukturen erzeugt werden können (Rickheit et al., 2002: 62; Schnotz, 1994: 61; Schwarz, 1992: 88). Aufgrund empirischer Befunde werden Schemata nachstehende, verarbeitungsleitende Wirkungen nachgesagt: Selektion, Abstraktion, Interpretation und Integration. Die Selektion bewirkt die ausschließliche Verarbeitung schemarelevanter Informationen. Alle weiteren konkurrierenden Schemata werden gehemmt. Aufgrund der Abstraktion erfolgt die Weiterverarbeitung in einer dem betreffenden Schema entsprechenden abstrahierten Weise. Mithilfe von Interpretation wird die zu verarbeitende Information im Hinblick auf das betreffende Schema interpretiert. Und die Integration schließlich bewirkt, dass die so aufbereitete Information in das betreffende Schema integriert und gegebenenfalls mit weiteren Schemata verknüpft wird. Befunde belegen weiterhin, dass die Struktur eines Textes bei mehrfach wiederholter Reproduktion immer stereotyper wird. Dass wesentliche 7 Anstelle von kognitivem Schema wird in Anlehnung an Minsky (1977) auch der Begriff Frame verwendet (Schnotz, 1994: 64). 28 Schema schneller verarbeitet werden als unwesentliche und dass ein Ereignis eines Ablaufschemas die Verarbeitung des zeitlich folgenden Ereignisses beschleunigen kann (Rickheit et al., 2002: 62f). Wenn nun der Aufbau einer mentalen Repräsentation über eine Aktivierung von Schemata erfolgt, so stellt sich die Frage, wie aus dem verfügbaren Schemainventar im Langzeitgedächtnis die jeweils situationsadäquatere Schemakonfiguration gebildet bzw. ausfindig gemacht wird? In der Schematheorie wird davon ausgegangen, dass die Bildung einer stabilen Konfiguration aktivier Schemata mithilfe einer wechselseitigen auf- und absteigenden Schemaaktivierung bei gleichzeitiger Hemmung konkurrierender Schemata erfolgt. Durch aufsteigende Aktivationsprozesse werden Hypothesen über untergeordnete Schemata wie etwa Buchstaben, Worte, Wortkonzepte, syntaktische Strukturen gebildet (Schnotz, 1994: 93). Absteigende Aktivationsprozesse werden von übergeordneten Schemata evoziert. Mit ihrer Hilfe werden die gebildeten Hypothesen überprüft und im Falle einer Bestätigung wiederum weitere aufsteigende Hypothesen in Gang gesetzt, die wiederum absteigend überprüft werden und so weiter (ebd. 71). Gerade weil die Leerstellen in der Schemakonfiguration nicht durch x-beliebige, sondern bestimmte Informationen gefüllt werden müssen, besteht eine weitere Aufgabe absteigender Aktivationsprozesse darin, eine zielbzw. perspektivrelevante Suche nach entsprechenden Informationen einzuleiten. Im Gegenzug spielt die zielrelevante Suche in der Aufmerksamkeitssteuerung eine entscheidende Rolle. Schemata lassen beim Textverstehen unterschiedliche Verarbeitungsebenen zu. Auf der Ebene der subsemantischen Verarbeitung agieren Schemata zur Identifikation von graphemischen Merkmalen, Buchstabensgruppen sowie Wortbildern. Auf der Ebene der semantisch-syntaktischen Verarbeitung dienen Schemata der Identifikation bestimmter syntaktischer Strukturen, die den Sinngehalt von Worten und Phrasen umfassen. Die Ebene der höheren semantischen Verarbeitung auch Skriptwissen genannt wird durch komplexere Schemata, die inhaltspezifisches Weltwissen beinhalten, also Wissen über bestimmte Situationen, Prozesse und Handlungen sowie Wissen über textsortenspezifische Darstellungsstrukturen ermöglicht (ebd. 66). Diese Ebenen ähneln stark den bereits unter 1.1.2 beschriebenen lexikalischen, semantischen, syntaktischen, sprachlautlich, prosodischen und orthographischen Teilkomponenten, die in den verschiedenen Bereichen des Großhirns enkodiert und dekodiert werden. 29 1.2.3 Integrativer Ansatz Dem integrativen Ansatz zufolge erschöpft sich das Textverstehen nicht in einer isolierten Rekonstruktion der Bedeutung der explizit im Text genannten Informationen der propositionalen Textbasis, wie es im Propositionsmodell von Kintsch und van Dijk der Fall ist. Sie beruht aber auch nicht ausschließlich auf der Bildung semantischer Makrostrukturen unter Rückgriff auf das Vorwissen. Vielmehr enthält der integrative Ansatz von Johnson-Laird (1983) sowohl die additiv-elementaristische Sichtweise des Textverstehens als Verknüpfung von Propositionen als auch die holistische Sichtweise des Textverstehens als analoge mentale Modellkonstruktion. Das heißt, beim Textverstehen konstruiert ein Leser sowohl eine propositionale Repräsentation als auch ein analoges mentales Modell, wobei die propositionale Repräsentation als interne Datenbasis für die mentale Modellkonstruktion dient. Im Gegensatz zu der symbolischen Repräsentation, wo eine natürliche Sprache als Beschreibungsmodi verwendet wird, beruht die analoge Repräsentation auf Modellen. Ähnlich wie Fotos und Bilder der Realität, die als analog bezeichnet werden, da sie ja nur perzeptuelle Eigenschaften der abgebildeten Realität wiedergeben, ist die Analogierelation zwischen Original und Modell so beschaffen, dass der durch das Modell repräsentierte Gegenstand nur ein Ausschnitt der Wirklichkeit darstellt. Das heißt, der Ausschnitt wird durch das Modell nur hinsichtlich einer bestimmten Teilmenge seiner Merkmale repräsentiert (Schnotz, 1994: 147). In Anlehnung an die Analogierelation zwischen Foto und außersprachlicher Realität ist auch bei Schwarz (1992: 92) von analogen (bildhaften) Repräsentationen die Rede, wobei zwischen den physischen Objekten und den mentalen Repräsentationseinheiten eine isomorphe Relation angenommen wird. Das Textverstehen beruht auf drei unterschiedlichen mentalen Repräsentationen, die miteinander auf unterschiedliche Repräsentationsebenen interagieren: 1. Die Mentale Repräsentation der Textoberfläche bzw. wörtliche Repräsentation, zum Beispiel der Wortlaut eines Satzes, ist Ergebnis grundlegender Verarbeitungsprozesse wie Buchstaben- und Worterkennung sowie syntaktischer Verarbeitung und ermöglicht aufgrund der textnahen Repräsentation ein wortgetreues Erinnern. 2. Die Propositionale Repräsentation bzw. Textbasis wird mithilfe einer semantischen Verknüpfung aufeinanderfolgender Textsätze gebildet, aber ohne Verknüpfung mit externen Informationen. Vielfach ist auch von lokaler Kohärenzbildung auf der Ebene der Tiefenstruktur die 30 Rede, die wiederum aufgrund der textnahen Repräsentation ein genaues Erinnern des Semantischen Gehalts zulässt. 3. Die Konstruktion eines internen Modelles des im Text beschriebenen Sachverhalts bzw. die situative Repräsentation ist das Abbild bzw. das mentale Modell der im Text beschriebenen Sachverhalte und Ereignisse (z.B. bildliche Vorstellung). Und resultiert aus der subjektiven Rekonstruktion der im Text beschriebenen Sachverhalte und Ereignisse, indem die Textinformation aktiv mit bereits vorhandenem Wissen in Beziehung gesetzt wird. Auf diese Weise wird die Entnahme von Informationen ermöglicht die im Text implizit geblieben sind. Die Vorstellung des im Text dargestellten Sachverhaltes wird erst durch seine ganzheitliche mentale Repräsentation anhand der Textbasis und des sachbezogenen Weltwissens konstruiert. Man spricht auch vom referentiellen Modell bzw. gegenstandnahen mentalen Modell. Hier findet man die geringste Vergessensrate. (Schnotz, 1994: 179) Gerade weil Textinformationen aktiv mit bereits vorhandenem Wissen in Beziehung gesetzt und auf diese Art die Entnahme von Informationen ermöglicht wird, die im Text implizit geblieben sind, gilt Inferenz in diesem Fall als ein Nebenprodukt der mentalen Modellkonstruktion (ebd.). Um die aktive Tätigkeit des Lesens, die schließlich zum kohärenten Textverständnis führt, besser abzulichten, differenzieren Christmann und Groeben (1999) zwischen Teilprozessen, die auf der Wort-, Satz- und Textebene angesiedelt sind. Auf der Wortebene, die zugleich auch die unterste Ebene darstellt, erfolgt das Erkennen von Buchstaben und Wörtern und die Erfassung der Wortbedeutungen. Auf der Satzbzw. mittleren Ebene wird die semantische und syntaktische Relation zwischen Sätzen hergestellt. Und auf der höheren Ebene des Textes vollzieht sich die satzübergreifende Integration von Sätzen zu Bedeutungseinheiten, wodurch erst der Aufbau einer kohärenten, mentalen Repräsentation der Bedeutung des Textes gewährleistet werden kann. Richter und Christmann (2006) modifizieren in Anlehnung an Kintsch (1998) aber auch Christmann und Groeben (1999) die soeben besprochene Aufteilung. Es ist fortan von kognitiv immer anspruchsvoller werdenden Ebenen die Rede, die nach textbasierten, hierarchieniedrigeren Bottom-up- und wissensbasierten hierarchiehohen Top-down-Prozessen aufgeschlüsselt werden. Unter den hierarchieniedrigen Prozessen wird einerseits der Aufbau einer Textrepräsentation basierend auf Worterkennung, Wortfolgen, semantischen und syntaktischen Relationen von Sätzen sowie andererseits die Bildung lokaler Kohärenz, die in der Herstellung von semantischen Relationen zwischen Sätzen bzw. Propositionen besteht, verstanden. Zu den hierarchiehöheren Prozessen werden die globale 31 Kohärenzbildung auf der Basis von Makrostrukturen, die Bildung von Superstrukturen bzw. Schemata zur globalen Textordnung sowie das Erkennen rhetorischer Strategien gezählt. Man geht davon aus, dass die genannten Prozesse größtenteils parallel ablaufen, vor allem dann, wenn die hierarchieniedrigeren Prozesse so automatisiert sind, dass sie nicht die kognitiven Leistungen des Lesenden bzw. die Arbeitsgedächtniskapazität des Lesenden für sich allein beanspruchen. Wie die Verarbeitungsprozesse in L1 ablaufen, ist nun aus neurobiologischer sowie kognitionswissenschaftlicher Sicht klar. Unklar bleibt, warum bestimmte Leser besser oder schlechter sind oder warum einige Leser Texte besser verstehen können oder nicht. Aufschlussreich in dieser Hinsicht können Ansätze sein, die zwar im Bereich des Lernens und des Gedächtnisses aufgestellt worden sind, mit dem Ziel eine Erklärung für interindividuelle Leistungsdifferenzen sowie intraindividuelle Leistungsschwankungen zwischen Lernern zu liefern. Diese Annahmen können jedoch auch auf das Lesen projiziert werden. In der einschlägigen Literatur werden als Lerndeterminanten der Leistungsdifferenzierung im Bereich des Lernens und Gedächtnisses trotz Mangel an systematischen Forschungsprogrammen vier nicht unabhängige, kognitive Bereiche voneinander abgegrenzt (Hasselhorn, 1992: 35f): die Wissensbasis, die funktional verfügbare Verarbeitungskapazität, Strategien und Metakognitionen. Unter Wissensbasis sind Inhalte, Repräsentationsstrukturen und die aktuelle Aktiviertheit des Langzeitgedächtnisses gemeint, also die bereichsspezifischen Vorkenntnisse einer Person, die als beste Prädikatoren der Lernleistungen fungieren können. Die funktional verfügbare Verarbeitungskapazität besteht aus strukturellen Merkmalen (Speichergröße) und prozeduralen Komponenten wie etwa die Geschwindigkeit, mit der Informationen identifiziert und intern verarbeitet werden. Die gängige Messmethode ist die sogenannte Gedächtnisspanne, worauf in Abschnitt 1.3.1 ausführlicher eingegangen wird. Unter Strategien sind zielgerichtete Prozesse gemeint, die potentiell bewusst und kontrollierbar sind. Und unter Metakognitionen schließlich fallen Kommandofunktion der Kontrolle, Steuerung und Regulation während des Lernens. Um diese Funktion ausüben zu können, sind Wissen und Kontrolle über das eigene kognitive System sowie Reflektion über kognitive Zustände und Prozesse erforderlich. Damit wäre die kognitive Dimension aufseiten der Leser geklärt. Gerade weil aber aus der kognitionstheoretischen Sicht das Lesen eine Art Text-Leser-Interaktion darstellt, so muss die kognitive Dimension des Lesens aufseiten des Lesers mit weiteren Dimensionen der Textbzw. Informationsverarbeitung angereichert werden. Und es stellt sich die Frage, welche zusätzlichen Faktoren das Lesen beeinflussen können. Im Folgenden wird ein dynamisches Modell des Textverstehens vorgestellt, 32 wonach die mentale Kohärenzbildung als ein zielgerichteter und effizienzorientierter, adaptiver, strategischer Prozess verstanden wird, bei der in Anlehnung an individuelle Lernvoraussetzungen, Texteigenschaften und gegebene Lernsituation und Rückgriff auf unterschiedliche Verarbeitungsstrategien die Prozesse flexibel reguliert werden. 1.3 Lesen als Informationsverarbeitung: Variablen erfolgreichen Lesens Die in den vorherigen Abschnitten dargestellten Prozesse umfassen nur die kognitive Dimension des Textverstehens. Gerade weil das Lesen eine Art Informationsverarbeitung darstellt, muss das Lesen in einem höheren Zusammenhang gesehen werden. Um konkrete Fördermaßnahmen zur Verbesserung von Lesekompetenz anbieten zu können, ist daher ein umfassenderer Begriff von Lesekompetenz notwendig. Die Lesekompetenz stellt „kein monolithisches Fähigkeitskonstrukt dar, sondern besteht aus mehreren, miteinander interagierenden Teilfähigkeiten. Die beim Lesen relevanten Teilfähigkeiten und Prozesse sind z.T. automatisiert, z.T. werden sie vom Lesenden auch bewusst gesteuert“ (Artelt et al., 2005: 12). Sowohl theoretische Erkenntnisse als auch empirische Befunde untermauern die Rolle des Lesers, des Textes und der Inhalte und deren Interaktion beim Leseverständnis (Kozminsky und Kozminsky, 2001: 187). Ein vollständigeres Bild findet sich bei Brown et al. (1981: 19). Abb. 6: Tetraeder-Modell zum Lernen mit Texten (Brown, Campione, und Day, 1981: 19) 33 Wie aus der Abbildung 6 herovgeht, wird im Modell von Brown et al. (1981) in Anlehnung an Jenkins (1979) Tetraeder-Modell, die Komponenten Characteristics of the Learner, Learning Activities, Criterial Tasks und Nature of the Materials als individuelle Voraussetzungen erfolgreichen Lernens mit Texten präsentiert werden, die ebenso gut auf das erfolgreiche Lesen projiziert werden können. Während Lerner- und Materialmerkmale als interne Lerndeterminanten aufgeführt werden, werden Lernaktivitäten und Aufgabenmerkmale als externe Lerndeterminanten bezeichnet (Bannert, 2007). Ein anderer Klassifizierungsversuch findet sich bei Artelt et al. (2005: 12f), wie er in der Abbildung 7 dargestellt wird. Im Modell von Artelt et al. (2005: 12) wird i n Anlehnung an Jenkins Modell die Gruppierung der relevanten Aspekte beim Lesen bzw. Lernen aus Texten und der Vorhersage von Lesekompetenz nach vier Merkmalsklassen ausgerichtet, von denen zwei Leser- und zwei textbezogene Kategorien darstellen. Unter die leserbezogene Kategorie fallen die Merkmale des Lesers/ der Leserin und die Aktivitäten des Lesers/ der Leserin. Leseanforderungen und die Beschaffenheit des Textes hingegen werden als textbezogene Kategorien aufgefasst. Die in allen vier Kategorien aufgelisteten Merkmale können sich gegenseitig bedingen und damit auch die Qualität des Lesens hinsichtlich Art sowie Erfolgsgrad beeinflussen. Abb. 7: Determinanten der Lesekompetenz (Artelt et al., 2005: 12) 1.3.1 Lernermerkmale Die Lernermerkmale umfassen neben wissensabhängigen Lesefähigkeitskomponenten wie Sprachkenntnisse und inhaltliches Vorwissen auch 34 wissensunabhängige Lesefähigkeitskomponenten, also Arbeitsgedächtniskapazität sowie motivationale Faktoren. Vorwissen als wichtiger Indikator für Informationsverarbeitung Das Vorwissen umfasst das Wissen über Ereignisse, Ideen oder Gegenstände, die der Leser mitbringt. Dieses Wissen beeinflusst die Deutung, die aus dem Text abgeleitet wird (Anderson und Pearson, 1984). Denn auf der einen Seite beschleunigt es das Leseverstehen, auf der anderen Seite erleichtert es das Verstehen von Materialien, die sehr vielfältig und umfangreich sein können (Kozminsky und Kozminsky, 2001: 188). In theoretischen Ansätzen vieler pädagogisch-psychologischer Anwendungsfelder findet diese Komponente erfolgreichen Lernens ihre Relevanz (Hasselhorn, 1992: 47). Besonders in der Schema-Theorie des Lesens wird dem Vorwissen eine wichtige Rolle eingeräumt, wonach das Verständnis erst dann erfolgt, wenn zwischen relevantem Vorwissen und Textinformation eine Brücke geschlagen wird (Anderson und Pearson, 1984). Eine Integration findet die Komponente des Vorwissens im Good Strategy User-Model von Pressley, Borkowski und Schneider (1989). Aus diesem normativen Modell lassen sich viele praktische Implikationen und Instruktionsprinzipien für den Unterricht zur Förderung strategischen Lernverhaltens ableiten. Deshalb wird im Verlauf dieses Abschnitts ausführlicher darauf eingegangen. Das Vorwissen wird sowohl von versierten Lesern als auch Novizen verwendet, um sich über die Inhaltspunkte aus dem Text einen Überblick zu verschaffen und damit den Text zu verstehen. Diesem Prozess kann mithilfe von Unterstützungen in Form von Strategien Auftrieb verliehen werden. Man geht jedoch davon aus, dass auf die Unterstützungsmaßnahmen weitgehend verzichtet werden kann, je mehr der Lerner Vorwissen mit sich bringt (Allen, 2003: 319). Diese Annahme bildet seit langem einen Gegenstandsbereich der Forschung, sodass heute die Effektivität und Rolle des Vorwissens bei der Informationsverarbeitung insofern einen der wahrscheinlich besterforschten Bereiche in der Forschungslandschaft darstellt, da es bei Kindern, Erwachsenen aber auch bei Lernschwachen untersucht worden ist. Studien aus dem Bereich der pädagogischen Psychologie belegen, dass ein bereichsspezifisches Wissen zur Lernleistungssteigerung beiträgt (Kunz, Drewniak, Hatalak und Schön, 1992; McNamara und Kintsch, 1996). Ergebnisse aus diesem Bereich gehen konform mit jenen aus der Leseforschung einher. So weiß man inzwischen, dass eine Korrelation zwischen Leseverstehen und individuell vorhandenem relevanten Vorwissen besteht (Chiesi, Spilich und Voss, 1979) und dass inhaltliches Vorwissen Defizite in hierarchieniedrigen 35 Lesefähigkeitskomponenten kompensiert (Voss und Silfies, 1996). Studien mit Erwachsenen (Chiesi, Spilich und Voss, 1979; McNamara und Kintsch, 1996; Britton, Stimson, Stennett und Guelgoez, 1998) und Kindern (Pearson, Hansen und Gordon, 1979; Taft und Leslie, 1985; Gaultney, 1995; Carr und Thompson, 1996) belegen ferner, dass das Vorhandensein eines Vorwissens zu einem bestimmten Thema die Quantität der Behaltensleistung bei der Informationsentnahme aus einem Text steigert. Auch zeigen Vergleiche zwischen guten und schlechten Lesern, dass gute Leser mehr Informationen aus einem Text behalten können als schlechte Leser (Taylor, 1979), was weniger mit der Kurzzeitgedächtniskapazität zu tun hat als mit dem Allgemeinwissen der Leser, das zu einer Steigerung der Behaltensleistung führt. Auch Studien zur Leseschwäche untermauern die Rolle des Vorwissens bei der Informationsverarbeitung. So haben Carr und Thompson (1996) das Leseverständnis von Schülern aus der achten Klasse mit/ ohne Leseschwäche anhand von Texten mit bekannten und unbekannten Themenbereichen gemessen und dabei festgestellt, dass beide Gruppen, besonders die mit Leseschwäche, von der Vorwissensaktivierung profitierten. Studien verbuchen ferner eine Interaktion zwischen Vorwissen und anderen Textvariablen wie etwa Textkohärenz (Kintsch, 1994). So hat man feststellen können, dass bei geringer Textkohärenz Leser mit hohem Vorwissen bessere Leistungen bei der Bearbeitung offener Fragen erbringen (McNamara und Kintsch, 1996). Der Lernzuwachs, wie er in unterschiedlichen Bereichen verbucht worden ist, wird auf zwei Dinge zurückgeführt: Kapazitätsentlastung des Arbeitsgedächtnisses sowie Einfluss des Vorwissens auf die metakognitiven Kontrollprozesse. Ein hohes Vorwissen bringt insofern eine Kapazitätsentlastung des Arbeitsgedächtnisses mit sich, weil sich der Lerner das Wissen nicht erst aneignen muss. Somit steht ihm mehr mentale Kapazität für die Verarbeitung neuer Informationen zur Verfügung (Schnotz, 1994). Neben dieser Hypothese wird von der Annahme ausgegangen, dass zwischen metakognitiven Kontroll- und Steuerungsprozessen und Vorwissen ein bidirektionaler Zusammenhang besteht. Hier haben sich drei Hypothesen entwickelt: Die erste Hypothese befasst sich mit der reziproken lernförderlichen Verbindung, die zwischen dem Vorwissen und der Metakognition besteht Ein Mindestmaß an Vorwissen ist erforderlich, damit Strategieinterventionen überhaupt in die Wege geleitet werden können (Garner und Alexander, 1989; Drewniak, 1992); die Förderung des Wissenserwerbs wird hingegen durch den Metakognitionseinsatz bedingt (Artelt, 2000). Neben dieser Hypothese existiert die sog. Kompensationshypothese, wonach ein Vorwissensdefizit durch ausreichendes Strategieinventar kompensiert werden kann, auch der umgekehrte Fall ist möglich (Alexander und Judy, 1988; Garner und Alexander, 1989; Afflerbach, 36 1990). Der letzten Kumulationshypothese zufolge, bewirkt ein hohes Vorwissen im Zusammenhang mit hohem Metakognitionseinsatz einen doppelten Leistungszuwachs. Diese Hypothesen sind in der Forschung noch nicht ausreichend belegt worden (Bannert, 2007). Im selben Maße jedoch wie das Vorwissen die Informationsverarbeitung positiv beeinflussen kann, so kann es aber auch einen negativen Einfluss ausüben. Der Mehrwert des Vorwissens entscheidet immer noch über die Qualität und Quantität eines solchen Wissens. So kann das Allgemeinwissen aus Wissensfragmenten oder sogar falschen Konzepten und Konstrukten bestehen, die sich hemmend auf das Leseverständnis auswirken oder den Leser zu falschen Rückschlüsse verleiten können. Weitere Konsequenzen wären die Beeinträchtigung des Informationsabrufs oder sogar das Auftreten einer abweisenden Haltung gegenüber neuen Informationen im Text (Hynd und Alverman, 1986). In Summa kann festgestellt werden, dass das Vorwissen ebenso sehr das Leseverständnis ankurbeln, wie eine Überschätzung der Wissensbestände zu einer Beeinträchtigung desselben führen kann (Stanovich, 1980). Dies und weitere Punkte bedürfen weiterer Untersuchungen. Denn trotz des vorhandenen Konsenses bezüglich der Rolle des Vorwissens auf die Informationsverarbeitung, so ist diese eine Variable wenig in Trainingsmaßnahmen berücksichtigt worden (Kozminsky und Kozminsky, 2001: 189). Der Grund liegt in der Natur der Sache. Denn selbst wenn das Vorwissen erweitert wird, so würde sich dieses Wissen nur auf den jeweiligen spezifischen Bereich beschränken, in dem das Wissen erweitert worden ist (Schreblowski, 2004: 25). Damit bietet sich die Erweiterung des Vorwissens nicht als Training zu Verbesserung der Lesekompetenz an . Arbeitsgedächtnis Das Arbeitsgedächtnis spielt bei der Verarbeitung von Texten, ob es sich nun dabei um lineare oder Hypertexte handelt, eine entscheidende Rolle. Neueren Gedächtnismodellen zufolge, ist es nicht nur für die passivtemporäre Speicherung neu ankommender Informationen zuständig, sondern zugleich auch für Inferenzprozesse, bei der neue Textinformationen erst mit Informationen aus dem Langzeitgedächtnis in Bezug gesetzt werden müssen, bevor sie dann im Langzeitgedächtnis gespeichert werden können. Demnach wird das Arbeitsgedächtnis einer hohen Belastung ausgesetzt sein, sollten die hierarchieniedrigen Prozesse nicht automatisiert ablaufen. Denn diese Prozesse sind so aufwendig, dass die kognitiven Ressourcen des Arbeitsspeichers durch die Anstrengung gleichsam aufgezehrt würden. Nun fällt die Kapazität des Arbeitsgedächtnisses interindividuell unterschiedlich aus. Zu seiner validen Erfassung wird die 37 sogenannte Lesespanne-Aufgabe von Daneman und Carpenter (1981) herangezogen. Den Lesern werden mehrere zusammenhangslose Sätze vorgegeben. Die Sätze sollen auf der einen Seite auf Verständnis hin gelesen werden, auf der anderen Seite müssen jeweils die letzten Wörter der Sätze im Gedächtnis behalten werden. Die Lesespanne ergibt sich aus der Anzahl der Sätze, bei denen diese doppelte Aufgabe erfolgreich bewältigt werden kann (Just und Carpenter, 1992; Richter und Christmann, 2006). Ähnlich wie das Vorwissen bietet sich auch das Arbeitsgedächtnis nicht als Trainingsgegenstand zur Verbesserung der Lesekompetenz an. Das Arbeitsgedächtnis kann höchstens mithilfe von Strategien etwas entlastet werden. Motivation Das Thema Motivation ist nicht das Hauptanliegen der vorliegenden Arbeit. Da die Motivation sich jedoch als Ursache für das Ausbleiben von durch Strategietraining angestrebten Lerneffekten gestalten kann, wird darauf der Vollständigkeit halber und im Zuge des empirischen Teils eingegangen. Die aktuelle (Lese)Motivation einer Person bezeichnet das Ausmaß des Wunsches oder der Absicht, in einer bestimmten Situation einen spezifischen Text zu lesen (Schiefele, 1996). Solche Absichten können unterschiedlich motiviert sein. In der Forschungsliteratur unterscheidet man daher zwischen den zwei intrinsischen und extrinsischen Komponenten der Motivation (Deci und Ryan, 1985). Von intrinsischer Motivation ist vor allem dann die Rede, wenn die Gründe der Ausführung einer Aktivität in der Aktivität selbst liegen, weil die Aktivität von der ausführenden Person als belohnend eingestuft wird (ebd.). Im Hinblick auf das Lesen kann die Aktivierung der intrinsischen Motivation entweder aufgrund eines gegenstandsspezifischen Anreizes erfolgen, was z.B. beim Interesse am Thema eines Textes der Fall ist oder mithilfe eines tätigkeitsspezifischen Anreizes; in diesem Fall wird das Lesen unabhängig vom Thema positiv erlebt. Wie aus dem Begriff selbst hervorgeht, wird die extrinsische Motivation beim Lesen vor allem durch vermeintliche Folgen und Konsequenzen bestimmt, die aus einer Handlung hervorgehen können (Artelt et al., 2005: 19). In Bezug auf den Einfluss der Lesemotivation auf das Leseverhalten wird von der Annahme ausgegangen, dass vor allem die intrinsische Lesemotivation die Lesemenge positiv beeinflusst und dass eine erhöhte Lesemenge wiederum ein gesteigertes Leseverständnis bewirkt. Untersuchungen von Guthrie et al. (1999) sowie Wigfield und Guthrie (1997) konnten die Existenz einer solchen Wirkungskette bestätigen. Eigens für die Erfassung der habituellen bzw. gewohnheitsmäßigen Lese- 38 motivation haben sie den sog. Motivation for Reading Questionnaire (MRQ) entwickelt. Als Indikatoren der intrinsischen Motivation gelten das Ausmaß erlebter Herausforderung beim Lesen, das Gefühl der kognitiven Einbezogenheit oder die eingeschätzte Wichtigkeit der Lesekompetenz, die Neugier sowie soziale Aspekte des Lesens und die Einschätzung der eigenen Lesekompetenz. Zu den extrinsischen Faktoren können das Streben nach Anerkennung, die Tendenz, das Lesen zu vermeiden bzw. nur bei Vorhandensein äußeren Drucks zu lesen, Aspekte sozialen Vergleichs oder das Lesen zur Notensteigerung gezählt werden. Anhand der Lesemotivation konnte vor allem die Lesemenge vorhergesagt werden. Aufgrund vergleichbarer Forschungsergebnisse wird in der wissenschaftlichen Fachdiskussion eine Integration von Strategien der motivationalen, volitionalen und emotionalen Kontrolle befürwortet (Pressley et al., 1989; Volet, 1991; Schmitz und Wiese, 1999; Schmitz, 2001; Schreblowski und Hasselhorn, 2001). Eine Basis hierfür stellt das theoretische Modell des kompetenten Lernens dar, auf das ausführlich in diesem Abschnitt eingegangen wird. Die Motivation spielt im Lernsetting insofern eine sehr große Rolle, weil in vielen Studien zu Trainingsmaßnahmen die Effektgröße entweder bescheiden ausgefallen ist oder eine geringe Transferdistanz, manchmal sogar negative Trainingseffekte verzeichnet werden konnten, wofür vor allem mangelnde, motivationale und emotionale Voraussetzungen verantwortlich zeichnen (Paris und Oka, 1986; Schreblowski und Hasselhorn, 2001; Schunk und Ertmer, 2000). 1.3.2 Materialmerkmale Dass Materialbzw. Textmerkmale die Leseprozesse beeinflussen können, ist bereits seit der Aufstellung additiv-elementarer Ansätze des Lesens bekannt und empirisch nachgewiesen worden. Den Forschungen zufolge kann das Lesen im Sinne des Aufbaus einer mentalen Repräsentation des Textes vor dem Hintergrund des Vorwissens durch mindestens drei textseitige Faktoren beeinflusst bzw. optimiert werden: kohärente Inhaltsorganisation, hierarchisch sequenzielles Arrangieren von Textinhalten, Aktivierung von Vorwissensbeständen (Artelt et al., 2005: 23f). Unter kohärenter Inhaltsorganisation ist die Art der Verknüpfung von Sätzen und Textteilen gemeint. Dem Situationsmodell von Kintsch und van Dijk (1983) zufolge, wird zwischen lokaler und globaler Kohärenz differenziert. Ersteres meint die Verknüpfung aufeinander folgender Sätze, die durch Koreferenzen, Konnektiva und konzeptuell-inhaltliche Relationen hergestellt werden. Letzteres dagegen meint die satzübergreifende, semantische Beziehung zwischen Textthemen und Textteilen (Bußmann, 1990). Als weitere kohräenzstifende Mittel gelten weiterhin Bilder und Diagram- 39 me, die empirisch nachgewiesen einen Einfluss auf die Behaltensleistung haben. Man hat zunächst versucht, diesen lernförderlichen Effekt auf die duale Kodierungstheorie von Paivio (1986) zurückzuführen, wonach Informationen, die doppelt kodiert sind, besser behalten werden als jene, die nur in einem System kodiert sind. Neuere Befundlage lässt jedoch eine andere Erklärung zu, die im Rahmen der mentalen Modelle fallen. Denn mithilfe von Bildern und unter Rückgriff auf kognitive Schemata wird schneller ein mentales Modell aufgebaut. Dies würde auch erklären, warum Bilder erst dann effektiv sind, wenn Text und Bildinformation aufeinander abgestimmt sind. Einen kohärenzfördernden Einfluss kann auch die Abfolge der Textinformation - auch sequenzielles Arrangieren genannt - ausüben. Trotz eines Mangels an systematisch empirischer Überprüfung werden in Bezug auf das sequenzielle Arrangieren vier Basistypen voneinander abgegrenzt (Posner und Strike, 1976): realitätsorientierte, konzeptorientierte, forschungsorientierte, lernorientierte und gebrauchsorientierte Sequenzierung. Als Faustregel wird jedoch ein hierarchisch-sequenzieller Textaufbau empfohlen, wo der Sachverhalt zunächst auf hohem Abstraktionsniveau vorgestellt wird, wie es zum Beispiel im Vorspann eines Artikels der Fall ist. Erst im Verlauf des Textes erfolgt die detaillierte Darstellung. Schließlich können auch sogenannte Superstrukturen, also konventionalisierte Textstrukturen kohärenzfördernd sein. Hierzu muss jedoch ein Mindestmaß an Wissen über konventionalisierte Textstrukturen vermittelt werden. Der Einfluss des Textaufbaus und der Textmerkmale ist gut erforscht worden (Schnotz, 1994: 197). Neuere Studien in Bezug auf den Einfluss multipler Präsentationen finden sich bei Seufert (2003). Die Frage jedoch, inwiefern die Codalität und Modalität des Materials metakognitive strategische Aktivitäten bedingen, ist noch ungeklärt bzw. weitgehend unerforscht (Drewniak, 1992; Lewalter, 1997; Schnotz und Bannert, 1999). 1.3.3 Lernaktivitäten Lernaktivitäten umfassen Handlungen, zu denen vor allem kognitive und metakognitive Strategien sowie Lerntechniken gezählt werden können. Die Beschreibung und Analyse von Lernstrategien bilden seit den 70er Jahren einen der wichtigsten Schwerpunkte der Forschungslandschaft. Seit den 90er Jahren stellen sie auch in der didaktischen Diskussion des Fremdsprachenunterrichts einen wichtigen Forschungsgegenstand dar. Mit Sicherheit haben die spezifischen Merkmale der heutigen Wissensgesellschaft, die ganz im Zeichen des lebenslangen und eigenverantwortlichen Lernens steht, zu diesem Trend beigetragen. Denn das autonome Lernen im Sinne individuellen Selbstlernens verlangt Selbstregulation ab, 40 die erst dann funktionieren kann, wenn neben „psychologischen Voraussetzungen aufseiten des Lernsubjekts (u. a. Lernmotivation, Einstellungen)“, dem Lerner ein „Arsenal adäquater Lernstrategien“ zur Verfügung steht (Tönshoff, 2003: 332f). Auch im Bereich des Lesens wird der effektiven Selbstregulation ein wichtiger Platz eingeräumt, die darin besteht den Anforderungen und Situationen angemessen, Lesestrategien auszuwählen (Artelt et al., 2005: 29), denn Lesestrategien spielen eine entscheidende Rolle bei der Bildung des Textverständnisses. The cognitive view [of reading] assumes an active reader who constructs meaning through the integration of existing and new knowledge and the flexible use of strategies to foster, monitor, regulate, and maintain comprehension. The only thing that becomes automated in the newer view is the disposition to adapt strategies to the particular constraints in the act of comprehending a particular text. (Dole et al. 1991: 242) Gerade weil das Thema (meta)kognitive Lernstrategien den Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit darstellt, wird darauf gesondert in den Abschnitten 2.1 und 2.2 eingegangen und auf nähere Erläuterungen wird an dieser Stelle verzichtet. 1.3.4 Aufgabenmerkmale Unter Aufgabenmerkmalen ist allgemein der Schwierigkeitsgrad leichte vs. schwierige Aufgaben zu verstehen (Hasselhorn, 1992). In Bezug auf das Lesen kommen noch die beiden spezifischen Anforderungen Lesestoff (Textsorte, Textschwierigkeit, etc.) und Leseziel bzw. Leseabsicht hinzu (Artelt et al., 2005: 20). Zusammen bestimmen sie über die Art und Qualität des Lesens, denn der Leser passt seinen Lesevorgang an die obigen Vorgaben an. Daher ist auch in der Forschungsliteratur vom adaptiven Lesen die Rede. Zu den Vorzügen einer definierten Zielvorgabe kann die Einschränkung des Suchradius nach Informationen genannt werden (Barab et al. 1996; Schnotz und Zink, 1997). Auf das Thema Lesestoff ist in Abschnitt 1.3.2 eingegangen worden. An dieser Stelle wird daher nur noch auf das adaptive Lesen besprochen. Die Idee vom adaptiven Lesen ist nicht neu, ihre Anfänge gehen auf die 1920er Jahre zurück und sind in der Instruktionspsychologie verankert. Später wurden die Grundideen sowohl im Bereich der Instruktionswie auch Kognitionsforschung modifiziert, zumal auf empirischem Wege der Nachweis erbracht werden konnte, dass gute Leser die Entscheidung über die Lesestrategienutzung vor dem Hintergrund des Lesestoffs und des Leseziels treffen. Diese Erkenntnis hat maßgeblich zum Aufbau und zur Entwicklung von Lesestrategietrainingsprogrammen wie etwa SQ3R von 41 Robinson (1961) beigetragen (Artelt, 2000). Je nach Kombination von Verarbeitungszielen und Lesestoff unterscheiden Artelt et al. (2005: 21ff) zwischen vier prototypischen Lesearten: das verstehende Lesen, das kritische Lesen, das reflexive Lesen, das involvierte Lesen. Sowohl das verstehende als auch das kritische Lesen kommen nur bei Sachtexten vor. Das reflexive Lesen kommt sowohl bei Sachtexten wie auch literarischen Texten vor und das involvierte Lesen ist ausschließlich literarischen Texten vorbehalten. Das verstehende Lesen wird als eine sinnorientierte Informationsverarbeitung von Sachtexten verstanden, bei der leserseitiges Vorwissen und textseitige Informationen in Kombination zum Aufbau eines Situationsmodells beitragen. Dazu müssen kognitive Strategien wie Elaborations- und Organisationsstrategien, aber auch metakognitive Strategien der Verarbeitungsdiagnose und Kontrolle herangezogen werden. Ähnlich wie beim verstehenden Lesen geht es auch beim kritischen Lesen um den Aufbau eines Situationsmodells, das jedoch zusätzlich mit Analyse- und Bewertungsprozessen verbunden ist. Dabei ist die Bewertung auf drei Ebenen angesiedelt: Ebene der Begriffsbedeutung, logische Strukturen und Argumente sowie inhaltliches Vorwissen. Zu berücksichtigen ist, dass sich die Vorwissensaspekte beim verstehenden und kritischen Lesen nicht nur auf die Textinhalte selbst, sondern auch auf die Form beziehen; im Falle von Sachtexten unter anderem auf Superstrukturen wie Textgrammatiken und bei literarischen Texten auf gattungs- und generesspezifische Aspekte. Im Regelfall gehen jedoch beide Lesearten prototypisch von Sachtexten als Lesestoff aus. Beim reflexiven Lesen hingegen können sowohl Sachtexte als auch literarische Texte als Lesestoff herangezogen werden. Das reflexive Lesen zielt einerseits auf Reflexion über Inhalte im Sinne von Problemaufstellen und Hinterfragen ab, andererseits will es über Selbstreflexion und Bewusstwerden über das eigene Denken eine mögliche Perspektivenänderung herbeiführen. Damit wird in dieser Leseart nicht nur die Kognition sondern zum Teil auch Emotionen auf den Plan gerufen. Das Zusammenspiel von Kognition und Emotion kommt jedoch erst beim involvierten Lesen zur Entfaltung. Und man trifft auf emotional-motivationale Aspekte wie Lusterfahrung, Unterhaltung und Spannung sowie Mitleid und Freude. Obwohl das Konzept des involvierten Lesens an literarischen Texten entwickelt wurde, so wird die Einbindung von Kognition und Emotion im Sinne intrinsischer Motivation im Leseprozess als dringend erforderlich eingestuft. 1.3.5 Modell der guten Informationsverarbeitung Nun fragt sich aber, wie die genannten Komponenten sich gegenseitig bedingen. Eine Integration der notwendigen Aktivitäten, Dispositionen 42 und Einstellungen des Lesers/ der Leserin beim Lesen und Textverstehen findet sich im Modell der guten Informationsverarbeitung von Borkowski (1996). Abb. 8: Metakognitives Modell der guten Informationsverarbeitung (Borkowski und Thorpe, 1994: 54; Borkowski, 1996: 399) Wie aus der Abbildung 8 hervorgeht, funktioniert das Modell nach einem Input- (Aufgabe) und Output-Prinzip (Feedback). Die Prozesse, die in der Mitte ablaufen, bestimmen das Geschehen. Die Bearbeitung oder Nichtbearbeitung einer Aufgabe wird durch das Wissen um das Selbst und die eigene Fähigkeit gesteuert. Sollte der Lerner/ Leser feststellen, dass er einer Aufgabe nicht gewachsen ist, dann werden weitere Prozesse gar nicht aktiviert und die Aufgabe wird nicht bearbeitet. Anderenfalls werden zunächst exekutive Prozesse gestartet, also Strategien zum Planen des Bearbeitungsprozesses. Vor diesem Hintergrund werden aus einem Inventar strategischen Wissens, geeignete Strategien abgerufen und es kommt zu einem Strategiegebrauch, was wiederum eine bestimmte Leistung zufolge hat. In Anlehnung an die erbrachte Leistung wird ein Feed- 43 back abgegeben. Das Feedback meldet auf der einen Seite dem spezifischen Strategiewissen, ob die abgerufenen Strategien geeignet waren und lässt auf der anderen Seite die Motivationslage steigen oder fallen. Obwohl das Modell von Borkowski eine entwicklungspsychologische Perspektive darstellt, so ist es jedoch unter Berücksichtigung der obigen Erläuterungen ebenso auf das Lesen replizierbar. Eine projizieren auf das Lesen würde nachfolgende Darstellung ergeben: Abb. 9: Metakognitives Modell des Lesevorgangs in Anlehnung an Borkowski und Mitarbeiter Borkowskis Modell ist bislang nicht in seiner Gesamtheit empirisch überprüft worden (Bannert, 2007). Teile dieses Modells werden sowohl im empirischen Teil dieser Arbeit für die Konzipierung des LeseStrategie- TrainingsModuls (LSTM) als auch des LeseKompetenzEvaluationsModuls (LKEM) berücksichtigt. 1.4 Lese- und Verstehensprozesse bei Hypertexten Die Entstehung der Hypertexte verdankt man der Grundidee, dass „informationelle Einheiten, in denen Objekte und Vorgänge des einschlägigen Weltausschnittes auf textuelle, graphische [sic] oder audiovisuelle Seite dargestellt werden, flexibel über Verknüpfungen mani- 44 puliert“ werden können (Kuhlen, 1991: 13). Innerhalb der letzten Dekaden haben sich auch aufgrund der technologischen Fortschritte einige Ideen umsetzen können. Inzwischen sind auch sehr viele Arbeiten geschrieben worden, deren wissenschaftliche Metaanalyse ein schwieriges Unterfangen darstellen. Deshalb werden in den folgenden Abschnitten selektiv diejenigen Ausschnitte behandelt, die in den nachfolgenden Kapiteln wieder aufgegriffen werden und daher von Bedeutung sind. Die vorherigen Abschnitte befassten sich mit dem Lesen von Printtexten in der ersten Sprache sowohl aus neurobiologischer wie auch kognitionswissenschaftlicher Sichtweise. Die nun folgenden Abschnitte zielen darauf ab, das Lesen von Hypertexten zu durchleuchten. Erfolgt das Lesen von Hypertexten ähnlich wie das Lesen herkömmlicher Texte oder besteht in dieser Hinsicht große Unterschiede? Wo können konkret Gemeinsamkeiten und Unterschiede ausgemacht werden? Es folgt zunächst ein kurzer Abriss der geschichtlichen Entwicklung des Hypertext- Konzepts. Unscharf verwendete Begriffe des Themenbereichs Hypertext werden dann definiert und gegeneinander abgegrenzt. Die Gestaltungsmerkmale bzw. Charakteristika von Hypertexten werden dargestellt, um in Anlehnung daran die Leseprozesse bei Hypertexten zu erläutern. Die mit dem hypertextuellen Lesen verbundenen Problematiken werden sich dann anschließen. 1.4.1 Hypertexte: Entstehung und Entwicklung Die Idee von Hypertext- und Hypermedia-Systemen stammt ursprünglich von Vannevar Bush (1945), einem Berater des damaligen US- Präsidenten. Im Artikel As we may think aus dem Jahr 1945 spricht er von einem System Namens Memex, ein Mikrofiche-System, das eine Speicherung von Büchern, Aufzeichnungen, Briefen und kurzen Informationen in der Form erlauben sollte, wie es auch heute bei Hypertexten üblich ist. Die Ideenentwicklung kann als eine Art Geburt der damaligen Entwicklung- und Bildungssituation betrachtet werden, die sich vor allem durch einen stärkeren Zuwachs wissenschaftlicher Publikation auszeichnet und die damit verbundene Problematik eines Überblicks über den aktuellen Forschungsstand in unterschiedlichen Disziplinen aufgrund der unangemessenen Speicherung von Daten, die auf einer alphabetisch-numerischen Dokumentierung beruhte. Für die Modellierung von Memex wurde das menschliche Gehirn als Vorbild herangezogen. Die Realisierung von Memex musste jedoch aufgrund technischer Defizite im Jahre 1945 vorerst ausbleiben. Während Bush für die Ideenentwicklung des Hypertext-Systems verantwortlich ist, so verdankt die Idee seine Namensgebung Ted Nelson 45 (1974). Er war es, der im Jahr 1965 den Begriff Hypertext zum ersten Mal einführte. Mit dem Ziel einen flexibleren und situationsadäquateren Zugriff beim Arbeiten und Lernen mit großen Informationsmengen zu gewährleisten, knüpfte er an Bushs Vorstellungen an, vervollständigt diese jedoch, in dem er eine Kategorisierung des Hypertextes vornimmt. Dabei unterscheidet er zwischen einem Ausgangshypertext, der als Basis für das gesamte System fungiert und Zugang zu einer Vielzahl von Knoten (nodes) ermöglicht. Erweiterungsverweisen (strechtext) gewähren den Abruf weiterer Informationen. Eine dritte Hypertextkategorie soll die Voraussetzung einer gleichzeitigen Bearbeitung zweier Texte am Bildschirm schaffen. Neben diesen Abgrenzungen unterscheidet er weiterhin zwischen frischen Hyperbüchern, die sich mit einem Thema befassen, anthologische Hyperbücher, die verschiedene Bücher miteinander verknüpfen und große Hypersysteme, die alle Informationen enthalten, die über ein Thema veröffentlicht worden sind. Ein weiterer Verdienst von Ted Nelson ist der Versuch, mithilfe des Xanadu-Systems eine technische Realisierung des Hypertextsystems herbeizuführen. Eine vollständige Realisierung des Xanadu-Systems bleibt jedoch aus. Neben Nelson hat sich auch Douglas Engelbart vom Stanford Research Institut mit der technischen Realisierung von Hypertexten auseinandergesetzt. 1968 implementierte er das System NLS/ Augment (oN Line System) am Augmented Human Intellect Research Center. Dabei handelt es sich um eine Dokumentendatei zur Einspeisung mit wissenschaftlichen Aufsätzen, Reporten oder Notizen. Insgesamt umfasste es 100.000 Einzeldokumente. Mit der Erfindung des World Wide Web (WWW) gelang Tim Berners- Lee der Durchbruch der Hypertext-Idee. Für die Entwicklung des WWW wurde die Software Enquire herangezogen, ein Programm, das zur Informationsspeicherung assoziative Verweise verwendete (Berners-Lee, 1999: 11). Der Vorschlag eines globalen Hypertext-Projekts geht auf das Jahr 1989 zurück, der vor allem auf die Kombination des Wissens der Leute mittels eines Netzes aus Hypertext-Dokumenten abzielte. Als technische Grundlage sollten für den Austausch von Hypertext-Dokumenten die Internetprotokolle TCP/ IP verwendet werden, zumal sie eine systemunabhängige Verwendung zulassen. Auf der TCP/ IP-Basis wurde dann das Hypertext Transfer Protokoll (HTTP) entwickelt, mit dessen Hilfe Hypertext-Dateien übermittelt werden können, die mittels der Sprache HTML (Hypertext Markup Language) kodiert sind. Sowohl der erste WWW-Server http sowie der erste Browser World Wide Web wurde von Burners Lee geschrieben. Das WWW verhalf dem Internet sowie der Hypertext-Idee zum Durchbruch. 46 Die Entwicklung von Symbolics Document Examiner, des ersten Hypertextes für den tatsächlichen Gebrauch, geht auf das Jahr 1985 zurück. Zur Unterstützung des Benutzers bei der Informationssuche wurde die Buchmetapher verwendet. Sie wurde für die hypertextuelle online Dokumentation für symbolische Workstations eingesetzt. Zu berücksichtigen ist, dass das Internet nicht mit dem WWW- Hypertext gleichgesetzt werden darf. Dass WWW setzt sich aus mehreren Textdateien zusammen, die über Links zu einem über mehrere Rechner verteilten Hypertext verknüpft worden sind (Gerdes, 2002: 15). Außerdem ist das Internet deutlich älter als das WWW und für seine Entstehung sind andere Faktoren relevant. Das Internet wurde in den 60er Jahren für den militärischen Bereich entwickelt. Der Entwicklung ging die Idee voraus, militärische Daten vor allem vor atomaren Angriffen zu schützen. Um dies zu gewährleisten, war ein Datennetz erforderlich, dessen Daten zwar auf mehreren, weit voneinander entfernten Rechnern gelagert, insofern jedoch miteinander verzahnt waren, dass selbst im Falle einer Modifizierung der Daten, eine Weiterleitung der Daten vom veränderten Rechner an alle angeschlossenen Rechner möglich sein sollte. Ferner sollten die Rechner auf mehreren Wegen miteinander kommunizieren können, sodass selbst bei Ausfällen einzelner Rechner die Kommunikation durch Umleitung nicht abgebrochen würde. Eine erste Realisierung dieser Idee fand im Jahre 1969 durch den Zusammenschluss der ersten Rechner im sog. ARPA-NET (Advanced Research Project Agency) statt. Indem US- Forschungseinrichtungen ein Zugang zum ARPA-NET gewährt wurde, sollte der Bedarf einer schnellen Kommunikation mit Kollegen sowie der unkomplizierte Datenaustausch gewährleistet werden. Dazu war jedoch die Entwicklung eines gemeinsamen Übertragungsprotokolls für Daten notwendig. Dies wurde mithilfe des Transmission Control Protocol (TCP) in Zusammenarbeit mit dem Internet Protocol (IP) realisiert. TCP/ IP gilt heute noch als Rückgrat des gesamten Datenverkehrs im Internet, das etwa getrennte heterogene Universitäts- und Institutsnetze zu einem Netz der Netze zusammenschließt. 1.4.2 Zur Definition von Hypertext Der Begriff Hypertext ringt wie der Begriff Text noch um seine Definition. In der Literatur finden sich zahlreiche Versuche. In diesem Abschnitt wird auf einige wenige eingegangen, die für den Fortgang der Arbeit wichtig erscheinen. In manchen Versuchen rücken die Gestaltungsmerkmale von Hypertexten in den Vordergrund. So auch in der Definition von Kuhlen (1991: 27), wo Hypertext als „ein Medium der nicht-linearen Organisation von Informationseinheiten“ bezeichnet wird. Auch nach Ger- 47 des (2002: 10) ist ein Hyperdokument oder kurz Hypertext eine mit einem „Hypertext-System erstellte Informationsbzw. Hypertextbasis, die eine nicht-lineare Struktur“ aufweist. In Hubers Definitionen werden gleich zwei Gestaltungsmerkmale aufgegriffen: Linearität und Multimedialität. Hypertexte sind im „elektronischen Medium realisierte, tendenziell nichtlineare und potentiell multimedial ausgerichtete Texte“ (Huber, 2003: 45). Nach Ansel Suter (1995: 7) ist ein Hypertext ein „nicht-sequentieller Text, der auf dem Medium Computer“ realisiert wird. Enthalten Knoten farbige Bilder, Töne, Videos, Simulationen oder Animationen, so spricht man von Hypermedia. Wenn sich auch gegenwärtig Hypertextsysteme „überwiegend aus Textfragmenten, Tabellen, Graphiken und über Scanner eingefügte Bilder“ zusammensetzen, was weder „erwünscht“ noch den „technischen Möglichkeiten“ entspricht, so wird sich „auf die Dauer die Bezeichnung Hypermedia“ durchsetzen (Kuhlen, 1991: 14). Hypermedia wiederum unterscheidet sich von Multimedia durch die nicht-lineare Verknüpfung der Informationsknoten (Gerdes, 2002: 10). Denn unter Multimedia ist nur die multimediale Ausgestaltung des Informationsangebots gemeint (Bannert, 2007: 60). Die Definitionsliste kann lange geführt werden. Eine allgemein akzeptierte Definition des Phänomens Hypertext wird sich jedoch nicht finden, was wiederum nur verständlich ist, da Hypertexte ja selbst (jedenfalls zum größten Teil) aus der „noch nicht exakt festgelegten linguistischen Größe Text bestehen“ (Huber, 2003: 2). Neben der Problematik der unterschiedlichen Definitionsversuche und diesbezüglicher Defizite muss sich der Leser in der einschlägigen Literatur durch unterschiedliche Termini, die mit dem Anlauten „E“ und „Hyp“ gebildet werden, durchkämpfen, die für eine allgemeine Verwirrung sorgen können. So trifft man in der Literatur auf die Begriffe Hypertextsystem, Hypertextbasis, Hypertext-Managementsystem. Unter Hypertext-Systeme sind alle Software-Hilfsmittel gemeint, mit denen „Hypertexte erstellt, verwaltet und genutzt“ werden können (Gerdes, 2002: 10). Die Hypertextbasis ist als „der materielle Teil eines Hypertextsystems“ zu verstehen, also der Teil, in dem „die Gegenstände des Objektbereichs in Einheiten dargestellt und verknüpft sind“. Sie ist ein „Netzwerk, in dessen Knoten Objekte (Text, Graphik oder multimediales Material) und dessen Kanten die vielfältigen, inhaltlichen Beziehungen zwischen diesen Objekten dargestellt werden“ (Kuhlen, 1991: 17 und 20). Das Hypertextsystem setzt sich weiterhin aus „Hypertext-Managementsystem sowie Komponenten für den Zugriff auf und zum (intellektuellen oder automatischen) Aufbau von Hypertextbasen“ zusammen (Kuhlen, 1991: 18). Ferner sollte zwischen E-Text und Hypertext ein Unterschied gemacht werden. Bei E-Texten handelt es sich um „traditionelle, lineare, lediglich elektronisch realisierte Texte“ (Huber, 2003: 22). Werden Hypertexte, E- 48 Texte sowie Paratexte zu Hypertexten verknüpft, spricht man von Hypertextnetz. Das WWW etwa ist ein Hypertextnetz (Huber, 2003: 22). Um die Definitionsdefizite hinsichtlich des Begriffs „Hypertext“ zu umgehen, wäre es vorteilhafter von den Komponenten und Bestandteilen auszugehen, die einen Hypertext ausmachen. Huber (2003: 24) teilt die Bestandteile von Hypertexten in drei Gruppen ein: Bestandteile, die jenen traditionellen Printmedien ähnlich sind, darunter fallen Knoten und Organisationsmittel wie Inhaltsangaben und Indices. Daneben existieren auch hypertextspezifische Bestandteile. Diese umfassen Links sowie Navigationstools. Knoten und Links stellen die Basiskomponenten von Hypertexten dar und erlauben als gemeinsame Nenner aller Hypertexte, eine Basisdefinition (Gerdes, 2002: 10). Aufgrund der oben beschriebenen, spezifischen Merkmale sind Hypertexte von Begriffen wie E-Text abzugrenzen. In der vorliegenden Arbeit werden Hypertexte in Anlehnung an Gerdes (2002: 41) als generischer Name „für elektronische Texte benutzt, die aus Informationsknoten bestehen, welche über Links auf nichtlineare Weise miteinander verknüpft sind“. Damit wird dem strukturellen Aspekt des Informationsnetzes Rechnung getragen. In den nachstehenden Abschnitten werden nur auf die Basiskomponenten von Hypertexten eingegangen. Dieser Entscheidung liegen methodische Implikationen zugrunde. Die vorliegende Arbeit zielt darauf ab, die Relevanz metakognitiver Strategien für das Lesen fremdsprachiger Hypertexte aufzudecken, indem erwachsenen Lernenden geeignete metakognitiv-strategische Unterstützungsformen angeboten werden. Deswegen stehen nur die strukturellen Eigenschaften von Hypertext-Systemen im Fokus. Unterschiedliche und vor allem spezifische Informationscodierung und Modalität hingegen zählen nicht zum Untersuchungsgegenstand. Deshalb werden sie nur der Vollständigkeit halber sporadisch erwähnt. Einen guten Überblick über neuere Entwicklungen im Bereich Hypertext bieten unter anderem Mehler et al. (2010) in ihrem Buch Genres on the web. Erwähnenswert in diesem Zusammenhang wäre auch das Buch von Baldi et al. (2003) Modeling the Internet and the Web. Die erwähnten Bücher sind vor allem für diejenigen interessant, die im Gegensatz zu der vorliegenden Arbeit den Einfluss spezifischer Codierungsmöglichkeiten auf den Rezeptionsverlauf untersuchen wollen. 49 1.4.3 Basiskomponenten von Hypertexten Was Knoten (eng. nodes) - bei Kuhlen (1991: 21) auch als informationelle Einheit bzw. Informationseinheit bezeichnet in concreto sind, darüber ist man sich nicht einig. Gerdes (2002: 14) versteht darunter „grundlegende atomare Informationseinheiten (…), die über Links auf nicht-lineare Weise miteinander verbunden sind“. Für Huber (2003: 45) sind sie „die elementaren Informationseinheiten, die von Inhalt und Größe her nicht festgelegt sind: Sie können textuell oder multimedial ausgerichtet sein, einzelne Propositionen oder auch ganze Bücher enthalten“. Schnupp (1992: 58) geht davon aus, dass „Knoten […] nicht immer atomar“ sind. Tatsächlich besteht die Möglichkeit, Knoten in einen anderen Knoten einzubauen, und/ oder die Information ein und desselben Knotens in einer zusammengefassten sowie einer ausführlichen Version anzubieten. In diesem Fall spricht man von sog. Stretchtexten (vgl. Schnupp, 1992: 40; Ansel Suter, 1995: 19). Ein Knoten kann erst dann als solcher identifiziert werden, wenn seine Struktur über drei Bestandteile verfügt: Knotenname, Knoteninhalt und Links. Dabei muss der Knotenname eine eindeutige Etikettierung aufweisen, damit die Erschließung des Knoteninhalts für den Leser erleichtert wird (Horn, 1989: 86f). Aufgrund der eindeutigen Etikettierung ist der Knoten zudem im Netzwerk identifizierbar und lässt eine Indexierung zu. Der Knoteninhalt stellt die eigentliche informative Einheit, den Textkörper dar. Daher verfügt er über alle Texteigenschaften, die auch traditionelle Texte aufweisen. Der Knoteninhalt ist hinsichtlich Größe und Umfang der Inhalte nicht festgelegt und kann aus „einer einzigen Idee bzw. Propositionen, oder auch aus umfangreichen Textdateien“ bestehen (Gerdes, 2002: 15). Nach Kuhlen (1991: 79) lässt sich der Inhalt eines Knotens „weder in intentionaler noch in extensionaler Sicht […] exakt definieren“. Damit ist die Frage nach Inhalt und Größe von Knoten schwer zu beantworten. Gerdes (2002: 15) bezeichnet die „Festlegung des Knoten-Inhalts“ und somit auch die Knotengröße als ein „ungelöstes Problem der Hypertexttechnologie“, zumal weder „Umfang“ noch „Inhalt einer Informationseinheit zwingend festgelegt“ werden kann (Kuhlen, 1991: 88). Nach Huber (2003: 26) kann ein „Knoten sowohl eine einzige Proposition als auch eine kohärente Kette mehrerer Propositionen enthalten. Der einzelne Knoten hat also potentiell [sic] die Möglichkeit, einen Text mit mehreren Kapiteln zu enthalten.“ Zur Lösung des Dilemmas mit der richtigen Fragmentierung bzw. Segmentierung der Knoten liegen einige konkrete Lösungsvorschläge vor, die sich vor allem auf Forschungsergebnisse zur Kurzzeitgedächtniskapazität stützen, wonach der Mensch maximal sieben 50 kognitive Einheiten (Chunks) auf einmal, kurzfristig im Kurzzeitgedächtnis speichern kann (Schwarz, 1992: 78). Auf die Frage, also wie viel an Füllung pro Knoten schlägt Horn (1989: 108ff) im Rahmen seiner Information Mapping Theory vier Prinzipien für die Gestaltung von Knoten vor. Dem Chunking-Prinzip zufolge, sollte ein Knoten nicht mehr als sieben Chunks enthalten. Aufgrund des Relevanz-Prinzips sollten Knoten auf zentrale Aussagen beschränkt werden. Das Konsistenz-Prinzip verlangt, dass Knoten mit ähnlichen Inhalten, formal, terminologisch sowie organisatorisch ähnlich dargestellt werden. Das Labeling-Prinzip schließlich besagt, dass jeder Knoten mit einen knappen und eindeutigen Titel, der auf den Inhalt schließen lässt, ausgestattet werden soll. Bemängelt wurde an den aufgezählten Prinzipien, dass sie Faktoren wie Zielgruppe, Aufgabenstellung und Sachverhalt unberücksichtigt lässt. Ferner bleibt es unklar, was konkret unter „sieben“ Chunks zu verstehen ist (Gerdes, 2002: 16). Designvorschläge finden sich auch bei Kuhlen (1991: 86), wonach Knoten eine „begrenzte Anzahl von Elementen (die magische sieben)“ enthalten, die Steigerung der „Komplexität über verschiedene Ebenen“ erfolgen und die „Zuordnung der Elemente zu Chunks bzw. von Chunks nach inhaltlichen Gesichtspunkten“ geschehen soll. Anlass zur Debatte gibt auch die Darstellung von Knoteninhalten. Vielfach trifft man auf Empfehlungen, wonach die Inhalte so fragmentiert werden sollten, dass der Knoteninhalt der Bildschirmgröße angepasst wird. Zu diesem Zweck kann die Bildschirmanzeige mithilfe so genannter Frames/ Karten/ Seiten/ Fenster in mehreren Bereichen unterteilt werden. Dies geht jedoch nur so lange gut, wie keine umfangreichen Texte vorliegen. Sollte der Versuch unternommen werden, umfangreiche Texte in ein Fenster hineinzuzwängen, müsste ein Kontextverlust in Kauf genommen werden. Selbst wenn die Fragmentierung ohne Kontextverlust erfolgt, wäre der Frame, wo die Inhalte dargestellt worden sind, maximal so groß wie der Bildschirm selbst. Für umfangreiche Texte existieren daher zwei Darstellungsalternativen: bildschirmweises Blättern/ paging oder rollendes Blättern/ scrolling durch Auf- und Abschieben des Textes mittels einem Rollbalken (Kuhlen, 1991: 85; Gerdes, 2002: 17). Der Scroll-Modus würde die Notwendigkeit eines bildschirmbedingten Umfangs aufheben. Der Hypertext könnte als elektronisches Buch angeboten werden. Zur besseren Übersicht müssten allerdings die Knoten mit Textabschnitten bzw. Kapiteln versehen werden. Gegner des Scroll-Modus befürchten, dass die Konteninhalte nicht seitenweise sondern als eine Einheit wahrgenommen werden. Daher befürworten sie eine Darstellung des Hypertextes als Karteikartensystem mit unveränderbarer Größe (Kuhlen, 1991: 84; Huber, 2003: 27). In der heutigen Hypertextlandschaft jedoch finden sich beide Darstellungsformen mit und ohne Scroll-Modus. 51 Die Forderungen, die hier gestellt worden sind, richten sich alle auf die oberflächliche Struktur von Knoteninhalten. In Bezug auf die semantische Textstruktur existiert eine andere Sicht. Da der Zugriff auf Inhaltsknoten beliebig erfolgen kann, darf der Inhalt eines Knotens nicht für das Verständnis eines anderen Knotens relevant sein. Knoten müssen „kontextfrei formuliert“ werden und „in sich abgeschlossen, semantisch und syntaktisch diskrete Informationseinheiten“ bilden (Gerdes, 2002: 60). In den meisten Knoten sind Links eingebaut, die den Leser vom aktuellen Knoten zu einem anderem navigieren. Auf die Links wird im Verlauf dieses Abschnitts konkreter eingegangen. Neben den soeben beschriebenen Bestandteilen definiert Kuhlen (1991: 90f) zwei weitere Komponenten. Knoten müssen einen begriffsorientierten Referenzteil - und damit sind Schlüsselwörter gemeint - sowie einen zusammenfassenden Referenzteil bzw. Kurzinhalte beinhalten. Diese Komponenten stellen das sog. Information Retrieval in größeren Hypertexten dar. Wichtig für die Rezeption von Hypertexten ist neben der Darstellungsform die Entwicklung eines Bewusstseins über die verschiedenen Typen von Knoten. Je nach Inhalt, Funktion und Komplexität können unterschiedliche Knotentypen voneinander abgegrenzt werden. Inhaltlich können Knoten ausschließlich aus Texten bestehen oder andere multimediale Codierungsformen aufweisen. Ferner können sie die Funktion eines Inhalts-, Navigations- oder Strukturknotens innehaben. Auf Inhaltsknoten ist bereits eingegangen worden. Navigationsknoten sind Hilfsknoten, die zur Orientierung innerhalb des Hypertextes, integriert werden können. Darunter fallen vor allem Angaben zum Umgang mit dem System. Strukturknoten wie Inhaltsverzeichnisse und Indices haben eine Übersichtsfunktion. Gerade weil die beiden letztgenannten Knotentypen eine Art Organisierungsfunktion innehaben, werden sie auch unter dem Dachbegriff organisierende Knoten zusammengefasst (Meyerhoff, 1994: 40). Zu berücksichtigen ist, dass ein einziger Knoten alle drei genannten Knotenarten enthalten kann. Strukturell können Knoten atomar oder zusammengesetzt sein. Zusammengesetzte Knoten sind Metaknoten, die ihrerseits weitere Knoten enthalten. Hyper-Link, Verknüpfung, oder Hypertext-Verknüpfung wird in der einschlägigen Literatur als Synonym für Link verwendet. Links sind „Relationen, die einzelne Objekte in Hypertext: [sic] informationelle Einheiten, zueinander in Beziehung setzt“ (Kuhlen, 1991: 102). Links sind „gekennzeichnete ‘Sprungstellen’ innerhalb von Knoten, die auf andere Knoten verweisen“ (Huber, 2003: 45) oder „besonders hervorgehobene Bereiche“ mit der Funktion „Knoten zueinander in Beziehung zu setzen“, wodurch „die Navigation durch das Informationsnetz“ ermöglicht wird (Gerdes, 2002: 10). Es handelt sich also um elektronisch direkt ausführbare 52 Verweise, die eine Navigation im System ermöglichen. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass Links nicht mit Navigationstools gleichgesetzt werden sollen. Im Sinne einer Abgrenzung führt Kuhlen (1991: 98) an, dass Links „informationelle Funktion erster Ordnung“ innehaben im Gegensatz zu Navigationshilfen, die „informationelle Funktion zweiter Ordnung“ sind (ebd. 124). Für das Einfügen von Links ist zunächst die Bestimmung eines Ausgangs- und Zielpunkts erforderlich. Der Ausgangspunkt oder auch references, link points, Link-Indikatoren, link icons, hotwords, hot spots oder Buttons genannt, kann eine grafische Absetzung eines Wortes, Satzes, Teiltextes oder auch eines grafischen Elements im Text des aktiven Knotens sein. Das Link-Ziel auch link regions, destination points oder reference points genannt, kann ebenfalls ein Wort, Satz, Textteil oder grafisches bzw. multimediales Element im selben oder einem anderem Hyper-Text-Knoten sein (Kuhlen, 1991: 25 und 108; Gerdes, 2002: 19). Ähnlich wie bei Knoten fallen auch bei Links die Art der Verknüpfung sehr unterschiedlich aus. Inzwischen können nach formalen, inhaltlichen oder typisierungsspezifischen Kriterien verschiedene Linktypen ausgemacht werden (Huber, 2003: 45). Nach rein formalen Kriterien unterscheidet Kuhlen (1991: 104) zwischen unidirektionalen und bidirektionalen Links. Bei unidirektionalen Links sind Ausgangs- und Zielknoten streng vorgegeben, sodass Links entlang einer bestimmten Richtung verfolgt werden können und zwar immer vom Ausgang bis zum Zielanker. Sollte der Zielpunkt eines Ankers im aktuellen Knoten liegen, spricht man von einem Intra-Knoten-Verweis oder auch intrahypertextuellen Verweis. Zielpunkt eines Ankers kann aber auch in einem anderen Knoten oder in einem anderen Hypertext sein, also ein extrahypertextueller Verweis (Kuhlen, 1991: 107f). Bei bidirektionalen Links stellt der Link-Anker zugleich auch ein potenzielles Link-Ziel innerhalb desselben Links dar. Neben der genannten Klassifizierung nach formalen Kriterien liegt eine weitere Möglichkeit vor, die ebenfalls nach formalen Kriterien zwischen lokalen und globalen Links unterscheidet. In lokalen Links dient als lokaler Zielpunkt ein Bereich (Wort, Satz, Abbildung) innerhalb eines Knotens. In globalen Links hingegen fungiert gleich ein gesamter Knoten als Ausgangs- und Zielpunkt (Gerdes, 2002: 20). Strebt man eine Klassifizierung nach inhaltlichen Unterscheidungsmerkmalen an, so kommt man auf so genannte referentielle bzw. assoziative Links sowie organisatorische bzw. typisierte Links. Diese Unterscheidung geht auf Conklin (1987: 33f) zurück und wurde später von Kuhlen (1991: 98) modifiziert (vgl. auch Astleitner, 1997; Gerdes, 2002: 20ff). Unter referentiellen Links sind „semantisch nicht weiter explizit spezifizierte Verbindungen“ gemeint, die nicht hierarchisch aufgebaut sind (Kuhlen, 1991: 34 und 105). Sie zeichnen sich vor allem 53 dadurch aus, dass die Verweise nicht begründet werden und keine semantische Spezifizierung stattfindet. Es bestehen nur assoziative Relationen zwischen den Knoten (Kuhlen, 1991: 114). Als Verknüpfungsanlass dient ein „in der Einheit aus irgendwelchen Gründen attraktiv erscheinendes Element, zum Beispiel Teil einer Grafik, eine Bezeichnung, eine Aussage, ein Literaturhinweis“ (Kuhlen, 1991: 114). Im Gegensatz zu den referentiellen Links handelt es sich bei den organisatorischen/ typisierten Links um explizite, semantische bzw. argumentative Beziehungen (Kuhlen, 1991: 34 und 106). Sie stellen die „primär logische Struktur eines Hypertextes“ dar (Ansel Suter, 1995: 16). Gerade weil sie „die Art der Relation zwischen zwei Knoten“ wiedergeben und damit „eine Strukturierung der Hypertexte“ herbeiführen, werden sie auch „als organisatorische Links“ bezeichnet (Gerdes, 2002: 22). Das Travesierungsverhalten von Links stellt ein weiteres Klassifizierungsmerkmal dar. Unter Traversierung ist die Art gemeint, wie der Ziel- Knoten bzw. die Ziel-Ressource eines Links dargestellt wird. Insgesamt sind zwei Realisierungen möglich: Entweder ersetzt der Zielknoten die aktuelle Anzeige (REPLACE) oder der Zielknoten wird in einem neuen Fenster der Browsersoftware dargestellt (NEW). Ferner ist auch die Erstellung so genannter Stretchtexte möglich. In diesem Fall wird der Ziel- Knoten innerhalb des Ausgangsknotens angezeigt, indem der Text des Ausgangsknotens, der unterhalb des Links steht, nach unten verschoben wird, um dem Text des Ziel-Knotens Platz zu machen (Huber, 2003: 33f). Dementsprechend kann der Zugriff auf detaillierte Informationen nur über Knoten erfolgen, die auf einer höheren weniger detaillierten Ebene angesiedelt sind. Welche der genannten Strukturen angewandt wird, ist weitgehend den Autoren überlassen. Denn für den strukturellen Aufbau verschiedener Hypertext-Sorten sind bislang keine Standards ausgearbeitet worden. In Anlehnung an Jonassen unterbreitet Kuhlen (1991: 22) ergänzt und leicht modifiziert einen anderen Klassifizierungsversuch: Hypertextsysteme bzw. -basen mit einfachen Einheiten und assoziativen Verknüpfungen und assoziativem Browsing; Hypertextsysteme bzw. -basen mit strukturierten Einheiten und typisierten Verknüpfungen; Navigation beruht weitgehend auf dem Prinzip der direkten Manipulation; Hypertextsysteme bzw. -basen mit strukturierten Einheiten und typisierten Verknüpfungen; Navigation beruht sowohl auf dem Prinzip der direkten Manipulation, kann sich aber auch auf Autorenvorgegebene, statistische Nutzungspfade stützen als Guided Tours Hypertextsysteme bzw. -basen auf der Grundlage von durch wissensbasierte Techniken strukturierte Einheiten und typisierte Verknüp- 54 fungen; Navigation nach dialogisch kooperativen Prinzipien organisiert. 1.4.4 Kohärenzschaffende Hilfs- und Unterstützungsmaßnahmen Neben Knoten und Links stellen Navigations- und Orientierungskomponenten den dritten und damit letzten Bestandteil von Hypertexten dar. Man kann sagen, dass diese letzte Komponente aus den hypertextspezifischen Gestaltungsmerkmalen resultiert. Denn die Art der Textsequenzierung in Hypertexten macht nicht nur unterschiedliche Arten von Navigation und Browsing notwendig, sondern führt vielfach auch zu Orientierungsproblemen und ist damit kognitive Mehrbelastung. Die Probleme des hyperstrukturellen Lesens werden im Abschnitt 1.4.7 behandelt. An dieser Stelle sei nur festgehalten, dass im Umgang mit Hypertexten, Orientierungshilfen herangezogen werden können, um ein Orientierungsproblem zu umgehen. Neben der elektronischen Variante traditioneller Orientierungshilfen wie Inhaltsverzeichnisse und Glossare, die auch in Printmedien eingesetzt werden, existieren für die Suche bzw. den Information Retrieval im Hypertextstruktur spezifische Orientierungs- und Navigationshilfen wie Browser-Software, Backtracking, Historie und Bookmarks, grafische Übersichten bzw. Browser aber auch Guided Tours (Gerdes, 2002: 33ff). Huber (2003: 38) zählt die elektronische Variante traditioneller Orientierungshilfen zur „Hypertext-Basis“ und die hypertextspezifischen Hilfen als „Bestandteil der Browser-Software bzw. deren Navigationskomponente“. Inhaltsverzeichnisse nehmen eine doppelte Funktion ein. Zum einem erlauben sie per Mausklick einen direkten Zugriff auf Knoteninhalte, zum anderen schaffen sie dem Orientierungsproblem dadurch Abhilfe, indem besuchte Knoten im Auswahlmenü durch farbliche Absetzung etwa markiert werden. Glossare, die nützliche Kurzerläuterungen und Definitionen zu Fachbegriffen liefern, können in Hypertexten unterschiedlich dynamisch realisiert werden. Sie können in einem neuen Pop-up-Fenster im selben Knoten dargestellt oder separat von einer alphabetischen Liste abgerufen werden (Gerdes, 2002: 33f). Zu den Verzeichnissen werden Indices, Abkürzungsverzeichnisse, Glossare sowie eventuell Literaturverzeichnisse gezählt. Metainformationen liefern ähnlich wie die Einleitung eines Buches Informationen, „wie mit den informationellen Einheiten und den Verknüpfungsangeboten“ umzugehen ist (Kuhlen, 1991: 96). Unter graphischer Übersicht bzw. Browser ist „ein spezieller Knoten gemeint, der eine graphische Übersicht über die Textstruktur enthält“, mit der Funktion im Leser „eine mentale Karte der Textstruktur“ zu bilden (Gerdes, 2002: 34). Damit dienen Browser überwiegend der Vermittlung von Über- 55 sichtswissen und können auf diesem Weg dem Problem der Desorientierung effektiv entgegenwirken (Dillon et al., 1993: 184f). Neben der genannten Funktion erlauben sie per Mausklick einen direkten Zugriff auf die Knoten eines Hypertextes (Gerdes, 2002: 13). Nicht zu verwechseln sind graphische Übersichten mit der so genannten Browser-Software, die auch kurz Browser genannt werden. Ebenso sind graphische Übersichten auch keine Komponente der Browser-Software, sondern werden mit größerem Aufwand mittels sog. Clickable Image Maps auf einem Knoten des Hypertextes angebracht (Kuhlen, 1991: 142). Mithilfe einer Browser-Software hingegen werden die Inhalte eines Knotens angezeigt und zugleich dem Leser die Möglichkeit des Navigierens im Hypertext gegeben. Die Browser-Software setzt sich aus den Komponenten Titelleiste, Menüleiste und Symbolleiste, Adressleiste, Scrollbar, Darstellungsfenster und Statuszeile zusammen (Huber, 2003: 38). Neben den obigen, eher vorwärtsgerichteten Orientierungshilfen, existieren auch rückwärtsgerichtete Hilfsmitteln. Das Backtracking fällt unter die rückwärtsgerichteten Navigationsmittel (Kuhlen, 1991: 156), das aufgrund der wichtigen Funktion von fast allen Hypertext-Systemen zur Verfügung gestellt wird (Gerdes, 2002: 39). Mit einem Back-Button kann eine seitenweise Rückwärtsverfolgung aufgerufener Seiten gewährleistet werden. Im Vergleich zu Backtracking, das einen Zugriff in umgekehrter Lesereihenfolge ermöglicht, lässt sich mithilfe von Historie bzw. Dialog- Geschichte der Verlauf sämtlicher zuvor aktivierter Knoten in einer alphabetischen Liste (nach)rekonstruieren und der Zugriff auf einen bestimmten Inhalt ist direkt (Gerdes, 1997: 44; Kuhlen, 1991: 156). Favorites bzw. Bookmarks fungieren als elektronische Lesezeichen. Guided Tours sind „vordefinierte Pfade“, die den Leser „kontrolliert von Einheit zu Einheit führen“ und ihm die Möglichkeit geben, sich auf „systematische Weise Wissen“ anzueignen (Kuhlen, 1991: 6). Damit zählen sie nicht unbedingt zu den Orientierungshilfen sondern zu den Navigationsangeboten, die der Leser heranziehen kann. Die Lesereihenfolge eines Hypertextes kann in Teilen oder komplett vorgegeben werden, sodass eine Navigation bzw. Sequenzierung der Inhalte aufseiten des Lesers überflüssig wird. Auf diese Weise wird jedoch die Navigationsfreiheit weitgehend eingeschränkt (Gerdes, 2002: 37). Außerdem „die nicht exklusive Festlegung ist Voraussetzung dafür, daß [sic] eine Hypertextbasis von Rezipienten mit unterschiedlichem Vorwissen und unterschiedlichem Interesse gelesen werden kann“ (Kuhlen, 1991: 36). Kritiker führen daher an, dass im Falle eines vollständig als Guided Tour realisierten Inhaltes, nicht mehr von Hypertexten die Rede sein kann. Insgesamt ist festzuhalten, dass „die Gestaltung der Knoten, die Verknüpfung der Knoten über Links, die Darstellung der Knoten, der Links und die Hyper- 56 textstruktur auf der Bildfläche bis heute ungelöste Probleme der Hypertexttechnologie“ darstellen (Gerdes, 2002: 41). 1.4.5 Nutzungsstrategien bei Hypertexten Für den Zugriff auf Informationseinheiten, auch als Retrieving bekannt, existieren inzwischen unterschiedliche Bezeichnungen: Browsing, mehr kontrolliertes Navigieren sowie gezieltes Suchen (Kuhlen, 1991: 19). Unter Navigieren bzw. Browsing wird der Vorgang der Textsequenzierung innerhalb eines Hypertextes durch den Leser verstanden. Von Browsing ist dann die Rede, wenn die Informationssuche „vage zielgerichtet ist“ (ebd. 126). Zu berücksichtigen wäre, dass für den Begriff Browsing „keine gleichermaßen treffende Entsprechung“ im Deutschen vorliegt. Browsing setzt sich aus dem Zusammenspiel von „Browsing (Stöbern), Navigieren und Suchen“ zusammen (ebd. 19f). In der Literatur werden unterschiedliche Arten des Browsing voneinander abgegrenzt werden. Je nachdem, wie aus einer Menge von Informationen nach einer bestimmten Teil-Information gesucht wird, unterscheidet Kuhlen (1991: 128ff) zwischen vier Arten des Browsens: Gerichtetes Browsen mit Mitnahmeeffekt, gerichtetes Browsen mit Serendipity- Effekt, ungerichtetes Browsen und assoziatives Browsen. Gerichtetes Browsen mit Mitnahmeeffekt liegt vor, wenn neben der gezielten Suche auch zusätzliche, themenrelevante Informationen aufgenommen werden. Im Gegensatz dazu wird beim gerichteten Browsen mit Serendipity-Effekt das gezielte Suchen durch themenirrelevante Informationen gestört. Beim ungerichteten Browsen kann der Suchprozess nicht geplant werden und ist somit nicht gerichtet, weil der Leser nicht weiß, wo er die benötigte Information suchen soll. Wird die Suche nicht von einem Ziel, sondern von einem Angebot gesteuert bis kein Anreiz mehr vorhanden ist, spricht man vom assoziativen Browsen. Navigation wird „als Oberbegriff für das für Hypertext typische ’Wandern‘ in Hypertexträumen“ angesehen. Ergänzt wird das Navigieren „durch das im Information Retrieval übliche gezielte Suchen“ (Kuhlen, 1991: 20). Dillon, McKnight und Richardson (1993: 173f) grenzen vier Stadien von Navigationswissen voneinander ab: globale Schemata, Orientierungspunkte, Routen und Übersichten. Globale Schemata stellen die erste Ebene von Navigationswissen dar und bieten in dieser Funktion im Sinne von allgemeinem Wissen einen ersten groben Orientierungsrahmen. Auf der zweiten Ebene liegen Orientierungspunkte, woran die aktuelle Position im Netz ausgemacht werden kann. Im Gegensatz zu den beiden genannten Stadien erlaubt das Routenwissen eine gezielte Navigation und ist effektiv, wenn man den Weg von A nach B kennt. Für ein Navigieren in 57 unbekannten Umgebungen reicht dieses Wissen nicht aus. Erst auf der Ebene des Übersichtwissens, wird man sich auch in unbekannten Umgebungen zurechtfinden. Nach diesem Modell setzt „effektives Navigieren in Hypertexten Übersichtswissen über die Textstruktur“ voraus. Graphische Übersichten können „die für die effektive Navigation erforderliche Entwicklung von Übersichten begünstigen“ (Gerdes, 2002: 29). Für einen vollständigen Überblick zu Klassifikationen, siehe Astleitner (1997) und Unz (2000). In den vorherigen Abschnitten wurden die hyperspezifischen Komponenten dargestellt und die Nutzungsstrategien beschrieben. Wichtig für die Diskussion ist, dass die spezifischen Merkmale von Hypertexten sowohl das Lesen als auch die Art der Informationsentnahme beeinflussen können. Der nachstehende Abschnitt befasst sich mit den Auswirkungen hyperspezifischer Eigenschaften auf die Leseaktivitäten. 1.4.6 Verstehen von Hypertexten: Einflussfaktoren Für die Verstehensprozesse bei Hypertexten muss zunächst die Frage geklärt werden, inwiefern sich das Lesen und Bearbeiten von Hypertexten und Printtexten voneinander unterscheidet? Theoretisch sollten keine gravierenden Differenzen existieren. Denn der Knoteninhalt, der den Textkörper darstellt, weist im Kern alle textlinguistischen Merkmale auf, wie dies bei Printmedien der Fall ist. Die wohl bis heute vollständigsten Kriterien bzw. Merkmale, die zur Beschreibung eines Textes aufgestellt worden sind, gehen auf de Beaugrande und Dressler zurück. Aus ihrer Sicht muss ein Text sieben Kriterien der Textualität erfüllen. Sollte einer dieser Kriterien nicht zutreffen, so gilt der Text als „nicht-kommunikativ und daher Nicht-Text“ (de Beaugrande und Dressler, 1981: 3). Wenn sich auch die von de Beaugrande und Dressler vertretene These in dieser Schärfe nicht halten kann und vielfach auch kritisiert worden ist, so können die sieben aufgestellten Kriterien der Kohäsion und Kohärenz, Intentionalität, Akzeptabilität, Informativität, Situationalität und Intertextualität als Maßstab herangezogen werden, um einen Text von einem Nicht- Text zu unterscheiden. Denn die Textlinguistik ringt bis heute noch um eine Definition des Begriffs Text. Statt von einer Definition auszugehen, geht man daher vielfach von den Kriterien aus. Nun stellt sich die Frage, inwieweit die genannten Textkriterien für Hypertexte relevant sind. Unter anderem hat sich Huber (2003) in seinem Buch Hyper-Text-Linguistik mit dieser Frage beschäftigt und zu sehr interessanten Schlussfolgerungen gefunden. So stellt er fest, dass auf der Knotenebene sämtliche Kohäsionsphänomene eine Rolle spielen, die auch in Printtexten anzutreffen sind. Ansonsten finden „traditionelle textuelle kohäsive Strukturen“ 58 kaum Relevanz. Entweder werden sie „ganz aufgelöst“ oder durch die „Verknüpfungstechnik explizit“ gemacht (Kuhlen, 1991: 37). Und es wird empfohlen, auf „direkte Referenzen“ zwischen Hypertexteinheiten zu verzichten, diese sollen „in sich kohäsiv geschlossen sein“ (ebd. 34). Vor allem an dem Kriterium Kohärenz wird ein Text gemessen. Einer Definition von Bußmann (1990: 389) wird unter Kohärenz „textbildender Zusammenhang von Sätzen, der alle Arten satzübergreifender grammatischer […] und semantischer Beziehungen umfaßt“, verstanden. Im Bezug auf hypertextspezifische Aspekte der Kohärenz unterscheidet Huber (2003: 60) zwischen lokaler und globaler Kohärenz. Erstere ist auf der Knotenebene anzutreffen und es gelten ähnliche Regeln der Kohärenzbildung wie dies bei traditionellen Texten konventionalisiert ist. Die globale Kohärenz hingegen ist auf der Ebene des gesamten Hypertextes angesiedelt. In fast ähnlicher Weise unterscheidet auch Gerdes (2002: 57) zwischen lokaler Kohärenz, die „die Beziehung zwischen zwei Knoten“ darstellt und globaler Kohärenz, die „den gesamten Text bzw. Hypertext zueinander in Beziehung setzt“. Da der Zugriff auf Inhaltsknoten beliebig erfolgen kann, darf der Inhalt eines Knotens jedoch nicht für das Verständnis eines anderen Knotens relevant sein, sondern die Knoten müssen „in sich abgeschlossen, semantisch und syntaktisch diskrete Informationseinheiten“ bilden (Gerdes, 2002: 60). Intentionalität in Texten meint, dass „ein Text von seinem Produzenten immer mit der Absicht verfasst wird, eine bestimmte Wirkung beim Leser zu erzielen“ (de Beaugrande und Dressler, 1981: 8). Dieses Textkriterium findet in der Konzipierung von Hypertexten mehrfach Relevanz. Der Intention des Autors, einen kohärenten Text zu erzeugen, ist es zu verdanken, dass „Links nicht an solchen Stellen gesetzt werden, an denen sie nicht auch einen Beitrag zum Aufbau von Kohärenz liefern können“. Auch die Sequenzierung des Rohtextes in eine bestimmte Knoten- Struktur zeugt von der Intention des Autors „einen kohärenten Text“ zu schaffen. Schließlich liegt auch in Guided Tours die Intention zugrunde, den „Leser in einer bestimmten Sequenz“ durch den Text zu geleiten (Huber, 2003: 66). In Texten ist unter Akzeptabilität die Erwartungshaltung des Lesers gemeint, einen kohärenten Text vorzufinden, der für ihn „nützlich oder relevant ist, zum Beispiel um Wissen zu erwerben“ (de Beaugrande und Dressler, 1981: 9). Aus diesem Grund erfolgt das Verfassen eines Textes unter Berücksichtigung der Rezeptionsziele, der Erwartungen sowie der Lesegewohnheit der Leserschaft. Hypertexte bieten die Möglichkeit verschiedene Lesergruppen einzubinden. Die Navigationsfreiheit kann den Hypertext für verschiedene Leser akzeptabel machen. Außerdem wäre es technisch auch möglich, einen Hypertext interaktiv an den Leser anzu- 59 passen „z.B. durch Abfrage nach dem Kenntnisstand des Lesers. Nach Eingabe der entsprechenden Daten würden dann automatisch nur die für die Zielgruppen relevanten Konten und Links eingeblendet“ (Huber, 2003: 66). Allerdings kann/ darf sich der Leser noch nicht aktiv an der „Konstruktion der Hypertextbasis“ sowie dem „Aufbau geeigneter Pfade“ beteiligen. Zukünftig wird daher die aktive Beteiligung des Lesers in der „Akzeptanz von Hypertexten“ eine entscheidende Rolle spielen (Kuhlen, 1991: 11). Die Informativität und damit seine Effizienz ergeben sich aus der Menge der enthaltenen neuen, dem Leser bisher nicht bekannten Informationen und aus dem „Ausmaß der Erwartetheit bzw. Unerwartetheit“ (de Beaugrande und Dressler, 1981: 10). Informativität in Hypertexten wird davon abhängig gemacht, ob die gewünschte Information in der Menge der Knoten vorhanden und mit vertretbarem Aufwand erreichbar ist oder nicht. Hypertexte werden selektiv und nicht vollständig rezipiert. Daher können sie selbst bei wiederholter Lektüre mittels eines neuen Lesepfads informativ bleiben. Zusätzlich kann die Informativität durch das Hinzufügen neuer Informationen einer vorhandenen Menge von Knoten gesteigert werden. Außerdem besteht die Möglichkeit ausgesuchte Knoten mittels eines Datumstempels oder auch personalisiert zu speichern. Situationalität meint das „Maß an Relevanz, über welches ein Text in der jeweiligen Kommunikationssituation verfügt, d.h., ob er den spezifischen Informationsbedarf in einer Situation befriedigen kann“ (Huber, 2003: 69). Angewendet auf Hypertexte, würde dies bedeuten, in welchen Situationen welche Lesepfade für welche Lesergruppen relevant und damit auch akzeptabel sind (ebd. 72). Eine der Stärken von Hypertexten liegt hier, denn aufgrund der strukturellen Merkmale bieten sie dem Leser in erhöhtem Maße die Möglichkeit, die Informationen nicht nach starrer Abfolge sondern zielrelevant zu lesen. Die Intertextualität in linearen Texten wird durch die Einbettung eines Textes in den Kontext anderer Texte gewährleistet (ebd. 70). Hypertexte können als ein hochgradig intertextuelles Gebilde angesehen werden. Intertextualität findet dann in den Links auf andere Knoten ihren Ausdruck. […] von Intertextualität kann dann gesprochen werden, wenn mittels externer Links auf Knoten anderer Hypertexte verwiesen wird (ebd. 71) Die obigen Ausführungen mögen auf den ersten Blick den Anschein erwecken, dass zwischen Texten und Hypertexten keine gravierenden Unterschiede bestehen. Zumindest auf der Ebene der semantischen Textstruktur ist diese Feststellung zulässig. Und das wichtigste gemeinsame Merkmal bleibt die Kohärenz. „Lediglich das Kriterium der Kohärenz, d.h. die innere, kognitive ‘Sinnkontinuität’ (de Beaugrande und 60 Dressler, 1981: 88) eines Textes, muss unbedingt erfüllt sein, um sicherzustellen, dass der Leser ein sprachliches Gebilde als Text begreift. Kohärenz stellt damit das entscheidende Kriterium dar“ (Vater, 1992: 65). Wie sieht es aber mit der Oberfläche der Textstruktur aus? Auf dieser Ebene wird das Kriterium Nicht-Linearität, die elektronische Darbietung der Inhalte und der flexible Informationszugriff als entscheidendes Unterscheidungsmerkmal zwischen Text und Hypertext aufgeführt. Aufgrund der linearen Organisierung sowie der Aneinanderreihung der Abschnitte in einer vorgegebenen Sequenz gibt es bei Texten eine fest vorgesehene Lesereihenfolge. Im Gegensatz zu Texten, wo der Lesepfad vom Autor vorgegeben ist, stehen in Hypertexten dem Leser mehrere Lesealternativen zur Verfügung und die Aufgabe der Sequenzierung bleibt dem Leser überlassen, weshalb eine feste Lesereihenfolge aufgehoben wird. Der flexible Informationszugriff wird zwar durch das Verfolgen von Links, durch Volltextsuche sowie über graphische Übersichten bzw. den Browser gewährleistet (Gerdes, 2002: 10ff). Aber gerade weil sich der Leser zwischen mehreren Alternativen entscheiden bzw. navigieren muss, und gerade weil die Oberfläche der Textstruktur und die semantische Textstruktur miteinander um die Aufmerksamkeit des Lesers konkurrieren, stellt das Lesen in hyperstrukturellen Umgebungen zusätzliche Anforderungen an den Leser und andere Lesestrategien werden wirksam als dies beim Lesen traditioneller Texte der Fall ist. Das Lesen von Hypertexten geht über die reine Informationssuche hinaus. Der Leser muss zunächst die spezifischen Informationen aus einer komplexen Informationsmenge herausfiltern. Erst dann erfolgen die mentale Verarbeitung eines beträchtlichen Teils der gesamten Information sowie deren Integration zu einer kohärenten Wissensstruktur. Eine Klassifizierung von Kuhlen (1991: 125) zeigt, dass sich der Leser auf drei Ebenen mit dem Hypertext befassen muss: auf der inhaltlichen Ebene mit den eigentlichen Objektinformationen, auf der strukturellen Ebene mit der Ermittlung geeigneter Navigationswege unter Nutzung von Orientierungsmitteln sowie auf der Systemebene mit den jeweils vorhandenen Hypertextsystemfunktionen. Auf der inhaltlichen Ebene im Sinne von Kuhlen differenzieren Schnotz und Zink (1997) zwischen vier Teilprozessen, die beim Lesen ablaufen: Informationszielspezifikation, Informationssuche, Informationsbewertung sowie Informationsverarbeitung. Unter Informationszielspezifikation versteht man die Entscheidung darüber, welcher der Informationsknoten als Nächstes aufzusuchen ist. Voraussetzung dafür ist die Spezifizierung der Ziele aufseiten des Lesers. Die Navigation wird erheblich davon beeinflusst, mit welcher Zielsetzung gearbeitet wird (Priemer, 2004: 12). Unter Informationssuche ist die gezielte Suche nach themenrelevanten Knoten gemeint. Dazu ist ein Wissen darüber erforderlich, was, wo und 61 wie zu finden ist, also Wissen über die topologische Struktur des Informationsraums sowie über die Navigationsmöglichkeiten. Bei der Informationsbewertung müssen die vorgefundenen Informationen im jeweiligen Knoten auf ihre Zielrelevanz bewertet werden. Und erst im Verlauf der Informationsverarbeitung werden die zielrelevanten Informationen insofern mental verarbeitet, dass eine kohärente Wissensstruktur konstruiert wird. Mit der Integration dieser Wissensstruktur in die bestehende kognitive Struktur, schließt sich der Kreis. „Die ersten drei Anforderungen stellen sich in linearen Texten in geringerem Ausmaß. Da die Sequenzierung der Information vom Autor übernommen worden ist und der Lerner sich auf die eigentliche semantische Verarbeitung konzentrieren kann“ (Bannert, 2007: 71). 1.4.7 Kohärenzkonstruktionsprobleme bei Hypertexten Im vorherigen Abschnitt ist erwähnt worden, dass Navigation mit dem eigentlichen Prozess der Informationsaufnahme aus den Knoteninhalten konkurriert. Nicht erwähnt wurden jedoch die daraus resultierenden Probleme. Gerdes (2002: 58) spricht in Anlehnung an die Unterschiede zwischen Text und Hypertext von drei wichtigen Problembereichen: Problem der kognitiven Mehrbzw. Überbelastung, Problem der Herstellung lokaler Kohärenz, Problem der Herstellung globaler Kohärenz. Den genannten Problemen geht allerdings das Problem der Desorientierung bzw. lost in hyperspace voraus. Conklin (1987: 38) zählt wahrscheinlich zu den ersten, der die möglichen Probleme beim Lesen eines Hypertextes thematisiert hat. Die genannten Probleme zählen bis heute zu den ungelösten Problemen der Hypertext-Technologie. Orientierungsprobleme können mehrere Ursachen haben. Sie können auf „einer fehlerhaften Konzeption bzw. einer unzureichenden Modellierung der betreffenden Hypertextbasis“ oder auf „fehlender Systemunterstützung“ beruhen (Kuhlen, 1991: 133). Neben systembedingten Defiziten können auch Wissenslücken des Lesers problematisch werden. Gegenwärtig können strukturell unterschiedliche Hypertexte ausgemacht werden, was auf einem Mangel an Standards zurückzuführen ist. Aufgrund dieser Vielfalt besitzt der Leser eines Hypertextes im Vergleich zu Texten kein gesichertes Wissen bzw. Schemata über die Superstrukturen von Texten im Sinne von van Dijk und Kintsch. Dabei kann ein Wissen über den strukturellen Aufbau verschiedener Hypertext-Sorten den Leseprozess entscheidend unterstützen. Weiterhin fehlen Standards für Interaktionstechniken. So können sich keine einschleifenden Nutzungsstrategien beim Leser einstellen. Und schließlich können Orientierungsprobleme auf ein defizitäres Routen- und Übersichtswissen beim Leser zurückgeführt 62 werden (Gerdes, 2002: 32). Eine andere Klassifizierung findet sich bei Huber (2003: 37f), der hyperspezifische Kohärenzprobleme an vier kognitive Verarbeitungsebenen koppelt: Ebene des Hypertext-Systems, Strukturebene der Hypertext-Basis, Ebene der typisierten Links sowie Inhaltsebene der Hypertext-Basis. Auf der Ebene des Hypertext-Systems können sich Probleme im Umgang mit der Benutzerschnittstelle eines Hypertext- Systems ergeben. Und es bleibt dem Leser überlassen, sich mit den jeweiligen Funktionen vertraut zu machen und diese nutzbringend für die eigenen Zwecke einzusetzen. Aufgrund der Strukturebene der Hypertext- Basis, die aus einem Netz an Knoten und Links besteht, bleibt dem Leser zusätzlich zur eigentlichen Leseleistung auch die Entscheidung über die Relevanz der zur Verfügung stehenden Knoten und die entsprechende Sequenzierung des Textes überlassen, was kognitive Belastungen nach sich zieht. Die Ebene der typisierten Links könnten zum Lösen der Probleme beitragen, die auf der Strukturebene der Hypertext-Basis entstehen. Damit sie diese Funktion jedoch einnehmen können, „muss die Typisierung so schlüssig und einfach zugänglich wie nur möglich sein“, ansonsten wird der Leser das hinter den typisierten Verweisen steckende System nicht erkennen. Erst auf der Inhaltsebene der Hypertext-Basis setzt sich der Leser mit dem eigentlichen informativen Gehalt des jeweiligen Knotens auseinander. Da der Zugriff auf Inhaltsknoten beliebig erfolgen kann, darf der Inhalt eines Knotens nicht für das Verständnis eines anderen Knotens relevant sein, sondern die Knoten müssen wie zuvor erwähnt in sich abgeschlossen sein. Ansonsten sind Verständnisprobleme unvermeidbar. Zur Entschärfung des Orientierungsproblems wird empfohlen, Standards für das Design der Interaktion zu entwickeln, Konventionen für den strukturellen Aufbau verschiedener Hypertext-Sorten abzuleiten und Navigationshilfen zur Entwicklung von Routen und Übersichtswissen zur Verfügung zu stellen (Gerdes, 2002: 32). Außerdem können Hypertextbasen durch „Strukturierung der Hypertextbasis, z.B. durch Hierarchisierung“ oder auch durch „Orientierungsformen wie Metainformationen“ sowie „durch Navigationsangebote“ übersichtlicher werden (Kuhlen, 1991: 124). Aufgrund der unsystematischen Forschung fallen die Arbeiten in allen genannten Bereichen defizitär aus. Außerdem existiert bislang „wenig gesichertes Wissen über die Bedingungen effektiver Hypertext- Nutzung“, es „fehlt an Standards“ und unklar sind die „Auswirkungen verschiedener Lösungen und Lösungskombinationen“ (Gerdes, 2002: 41). Auf die Forschungslage im Bereich Hypertext wird in den folgenden Kapiteln eingegangen. In diesem Abschnitt sind externe bzw. systembasierte Orientierungshilfen vorgestellt worden, doch auch ihnen sind Grenzen gesetzt. Es gäbe 63 eine andere Möglichkeit, den Leser beim hypertextuellen Lesen zu unterstützten und zwar mithilfe so genannter (meta)kognitiver Strategien. Mit der Rolle (meta)kognitiver Strategien befasst sich das nächste Kapitel. 1.5 Zusammenfassende Diskussion In diesem Kapitel ist das Lesen sowohl aus neurobiologischer als auch kognitionswissenschaftlicher Sicht behandelt worden. Dieser Entscheidung lagen methodische Implikationen zugrunde. Für die folgende Studie die Relevanz der Blick- und Aufmerksamkeitssteuerung für das Lesen zu verstehen, musste in diesem ersten Kapitel der Frage nachgegangen werden, inwiefern das Lesen von neuronalen und kognitiven Prinzipien determiniert wird, um in Anlehnung daran Konsequenzen für die Ausbildung einer Hypertextverstehenskompetenz abzuleiten. Zum Zeitpunkt des Verfassens der vorliegenden Arbeit zählt die Monographie von Heiner Willenberg (1999) „Lesen und Lernen: Eine Einfu hrung in die Neuropsychologie des Textverstehens.“ zu den wenigen Arbeiten, die einen derartigen Versuch unternommen hat. Allerdings befasst sich die Arbeit von Willenberg mit dem Thema Neuropsychologie des Lesens und Ausbildung einer Textverstehenskompetenz im Unterricht. Erkenntnisse aus der Neuropsychologie, deren physiologische Realität als weitgehend sicher gilt, legen nahe, dass das Lesen aus einer ständigen Abfolge von Sakkaden und Fixationen besteht. Fixationen dauern ca. 200- 350 msec und dienen der Informationsaufnahme. Sakkaden dagegen lassen den Blick um ca. 6-9 Buchstaben im Text voranschreiten eine Sakkade und dauern in etwa 15-40 msec. Deshalb können während der Sakkaden keine Informationen aufgenommen werden. Den mannigfaltigen Augenbewegungen liegen, physikalisch-physiologische Beschränkungen zugrunde. Das menschliche Auge ist so gebaut, dass nur ein sehr kleiner Bereich auf der Netzhaut Sehen mit höchster Auflösung ermöglicht. Aufgrund der Beschränkung des Sehfeldes, muss sich das Auge beim Lesen so bewegen, dass der zu lesende Text stückchenweise auf die Fovea fällt. Um diese Aufgabe zu lösen, bedient sich das Auge mit dem zweistufigen Leseprozess, der wie zuvor erläutert aus Sakkaden und Fixationen besteht. Nun wird die Bewegung der Augen beim Lesen - charakterisiert durch Fixationsdauer und Sakkadenlänge - im erheblichen Maß kognitiv gesteuert. Dabei spielen Wortfrequenz, Vorhersagbarkeit des Wortes, lexikalische Ambiguität und Position im Satz eine wichtige Rolle. Da die neurobiologische Sicht per se das Phänomen des Textverstehens nicht zu erklären vermag, worden auch Erkenntnisse aus der Kognitionswissen- 64 schaft herangezogen. Erkenntnisse legen nahe, dass das Textverstehen ein Aufbau kohärenter mentaler Repräsentationen ist, in dessen Verlauf Textinformationen erkannt und mit bereits vorhandenen Wissensbeständen reflexiv verknüpft werden. Die Faktoren des Textverstehens wurden somit von den Lernermerkmalen auf Materialmerkmale, Lernaktivitäten sowie Aufgabenmerkmale erweitert und deren Zusammenspiel anhand von Borkowskis Modell der guten Informationsverarbeitung veranschaulicht. Dabei stellte sich die Frage, inwiefern diese Erkenntnisse auf das Lesen von Hypertexten projiziert werden können. Ein Vergleich zwischen Text und Hypertext diente der Aufdeckung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden. Dass es Parallelen zwischen Text- und Hypertexten gibt, liegt auf der Hand. Hypertexte werden deswegen auch häufig in „die Nähe von traditionellen Referenztexten wie Lexika, Handbüchern und Kochbüchern gerückt“ (Kuhlen, 1991: 37). Allerding werden auch schon mithilfe der elektronischen Darbietung am Bildschirm Hypertexte von Enzyklopädien und Wörterbüchern (unter anderem) abgegrenzt, die zwar eine stark vernetzte Struktur aufweisen, die jedoch einen gezielten und vor allem bequemen Informationszugriff per Mausklick nicht ermöglichen können (Gerdes, 2002: 11). Wichtig ist, dass eine eindeutige Abgrenzung zwischen Text und Hypertext nicht möglich ist, vor allem dann nicht, wenn die referenzierte Basis von Hypertexten Texte sind (Kuhlen, 1991: 27). Daher spielt das Kriterium der elektronischen Darbietung eine Schlüsselrolle. Aufgrund der spezifischen Gestaltungsmerkmale, wie sie in den vorangegangenen Abschnitten beschrieben wurde, bleibt in Hypertexten die Aufgabe der Sequenzierung weitgehend dem Leser überlassen und der Leser muss sich zwischen mehreren Alternativen entscheiden bzw. navigieren. Damit wird im Sinne von Borkowskis Modell vor allem in Hypertexten „die zentrale Rolle des Benutzers in seiner aktuellen Situation für die Kohärenzherstellung stark“ unterstrichen (Kuhlen, 1991: 40). Die Nicht-Linearität hat jedoch auch Folgen für die Orientierung. Somit ergeben sich zusätzliche Anforderungen, die zu Orientierungsproblemen und aufgrund der Notwendigkeit zum ständigen Treffen von Navigationsentscheiden zur kognitiven Überbelastung führen können (Gerdes, 2002: 41). In Hypertexten muss dem Aufbau kohärenter mentaler Repräsentationen, wie dies bei Texten der Fall ist, eine Informationszielspezifikation, Informationssuche und Informationsbewertung vorangeschaltet werden. Die genannten Erkenntnisse beziehen sich jedoch auf das Lesen in L1. Können diese 1: 1 auf das Lesen fremdsprachiger Hypertexte übertragen werden? Es existieren Ansätze, die darauf abzielen, das Lesen in der L2 von L1 abzugrenzen. Siehe dazu die Arbeiten von Bernhardt (1983 und 2005), Demel (1990), Carrell (1991), Grabe (1991), Block (1992), Hdstijn und Bossers (1992), Davis und Bistodeau (1993), Donin und Silva 65 (1993), Bernhardt und Kamil (1995), Sinclair Bell (1995), Parry (1996), Fecteau (1999), Oh (2001), Taillefer (1996, 2005) und Walter (2007). Wenn man jedoch diesen Ansätzen auf den Grund geht, so wird man feststellen, dass sie in Wahrheit nur das hergeben, was bereits für das Lesen in der Muttersprache gültig ist. Dies liegt vermutlich auch in der Natur der Sache. Denn aus rein neurobiologischer Sicht spielen sowohl beim Lesen in L1 als auch L2 mindestens 6 sprachliche Teil-Komponenten eine Rolle, die in verschiedenen Arealen des Großhirns bearbeitet werden: lexikalisch, semantisch, syntaktisch, sprachlautlich, prosodisch und orthographisch. Das Maß der Versiertheit in den genannten Komponenten spielt sicherlich beim Erfolg des Lesers in der Bewältigung des Leseprozesses eine entscheidende Rolle. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass das Lesen eine Art Text-Leser-Interaktion darstellt. So muss die kognitive Dimension des Lesens aufseiten des Lesers mit weiteren Dimensionen der Textbzw. Informationsverarbeitung angereichert werden. Entscheidend wirkt sich die Lernaktivität des Lesers, sprich die Fähigkeit zur Kontrolle der Leseprozesse, aus. Mit der Relevanz kognitiver Kontrollregulationen befasst sich das nächste Kapitel. 67 2 Strategien als wichtige Aktanten der Informationsverarbeitung Aus den Ausführungen im vorherigen Kapitel zum Lesen von Print- und Hypertexten konnte erschlossen werden, dass das Lesen mit Hilfe von Strategien gesteuert werden kann. Denn sowohl die kognitive Regulierung der Augenbewegungen beim Lesen als auch die Bewältigung der Probleme, die mit dem hypermedialen Lernen verbunden sind, setzen beim Lerner ein hohes Maß an Selbststeuerung der Prozesse voraus. Vielfach wird in der Forschungsliteratur die Metakognition als Schlüsselkompetenz für das selbstgesteuerte und eigenverantwortliche Lernen unter anderem auch das Lernen mit Hypertexten postuliert. Der empirische Nachweis hierfür fällt jedoch bislang recht bescheiden aus. Metakognitive Strategien, die sich aus Orientierung und Planung, Kontrolle und Steuerung sowie Evaluation zusammensetzen, zielen weniger auf den eigentlichen Lernvorgang ab, sondern vielmehr auf die Kontrolle der kognitiven Vorgänge und den eigenen Lernfortschritt. Das vorliegende Kapitel beschäftigt sich daher mit der Frage, ob und wie mithilfe der metakognitiven Strategien die kognitiven Vorgänge des Lernens kontrolliert und damit die Lernprozesse optimiert werden können. In Abgrenzung zu den metakognitiven Strategien wird zunächst jedoch auf die Rolle kognitiver Strategien im Lernprozess eingegangen. In ähnlicher Weise wird die Rolle metakognitiver Strategien aus theoretischer und empirischer Sicht in Augenschein genommen. Den theoretischen Darstellungen werden empirische Befunde aus 40 Jahren Forschungstätigkeit exemplarisch gegenübergesetzt. Denn eine vollständige Behandlung der Studien sowie deren valide Zusammenfassung ist allein aufgrund der vielfach „heterogenen Operationalisierungen“, was „Methode, Stichprobe, Sprache, Texte und Aufgaben“ anbelangt, problematisch (Brantmeier, 2002: 2; Bannert, 2007: 101). Die Darstellung von Interventionsmaßnahmen bildet das Schlussbild des vorliegenden Kapitels. 2.1 Zur Rolle kognitiver Strategien beim Lernen Für die Neubewertung bzw. Aufwertung von Lernstrategien innerhalb und außerhalb institutionalisierten Unterrichts und damit die Entwicklung von besonderen Interessen an Fragen der kognitiven sowie metakognitiven Prozesse und Strukturen, aber auch der Beimessung eines 68 besonderen Gewichts für Lernstrategien und kognitive Verstehensstrukturen zeichnet sich vor allem die Ablösung behavioristischer Modelle und Hinwendung zur kognitiven Psychologie verantwortlich. Somit treffen wir ab den 1970er Jahren auf ein verändertes Verständnis gegenüber den Begriffen Lernbedingung, Lernbegriff und Lernstrategie. Im Gegensatz zu den behavioristischen Vorstellungen, in denen das menschliche Verhalten ausschließlich von einem Reiz-Reaktion-Prinzip geleitet wird, werden jetzt die Lernbedingungen auf die Wechselwirkung zwischen „äußeren Einwirkungen auf den Lerner und den inneren Antreiben und Strukturen des Subjekts“ wie etwa „soziale Seite des Lernens“, „Faktoren der Lernerpersönlichkeit“ und der „Soziokultur des Lernens“ ausgeweitet (Nold, 1992: 9). Damit ändert sich auch die bis dahin gültige Auffassung des Lernbegriffs. „Lernen ist ein aktiver Prozess, bei dem die Aufnahme und Verarbeitung von Informationen und die Entwicklung von Fertigkeiten entscheidend von der Selbssteuerung [sic] der Lernenden abhängt“ (ebd. 10). Wo von Selbststeuerung die Rede ist, werden auch Lernstrategien auf den Plan gerufen. Dabei werden sie nicht mehr als „technischpraktische Hilfen zur zeitlichen und sachlichen Organisation von Lernprozessen“ verstanden, sondern als „kognitive und metakognitive Strategien, mit deren Hilfe der Lerner sein eigenes Lernen kontrolliert“ (ebd.). Mit der Frage der Kontrolle und Effektivität von Strategien wird sich dieses Kapitel näher befassen. Zunächst gilt es jedoch, den Begriff Strategie gegenüber anderen Taxonomien abzugrenzen. 2.1.1 Auf der Suche nach einer Taxonomie Der Begriff Strategie zeichnet sich durch vielfältige Definitionsversuche aus. Strategien 1 meinen „Verfahren, mit denen der Lerner den Aufbau, die Speicherung, den Abruf und den Einsatz von Informationen steuert und kontrolliert“, bzw. „Verhaltensweisen, die zur Bewältigung von Lernaufgaben dienen können“ (Stangl, 2006: 1) oder auch „Handlungssequenzen zur Erreichung eines Lernziels“ (Friedrich und Mandl 1992: 6). An anderer Stelle gelten Lernstrategien als „mentale Prozesse, die auf die Lernzielerreichung ausgerichtet sind und nicht lediglich obligatorische Konsequenzen der Aufgabenbearbeitung darstellen. Sie sind intentional, potenziell bewusstseinsfähig, spontan unter Kontrolle der Person, kapazitätsbelastend sowie flexibel und selektiv“ (Bannert, 2007: 55). Sie sind also 1 Nicht zu vergleichen mit dem Begriff Lerntechniken. Denn unter Lerntechniken sind „eher eine Einzelmaßnahme“ zu verstehen (Rampillon, 2003: 340). Demnach sind Strategien auf einer übergeordneten Ebene angesiedelt und organisieren und koordinieren den Einsatz bestimmter Techniken. 69 „zielgerichtete Prozesse, die potentiell bewußt [sic] und kontrollierbar sind“ (Hasselhorn, 1992: 36). Allen (2003: 231) versteht unter dem Begriff Strategie: a step or action that is designed to enhance learning, that is not automatic, and that is deliberately chosen by the learner and applied to a learning task. Such actions as highlighting important material or underlining the text are not necessarily strategies. Bei Oxford (2003: 274) gilt eine Strategie als „a plan that is consciously aimed at meeting a goal. (…) conscious control, intention, and goaldirectedness remain essential criteria for a strategy“. Daher muss sich nach Hadwin und Winne (1996: 694) eine Strategie durch folgende Merkmale auszeichnen: To be [a strategy], a student must (a) have alternatives from which to choose, (b) deliberate about the advantages and disadvantages of each relative to the task at hand, and (c) select [the strategy] because it is judged to be more effective for meeting goals than its alternative. Nach Chi (1984: 218) weist eine Strategie vier Eigenschaften auf: Eine Strategie ist allgemein einsetzbar und bereichsunabhängig. Wie alle Prozeduren hat eine Strategie ein Ziel. Wie alle Prozeduren kann eine Strategie mehrere Komponenten haben. Die Gesamtzahl von Strategien ist begrenzt und sollte vermutlich klein sein. Die eben aufgezählten Definitionen und Eigenschaften beziehen sich auf Strategien im Allgemeinen. Ähnliche Definitionen finden sich für Lernstrategien im spezifischen Sinne. So werden (L2)Lernstrategien beschrieben „as those processes which are consciously selected by L2 learners and which may result in action taken to enhance the learning or use of a second foreign language, through the storage, retention, recall, and application of information about that language“ (Cohen 1999: 4). Ein wichtiger Punkt in Bezug auf (L2)Lernstrategien ist, dass sie nicht a priori als gut oder schlecht bezeichnet werden können. Viel eher gelten sie dann als effektiv, wenn sie nachstehende Bedingungen erfüllen: (1) the strategy relates well to the L2 task at hand; (2) the student employs the strategy effectively and links it with other relevant strategies for doing the task; and (3) the strategy coordinates with the student’s general learning style preferences to one degree or another (Oxford, 2003: 274). Ein Vergleich der soeben angeführten Definitionen zeigt, dass bei allen Differenzen der gemeinsame Nenner in den Attributen Zielgerichtetheit, 70 Bewusstheit und Kontrollierbarkeit liegt. In dieser Arbeit werden Strategien gemäß Allen (2003: 231) als „nicht automatisierte, sondern bewusst ausgesuchte und zielgerichtete Aktivitäten“ verstanden, „mit der Absicht, das Verstehen, Behalten und Erinnern zu verbessern“. Dabei wird wie bei Astleitner (1997) davon ausgegangen, dass Strategien selbst trotz ihrer zusätzlichen Belastung des Arbeitsgedächtnisses nicht lernhinderlich sind. Ähnlich wie bei der Taxonomiebildung zeichnen sich auch in Bezug auf die Klassifizierung von Lernstrategien verschiedene Versuche ab. Einen interessanten Weg zur Klassifizierung von Lernstrategien schlägt Nold (1992: 11) ein, indem er sie in „fachübergreifende und fachspezifische Ansätze der Lehr- und Lernforschung“ einbettet. Diese Vorgehensweise ist insofern gerechtfertigt, zumal Lernstrategien eine wichtige Rolle im Lern- und Lehrprozess spielen. Strategien in fachübergreifendem Sinne werden als „allgemeine Attribute des Lerners“ verstanden (ebd. 12). Als Fallbeispiel für den fachübergreifenden Ansatz kann in erster Linie die Taxonomiebildung von Mandl und Friedrich (1992: 12ff) angeführt werden. Diese unterscheiden zwischen einer Fülle von Strategien mit hohem und mittlerem Allgemeinheitsgrad sowie solchen, die hochspezifisch sind. Darunter fallen sogenannte Primär- und Stützstrategien, allgemeine und spezifische Strategien, je nach Funktion zwischen Wiederholungs-, Elaborations-, Organisations- und Kontrollstrategien sowie Mikro- und Makrostrategien. Die geläufigste Klassifikation der (L2)Lernstrategien ist immer noch die Aufteilung in sieben Kategorien: kognitive Strategien, metakognitive Strategien, mnemonische oder gedächtnisunterstützende Strategien, kompensatorische Strategien, affektive Strategien, soziale Strategien, selbstmotivierende Strategien (Anderson, 2005: 760). Während die ersten sechs bei Oxford (1990) zu finden sind, bevorzugen O´Malley und Chamot (1994) unter anderem die Unterteilung in kognitive, metakognitive, affektive und soziale Strategien. Die Arbeiten von Dörnyei (2001) kreisen um selbstmotivierende Strategien. Kognitive Strategien dienen der „unmittelbaren Informationsaufnahme und Informationsverarbeitung“ (Wild, Schiefele und Winteler, 1992: 3) und umfassen daher Arbeitstechniken, die auf Aufnahme, Identifikation, Einordnung, Einprägung, Elaborierung und kritische Prüfung sowie Speicherung von Informationen abzielen (O´Malley und Chamot, 1990: 8; Cohen, 1999: 7). O´Malley und Chamot (1990: 45) zählen zu kognitiven Arbeitstechniken: Wiederholen (engl. rehearsal) Organisieren (engl. organization) 71 Inferieren (engl. inferencing) Zusammenfassen (engl. summarizing) Deduzieren von Regeln (engl. deduction) Bildhaft Darstellen (engl. imagery) Transferieren (engl. transfer) Elaborieren (engl. elaboration) Im Vergleich zu den kognitiven Strategien zielen metakognitive Lernstrategien bzw. das Wissen über Kognition (Hasselhorn, 1992: 37) weniger auf den eigentlichen Lernvorgang ab, sondern auf die Kontrolle der kognitiven Vorgänge und des eigenen Lernfortschritts, und sie umfassen Arbeitstechniken zur Voreinschätzung, Vorplanung, Online-Planung, Evaluation und Post-Evalution der Lernprozesse (O´Malley und Chamot, 1990: 8; Cohen, 1999: 7). Unter metakognitive Arbeitstechniken fallen unter anderem (O´Malley und Chamot, 1990: 44): Lenken selektiver Aufmerksamkeit (engl. selective attention) wie zum Beispiel Ausschau nach Schlüsselwörtern Planen (engl. planning) Überwachen (engl. monitoring) Bewerten (engl. evaluation) Auf das Thema metakognitive Strategien wird im Abschnitt 2.2 ausführlich eingegangen. Affektive Strategien werden zur Regulierung von Emotionen und Motivation herangezogen. Unter soziale Strategien schließlich fallen Aktivitäten, die der Lerner für die Interaktion mit anderen Lernern heranzieht (O´Malley und Chamot, 1990: 8; Cohen, 1999: 8). Unter sozioaffektive Arbeitstechniken fallen (O´Malley und Chamot, 1990: 45): Zusammenarbeiten (engl. cooperation) Fragen (engl. question for clarification) Selbstgespräche führen (engl. self-talk) Eine andere Klassifizierung findet sich bei Cohen (1999: 5ff). Er unterscheidet zwischen vier Strategien: retrieval strategies, rehearsal strategies, cover strategies und communication strategies. Unter retrieval strategies versteht man Strategien, die dem Abruf des Vorwissens aus dem Gedächtnis dienen. Mithilfe von rehearsal strategies werden zielsprachliche Strukturen aus dem Gedächtnis abgerufen. Cover strategies sollen den Lernern suggerieren, dass sie volle Kontrolle über die Lernprozesse haben, selbst wenn dies nicht der Fall ist. Communication strategies schließlich dienen der Übermittlung von Botschaften, die für Zuhörer oder Leser bedeutsam und informativ sind. 72 Der Klassifizierungsversuch von Wild, Schiefele und Winteler (1992: 3f) enthält in Anlehnung an Pintrich und Garcia´s Motivated Strategies for Learning Questionnaire (MSQL) aus dem Jahr 1991 neben kognitiven und metakognitiven Strategien auch ressourcenbezogene Lernstrategien. Die ressourcenbezogenen Lernstrategien beziehen sich eher auf die Organisation der Rahmenbedingungen beim Lernen. Man unterscheidet in diesem Sinne zwischen externen Ressourcen (zum Beispielpositive Gestaltung des Lernorts) sowie internen Ressourcen (Management der Konzentration und Aufmerksamkeit, Zeitmanagement, Nutzung zusätzlicher Informationsquellen, ...). Beim Lernen einer Fremdsprache zählen vor allem kognitive Strategien zu den weitverbreitetsten Strategien (Allen, 2003: 321). Die Techniken, die hier verwendet werden, sind dieselben, die auch in der Muttersprache relevant sind. Cognitive strategies are strategies that directly involve the target language and involve using many different methods, such as summarizing and deductive reasoning, to process, understand, and produce the new language (O’Malley und Chamot, 1990: 44). 2.1.2 Entstehung und Entwicklung Die Entstehung der Diskussion rund um den Begriff Strategien ist ein Ergebnis und Beitrag fächerorientierter Lehr- und Lernforschung und kann als komplementäre Vervollständigung sowie Ergänzung der Ansätze der allgemeinen Lernpsychologie betrachtet werden (Nold, 1992: 18). Angeregt wurde die Diskussion von Joan Rubin und ihrem Artikel „What the good Language Lerner can Teach us“ aus dem Jahre 1975 (O´Malley und Chamot, 1990: 2). Wie bereits aus dem Titel des Artikels hervorgeht, steht somit hauptsächlich der so genannte „Good Language Lerner“ (GLL) mit seinen Techniken und Verfahren im Vordergrund. Charakteristisch aus dieser Zeit sind daher Strategielisten, die von vermeintlich guten Sprachlernern übernommen worden sind. Eine solche Liste findet sich unter anderem bei Rubin (1975: 124f), Stern (1975: 31) und Naiman et al. (1996: 30-33), die zur besseren Übersicht in der nachstehenden Tabelle 1 aufgelistet worden sind. 73 Tabelle 1: Strategieliste im Vergleich Wie aus der Tabelle 1 hervorgeht, hebt sich die Strategieliste von Rubin vor allem durch die zusätzliche Aufteilung der Strategien in direkt und Strategieliste nach Rubin (1975: 124-25) Topstrategieliste der GLL nach Stern (1975: 31) Lernerstrategien nach Naiman et al. (1996: 30-33) I Process which may contribute directly to learning 1 A personal learning style or positive learning strategies A Clarification and verification 2 An active approach to the task 1 Active task approach GLLs were active in their response to learning situations; they intensified efforts where necessary; they practiced regularly; they identified problems; they turned everyday life experiences into learning opportunities. C Memorization D Guessing/ inductive inferencing E Deductive reasoning 4 Technical knowhow about how to tackle a language 5 Strategies of experimentation an planning with the object of developing the new language into an ordered system an/ or revising this system progressively 6 Constantly searching for meaning 10 Developing the target language more and more as a separate reference system an learning to think in it 2 Realization of language as a system GLLs referred to their own native language judiciously and made comparisons; made guesses and inferences about language; responded to clues; systematized language. F Practice II Process which may contribute indirectly to learning 7 Willingness to practice 8 Willingness to use language in real communication 3 Realization of language as mens of communication GLLs often concentrated on fluency rather than accuracy (especially in the early stages of learning); looked for communicative opportunities; looked for sociocultural meaning A Create opportunities for practice B Production tasks related to communication B Monitoring 9 Self-monitoring and critical sensitivity to language use 5 Monitoring of L2 performance GLLs reviewed their L2 and made adjustments 3 A tolerant and outgoing approach to the target language an empathy with its speakers 4 Management of affective demands GLLs realized that learning a language involves emotional responses which they must take on board as part of their learning 74 indirekt ab, wobei unter direkt solche Strategien gemeint sind, die wiederum direkt zum Lernen beitragen, was bei letzterem eher indirekt der Fall ist. Auffällig an den drei Strategielisten wenn auch in unterschiedlicher Reihenfolge sind die Forderungen nach: einer aktiven Herangehensweise an die Aufgabenstellung Strategieanwendung Übung und (kritischer) Überwachung der Handlungen. Mit der Forderung nach einer kritischen Überwachung der Handlungen wird implizit die Metakognition auf den Plan gerufen, ohne das Abstraktum selbst zu verwenden. Hervorgehoben werden auch die kommunikative Funktion der Sprache und die Forderung nach handlungsnahen Aufgaben. Damit wird der sozial-psychologischen Dimension der Sprache Rechnung getragen. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass in den 1970er Jahren eine weite Auffassung des Begriffs Strategie besteht. Mal werden Strategien im Sinne von Techniken, Tricks, Taktiken, Einstellungen, Übungen und Lernaktivitäten aufgefasst, mal im Sinne von study skills und Repetitionstechniken sowie cognitive skills wie Inferenzbildung und deduktive Generierung von Grammatiken. Vielfach werden die Termini Lernerstrategie und Lernstrategie gleichgesetzt (Grenfell und Macaro, 2007: 13), was auf einen Mangel an theoretischem Rahmen zurückgeführt werden kann. Daher kreisen die Bemühungen in den 80er Jahren um eine Konzeptualisierung im Bereich Language Learner Strategy (LLS). Zur Gewährleistung eines theoretischen Rahmens wurden Konzepte aus der Kognitionspsychologie und hier zuvörderst aus den Arbeiten von John Anderson übernommen, die auf das Jahr 1982 zurückgehen. Die von ihm aufgestellte Dichotomie zwischen deklarativ (knowledge of) vs. prozeduralen (knowledge how) Wissens ebnete den Weg zu einem neuronal, kognitiv, emotional und affektiven Zugang. In Anlehnung an Anderson konnte auch erstmalig eine Klassifizierung der Strategien vorgenommen werden. O´Malley und Chamot (1990: 8) differenzieren, wie zuvor erwähnt, zwischen kognitiven Strategien, die die eigentlichen Sprachprozesse im Gehirn umfassen, metakognitiven Strategien, die sich aus den Handlungen Planung, Überwachung und Bewertung zusammensetzen sowie soziale Strategien, die nach affektiven und sozialen Aspekten des Sprachlernens aufgeschlüsselt werden. Oxford (1990) hingegen unterscheidet ähnlich wie Rubin zwischen direkten und indirekten Strategien. Ersteres meint Behaltensstrategien sowie kognitive und kompensatorische Strategien. Letzteres hingegen umfasst metakognitive, affektive und soziale Strategien. Vor allem weiterverfolgt wurde die theoretische Diskussion von 75 O´Malley (1985: 33f), der auch zwischen drei Gruppen von Lernstrategien differenziert: kognitive, metakognitive und sozioaffektive Strategien. Die kognitiven Strategien schlüsselt er nach Repetition, Resourcing, Translation, Grouping, Note Taking, Deduction, Recombination, Imagery, Auditory Representation, Keyword, Contextualization, Elaboration, Transfer und Inferencing auf. Metakognitiven Strategien ordnet er Advance Organizers, Directed Attention, Selective Attention, Self Management, Functional Planing, Self-Monitoring, Delayed Production sowie Self- Evaluation zu. Unter sozioaffektiven Strategien schließlich fallen Cooperation und Question for Clarification. Trotz der Fortschritte im Bereich der Lernerstrategieforschung seit Mitte der 1990er Jahre bis heute zählt die weite Auffassung des Begriffs Strategie sowie deren Klassifizierung zu den ungelösten Problemen ungeachtet der Schwierigkeiten, die damit verbunden sind. So differenziert die Forschungsliteratur nicht zwischen normaler und strategischer Lernaktivität (Dörnyei, 2005: 164). Auch die Suche nach einer Taxonomie für LLS besteht nach wie vor. Ferner sind selbst die besten aufgestellten Klassifizierungsversuche, die mit den Namen O´Malley und Chamot (1990) sowie Oxford (1990) verbunden sind, ad hoc. 2.1.3 Vier Dekaden Lernerstrategieforschung Lernerstrategien (LS) sind seit fast vier Dekaden Gegenstand der Forschung. In den 1970er Jahren stehen noch die Aktivitäten des erfolgreichen Lerners und damit die Quantität der Strategienutzung im Vordergrund. Von 1980 bis Anfang der 1990er bewegt man sich zwischen zwei Kontinuen: die Beschreibung allgemeiner Muster bevorzugten Lernverhaltens und die Herausarbeitung von Fallbeispielen strategischen Verhaltens. Die Aufgabentypen bleiben unspezifisch. Hauptinteresse der Arbeiten seit Mitte 1990 bis heute sind Fallbeispiele strategischen Verhaltens im Kontext spezifischer Aufgabentypen und Fertigkeiten. Ferner kommt es zu einer Abkehr von der Quantität und damit Hinwendung zur Qualität des Lernens. Eine Verzahnung von Strategienutzung und Lernleistung kann festgestellt werden. Als wichtige Forschungsfrage gilt vor allem, warum einige Lerner, Strategien effektiver verwenden und miteinander kombinieren können als andere. Gerade weil bis heute diese Frage nach der Korrelation und Kausalität zwischen Strategienutzung und Lernertyp noch unzureichend beantwortet worden ist, wird sie auch für weitere Forschungsarbeiten eine Herausforderung sein. Anbei wird ausführlich auf die jeweiligen Dekaden und Hauptinteressensgebiete eingegangen. Der Grundstein der Lernerstrategieforschung wurde, wie zuvor erwähnt, von Joan Rubin (1975) und ihrem Artikel „What the good Language Ler- 76 ner can Teach us“ gelegt. Es können unter anderen drei fundamentale Forschungsfragen voneinander abgegrenzt werden (Naiman, Fröhlich und Stern, 1996: 1-8): What makes good language learners tick? What do they do, that poor learners don´t do? Could we help the poor learner by teaching them some of the good learners’ tricks? Der Mehrwert der Strategieforschung in den 1970er Jahren liegt vor allem in der: Vermittlung nützlicher Informationen an L2-Lehrern und L2-Lernern Systematisierung der Informationen und damit Erleichterung einer Integration mit pädagogischen Methoden Lehrbarkeit der Strategien und Förderung der Sprachlernprozesse Problematisch an der Strategieforschung der 1970er ist in erster Linie die Annahme, dass angewandte Strategien der guten Sprachlerner übernommen und weniger erfolgreichen Lernern vermittelt werden können. Diese Annahme entbehrte einer wissenschaftlichen Fundierung. Und der Nachweis für die Effektivität der Strategievermittlung konnte empirisch nicht erbracht werden. Viel eher wurde anhand von Studien festgestellt, dass weniger erfolgreiche Lerner im Gegensatz zu der verbreiteten Annahme viele Strategien anwenden. Das Problem dieser Lerner beruht demnach nicht auf einem defizitären Strategiewissen, sondern ihr Problem muss im strategischen Handeln gesucht werden. Diese Lerner sind schwach in „selecting and orchestrating strategies“ (Oxford et al., 2003: 382; Anderson, 2005: 762) sowie „apply strategies appropriately to the task at hand“ (Vann und Abraham, 1990: 190f). Ein weiteres Problem, das den Forschungsaktivitäten aus dieser Zeit anhaftet, ist, dass die aufgestellten Strategielisten lediglich auf eigenen Erfahrungen als Lehrer beruhen, sind konzeptuell und spekulativ und entbehren wiederum einer empirischen Fundierung. Die genannten Ergebnisse und Defizite führen in den 1980er und Anfang der 1990er Jahre zu einem Perspektivenwechsel innerhalb der Strategieforschung. In der neuen Perspektive werden die Strategien nicht im absoluten Sinne als gut oder schlecht bezeichnet. Es geht um die Effektivität der Strategien, die an mehrere Bedingungen gebunden ist, so unter anderem an die Zielsetzung der jeweiligen Aufgabe sowie deren Schwierigkeitsgrad, Lernstil, Vorwissen und Erfahrungen der Lerner (Wenden, 1998: 527). Durch den methodologischen Fortschritt kann ferner in diesem Zeitraum eine Zunahme empirischer Studien verzeichnet werden. Wie erwähnt bemühte man sich um eine Konzeptualisierung im Bereich Lan- 77 guage Learner Strategy (LLS). Außerdem wurden im Zuge einer validen Erfassung der Strategienutzung aufseiten der Lerner unterschiedliche standardisierte Fragebögen ausgearbeitet. Dazu kann die sogenannte Strategy Inventory for Language Learning (SILL) gezählt werden, die zwischen 1986 und 1990 von Oxford konzipiert wurde. Mithilfe dieses Fragebogens konnte die Häufigkeit der Strategieverwendung auf der Lernerseite gemessen werden. Bis Mitte der 1990er wurde die SILL bei 10.000 Lernern angewendet und zählt daher bis heute noch zu einem der meist angewandten Instrumente überhaupt. Mit den validen Instrumenten zur Erhebung von Strategien befasst sich der Abschnitt 3.2. Als Fallbeispiele für Forschungsaktivitäten aus dieser Zeit kann die Studie von Kern (1989) und Anderson (1991) angeführt werden. Die beiden Fallstudien sollten den Forschungsweg skizzieren, der in den 1980er und Anfang der 1990er Jahre eingeschlagen wurde. In der Studie von Kern (1989: 135) wird der Effekt von Strategien auf das Leseverständnis und hier auf die Inferenzbildungen bei unbekannten Wörtern sowie die Bedeutungsgenerierung aus größeren Textsegmenten bei Französischsprachlernern aus der Mittelstufe gemessen. Und es gilt festzustellen, welcher Lernertyp am ehesten von einem Interventionsprogramm profitiert. Dabei ist man von der Annahme ausgegangen, dass Strategien den Ablauf textbasierter hierarchieniedrigerer Bottom-up-Prozesse wie etwa Worterkennung insofern automatisieren, dass die kognitiven Leistungen des Lesenden effizienter für wissensbasierte hierarchiehohe Top-down- Prozesse genutzt werden können (ebd. 136). Das Training wurde im Kurs integriert und bestand darin, mit Hilfe von W-Fragen als strategisches Mittel, Wort- und Satzanalysen vorzunehmen. Auf diese Weise sollte die Aufmerksamkeit der Lerner auf bereits vorhandene strategische Fähigkeiten gelenkt werden, die in anderen Lesekontexten eingesetzt werden können. Die Effektivität der Strategien wurde anhand von Leseverständnis- und Wortinferenztest mit einer Notenskala von 0-100 ermittelt. Die Ergebnisse zeigen, dass explizite Strategieinstruktion das Leseverständnis von Französischsprachlernern auf der Mittelstufe steigern kann. Weiterhin war ein positiver Effekt des Strategietrainings im Leseverständnistest zu erkennen. Vor allem schwache Lerner konnten mehr vom Strategietraining profitieren. Bei guten sowie leistungsstarken Lernern lag die Vermutung nahe, dass sie auf dieser Niveaustufe ihre Lesestrategien aus der Erstsprache in die Fremdsprache übertragen haben. Die Effekte der Strategieinstruktion auf die Bedeutungsinferierung unbekannter Wörter waren jedoch nicht statistisch signifikant (Kern, 1989: 144). Das Ausbleiben der statistischen Signifikanz kann aber auch auf die Erhebungsinstrumente zurückgeführt werden. Den Erhebungsinstrumenten aus dieser 78 Zeit wurde öfter nachgesagt, dass sie nicht „sensitiv genug“ seien, um die Trainingseffekte aufzudecken (Carrell et al., 1989: 647). In der Studie von Anderson (1991: 460) wurden die individuellen Differenzen der Strategienutzung bei 28 spanischen Studenten ermittelt, die sich für einen Englisch- Intensivkurs angemeldet haben. Mit Hilfe von Protokollen des lauten Denkens (LD-Protokolle) wurden die Strategien der Lerner während der Bearbeitung eines standardisierten Leseverständnistests sowie eines wissenschaftlichen Textes festgehalten (ebd. 462). Die Ergebnisse belegen, dass Lerner, die mehr Strategien berichteten, im Leseverständnistest bessere Noten erzielen konnten. Daraus wurde abgeleitet, dass die Intensität des Strategieeinsatzes das Leseverständnis fördert. Ferner wurde festgestellt, dass sowohl schwache als auch starke Lerner die gleichen Strategien verwenden. Das strategische Lesen setzt demnach nicht nur strategisches Wissen - also das Wissen was - voraus. Der Lerner muss vor allem wissen, wann welche Strategien einzusetzen sind, und damit wird das Wissen wie auf den Plan gerufen. Dieses Wissen fehlt schwachen Lernern (ebd. 468). Trotz der Fortschritte, die sich zwischen den 1980er und Anfang 1990er Jahren in der LLS-Forschung abzeichnen, haften ihnen zugleich auch mehrere Defizite an. In Bezug auf die Beschreibung und Klassifizierung von Strategien herrscht eine weite Auffassung; sowohl interne als auch externe Handlungen werden als Strategie aufgefasst (Chamot und EL-Dinary, 1999: 319). Damit bleibt ein Mangel an Konsens hinsichtlich der Dimension und Lokalisation der Strategien erhalten und es bleibt ungeklärt, ob Strategien eher interne Prozesse im Gehirn sind oder ob sie eher zu den externen Handlungen gezählt werden können. Weiterhin unklar bleibt auch die Frage, ob anhand externer Handlungen der Lerner Rückschlüsse auf die ablaufenden kognitiven Prozesse in seinem Gehirn gezogen werden können. Und schließlich, weil die Effektivität eines Strategietrainings nicht nachgewiesen werden kann, wird auch die Berechtigung eines Strategietrainings infrage gestellt (Grenfell und Macaro, 2007: 20). Die Forschungen Mitte der 1990er Jahre bis heute sind wiederum eine Weiterführung des bereits ab Anfang der 1990er Jahre angeschnittenen Perspektivenwechsels; weg von der Dichotomie gute vs. schlechte Lerner und hin zu einer individuellen Strategieverwendung sowie deren Effektivität/ Nichteffektivität und damit Qualität der Strategienutzung vor dem Hintergrund einer oder mehrere Aufgaben. Auf diese Weise konnte auch eine neutrale Bewertung der Strategien gewährleistet werden. Die aus empirischen Studien gewonnene Einsicht, dass unterschiedliche Lernkontexte die Strategieanwendung des Lerners beeinflussen können und die Existenz einer Mehrzahl an Strategien, aber unterschiedliche Nutzung 79 aufseiten der Lerner (Chamot und El-Dinary, 1999: 20), hat maßgeblich zu dieser Kehrtwende beigetragen. Die Vermittlung eines breiten Spektrums an Strategien wird daher angestrebt. Außerdem kann ein verstärktes Interesse an Metakognition als auslösender Mechanismus bei der effektiven Verwendung von Strategien in einer gegebenen Situation ausgemacht werden. Although it is the range and combinations of all strategies that ineffective learners lack, it is the metacognitive strategies which seem to be the strategy types most lacking in the arsenal of less successful learners (Macaro, 2001: 269). Als ein Fallbeispiel für Forschungsaktivitäten aus dieser Zeit kann auf die Studie von Raymond (1993) verwiesen werden. In dieser Studie wurde der Frage nachgegangen, ob der Fremdsprachenerwerb durch die Unterweisung der Lerner in den Aufbau von Textstrukturen erleichtert werden kann. Die Stichprobe setzte sich aus 21 Französischlernern aus der Mittelstufe im Alter von 18 bis 23 Jahren zusammen. Sie wurden angeleitet, Textsorten, -struktur und -inhalte mithilfe linguistischer Textmerkmale zu identifizieren. Neben den erwähnten textbasierten Strategien wurden die Lerner zugleich in der Nutzung metakognitiver Strategien unterwiesen. Im Posttest berichtete die Experimentalgruppe, größeren Nutzen von den Strategien gezogen zu haben. Ferner konnte die Experimentalgruppe in einem von insgesamt zwei Posttests bessere Resultate beim Lesen erzielen. Der Mittelwert betrug 50.91, was bei der Kontrollgruppe (N=22) bei 37.8 lag (Raymond, 1993: 451). Sehr gut erforscht aber bis heute nicht beantwortet, bleibt die Frage nach der Korrelation zwischen Strategienutzung und Leistung. Immerhin können unter anderem Grenfell und Harris (1999: 27) den Nachweis erbringen, dass nicht unbedingt die Kompetenzstufe bzw. Niveaustufe die Art der Strategienutzung beeinflusst, sondern weitere Einflussfaktoren wie Lernstil und Aufgabentyp berücksichtigt werden müssen. Nicht erforscht bleibt die Kausalität dieser Korrelation. Weitgehend herrscht zugleich ein unzureichendes Interesse an der Frage, ob Strategienutzung zur Leistungssteigerung führt oder ob eine bestimmte Kompetenzstufe die Art der Strategienutzung beeinflusst. Als wichtige Forschungsfrage aus dieser Zeit, die zum Teil selbst bis heute nicht beantwortet werden konnte, gilt, wieso einige Lerner dank Metakognition Strategien effektiver miteinander kombinieren können als andere Lerner und warum überhaupt bestimmte Lerner in der Anwendung von Strategien auf bestimmte Art und Weise handeln. Problematisch sind auch die Instrumente zur Erhebung von Strategien (Grenfell und Macaro, 2007: 23). Die am meisten benutzte Strategy Inventory for Language Learning von Oxford wird in sei- 80 nem Design als überholt, die Skalierung als kumulativ und die Berechnung der Mittelwerte psychometrisch eingestuft (Dörnyei, 2005: 182). Gegenüber der Behauptung, dass Strategien zugänglich und dokumentierbar sind, wird angeführt, dass a few language learning strategies are overt and observable (for example, taking notes). Most, however, seem to be covert and unobservable (for example, creating mental images, rehearsing silently) (Nyikos und Oxford, 1993: 12f). Der gegenwärtige Stand der Lernerstrategieforschung zeichnet sich durch einen Mangel an Studien mit experimentellem Design aus (Hassan et al., 2005). In Rahmen einer Metaanalyse konnten Hassan et al. (ebd.) 38 Studien zur Strategy Based Instruction 1 (SBI) ausmachen. 11 dieser SBI-Studien wurden mit jungen Probanden im Schulalter und 27 weitere mit Erwachsenen durchgeführt. In 24 Studien zählen kognitive Strategien zum Forschungsgegenstand, in 8 Studien metakognitive Strategien und in 6 Studien wird ein gemischtes Strategietraining angeboten. Bei der Metaanalyse zur Effektivität der insgesamt 38 Strategieinterventionsstudien konnte lediglich ein kurzfristig signifikanter Effekt der Fördermaßnahmen festgestellt werden. Außerdem deuten schwache Indizien auf die Effektivität von Maßnahmen beim Hören, Sprechen und bei der Wortschatzarbeit hin. Dagegen liegen starke Indizien für die Effektivität bei der rezeptiven Fertigkeit Lesen und der produktiven Fertigkeit Schreiben vor. Hinsichtlich der Kompetenzbereiche konnte die Effektivität einer Förderung kognitiver sowie metakognitiver Strategien nachgewiesen werden (Wenden, 1998; Anderson, 2002 und 2005). Ein wesentlicher Bestandteil der Metakognition ist ja die Planung. So konnte in Studien nachgewiesen werden, dass der Einbezug dieses Faktors in SBI-Programme, wesentlich zur Förderung des Selbstmanagements beitragen kann (Gu, 2003; Oxford, Cho, Leung und Kim, 2004). Ferner konnte in Studien nachgewiesen werden, dass eine Integration von SBI im eigentlichen Unterricht mit größerem Lerngewinn einhergeht, was auf das Herstellen des Lernbezugs zurückgeführt werden kann (Harris und Grenfell, 2004: 122). Anhand von Studien konnten außerdem wichtige Erkenntnisse hinsichtlich der Motivationssteigerung gewonnen werden. Besonders motivationssteigernd ist die Einsicht des Lerners in seiner Selbstwirksamkeit (Wenden, 1998: 520). Eine weitere wichtige Erkenntnis betrifft den Transfer von Strategien aus der Erstsprache in die Zielsprache. Auf der einen Seite existieren Studien, die einen Transfer von Strategien nachweisen wollen. Neuere Studien bele- Strategy Based Instruction ! ! ! " #$ 81 gen jedoch, dass ein Transfer von Strategien eher schwierig ist. So werden explizite Instruktionen als eine Möglichkeit aufgeführt, den Transferprozess zu fördern (Rubin, Chamot, Harris und Anderson, 2007: 156). In der Forschung als nicht bzw. weniger behandelt gilt unter anderem die Frage nach der Korrelation zwischen Leistungsänderung und Strategieeinsatz und -verhalten, der nachhaltige Effekt der Strategiefördermaßnahmen im Allgemeinen (Harris und Grenfell, 2004: 123) sowie der nachhaltige Effekt einer Strategieinstruktion anhand von SBI-Programmen (Anderson, 2002 und 2005). Somit bleiben Fragen zum Ausbau des Strategierepertoires, Transfer der erlernten Strategien auf neue Aufgaben aber auch Transfer von Strategien im Zweitsprachenerwerb sowie Verwendungsgrad der erlernten Strategien nach dem Beenden des SBI- Programms offen und bieten daher ein breites Spektrum für weitere Studien. In Anbetracht der gegenwärtigen Situation der Lernerstrategieforschung wird man auch zukünftig eine Weiterführung der Entwicklung und einen Ausbau der methodologischen Vorgehensweise ins Auge fassen. Die Erforschung der Reaktionen des Lerners auf bestimmte Aufgaben ist weitgehend unerforscht und wird weiterhin ein Hauptinteresse der Forschung darstellen. Ferner wird der Bedarf eines Konsenses in Bezug auf Lokalisation, Dimension und Effekt von Strategien weiterhin die Forschung beschäftigen. Gerade hier will die vorliegende Arbeit ansetzen und anhand eines Förderprogramms dem Leser zu einem nachhaltigen Auf- und Ausbau des strategischen Verhaltens verhelfen. 2.2 Zur Bedeutung metakognitiver Strategien beim Lernen Bereits im vorherigen Abschnitt wurde erwähnt, dass der Unterschied zwischen guten und schlechten Leser nicht im strategischen Wissen liegt, sondern im strategischen Können bzw. Handeln; also in der Auswahl und im Einsatz geeigneter Strategien vor dem Hintergrund einer bestimmten Aufgabe. Strategisch zu handeln, setzt jedoch ein hohes Maß an Selbstregulation und Selbststeuerung der Lernprozesse voraus, was wiederum Aufgabe der Metakognition ist. Damit wird auch die Bedeutung metakognitiver Strategien ersichtlich, die vor allem die Teilaufgaben „planning, monitoring and evaluating“ umfassen (Harris und Grenfell, 2004: 121). 82 2.2.1 Entstehung und Entwicklung Die kognitive Wende hat nicht nur im Bereich der Lernstrategieforschung, sondern fast zeitgleich zum Aufbau theoretischer Annahmen zum Konzept Metakognition beigetragen. Ähnlich wie Lernstrategien (LS) sind auch metakognitive Strategien seit den 1970er Jahren - also seit fast vier Dekaden - Gegenstand der Forschung. Ausgangspunkt für die Theoriebildung und anschließende empirische Untersuchung in diesem Bereich stellt jedoch die formulierte Hypothese von John Flavell aus dem Jahr 1971 dar, wonach adäquate Metakognitionen zu einem intelligenteren Lernverhalten und damit auch zu besseren Lernleistungen führen können (Hasselhorn, 1992: 43). Im selben Maß wie der Begriff Strategie vor allem mit den Namen O´Malley und Chamot, Oxford sowie Cohen in Zusammenhang steht, ist der Begriff Metakognition eng mit dem Namen Flavells verbunden und ist somit ein Produkt der Entwicklungspsychologie (Hasselhorn, 1992: 37). Ganz im Gegensatz zu den Lernstrategien, die aus dem Bereich der Lern- und Instruktionspsychologie stammen (Bannert, 2007: 23). Ähnlich wie die Lernerstrategieforschung der 70er Jahre bilden die Generierung von Taxonomien und Klassifizierungsversuche den theoretischen Schwerpunkt der Metakognitionsforschung zwischen den 1970er und 1990er Jahren. Gerade weil die Metakognition einen Faktorenkomplex darstellt, hat man im Zuge einer Taxonomiebildung versucht, seine Bestandteile auszumachen. Die ersten konzeptuellen Überlegungen über die Bestandteile der Metakognition gehen wiederum auf die Entwicklungspsychologen Flavell im Jahr 1971 und Brown im Jahr 1978 zurück. John Flavell jedoch hat sich eher mit dem statischen Teil des Begriffs, dem deklarativen Wissensaspekt, auseinandergesetzt. So geht er vom sogenannten Metagedächtnis aus, das sich vor allem aus dem Wissen über Lern- und Erinnerungsstrategien zusammensetzt. Zusammen mit Wellman hat er diesen Begriff anhand der vier nachstehenden Subkategorien ausgebaut: Wissen um die Personenvariablen, Wissen um die Aufgabenvariablen, Strategievariablen und metakognitive Empfindungen. Das Wissen um die Personenvariable ermöglicht es dem Lerner, seine Kenntnisse sowie eigene Lern- und Erinnerungsmöglichkeiten angemessen einzuschätzen. Dieses Wissen schlüsselt er wiederum nach drei Untergruppen auf: intraindividuelles, interindividuelles sowie universelles Wissen. Bei intraindividuellem Wissen handelt es sich um das Wissen oder die Annahmen einer Person hinsichtlich der „eigenen Interessen“, „Neigungen“ und „Fähigkeiten“. Interindividuelles Wissen resultiert etwa aus dem „Vergleich zwischen zwei Personen“ und bei universellem Wissen schließlich handelt es sich um „allgemeine 83 Aspekte menschlichen Denkens oder menschlicher Psychologie“ (Flavell, 1984: 24). Das Wissen um die Aufgabenvariable meint Kenntnisse von Faktoren, die eine Lernanforderung erleichtern oder erschweren (ebd.). Das Wissen um die Strategievariable umfasst Wissen über allgemeine und spezielle Lern- und Behaltensstrategien. Zu berücksichtigen ist, dass alle genannten Variablen miteinander interagieren (ebd. 25). Die Metakognitiven Empfindungen - auch Sensitivität genannt - stellen das Erfahrungswissen einer Person dar, mit dessen Hilfe die Notwendigkeit strategischer Aktivitäten für spezifische Lernsituationen vom Lerner erkannt und die realistische Einschätzung einer Aufgabe hinsichtlich ihres Schwierigkeitsgrads sowie der Strategieauswahl erst möglich wird. Damit kommt diesem Teil des Wissensaspekts eine Schlüsselfunktion zu, denn sie ist es, die aufgrund des verfügbar strategischen Wissens des Lerners das strategische Handeln in Gang setzt (Hasselhorn, 1992: 37f). Das zweite Standbein der Metakognition, der exekutive Kontrollaspekt, ist zuerst von Ann Brown im Jahre 1978 angesprochen worden. Die hierfür exekutiven Regulationsprozesse schlüsselt sie folgenderweise auf: Planungsaktivitäten, Überwachungsaktivitäten und Ergebnisaktivitäten. Die Planungsaktivitäten setzen „vor dem Bearbeiten einer Aufgabe“ ein und umfassen unter anderem „Vorhersage von Resultaten, Entwerfen von Strategien und Durchspielen unterschiedlicher Möglichkeiten von Versuch und Irrtum“ (Brown, 1984: 63). Der Planungsprozess entscheidet damit über die Art und Weise des Einsatzes angemessener Strategien. Zu diesem Zweck müssen die „Aufgabenanforderung“ und die hierfür „erforderlichen Ressourcen“ eingeschätzt, „Lernziele und Lernfrage“ formuliert, das „Vorwissen“ aktiviert und „angemessene Strategien“ ausgewählt werden (Bannert, 2007: 26). Die Überwachsungsaktivitäten finden „während des Lernens“ statt. Dazu zählen „Steuerung, Prüfung, Abänderung und Neuplanung der Lernstrategien“ (Brown, 1984: 63). Mithilfe der Überwachungsprozesse wird die „Aufmerksamkeit auf das Lernen“ gelenkt und „die Zielerreichung“ überprüft. Ferner werden die eingesetzten Strategien auf ihre Adäquatheit überwacht, „auftretende Schwierigkeiten“ beseitigt und bei unklaren Stoffgebieten Lernvorgänge wiederholt (Bannert, 2007: 26). Und unter Ergebnisüberprüfung ist die „Überprüfung des Ergebnisses der Strategieanwendung nach Effizienz- und Effektivitätskriterien“ gemeint (Brown, 1984: 63), was eine „Diagnose und Bewertung des erzielten Lernfortschritts sowie die Beurteilung über die Angemessenheit des Strategie-Einsatzes“ voraussetzt (Bannert, 2007: 26). Diese Komponenten exekutiven Kontrollaspekts der Metakognition finden sich auch in der Taxonomiebildung zur Metakognition wieder. Ein Fallbeispiel wäre folgende Definition für das Lernen in der Fremdsprache: 84 Metacognitive strategies are actions that allow students to control their own learning, in other words ‘thinking about thinking’. These include such strategies as centering the students’ learning, arranging and planning the learning, and evaluating the learning. These are vital strategies for the language student who can become overwhelmed by massive amounts of vocabulary and grammar and who needs to think about paying selective attention, linking the old and the new, and evaluating what and how they have learned (Allen, 2003: 322). Neben dem Klassifizierungsschema von Flavell und Brown finden sich auch weitere alternative Versuche wie der von Hasselhorn (1992: 42). Er unterscheidet zwischen fünf Subkategorien der Metakognition: 1. Systematisches Wissen 2 a. Wissen über das eigene kognitive System und seine Funktionsgesetze b. Wissen über Lernanforderungen c. Wissen über Strategien 2. Epistemisches Wissen a. Wissen über eigene aktuelle Gedächtniszustände bzw. Lernbereitschaften b. Wissen über die Inhalte und Grenzen eigenen Wissens c. Wissen über die Verwendungsmöglichkeiten eigenen Wissens 3. Exekutive Prozesse (Kontrolle) a. Planung eigener Lernprozesse b. Überwachung eigener Lernprozesse c. Steuerung eigener Lernprozesse 4. Sensitivität für die Möglichkeiten kognitiver Aktivitäten a. Erfahrungswissen b. Intuition 5. Metakognitive Erfahrungen bezüglich der eigenen kognitiven Aktivität a. Bewußte [sic] kognitive Empfindungen b. Bewußte [sic] affektive Zustände Wenn man sich die unterschiedlichen Versuche zur Bildung metakognitiver Subkategorien anschaut, so wird man feststellen, dass der gemeinsame Nenner immer noch in der Differenzierung zwischen deklarativem Wissensaspekt sowie exekutivem Kontrollaspekt liegt. Diese Unterscheidung, die in Anlehnung an die Wissenspsychologie entstanden ist, geht auf 2 Die Terminologien systematisches und epistemisches Wissen stammen ursprünglich von Cavanaugh (1989) aus. 85 Kluwe (1981 und 1982) zurück, der sich um die theoretische Weiterentwicklung der Überlegungen von Flavell und Brown bemühte. Das deklarative Wissen das Wissen über die Kognition ist „stabil“, in der Regel bewusst, leicht „vermittelbar“ und wird „spät entwickelt“ (Brown, 1984: 63). Das deklarative Wissen dient als Datenbasis der Informationsverarbeitung und Bereichswissen und kognitives Wissen (Bannert, 2007: 26). Das prozedurale Wissen umfasst jene Prozesse, die vor dem Hintergrund des deklarativen Wissens laufen (ebd.). Es ist „instabil“, „aufgaben- und situationsabhängig“ und nicht unbedingt „mitteilbar“, da es sich häufig dem Bewusstsein entzieht (Brown, 1984: 64). In der einschlägigen Literatur ist diese Unterscheidung bis heute gültig (Hasselhorn, 1992: 37). So unterschiedlich die Subkategorien ausfallen mögen, deren Bildung ist lohnend. Der Mehrwert einer Bildung von Subkategorien liegt einerseits in der klaren Abgrenzung der Metakognition von anderen Konzepten, andererseits kann aufgrund der vorhandenen Differenzierung, die Einflussnahme von Metakognitionen auf das Lernverhalten besser beschrieben werden (ebd. 43). Im selben Maß, wie das Konzept der Metakognition mit dem Namen von Flavell und Brown verbunden ist, so können Versuche einer Modellierung des Zusammenspiels metakognitiver Subkategorien auf die Arbeitsgruppe um Borkowski zurückgeführt werden. In einem ersten Modellversuch unterscheiden Borkowski, Millstead, Hale (1988) sowie Borkowski und Turner (1990) zwischen vier metakognitiven Subkategorien: das spezifische strategische Wissen, das relationale Strategiewissen, das generelle Strategiewissen und die metakognitiven Akquisitionsprozeduren. Metakognitionen über das generelle Strategiewissen, also allgemeines Wissen über den Arbeitsaufwand, der mit dem Strategieeinsatz verbunden ist, aber auch darüber, dass sich der Aufwand lohnt, führen zu einer Reflexion über strategische Lernmöglichkeiten. Auf der Basis des spezifischen strategischen Wissens - Wissen über spezifische Strategien und Techniken - und des relationalen Strategiewissens - womit die Vorzüge vieler spezifischer Strategien im Vergleich zu anderen erkannt werden - kommen konkrete strategische Verhaltensmöglichkeiten ins Bewusstsein. Mithilfe metakognitiver Akquisitionsprozeduren, worunter exekutive Metakognitionen fallen, die sowohl für die Optimierung des spezifischen Strategiewissens als auch für die Initiierung, Kontrolle und Regulation von Lernstrategien verantwortlich sind, wird über konkrete Strategienutzung sowie deren Kontrolle entschieden. In späteren Arbeiten von Borkowski und Thorpe (1994: 54) und Borkowski (1996: 399) wurden die genannten Komponenten verfeinert und um Komponenten der Motivation und Aufgabenmerkmale erweitert. Auf eine Beschreibung des Modells wird an 86 dieser Stelle verzichtet, da es bereits in Abschnitt 1.3.5 erläutert worden ist. Defizitär innerhalb der 1970er bis 1990er Jahre fallen theoretische Explikationen bzw. Elaborationen hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen Metakognition und Lernverhalten aus, was vermutlich in der Natur der Sache liegt. Zum einen fehlt bis heute noch ein systematisches Forschungsprogramm, zum anderen lässt oft die Vernetzung der verschiedenen Aspekte der Metakognition miteinander, eine isolierte Erfassung der Aspekte nicht zu (Hasselhorn, 1992: 43). Wenig thematisiert in der Metakognitionsforschung bis heute ist vor allem die wichtige Rolle der Sensitivität (ebd. 37f). 2.2.2 Forschungsbefunde im Bereich der traditionellen Lernumgebung Seit dem Aufkommen des metakognitiven Konzepts in den 1970er Jahren sind bis jetzt zahlreiche metakognitive Programme konzipiert und erprobt worden, von denen einige sogar beste Evaluationsergebnisse erzielen konnten. In der Literatur wird vielfach als Ziel metakognitiver Förderung der Aufbau spezifischer Lernkompetenzen beim Lernenden durch systematische Instruktionsmaßnahmen und damit maßgebliche Verbesserung der Lernleistungen genannt (Brown et al., 1981: 14). Diese Zielsetzung steht in direktem Zusammenhang zu einer „der großen pädagogischen Hoffnungen, die mit der Förderung von Metakognitionen aufs engste verknüpft werden, [...] daß [sic] nicht nur mittelfristige und bereichsspezifische Wirkungen, sondern auch langfristige und generelle bereichsübergreifende Lernverbesserungen erreicht werden“ (Hasselhorn, 1992: 53). Aber auch die theoretische Annahme, dass durch eine Vermittlung des Strategieeinsatzes und die Transferierung der instruierten Strategien auf vergleichbare Situationen/ andere Kontexte mit verschiedenen Inhaltsdomänen eine Verbesserung der Lernleistung herbeigeführt werden kann, verleiht diesem Ziel mehr Nachdruck (Brown, 1984: 62; Haller, Child und Walberg, 1988: 8; Weinstein et al., 2000: 727; Shraw, 2001: 13). Der empirische Nachweis dieser Annahmen konnte bis jetzt nicht restlos erbracht werden, was vor allem auf Defizite hinsichtlich einer systematischen Analyse der Forschung zurückzuführen ist (Bannert, 2007: 235). Aufgrund der bisherigen metakognitiven Interventionsforschung können jedoch zwei Forschungsrichtungen voneinander abgegrenzt werden (ebd. 103f): eine psychologisch-technologische bzw. anwendungsorientierte Perspektive sowie eine psychologisch-wissenschaftliche bzw. grundlagenorientierte Perspektive. Erstere untersucht die „Stütz- und Förderfunktionen von Interventionen“ und zielt somit auf die „Bereitstellung 87 operativen Hintergrundwissens und standardisierte Techniken“ für die „pädagogisch-psychologische Praxis“ ab. Letztere unterzieht die „theoretischen Konstrukte der Metakognitionsforschung“ einer „empirischen Analyse“, um die theoretisch angenommenen „kausalen Beziehungen zwischen den Konstrukten“ anhand „experimenteller Vergleichsstudien“ aufzudecken. Im Bereich der metakognitiven Strategien sind viele Studien durchgeführt worden. Beim heutigen Stand der Forschung ist jedoch die Effektivität metakognitiver Fördermaßnahmen nicht eindeutig geklärt (Friedrich und Mandl, 1992: 38ff). Diesen Studien haften mehrere Probleme an: Auf der einen Seite sind sie ziemlich unsystematisch durchgeführt worden, auf der anderen Seite ist es „schwierig die zum Teil widersprüchlichen Befunde der vorhandenen Studien wegen der vielfach heterogenen Operationalisierungen valide zusammenzufassen“ (Bannert, 2007: 101). Außerdem fehlt es in der Forschung an einem geeigneten Rahmenmodell für die Klassifizierung diverser empirischer Untersuchungen, die im Bereich der metakognitiven Lernstrategien durchgeführt worden sind. Im Bezug auf die Effektivität metakognitiver Strategieinterventionsmaßnahmen im Bereich traditioneller Lernumgebung haben Hattie et al. (1996: 112) anhand einer Metaanalyse von mehr als 50 empirisch überprüften Strategieinterventionen einen mittleren Effekt von .45 ermitteln können. Die Metaanalyse von Haller, Child und Walberg (1988: 5) zur metakognitiven Strategievermittlung beim Textverstehen hat einen durchschnittlichen Effekt von .71 ergeben. Auch die Übersicht über bisherige Studien von Anderson (2005) unterstreicht die Rolle metakognitiver Strategien beim Fremdsprachenerwerb. Als nicht bewiesen gilt weiterhin die Nachhaltigkeit solcher Programme. Die Wirksamkeit metakognitiver Fördermaßnahmen mit Hilfe von Prompts zählt zu einem der aktuellsten Forschungsthemen. Unter Prompts sind Lernaufforderungen zu verstehen, mit deren Hilfe Lernende zu gewissen Zeitpunkten während des Lernens aufgefordert werden, bestimmte kognitive und metakognitive Aktivitäten auszuführen (Bannert 2007: 113). Abschnitt 2.3.3 befasst sich ausführlich mit den unterschiedlichen Promptarten und ihre Funktionen. An dieser Stelle wird exemplarisch auf Studien eingegangen, die für die vorliegende Arbeit relevant sein können. Zur besseren Übersicht werden diese Studien zu Förderprogrammen nach dem Kriterium der Lokation - traditionelle vs. hypermediale Lernumgebungen - und dem Grad der Direktheit - direkt, indirekt oder kombiniert - in Augenschein genommen. Indirekte Programme beziehen sich explizit auf die Prompting- Maßnahmen zur Förderung kognitiver Strategien des Fragestellens und 88 geben mehr Lernhilfen (scaffolds) sowie prozedurale Lernaufforderungen (Prompts) direkt während des Lernens vor. Im Gegensatz dazu, geben direkte Trainingsmaßnahmen stärker einen generellen Überblick, erklären gründlich die strategischen Lernaktivitäten und sorgen anhand angeleiteter Übungen für die notwendige Konsolidierung (Bannert, 2007: 235). Bei den 26 empirischen Studien, die Rosenshine und Kollegen (1996) in ihrer Metaanalyse aufgenommen haben, handelt es sich ausschließlich um Studien zur indirekten Förderung der metakognitiven Strategien des Fragestellens anhand von Prompting-Maßnahmen. Die Metaanalyse ergab signifikant bessere Verstehensleistungen bei self-questioningprompts. Hier lag der Median-Effekt bei standardisierten Tests auf .36 und bei speziell entwickelten Testverfahren auf .86 (Rosenshine et al, 1996: 190). Unter den 6 von ihnen identifizierten Promptarten scheinen am wirksamsten noch die Signal-Word Prompts zu sein; sowohl bei standardisierten (m = .36) als auch bei nicht-standardisierten Tests (m = .85). Als ebenfalls effektiv eingestuft sind die Generic Question Stems und Generic Questions. Begründet wurden diese Befunde mit der leichten Vermittelbarkeit, der geringeren kognitiven Anforderungen an den Lernenden und daher relative leichte Integration im Lernprozess (ebd. 198). Gerade weil der Umgang mit Main Idea (standardisierte Tests m = .70 / nichtstandarisierte Tests m = .25) und Story Grammar Catgories (m = 1.08) kognitiv anspruchsvoller und komplexer ist, liegt die Vermutung nahe, dass sich größere Lerneffekte erst bei intensiverem Training mit langen Übungsphasen und individuellem Feedback einstellen (ebd. 191 und 198). Eine Überbelastungshypothese stellen sie schließlich für diejenigen Promptarten auf, die hohe kognitive Anforderungen an die Lernenden stellen und schwieriger zu vermitteln und damit weniger effektiv sind, wie es zum Beispielbei Question Type (nicht-standarisierte Tests M=.3.37) der Fall ist (ebd.). In der Studie von Chi, De Lee, Chiu und La Vancher (1994: 439) ging es um die Lernförderlichkeit von Selbsterklärung. Mit Hilfe von Prompts wurden die Lernenden explizit dazu aufgefordert, Erklärungen abzugeben. Die Basis der Arbeit bildet die theoretische Annahme, dass Selbsterklärungen ein wesentlicher Bestandteil reflexiver Prozesse sind, welche die Verstehensleistungen beim Textlesen fördern können. Die Experimentalgruppe (N=14) wurde vor dem Lesen einführend kurz über den Sinn und Zweck von Prompts aufgeklärt. Während des Lesens wurden sie zunächst mithilfe unspezifischer Prompts dazu aufgefordert, unmittelbar nach dem Lesen eines jeden Satzes, diesen laut zu erklären. Im Anschluss daran wurden sie mithilfe spezifischer Prompts zu insgesamt 22 ausgewählten Zeitpunkten dazu angehalten, die inhaltlichen Funktionen und Relationen der zu lernenden Objekte zu erklären (ebd. 451). Im Vergleich 89 dazu lernte die Kontrollgruppe (N=10) ohne Prompts. Um die Lern- und Lesezeiten mit denen der Experimentalgruppe konstant zu halten, mussten sie jeden Textabschnitt zweimal lesen. Die Befunde des Gruppenvergleichs zeigen, dass die mittels Prompt lernenden Probanden signifikant bessere Lernleistungen hatten. Der Lernzuwachs der Experimentalgruppe betrug 32% im Vergleich zur Kontrollgruppe mit 22% (ebd. 452). Aus dem Extremgruppenvergleich der Probanden aus der Experimentalgruppe geht ferner hervor, dass das Ausmaß gegebener Selbsterklärung die Lernleistung entscheidend beeinflussen kann. Je nach Ausmaß des Selbsterklärungseffektes wurden die Probanden den beiden Gruppen high explainers und low explainers zugewiesen (ebd. 457). In summa schlussfolgern die Autoren, dass Selbsterklärungen eine konstruktive Aktivität darstellen und deshalb ein tieferes Verständnis des Lerngegenstandes bewirken sowie ein besseres Erkennen von Verstehensschwierigkeiten aufseiten der Lerner zulassen, was wiederum zur Anregung der exekutiven Kontroll- und Regulationsprozesse führt (440 und 459). Die Studie von Berardi-Coletta et al. (1995) kreist ebenfalls um die Wirksamkeit von Prompts im Bereich des Problemlösens. Es wird von der Annahme ausgegangen, dass eine Verbesserung der Qualität des Lern- und Problemlöseprozesses durch Lenkung der Aufmerksamkeit auf die metakognitiven Verarbeitungsprozesse herbeigeführt werden kann. In einer ersten Studie wurden mit 109 Probanden vier Experimentalgruppen (metakognitive, prozessorientierte, problemorientierte sowie Laut-Denk- Gruppe) und eine Kontrollgruppe gebildet. Das erste Experiment zeigt, dass die Probanden ihre Aufmerksamkeit nicht spontan auf metakognitiven Aspekte beim Problemlösen richten. Mithilfe metakognitiver Prompts, welche die Probanden aufforderten jeden Lösungsschritt zu überwachen, zu rechtfertigen und zu evaluieren, konnte die Experimentalgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe komplexere Transferprobleme signifikant besser bearbeiten (ebd. 210). Die Befunde aus dieser Studie wurden in einer zweiten Studie auf andere Problemlöseaufgaben repliziert. Für diese Studie wurden mit 64 Probanden zwei Experimentalgruppen (metakognitive und problemorientierte Gruppe) sowie eine Kontrollgruppe gebildet. Auch hier konnte eine höhere Transferleistung bei der metakognitiven Gruppe festgestellt werden, was auf die Bewusstmachung metakognitiver Verarbeitungsprozesse zurückgeführt werden kann, die selbst zu einem tieferen Verständnis der Problemlöse- Struktur führen und damit eine bessere Generalisierung auf andere Problemstellungen bewirken (ebd. 214). Im Rahmen eines dritten Experiments in dieser Versuchsreihe, die mit 40 Probanden (metakognitive Gruppe und Kontrollgruppe) durchgeführt wurde, mussten die Probanden auf die instruktionalen Prompts im Gedanken - also ohne laute Verbalisie- 90 rung - eingehen. Dadurch konnte festgestellt werden, dass der Einsatz von Prompts auch ohne laute Verbalisierung und allein durch gedankliche Auseinandersetzung sehr effektiv sein kann (ebd. 215). In einem vierten Experiment mit 15 Probanden (metakognitive und Laut-Denk- Gruppe) wurde schließlich die Wirksamkeit der Prompts in Bezug auf den Strategieeinsatz gemessen. Die Experimentalgruppe zeichnete sich durch den Einsatz komplexer Überwachungsstrategien aus, wohingegen innerhalb der Laut-Denk Gruppe die Verwendung einfacher bzw. ineffizienter Rate- und Tauschstrategien beobachtet werden konnte (ebd. 217). 2.2.3 Forschungsbefunde im Bereich der hypermedialen Lernumgebung Dem aktuellen Forschungsstand zufolge kann in der Hypermediaforschung vor allem eine überwiegende Beschäftigung mit dem Systemdesign wie etwa Bereitstellung von Browsern, effektive Suchmaschinen, Interface-Metaphern, Orientierungs- und Navigationstools beobachtet werden (Kuhltau, 1991; Sutcliffe und Enis, 1998; Gerdes, 2002; Schulmeister, 2007; Mehler et al., 2010). Im Bezug auf die Rolle metakognitiver Prompts in computerbasierten Lernumgebungen liegen vereinzelte Studien vor. Die Studie von Veenman et al. (1997) stellt einen solchen Fall dar. In einer Simulation im Bereich Elektronik sollte eine Experimentalgruppe die Aufgabenstellung in eigene Worte fassen, Hypothesen generieren, einen detaillierten Aktionsplan erstellen und nach der Experimentdurchführung die ermittelten Ergebnisse evaluieren. All diese Aufgabenstellungen wurden von den Probanden schriftlich festgehalten. Eine Kontrollgruppe löste die Aufgaben ohne Prompts. Die Datenerhebung erfolgte anhand der LD- Protokolle. Der Einsatz von Prompts führte zu einer verbesserten Arbeitsmethode bei der Experimentalgruppe. Insgesamt konnte festgestellt werden, dass sie im Vergleich zu der Kontrollgruppe viel strategischer in Bezug auf die artikulierten bzw. durchgeführten Orientierungs-, Elaborations- und Evaluationsaktivitäten vorgehen. Eine höhere Lernleistung lag jedoch nur bei intelligenteren Probanden vor. Bei Lernenden mit geringeren intellektuellen Fähigkeiten führten die metakognitiven Prompts zur Überlastung. Zu interessanten Ergebnissen kommen Studien, wo die Wirksamkeit kognitiver Prompts (activity prompts) und metakognitiver Prompts (selfmonitoring) gegenübergestellt wird. In computerbasierten Lernumgebungen gehen mehrere Studien auf diese Fragestellung ein, so unter anderem auch die Studie von Davis und Linn (2000). Während kognitive Prompts die Lerner dazu verleiten, über ihre Aktivitäten zu berichten, 91 haben metakognitive Prompts nicht die aktuelle Aktivität im Auge, sondern den Lernprozess selbst (ebd. 821). Die Lernaufforderung bei kognitiven Prompts bestand in der Erläuterung inhaltsspezifischer Aspekte des Lernthemas, bei den metakognitiven Aufforderungen in der Planung und Überwachung des Vorgehens. (ebd. 825). Die Vorgabe der Prompts erfolgte computergesteuert in Form von Satzanfängen, welche die Probanden schriftlich beantworten mussten. Die Studie belegt, dass metakognitive Aufforderungen zu einem größeren Lerneffekt führen (ebd. 819). Die Befunde deuten daraufhin, dass die Lerner mithilfe metakognitiver Prompts bei der Konstruktion und Integration von Wissensstrukturen besser unterstützt werden, zumal diese Promptart bei der Bewusstmachung des Denkens und der Aufdeckung von Verständnislücken eine große Rolle spielt. Bei kognitiven Prompts hingegen konnte nur eine partielle Unterstützung der Lernenden festgestellt werden (ebd. 835f). Auf ähnliche Befunde wie in der Studie von Davis und Linn stoßen auch Plötzner und Härder (2001). An der Untersuchung nahmen 60 Personen unter vier verschiedenen Bedingungen teil. Gegenstand ihrer Untersuchung war die Lernleistung in Abhängigkeit der zur Verfügung gestellten Navigationshilfe (alphabetische Titelübersicht vs. vernetzte Titelübersicht) und der Anregung mentaler Verarbeitungsprozesse mit Hilfe von Verarbeitungshilfen. Um der konzeptuellen Desorientierung beim Lernen mit Hypertext entgegen zu wirken, werden den Lernern zwei Verarbeitungshilfen, Kohärenzhilfen und Faktenlernhilfen, gegeben. Wenn hier auch nicht explizit von Prompting-Maßnahmen die Rede ist, so entsprechen Kohärenzhilfen den metakognitiven Prompts, da sie die Aufmerksamkeit auf Kontroll- und Überwachungsprozesse lenken. Faktenlernhilfen können den inhaltsspezifischen bzw. kognitiven Prompts zugeordnet werden. Die Operationalisierung beider Hilfen erfolgte im Sinne von Rosenshine et al. (1996) anhand der Generic Question. Mit anderen Worten: den Lernern wurden kurze, vollständig formulierte Fragen gestellt. Für die Kohärenzerschließung wurden drei Fragen herangezogen so unter anderem: „Welcher Knoten interessiert mich als nächstes und warum? “, womit eine gezielte Navigation ermöglicht werden soll. Für das Faktenlernen wurden ebenfalls drei Fragen vorgesehen. Mithilfe der Frage: „Welche Informationen sind in diesem Knoten wesentlich? “ soll eine Identifikation und Reduktion von Informationen herbeigeführt werden (Plötzner und Härder, 2001: 373). Die Beantwortung der Lernhilfen erfolgte im Stillen. Die Befunde sind konform mit Befunden aus anderen Studien. Somit konnte der Nachweis erbracht werden, dass die Anregung zum Kohärenzerschließen (metakognitive Prompts) zu besseren Lernleistungen führt, als die Anregung zum Faktenlernen (kognitive Prompts) (ebd. 380). 92 Ähnlich wie die Studie von Plötzner und Härder zielt auch die Studie von Heiß (2007: 201) darauf ab, dem Problem der strukturellen und konzeptuellen Desorientierung beim hypermedialen Lernen mit Hilfe von Orientierungshilfen entgegenzuwirken. Struktuelle Desorientierung entsteht, wenn der Hypermedia-Nutzer den „räumlichen Orientierungsanforderungen“ nicht gerecht wird. Dementsprechend sollen strukturelle Prompts dem Nutzer bei der Bewältigung dieser Aufgabe helfen (ebd. 48). Konzeptuelle Desorientierung hingegen entsteht, wenn der Nutzer nicht in der Lage ist, „die semantische Bedeutung der aufgesuchten Informationen in die eigene Wissensstruktur zu integrieren und im Sinne von Schnotz eine mentale Wissenspräsentation aufzubauen“. Konzeptuelle Prompts haben daher die Funktion, die semantische Verarbeitung von Informationen zu erleichtern. Untersucht wurden in der Studie von Heiß die Rolle struktureller und konzeptueller Prompts auf den Lernprozess und die Lernleistung. Dabei konnte festgestellt werden, dass konzeptuelle Prompts sowohl subjektive konzeptuelle wie auch strukturelle Desorientierung mindern. Konzeptuelle Prompts führen außerdem eine kohärente Navigation herbei. Was die Lernleistung anbelangt, so wurde mithilfe beider Promptarten der Erwerb von Anwendungswissen gefördert. Strukturelle Prompts schließlich unterstützen den Erwerb von Strukturwissen (ebd. 203). Aus den Befunden soeben besprochener Studien zu direkten sowie indirekten Fördermaßnahmen geht deutlich hervor, dass die Probanden ihr hypermediales Lernen nicht anforderungsadäquat kontrollieren und regulieren. Bei ihnen liegt demnach ein Produktionsdefizit vor. Kombinierte Maßnahmen sollen daher Defiziten dieser Art entgegenwirken und auf die Anregung strategischen Lernverhaltens und damit Steigerung der Lernperformanz mithilfe direkter und indirekter Förderung abzielen (Bannert, 2007: 234). Die Studie von Lin und Lehman (1999: 837) stellt einen Fall für kombinierte Maßnahmen dar. Dabei ging man von der Basishypothese aus, dass Prompts Biologiestudenten bei der Aktivierung des fachspezifischen sowie strategischen Repertoires unterstützen können. Diese Studie ist insofern interessant, weil bis dahin kaum metakognitive Prompts für den Sach-Fach-Unterricht eingesetzt worden waren (ebd. 839). Im Rahmen eines Biologie-Simulationsprogramms wurden mit 88 Studenten drei Experimentalgruppen und eine Kontrollgruppe gebildet. Jede Experimentalgruppe wurde in einer von insgesamt drei Lernpromptarten unterwiesen, die alle zu den metakognitiven Unterstützungsformen gezählt werden können: reason justification, rule based prompts, emotion focused. Die erste Experimentalgruppe sollte mithilfe der exekutiven Prompts, reason justification, ihre Lernaktivitäten sowohl begründen als auch überwachen. Mit Hilfe von rule based prompts wurden 93 die Studenten aufgefordert, Regeln und Prozesse der Wissensdomäne Biologie zu erläutern. Eine dritte Experimentalgruppe sollte mithilfe emotional-motivationaler Prompts, emotion focused, ihren emotional-motivationalen Zustand während der Lernaktivität beschreiben. Der Einbezug der drei genannten Prompts in der Studie erfolgte bewusst und zwar in Anlehnung an Brown´s (1984) und Flavell´s (1984) Auffassung über die Bestandteile der Metakognition (ebd. 840). Der Einsatz der Promptmaßnahmen erfolgte zu drei verschiedenen Zeitpunkten: zu Beginn des Lernens, nach der Materialsammlung und gegen Ende des Lernens. Befunde zeigen eine Verbesserung der Lernperformanz der drei Experimentalgruppen gegenüber der Kontrollgruppe bei nahen Transferaufgaben. Ferner geht aus dem Extremgruppenvergleich hervor, dass die Gruppe mit den reason justification Prompts strategischer vorgeht, was vor allem bei weiten Transferaufgaben festgestellt werden konnte, wo sie mit signifikant besseren Leistungen aufwarten konnten (ebd. 852). Die Aufforderung zur Begründung der Lernaktivitäten erhöht auf der einen Seite die Aufmerksamkeit hinsichtlich der vorhandenen Wissensbestände und Wissensdefizite, auf der anderen Seite wird jede Aktivität wissenschaftlich begründet, wodurch zugleich auch die Fehlerquote sinkt (ebd. 353). Auch die Studie von Unz (2000) geht auf die Frage der Wirksamkeit kombinierter Maßnahmen im Bereich des netzbasierten Lernens ein. Insgesamt nahmen 134 Studierende des Studienfachs Geschichte sowie verwandter Fächer wie Kultur- und Sozialkunde an der Untersuchung teil. Eine Experimentalgruppe erhielt sogenannte Arbeitshilfen zur Lenkung der Aufmerksamkeit auf bestimmte Komponenten der hypertextgestützten Informationssuche und damit Unterstützung der Verarbeitungssequenz. Auf einem Papier wurden die Arbeitshilfen in Form eines Flussdiagramms dargestellt. Im Flussdiagramm enthalten waren die wichtigsten Lernphasen, die anhand von Leitfragen und hierfür typischer Hilfsmittel vorgegeben waren. In Anlehnung daran sollten sich die Lerner Notizen anfertigen. Die Nutzung war jedoch fakultativ (ebd. 177). Demnach wurde ähnlich wie in anderen Studien durch die Vergabe von Leitfragen als Sonderform klassischer Prompts, die Lenkung der Aufmerksamkeit auf bestimmte kognitive und metakognitive Aktivitäten angestrebt. Im Gegensatz zu den klassischen Prompts jedoch erfolgte die Präsentation der Promptmaßnahmen nicht zu bestimmten Zeitpunkten in der Lernphase, sondern extern jeweils zu Anfang des Lernens, die dann den Lernenden als unterstützende Maßnahme durch die Aufgabe hinweg begleiten sollte. Aus den Befunden geht eindeutig hervor, dass die Arbeitshilfen einen geringen Einfluss auf die aufgabenadäquate Navigation hatten. Eine Leistungssteigerung jedoch blieb aus, sowohl in Bezug auf die Leistung als 94 auch auf das Navigationsverhalten. „So sind insgesamt Versuchspersonen, die Hilfe erhalten, schlechter als diejenigen ohne Arbeitshilfen“. Der ausbleibende lernförderliche Effekt wird damit begründet, dass „nur ein Teil der Versuchspersonen die Hilfen auch anwendet“. Besonders schlecht schneiden die Personen aus der Experimentalgruppe ab, die die Arbeitshilfen nicht anwenden. Personen, die die Arbeitshilfen anwenden und die ohne Hilfen aus der Kontrollgruppe schneiden gleich gut ab. Das suboptimale Lernverhalten und die schlechteren Lernleistungen werden auf die kognitive Überlastung zurückgeführt (141f). Ähnlich wie die Studie von Unz behandelt die Studie von Astleitner (1997) ebenfalls die Wirksamkeit kombinierter Fördermaßnahmen in netzbasierten Lernumgebungen. Auch hier werden den Probanden schriftliche Arbeitshilfen vorgegeben, statt diese vom System zu initiieren. Die Probanden gehen auf Lernfragen ein, die sich auf unterschiedliche Lernphasen der Planung, Durchführung und Evaluation beziehen. Vor der eigentlichen Lernphase werden die Probanden jedoch ausführlich in die Nutzung des Fragestellens eingeführt. Die Befunde zeigen jedoch, dass die Arbeitshilfen keine Leistungssteigerung bewirken, wie dies auch bei Unz der Fall gewesen ist. Bannert (2007: 122) erklärt sich diesen ausbleibenden lernförderlichen Effekt durch die Hypothese der kognitiven Überlastung. Denn zusätzlich zu den hohen Anforderungen der eigentlichen Informationssuche ist die Anwendung der Arbeitshilfen mit zusätzlichen kognitiven Ressourcen verbunden. Da bei Astleitner keine Prozessdaten zum Navigationsverhalten sowie zur Nutzung der Lernfragen vorliegen, die für eine tiefgehende Erklärung der Befunde notwendig wären, sind weitere Vermutungen nicht legitim. Ferner scheint die schriftliche Vorgabe der Arbeitshilfen selbst problematisch zu sein. Wie schon zuvor erwähnt, mangelt es den Nutzern häufig nicht an strategischem Wissen, sondern an strategischem Können. So wissen die Lernenden vielfach nicht, wann, welche, Strategie wie zu gebrauchen ist. Durch die Vorgabe von externen Arbeitshilfen wird den Nutzern jedoch diese Entscheidung selbst überlassen. So stellt sich die Frage, ob man mit Arbeitshilfen bessere Effekte erzielen kann, wenn im Vorfeld der Untersuchung die Nutzer in der Anwendung der Arbeitshilfen intensiv unterwiesen werden. Im empirischen Teil der vorliegenden Arbeit wird unter anderem auch auf diese Frage eingegangen. Eine weitere Studie, in der der Einfluss kombinierter Fördermaßnahmen, Training und prompt-basierter metakognitiver Lernhilfen auf den Lernprozess und Wissenserwerb beim hypermedialen Lernen untersucht wurde, stammt von Bannert (2007). Dabei ging sie von der Annahme aus, dass die studentische Zielgruppe aufgrund eines „Produktionsdefizites“ ihr „hypermediales Lernen“ nicht „anforderungsadäquat“ kontrollieren 95 und regulieren kann (ebd. 234). An der Untersuchung nahmen 40 Studierende unterschiedlicher Fachrichtungen der Universität Koblenz-Landau teil. Die Experimentalgruppe wurde anhand metakognitiver Lernhilfen dreimal indirekt aufgefordert, spezifische metakognitiv-strategische Aktivitäten durchzuführen. Die direkte Förderung erfolgte unmittelbar vor der Lernphase. In einem 20-minütigen Training wurde die Bedeutung und Nutzung jeder metakognitiven Aktivität ausführlich erörtert. Der Kontrollgruppe stand diese Möglichkeit nicht zur Verfügung (ebd. 239f). Hypothesenkonform wies die Experimentalgruppe sowohl metakognitivstrategisches Lernverhalten sowie bessere Leistungen im Anwendungswissen auf. Keinen Effekt hatte die Fördermaßnahme auf die wahrgenommene Desorientierung. Weiterhin wirkten sich eine optimale Planung und eine tiefgehende elaborative Verarbeitung leistungssteigernd aus. Nicht alle Probanden konnten die Lernhilfen adäquat umsetzen, was die angenommene Hypothese widerlegt, dass eine kurzfristige Trainingsmaßnahme zur Leistungssteigerung ausreicht. Somit erzielten nur die Probanden deutlich mehr Fakten- und Anwendungswissen, die die Lernhilfen optimal einsetzten (ebd. 251). Wenn man sich die hier als Fallbeispiele angeführten Studien noch einmal anschaut, so muss man sich eingestehen, dass die Effektivität der metakognitiven Fördermaßnahmen beim heutigen Stand der Forschung nicht eindeutig geklärt ist. Ferner kann festgestellt werden, dass besonders eine Kombination direkter und indirekter Maßnahmen Synergieeffekte mit sich bringen können. Eine Kombination beider Maßnahmen trifft man in der Forschungslandschaft jedoch eher selten (Rosenshine et al. 1996). Wichtig in Bezug auf promptbasierte Maßnahmen ob direkt, indirekt oder kombiniert ist, dass ihnen trotz teilweise nachgewiesener Effekte Grenzen gesetzt und ihr Einsatz nicht restlos unproblematisch ist. Drewniak (1992: 115) differenziert zwischen zwei Problemkreisen: Verbalisierungsaufforderung und damit einhergehende Störungen „des kontinuierlichen Leseprozesses“ sowie Wahl des „Prompting-Zeitpunkts“. Die Wahl des „Prompting-Zeitpunkts“ kann ein motivational-affektives Problem mit sich bringen, denn gerade weil der Lesefluss gestört wird, kann dadurch die „Bereitschaft zur Äußerung der prozessbezogenen Kognitionen reduziert“ werden. Die promptbasierten Verbalisierungsaufforderungen sind in zweierlei Hinsicht problematisch. Zum einen gestaltet sich die „Verbalisierung der aktuellen Gedanken und Gefühle“ als schwierig, zumal sich der Lerner vielfach eigenen „kognitiven Verarbeitungsprozessen“ nicht bewusst ist. Außerdem verlangt diese Art der Verbalisierung neben dem eigentlichen Prozess des „Wissenserwerbs“ eine hohe Konzentration ab und geht mit der bereits zuvor angesprochenen mentalen Überforderung des Lerners einher. Dieser Überbelastungshypothese/ - 96 annahme zufolge erfordern Artikulation auf der dritten Verbalisationsebene zusätzliche mentale Prozesse, die mit der eigentlichen Primäraufgabe, in diesem Fall dem Wissenserwerb, erheblich inferieren (Ericsson und Simon, 1993). Die Beanspruchung vieler kognitiver Ressourcen und damit die kognitive Überbelastung der Lernenden wäre dann die Folge (Henninger et al., 2001). Lernende mit ausreichendem Vorwissen, intellektuellen Fähigkeiten sowie gewissem kognitiven Entwicklungsstand scheinen besser in der Lage zu sein, die metakognitiven Prompts lernförderlich zu nutzen. Probanden mit ungünstigen Lernvoraussetzungen hingegen können die zusätzliche Kapazitätsbelastung nicht ausreichend kompensieren (Veenman, 1993). Zu berücksichtigen wäre noch, dass die Reaktion der Lernenden in Bezug auf das Ausmaß und die Qualität der geforderten Aktivitäten unterschiedlich ausfällt (Chi et al., 1994; Davis und Linn, 2000). Da das Problem des Over-promptings vor allem mit dem Zeitpunkt des Prompt-Einsatzes einhergeht, könnten Umstellungen hinsichtlich des zeitlichen Ablaufs Abhilfe verschaffen. Es existieren bislang kaum Studien, die den zeitlichen Ablauf der Prompts zum Gegenstand haben (Rosenshine et al., 1996). 2.3 Konzepte zur Leseförderung Die letzten Abschnitte haben sich sowohl theoretisch als auch empirisch in unterschiedlichen Lernbereichen mit dem Konzept der (Meta)kognition auseinandergesetzt. Nun stellt sich aber die Frage, ob die gewonnenen Erkenntnisse deckungsgleich auf das Lesen fremdsprachiger (Hyper)texte übertragen werden können. Rein theoretisch müsste die Frage mit Ja beantwortet werden. Es ist zwar richtig, dass beim Aufstellen des Konzepts der (Meta)kognition von unterschiedlichen theoretischen Grundsätzen ausgegangen wurde, daraus modellhafte Vorstellungen vom Zusammenspiel unterschiedlicher Faktoren abgeleitet und empirisch überprüft worden sind. Wenn man sich jedoch die aufgestellten theoretischen Grundsätze anschaut, so wird man feststellen, dass sie im Kern sehr viele Parallelen und Gemeinsamkeiten aufweisen. Schon seit spätestens den 1990er Jahren wird von der Annahme ausgegangen, dass „in den verschiedenen Wissens- und Fertigkeitsbereichen im Grundsatz die gleichen Faktoren wenn auch in unterschiedlichen Kombinationen wirksam und prägend sind, so daß [sic] den Lernbedingungen und Lernstrategien, die in unterschiedlichen Lernbereichen empirisch erfaßt [sic] werden, dennoch eine Relevanz für Lernen im allgemeinen zugesprochen wird“ (Nold, 1992: 10). So überrascht es nicht, dass den (meta)kognitiven Lesestrategien diesel- 97 ben Funktionen zukommen, wie dies auf das Lernen im Allgemeinen zutrifft. Bei Afflerbach et al. (2008: 368) werden Leseverständnisstrategien als „The reader’s deliberate control, goal-directedness, and awareness“ aufgefasst. Somit zeichnet sich der strategische Leser durch „working toward a goal“ und „select a particular path to a reading goal“ sowie durch „flexibility and adaptability of their actions as they read“ aus (ebd.). Das strategische Vorgehen ermöglicht es dem Leser „to examine the strategy, to monitor its effectiveness, and to revise goals or means if necessary“. Um flexibel und adaptiv vorgehen zu können, ist jedoch nicht nur „a matter of knowing what strategy to use, but also the reader must know how to use a strategy successfully and orchestrate its use with other strategies. It is not sufficient to know about strategies; a reader must also be able to apply them strategically“ (Anderson, 1991: 468f). Metakognitive Strategien sollen daher dem Leser zwei Dinge vor Augen führen: „the interactive nature of reading“ sowie „the active role played by the reader“ (Brown, Campione und Day, 1981: 20). Es existiert unterschiedliche Auffassungen darüber, wie sich der Leser (meta)kognitiv im Leseprozess einzubringen hat. Brown (1984: 62) schlüsselt die metakognitiven Fertigkeiten des Lesens nach folgenden Tätigkeiten auf: den Zweck des Lesens festzustellen; anders Lesen, wenn sich der Zweck ändert, wichtige Ideen identifizieren; bereits vorhandene Kenntnisse aktivieren; die Klarheit, Vollständigkeit und Konsistenz des Textes bewerten; Verständnislücken anderweitig füllen; das eigene Verständnisniveau feststellen. Gemäß Allen (2003: 320) müsste der Leser mit sich selbst einen inneren Dialog führen, in dessen Verlauf er folgende Aktivitäten ausführt: (1) relate the text to their own lives; (2) determine which facts are important or unimportant; (3) summarize information; (4) fill in details and draw inferences; and (5) ask questions, in point of fact, use all the metacognitive strategies that lead to monitoring their comprehension of the text. Ebenso wie in der Theorie hat man sich in der (Meta)Kognitionsforschung mit dem Wissen über Textstrategien und die Kontrolle und Steuerung des Leseprozesses auseinandergesetzt (Übersicht Baker und Brown, 1992). Ganz im Sinne des Stils der 80er Jahre geht es in der Studie von Garner (1981 und 1983) ebenfalls um den Vergleich gute vs. schwache Leser. Die Studie belegt, dass schwache Leser einen Text Wort für Wort verarbeiten, statt in einer semantisch integrativen Weise vorzugehen. Außerdem zeichnen sie sich dadurch aus, dass sie zur aktiven Aufrechterhaltung des Textverständnisses kaum Strategien verwenden. Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch Palincsar und Brown (1984). Schwache Leser haben 98 Probleme Strategien zu nutzen, die dem Leseverständnis dienlich sein können. Diese Erkenntnis führt in den 80er Jahren zur Entwicklung von Fördermaßnahmen, die vor allem darauf abzielten, strategische Leser zu erziehen. Unter diese Förderprogramme fällt auch das sogenannte reciprocal teaching approach von Brown und Palincsar. Schüler wurden in die Nutzung der vier kognitiven Strategien Zusammenfassen, Fragenstellen, Erklären und Hypothesenaufstellen eingeführt. Bei Schülern, die am Programm teilgenommen haben, konnte eine signifikant bessere Leseleistung festgestellt werden. Außerdem hat man festgestellt, dass Trainingsprogramme, in denen alle vier Strategien einbezogen werden, weitaus effektiver ausfallen als solche, wo nur der Umgang mit ein der genannten Strategien gelernt wird. Auf das reciprocal teaching approach wird ausführlicher in diesem Abschnitt eingegangen. Die Effektivität der kognitiven Lesestrategie des Zusammenfassens konnte auch in der Studie von Gajria und Salvia (1992) nachgewiesen werden. Die Einführung in die Nutzung dieser Strategie führte bei Lernschwachen zu einer gestärkten Leseverständnisleistung. Ferner konnte ein Überdauern und Transfer dieser Strategie auf andere Aufgabengebiete festgestellt werden. Die Studien der 90er Jahre distanzieren sich von der Frage gute vs. schwache Leser. Viel eher spielen die Faktoren des Strategieerwerbs eine Rolle. So liefert die Studie von Paris, Wasik, und Turner (1991) wichtige Einblicke in die Entwicklungsstufen des Strategieerwerbs. In einer Untersuchung mit Kindern haben sie festgestellt, dass Lesenovizen erst in die Nutzung von Strategien eingeführt werden müssen. Im Alter zwischen sieben bis dreizehn Jahren können sich Kinder ein großes Repertoire an Strategien aneignen; einige werden explizit gelehrt, andere spontan abgeleitet. Erst ab dem 10. Lebensalter steigert sich die Fähigkeit der Strategieauswahl und Kontrolle der Strategienutzung. Der erfolgreiche Einsatz von Lesestrategien zeigt sich erst bei kleineren, gut organisierten Textstücken, denen explizite Ideen und Zusammenhänge zugrunde liegen. Danach können Strategien nutzbringend bei längeren, weniger gut strukturierten Texten mit komplexen Ideen und Zusammenhängen eingesetzt werden. Die Zusammenhänge zwischen phonemischem Wissen, Vorwissen und strategisches Wissen wurden u. a. von Rupley und Willson (1996) untersucht. Das phonemische Wissen unterstützt das Leseverständnis in der zweiten und dritten Klasse. Das inhaltsspezifische Vorwissen kommt vor allem den Schülern in der dritten und vierten Klasse zugute. Erst ab der vierten Klasse wird das strategische Wissen wichtig. In ihrer Studie gehen Körkel und Hasselhorn (1992: 48) dem Einfluss verschiedener metakognitiver Komponente auf das Verstehen und Behalten von Texten in Abhängigkeit vom inhaltsspezifischen Vorwissen auf 99 dem Grund. Als Leistungsdeterminante der Metakognition wurden das systematische und epistemische Wissen sowie eine exekutive Verstehenskontrolle erfasst. Daneben wurden Tests zu Intelligenz, Gedächtnisspanne, Konzentrationsfähigkeit und Vorwissen über den Inhaltsbereich des zu lesenden Textes durchgeführt. Insgesamt konnte mit den metakognitiven Variablen eine Leistungsvarianz von 51-59% aufgeklärt werden. Für alle anderen Prädikatorvariablen lag dieser Wert deutlich niedriger bei 27-38%. Ferner zeichneten sie sich für die Verstehensleistung die exekutiven Kontrollprozesse verantwortlich, für die Behaltensleistung jedoch das epistemische Wissen. Außerdem konnte festgestellt werden, dass die exekutiven Kontrollprozesse relativ unabhängig vom bereichsspezifischen Vorwissen die Verstehens- und Behaltensleistung beeinflussen können. Positiv wirkte sich das systematische und epistemische Wissen auf die Leistung aus, sofern wenige Vorkenntnisse über den Inhaltsbereich vorhanden waren. Demnach kann mangelndes bereichsspezifisches Wissen bis einem gewissen Grad durch das systematische und epistemische Wissen kompensiert werden. Anbei werden die bis dato drei bekanntesten Lesestrategietrainingsprogramme sowie die jeweiligen (meta)kognitiven Trainingsprogramme zur Förderung des Leseverständnisses vorgestellt. 2.3.1 Vier Dekaden Lesetrainings-Modellierung Die Modelle des Lesetrainings sind fast zeitgleich parallel zu den Strategietrainingsprogrammen entstanden. Der Vollständigkeit halber wird daher auch auf diese Modelle eingegangen. Für die Konzipierung des eigens für diese Arbeit vorgesehenen LeseStrategieTrainingsProgramms (LSTM) wird jedoch auf Programme zurückgegriffen, die aus der Forschung zu (meta)kognitiven Strategien entstammen. Denn die Lesetrainingsmodelle gehen aus der didaktischen Erfahrung ihrer Entwickler hervor, ganz im Gegenteil zu den kognitiven sowie metakognitiven Strategien, die ihre theoretische Fundierung aus der Instruktions- und Entwicklungspsychologie beziehen und zum Teil auch empirisch erforscht worden sind. Im Bereich des Lesetrainings sind vier Modelle besonders prominent; die SQ3R-Technik von Robinson (1961), die PQ4R- Technik von Thomas und Robinson (1972), das MURDER-Schema von Danserau et al. (1979) und die ÜF3Aa-Methode von Klippert (1999), wie sie in der Tabelle 2 aufgeführt worden sind. 100 Tabelle 2: Bekannteste Lesetrainingsprogramme SQ3R-Technik (Robinson, 1961) PQ4R-Technik (Thomas & Robinson, 1972) MURDER-Schema (Danserau et al., 1979) ÜF3Aa-Methode (Klippert, 1999) Lesemethode zum Arbeiten mit schwierigen Texten Lesemethode zum Arbeiten mit schwierigen Texten (leichte Modifikation der SQ3R Technik) Primärstrategien (direkter Einfluss auf das Verstehen, Behalten, Abrufen und Transferieren der Information) Fünf-Schritt- Lesemethode - - Verstehensstrategie Abruf- und Anwendungsstrategie - 1. Survey (Überblick verschaffen, durchsehen) 2. Question (Fragen an den Text stellen) 1. Preview (Vorprüfung des Textes) 2. Question (Umformulierung der Abschnittsüberschriften in textbezogene Fragen) 1. M (setting the mood to study/ motivationale Vorbereitung) 1. M (setting the mood/ Mentale Einstellung auf das Memorieren und Anwenden) 1. Orientierendes Lesen (Text überfliegen) 2. Gezieltes Lesen (Fragen an den Text stellen) 3. Read 3. Read 2. U (reading for understanding) 2. U (understanding the requirements of the task) 4. Recite (Rekapitulieren) 4. Recite (wiedergeben) 3. R (recalling the material) 3. R (recalling the main ideas relevant to the task) 3. Konzentrierte Lesen - 5. Reflect (Nachdencken über den Text während des Lesens) 4. D (digest the material) 4. D (detailing the material with specific information) 4. Kritisches Lesen - - 5. E (expanding knowledge) 5. E (expanding the information into an outline) - 6. Review (Repetieren) 6. Review (Rückblick) 6. R (review) 6. R (reviewing) 5. Gesamtwiederholung - - Stützstrategien (Zielsetzung, Planung, Konzentration, Überwachung und Diagnose des Lernfortschritts) - Wie aus der Tabelle 2 hervorgeht, stellen die vier Phasen survey, read, recite und review das Gemeinsame an den Modellen von Robinson und Thomas sowie Robinson und Danserau et al. dar. Klippert hingegen unterscheidet je nach Leseziel die fünf Lesearten orientierendes Lesen, gezieltes Lesen, konzentriertes Lesen, kritisches Lesen sowie Gesamtwiederholung. Obwohl Klippert von der Leseart ausgeht, so können trotzdem Techniken ausgemacht werden, die auch in den drei ersten Modellen vorhanden sind. Diese Techniken, wie etwa Text überfliegen, Einleitung, Absätze und Zwischenschriften beachten sowie Thema des Textes ermitteln, die bei orientierendem Lesen herangezogen werden, sind auch wesentliche Bestandteile vom Survey. Das gezielte Lesen soll in Klipperts Modell durch 101 die sogenannten W-Fragen gestützt werden. In den anderen Modellen wird diese Technik unter Question zusammengefasst. Das Unterstreichen, das Anfertigen von Notizen und die Erstellung von Mind Maps etwa, die unter anderem bei konzentriertem Lesen herangezogen werden, sind Techniken, die in den ersten drei Modellen unter Recite zu finden sind. Das kritische Lesen wird wiederum durch kritische Fragen an den Text unterstützt. Auf diese Weise soll zuvörderst die eigentliche Botschaft des Textes ermittelt und darüber reflektiert werden. Diese Phase ist in Thomas und Robinsons Modell unter Reflect und in Dansereaus Modell unter digest the material aufgeführt worden. Die sogenannte Gesamtwiederholung, die zur Verdeutlichung der Zusammenhänge weiterführende Gedankenschritte auf dem Weg bringen soll, ist in allen drei Modellen in der Review-Phase integriert worden. 2.3.2 Konzepte direkter (meta)kognitiver Förderung Neben den Lesetrainingsprogrammen, wie sie oben beschrieben worden sind, liegen inzwischen eigens für das Lesen drei bekannte (meta)kognitive Fördermodelle vor: Reciprocal Teaching Approach (RTA), Transactional Strategy Instruction (TSI), und the Cognitive Academic Language Learning Approach (CALLA) Alle drei Modelle beruhen zum Teil auf konstruktivistischer Philosophie, wonach der Leser aktiv an der Bedeutungskonstruktion aus Texten beteiligt ist, indem er neue Textinformationen mit bereits vorhandenen Wissensbeständen verknüpft (Allen, 2003: 333). In allen drei Modellen fungieren Lernstrategien als Basiskompetenz für das Textverstehen, weshalb die Rolle eines bewussten Umgangs mit kognitiven und metakognitiven Strategien für das Lernen hervorgehoben wird. Ferner wird dem sozialen Aspekt des Lernens in den Modellen insofern Rechnung getragen, als das kooperative Lernen zur Strategieinstruktion herangezogen wird. Alle drei Modelle verwenden eine direkte Strategieinstruktion (Allen, 2003: 335). Trotz der offensichtlichen Gemeinsamkeiten, wie sie so eben besprochen worden sind, bestehen auch Differenzen, auf die anbei eingegangen wird. 102 Tabelle 3: Differences in aproaches to teaching strategies for reading (Allen, 2003: 334) Basis of comparison Approach Reciprocal Teaching Approach (RTA) (Palinscar & Brown 1984) Transactional Strategy Instruction (TSI) (Pressley & Wharton- McDonald 1997) Cognitive Academic Language Learning Approach (CALLA) (Chamot & O’Malley 1994) Designers of the approach Researchers interested in having students search for meaning in the text using specific strategies in cooperative groups. Educators who set out to develop strategy-based interventions that focused on academic tasks worked on in groups. Researcher/ educators concerned with L2 students’ learning academic language through strategy instruction in content areas. Theoretical orientation Constructivism reading Involves actively seeking and constructing meaning Constructivism In groups students construct and share personal meaning and create greater comprehension. Several theories Constructivism, cognitive information processing, schema theory, and social-cognitive theory Students start with what they know, add to it through a variety of strategies, and transfer it to other tasks and content areas. Research hypothesis Teaching certain strategies, with active discussion following strategy instruction, will increase comprehension. Long-term instruction coordinating memory and comprehension strategies will result in skilled readers. Explicitly modeled and explained multiple strategies, when practiced in groups, aid students in learning academic language in content subjects. Typical research designs and Practices Short-term experiments in which one group is taught strategic processes, the other not. Experimenters teach the interventions. Long-term quasi-experiments in which classrooms receiving strategy instructions are compared to those not receiving strategy instruction. Teachers deliver the interventions. Long-term quasi-experiments that compare L2 students having strategy instruction in content areas with L2 students without strategy instruction through standardized tests and other assessments. Variables of greatest interest Performance on a standardized memory or achievement test. Ability to generate questions, answer questions, and summarize. Performance on standardized memory tests, tests that link interpretations during reading to subsequent performance, use of cognitive and meta-cognitive strategies, student engagement. Performance on standardized content tests, performance on think-aloud protocols, grades, use of strategies across content areas, transfer of strategies, self-efficacy. Reciprocal Teaching Approach (RTA) Palinscar und Brown (1984) haben Mitte der 1980er Jahre dieses Modell für das Lesen in der Erstsprache konzipiert. Viele der Prinzipien sind jedoch auf das Lesen in der Fremdsprache übertragbar (Allen, 2003: 335). Dabei gehen die Designer von einer kognitiv-konstruktiven Annahme des Lesens aus, wonach sich der Leser unter Rückgriff auf sein Vorwissen aktiv an der Bedeutungskonstruktion aus Texten beteiligt (ebd. 322). Gruppenarbeit und -diskussion in Kombination spezifischer Lesestrategien sollen den Lernern bei der Bedeutungskonstruktion aus Texten helfen. Insgesamt werden vier Lesestrategien vermittelt: Fragestellen, Erläutern, Zusammenfassen und Hypothesenbilden (Palinscar und Brown, 1984: 117). Für die Vermittlung der Strategien bilden Studenten kleinere Gruppen. Die Leitung der Gruppen wird entweder vom Lehrer selbst 103 oder von einem Studenten übernommen. Gerade weil die Studenten ins Lerngeschehen aktiv eingebunden werden sollen, wird die Gruppenleitung zunehmend den Studenten überantwortet. Je nachdem wie die Lesefertigkeit der Studenten ausfällt, wird der Text entweder still gelesen oder von einem Studenten oder dem Lehrer selbst laut vorgelesen. Dann fangen die Gruppenleiter an, Fragen zu stellen, um die Diskussion anzuregen und die anderen Teilnehmer werden dazu motiviert, Fragen zu stellen, zu erläutern und bei Unstimmigkeiten den Text noch einmal zu lesen. Als Nächstes folgt die Identifizierung der Kernaspekte im Text. Weiterhin werden die Studenten dazu angehalten, unbekannte und missverständliche Inhalte aufzuklären. Das Erstellen der Zusammenfassung wird von den Gruppenleitern initiiert und zum Schluss werden in Anlehnung an die Diskussionen Hypothesen bezüglich des Textinhalts gebildet. Nachdem der Text auf diese Weise aufgearbeitet wurde, folgt die Modellierung der angewandten Strategien durch den Lehrer. Unter anderem werden die einzelnen Schritte und damit Strategien erläutert, das Lernen der Studenten evaluiert und das Feedback gegeben sowie die Lernsequenz an die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Studenten angepasst. Die Interventionsmaßnahme kann zwischen zwei bis drei Wochen oder Monate dauern. In der Untersuchung von Palinscar und Brown setzt sich die Stichprobe aus Schülern der siebten und achten Klasse zusammen, und das Studiendesign besteht aus einer quasi-experimentellen Untersuchung mit einer Experimental- und einer Kontrollgruppe. Je nachdem wann die explizite Strategiemodellierung erfolgt, unterscheiden Palinscar und Brown zwischen zwei RTA-Arten: Reciprocal Teaching only (RTO) und Explicit Teaching before Reciprocal Teaching (ET-RT) (Rosenshine und Meister, 1994: 482). Bei RTO erfolgt die Modellierung der eingesetzten Strategien erst nach der Gruppendiskussion. Bei ET-RT hingegen werden zunächst die vier Strategien modelliert und erst danach erfolgt die Gruppendiskussion. Die Effektivität von RTA wurde umfassend untersucht, so unter anderem mit Schülern aus der ersten, sechsten und siebten Klasse sowie Studenten aber auch Schülern mit Lernschwächen aus der vierten, fünften und sechsten Klasse (Allen, 2003: 324). Ferner haben Rosenshine und Meister (1994: 479) in einer Metaanalyse 16 RTA-Studien in Augenschein genommen. Alle Studien weisen ähnliche Resultate auf. Der Median-Effekt betrug bei standardisierten Tests .32 und bei nicht-standardisierten von den Entwicklern entworfenen Tests .88. 104 Transactional Strategy Instruction (TSI) Für die Konzipierung von TSI zeichnen Michael Pressley und die Arbeitsgruppe um ihn verantwortlich. Ähnlich wie RTA ist auch TSI für das Lesen in der Erstsprache konzipiert worden. Designer dieses Modells sind jedoch keine Wissenschaftler, wie es bei RTA der Fall ist, sondern Lehrer, die daran interessiert sind, eine strategiebasierte Interventionsmaßnahme aufzustellen, in der vor allem die soziale Form der Gruppenarbeit den Studenten bei der Lösung akademischer Aufgaben helfen soll. Wenn Studenten in Gruppen arbeiten, kommt es zu einem Austausch hinsichtlich der von ihnen individuell eingesetzten Strategien. Dieser Meinungsaustausch wiederum kann innerhalb der Gruppe zu einem größeren Textverständnis beitragen. Dabei geht man von der Basishypothese aus, dass anhand einer auf Langzeitig angelegten Instruktion, den Lernern vermittelt werden kann, traditionelle Verstehens- und Verarbeitungsstrategien mit Deutungsprozessen abzustimmen. Auf diese Weise werden langfristig versierte Leser ausgebildet. (Allen, 2003: 326). Im Gegensatz zu RTA sind daher die nach dem TSI- Modell durchgeführten Interventionsmaßnahmen als Langzeitstudien zu betrachten. Das Untersuchungsdesign ist wiederum quasi-experimentell ausgerichtet mit einer Experimental- und einer Kontrollgruppe. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal zwischen TSI und RTA, ist die rigide und präskriptive Lehrsequenz von RTA, was die Flexibilität der Gruppendiskussion und damit auch die Wiedergabe individuell verwendeter Strategien einschränkt. In TSI hingegen können Lerner ihre persönlichen Interpretationen und Reaktionen auf dem Text miteinander austauschen und hier entscheiden Lehrer und Studenten zusammen über die Strategien, die zum Leseverstehen herangezogen werden. Dieses Vorgehen wird von Pressley et al. (1992: 513) als „transaction“ bezeichnet. Obwohl der Lehrer weiß, was als Nächstes diskutiert wird und wie die Diskussion verlaufen soll, stehen doch die Bedürfnisse der Lerner immer im Vordergrund, und der Lehrer ändert entsprechend seine Taktiken. Daher heißt es auch, dass TSI die Gruppendiskussion um die Strategienutzung weniger einschränkt. Außerdem werden hier statt vier Strategien, wie es bei RTA der Fall ist, insgesamt sechs Strategien vermittelt: Hypothesenbildung unter Rückgriff auf das Vorwissen, Fragestellen, Erläuterung unklarer Stellen, bildhaftes Vorstellen, Vorwissen und Textkontext verbinden und Zusammenfassen (Allen, 2003: 327f). Die Effektivität bei TSI wurde in unterschiedlichen Studien untersucht. In der Studie von Collin (1991), die mit Schülern aus der fünften und sechsten Klasse durchgeführt wurde, weist die Experimentalgruppe im Posttest eine positive Differenz von drei Standardab- 105 weichungen auf. Brown et al. (1996) führten eine Langzeitstudie mit Schülern aus der zweiten Klasse durch. Schüler aus fünf Klassen dienten als Experimentalgruppe und profitierten vom Herbst bis Frühling nach dem TSI-Modell von einer Interventionsmaßnahme. Im Frühling konnte der Experimentalgruppe ein deutlicher Lerneffekt nachgewiesen werden. In der Studie von Anderson (1992) stehen lernschwache Schüler aus der sechsten bis zehnten Klasse im Vordergrund. Nach einer dreimonatigen Interventionsmaßnahme kommt wiederum der Experimentalgruppe der größere Lerngewinn zu. Cognitive Academic Language Learning Approach (CALLA) Die Entwicklung von CALLA geht auf Anna Chamot und Michael O’Malley im Jahre 1986 zurück. In Abgrenzung zu RTA und TSI ist CAL- LA für die Bewältigung fachspezifischer Aufgaben in der Fremdsprache konzipiert worden. Die Entwickler hatten in früheren Arbeiten mehrfach darauf hingewiesen, dass der Unterschied zwischen guten und schlechten Fremdsprachenlernern nicht unbedingt mit dem Wissen um spezifische Strategien zu tun hat, sondern vielmehr mit der Art in Zusammenhang steht, wie Strategien für die Bewältigung einer bestimmten Aufgabe ausgewählt werden (Allen, 2003: 329). Die Strategieinstruktion soll daher die Studenten nicht Schülern beim Fremdsprachensowie Wissenserwerb in fachspezifischen Fächern unterstützen. Dabei geht man von der Basishypothese aus, dass ein bewussterer Umgang mit Strategien den Fremdsprachenerwerb positiv beeinflussen wird (Chamot und O’Malley, 1996: 259f). Im Sinne kognitiver Lerntheorien bringen Lerner ihr Vorwissen aktiv in den Lernprozess ein und stocken mit Hilfe von Lernstrategien ihr Wissensrepertoire kontinuierlich auf, indem neues Wissen durch Strukturierung und Elaboration den alten Wissensbeständen beigefügt wird. Dieses strategische Wissen kann dann auf andere Aufgaben transferiert werden und auf diesem Weg zugleich beim Erwerb fachspezifischen Wissens, sprachlicher Fertigkeiten aber auch der Selbstwirksamkeit zum Einsatz kommen. Damit bezieht CALLA seine theoretische Fundierung nicht nur aus konstruktivistischen Ansichten, sondern zugleich auch aus den Theorien der kognitiven Informationsverarbeitung und hier vor allem der Schematheorie sowie soziokognitiven Theorien (ebd. 262f). Das Besondere an CALLA ist wohl die Berücksichtigung fachspezifischer Inhalte. Der Fremdsprachenerwerb für den wissenschaftlichen Gebrauch wird an diese Inhalte gekoppelt. Die explizite Unterweisung in Lernstrategien soll den Studenten beim Erwerb fachspezifischer Inhalte sowie fachspezifischen fremdsprachlichen Wissens/ Könnens unterstützen. Diese drei miteinander interagierenden Komponenten sind in dieser 106 Form weder in RTA noch in TSI anzutreffen (ebd. 263). Die Strategieinstruktion umfasst fünf Stufen: Preparation, Presentation, Practice, Evaluation und Expansion. In der Preparation-Phase wird die Aufmerksamkeit der Studenten auf ihr Vorwissen hinsichtlich der zu lernenden Inhalte sowie ihr strategisches Vorgehen gelenkt. In der Presentation-Phase werden neue Informationen vermittelt sowie auf weitere nützliche Strategien aufmerksam gemacht. Während der Practice-Phase werden diese neuen Informationen in unterschiedliche Weise beim mündlichen und schriftlichen Fremdsprachengebrauch benutzt. Für die Klassenaktivitäten werden Strategien herangezogen und die Studenten arbeiten häufig mit ihren Kommilitonen zusammen. Die Evaluation-Phase ermöglicht es den Studenten, metakognitive Bewusstheit über ihre Lernfortschritte zu erlangen. Die Expansion-Phase erlaubt es den Studenten das Gelernte außerhalb des Unterrichts einzusetzen (ebd. 267ff). Die zentrale Forschungsfrage lautet, ob Studenten mithilfe multipler explizit modellierter Strategien dazu befähigt werden, eine Fremdsprache für die Rezeption fachspezifischer Inhalte zu erlernen. Das Untersuchungsdesign ist langfristig und quasiexperimentell und vergleicht das fremdsprachliche Können von Studenten mit und ohne Interventionsmaßnahmen anhand von standardisierten Tests und Protokollen des lauten Denkens (Allen, 2003: 333-335). 2.3.3 Indirekte metakognitive (Lese)Trainingskonzepte Ein Nebenprodukt der psychologisch-technologischen bzw. anwendungsorientierten Forschungsrichtung sind Förderprogramme für traditionelle sowie hypermediale Lernumgebungen. Wie bereits im Abschnitt 2.2.2 angedeutet, haben sich in der metakognitiven Förderung des hypermedialen Lernens indirekte Fördermaßnahmen als besonders effektiv erwiesen und hier vor allem heuristische Hilfsangebote, auch scaffolds (engl.) genannt, wie zum Beispiel Lernskripts, Lernheuristiken, Lernfragen (Lin et al. 1999: 84). Scaffolds dienen der Initiierung und Förderung spezifischer Lern- und Regulationsaktivitäten. Die Förderung mit scaffolds kann durchgehend über den ganzen Lernprozess oder zeitweilig d. h. jeweils zu Beginn eines neuen Lernabschnitts und dann mit schrittweiser Ausblendung (engl. fading) erfolgen. Aufgrund der Ermöglichung einer flexiblen und adaptiven Informationspräsentation werden sie für computerunterstützte Lernumgebungen als besonders geeignet angesehen (Puntambekar, 1995; Maule, 2000; Lin, 2001). Lin et al. (1999: 46f) unterscheiden zwischen vier Scaffolding-Arten: Process Displays, Process Models, Reflective Discource und Process Prompts. Bei Process Displays muss der Lerner die von ihm während einer Aufgabe verwendeten Problemlöse- und Denkprozesse modellieren. Im Gegensatz dazu liegt bei Process Models die Mo- 107 dellierung der Denkprozesse eines Experten vor und der Lerner muss seine Denkprozesse mit denen des Experten vergleichen. Reflective Discource berücksichtigt die Komponente des sozialen Austauschs und bietet zugleich dem Lerner die Möglichkeit des Feedbacks an. Das Feedback erfolgt fremdinduziert entweder von Mitlernenden oder der Lehrperson selbst. Mithilfe der Process Prompts wird noch während der Aufgabenbearbeitung die Aufmerksamkeit der Lernenden auf ganz bestimmte Verarbeitungsprozesse gelenkt, was zur Selbstreflektion beim Lerner führt (Rosenshine et al., 1996). In der Literatur wird daher auf die wichtige Rolle der Prompts vor allem bei der Anregung exekutiver Kontroll- und Steuerungsprozesse der Lernenden und der Verbesserung der Lernleistung verwiesen (ebd.). Ferner ist man der Ansicht, dass sie nicht nur den aktuellen metakognitiven Strategieeinsatz anregen, sondern zum Erwerb metakognitiver Erfahrungen und metakognitiven Wissens beitragen, die dann in neuer Anforderungssituation genützt werden können (Ertmer und Newby, 1996). Diese theoretischen Annahmen stützen sich auf Erkenntnisse aus der Kognitionspsychologie, wonach die Verarbeitungsprozesse normalerweise automatisiert ablaufen und erst bei Lernschwierigkeiten bewusste Kontrolle und Steuerung auf den Plan gerufen werden (Schnotz, 1994). Die Realisierung der Prompts kann unterschiedlich erfolgen. Rosenshine et al. (1996: 186) haben in Anlehnung an eine durchgeführte Metaanalyse sechs Prompting-Maßnahmen ausmachen können: Signal words, Generic Question Stems and Generic Questions, Main Idea, Question Types, Story Grammar Catgories, No Apparent procedural Prompts. Im Gegensatz zu Signal words, wo die Generierung der Fragen dem Lerner überlassen wird und damit selbstinduziert ist, liegt bei Generic Question Stems und Generic Questions eine fremdinduzierte Vorgehensweise vor. Mit anderen Worten muss bei Signal words der Lerner anhand von Fragwörtern (zum Beispiel wer, was, wann, wo, wie, warum) selbst Fragen entwickeln. Bei Generic Question Stems and Generic Questions hingegen werden dem Lerner allgemeine vorformulierte Fragen bzw. Fragegerüste präsentiert wie zum Beispiel was ist die grundlegende Idee von diesem Kapitel? Was sind die Vor- und Nachteile? Im Vergleich zu den beiden erwähnten Promptarten liegt bei Main Idea und Story Grammar Catgories die Verarbeitungstiefe deutlich höher. Bei Main Idea muss der Lerner zunächst die grundlegende Aussage eines Textabschnittes identifizieren, ehe eine Generierung von Fragen vorgenommen werden kann. Ähnliches liegt auch bei Story Grammar Catgories vor. Der Lerner ist selbst für die Entwicklung von Fragen zu den zentralen Elementen von Geschichten und Episoden (zum Beispiel Wer entscheidet die Maßnahme? Wie konnte es passieren, dass ...? ) verantwort- 108 lich. Question Types stellen wohl die komplexeste Promptart dar und werden über drei Fragetypen operationalisiert: Zwei Fragen fallen unter Faktenwissen und eine unter Inferenzwissen. Faktenwissen umfassen solche Fragen, die anhand des zu lesenden Satzes oder der Integration mehrerer Sätze beantwortet werden können. Inferenzwissen umfassen Fragen, deren Beantwortung über das reine Textlesen hinausgeht. Diese Promptart stellt an Lerner weitaus größere kognitive Anforderungen, als dies bei den anderen Promptarten der Fall ist. Denn neben der Reflexion über die kognitiven Prozesse, die für die Beantwortung der Frage erforderlich ist, ist der Lerner zusätzlich auch für die Identifizierung des jeweiligen Fragetyps verantwortlich. Bei No Apparent procedural Prompts wird keine Fragegenerierung vorgenommen, sondern der Lerner wird durch die Lehrperson in die Technik des Fragestellens eingeführt. Im Abschnitt 2.2.2 ist bereits auf die Effektivität von Prompts aus theoretischer Sicht eingegangen worden. 2.4 Zusammenfassende Diskussion Das vorliegende Kapitel hat sich mit der Effektivität kognitiver und metakognitiver Strategien befasst. Aus empirischer Sicht konnte die theoretisch attestierte Effektivität (meta)kognitiver Fördermaßnahmen nur zum Teil nachgewiesen werden. Unter anderem ist beim derzeitigen Stand der Forschung noch nicht die Frage der Nachhaltigkeit solcher Programme geklärt. Insgesamt kann festgestellt werden, dass (meta)kognitiven Strategien Grenzen gesetzt sind. Was vermutlich in der Natur der Sache liegt. Bereits im Kapitel 1 ist erwähnt worden, dass das erfolgreiche Lernen im Allgemeinen und damit das Lesen als eine spezifische Form der Informationsverarbeitung einer Interaktion bedarf, die auf unterschiedlichen Ebenen angesiedelt ist. Häufig ist von einer sogenannten Tripel-Allianz aus Kognition, Metakognition und Motivation die Rede (Short und Weisberg-Benchell, 1989). Längst ist klar, dass die prinzipielle Verfügbarkeit (availability) kognitiver, metakognitiver und motivationaler Komponenten nicht zwangsläufig eine aktuelle Nutzbarkeit (assessibility) strategischen Verhaltens hervorruft (Tulving und Pearlstone, 1996). Auf der einen Seite entscheidet die Sensitivität für strategische Lernmöglichkeiten über die adäquate Nutzung. Diese in Gang zu setzen ist wiederum in hohem Maße von aktuell wirksamen, motivationalen Anreizen abhängig. Dabei kommt der Metakognition als zentrale Kompetenz die Funktion zu, alle Vorgänge zu steuern und eventuelle Defizite bei anderen Lernvoraussetzungen wie zum Beispielfachspezifischen Vorkenntnissen teilweise zu kompensieren (Hasselhorn, 1992: 55). 109 Auch die Aufgabenmerkmale entscheiden darüber, ob die Verarbeitungsprozesse überhaupt in Gang gesetzt werden oder nicht. So hat man festgestellt, dass Metakognitionen nur bei mittelschweren Aufgabenanforderungen imstande sind, die Lernleistung zu verbessern (Weinert, 1984: 16). Bei zu schwierigen Aufgaben führt die Sensitivität hingegen zu einer realistischen Einschätzung der Aussichtslosigkeit längerer Anstrengung, was ein Abbruch der Verarbeitungsprozesse beim Lerner hervorruft. Bei zu leichten Aufgaben hingegen besitzen Metakognitionen kaum eine varianzerzeugende Bedeutung. Für die Formulierung von Aufgaben sind daher Kenntnisse über den individuellen kognitiven Entwicklungsstand des Lerners sowie deren spezifische Vorkenntnisse enorm wichtig. Auf die Frage hin, wann Metakognitionen die Lernleistungen verbessern, fasst Hasselhorn (1992: 50) daher zusammen: Vor allem bei günstigen erfolgs- und handlungsorientierten Konstellationen kommt die leistungsdienliche Funktion der Metakognition voll zum Tragen. Vor allem bei Aufgaben von mittlerer subjektiver Schwierigkeit wirken Metakognitionen leistungsförderlich. Beim Lernen in einem neuen und unvertrauten Inhaltsbereich wird die positive Wirkung von Metakognitionen besonders deutlich. In Anlehnung daran differenziert Hasselhorn (1992: 51) zwischen vier Klassen möglicher Ursachen, die für das Ausbleiben eines positiven Einflusses der Metakognition auf die Lernleistung verantwortlich sein können. Zum einen können Motivationsprobleme, dazu beitragen, dass ein Lernverhalten weniger strategisch ausfällt, als dies aufgrund der vorhandenen Metakognitionen möglich wäre. Dies ist der Fall, wenn der Lerner ein schlechtes Selbstkonzept über eigene Lernfähigkeiten hat und sich regelrecht unterschätzt. Demotivierend kann sich auch der Lernaufwand auswirken, wenn dieser nicht in angemessener Relation zu den erwarteten Lernleistungen steht. Die Rolle der motivationalen Komponente wird zwar immer wieder als Forschungsdesiderat formuliert. Es herrscht nach wie vor sowohl in der Theorie als auch in der Empirie ein Mangel an präzise ausformulierten Modellvorstellungen, unter welchen motivationalen Randbedingungen bei welchen Konstellationen vom Motivationssystem eine maximale Ausnutzung strategischer Lernkompetenzen erfolgt. Ebenso wie der Motivationsmangel können Defizite im bereichsspezifischen Vorwissen ein Ausbleiben von strategischem Handeln zur Folge haben. Ein weiterer Grund für Nutzungsdefizite im Bereich metakognitiver Kompetenz können Sensitivitätsmängel sein. Neben den genannten internen Faktoren zeichnen auch defizitäre Erhebungsinstrumente zum Erfassen metakognitiver Aspekte für das Aus- 110 bleiben empirischer Zusammenhänge zwischen Metakognition und Lernverhalten verantwortlich (Hasselhorn, 1992: 52ff). In Anlehnung an die theoretischen und empirischen Ausführungen dieses Kapitels werden Designprinzipien für eine metakognitive Interventionsmaßnahme abgeleitet (Kapitel 3). 111 3 Designbzw. Instruktionsprinzipien (meta)kognitiver Fördermaßnahmen Die Ausführungen des vorherigen Kapitels verdeutlichen, dass zwar für die Förderung des Lesens (fremdsprachiger) Hypertexte Fördermaßnahmen vorliegen, die aber aufgrund ihrer vielfach heterogenen Operationalisierungen, was Methode, Stichprobe, Sprache, Texte und Aufgaben anbelangen, nicht eins zu eins in der vorliegenden Arbeit übernommen werden können. Ziel dieses Kapitels ist es daher, auf der Basis der Modelle zur Förderung strategischen Lernverhaltens ein Rahmenmodell für die effektive Förderung des metakognitiven Strategie-Einsatzes beim Lesen fremdsprachiger Hypertexte zu schaffen. Auf diese Weise soll zugleich auch eine psychologisch fundierte Deskription des metakognitivstrategischen Lesens von Hypertexten gewährleistet werden. Es wird zunächst auf die geläufigsten Leitfäden eingegangen, die für den Aufbau von Fördermaßnahmen benutzt werden. Dann werden die gängigsten Modelle vorgestellt und anschließend wird das LeseStrategieTrainings- Modul (LSTM) vorgestellt, das eigens für iranische Deutschsprachlerner konzipiert worden ist. 3.1 Zur effektiven Förderung beim Lesen (fremdsprachiger)(Hyper)Texte Die Frage, wie Strategien modelliert und die Lerner in ihre Nutzung eingeführt werden müssen, gibt in der einschlägigen Literatur Anlass zur kontroversen Diskussion; die Palette umfasst Empfehlungen, Bausteine, Leitfäden und Modelle. Unter der Kategorie Empfehlung fallen zum Beispiel, die von Hadwin und Winne (1996: 694f) aufgestellten Zielsetzungen. Den Autoren zufolge sollten effektive Förderprogramme auf der einen Seite darauf abzielen „to teach students primary tactics for deeply processing information“. Auf der anderen Seite „students need to learn more than just a collection of individual tactics; they also need to learn how to be strategic in choosing, adapting, and implementing those tactics in concert“. Einige Autoren haben sich mit jenen Bausteinen beschäftigt, die ein Förderprogramm enthalten sollte. So kommt Hasselhorn (1987: 129f) in einem systematischen Überblick über die experimentelle Lernstrategietrainingsforschung zu der Schlussfolgerung, dass eine Kombination von 112 vier Trainingselementen notwendig ist, um eine dauerhafte und generelle Verbesserung des Lernverhaltens herbeizuführen: Das von einem kompetenten Modell angeleitete Einüben der selbstständigen und richtigen Nutzung geeigneter Strategien (Erweiterung des Strategierepertoires) Das ausführliche Informieren über den Nutzen und die Grenzen der eingeübten Strategien (Aufbau systematischen Strategiewissens) Das direkte Einüben möglicher Strategierealisierung unter veränderten Aufgabenstellungen (Erfahrungsvermittlung zur Erhöhung der strategischen Sensitivität) Das direkte Einüben allgemeiner Heuristiken und Techniken zur Planung, Überwachung und Regulation des eigenen Lernverhaltens (Aufbau exekutiver Prozesse) Diese Bausteine finden sich auch in den unterschiedlichsten Leitfäden und Gestaltungsprinzipien, die innerhalb der letzten 40 Jahre Forschungsaktivität im Bereich des strategischen Lernens ausgearbeitet worden sind. Ein Fallbeispiel für fachspezifische Inhalte stellen Schneider und Hasselhorns (1988, zit. n. Hasselhorn, 1992: 52f) vier Instruktionsprinzipien dar, die eigens für den Mathematikunterricht aufgestellt worden sind: Explizites Lehren von Techniken zur metakognitiven Überwachung der eigenen Lösungsschritte neben spezifischen Lösungsstrategien. Vermittlung spezifischen Strategiewissens zum Aufbau eines expliziten Wissens, wann und wie welche spezifischen Lernstrategien einzusetzen sind. Die Operationalisierung erfolgt über den Einsatz von Strategien in unterschiedlichen Problemvarianten bzw. verschiedenen Aufgabentypen. Vermittlung allgemeinen Strategiewissens, indem immer darauf verwiesen wird, wie wichtig strategische Anstrengung für den Lernerfolg sein kann. Neben metakognitiven Instruktionsmaßnahmen ist ein systematischer Aufbau erforderlich. Einer der meist eingesetzten fachübergreifenden Leitfäden stammt von Friedrich und Mandl (1992). Dieser basiert auf vier Leitfragen, die den beiden Autoren zufolge bei jeder Konzeption strategischer Fördermaßnahmen zu beantworten sind: Was soll verändert bzw. welche Strategien sollen gefördert und vermittelt werden? Wie soll die Fördermaßnahme realisiert werden? 113 Wie sollen das Was und das Wie von Fördermaßnahmen auf die jeweiligen individuellen und situativen Voraussetzungen abgestimmt werden? Evaluation ihrer Effekte bzw. zugrunde liegender Standards und Kriterien Die ersten beiden Fragen befassen sich mit den Grundlagen strategischer Fördermaßnahmen, während sich die dritte Frage mit den Gestaltungsdimensionen befasst und die letzte Frage schließlich geht auf die Frage der Evaluation erzielter Effekte jeweiliger Fördermaßnahmen ein. Die ersten drei Leitfragen werden in diesem Abschnitt behandelt und die Letzte im Kapitel 4. 3.1.1 Leitfaden zur Förderung (meta)kognitiver Strategien Welche Strategien in einer Fördermaßnahme aufgenommen werden müssen, setzt in erster Linie eine Klassifikation der vorhandenen Strategien voraus. In Kapitel 2 ist bereits auf eine Klassifikation im engeren Sinne eingegangen und drei idealtypisch klassifizierte Strategiebereiche sind zur Förderung des hypermedialen Lernens voneinander abgegrenzt worden: metakognitive Strategien, kognitive Strategien, Strategien des Ressourcenmanagements. Während Erstere nach Orientierung, Zielsetzung, Planung, Überwachung, Regulation, Evaluation aufgeschlüsselt werden, umfassen kognitive Strategien die Tätigkeit des Wiederholens, der Organisation und der Elaboration. Und schließlich sind unter Strategien des Ressourcenmanagements interne Prämissen wie Konzentration, Selbstmotivation, Anstrengungsbereitschaft sowie externe Bedingungen wie Lernort, Lerngruppe, Lernmaterial zu verstehen. Neben dieser Klassifikation existiert eine weitere, die sich nach dem Allgemeinheitsgrad bzw. der Bereichsspezifität der zu fördernden Strategien richtet: allgemeine/ inhaltsübergreifende Strategien sowie spezifische/ nicht auf andere Inhalte übertragbare Strategien. Besonders hinsichtlich des Allgemeinheitsgrads metakognitiver Kontrollstrategien besteht eine kontroverse Diskussion. Von einigen Forschern werden sie als situationsübergreifende, allgemeine Strategien betrachtet, die sich über verschiedene Inhaltsbereiche hinweg wirksam einsetzen lassen (Klauer, 1988: 356; Schraw und Moshman, 1995: 4; Veenman et al., 1997: 204f; Schraw, 2001: 6; Bannert, 2007: 105). Einige Forscher hingegen gehen von einer hohen Kontext- und Aufgabenspezifität der metakognitiven Strategien aus (Garner und Alexander, 1989; Hasselhorn, 1992; Kelemen et al., 2000; Bannert, 2007: 105). Vor diesem Hintergrund wird die bereichsspezifisch gestaltete Intervention sowie deren Integration im Lernkontext befürwortet (Weinert, 1994; Hat- 114 tie et al., 1996; Hasselhorn und Hager, 1998; Weinstein et al., 2000; Bannert, 2007: 105). Es existieren kaum verbindliche Aussagen über die Art der zu vermittelnden Strategien: einzeln oder in Kombination. Es gibt jedoch Stimmen, die im Zuge der konstruktivistischen Lehr- und Lerntheorien sowie Bearbeitung authentischer Problemfälle, die Vermittlung mehrerer Strategien befürworten (DeCorte, Verschaffel und Op´t Eynde, 2000). Auch der aktuelle Forschungsstand gibt genug Anlass, nicht nur einzelne Strategien separat zu vermitteln, sondern zugleich auch deren Überwachung und Regulation (Hattie et al., 1996; Bannert, 2007). Denn aus wiederum empirischen Studien geht hervor, dass nach dem Training die vermittelten Strategien erst dann spontan eingesetzt werden konnten, wenn die Regulation der jeweiligen Strategien im Training ausreichend gefördert wurde. Einige Forscher gehen noch einen Schritt weiter und fordern neben der reinen Strategievermittlung zugleich auch explizite Hinweise zu der konkreten Anwendung, den potenziellen Einsatzfeldern und dem spezifischen Nutzen eines Strategieeinsatzes (Bannert 2007: 105). In Bezug auf die zweite Leitfrage „Wie sollen die Fördermaßnahmen realisiert werden? “ sind zwei Maßnahmen voneinander abzugrenzen: direkte und indirekte Fördermaßnahmen. Erstere meinen die explizite Lehre und das Trainieren der Strategien, die Einsicht in deren Einsatzmöglichkeiten sowie ihren spezifischen Nutzen. Scaffoldings, das heißt, die modellhafte Demonstrierung strategischen Verhaltens und deren anschließende Einübung unter variierten Aufgabenbedingungen bei abnehmender Unterstützung, würden unter direkte Fördermaßnahmen fallen. Indirekte Fördermaßnahmen hingegen unterstützen den strategischen Lernprozess mittels spezifisch gestalteter Lernumgebung und sind mit einer hohen Lernersteuerung verbunden. Die Initiierung und Förderung spezifischer Lern- und Regulationsaktivitäten erfolgt hier anhand integrierter Lernhilfen wie etwa Prompts. Den Lernenden ist die Strategievermittlung nicht deutlich, da vielmehr die Inhaltsvermittlung im Vordergrund steht. Nun fragt sich, in welcher Kombination die oben besprochenen Grundlagen strategischer Fördermaßnahmen auftreten müssen, damit eine Fördermaßnahme den nötigen Effekt mit sich bringt. Dies wird in der Regel in direkten Bezug gesetzt zu der anvisierten Zielgruppe und den jeweils vorliegenden Kontextbedingungen wie etwa Dauer der Intervention, Grad der Integration der Fördermaßnahme im Lernkontext, Vermittlungsart, Sozialformen sowie Lehrmethode (Brown et al., 1983; Friedrich und Mandl, 1992; Hasselhorn, 1995). Fördermaßnahmen können für zwei unterschiedliche Zielgruppen mit Produktions- oder Mediationsdefizit konzipiert werden. Im Falle eines Produktionsdefizits verfügt der Lerner über das notwendige metakognitive Strategiewissen und die er- 115 forderlichen Regulationsfertigkeiten, setzt jedoch die verfügbaren zieladäquaten Fähigkeiten und Fertigkeiten nicht zwingend ein bzw. produziert diese nicht spontan (Weinert, 1984; Hasselhorn, 1995). Denn der spontane Einsatz von Lern- und Erinnerungsstrategien hängt vom verfügbaren Wissen über solche Strategien sowie deren effektive Regulation und Überwachung ab (Hasselhorn, 1992). Obwohl diese Defizitart ursprünglich bei Kindern festgestellt wurde, so hat sie trotzdem auch Geltung für Produktionsdefizite bei Erwachsenen. Sollte ein Produktionsdefizit vorliegen, so müsste eine kurzfristige indirekte Fördermaßnahme ausreichen, um das (hypermediale) Lernen beim Studierenden zu verbessern. Im Gegensatz hierzu verfügt der Lerner bei einem Mediationsdefizit schon im Vorfeld nicht über ein ausreichendes metakognitives Strategiewissen. Daraus ergibt sich die Konsequenz einer direkten Trainingsmaßnahme, welche wie zuvor erwähnt die Kompetenzsteigerung durch langfristige Förderung beabsichtigt (Ghatala, 1986; Drewniak, 1992; Hasselhorn und Hager, 1998). Für die Interventionsdauer sind vor allem die angestrebte strategische Kompetenz und die strategischen Voraussetzungen der Lernenden entscheidend (Friedrich und Mandl, 1992). Je nach Dauer unterscheidet man zwischen kurz-, mittel- und langfristigen Maßnahmen. Weitere Klassifizierungsversuche unterscheiden zwischen Programmen, die einmalig (Friedrich und Mandl, 1992; Hamilton, 1997; McInerny, McInerny und Marsh, 1997) oder über einige Wochen (Walker, 2000; Schmitz, 2001) dauern sowie Programmen, die über Monate oder Jahre anhalten (Volet, 1991; Butler, 1998). Die Interventionsdauer ist wichtig und vielfach wird in der Forschungsliteratur das Ausbleiben von Trainingseffekten auf die Kurzfristigkeit der Intervention zurückgeführt (Haller et al., 1988). In diesem Fall würde keine Möglichkeit für eine ausreichende Einübung der Strategien sowie deren Automatisierung übrig bleiben (Friedrich und Mandl, 1992). Die Frage nach dem Grad der Integration der Fördermaßnahme im Lernkontext bewegt sich zwischen zwei Kontinuen: Integriert im Lernkontext zum Beispiel im Unterricht oder im Seminar (Paris et al., 1984) oder separat in speziell dafür vorgesehene Lernsitzungen. Die aktuelle Forschung befürwortet eine Integration der Intervention im Unterricht (Lin, 2001). In der Vermittlung der Fördermaßnahmen haben sich inzwischen unterschiedliche Herangehensweisen herausgebildet. Man differenziert zwischen direkten und indirekten Fördermaßnahmen. Unter die Kategorie direkter Maßnahmen fallen jene, die über eine vertraute Lehrperson erfolgen (Paris et al., 1984). Als indirekte Fördermaßnahmen gelten Vermittlungen über einen externen Experten (Schmitz, 2001), schriftli- 116 ches Selbstlernmaterial sowie Computerprogramme (Drewniak, 1992; Lin und Lehman, 1999). Die in Fördermaßnahmen eingesetzten Sozialformen können individuell oder kooperativ sein. Zu den wohl bekanntesten kooperativen Strategietrainings zählt das reziproke Lernen, bei dem die Lernenden abwechselnd die Lerner und Lehrerrolle übernehmen, wie es im Reciprocal Teaching Approach der Fall ist (Palinscar und Brown, 1984). Die aktuelle Forschung befürwortet ferner die soziale Interaktion im Lernstrategieprogramm (McInerney et al., 1997; Randi und Corno, 2000). Auch die Lehrmethode spielt in metakognitiven Förderprogrammen eine entscheidende Rolle. Besonders häufig empfohlen ist die Methode der direkten Instruktion (Paris et al., 1984; McInerney et al., 1997) und hier vor allem die des Cognitive Apprenticeship und des problembasierten Lernens (Randi und Corno, 2000). Bei der Gestaltung sollte der Beginn mit einer verstärkt direkten Anleitung markiert sein. Mit zunehmender Kompetenz sollte dann die direkte Anleitung zugunsten einer stetig steigenden Selbststeuerung des Lerners ausgeblendet werden. Nicht angeschnitten in Friedrich und Mandls (1992) Leitfaden ist unter anderem die Frage der Intensität des Trainings, Qualität und Quantität der Aufgabenanforderungen und Lerninhalte aber auch die Motivationsanregung. Die Empfehlungen von Hasselhorn (1992: 57), die aus den Erfahrungen verschiedener Trainingsstudien resultieren, stehen daher komplementär zu den Ausführungen von Friedrich und Mandl. Folgende Empfehlungen werden für praktische Interventionen für Schülern nahegelegt, die sich ebenso gut auf Lernsituationen mit Erwachsenen übertragen lassen: Ein Training soll intensiv sein. Dies läßt [sic] sich durch zwei Maßnahmen erreichen: kleine Trainingsgruppen und viele Trainingssitzungen wie etwa 30-40 Sitzungen in der Studie von Paris und Oka (1986). Die Variation der Aufgabenanforderungen und Lerninhalte, unter denen die Nutzung metakognitiver Kompetenzen eingeübt wird, sollte möglichst groß sein. Diese ersten beiden Aspekte sind essenziell für den in der Metakognitionsforschung bisher oft vernachlässigten Sensitivitätsaspekt, der vor allem durch reichhaltige strategische Lernerfahrungen gefördert werden kann. Trainingsbegleitend sollte jedem Schüler kontinuierlich individuelle Erfolgserlebnisse als Folge metakognitiven Lernverhaltens vermittelt werden. Dadurch läßt [sic] sich einerseits das generelle Strategiewissen, andererseits auch Anteile des für das Lernverhalten rele- 117 vanten Motivationssystems (zum Beispiel Selbstwirksamkeits- Erwartungen) positiv beeinflussen. 3.1.2 Modelle zur Förderung (meta)kognitiver Strategien Innerhalb der letzten 40 Jahre sind unterschiedliche Modelle zur Strategieinstruktion konzipiert worden, die unter dem Dachbegriff Strategy- Based-Instruction-Models (SBI-Modelle) zusammengefasst werden. Allen diesen Modellen gemeinsam sind die vier unten angegebenen Schritte (Rubin,Chamot, Harris, und Anderson 2007: 142): raising awareness of the strategies learner are already using teacher presentation and modeling of strategies so that students become increasingly aware of their own thinking and learning process multiple practice opportunities to help students move towards autonomous use of the strategies through gradual withdrawal of the scaffolding self-evaluation of the effectiveness of the strategies used and transfer of strategies to fresh tasks In einer ersten Sensibilisierungsphase gilt es, die Aufmerksamkeit des Lerners auf die von ihm bereits benutzten Strategien zu lenken. Es existieren unterschiedliche Methoden, die Aufmerksamkeit des Lerners auf seinen Strategiegebrauch zu lenken und somit eine Sensibilisierung herbeizuführen. Der Einsatz ein jeder dieser Methoden bringt jedoch seine Vor- und Nachteile mit sich. Tabelle 4: Vor- und Nachteile der Methoden zur Sensibilisierung (Rubin, Chamot, Harris und Anderson, 2007: 152) Techniques Advantages Disadvantages 1 Questionnaires Material is ready to go, does not take a lot of time Hard to make clear how important it is for a strategy to be related to task, goal, and the learner´s particular problem 2 Focus groups Can be directly related to goal and to learner´s perceived problems; allow teachers to show how a strategy is directly related to a specific task Takes class time; teachers needs to be quite familiar with a range of strategies in order to debrief discussions 3 Ask a question Can be used at any time Learners may need prompting to access their strategies 4 Journals Very individualized; helpful for consciousness raising, for helping learners consider alternatives If used with a beginning class or individual, language of the journal is a consideration 5 Reading about a topic Very individualized, learners can read in detail, as they need to. Can be done outside class Language level usually not appropriate for beginners, except where translated 118 Standardisierte Fragebögen haben den Vorteil, dass sie schon vorhanden sind und nicht extra neu konzipiert werden müssen. Problematisch jedoch ist, dass in solchen Fragebögen nur sehr generell auf den Strategiegebrauch eingegangen wird. Strategien jedoch werden vor dem Hintergrund einer bestimmten Aufgabe verwendet und somit kann anhand eines Fragebogens kein Bezug zwischen den spezifischen Problemen des Lerners beim Lösen einer Aufgabe und den eigens für die Aufgabe herangezogenen Strategien hergestellt werden. Gruppenarbeit zielt auf das Lösen einer bestimmen Aufgabe ab, und der Lehrer kann zusätzlich zeigen, wie eine bestimmte Aufgabe mithilfe einer bestimmten Strategie zu lösen ist. Gruppenarbeiten sind jedoch sehr zeitaufwendig und der Lehrer muss auch mit einem Arsenal an Strategien vertraut sein, um die Diskussion adäquat leiten zu können. Fragen zum Beispiel in Form von W- Fragen können immer gestellt werden und sind auch sinnvoll, dennoch brauchen Lerner zusätzliche Hilfe, um sich der von ihnen eingesetzten Strategien sowie deren Effektivität bewusst zu werden. Lernerjournale sind sehr individuell, da sie vom Lerner selbst angefertigt werden und können daher auch in der Bewusstmachung der vom Lerner verwendeten Strategien sowie Verwendung alternativer Strategien eine große Rolle spielen. Problematisch bleibt jedoch die Sprache, in der sie verfasst worden sind. Das Lesen von Fachliteratur zum Thema Strategien ist wiederum sehr individuell und Lerner können sich je nach Bedarf zusätzlich zum gesteuerten Unterricht damit auseinandersetzen. Meistens reichen jedoch die Sprachkenntnisse des Lerners für eine wissenschaftliche Auseinandersetzung nicht aus. In der Tabelle sind die so eben beschriebenen Vor- und Nachteile aufgeführt worden. Die Klassifizierung von Rubin, Chamot, Harris und Anderson (2007: 152) umfasst jedoch nur jene Instrumente, die in der Fachliteratur unter dem Dachbegriff Offline-Instrumente zusammengefasst werden. Neben diesen Instrumenten existieren sogenannte Online-Instrumente, zu denen Protokolle des Lauten Denkens (LD-Protokolle), Logfile-Analyse und Eye-Tracking-Devices gezählt werden können. Da sich das Kapitel 4 ausführlich mit den Online- und Offline-Methoden der Strategieerhebung befasst, wird an dieser Stelle auf nähere Ausführungen verzichtet. Im Verlaufe der Phasen Presentation, Practic, Self-Evaluation und Assessment wird zunächst die Benutzung von Strategien modelliert sowie in die Nutzung neuer Strategien eingeführt. Anschließend wird den Lernern die Möglichkeit zur Einübung neuer Strategien angeboten. Weiterhin werden dann die neu erlernten und verwendeten Strategien auf ihrer Zielrelevanz und Adäquatheit überprüft. Ein Vergleich der Modelle zur Strategieinstruktion macht deutlich, dass abgesehen von wenigen Abweichungen, die oben erläuterten vier Schritte durchaus in den einzelnen 119 Modellen vorhanden sind. In der Tabelle 5 sind vier repräsentative Modelle aufgeführt und miteinander verglichen worden. Tabelle 5: Vergleich der SBI-Modelle (Harris, 2003: 7) O ´Malley und Chamot (1990) Oxford (1990) Grenfell und Harris (1999) Chamot (2005); Chamot, Barnhardt, El-Dinary und Robbins (1999) 1 Students identify their current strategies Learners do a task without any strategy instruction Awareness raising Learners do a task „cold“ Preparation Teacher identifies students´ current learner strategies for familiar tasks They discuss how they did it and the teacher asks them to reflect on how their strategies may have facilitated their learning Their brainstorm the strategies used. Class shares strategies that work for them. 2 Teacher explain additional strategies Teacher demonstrates other helpful strategies, stressing the potential benefits Modelling Teacher demonstrates new strategies, emphasizes their value and draws up a checklist of strategies for subsequent use Presentation Teacher models, names, explains new strategy, asks students if and how they have used it. 3 Teacher provides opportunities for practice Learners are provided with opportunities to practice the new strategies General practice Learners are given a range of tasks to deploy new strategies Practice Students practice new strategy; in subsequent strategy practice, teacher fades reminders to encourage independent strategy use. Learners are shown how the strategies can be transferred to other tasks Self-Evaluation Students evaluate their own strategy use immediately after practice Learners are provided with further tasks and asked to make choices about strategies they will use Action planning Learners are guided to select strategies that will help them address their particular difficulties. Further practice and fading out of reminder to use strategies Expansion Students transfer strategies to new tasks, combine strategies into clusters, develop repertoire of preferred strategies 4 Teacher assists learners in evaluating their success with the new strategies Teacher helps learners to understand the success of their strategy use and assess their progress towards more selfdirected learning Evaluation Teacher guides learners to evaluate progress and strategy use and to set themselves new goals Assessment Teacher assesses students’ use of strategies and impact on performance In allen der hier als Fallbeispiel angeführten Modelle ist eine Sensibilisierungsphase integriert. Im Modell von O´Malley und Chamot (1990) wird die Sensibilisierung vom Lerner selbst herbeigeführt. Im Modell von Oxford (1990) sowie Grenfell und Harris Modell kann zwar auch eine selbstinduzierte Sensibilisierung verzeichnet werden, was jedoch nicht individuell, sondern durch eine Gruppendiskussion ausgelöst wird. Neu 120 an ihrem Modell ist ferner die vorgezogene Übungsphase, in der eine Aufgabe ohne jegliche Strategieanweisung von den Lernern gelöst wird und anschließend die verwendeten sowie am meisten effektiven Strategien ausdiskutiert werden. Einzig im Modell von Chamot (2005) sowie Chamot, Barnhardt, El-Dinary, Robbins (1999) erfolgt die Handlung fremdinduziert und zwar vonseiten des Lehrers aus. Der Vorteil liegt darin, dass der Lerner sich selbst nicht überschätzen kann. Dem Lehrer kommt jedoch die Aufgabe zu, mithilfe valider Instrumente den Stand des Strategieeinsatzes aufseiten des Lerners zu überprüfen. In der Vermittlungsphase übernimmt der Lehrer die Aufgabe, zusätzliche, nützliche und auf der Lernerseite unbekannte Strategien vorzustellen. Diese Vorgehensweise verläuft in allen vier Modellen ähnlich. Die dritte Phase besteht entweder nur aus Übungen (O´Malley und Chamot, 1990) oder aus Übungen und Transfer, wo der Lerner nicht nur lernt, mit den neu erlernten Strategien umzugehen, sondern dazu auch angeleitet wird, sein strategisches Wissen auf andere neuere Aufgaben und Situationen zu übertragen (Oxford, 1990; Grenfell und Harris, 1999). Das einzige Modell, das neben Übung und Transfer zusätzlich noch eine selbstinduzierte Evaluation und Bewertung der neu erlernten Strategien aufseiten der Lerner vorsieht, ist das Modell von Chamot sowie Chamot, Barnhardt, El-Dinary und Robinson (1999). Allen Modellen gemeinsam wiederum ist die Evaluationsphase. Während jedoch in den Modellen von O´Malley und Chamot, Oxford, sowie Grenfell und Harris die Evaluation selbstinduziert erfolgt und der Lehrer mehr die Rolle eines Coaches übernimmt, erfolgt sie im Modell von Chamot sowie Chamot, Barnhardt, El-Dinary und Robinson (1999) fremdinduziert und der Lehrer ist es, der die Strategienutzung des Lerners sowie deren Einfluss auf die Lernleistung evaluiert und bewertet. Bei den obigen Ausführungen handelt es sich um eine fachübergreifende Modellierung. Aufgrund des Allgemeinheitsgrads sind sie deswegen auch auf unterschiedliche Lernsituationen übertragbar, zumindest in der vorliegenden wird von dieser Hypothese ausgegangen. Der empirische Teil dieser Arbeit beschäftigt sich mit der Optimierung des Lesens fremdsprachiger Hypertexte mithilfe eines Strategietrainingsprogramms. Anbei wird unter anderem auf der Basis der theoretischen Ausführungen und zum Teil empirisch nachgewiesenen Effekte, das Trainingsprogramm «LeseStrategieTrainingsmodul» konzipiert. Darunter ist ein Lesestrategietrainingsprogramm zu verstehen, das eigens für iranische Deutschsprachlerner konzipiert worden ist. 121 3.2 Zum Inhalt und Aufbau des „LeseStrategie- TrainingsModul (LSTM) Das LSTM versucht eine Methodik von Leseunterstützung zu entwickeln, die zwei Zielsetzungen verbindet: Vermittlung von Lernstrategien zur Unterstützung fremdsprachlichen Hypertextlesens. Zuvor ist erwähnt worden, dass die effektive Förderung metakognitiver Strategien nur vor dem Hintergrund der anvisierten Zielgruppe und der Kontextbedingungen erfolgen kann. Diese Bedingungen werden in diesem Kapitel auf das Lesen fremdsprachiger Hypertexte repliziert, um in Anlehnung daran ein Trainingsprogramm zu konzipieren. Für das geplante Training sind Fremdsprachenlerner vorgesehen, die sich dem europäischen Referenzrahmen (2001) zufolge, auf C1-Niveau befinden. Ein Grund für die Wahl der Probanden auf C1-Niveau stellt die Kompetenzfrage der Lerner dar. Auf dieser Niveaustufe muss das allgemeine Leseverstehen insofern ausgebaut sein, dass der Lerner „lange, komplexe Texte im Detail verstehen [kann], auch wenn diese nicht dem eigenen Spezialgebiet angehören, sofern schwierige Passagen mehrmals gelesen werden können“ (ebd. 74). Ferner ist der Lerner in der Lage „lange und komplexe Texte rasch durch[zusuchen] und wichtige Einzelinformationen auf[zu]finden. Er kann rasch den Inhalt und die Wichtigkeit von Nachrichten, Artikeln und Berichten zu einem breiten Spektrum berufsbezogener Themen erfassen und entscheiden, ob sich ein genaueres Lesen lohnt“ (ebd. 75). Schließlich kann der C1-Sprachlerner „ein weites Spektrum langer, komplexer Texte, denen man im gesellschaftlichen, beruflichen Leben oder in der Ausbildung begegnet, verstehen und dabei feinere Nuancen auch von explizit oder implizit angesprochenen Einstellungen und Meinungen erfassen“ (ebd. 76). Auch wenn nicht explizit erwähnt, so setzen die can-do-Beschreibungen ein angemessenes Maß an kognitiver sowie metakognitiver Kompetenz aufseiten der Lerner voraus. Für die Wahl der Probanden auf dieser Niveaustufe spricht daher ihr Entwicklungsstand auf kognitiver und metakognitiver Ebene. Aufgrund des kognitiven Entwicklungsstandes ist der Leseprozess so weit automatisiert, dass nicht mehr das Entziffern einzelner Wörter, sondern im Sinne der mentalen Modelle von Johnson-Laird (1983) das Verstehen des Sinnzusammenhangs und deren reflexive Verknüpfung mit bereits vorhandenen Wissensbeständen und Abspeicherung im Vordergrund stehen. Ebenso stehen den Probanden Ressourcen für das Erlernen und Anwenden von Strategien zur Verfügung. Denn gerade weil sich die Lerner in einer Phase befinden, in der nicht stärker das Dekodieren, sondern die 122 inhaltliche Erfassung des Geschriebenen im Vordergrund steht und weil es sich dabei auch obendrein um erwachsene Lerner handelt, sind sie metakognitiv so weit, um die Bedeutung und damit auch den Nutzen der zu erlernenden Strategien zu verstehen. Sie können die eigene Leistung kontrollieren sowie selbst spontan von Elaborations- und Reduktionsstrategien Gebrauch machen. Bereits Paris und Oka (1986) haben die begründete Vermutung geäußert, dass mit zunehmendem Alter und wachsender Komplexität der Lernanforderungen die Bedeutung der Metakognition wie auch die Motivation für den Lernerfolg zunimmt (Hasselhorn, 1992: 52). Ferner wird für die in dieser Untersuchungsreihe anvisierte (studentische) Zielgruppe angenommen, dass sie aufgrund ihrer Lernererfahrung über das notwendige metakognitive Strategiewissen und die erforderlichen Regulationsfertigkeiten verfügt, um prinzipiell erfolgreich in hypermediale Lernumgebungen zu lernen. Im Sinne von Hasselhorn (1995) und Weinert (1984) jedoch werden die Probanden ein Produktionsdefizit aufweisen, das heißt, sie setzen ihre verfügbaren zieladäquaten strategischen Fähigkeiten und Fertigkeiten nicht zwingend ein bzw. produzieren diese nicht spontan. Es heißt zwar, dass besonders bei Produktionsdefiziten eine kurzfristige indirekte Fördermaßnahme besser geeignet ist (ebd.). Dennoch wird das LSTM als kurzfristige, aber direkte Fördermaßnahme angeboten, um das hypermediale Lernen bei den Sprachlernern zu verbessern. Denn trotz eines vorhandenen strategischen Wissens kann aufgrund der kurzen Förderzeit nur eine direkte Maßnahme die erwünschte Sensibilisierung herbeiführen. Somit wird die Dauer des Trainingsprogramms auf ca. 10 Stunden Präsenzunterricht - mit jeweils ca. 1½ Stunden Dauer - angesetzt, mit dem Ziel den Lernern ihr strategisches Leseverhalten vor Augen zu führen und diese zu optimieren. Die 10 Stunden ergeben sich aus der Überlegung, dass ein an einer iranischen Universität angebotenes Seminar von 2 Semesterwochenstunden 16 Stunden andauert. Die 10 Stunden bilden somit ein Mindestmaß für eine kurzfristige Fördermaßnahme. Der Unterricht erfolgt in Gruppen von drei bis sechs Personen, denn es wird wiederum von der Annahme ausgegangen, dass jeder Leser sein eigenes Repertoire an Strategien mit sich bringt. Kleingruppen lassen für eine individuelle Betreuung mehr Spielraum. Entgegen theoretischer Empfehlung findet das Training außerhalb des regulären Unterrichts statt, weil in der vorliegenden Arbeit die Frage der Wirksamkeit des Trainings im Vordergrund steht. Wäre umgekehrt die Wirkungsfrage wichtig, so hätte die Einbettung des Programms im Unterricht oder außerhalb des Unterrichts als zu untersuchende Variable berücksichtigt werden müssen. Um ein Rahmenmodell für das LSTM zu schaffen, sind sowohl Elemente aus den bereits im Abschnitt 3.1.2 beschriebenen SBI-Modellen 123 entnommen worden als auch Elemente aus indirekten metakognitiven (Lese)Trainingskonzepten, die im Abschnitt 2.3.3 behandelt worden sind. Tabelle 6: Rahmenmodell für LSTM Oxford (1990) Grenfell und Harris (1999) Chamot (2005); Chamot, Barnhardt, El-Dinary und Robbins (1999) Learners do a task without any strategy instruction Awareness raising Lerners do a task „cold“ They brainstorm the strategy used. Teacher demonstrates other helpful strategies, stressing the potential benefits Modelling Teacher demonstrates new strategies, emphasizes their value and draws up a checklist of strategies for subsequent use Practice Students practice new strategy; in subsequent strategy practice, teacher fades reminders to encourage independent strategy use. Learners are shown how the strategies can be transferred to other tasks Expansion Students transfer strategies to new tasks, combine strategies into clusters, develop repertoire of preferred strategies Teacher helps learners to understand the success of their strategy use and assess their progress towards more selfdirected learning Evaluation Teacher guides learners to evaluate progress and strategy use and to set themselves new goals Assessment Teacher assesses students´use of strategies and impact on performance In Anlehnung an Oxford sowie Grenfell und Harris werden in der Sensibiliserungsphase die von den Lernern bereits verwendeten Strategien durch die Lehrperson erhoben und die Lerner lösen eine Aufgabe ohne Strategieinstruktion. Auf diese Weise soll zugleich auch das vielfach in der Literatur thematisierte Problem der Selbstüberschätzung bzw. unterschätzung unterbunden werden, die sich erst dann einstellt, wenn die Lerner dazu angehalten werden, sich selbst einzuschätzen (Artelt, 2000). In einer ersten Unterrichtsstunde wird den Lernern vor Augen geführt, welche Strategien sie bei der Bewältigung des vorgeschalteten Tests eingesetzt haben. Auf diese Weise werden die Aufgabensituation und die 124 eingesetzten Strategien noch einmal erlebt. Mithilfe dieses Brainstormings, das sich wiederum an dem Modell von Grenfell und Harris orientiert, wird in die Modellierungsphase eingeführt, wo die Lerner auf weitere nützliche Strategien aufmerksam gemacht werden. Wie aus der Tabelle 6 hervorgeht, stammt die Modellierungsphase ebenfalls aus dem Modell von Oxford sowie Grenfell und Harris. Die Komponenten der Übungsphase lehnen sich an das Modell von Chamot (2005) und Chamot, Barnhardt, El-Dinary und Robbins (1999), weil es als Einziges die so wichtige Einübung strategischen Verhaltens bei abnehmender Unterstützung berücksichtigt, wodurch die selbstständige Nutzung von Strategien auch nach der Trainingszeit gewährleistet werden kann. In der Expansionsbzw. Transferphase wird die Übertragung erlernter Strategien auf andere Aufgaben unter variierten Aufgabenbedingungen eingeübt. Aus der Tabelle 6 kann man ersehen, dass sich diese Phase sowohl an dem Modell von Oxford sowie jenem von Chamot (2005) sowie Chamot, Barnhardt, El- Dinary und Robbins (1999) orientiert. Schließlich ist im LSTM sowohl der Evaluation im Sinne von Selbsteinschätzung als auch der lehrerseitigen Bewertung Platz eingeräumt worden. Mithilfe einer Evaluationsphase, der wiederum ein Haupttest vorausgeht, wird den Lernern gezeigt, welche Lernerfolge erzielt werden konnten, inwiefern ihr Lernerfolg mit dem Strategieeinsatz zusammenhängt und welche weiteren Übungen zur Optimierung der Lernprozesse geeignet sind. In einem Nachtest schließlich werden die nachhaltige Verwendung der Strategien auf ihre Zielrelevanz und Adäquatheit erhoben und bewertet. Überführt wurden die oben genannten Phasen in einem Trainingsprogramm mit acht Unterrichtseinheiten, wie sie in der Tabelle 7 aufgeführt sind. 125 Tabelle 7: Inhaltlicher Aufbau von LSTM Einheit Inhalt Einheit 1 Sensibilisierungsphase - Teilnahme an einem Pretest zum Thema „Windenergie“ ohne Strategieinstruktion Einheit 2 Modellierung - Einstieg in das Training und Vorstellen der Ziele und Inhalte des Trainings - Brainstorming der eingesetzten Strategien im Pretest - Modellierung neuer Strategien Einheit 3 Übung - Einübung der neu gelernten Strategien anhand des Lernmaterials - „Neue Milliarden für die Hochschulen - aber wie? “ - Abnehmende Strategieinstruktion zugunsten selbstständiger Strategieverwendung Einheit 4 Transfer - Transfer der erlernten Strategien auf neue Aufgaben anhand des Lernmaterials „Schweinegrippe - Epidemie, Pandemie oder falscher Alarm? “ - Entwicklung eines Repertoires an geeigneten Strategien Einheit 5 Transfer - Transfer der erlernten Strategien auf neue Aufgaben „Intelligenz: angeboren oder trainierbar? “ - Entwicklung eines Repertoires an geeigneten Strategien Einheit 6 Evaluation: lehrerseitige Bewertung - Lehrerseitige Bewertung der Strategienutzung sowie deren Einfluss auf die Leistung Einheit 7 Feedback und Selbsteinschätzung - Selbsteischätzung der eigenen Leistung und Aufstellung (neuer) Lernziele Einheit 8 Evaluation: lehrerseitige Bewertung - Lehrerseitige Bewertung der Strategienutzung sowie deren Einfluss auf die Leistung 3.2.1 Sensibilisierungsphase Gegenstand der Sensibilisierungsphase war ein Leseverständnistest zum Thema „Windenergie“. Als Arbeitsmaterial wurde ein Hypertext vorgegeben, der insgesamt aus 9 Knoten bestand. Mithilfe dieser Knoten sollten 6 Leseverständnisfragen beantwortet werden. Auf diese Weise konnte das strategische Vorgehen des Lerners sowohl in Bezug auf das Navigationsverhalten als auch auf das Herausfiltern spezifischer Informationen aus 126 einer komplexen Informationsmenge erhoben werden (Ausführlich im Kapitel 5 unter Studie I erklärt). 3.2.2 Modellierungsphase In der Modellierungsphase wurden zunächst die Ziele und Inhalte des Trainings vorgestellt und als Einstieg die strategische Vorgehensweise der Probanden, die anhand des Pretests erhoben worden war, veranschaulicht. In Anlehnung daran wurden dann neue Strategien modelliert. Gerade weil in der vorliegenden Arbeit das Lesen von Hypertexten im Vordergrund steht, stellte sich die Frage, welche Strategien das Lesen (fremdsprachiger) Hypertexte optimieren können, um sie dann in ein Modell zu überführen. Wie schon im Abschnitt 1.4.6 erläutert, geht das Lesen von Hypertexten über die reine Informationssuche hinaus. Es gilt, spezifische Informationen aus der komplexen Informationsmenge herauszufiltern. In der Regel muss ein beträchtlicher Teil der gesamten Information mental verarbeitet und das gewonnene Wissen anschließend in eine kohärente Wissensstruktur integriert werden. Daher schlüsseln Schnotz und Zink (1997) die Teilprozesse, die beim Lernen mit Hypertexten ablaufen nach Informationszielspezifikation, Informationssuche, Informationsbewertung und Informationsbearbeitung auf. Wenn sich der Lerner dieser vier Prozesse bewusst ist, müsste er ohne Probleme das Lesen (fremdsprachlicher) Hypertexte bewältigen können. Vor dem Hintergrund dieser Hypothese sind bei der Modellierung strategischen Wissens die vier genannten Teilprozesse von Zink und Schnotz berücksichtigt und zur besseren Visualisierung in einen Reading-Cycle überführt worden. 127 Abb. 10: Teilprozesse beim Lernen mit Hypertexten (in Anlehnung an Zink und Schnotz, 1997) Operationalisiert wurden die in Abbildung 10 dargestellten Teilprozesse anhand der No Apparent Procedural Prompts. Wie schon im Abschnitt 2.3.3 besprochen, werden diese Prompts nicht in Form von Verbalisierungsinstruktionen operationalisiert, sondern der Lerner wird durch die Lehrperson in die Technik des Fragestellens eingeführt. Diese Promptart bringt mehrere Vorteile mit sich. Der Lesefluss und damit Leseprozess wird nicht unterbrochen und zwar dadurch, dass die Aufmerksamkeit der Lernenden auf ganz bestimmte Verarbeitungsprozesse während des Lesens gelenkt wird, wie es bei Signal words, Generic Question Stems oder auch Generic Questions der Fall ist. Außerdem regt das Fragenstellen zur Selbstreflexion an, die erst einmal eingeübt, so automatisiert abläuft, dass 128 der Lerner über die Trainingsphase hinweg seine Leseprozesse steuern kann. Und schließlich erst der Erwerb metakognitiver Erfahrungen bzw. metakognitiven Wissens kann die Transfermöglichkeit auf andere und vor allem neue Lern- und Anforderungssituationen gewährleisten und damit den nachhaltigen Effekt eines Trainingsprogramms sichern. Dieser Effekt kann vor allem durch die No Apparent Procedural Prompts erzeugt werden. Als ein weiteres Gebot, das in der Modellierung eingehalten wurde, gilt daher die Transfermöglichkeit der Strategien, die erst dann nutzbringend auf andere Situationen transferiert werden kann, wenn sie so allgemein und inhaltsübergreifend wie nur möglich sind. Vor dem Hintergrund dieser Überlegung sind die vier Teilprozesse von Zink und Schnotz mithilfe nachstehender Fragen operationalisiert worden. Abb. 11: LeseStrategieTrainingsModul Wie aus der obigen Abbildung hervorgeht, ist bei der Realisierung der metakognitiven Prozeduren/ exekutiven Kontrollprozesse für die Informationszielspezifikation die Frage „Warum lese ich den Text? “ herangezogen worden. Auf diese Weise wird die Voraussetzung für eine sinnvolle und effektive Planung der Navigation geschaffen. Für die Informationssuche wurde die Frage „Welche/ r Knoten/ Information könnte wichtig sein? “ vorgesehen. Diese Frage dient zuvörderst der Antizipierung möglicher Textinhalte anhand der Überschrift. Für die Informationsbewertung waren die zwei Fragen relevant: „Worin besteht der Bezug zum 129 Leseziel? “ und „In welcher Reihenfolge würde ich die Texte lesen? “ Die Informationsverarbeitung wurde mit vier Fragen angeregt. Die Frage „Was weiß ich? “ sollte vor dem Lesen gestellt werden, um auf diese Weise das Vorwissen zu aktivieren. Während des Lesens waren die Fragen „Welche Informationen sind wichtig? “ und „Welche Informationen sind neu? “ relevant. Sie sollten dem Lerner helfen, aus einer komplexen Informationsmenge, die wichtigsten und nötigsten Informationen rauszufiltern und zugleich zwischen dem zu unterscheiden, was der Lerner bereits weiß und was er neu hinzugelernt hat. Die Frage „Habe ich alles verstanden? “, die mithilfe der W-Wörter (Wer, Was, Wann, Wo, Wie, Warum) operationalisiert wird, soll dem Lerner helfen, sein eigenes Verständnis zu überprüfen. Zur Unterstützung der Behaltensleistung sowie Automatisierung der Teilprozesse sind auf der Basis des Dualcoding-Prinzips Ikons verwendet worden. Ferner ist aus den Anfangsbuchstaben der Teilprozesse, die auf Persisch übersetzt worden sind, der persische Kürzel „Hegab“ hergeleitet worden. Der Lerner brauchte sich nur bei der Bearbeitung der Lernmaterialien an die vier Hegab-Teilprozesse zu erinnern, um das erlernte strategische Wissen zu aktivieren. Zusätzlich wurde in dieser Phase die Nützlichkeit, Notwendigkeit und Generalisierung der eingeübten Strategien erläutert. 3.2.3 Übungs- und Transferphase In der Übungs- und Transferphase konnten die Lerner unter variierten Aufgabenbedingungen und abnehmender Unterstützung aufseiten der Lehrperson die Teilprozesse auf neuere Aufgabensituationen projizieren. Wenn man sich die Abbildung 11 anschaut, so wird man feststellen, dass die zwei Teilprozesse Informationszielspezifikation und Informationsverarbeitung die festen Größen darstellen, wohingegen die Prozesse der Informationssuche und Informationsbewertung je nach Leseziel variieren und manchmal sogar ausgeblendet werden können. In der 3.-5. Unterrichtseinheit wurden drei unterschiedliche Themenbereiche angeschnitten: „Neue Milliarden für die Hochschulen - aber wie? “, „Schweinegrippe - Epidemie, Pandemie oder falscher Alarm? “ und „Intelligenz: angeboren oder trainierbar? “ Dadurch sollte den Lernern vor Augen geführt werden, dass die gelernten Teilprozesse strategischen Vorgehens auf unterschiedliche Anforderungssituationen angewendet werden können. Als Unterrichtsmaterialien sind Pressetexte aus der WELT ONLINE herangezogen worden. Diese Einschränkung hat Ursachen methodischer und praktischer Natur. Gerade Pressetexte wurden von Anfang an als Hypertexte realisiert und machen auch heute noch die Mehrheit der Hypertexte 130 aus. Tendenziell scheinen diese Texte außerdem geeigneter zu sein, da sie sowohl in Bezug auf die Inhalte als auch auf die Form standardisiert sind. Ferner konnte durch die Auswahl informativer Texte dem Vorwissen der Lerner Rechnung getragen werden. Die Erkenntnisse aus der Forschung zur Rolle des Vorwissens (siehe Abschnitt 1.3.1) sind insofern in die Arbeit eingeflossen, als in die Konzipierung des LSTMs sowie LKEMs die Wahl auf Texte fiel, wo bei den Probanden ein Mindestmaß an Vorwissen angenommen werden konnte. Die Modellierungs- und Übungsphase umfasst acht Sitzungen von jeweils ca. 1½ Stunden Dauer. 3.2.4 Bewertungsphase In dieser Phase (nach 10 Stunden Training) wurde anhand eines Haupttests das strategische Wissen des Lerners und dessen Einfluss auf das strategische Verhalten erhoben und bewertet. Im Rahmen eines Nachtests, der einen Monat nach dem Training stattgefunden hat, wurde die nachhaltige Behaltensleistung der Lerner hinsichtlich des strategischen Vorgehens festgestellt. Die Frist von einem Monat ist ein Standardwert. Anders kann nicht gewährleistet werden, ob die nachhaltige Behaltensleistung auf die Versiertheit der Lerner sowie die Effekte des Trainings zurückzuführen ist oder nicht. Ausführliche Beschreibung findet sich im Kapitel 6 und 7 unter Studie II und III. 3.2.5 Feedback und Selbsteinschätzung Nach dem Haupttest wurde in einer weiteren Unterrichtseinheit die Kompetenz und Performanz der Lerner in Gruppensitzungen thematisiert, als Intervention die optimalen Arbeitsschritte für das Arbeits- und Testmaterial erläutert und begründet sowie auf eventuelle Fragen eingegangen. In Einzelsitzungen wurden den Probanden ihre persönlichen Ergebnisse mitgeteilt und auf individuelle Problemkreise hingewiesen, die der Lerner nun selbst mithilfe selbstinduzierter Übungsphasen beheben kann. Ausführliche Beschreibung findet sich im Kapitel 6 unter Studie II. 131 3.3 Zusammenfassende Diskussion In der Einleitung des gegenwärtigen Kapitels ist darauf hingewiesen worden, dass für die Förderung des Lesens (fremdsprachiger) Hypertexte Fördermaßnahmen vorliegen, die jedoch aufgrund ihrer vielfach heterogenen Operationalisierungen, was Methode, Stichprobe, Sprache, Texte und Aufgaben anbelangt, nicht eins zu eins in der vorliegenden Arbeit übernommen werden können. Daher zielte dieses Kapitel darauf ab, für iranische Deutschsprachlerner ein Trainingsprogramm aufzubauen. Auf der Basis der SBI-Modelle zur Förderung strategischen Lernverhaltens, aber auch in Anlehnung an Konzepte zum indirekten metakognitiven (Lese)Trainings wurde das LSTM konzipiert. Das LSTM trägt insofern den SBI-Modellen Rechnung, als es die vier Phasen Presentation, Practice und Self-Evaluation sowie Assessment berücksichtigt. Aus indirekten metakognitiven (Lese)Trainingskonzepten ist das Element der No Apparent procedural Prompts speziell für den Umgang mit Hypertexten übernommen worden. Ferner sind bei der Konzipierung im Sinne von Flavell und Wellman (1977) vier Wissensaspekte berücksichtigt worden. Wissen um Personenmerkmale in diesem Fall Kenntnis und angemessene Einschätzung der eigenen metakognitiven Lernstrategien wird in der Sensibilisierungsphase mit einem vorgeschalteten Pretest herbeigeführt. Durch die ausschließliche Arbeit mit Pressetexten und Vermittlung des Wissens über den Aufbau und die Struktur von Presstexten wird dem Wissen um Aufgabenmerkmale, das heißt Kenntnis von Faktoren, die eine Lernanforderung erleichtern oder erschweren können, genüge getan. Das Wissen um Strategiemerkmale, also Wissen über allgemeine und spezielle Lern- und Behaltensstrategien - wird in Form von No Apparent procedural Prompts realisiert. Die Sensitivität schließlich, das heißt das Gespür, dass eine spezifische Lernsituation strategische Aktivitäten erfordert, was wiederum zum Einsatz des verfügbar strategischen Wissens führt, wird künstlich erzeugt, indem den Probanden in der Modellierung und Übungsphase Textmaterial zur Verfügung gestellt wurde, das ihr Sprachniveau ein wenig übersteigt. 133 4 Evaluation und Erhebung (meta)kognitiver Fördermaßnahmen Wie im Abschnitt 3.1 erwähnt, befasst sich die vierte von Friedrich und Mandl (1992) aufgestellte Leitfrage zur Konzipierung strategischer Fördermaßnahmen mit der Frage der «Evaluation von Interventionsmaßnahmen bzw. zugrunde liegenden Standards und Kriterien». Ziel dieses Kapitels ist es, in Anlehnung an die theoretischen Überlegungen einen Untersuchungsrahmen für die (mehrdimensionale) Analyse und Evaluation metakognitiver Interventionsmaßnahmen für das hypermediale fremdsprachliche Lesen auszuarbeiten. Zunächst wird daher auf den aktuellen Stand eingegangen und die vorhandenen Methoden und Instrumente zur Evaluation und Erhebung im Allgemeinen und im Spezifischen als in Verbindung mit Lernstrategien und Metakognition kurz dargestellt. Anschließend wird das LeseKompetenzEvaluationsModul (LKEM) vorgestellt, womit diejenigen Methoden und Instrumente gemeint sind, die in der vorliegenden Arbeit zur Evaluation strategischer Fördermaßnahmen sowie zur Erhebung strategischen Leseverhaltens und dessen Produkt, also dem Leseverständnis selbst, herangezogen werden. In der Evaluation wird auf die Frage der Wirksamkeit sowie deren Gütekriterien eingegangen. Für die Erhebung strategischen Leseverhaltens liegt der Fokus auf den quantitativen Prozessanalysen mithilfe der Logfile-Erfassung. Aufgrund ihrer Bedeutung für diese Arbeit wird sie in den nachfolgenden Abschnitten ausführlicher beschreiben und ihr Einsatz anhand der Beschreibung des theoretischen Hintergrunds sowie der spezifischen Vor- und Nachteile begründet. 4.1 Evaluationsprinzipien und Erhebungsinstrumente Für die Evaluation strategischer Fördermaßnahmen sowie die Erhebung strategischen Verhaltens existieren inzwischen aufgrund der Forschungstätigkeit innerhalb der letzten vier Dekaden unterschiedliche Konventionen und Prinzipien. Jeder dieser Prinzipien haften Vor- und Nachteile an, die in den nächsten Abschnitten behandelt werden. Wichtig für die Diskussion ist das Ziehen einer klaren Linie zwischen Evaluationsmethoden und Erhebungsinstrumenten. Erstere beziehen sich auf die Interventionsmaßnahme insgesamt und lassen sich nach Kriterien wie Zeitpunkt, Wirksamkeit und Wirkung, Zielsetzung, Produkt oder Prozess unterschiedlich klassifizieren. Letztere umfassen Messinstrumente, die je 134 nach Zeitpunkt des Einsatzes nach Online- und Offline-Instrumenten aufgeschlüsselt werden. 4.1.1 Evaluationsmethoden Dem Begriff Evaluation liegen unterschiedliche Definitionsversuche zugrunde. Ein weit gefasstes Verständnis findet sich bei Bäumgärtner (1999: 71), der unter Evaluation alle Aktivitäten und/ oder Ergebnisse [versteht], die die Bedeutung, Verwendbarkeit, (Geld-) Wert, Wichtigkeit, Zweckmäßigkeit, ... einer Sache beurteilen bzw. bewerten. Nur dieses weit gefaßte [sic] Verständnis von Evaluation kann sowohl die Charakteristika besonderer Evaluationsfelder berücksichtigen als auch einen adäquaten Beitrag zur Theoriebildung leisten. Auf ein ebenfalls weit gefasstes Verständnis trifft man bei Meyer (1996: 190f). Für ihn gilt die Evaluation als ein systematischer Prozeß der Informationssuche und Bewertung dieser Information, bezogen auf ein ausgewähltes Handlungsprogramm, der nicht ausschließlich durch das akademische Erkenntnisinteresse des Evaluators motiviert wird und der dem Ziel der Verbesserung des Handlungsprogramms dient. Neu an Bortz und Dörrigs (2002: 676) Definitionsversuch ist der gleichzeitige Versuch einer Klassifizierung nach summativer und formativer Evaluation. „Neben einer Überprüfung des Endergebnisses einer Maßnahme (summative Evaluation) wird auch der Verlauf der Intervention in einer Evaluationsstudie mitverfolgt [sic] und ggf. beeinflußt [sic] (formative Evaluation)“. Die Unterscheidung zwischen summativer und formativer Evaluation stellt zugleich auch die Basis für Klassifizierungsversuche dar. Je nach Zeitpunkt unterscheidet Clark (2002) zwischen formativer und summativer Evaluation. Erstere wird entweder vor der Durchführung in der Planungsbzw. Vorbereitungsphase oder während der Entwicklungsphase eines Lernangebots sowie während eines Testlaufs angewandt. Letztere hingegen wird bei vollständig entwickelten Produkten nach ihrer Durchführung eingesetzt, mit dem Ziel die Effekte des Programms, aber auch die Kosten-Mehrwert-Frage zu analysieren. Bei Riffert (1998) sowie Hooper-Greenhill (2000) findet sich ein dreiteiliges Klassifizierungsschema. Neu an Rifferts Klassifizierung ist die Erweiterung der formativen und summativen Evaluation um die sogenannte Transferevaluation. Diese Präzisierung schlägt sich auch auf die Zielsetzung der jeweiligen Evaluationsart nieder. Die formative Evaluation soll „auf den Gesamtprozeß [sic] zurückwirken, ihn korrigieren, modifizieren bzw. opti- 135 mieren“ und damit gilt sie als „eine Form von Feed-Back, das der Verbesserung einer Intervention dient“. Bei der summativen Evaluation „geht es um die abschließende Bewertung einer Intervention“. Anhand der Transferevaluation schließlich soll überprüft werden, ob der „Effekt, der durch eine bestimmte Intervention erreicht wurde, auch auf andere Bereiche übertragen transferiert - wird“. Auch bei Hooper-Greenhill (2000) wird die klassische Unterscheidung zwischen formativer und summativer Evaluation um die sogenannte Front-End Evaluation erweitert. Nach Hooper-Greenhill findet die formative Evaluation während der Entwicklungsphase eines Projekts statt und zielt darauf ab, das Projekt zu testen, ehe weitere Ressourcen investiert werden. Die summative Evaluation findet wiederum nach der Durchführung statt, mit dem Ziel den Erfolg des Programms zu beurteilen. Die Front-End Evaluation wird vor der Durchführung angewendet und ist sozusagen eine Voruntersuchung, die vorangeschaltet wird, ehe einem Projekt zugestimmt wird. Der Untersuchungsrahmen ist daher häufig nicht festgesteckt und hat ein offenes Ende. Die soeben beschriebenen Evaluationsarten zeichnen sich trotz Differenzen durch ihre fachübergreifenden Merkmale aus. Nun fragt sich, ob die oben genannten Herangehensweisen für die Evaluation von Interventionsmaßnahmen ebenfalls infrage kommen? Oder ob hierfür spezifische Evaluationsarten entwickelt worden sind? Die Beantwortung dieser Frage stellt sich als schwierig dar, zumal die Notwendigkeit und Bedeutung wissenschaftlich fundierter Evaluation von Interventionsmaßnahmen bisher vernachlässigt worden ist (Hager, Party und Brenzig, 2000). Dementsprechend fällt die valide Erfassung metakognitiv-strategischer Aktivitäten defizitär aus (Winne und Perry, 1984; Drewniak, 1992; Lompscher, 1992; Schmitz und Wiese, 1999; Artelt, 2000; Veenman, 2005). Bedenkt man jedoch, dass in der aktuellen pädagogischen Psychologie Interventionsmaßnahmen entweder vor dem Hintergrund der Wirksamkeits- oder der Wirkungsfrage konzipiert werden, so lassen sie sich aus eben diesen zweigenannten Perspektiven evaluieren. Die Wirksamkeitsfrage stellt das Ausmaß der Wirkung einer Intervention, die Effektivität, in den Vordergrund. Daher gilt es, die erwarteten Effekte in den abhängigen Variablen empirisch nachzuweisen. Die Wirksamkeit wird anhand von Vergleichsstudien und hier typischerweise mit quasi-experimentellem Versuchsdesign überprüft, in denen die Intervention als Ganzes einer Vergleichsgruppe bzw. Kontrollgruppe gegenübergestellt wird. Eine derartige Herangehensweise ist nur bei Trainingsprogrammen erforderlich. Bei der Wirkungsfrage gewinnt der Grund für die Wirkung einer Intervention an Bedeutung. Die Überprüfung eines theoretisch angenommenen Wirkungsmodells wird zur Aufgabe und setzt einen experimentellen Ver- 136 gleich der Variationen der Intervention miteinander voraus. Die vergleichende Evaluationsstudie wird die Folge sein (Hager und Hasselhorn, 2000; 44; Mittag und Hager, 2000: 105). Die Effektivität einer Trainingsmaßnahme kann auch gekoppelt werden an die jeweiligen Zielsetzungen, die mit der Maßnahme verfolgt werden. In Abhängigkeit von den Zielen differenzieren Hasselhorn und Hager (1998: 86) sowie Mittag und Hager (1998: 16f) zwischen zwei Interventionsmaßnahmen. Bei Coaching-Programmen wird eine kurzfristige Verbesserung einer bestimmten Testleistung in einer spezifischen Anforderungssituation erwartet. Trainingsprogramme hingegen sollen eine nachhaltige Optimierung der der Performanz zugrunde liegenden Kompetenz bzw. zugrunde liegenden Fähigkeit und Fertigkeit herbeiführen, die sich generell in höhere Transfereffekte niederschlagen. Leistungsbesserungen müssen über eine längere Zeit hinweg und in nicht trainierten Aufgabenbereichen feststellbar sein. Die Effektivität von metakognitiven Interventionsmaßnahmen kann aber auch anhand der sogenannten Ergebnisevaluation oder Produktmessung festgestellt werden. Dabei geht es um die Bewertung der Effekte nach ihrer Größe und Breite (Hasselhorn und Hager, 1998: 93). Der reziproke Zusammenhang zwischen Größe und Breite wird unter dem Dachbegriff Bandbreiten-Effektivitäts-Dilemma zusammengefasst (Perkins und Salomon, 1989; Pressley et al., 1989; Friedrich und Mandl, 1992; Hasselhorn, 1992; Weinert, 1994; Klauer, 1996). Die Förderung allgemeiner Strategien führt zu einer geringen Wirkungsintensität bzw. Effektgröße, aber zu einer höheren Wirkungsextensität - auch Transferdistanz genannt - mit hoher Anwendungsbreite. Die Förderung spezifischer Strategien hingegen bewirkt größere Effekte mit geringer Transferdistanz (Hasselhorn und Hager, 1998: 96). Grundsätzlich hängt die Größe der zu ermittelten Effekte von der Operationalisierung der untersuchten Variablen, besonders der Leistungskriterien ab. Mithilfe standardisierter Testverfahren in Interventionsstudien lassen sich kleinere Effekte feststellen und anhand speziell konstruierter Leistungstests können größere Effekte ermittelt werden (Rosenshine et al., 1996). Schließlich lässt sich auch anhand der sogenannten Prozessevaluation/ Prozessmessung die Effektivität metakognitiver Interventionsmaßnahmen prüfen. Unter anderem wird überprüft, ob das anvisierte Verhalten tatsächlich bei den Lernenden vorliegt bzw. ob sie strategischer vorgehen. Ferner wird eine Veränderung des strategischen Verhaltens über das gesamte Training hinweg ermittelt. Gerade weil negative Effekte besonders aufschlussreich sind, steht hier auch die Ermittlung negativer Effekte der Interventionsmaßnahme im Vordergrund, also die Frage, ob die trainierten Personen sogar schlechtere Leistungen erzielen, als die nicht trai- 137 nierten Personen. Als Ursache für die leistungsmindernde Wirksamkeit werden häufig Interferenzprozesse angeführt, bei der neu zu lernende, anforderungsadäquate Strategien mit den suboptimalen, aber dennoch funktionierenden Strategien interferieren (Friedrich und Mandl, 1992; Hasselhorn, 1995). Trotz der Ergiebigkeit herrscht in der Forschungslandschaft ein Mangel an Prozessmessungen zur Überprüfung der psychologischen Angemessenheit für den metakognitiven Strategie-Einsatz. Dieser Abschnitt befasste sich mit den Evaluationsarten. Im nächsten Abschnitt wird die Frage der Operationalisierung anhand von Erhebungsinstrumenten behandelt. 4.1.2 Offline-Erhebungsinstrumente In der Lernerstrategieforschung haben sich inzwischen unterschiedliche Datenerhebungsinstrumente etabliert. Gemäß einer Klassifizierung von Veenman (2005) wird je nach Zeitpunkt des Einsatzes zwischen Online- und Offline-Instrumenten differenziert. Bei den Offline-Instrumenten verläuft die Datenerhebung zeitversetzt, entweder prospektiv vor dem Lernen oder retrospektiv nach dem Lernen. Bei den Online-Instrumenten hingegen erfolgt die Erhebung zeitgleich bzw. handlungsnah. Zu den Offline-Instrumenten zählen: mündliche/ retrospektive Selbstberichte, standardisierte Fragebögen, Beobachtung und Lernjournale. Unter den Online-Instrumenten fasst man Logfile-Erfassung, Protokolle des Lauten Denkens sowie Eye-Tracking-Methoden zusammen. Während Offline- Methoden sich vor allem durch ihre hohe Ökonomie auszeichnen, so sind Online-Methoden zwar aufwändig und damit unökonomisch, gewähren dafür Einblicke in die Verarbeitungsprozesse. Trotz der „zahlreichen Bekundungen über die Notwendigkeit einer handlungsnahen Analyse von Lernstrategien ist die Zahl der tatsächlich durchgeführten, handlungsnahen Studien sehr gering“ (Artelt, 2000: 76). Mündliche/ Retrospektive Selbsberichte, die erst nach einer Testreihe stattfinden, zählen zu den ersten Datenerhebungsinstrumenten innerhalb der Lernstrategieforschung (Rubin, 1975; Naiman, Fröhlich, Stern und Todesco, 1996). Aufgrund ihrer flexiblen Einsatzmöglichkeiten werden sie wohl immer eines der wichtigsten Instrumente bleiben. Die Validität, der auf dieser Weise erhobenen Daten wird jedoch als insgesamt eingeschränkt bewertet, was darauf zurückzuführen ist, dass sie „meist zeitfern“ und „kontextuell entkoppelt vom tatsächlichen Lernprozess“ eingesetzt werden (Wirth, 2005: 104). Unter die Kritikpunkte fallen (Garner und Alexander, 1989: 147): 138 Mangel an Bewusstheitsgrad aufgrund automatisiert ablaufender Prozesse Mangelnde Erinnerungsfähigkeit bei großer zeitlicher Distanz zwischen Ausführung von Strategien und Berichterstattung Leichtfertige Diskussion über Prozesse, die weder gänzlich verstanden, noch regelmäßig ausgeführt werden; Tendenz zu sozial erwünschten Antworten Standardisierte Fragebögen zielen darauf ab, „allgemeine Lernstrategien oder -dispositionen oder -stile“ zu erfassen (Artelt, 2000: 90). Charakteristisch für diese Erhebungsinstrumente ist, dass „die Strategien bereits vorformuliert sind und nach der Häufigkeit ihrer Verwendung beurteilt werden“ (Spörer und Brunstein, 2005: 45). Sie zählen daher zu den meist angewandten Instrumenten zur Erhebung der Lernerstrategien (Oxford, 1996; Cohen, 1998). Neben unstrukturierten und semi-strukturierten Fragebögen, existieren sogenannte hochstrukturierte Fragebögen (Cohen, 1999: 27f). Der von Oxford (1990) entwickelte Strategy Inventory for Language Learning (SILL) stellt ein Fallbeispiel für hochstrukturierte Fragebögen dar und gilt als einer der häufig angewandten Fragebögen, da er in 30 Dissertationen und bei 10.000 Lernern weltweit für Englisch als zweite Fremdsprache und weitere andere Fremdsprachen eingesetzt worden ist. Mithilfe dieses Fragebogens können Lernstrategieanwendungen in Verbindung mit anderen Variablen wie Lernstile, Geschlecht, Kompetenzebene, Kultur, und Aufgabe erhoben werden (Nyikos und Oxford, 1993; Green und Oxford, 1995; Bedell und Oxford, 1996; Wharton, 2000; Bruen, 2001). Der Language Strategies Survey (LSS) wurde von Cohen, Oxford und Chi (2003) entwickelt. Dabei handelt es sich um ein fertigkeitsorientiertes Erhebungsinstrument (engl. skill-based), da er zur Erhebung des Einflusses von Strategieinstruktion auf die Sprache und Kultur der Studierenden im Ausland eingesetzt wird. Mit insgesamt 89 Items werden die Fertigkeiten Hören, Sprechen, Lesen, Schreiben sowie Wortschatz und Übersetzung erfasst. Der Einsatz bei 300 Probanden in Französisch und Spanisch als Tertiärsprachen ergab einen Reliabilitätskoeffizienten von .67 und .85. Modifiziert wurde dieser Fragebogen von Paige, Cohen und Shivley (2004) unter Strategy Inventory for Learning Culture (SILC). Aufgrund der theoretischen Fundierung werden sowohl LSS als auch SILC als valide und reliable Instrumente zur Erhebung der Strategienutzung eingestuft (Paige et al., 2004). Neben den aufgezählten Fragen, die zur Erhebung der kognitiven Strategien herangezogen werden, liegen inzwischen mehrere Fragebögen vor, in denen spezifisch die Metakognition berücksichtigt worden ist; darunter fallen: Metacognitive Awareness of Reading Strategies Inventory (MARSI), Survey of Reading Strategies (SORS), Metacogni- 139 tive Awareness Listening Questionnaire (MALQ). Der von Mokhtari (1998-2000) entwickelte Metacognitive Awareness of Reading Strategies Inventory (MARSI) enthält drei Lesestrategien: globale Lesestrategien, Problemlösungsstrategien sowie Stützstrategien. Unter globalen Lesestrategien sind in Anlehnung an Mokhtari und Reichard (2002: 259) Aktivitäten gemeint wie Lesezielspezifikation, Vorwissensaktivierung, Textüberprüfung hinsichtlich der Lesezieladäquatheit, Hypothesenaufstellung über den Textinhalt, Überprüfung der aufgestellten Hypothesen, Textüberfliegen, kursorisches Lesen bzw. globales Lesen zum Erzielen eines Eindrucks über die Textcharakteristika, Entscheidung darüber, welche Textteile näher gelesen werden sollen, Nutzung kontextueller Elemente, Textstruktur, aber auch andere Textmerkmale zur Optimierung des Textverständnisses. Als Problemlösungsstrategien werden solche Strategien aufgefasst wie langsames Lesen, Regulierung der Lesegeschwindigkeit, aufmerksames Lesen, Einlegen von Lesepausen und Reflektieren über das Gelesene, Lesen wiederholen, Visualisierung der Textinformation, lautes Lesen und Erraten unbekannter Wörter aus dem Kontext heraus. Und unter den Dachbegriff Stützstrategien schließlich fallen solche Aktivitäten wie Notizen anfertigen, paraphrasieren, wiederholen zuvor gelesener Textinformationen, Selbstbefragung vornehmen, Nutzung weiterführender Literatur, unterstreichen von Textstellen, diskutieren und anfertigen von Zusammenfassungen. Insgesamt enthält MARSI 30 Items, wovon 13 den globalen Lesestrategien, 9 den Stützstrategien und 8 den Problemlösestrategien angehören. Alle Items sind jeweils mit einem fünfstufigen Skalenniveau versehen. MARSI ist bei 825 englischen Muttersprachlern erprobt worden. Dabei konnte auf der metakognitiven Subskala ein Koeffizient von .92 für die Konsistenzreliabilität, auf der kognitiven Subskala .79, der Subskala der Stützstrategien .87 und .93 auf der Gesamtskala verbucht werden (Mokhtari und Sheorey, 2001: 435). Der Survey of Reading Strategies (SORS) ist insofern eine Modifizierung von MARSI, da er für Englisch als zweite Fremdsprache (ESL) konzipiert worden ist. Die Auslassung von zwei Items und die Änderung der Wortwahl gelten als weitere Modifizierungspunkte. In einem Pilottest mit 147 Probanden konnte eine Gesamtreliabilität von .89 festgestellt werden (Mokhtari und Sheorey, 2001: 436). Der Metacognitive Awareness Listening Questionnaire (MALQ) wurde von Vandergrift et al. (2006) zur Evaluierung der metakognitiven Bewusstheit der Hörer und zur Strategienutzung beim Hören mündlicher Texte entwickelt. Dabei zielt die Evaluierung nicht auf alle möglichen Strategien ab, sondern auf solche, die mit den Faktoren Problemlösen, Planung, Evaluierung, mentale Übersetzung, Vorwissen und Lenkung der Aufmerksamkeit zusammenhängen. Der MALQ eignet sich vor allem für die Selbstevaluierung (self-assessment) sowie zu Diag- 140 nose- und Forschungszwecken. Erprobt ist er an 1000 Probanden in unterschiedlichen Ländern und Lernkontexten mit einer Gesamtreliabilität von Alpha .68 - .78. Ferner konnte dabei ein signifikanter Zusammenhang zwischen Strategien und Hörverständnisleistung festgestellt werden (Vandergrift et al., 2006: 452). Von Finkbeiner (2005) wurde der Questionnaire Measuring Interest in EFL Text (ITEF), EFL Learner Strategies for Text Comprehension (LEFT) sowie EFL Text Comprehension (CTEF) entwickelt. Die Konzeption erfolgte in Anlehnung an Forschungen im Bereich „Interesse“ und entsprechend valider Fragebögen wie etwa die von Schiefele, Krapp, Wild und Winteler (1992 und 1993). Für ITEF konnte in Anlehnung an Kronbachs Alpha-Wert ein Koeffizient von .66 - .88 festgestellt werden. Dieser Wert betrug bei LEFT .55 - .85. Der Einsatz von Fragebögen bringt mindestens zwei Vorteile mit sich: Sie sind ökonomisch und objektiv in der Bewertung (Bannert, 2007: 129), weisen hohe Reliabilität auf und liefern eine klare und replizierbare Faktorenstruktur (Spörer und Brunstein, 2005: 45). Trotz dieser Vorteile, haften ihnen allerdings grundlegende Defizite an. Sie lassen viel Spielraum für falsche Interpretationen bei der Strategiebeschreibung und den Items zu. Möglich sind auch falsche Angaben zur Strategienutzung. Vielfach werden mehr Strategien berichtet als ursprünglich verwendet, wodurch die eigene strategische Kompetenz und Performanz überschätzt wird (Artelt, 2000: 260f und 271f). Daher wird der Einsatz von Lernstrategiefragebogen nur bei solchen Lernern empfohlen, die „viel über das eigene Lernverhalten wissen, darüber auch reflektieren können und frei von Tendenzen zur Selbstdarstellung sind, veridikale Angaben zu ihrem eigenen Lernen zu machen (Spörer und Brunstein, 2005: 45). Jedenfalls lässt die Diskrepanz zwischen berichteten Strategien und tatsächlichem Gebrauch, die Schlussfolgerung zu, dass Fragebogen nur zur Erfassung der habituellen, vom Lerner angewandten Strategien eingesetzt werden können. Die Erfassung des aktuellen Strategiegebrauchs in einer bestimmten Lernsituation kann anhand von Fragebogen nicht gewährleistet werden (Schiefele, 2005: 14; Spörer und Brunstein, 2005: 48). Daher wird auch vielfach die Validität solcher Fragebogen angezweifelt, denn ein valider Fragebogen muss sowohl den tatsächlichen Strategieeinsatz, als auch den Lernerfolg vorhersagen können. Diese Gütekriterien sind bis heute weitgehend unerfüllt geblieben (Artelt, 2000; Schiefele, 2005). Sollte der Strategieeinsatz retrospektiv erhoben werden, kommt außerdem das Problem der Vergessenheitsrate und damit verzerrte Einschätzungen der Probanden hinzu (Chamot und El-Dinary, 1999; National Capital Language Resource Center NCLRC, 2000; Fan 2003; Cohen und Weaver, 2006; Vandergrift, Goh, Mareschal und Tafaghodtari, 2006). Dies würde erklären, warum „meistens kein funktionaler Zusammenhang zwischen den erfaßten 141 [sic] Metakognitionen und der Gedächtnisleistung“ existiert (Hasselhorn 1992: 40). Besonders bei Fragbögen zur Erfassung metakognitiver Kontrollprozesse stößt man auf dieses Konfundierungsproblem. Fragebögen können nur das „metakognitive Wissen einer Person valide“ erfassen, zum Messen der „exekutiven Kontrollprozesse“ sind sie nicht hinreichend, zumal diese Prozesse, in „Abhängigkeit der jeweiligen Situation“, „anforderungsspezifisch“ ausfallen (Bannert, 2007: 130). Um die genannten Defizite zu umgehen, findet sich in der Literatur der Vorschlag, taskbased-strategy-questionnaire bzw. kontextabhängige Fragebögen zu entwickeln (Oxford, Cho, Leung und Kim, 2004). Den nötigen Rahmen hierfür zu schaffen, ist ein Desiderat. Sollte jedoch der Einsatz von Fragebögen in Erwägung gezogen werden, so müssen bei ihrer Modifizierung nachstehende Leitfragen berücksichtigt werden (White, Schramm und Chamot, 2007: 108): Warum verwenden Lerner bestimmte Strategien? Wie werden Strategien von den Lernern eingesetzt, um die unterschiedlichen Aspekte des Sprachlernens und der Aufgaben zu interpretieren? Welche Meinung haben Sie von Strategielernprogrammen? Was wird dadurch geändert? Wie wird ihr Sprachlernen dadurch beeinflusst? Der Mehrwert von Lerntagebüchern liegt in der Steigerung des metakognitiven Bewusstseins des Lerners (Nunan, 1992: 118; Riley und Harsch, 1999; Rubin, 2003). Lernjournale wurden in den Studien von Paige, Cohen und Shivley (2004), Cohen, Paige, Shively, Emert und Hoff (2005) eingesetzt. Defizitär an diesem Erhebungsinstrument ist wiederum, dass es keine Einblicke in die mentalen Prozesse im Gehirn gewährt (Rubin, 1975; O´Malley und Chamot, 1990; Wenden, 1991; Naiman et al. 1996; Cohen, 1998). Einblicke in die Funktionsweise der Offline-Erhebungsinstrumente geben ferner die Recollection Studies von Cohen und Scott (1996), Hsio und Oxford (2002), Macaro (2001), Mackey und Gass (2005) sowie Vandergrift, Goh, Mareschal und Tafaghodtari (2006). 4.1.3 Online-Erhebungsinstrumente Online-Methoden sollen vor allem dazu beitragen Lernstrategien handlungsnah zu erheben. „Die Analyse der Daten ist zwar aufwändiger als die Erhebung von Fragebogenaussagen, ermöglicht aber detaillierte Einblicke in den Ablauf strategischer Aufgabenbearbeitung und verspricht valide Ergebnisse zur Effektivität strategischen Lernens“ (Spörer und 142 Brunstein, 2005: 58). Zu berücksichtigen ist jedoch, dass selbst handlungsnahe Erhebungsinstrumente eine vollständige Erfassung verwendeter Lernstrategien nicht zulassen. Auch bei einer handlungsnahen Analyse der Lernstrategien steht man grundsätzlich vor dem Problem, dass covert strategies nicht beobachtet werden können (Kardash und Amlund, 1991). In Arbeiten zur handlungsnahen Erfassung werden daher Methoden gewählt, durch die auf die Ausführung von Lernstrategien zurückgeschlossen werden kann (zum Teil dadurch, dass der Proband berichtet, bestimmte Strategien ausgeführt zu haben), oder es werden lediglich Strategien analysiert, die direkt beobachtet werden können (Artelt, 2000: 188). Protokolle des Lauten Denkens (LD-Protokolle) Bei der Methode des Lauten Denkens wird der Rezipient dazu aufgefordert, alles laut zu verbalisieren, was ihm bei der Bearbeitung einer bestimmten Aufgabe durch den Kopf geht (Cohen, 1999: 35). Somit stellen sprachliche Äußerungen - auch verbal statements genannt - das Datenmaterial dar, das unter Rückgriff auf bestimmte Analyseverfahren aufbereitet und in quantitative Daten überführt wird. Dazu werden die Protokolle zunächst segmentiert. Ein Segment kann sich aus einem oder mehreren Sätzen zusammensetzen. Anhand eines Kategoriesystems werden die Segmente dann kodiert und einzelnen Kategorien zugeordnet. Das Kategoriesystem kann aus Theorien und Fragestellungen abgeleitet werden. Um die Reliabilität und Objektivät des Verfahrens zu gewährleisten, muss die Zuordnung zu den Kategorien von mehreren unabhängigen Ratern geprüft werden (Veenman, 2005: 81; Heiß, 2007: 75). Der Einsatz der Laut- Denk-Methode wird damit begründet, dass sie Einblicke in die einzelnen Stufen der Informationsverarbeitung gewähren (ebd. 77). Außerdem wird die zeitgleiche Erfassung von Verbaldaten „weniger durch Vergessens- und Reflexionsprozesse beeinträchtigt“ wie dies bei Fragebogen und Selbstberichten der Fall ist (Wirth, 2005: 104). Dagegen wird gehalten, dass viele kognitive Prozesse unbewusst ablaufen und sich daher auch nicht erfassen lassen. Ferner wird die Reaktivität der Methode als problematisch angesehen. Denn für die Verbalisierung sind zusätzliche kognitive Ressourcen notwendig, die eigentlich für die Bewältigung der Lernaufgabe eingesetzt werden sollen, wodurch der „zu untersuchende kognitive Prozess“ gestört wird (Heiß, 2007: 77). Und schließlich ist die Analyse der Daten mit hohem Aufwand verbunden und wird daher zeitlich als unökonomisch bezeichnet (Veenman, 2005: 82). 143 Eye-Tracking-Methode Die Methoden, die zur Untersuchung der Augenbewegungen herangezogen werden, müssen im Zusammenhang mit den jeweiligen Forschungsfragen gesehen werden. Zwei wichtige Leitfragen haben bislang die Untersuchung zur Augenbewegung beschäftigt: Wie viel Informationen können während einer einzelnen Fixation aufgenommen werden? Wie werden Fixationen und Sakkaden programmiert bzw. gesteuert? Die erste Frage befasst sich mit der Größe der Wahrnehmungsspanne, wohingegen sich die zweite Frage mit der Blickbewegungssteuerung auseinandersetzt. Die Größe der Wahrnehmungsspanne ist mit einer Reihe von Methoden untersucht worden, die unter dem Dachbegriff blickabhängige Präsentation (engl. eye-contingent display) subsumiert werden. Bei diesen Methoden wird der zu sehende Text an den Punkt der momentanen Fixation der Versuchsperson gekoppelt. Das heißt, das was eine Versuchsperson auf dem Bildschirm zu sehen bekommt, wird vom aktuellen Fixationspunkt abhängig gemacht. Der Blickbewegungsmessapparat, der an einen Computer angeschlossen ist, steuert dabei den Bildschirm, auf dem die Versuchsperson den zu lesenden Text zu sehen bekommt. Der Apparat misst kontinuierlich die Blickbewegung der Versuchspersonen und leitet das Gemessene an den Computer weiter. Dieser bestimmt im Gegenzug, was die Versuchsperson auf dem dazugehörigen Bildschirm als nächstes zu sehen bekommt (Rayner, 1997: 320). Zu den wichtigsten Methoden der blickabhängigen Präsentation zählt die sogenannte Fenstermethode (engl. moving window technique), die Anfang der 70er Jahre von McConkie und Rayner entwickelt wurde. Ganz im Zuge der Methoden blickabhängiger Präsentation wird auch hier der Text durch ein Fenster genau an der Stelle präsentiert, wo das Auge der Versuchsperson gerade fixiert ist. Dabei werden Größe und Art des Fensters manipuliert, um zu sehen, inwiefern sich derartige Manipulationen auf die Lesegeschwindigkeit auswirken. Das Messen von Augenbewegungen ist aufgrund der notwendigen Apparatur teuer und mit relativ hohem Aufwand verbunden, was Durchführung und Auswertung betrifft. Außerdem fehlt es bislang an genügend „theoretisch fundierten Empfehlungen, wie die protokollierten Fixationsraten und Blickbewegungen im Sinne von strategischen Prozessen zu interpretieren sind“ (Bannert, 2007: 133). 144 Logfile-Erfassung Eine einfachere Methode zur Durchführung von Leseexperimenten ist das selbstbestimmte Lesen am Bildschirm, wobei beim Anklicken eines Links eine Zeitmarke bzw. ein Zeitstempel gesetzt und der Link sowie die annavisierte Seite in einem sogenannten Logfile dokumentiert wird ohne vom Lerner wahrgenommen zu werden (Wirth, 2005: 105; Heiß, 2007: 77). Demnach sind mit Logfiles „automatisch erstellte Protokolle der Interaktion eines Nutzers oder einer Nutzerin mit einem elektronischen Informationsmedium“ gemeint, in denen „ausgewählte Aktionen der Rezipienten/ innen (insbesondere Seitenaufrufe) in chronologischer Reihenfolge, eventuell zusammen mit genauen Zeitangaben, aufgelistet sind“ (Flender und Naumann, 2006: 68f). Der Einsatz von Logfiles ist relativ jung und hat sich erst vor 10-15 Jahren in der Forschung etabliert (Flender und Naumann, 2006: 68). Vor allem aufgrund der hohen Ökonomie des Verfahrens wird er mittlerweile in Hypermedia-Studien eingesetzt (Bannert, 2007: 133). Gerade weil sich ziemlich genau feststellen lässt, welcher Knoten besucht und welcher Navigationsweg genommen wurde, können „in der Vielfalt der individuellen Rezeptionsverläufe typische Rezeptionsmuster“ identifiziert sowie „Merkmale optimaler bzw. weniger optimaler Rezeptionsverläufe“ voneinander abgegrenzt werden (Flender und Naumann, 2006: 69). Außerdem kann die Zeit zwischen aufeinanderfolgende Abrufe als ungefähres Maß der Lesezeit betrachtet werden. Die auf diese Weise gewonnenen Daten sind jedoch „reine Verhaltensdaten“, die im Gegensatz zu allen anderen bisher beschriebenen Methoden „frei von Verzerrungen“ sind (Wirth, 2005: 106). Die Vorteile liegen daher eindeutig in der Ökonomie der Datenerhebung, Exaktheit der erfassten Daten aufgrund der genauen Registrierung des Navigationsverhaltens sowie Nicht- Beeinflussung des Interaktionsverhaltens, der Rezeptionsprozesse aber auch der Ergebnisse der Erhebung durch das Erhebungsinstrument (Flender und Naumann, 2006: 69; Heiß, 2007: 77). Trotz der offensichtlichen Vorteile dieses Messinstruments sind ihm auch Grenzen gesetzt. Der entscheidende Nachteil ist, dass die „registrierten Daten nur indirekte Rückschlüsse auf die tatsächlichen Verarbeitungsprozesse der Rezipienten“ zulassen. Allerdings wird aus den Daten nicht ersichtlich, warum „ein bestimmter Nutzer zu einem bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte Aktion ausgeführt hat“ (Flender und Naumann, 2006: 70). So werden die Navigationsdaten lediglich als „Indizien für bestimmte Aspekte von Orientierungsproblemen“ gesehen (Heiß, 2007: 78). Die Aufbereitung der registrierten Daten kann entweder grafisch oder numerisch erfolgen. In der numerischen Aufbereitung kann der Naviga- 145 tionsverlauf als skalarer Kennwert oder Distanzmatrix dargestellt werden. Skalare Kennwerte wiederum lassen sich nach atomistischen Kennwerten sowie Sequenzkennwerten aufschlüsseln. Atomistische Kennwerte beziehen sich unter anderen auf die Häufigkeit von Seitenaufrufen sowie die Verweildauer auf den aufgerufenen Seiten und lassen sich unter anderem global berechnen. Die globale Berechnung umfasst etwa die „Gesamtdauer der Rezeption, die Anzahl der aufgerufenen unterschiedlichen Seiten oder auch die Anzahl der Seitenaufrufe insgesamt“. Neben der genannten Klassifizierung existieren auch sogenannte objektbezogene Kennwerte, die sich unter anderem auf die Aufgabenrelevanz beziehen. In diesem Fall bezieht sich der Kennwert auf Seiten, die im Hinblick auf die jeweilige Aufgabenstellung inhaltlich relevant oder irrelevant sind. Der letzte Schritt in der Auswertung wäre die Aggregierung von Kennwerten. Darunter fällt der Vergleich von Experten und Novizen hinsichtlich ihrer durchschnittlichen Rezeptionsverläufe. Möglich wäre auch ein Vergleich von empirisch vorfindbaren mit konstruierten idealen Rezeptionswegen (Flender und Naumann, 2006: 70). Abb. 12: Möglichkeit der Aufbereitung von Logfile-Daten (Flender und Naumann, 2006: 70). 146 4.2 Inhalt und Aufbau des LeseKompetenz- EvaluationsModuls (LKEM) Die testtheoretische Beschreibung der vorhandenen Instrumente zur Erhebung der (metakognitiven) Strategien ist geklärt. Ziel dieses Abschnitts ist es daher, das methodische Vorgehen der in dieser Arbeit realisierten Untersuchungsreihe darzustellen. Im Sinne von Hooper-Greenhill (2000) wurde vor der Durchführung der Untersuchung ein Front-End Evaluation (Pilotstudie) vorangeschaltet, um vor allem das Testmaterial für den Pretest, Haupttest und Nachtest sowie die Erhebungsinstrumente auf ihre Tauglichkeit und Validität hin zu überprüfen. Diese Pilotstudie fand mit 16 Studenten der Azad Universität im Herbst 2009 statt. Bei der in der vorliegenden Arbeit eingesetzten Interventionsmaßnahme handelt es sich um ein Trainingsprogramm. Die Ziele eines Trainingsprogramms liegen in der nachhaltigen Optimierung der der Performanz zugrunde liegenden Kompetenz bzw. zugrunde liegenden Fähigkeiten und Fertigkeiten, die sich generell in höheren Transfereffekten niederschlagen müssen. Diese sind in zeitlichen Abständen und im Aufgabentransfer nachzuweisen. Das heißt, die Leistungsbesserungen müssen über eine längere Zeit hinweg und in nicht trainierten Aufgabenbereichen feststellbar sein (Hasselhorn und Hager, 1998). In der vorliegenden Arbeit stehen die Frage der Wirksamkeit des Trainingsprogramms und damit die Effektivität der Interventionsmaßnahme im Vordergrund. Daher stellt sich die Frage, wann ein Programm als effektiv oder wirksam bezeichnet werden kann. Eine Interventionsmaßnahme gilt erst dann als wirksam oder effektiv, wenn sie „nachweislich entweder als hinreichend intensiv bewertete Veränderungen auf ihre internen programmspezifischen Ziele hin erzeugt (Ausmaß der Veränderungen bzw. der Verbesserungen) oder wenn sie sich ihren internen Zielen hinreichend annähert bzw. wenn sie im Idealfall diese erreicht (Ausmaß der Zielerreichung)“ (Hager, 2000: 155). In der Forschungsliteratur wird daher als das „primäre Evaluationsziel der meisten als ‘summative Erfolgsevaluation’ ausgelegten Wirksamkeitsuntersuchungen“ in die Beantwortung „von drei Fragen“ gesehen (ebd. 157): Auftreten oder Nicht-Auftreten der erwarteten internen programmspezifischen und der als extern, verbindlich festgelegten Wirkungen (ob und wenn ja, welche) Intensität dieser Wirkung (wie groß) Dauer oder zeitlicher Transfer (wie lange) und wie intensiv (wie groß) In der vorliegenden Arbeit wird daher die Wirksamkeit der Interventionsmaßnahme anhand von Vergleichsstudien (Pretest, Hauptest und 147 NachtTest) und hier typischerweise mit quasi-experimentellem Versuchsdesign überprüft, in denen die Intervention als Ganzes einer Vergleichsgruppe bzw. Kontrollgruppe gegenübergestellt wird. Im Sinne einer summativen Evaluation wird der Effekt des Interventionsprogramms nach ihrer Durchführung ermittelt. Als Wirksamkeitskriterium gelten die „statistische Signifikanz“ und die „Effektgröße“ (ebd. 153). Die erwarteten Effekte sind in den abhängigen sowie unabhängigen Variablen empirisch nachzuweisen. Als Lernerfolgskriterien werden in der vorliegenden Untersuchungsreihe einerseits das strategische Verhalten und andererseits die Leseverständnisleistungen herangezogen. Es stellt sich daher die Frage, welche der besprochenen Instrumente zur Erhebung dieser zwei genannten Variablen geeignet sind. Aufgrund der Vor- und Nachteile der Online- und Offline-Instrumente zur Erhebung des strategischen Verhaltens wird ein hybrides Modell vorgesehen. Die Fragestellungen und Hypothesen zur metakognitiven Strategieaktivitäten der Zielspezifikation, Orientierung und Planung, Suche und Bewertung, Verarbeitung, Evaluation und Monitoring werden im Pretest, Haupttest und Nachtest mithilfe von Logfile-Analysen sowie Leseverständnistests erhoben. Also wird das strategische Verhalten einerseits handlungsnah bei der Arbeit mit Texten anhand von Logfiles erhoben. Als metakognitive Strategie-Indikatoren werden Logfile-Daten bezüglich der Rezeptionsverlauf und Häufigkeit der abgerufenen Seiten sowie Verweildauer auf den einzelnen Seiten herangezogen werden. Abb. 13: Prozessnahe Erhebung metakognitiver Strategieaktivitäten anhand metakognitiver Strategieindikatoren Andererseits erfolgt die Erhebung distal bzw. offline mithilfe von Leseverständnistests. Dazu werden zwei Arten der Wissensabfrage herangezogen: Fragen zur lokalen sowie globalen Kohärenz. Bei Fragen zur loka- 148 len Kohärenz befindet sich die korrekte Antwort in einem Satz. Bei Fragen zur globalen Kohärenz hingegen müssen Informationen aus mehreren Textabschnitten zusammengesetzt werden (Alderson, 2005: 87). Gerade weil in der vorliegenden Studie als Arbeitsmaterial Hypertexte herangezogen werden, so wird von den beiden Fragesorten in einer modifizierten Form Gebrauch gemacht. Das heißt, bei Fragen zur lokalen Kohärenz sind die Antworten auf einem Knoten angesiedelt. Auf diese Weise wird zugleich auch das Faktenwissen abgefragt. Bei Fragen zur globalen Kohärenz hingegen müssen die Antworten aus den Inhalten mehrerer Knoten zusammengesetzt werden, was zugleich auch eine Abfrage des Inferenzwissens ermöglicht. Damit gewährt die distale Erhebung vor allem Einblicke in die metakognitive Strategieaktivität der Verarbeitung. Nun geht aus Studien hervor, dass Leseverständnisfragen, die auf die Identifizierung einer Hauptidee abzielen, eine begrenzte Zahl an Strategien zulassen, wohingegen Fragen, die mit einer Inferenzbildung einhergehen, eine größere Palette an Strategien mobilisieren (Alderson, 2005: 331). Sowohl die Abfrage von Faktensowie Inferenzwissen, setzen eine gezielte Navigation und Suche voraus. Und die gezielte Suche verlangt wiederum vom Lerner eine exekutive Kontrolle und Steuerung ab, wie sie in der Abbildung 4.1 dargestellt worden ist. Es wird festzustellen sein, inwiefern die gezielte Suche eine bessere Lernleistung vorhersagen kann. Somit wird anhand der Logfile-Messung sowie des Leseverständnistests im Sinne des taskbased strategy assessment nicht nur das strategische Verhalten, sondern zugleich auch der Einfluss des strategischen Verhaltens auf die Lernleistung ermittelt. Im Leseverständnistest integriert sind auch Fragen zum inhaltlichen Vorwissen und Interesse am Thema. Denn mithilfe einer Interventionsmaßnahme herbeigeführte Verbesserungen können erst dann „als hinreichend intensiv“ und „das Ausmaß der Zielerreichung als hinreichend“ bewertet werden, wenn „potentielle Störfaktoren“ kontrolliert werden (Hager, 2000: 155). Bereits im Abschnitt 1.3.1 sind Vorwissen und Motivation als wesentliche Lernermerkmale aufgeführt worden, die Informationsverarbeitungsprozesse sowohl stören oder auch fördern können. Ersteres wird mit der Frage «Was wissen Sie über das Thema? » letzteres mit der Frage «Wie sehr interessieren Sie sich für das Thema? » realisiert. 149 Insgesamt sind nachfolgende Komponenten im LKEM ins Auge gefasst werden. Tabelle 8: LeseKompetenzEvaluationsModul (LKEM) Variable Erhebungszeit Pretest Haupttest Nachtest (Meta) Kognition online: Logfile- Analyse - Frequenz -Verweildauer - Reihenfolge online: Logfile- Analyse - Frequenz -Verweildauer - Reihenfolge online: Logfile- Analyse - Frequenz -Verweildauer - Reihenfolge Leseleistung offline: taskbased strategy assessment - LV (lokale und globale Kohärenz) offline: taskbased strategy assessment - LV (lokale und globale Kohärenz) offline: taskbased strategy assessment - LV (lokale und globale Kohärenz) 4.3 Zusammenfassende Diskussion Das vorliegende Kapitel hat sich mit den unterschiedlichen Evaluationsmöglichkeiten eines Trainingsprogramms auseinandergesetzt. Ferner wurden die spezifischen Vor- und Nachteile der gängigen Instrumente zur Erfassung (meta)kognitiver Strategien skizziert und dadurch ein Rahmen für die Evaluation und Auswahl der Erhebungsmethode für die Untersuchungsreihe geschaffen. Wenn man sich das Gros der Online- und Offline-Methoden zur Erfassung des Strategie-Einsatzes anschaut, so wird man feststellen, dass keine der genannten Instrumente in zufriedenstellender Weise das strategische Verhalten erfassen und messen können. Fragebögen, ob prospektiv oder retrospektiv eingesetzt, mangelt es an der nötigen Konstruktvalidität. Sie lassen nur eine Erfassung des metakognitiven Wissens zu, was bei den exekutiven Kontrollprozessen nicht der Fall ist. Die durch Augenbewegungen erhobenen Daten sind zwar valide, geben auch Einblick in die Informationsverarbeitungsprozesse, bis heute fehlt es jedoch an einem nötigen theoretisch fundierten Kategoriesystem zur Interpretation der Daten im Sinne von strategischen Verhaltensweisen. LD-Protokolle ermöglichen zwar Einblicke in die ablaufenden Informationsverarbeitungsprozesse, jedoch ist die Datenanalyse der Verbalprotokolle aufwändig. Hinzu kommt noch das Problem der Reaktanz sowie die Verbalisierungsunfähigkeit aufseiten der Lerner aber auch die Nichterfassung automatisierter Prozesse, die insgesamt die Validität die- 150 ses Erhebungsinstruments infrage stellen. Vielfach wird daher die Methode des Lauten Denkens weniger zur „Identifikation sondern vielmehr zur Vermittlung von metakognitiven Strategien beim Lernen mit Hypermedien“ empfohlen (Bannert, 2007: 159). Obwohl die handlungsnahen Erhebungsinstrumente Einblicke in die Verarbeitungsprozesse gewähren, so geht aus Studien hervor, dass auch „handlungsnah erfasstes Lernverhalten relativ wenig zur Vorhersage von Lernleistungen beitragen“ kann (Schiefele, 2005: 36). Die Unmöglichkeit, sowohl den tatsächlichen Strategieeinsatz als auch den Lernerfolg vorherzusagen, stellt somit den gemeinsamen Nenner zwischen Offline- und Online-Instrumenten dar, wenn auch für dieses Defizit unterschiedliche Gründe verantwortlich sind. Die Art der Leistungsmessung scheint wiederum ein gemeinsamer Nenner zu sein (ebd.) Nun stellt sich die Frage, welche der genannten Instrumente in der konzipierten Untersuchungsreihe herangezogen werden sollen. Cohen (1999: 47) macht die Auswahl über Erhebungsinstrumenten von fünf Aspekten abhängig: the purpose of the study (to generate hypotheses or to conduct a detailed case study of one learner) the number of learners and researchers the resources available the strategies to be studied the types of language tasks for which the strategies are used (speaking or reading) the context in which the language learning takes place Im Sinne einer prozessnahen Analyse untersucht die vorliegende Arbeit den metakognitiven Strategieeinsatz der Planung und Kontrolle sowie dessen Bedeutung auf die erzielte Lernleistung. Für die quantitative Prozessanalyse ist daher die Wahl auf die Logfile-Messung gefallen. Sie ist ökonomisch und lässt eine valide Erfassung von metakognitiver Planung und Kontrollprozessen zu, die sich in einer gezielten Suche und Navigation aufseiten der Lerner niederschlagen. Gerade weil in der Untersuchungsreihe die Wirksamkeit eines Trainingsprogramms im Vordergrund steht, so werden im Rahmen einer summativen Evaluation, die erwarteten Effekte anhand der erhobenen Daten zu überprüfen sein. 151 5 Studie 1: Explorative Untersuchung der spontanen Strategieanwendung Wie bereits in Kapitel 4 angeschnitten, ist der Zusammenhang zwischen Rezeptionsgüte und Eigenschaften des Navigationsverlaufs bis jetzt nur in wenigen vereinzelten Studien untersucht worden. Die Zielsetzung der vorliegenden Studie besteht darin, den spontanen Strategieeinsatz der Lernenden zu untersuchen. Dabei sollen diejenigen Lernstrategien identifiziert und beschrieben werden, die beim hypertextuellen Lesen den Erfolg gut prognostizieren können. Dazu werden Logfiles zur Generierung von Indikatoren für Rezeptionskompetenz verwendet. Neben dem adäquaten metakognitiven Strategie-Einsatz sind die Lernermerkmale Interesse und Vorwissen bedeutsam. Wie bereits in Abschnitt 4.2 erwähnt, werden sie als potentielle Störfaktoren kontrolliert, indem sie in die Studie einbezogen werden. Insgesamt soll im Rahmen dieser explorativen Studie der Zusammenhang zwischen metakognitiven Strategie-Aktivitäten, den genannten Lernermerkmalen Interesse und Vorwissen sowie dem Lernerfolg ablesbar an der Lösungsgüte festgestellt werden. 5.1 Fragestellungen und Hypothesen Gerade weil es sich hierbei um eine Erkundungsstudie handelt, ergeben sich folgende Forschungsfragen: (1) Welche metakognitiven Strategie-Aktivitäten werden beim hypertextuellen Lesen spontan eingesetzt? Inwieweit lassen sich die von den Lernenden eingesetzten Strategien den drei genannten metakognitiven Strategie-Indikatoren zuordnen? H1: Diese Frage setzt die Identifikation und Deskription des spontanen metakognitiven Strategie-Einsatzes beim hypertextuellen Lesen voraus. Wie in Abschnitt 4.2. beschrieben, wird von der Annahme ausgegangen, dass sich die metakognitiven Strategieaktivitäten wie Zielspezifikation, Orientierung und Planung, Suche und Bewertung, Verarbeitung, Evaluation und Monitoring einerseits prozessnah anhand von Logfile-Daten feststellen lassen. Als metakognitive Strategie-Indikatoren werden Logfile-Daten bezüglich Reihenfolge und Häufigkeit von Seitenaufrufen sowie Verweildauer auf den einzelnen Seiten herangezogen werden. Andererseits werden die Aktivitäten retrospektiv anhand des Leseverständnistests festgestellt. Gerade weil bezüglich der Zuordnung metakognitiver 152 Strategie-Aktivitäten zu metakognitiven Strategie-Indikatoren (Reihenfolge, Häufigkeit und Verweildauer) keine Forschungsbefunde existieren, wird diese Frage explorativ beim hypertextuellen Lesen untersucht. (2) In welchem Ausmaß zeigen die Lernenden inadäquate Lernstrategien und regulieren ihr Lernen mangelhaft? H2: Gerade weil es sich bei der anvisierten Zielgruppe um Erwachsene handelt, wird in Anlehnung an die bereits in Abschnitt 3.1.1 angesprochene Differenzierung zwischen Produktions- und Mediationsdefizit von der Annahme ausgegangen, dass die studentische Zielgruppe ihr hypertextuelles Lesen spontan nicht anforderungsadäquat kontrolliert und reguliert, obwohl sie über das notwendige metakognitive Strategiewissen und die erforderlichen Regulationsfertigkeiten verfügt, was auf ein Produktionsdefizit zurückzuführen ist. (3) Welche Aufgaben lassen einen höheren Lernerfolg prognostizieren? H3: Es wird von der Annahme ausgegangen, dass Fragen zum Faktenwissen mit einer höheren Lösungsgüte einhergehen als Fragen zum Inferenzwissen. Wie bereits in Abschnitt 4.2 besprochen, setzt das Beantworten von Fragen zum Faktenwissen lokale Kohärenz voraus, da die Antworten auf einem Knoten angesiedelt sind. Bei Inferenz-Fragen hingegen ist globale Kohärenz erforderlich, da die Antworten aus den Inhalten mehrerer Knoten zusammengesetzt werden müssen. Aufgrund eines Produktionsdefizits sowie der Komplexität wird bei Inferenz-Fragen eine geringere Lösungsgüte erwartet. (4) Welcher Zusammenhang besteht zwischen Lernerfolgskriterien (Faktenwissen/ Inferenzwissen) und Einsatz metakognitiver Strategien? H 4: Ein starker Zusammenhang wird besonders zwischen Fragen zum Faktenwissen und Einsatz metkognitiver Strategien erwartet. Denn Fragen zum Faktenwissen sind weniger komplex und verlangen vom Leser gute lokale Kohärenz ab. Fragen zum Inferenzwissen hingegen sind vom Schwierigkeitsgrad her komplexer und setzen globale Kohärenz voraus. Aufgrund eines Produktionsdefizits wird die EG gerade bei Fragen zum Inferenzwissen geringere metakognitiv-strategische Aktivitäten von sich zeigen. (5) Inwieweit hängt das strategische Vorgehen mit der Motivationslage der Lernenden zusammen? Geht ein hoher metakognitiver Strategie-Einsatz mit einer hohen Motivation einher? H5: Es wird erwartet, dass Personen, die höhere Motivationswerte aufweisen, beim hypertextuellen Lesen strategischer vorgehen. 153 (6) Inwieweit hängt das strategische Vorgehen mit dem Vorwissen der Lernenden zusammen? Geht ein hoher metakognitiver Strategie-Einsatz mit einem hohen Vorwissen einher? H6: Es wird erwartet, dass Personen, die höhere Vorwissenswerte aufweisen, beim hypertextuellen Lesen strategischer Vorgehen und folglich besser in der Lage sind, die zielrelevanten Informationen zu finden 5.2 Methoden Die Fragestellungen und Hypothesen wurden in einer explorativen Laborstudie ohne experimentelle Variation untersucht. Die Studie orientierte sich dabei an dem in Abschnitt 4.2 beschriebenen Untersuchungsrahmen. Alle hier eingesetzten Arbeits- und Testmaterialien wurden von zwei Gutachtern auf ihre Angemessenheit für Lerner auf C1-Niveau untersucht. Der Leseverständnistest wurde als mittelschwer eingestuft. Diese Ergebnisse konnten anhand einer vorgeschalteten Pilotstudie, die im Herbst 2009 stattfand, mit 16 Studenten von der Azad-Universität in Teheran bestätigt werden. Die explorative Studie fand im Winter 2009 statt. 5.2.1 Stichprobe, Design, Versuchsablauf und Materialien An der Untersuchung nahmen 23 Studierende (Altersdurchschnitt = 25.78, SD = 7.50; weiblich: 69.6%; männlich: 30.4%) teil. Alle Probanden studierten an der Universität Teheran im 2. Semester das Fach „Deutsche Sprache mit dem Schwerpunkt Übersetzung“. Auf diese Weise konnte sowohl die Homogenität der Stichprobe als auch das für die vorliegende Studie erforderliche Sprachniveau (C1-Niveau) gewährleistet werden. Die Teilnahme erfolgte freiwillig und die Probanden wurden in Semesterveranstaltungen rekrutiert. Als Arbeitsmaterial sind Ausschnitte der Online-Zeitung „Die WELT“ entnommen worden. Für den Pretest wurde das Themengebiet Windenergie ausgesucht. Diese Auswahl erfolgte aus mehreren Gründen. Zum einen handelte es sich um authentische Texte, wodurch der Leserealität Genüge getan wird. Zum anderen konnten die Texte aufgrund des Sprachniveaus der Studierenden (C1), ohne Änderungen übernommen werden. Außerdem stellt die Umwelt ein Thema dar, wofür sich die meisten Studierenden interessieren. Bei dem genannten Themengebiet lag die Vermutung nahe, dass die Probanden ein Mindestmaß an Vorwissen mit sich bringen. Die Ausschnitte wurden nicht inhaltlich umgestaltet. Die Texte zum Thema Windenergie sowie andere erneuerbare Energien wurden so zu- 154 sammengefügt, dass sie insgesamt neun Knoten bildeten und über typisierte Links verfügbar waren. Damit wurde die einfachste Hypertextstruktur - auch Knoten-Link-Hypertext genannt - verwendet. Der Zugriff wurde durch eine einfache Menüliste realisiert, wo alle anderen Knoten aufgelistet sind und ausgewählt werden können. Jeder Knoten wurde per Klick in einem neuen Fenster geöffnet. Auf diese Weise konnte eine Aufzeichnung der Logfiles gewährleistet werden. Diese einfache Hypertextstruktur wurde auch in Haupttest und Nachtest eingesetzt. Abb. 14: Screenshot des Arbeitsmaterials „Windenergie“ Neben dem Arbeitsmaterial wurde gleichzeitig ein Leseverständnistest mit insgesamt 6 Fragen vorgegeben, die innerhalb einer begrenzten Zeit von 30 Minuten anhand des eben beschriebenen Arbeitsmaterials beantwortet werden mussten. Die Testitems sollten eine angeleitete Wiedergabe - auch cued recall genannt - evozieren. Im Sinne von Schnotz (1994: 84) werden dem Lerner bei einer angeleiteten Wiedergabe einzelne Textinformationen als Erinnerungshilfen vorgegeben. Es handelt sich dabei um eine von einzelnen Textinformationen ausgehende Rekonstruktion des Textinhalts oder des Textes. Durch diese Vorgabe sollte zugleich eine zielrelevante Suche auf den Weg gebracht werden. Dementsprechend sollten diese Informationen beim Lesen mehr Aufmerksamkeit erhalten, was sich auf die Verteilung der Lesezeit auswirkt, das heißt höhere Verweildauer für themenrelevante Knoten. Aufgrund des Zeitdrucks wurde auf eine freie Wiedergabe bzw. free recall verzichtet. 155 Die Aufgabe bestand darin, sich einen Überblick über das Thema Windenergie zu verschaffen. Die Zeit von 30 Minuten reichte nicht zu einem vollständigen Studium des Textes aus. Mit Hilfe der Zeitbegrenzung sollte ferner eine Resistenz gegenüber der Versuchung aufgebaut werden, alle Knoten aufzusuchen bzw. alle Inhalte der jeweils aufgesuchten Knoten zu lesen. Die optimale Lernaktivität wäre, anhand der Testitems das Leseziel auszumachen, dann mithilfe der Überschriften und Zwischenüberschriften die für das Leseziel relevanten Knoten auszuwählen und die relevanten Knoten in einer sinnvollen Reihenfolge zu lesen, das heißt, möglichst von allgemeinen zu spezifischen Inhalten überzugehen. Diese Vorgehensweise spiegelt ja auch die Leserealität wider: Es wird nur das gelesen, was gebraucht wird, alles andere wird überflogen. Schließlich war für die Bearbeitung die Suche nach spezifischen Informationen in der komplexen Informationsmenge wichtig. Erhoben wurde diese Aktivität anhand des Navigationsverhaltens unter Berücksichtigung lokaler/ globaler Kohärenz. 5.3 Ergebnisse Die Ergebnisdarstellungen richten sich nach den in Abschnitt 5.1 aufgeführten Fragestellungen. Die Kennwerte Häufigkeit von Seitenaufrufen, Verweildauer auf den aufgerufenen Seiten sowie Rezeptionsverläufe werden sowohl in dieser Studie als auch in den anderen Studien als objektbezogen betrachtet. Das heißt, nur die Kennwerte werden analysiert, die im Hinblick auf die jeweilige Aufgabenstellung inhaltlich relevant sind. Somit werden nur die Häufigkeit von relevanten Seitenaufrufen, die Verweildauer auf relevanten Seiten herangezogen und die empirisch vorfindbaren Rezeptionsverläufe mit konstruierten idealen Rezeptionswegen verglichen. Ferner werden in den nachfolgenden Analysen aus Gründen der Übersichtlichkeit nur die absoluten Häufigkeiten erläutert. Gemäß dem explorativen Charakter dieser Studie wurden zahlreiche Variablen erfasst und deren Bedeutung für das Lesen von Hypertexten anhand multipler Tests analysiert. Sofern es die Forschungslage (Kapitel 2-4) zuließ, wurden zuvor Hypothesen formuliert, die zweiseitig getestet wurden. 5.3.1 Spontaner Einsatz metakognitiver Strategie-Aktivitäten während des hypertextuellen Lesens Im Rahmen des ersten Fragekomplexes sollte festgestellt werden, welche metakognitiven Aktivitäten beim hypertextuellen Lesen ausgeführt wer- 156 den und inwieweit sich die von den Lernenden eingesetzten Strategien den drei metakognitiven Indikatoren Häufigkeit von Seitenaufrufen, Verweildauer auf den aufgerufenen Seiten sowie Rezeptionsverläufe zuordnen lassen. Gerade weil im Zusammenhang mit dieser Frage keine Forschungsbefunde für den iranischen Lerner existieren, die wiederum die Aufstellung einer Hypothese ermöglichen, sollte sie explorativ beantwortet werden. Die metakognitive Strategie Orientierung und Planung wurde anhand des Aufrufs relevanter Knoten im Vergleich zu irrelevanten Knoten gemessen. Insgesamt haben die Probanden 342 Mal die 9 Knoten aufgesucht. Gemäß Tabelle 9 gehen 45,90% der Aufrufe auf relevante und 54,10% auf irrelevante Knoten zurück. Tabelle 9: Seitenabrufe (N=23) Seitenabruf Relevant 45,90 % Irrelevant 54,10 % Somit weist die Experimentalgruppe eine leichte Schwäche hinsichtlich der metakognitiven Strategie Orientierung und Planung auf. Als Indiz für die metkognitive Aktivität Suche und Bewertung wurde der Rezeptionsverlauf, das heißt die Reihenfolge, in der relevante Knoten aufgesucht worden sind, herangezogen. Wie bereits im Abschnitt 4.1.3 erläutert, bestand der ideale Rezeptionsweg darin, zunächst Knoten aufzusuchen, die das Thema allgemein behandeln, um dann zu Konten mit spezifischen Inhalten überzugehen. In diesem Fall hätten die Probanden idealerweise der Reihe nach den 9., 1., 3. und 5. Knoten aufsuchen müssen. Die irrelevanten Knoten 2, 4, 6, 7 und 8 hätten überhaupt nicht aufgesucht werden müssen und wenn, dann zu einem viel späteren Zeitpunkt. Die Probanden haben der Reihe nach den 9. Knoten an der 2,34. Stelle aufgesucht, den 1. Knoten an der 2,43. Stelle, den 3. Knoten an 3,48. Stelle, den 4. Knoten an der 3,6. Stelle, den 2. und 5. Knoten an der 3,65. Stelle, den 6. Knoten an der 4,26. Stelle, den 8. Knoten an der 4,39. Stelle und schließlich den 7. Knoten an der 4,73. Stelle. Demnach haben die Probanden der Reihe nach den 9., 1., 3., 4., 5., 2., 6., 8. und 7. Knoten aufgesucht, was in etwa den idealen Rezeptionsweg entspricht. Im Grunde weicht der Rezeptionsverlauf der Probanden um 0,65 Punkte vom idealen Rezeptionsweg ab. Tabelle 10: Rezeptionsverlauf (N=23) Seitenabruf/ Knoten Ideal 9 1 3 5 2 4 6 7 8 Real 9 1 3 4 2 5 6 8 7 Abrufstelle 2,34 2,43 3,48 3,6 3,65 3,65 4,26 4,39 4,73 157 Auch die Aufsuche von irrelevanten Seiten könnte als ein Indiz für ein leichtes Produktionsdefizit hinsichtlich der metkognitiven Strategie Suche und Bewertung gedeutet werden. Als Indiz für die metakognitive Strategie Evaluation und Monitoring wurde die Häufigkeit der abgerufenen Knoten herangezogen. Es handelt sich somit um einen atomistischen Kennwert, wie er im Abschnitt 4.1.3 besprochen wurde. Relevante Knoten müssen idealerweise mindestens ein Mal aufgesucht werden, weil sie mindestens eine richtige Antwort auf einem Test-Item enthalten. Für die Berechnung des atomistischen Kennwerts muss daher die Anzahl relevanter Knoten mit der Anzahl der richtigen Lösungen multipliziert werden. Wenn man bedenkt, dass die Gruppe aus 23 Personen besteht, so gilt die Zahl 23 als Mindestmaßstab für den Seitenabruf. Nun waren auf dem 1., 5. und 9. Knoten die Lösungen von 2 Test-Items und auf dem 3. Knoten die Lösungen von drei Test- Items angesiedelt. Die Summe der richtigen Lösungen und Knoten wäre 9. Multipliziert man nun die Zahl 23 mit 9 kommt man auf die Summe 207 als idealen Kennwert für den Abruf relevanter Knoten. Für die Berechnung des Kennwerts irrelevanter Knoten wurde auf die gleiche Weise vorgegangen. 5 irrelevante Knoten multipliziert mit 23 ergibt die Summe 115. Vergleich man nun diese Idealwerte mit den Werten der Probanden, so wird man feststellen, dass die Probanden relevante Knoten 157 Mal (statt 207), und irrelevante Seiten 185 Mal (statt 115) aufgesucht haben. Tabelle 11: Häufigkeit der Seitenabrufe (N=23) Häufigkeit der Seitenabrufe Relevant Real 157 Ideal 207 Irrelevant Real 185 Ideal 115 Damit liegt der Abruf irrelevanter Knoten im Vergleich zu relevanten Seiten deutlich höher, was darauf schließen lässt, dass die Probanden hinsichtlich der metakognitiven Strategien Evaluation und Monitoring schwach sind und ein Produktionsdefizit aufweisen. Als Kennwerte Für die Verarbeitung wurde sowohl die Verweildauer auf (ir)relevante Knoten als auch die Rezeptionsgüte der Test-Items herangezogen. Die Probanden haben insgesamt 589 Minuten für die Verarbeitung der Knoten gebraucht: 404 Minuten für die Verarbeitung relevanter Knoten, was 68,6% der gesamten Lesezeit ausmacht sowie 185 Minuten für die Bearbeitung irrelevanter Knoten, was 31,4% der Gesamtlesezeit einnimmt. Damit liegt die Lesezeit für die Verarbeitung relevanter Knoten deutlich höher. 158 Tabelle 12: Verarbeitungszeit (N=23) Verarbeitungszeit Relevante Knoten 404 Min. 68,6% Irrelevante Knoten 185 Min. 31,4% Auch die Rezeptionsgüte fiel deutlich hoch aus. Die Probanden konnten 81,88% der Gesamtnote erreichen, was darauf hindeutet, dass sich die Probanden mit Verarbeitungstechniken auskennen und diese zielrelevant einsetzen können. Dass sie jedoch fast ein Drittel ihrer Lesezeit für irrelevante Knoten verbraucht haben, kann wiederum als ein Indiz für ein Produktionsdefizit gewertet werden. Das Browsen der EG kann im Sinne von Kuhlen (1991: 128ff) als gerichtetes Browsen mit Serendipity-Effekt klassifiziert werden. Denn das gezielte Suchen wird durch themenirrelevante Informationen gestört. 5.3.2 Ausmaß der (in)adäquaten Regulation von Lernstrategien Gemäß Hypothese 2 wurde von der Annahme ausgegangen, dass die studentische Zielgruppe aufgrund eines Produktionsdefizits, ihr hypertextuelles Lesen nicht anforderungsadäquat kontrollieren und regulieren kann. Eine erste Analyse, der aus den Logfiles gewonnenen Daten zur Häufigkeit von Seitenaufrufen, Verweildauer sowie Rezeptionsverläufe ergeben für die vier anvisierten Strategien folgende Werte: Tabelle 13: Spontane metakognitive Strategie-Aktivität (N=23) Strategieeinsatz Orientierung & Planung 45,9% Suche & Bewerten 50% Evaluation & Monitoring 50% Verarbeitung 68,06% Wie aus der Tabelle 13 hervorgeht, stellt die Verarbeitung mit 68,08% die am meisten verwendete Strategie dar. Die metakognitiven Strategien Suchen und Bewerten sowie Evaluation und Monitoring werden zu 50% eingesetzt. Die metakognitive Strategie der Orientierung und Planung wurde mit 45,9% am wenigsten eingesetzt. Somit liegen hypothesenkonform ein von insgesamt vier Werten knapp unterhalb des Durchschnitts, während 3 weitere Werte nur knapp oberhalb des Durchschnitts liegen. was darauf schließen lässt, dass die Lerner ihr Lesen nicht anforderungsadäquat regulieren können. 159 5.3.3 Prognose der Lösungsgüte anhand von Aufgaben Gemäß Hypothese 3 sollen Fragen zum Faktenwissen mit einer höheren Lösungsgüte einhergehen als Fragen zum Inferenzwissen. Die Lösung von Faktenwissen-Fragen setzt lokale Kohärenz voraus, da die Antworten auf einem Knoten angesiedelt sind. Bei Inferenzfragen hingegen ist globale Kohärenz erforderlich, da die Antworten aus den Inhalten mehrerer Knoten zusammengesetzt werden müssen. Aufgrund der Komplexität wird bei Fragen zum Inferenzwissen eine geringere Lösungsgüte erwartet. Tabelle 14: Prognose Lösungsgüte anhand von Aufgaben (N=23) Lösungsgüte Inferenzwissen-Fragen 81,16 % Faktenwissen-Fragen 88,4 % Gemäß Tabelle 14 liegt die Lösungsgüte für Faktenwissen-Fragen ein wenig höher als bei Inferenzwissen. In Haupt- und Nachtest wird daher zu überprüfen sein, ob sich dieser Tendenz hält. 5.3.4 Metakognitive Strategie-Aktivitäten und Lernerfolg Gemäß Hypothese 4 wurde ein starker Zusammenhang besonders zwischen Fragen zum Faktenwissen und Einsatz metkognitiver Strategien erwartet. Denn Fragen zum Faktenwissen sind weniger komplex und verlangen vom Leser gute lokale Kohärenz ab. Fragen zum Inferenzwissen hingegen sind vom Schwierigkeitsgrad her komplexer und setzen globale Kohärenz voraus. Aufgrund eines Produktionsdefizits wird die EG gerade bei Fragen zum Inferenzwissen geringere metakognitivstrategische Aktivitäten von sich zeigen. Wie aus der Tabelle 15 hervorgeht, korrelieren entgegen der formulierten Hypothese metakognitive Aktivitäten der Orientierung und Planung sowie Suche und Bewerten sehr stark mit Fragen zum Inferenzwissen. Keine bedeutsame Beziehung besteht hingegen zwischen Fragen zum Faktenwissen und metakognitive Strategien. 160 Tabelle 15: Zusammenhang zwischen Lösungsgüte und metakognitivstrategische Regulationsaktivitäten Orientierung & Planung Suche & Bewerten Evaluation & Monitoring Verarbeitung Faktenwissen .92 .13 .83 .69 Inferenzwissen .01* .001* .06 .41 * Pearson-Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed). Dieser Befund kann vor allem auf die Aufgabenmerkmale zurückgeführt werden. Für den Pretest waren mittelschwere Aufgaben vorgesehen worden. Bereits in anderen Studien konnte festgestellt werden, dass Metakognitionen nur bei mittelschweren Aufgabenanforderungen imstande sind, die Lernleistung zu verbessern (Weinert, 1984: 16). 5.3.5 Zusammenhang zwischen metakognitiv-strategische Aktivitäten, Motivation und Vorwissen Gemäß den formulierten Hypothesen 5 und 6 wird erwartet, dass Personen mit höheren Motivations- und Vorwissenswerten beim hypertextuellen Lesen strategischer vorgehen. Daher wurde in weiteren Analysen überprüft, inwieweit die individuellen Kontrollvariablen Motivation und Vorwissen mit den strategischen Aktivitäten korrelieren. Wie Tabelle 16 zeigt, konnte für die Motivation und das Vorwissen keine bedeutsame Korrelation mit dem Strategieeinsatz ermittelt werden. Tabelle 16: Zusammenhang zwischen metakognitiv-strategische Aktivitäten, Motivation und Vorwissen (N=23) Orientierung & Planung Suche & Bewerten Evaluation & Monitoring Verarbeitung Vorwissen .132 .231 .145 .815 Motivation .119 .332 .217 .453 *. Spearman-Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed). 5.4 Zusammenfassung und Diskussion der Explorationsstudie Die vorliegende Studie zielte vor allem darauf ab, die von Lernern spontan eingesetzten metakognitiven Strategie-Aktivitäten zu untersuchen, um in Anlehnung daran, das Training den Lernern anzupassen. Zusammenfassend zeigen die dargestellten Analysen, dass das strategische Ver- 161 halten bei den Lernern sehr individuell ausgeprägt ist. Wichtig in Bezug auf die strategischen Lernereigenschaften ist, dass sie mehr von den Strategien Verarbeitung (68,08%) Gebrauch machen. Im Falle der Orientierung und Planung fallen die Werte deutlich unterhalb des Durchschnitts (45,9%). Im Falle von Suche und Bewerten sowie Evaluation und Monitoring wissen die Probanden nur zu 50% die strategischen Aktivitäten umzusetzen. Somit weist die EG ein Produktionsdefizit. Denn aufgrund dieser Befunde ist die Schlussfolgerung zulässig, dass das Wissen über Strategien zwar vorhanden ist, was fehlt, ist deren effektiver Einsatz. Bereits in anderen Studien konnte festgestellt werden, dass die prinzipielle Verfügbarkeit (availability) kognitiver und metakognitiver Komponenten nicht zwangsläufig eine aktuelle Nutzbarkeit (assessibility) strategischen Verhaltens hervorruft (Vann und Abraham, 1990: 190f, Tulving und Pearlstone, 1996, Oxford et al., 2003: 382 und Anderson, 2005: 762). Hypothesenkonform konnte zwar eine bessere Lösungsgüte für Fragen zum Faktenwissen festgestellt werden. Entgegen der formulierten Hypothese jedoch bestand zwischen Fragen zum Faktenwissen und metakognitiv-strategische Aktivitäten kein bedeutsamer Zusammenhang. Signifikante Zusammenhänge konnten hingegen zwischen metakognitivstrategische Aktivitäten und Fragen zum Inferenzwissen beobachtet werden. Eine sehr hohe Korrelation etwa bestand zwischen Fragen zum Inferenzwissen sowie Orientierung und Planung. Ebenso stark ausgeprägt ist der Zusammenhang zwischen Fragen zum Inferenzwissen und der metakognitiven Strategie Suche und Bewerten. Dieser Befund kann vor allem auf die Aufgabenmerkmale zurückgeführt werden. Für den Pretest waren mittelschwere Aufgaben vorgesehen worden. Dies entspricht wiederum Befunden, wonach Metakognitionen nur bei mittelschweren Aufgabenanforderungen imstande sind, die Lernleistung zu verbessern (Weinert, 1984: 16). Wiederum entgegen der formulierten Hypothese konnte zwischen den Kontrollvariablen Motivation und Vorwissen keine bedeutsame Korrelation mit den strategischen Aktivitäten ermittelt werden. Aus anderen Studien ist bekannt, dass inhaltliches Vorwissen nur Defizite in hierarchieniedrigen Lesefähigkeitskomponenten kompensiert (Voss und Silfies, 1996). Vom Sprachniveau befindet sich die EG auf C1-Niveau. Auf dieser Niveaustufe haben die Lerner weniger mit hierarchieniedrigen Lesefähigkeitskomponenten zu kämpfen. In Bezug auf die Motivation sind diese Befunde positiv zu bewerten zumal Produktionsdefizite nicht auf einen Mangel an Motivation zurückgeführt werden können. Auch die Rezeptionsgüte fiel deutlich hoch aus. Die Probanden konnten 81,88% der Gesamtnote erreichen, was darauf hindeutet, dass sich die 162 Probanden mit Verarbeitungstechniken auskennen und diese zielrelevant einsetzen können. Dass sie jedoch fast ein Drittel ihrer Lesezeit für irrelevante Knoten verbraucht haben, kann wiederum als ein Indiz für ein Produktionsdefizit gewertet werden. Insgesamt kann das Browsen der EG kann im Sinne von Kuhlen (1991: 128ff) als gerichtetes Browsen mit Serendipity-Effekt klassifiziert werden. Denn das gezielte Suchen wird durch themenirrelevante Informationen gestört. 163 6 Studie 2: Direkte Förderung durch Training Ziel dieser Studie ist es, die Wirksamkeit einer direkten Fördermaßnahme empirisch zu untersuchen. Der Studie wurde ein Training vorgeschaltet, das die adäquate Anwendung promptbasierter metakognitiver Lernhilfen beim hypertextuellen Lesen beinhaltete. Im Abschnitt 3.2. ist das Design und der Verlauf des Trainings gründlich beschrieben worden. Das direkte Training sollte einen generellen Überblick geben, die strategischen Lernaktivitäten gründlich erklären und anhand angeleiteter Übungen für die nötige Konsolidierung sorgen. Es wird daher zu klären sein, ob und inwiefern das im Abschnitt 3.2 konzipierte LSTM das strategische Lesen von iranischen Deutschsprachlernern auf C1-Niveau beeinflusst. Die Kernforschungsfrage lautet daher, ob ein metakognitiv orientiertes Strategietraining das Lesen von Hypertexten signifikant optimieren kann. Es wird angenommen, dass durch eine Vermittlung der No Apparent Procedural Prompts, also Förderung der (meta)kognitiven Strategie des Fragestellens, eine bessere Steuerung der exekutiven Kontroll- und Regulationsprozesse beim hypertextuellen Lesen herbeigeführt wird, was insgesamt die Qualität des Leseprozesses und damit die Leseleistung optimiert. Der Einfluss metakognitiver Förderung auf den Leseprozess und den Wissenserwerb beim hypertextuellen Lesen wird anhand eines Haupttests experimentell untersucht. Des Weiteren wird die differentielle Bedeutung metakognitiver Strategie-Aktivität analysiert. Um die Generalisierbarkeit der Untersuchungsreihe zu erhöhen, wurde für diese Studie ein anderer Lerninhalt mit vergleichbarer Schwierigkeit konzipiert. 6.1 Fragestellungen und Hypothesen Das Ziel dieser empirischen Studie ist es, die Wirksamkeit promptbasierter metakognitiver Lernhilfen beim hypertextuellen Lesen zu überprüfen. Bei den zu untersuchenden Fragestellungen ist zu beachten, dass sie den experimentellen Vergleich zweier Versuchsgruppen, Experimentalgruppe (EG) versus Kontrollgruppe (KG) hinsichtlich differentieller Effekte der durchgeführten metakognitiven Strategie-Aktivitäten beinhaltet. Es sollen insgesamt nachstehende Fragen und Teilfragen beantwortet werden: (1) In welchem Ausmaß zeigen die Lernenden der Experimental- und Kontrollgruppe (in)adäquate Lernstrategien? 164 H1: Gerade weil es sich bei der anvisierten Zielgruppe um Erwachsene handelt, wird in Anlehnung an das bereits in Abschnitt 3.1.1 angesprochene Produktionsdefizit, von der Annahme ausgegangen, dass die Kontrollgruppe ihr hypertextuelles Lesen spontan nicht anforderungsadäquat kontrolliert und reguliert, obwohl sie über das notwendige metakognitive Strategiewissen und die erforderlichen Regulationsfertigkeiten verfügt, was auf ein Produktionsdefizit zurückzuführen ist. Die Experimentalgruppe hingegen wird deutlich bessere Regulationsfertigkeiten zeigen. (2) In welche Aufgaben können höhere Lernerfolge erzielt werden? H2: In dieser Studie wird von der Annahme ausgegangen, dass Fragen zum Inferenzwissen mit einer höheren Lösungsgüte einhergehen als Fragen zum Faktenwissen. (3) Welcher Zusammenhang besteht zwischen Lernerfolgskriterien (Faktenwissen/ Inferenzwissen) und metakognitive Strategie-Aktivitäten? H3: Gerade weil die EG in die Nutzung von Strategien eingeführt worden ist, wird ein starker Zusammenhang besonders zwischen Fragen zum Inferenzwissen und Einsatz metkognitiver Strategien erwartet. Denn Fragen zum Inferenzwissen sind vom Schwierigkeitsgrad her komplexer und setzen globale Kohärenz voraus. Um dies zu kompensieren wird die EG ihr hypertextuelles Lesen anforderungsadäquat kontrollieren und regulieren, indem sie verstärkt auf metakognitive Strategien zurückgreift. Fragen zum Faktenwissen hingegen sind weniger komplex und verlangen vom Leser gute lokale Kohärenz ab. Folglich wird die EG gerade bei Fragen zum Faktenwissen geringere metakognitiv-strategische Regulationsaktivitäten von sich zeigen. (4) Inwieweit hängt das strategische Vorgehen mit der Motivationslage der Lernenden zusammen? Geht ein hoher metakognitiver Strategie-Einsatz mit einer hohen Motivation einher? H4: Es wird erwartet, dass Personen, die höhere Motivationswerte aufweisen, beim hypertextuellen Lesen strategischer vorgehen. (5) Inwieweit hängt das strategische Vorgehen mit dem Vorwissen der Lernenden zusammen? Geht ein hoher metakognitiver Strategie-Einsatz mit einem hohen Vorwissen einher? H5: Es wird erwartet, dass Personen, die höhere Vorwissenswerte aufweisen, beim hypertextuellen Lesen strategischer vorgehen und folglich besser in der Lage sind, zielrelevante Informationen zu finden. 165 (6) Kann ein metakognitiv orientiertes Strategietraining das Lesen von Hypertexten signifikant optimieren? Zeigen sich größere experimentelle Effekte? Oder erzielen die trainierten Personen sogar schlechtere Leistungen? H6: Es wird erwartet, dass der prompbasierte Einsatz der metakognitiven Lernhilfen das metakognitive Strategie-Verhalten verbessert und eine Steigerung der Lernleistungen bewirkt. Die Experimentalgruppe wird daher ein strategischeres Lernverhalten realisieren und höheren Lernerfolg - besonders bei Fragen zum Inferenzwissen - erzielen. 6.2 Methode Die vorliegende Erhebung wurde nach einem 10-stündigen Training durchgeführt, wie es in Abschnitt 3.2 beschrieben worden ist. Die Fragestellungen und Hypothesen wurden in einer explorativen Laborstudie ohne experimentelle Variation untersucht. Die Studie orientierte sich dabei an dem unter Abschnitt 4.2 beschriebenen Untersuchungsrahmen. Alle hier eingesetzten Arbeits- und Testmaterialien wurden von zwei Gutachtern auf ihre Angemessenheit für Lerner auf C1-Niveau untersucht. Der Leseverständnistest wurde als mittelschwer eingeschätzt. Diese Ergebnisse konnten anhand einer vorgeschalteten Pilotstudie, die im Herbst 2009 stattfand, mit 16 Studenten von der Teheraner Azad- Universität bestätigt werden. Der Haupttest fand im Winter 2009 statt. 6.2.1 Stichprobe, Design, Versuchsablauf und Materialien An der Untersuchung nahmen 46 Studierende (Altersdurchschnitt = 26.52, SD = 6.065; weiblich: 52.2%; männlich: 47.8%) teil. Die Experimentalgruppe (N=23) setzte sich aus den Sprachlernern zusammen, die bereits am Pretest (siehe Studie 1) teilgenommen haben. Die Kontrollgruppe (N=23) bestand aus Sprachlernern, die am Deutschen Sprachinstitut Teheran (DSIT) und am österreichischen Kulturforum (ÖKF) Deutsch lernen und sich auf C1-Niveau befinden. Die Teilnahme erfolgte freiwillig und die Probanden wurden in Unterrichtsveranstaltungen rekrutiert. Ähnlich wie beim Pretest wurden auch in dieser zweiten Studie Texte aus der Online-Zeitung „Die Welt“ entnommen worden. Als Arbeitsmaterial wurde das Thema „globale Erwärmung in der Arktis“ herangezogen. 166 Abb. 15: Screenshot des Arbeitsmaterials „globale Erwärmung in der Arkits“ Für die Auswahl des Themas waren mehrere Gründe ausschlaggebend. Auf diese Weise sollten Reihenfolgeeffekte ausgeschlossen werden. Hinzukommen jene Gründe, die bereits die Auswahl des Arbeitsmaterials für den Pretest bestimmt haben. Zum einen handelt es sich um authentische Texte, wodurch der Leserealität Genüge getan wird. Zum anderen konnten die Texte aufgrund des Sprachniveaus der Studierenden (C1), ohne Änderungen übernommen werden. Außerdem stellt die Umwelt ein Thema dar, wofür sich die meisten interessieren und bei dem genannten Themengebiet lag die Vermutung nahe, dass die Probanden ein Mindestmaß an Vorwissen mit sich bringen. Ähnlich wie im Pretest wurden themenrelevante Knoten miteinander verlinkt. Das modifizierte Material bestand aus 14 Knoten, die über typisierte Links verfügbar waren und jeder Knoten wurde in einem neuen Fenster geöffnet. Auf diese Weise konnte eine Aufzeichnung der Logfiles gewährleistet werden. Neben dem Arbeitsmaterial wurde gleichzeitig ein Leseverständnistest mit insgesamt 8 Fragen vorgegeben, die innerhalb einer begrenzten Zeit von 45 Minuten anhand des eben beschriebenen Arbeitsmaterials 167 beantwortet werden mussten. Die Test Items sollten eine angeleitete Wiedergabe bzw. cued recall evozieren und zugleich eine zielrelevante Suche auf dem Weg gebracht werden. Dementsprechend sollten diese Informationen beim Lesen mehr Aufmerksamkeit erhalten, was sich auf die Verteilung der Lesezeit auswirkt. Das heißt, höhere Verweildauer für themenrelevante Knoten. Aufgrund des Zeitdrucks wurde auf eine freie Wiedergabe bzw. free recall verzichtet. Die Aufgabe bestand darin, sich einen Überblick über das Thema „globale Erwärmung in der Arktis“ zu verschaffen. Die Zeit von 45 Minuten reichte nicht zu einem vollständigen Studium des Textes aus. Mit Hilfe der Zeitbegrenzung sollte ferner eine Resistenz gegenüber der Versuchung aufgebaut werden, alle Knoten aufzusuchen bzw. alle Inhalte der jeweils aufgesuchten Knoten zu lesen. Die optimale Lernaktivität wäre, anhand der Test Items das Leseziel auszumachen. Dann mithilfe der Überschriften und Zwischenüberschriften die Lesezielrelevanten Knoten auszuwählen und die relevanten Knoten in einer sinnvollen Reihenfolge zu lesen, das heißt, möglichst von allgemeinen zu spezifischen Inhalten überzugehen und dabei spezifische Informationen aus der komplexen Informationsmenge herauszufiltern. 6.3 Ergebnisse Die Ergebnisdarstellungen richten sich nach den in Abschnitt 6.1 aufgeführten Fragestellungen. Die Kennwerte Häufigkeit von Seitenaufrufen, Verweildauer auf den aufgerufenen Seiten sowie Rezeptionsverläufe werden sowohl in dieser Studie als auch in den anderen Studien als objektbezogen betrachtet. Das heißt nur die Kennwerte werden analysiert, die im Hinblick auf die jeweilige Aufgabenstellung inhaltlich relevant sind. Somit werden nur die Häufigkeit von relevanten Seitenaufrufen, Verweildauer auf relevante Seiten herangezogen und die empirisch vorfindbaren Rezeptionsverläufe werden mit konstruierten idealen Rezeptionswegen verglichen. Ferner werden in den nachfolgenden Analysen aus Gründen der Übersichtlichkeit nur die absoluten Häufigkeiten erläutert. 6.3.1 Ausmaß der (in)adäquaten Regulation von Lernstrategien EG vs. KG Gemäß Hypothese 1 wird die Kontrollgruppe ihr hypertextuelles Lesen nicht anforderungsadäquat kontrollieren und regulieren, obwohl sie über das notwendige metakognitive Strategiewissen und die erforderlichen Regulationsfertigkeiten verfügt, was auf ein Produktionsdefizit zurückzu- 168 führen ist. Die Experimentalgruppe hingegen wird aufgrund des vorgeschalteten Trainings, deutlich bessere Regulationsfertigkeiten zeigen. In einem ersten Schritt wird daher festzustellen sein, welche metakognitiven Aktivitäten beim hypertextuellen Lesen innerhalb der EG und KG ausgeführt werden und inwieweit sich die von den Lernenden eingesetzten Strategien den drei metakognitiven Indikatoren Häufigkeit von Seitenaufrufen, Verweildauer auf den aufgerufenen Seiten sowie Rezeptionsverläufe zuordnen lassen. Hinsichtlich der Strategie Orientierung und Planung hat die EG 319 Mal die für diese Studie vorgesehenen 14 Konten aufgesucht. 67,08% der Aufrufe gehen auf relevante Seiten, 32,92% gehen auf irrelevante Seiten zurück. Somit kann in der EG eine deutliche Leistungsverbesserung hinsichtlich des metakognitiven Strategieeinsatzes Orientierung und Planung im Vergleich zum Pretest festgestellt werden. Im Vergleich dazu haben die Probanden der KG insgesamt 291 Mal und damit weniger als die EG die Knoten aufgesucht. 61,16% der Aufrufe gehen auf relevante Seiten, 38,83% gehen auf irrelevante Seiten zurück. Somit schneidet die EG beim Einsatz der metakognitiven Strategie Orientierung und Planung marginal besser ab als dies in der KG der Fall ist. Tabelle 17: Seitenabrufe EG vs. KG (N=23) Seitenabruf Relevante Knoten Irrelevante Knoten EG 67,08 % 32,92% KG 61,16 % 38,84% Als Indiz für die metakognitive Strategie Suche und Bewerten wurde der Rezeptionsverlauf, das heißt die Reihenfolge, in der relevante Seiten aufgesucht worden sind, herangezogen. Die Probanden hätten idealerweise der Reihe nach den 4., 2., 13., 6., 5., 12, und 9. Knoten aufsuchen müssen. Die irrelevante Knoten 14, 11, 10, 8, 7, 3 und 1 hätten überhaupt nicht aufgesucht werden müssen und wenn, dann zu einem viel späteren Zeitpunkt. Die Probanden haben der Reihe nach den 11. Knoten an der 1,34. Stelle aufgesucht, den 3. Knoten an der 2. Stelle, den 8. Knoten an 2,21. Stelle, den 1. Knoten an der 2,35. Stelle, den 14. Knoten an der 2,78. Stelle, den 7. Knoten an der 2,87. Stelle, den 2. Knoten an der 3,09. Stelle, den 6. Knoten an der 3,26. Stelle, den 13. Knoten an der 3,39. Stelle, den 4. Knoten an der 3,96 Stelle, den 5. Knoten an der 3,74. Stelle, den 10. Knoten an der 4,21. Stelle, den 12. Knoten an der 4,52. Stelle und den 9. Knoten an der 5,35. Stelle. Demnach haben die Probanden der Reihe nach den 11., 3., 8., 1., 14., 7., 2., 6., 13., 4., 5., 10., 12. und 9. Knoten aufgesucht, was sich vom idealen Rezeptionsverlauf weit differenziert. Der Abruf irrelevanter 169 Knoten gleich zu Anfang ist auf dem ersten Blick bedenklich. Und es stellt sich die Frage, ob der Leistungsrückgang auf die Interventionsmaßnahme selbst zurückgeführt werden kann. Immerhin wäre es nicht die erste Studie, wo innerhalb der EG gleich nach einer vorangeschalteten Interventionsmaßnahme Leistungseinbrüche festgestellt werden konnten. Den Leistungseinbüßen in diesem Bereich können jedoch mehrere Ursachen zugrunde liegen. Es könnte auf einem Konflikt zwischen den neu zugelernten Strategien mit den alten aber dennoch funktionieren Strategien hindeuten. Nachweislich konnten derartige Konflikte auch in anderen Studien festgestellt werden (Artelt, 2000). Aber auch andere Gründe, wie Test- und Aufgabenmerkmale, Motivation und Vorwissen könnten verantwortlich sein. Um Klärung zu schaffen, wurden daher die Werte der EG jene der Kontrollgruppe gegenübergestellt. Die Kontrollgruppe hat der Reihe nach den 8. Knoten an der 1,56. Stelle aufgesucht, den 6. Knoten an der 2.69 Stelle, den 5. Knoten an der 2,87. Stelle, den 3. Knoten an der 3,26. Stelle, den 1. Knoten an der 3,35. Stelle, den 11. Knoten an der 3,6. Stelle, den 14. Knoten an der 3,6. Stelle, den 12. Knoten an der 4,13. Stelle, den 2. Knoten an der 4,21. Stelle, den 4. Knoten an der 4,3. Stelle, den 7. Knoten an der 4,39. Stelle, den 10. Knoten an der 4,73. Stelle, den 13. Knoten an der 4,73. Stelle und den 9. Knoten an der 5,95. Stelle. Demnach hat die KG der Reihe nach den 8., 6., 5., 3., 1., 11., 14., 12., 2., 4., 7., 10., 13. und 9. Knoten aufgesucht. Wie aus der Tabelle hervorgeht weicht der Rezeptionsverlauf sowohl innerhalb der EG als auch KG extrem von den Idealvorgaben ab. Tabelle 18: Rezeptionsverlauf EG vs. KG (N=23) Knotenabruf Ideal 4 2 13 6 5 12 9 14 11 10 8 7 3 1 EG Real 11 3 8 1 14 7 2 6 13 4 5 10 12 9 KG Real 8 6 5 3 1 11 14 12 2 4 7 10 13 9 Vor der Interventionsmaßnahme bestand zwischen dem idealen und tatsächlichen Rezeptionsverlauf der EG eine Differenz von 0,65 Punkten. Nach der Interventionsmaßnahme betrug diese Differenz gleich 1,3 Punkten. Also ein deutlicher Leistungsrückgang. Innerhalb der KG ist jedoch die Differenz zwischen dem idealen und tatsächlichen Rezeptionsverlauf höher wie in der EG und liegt bei 2,03 Punkten. 170 Tabelle 19: Differenz zwischen idealer und tatsächlicher Rezeptionsverlauf EG vs. KG EG Studie 1 EG Studie 2 KG Studie 2 Differenz zwischen idealer und tatsächlicher Rezeptionsverlauf 0,65 Punkte 1,3 Punkte 2,03 Punkte Gerade weil die EG beim Einsatz der metakognitiven Strategie Suche und Bewerten bessere Leistungen erzielt hat als dies in der KG der Fall ist, müssen die Leistungseinbrüche dieser EG relativiert betrachtet werden. Aufgrund dieser Gegenüberstellung ist es vertretbar, wenn der Grund für die Leistungseinbüßen auch außerhalb der Interventionsmaßnahme gesucht wird. Bereits in der Forschungsliteratur werden als Variablen erfolgreichen Lesens vielfach die vier Komponenten Lernermerkmale, Lernaktivitäten, Aufgaben- und Materialmerkmale aufgeführt, die sich gegenseitig bedingen und damit auch die Qualität des Lesens hinsichtlich Art sowie Erfolgsgrad beeinflussen können (Jenkins, 1979; Brown et al., 1981; Artelt et al., 2005 und Bannert, 2007). Ein Grund für die Leistungsrückgang der KG kann tatsächlich die Merkmale des Arbeits- und Testmaterials sein. Die Tests sind zwar mittelschwer, die Anzahl der Knoten sind von 9 (in Pretest) auf 14 Knoten (in Haupttest) erweitert worden. Die Test- Items selbst sind von 6 auf 8 aufgestockt und statt Multiple Choice-Fragen wie im Pretest sind im Haupttest Mehrfachnennung verwendet worden. Gerade weil dem Leser zusätzlich zur eigentlichen Leseleistung auch die Entscheidung über die Relevanz der zur Verfügung stehenden Knoten und die entsprechende Sequenzierung des Textes überlassen worden sind, kann dies kognitive Überbelastungen nach sich ziehen (Gerdes, 2002 und Huber, 2003). Hier scheint daher ein klassischer Fall einer kognitiven Überbelastung vorzuliegen, sofern die Motivation und das Vorwissen ähnlich wie im Pretest keine wesentliche Rolle spielen sollten. Auf den Zusammenhang zwischen Motivation, Vorwissen und Strategie-einsatz wird unter 6.3.4 eingegangen. Als Indiz für die metakognitive Strategie Evaluation und Monitoring wurde die Häufigkeit der abgerufenen Knoten herangezogen. Ein atomistischer Kennwert, der sich aus der Gesamtsumme relevanter Knoten, der richtigen Antwort auf Test-Items sowie der Anzahl der Probanden zusammensetzt. Wenn man bedenkt, dass die Gruppe aus 23 Personen besteht, so gilt die Summe 23 als Mindestmaßstab für den Seitenabruf. Nun konnte auf den 2., 6. und 13. Knoten die Lösung von einem Test-Item, auf den 4. Und 9. Knoten die Lösung von zwei Test-Items und auf dem 5. Knoten die Lösung von drei Test-Items vorgefunden werden. Die Summe 171 der richtigen Lösungen einschließlich relevanter Knoten wäre 10. Die Anzahl der Probanden (23) multipliziert mit 10 ergibt die Summe 230 als idealen Kennwert für den Abruf relevanter Seiten. Für die Berechnung des Kennwerts irrelevanter Seiten wurde auf die gleich Weise vorgegangen. Sieben irrelevante Seiten multipliziert mit 23 ergibt die Summe 161. Vergleicht man nun die Idealwerte mit den realen Werten der EG in der zweiten Studie, so wird man feststellen, dass die Probanden relevante Seite 214 Mal (statt 230), und irrelevante Seiten 105 Mal (statt 161) aufgesucht haben. Damit liegt in dieser Studie im Gegensatz zum Pretest der Abruf relevanter Seite im Vergleich zu irrelevanten Seiten deutlich höher. Und der Abruf irrelevanter Seiten ist deutlich zurück gegangen. Die KG hingegen hat relevante Seiten 178 Mal (statt 230), und irrelevante Seiten 113 Mal (statt 161) aufgesucht haben. Somit schneidet die EG auch beim Einsatz der metakognitiven Strategie Evaluation und Monitoring besser ab als dies in der KG der Fall ist. Tabelle 20: Häufigkeit der Seitenabrufe EG vs. KG (N=23) Häufigkeit der Seitenabrufe Relevant Irrelevant Ideal 230 161 EG 214 105 KG 178 113 Ähnlich wie im Pretest kann sowohl das Browsen der EG sowie der KG im Sinne von Kuhlen (1991: 128ff) als gerichtetes Browsen mit Serendipity- Effekt klassifiziert werden. Denn auch in dieser Studie wird das gezielte Suchen durch themenirrelevante Informationen gestört. Als Kennwerte für die Verarbeitung wurde sowohl die Verweildauer auf (ir)relevante Knoten als auch die Rezeptionsgüte der Test-Items herangezogen. Die Probanden der EG haben für die Verarbeitung von 14 Knoten 983 Minuten gebraucht. Damit liegt die durchschnittliche Verarbeitungszeit für jeden Knoten bei 2,94 Minuten. 755 Minuten wurde für die Verarbeitung relevanter Knoten verwendet, was 76,8% der gesamten Lesezeit einnimmt. 228 Minuten der Gesamtlesezeit wurde für die Bearbeitung irrelevanter Knoten verwendet, was 23,2% der Gesamtlesezeit ausmacht. Im Vergleich dazu hat die KG im Haupttest für die Verarbeitung der 14 Knoten insgesamt 989 Minuten gebraucht und verweilte damit im Durchschnitt 2,96 Minuten auf jeden Knoten. 679 Minuten also 68,65% der Gesamtlesezeit wurde für die Verarbeitung relevanter Knoten eingesetzt. 310 Minuten wurden für irrelevante Seiten verwendet, was 31,35% der Gesamtlesezeit ausmacht. 172 Nach der Interventionsmaßnahme liegt somit innerhalb der EG hinsichtlich der Bearbeitung und Verweildauer auf relevanten Seiten ein deutlicher Zuwachs vor. Auch im Gruppenvergleich weist die EG deutlich bessere Leistungen auf. Tabelle 21: Verarbeitungszeit EG vs. KG (N=23) Verarbeitungszeit Relevante Knoten Irrelevante Knoten Minute % Minute % EG 755 76,8 228 23,2 KG 679 68,65 310 31,35 Ein ähnliches Ergebnis liegt auch im Falle der Rezeptionsgüte vor, die als ein weiterer Indikator für die metakognitive Strategie der Verarbeitung herangezogen wurde. Bereits vor der Interventionsmaßnahme konnte anhand des Pretests festgestellt werden, dass sich die EG mit den Verarbeitungstechniken auskennt und diese zielrelevant einsetzt. Die Probanden konnten 81,88% der Gesamtnote erreichen. Im Haupttest liegt die Rezeptionsgüte der Test-Items innerhalb der EG bei 74%. Auf dem ersten Blick mag dieser Rückgang als ein Leistungseinbruch angesehen werden. Doch die Rezeptionsgüte der Test-Items innerhalb der KG liegt deutlich niedriger bei 66,55%. Tabelle 22: Rezeptionsgüte im Gruppenvergleich EG Studie 1 EG Studie 2 KG Studie 2 Rezeptionsgüte 81,88% 74% 66,55% Gerade weil die EG im Vergleich zu der KG mehr als die Hälfte ihrer Lesezeit für die Bearbeitung relevanter Knoten verwendet und auch im Leseverständnistest besser abschneidet, kann dies als ein Erfolg der Interventionsmaßnahme verbucht werden. Nun stellt sich die Frage, welche der metakognitiven Aktivitäten beim hypertextuellen Lesen innerhalb der EG und KG am meisten eingesetzt worden sind. Eine Analyse, der aus den Logfiles gewonnenen Daten zur Häufigkeit von Seitenaufrufen, Verweildauer sowie Rezeptionsverläufe ergeben für die vier anvisierten Strategien folgende Werte: 173 Tabelle 23: Metakognitive Strategie-Aktivität EG vs. KG in % (N=23) EG Studie 1 EG Studie 2 KG Studie 2 Orientierung & Planung 45,9% 67,80% 61,16% Suche & Bewerten 50% 25% 0% Evaluation & Monitoring 50% 70% 65% Verarbeitung 68,06% 76,80% 68,65% Wie aus der Tabelle 23 hervorgeht, stellte die Verarbeitung mit 68,08% die am meisten verwendete Strategie der EG während der Pretest-Phase dar. Die metakognitiven Strategien Suchen und Bewerten sowie Evaluation und Monitoring wurden zu 50% eingesetzt. Die metakognitive Strategie der Orientierung und Planung wurde mit 45,9% am wenigsten eingesetzt. Nach der Interventionsmaßnahme stellt die Verarbeitung mit 76,80% weiterhin die am meisten verwendete Strategie der EG dar. Evaluation und Monitoring nimmt mit 70% den zweiten Platz ein. Im Gegensatz zum Pretest jedoch wissen die Probanden der EG die metakognitive Strategie der Orientierung und Planung zu 67,80% einzusetzen. Lediglich der Einsatz der Strategie Suche und Bewerten weist einen Rückgang von 25% auf. Im Vergleich zu der EG liegen die Werte der KG hypothesenkonform entweder deutlich niedriger oder gleich bei 0%. Dass die EG deutlich bessere Regulations- und Verarbeitungsfertigkeiten aufweist, kann als ein Erfolg der Interventionsmaßnahme interpretiert werden. 6.3.2 Prognose der Lösungsgüte anhand von Aufgaben In dieser Studie wird von der Annahme ausgegangen, dass innerhalb der EG Fragen zum Inferenzwissen mit einer höheren Lösungsgüte einhergehen als Fragen zum Faktenwissen. Lag im Pretest die Lösungsgüte für Fragen zum Faktenwissen ein wenig höher als für Fragen zum Inferenzwissen, so kann im Haupttest eine deutliche Aufwertung festgestellt werden, was die Performanz der EG hinsichtlich der Fragen zum Faktenwissen anbelangt. Bei Fragen zum Inferenzwissen liegt entgegen der formulierten Hypothese ein deutlicher Rückgang vor, was wie bereits zuvor erläutert auf eine durch den Arbeits- und Testmaterial hervorgerufene kognitive Überbelastung zurückgeführt werden kann. Gerdes (2002: 58) spricht in dieser Hinsicht von drei wichtigen Problembereichen: Problem der kognitiven Mehrbzw. Überbelastung, Problem der Herstellung lokaler Kohärenz, Problem der Herstellung globaler Kohärenz. Fragen zum Inferenzwissen verlangen vom 174 Leser gute Fertigkeiten im Bereich der globalen Kohärenz ab, da sich die Antworten ja aus den Inhalten mehrerer Knoten zusammensetzen. Wenn nun zusätzlich zu dieser Komplexität noch die Aufgaben- und Testmaterialmerkmale hinzukommen, so muss dies logischerweise zu Leistungseinbüßen führen, wies es auch im Haupttest der Fall ist. Tabelle 24: Prognose Lösungsgüte anhand von Aufgaben (N=23) Lösungsgüte Pretest Haupttest Faktenwissen-Fragen 88,40% 88,90% Inferenzwissen-Fragen 81,16% 60,15% 6.3.3 Prognose der Lernperformanz (Fakten-, Inferenzwissen) anhand metakognitiver Aktivität Gemäß Hypothese 3 wurde ein starker Zusammenhang besonders zwischen Fragen zum Inferenzwissen und Einsatz metkognitiver Strategien erwartet. Denn Fragen zum Inferenzwissen sind vom Schwierigkeitsgrad her komplexer und setzen globale Kohärenz voraus. Um dies zu kompensieren wird die EG ihr hypertextuelles Lesen anforderungsadäquat kontrollieren und regulieren, indem sie verstärkt auf metakognitive Strategien zurückgreift. Während in der Pretest-Phase metakognitive Regulationsaktivitäten sehr stark mit Fragen zum Inferenzwissen korrelierten, kann jedoch im Haupttest kein bedeutsamer Zusammenhang zwischen Fragen zum Inferenzwissen sowie metakognitive Strategien festgestellt werden. Und die Werte distanzieren sich weit von denen aus dem Pretest. Tabelle25: Zusammenhang zwischen Fragen zum Inferenzwissen und metakognitiv-strategische Regulationsaktivitäten Orientierung & Planung Suche & Bewerten Evaluation & Monitoring Verarbeitung Inferenzwissen Pretest .01* .001* .06 .41 Haupttest .99 .94 .054 .81 * Pearson-Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed). Gemäß Hypothese 3 wurden für Fragen zum Faktenwissen geringere metakognitiv-strategische Regulationsaktivitäten erwartet. Denn diese Fragen sind weniger komplex und verlangen vom Leser gute lokale Kohärenz und folglich weniger strategische Handlungen ab. Im Haupttest jedoch bestand vor allem eine ausgeprägte Beziehung zwischen Fragen 175 zum Faktenwissen und den Strategien Suche und Bewerten. Obwohl zu anderen strategischen Aktivitäten keine nennenswerte Beziehung besteht, so fallen die Werte im Vergleich besser aus als dies im Pretest der Fall gewesen ist. Tabelle 26: Zusammenhang zwischen Fragen zum Faktenwissen und metakognitiv-strategische Regulationsaktivitäten Orientierung & Planung Suche & Bewerten Evaluation & Monitoring Verarbeitung Faktenwissen Pretest .92 .13 .83 .69 Haupttest .49 .02* .37 .29 * Pearson-Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed). Auch diese Befundlage untermauert die Annahme einer kognitiven Überbelastung. Bereits im Abschnitt 1.3.5 wurde im Rahmen des Modells der guten Informationsverarbeitung darauf hingewiesen, dass die Bearbeitung oder Nichtbearbeitung einer Aufgabe durch das Wissen um das Selbst und die eigene Fähigkeit gesteuert wird. Sollte der Lerner/ Leser feststellen, dass er einer Aufgabe nicht gewachsen ist, dann werden wietere Prozesse gar nicht aktiviert und die Aufgabe wird nicht bearbeitet. Scheinbar hat auch hier das Wissen um das Selbst zu einer realistischen Einschätzung der Aussichtslosigkeit längerer Anstrengung bei Fragen zum Inferenzwissen geführt, was ein Abbruch der Verarbeitungsprozesse beim Leser hervorrufen hat. In Anlehnung an dieser Befundlage kann folgendes festgestellt werden: Je mehr der Schwierigkeitsgrad des Aufgaben- und Testmaterials beim hypertextuellen Lesen zunimmt, desto mehr wird der Leser auf Strategien zugreifen, die der Herstellung lokaler Kohärenz dient. Je mehr der Schwierigkeitsgrad des Aufgaben- und Testmaterials dem Niveau des Lesers entspricht, desto mehr wird er auf Strategien zur Herstellung globaler Kohärenz zurückgreifen. Denn Strategieaktivitäten werden ja bekanntlich aufgaben- und situationsabhängig aktualisiert (Brown, 1984: 64). Man spricht in dieser Hinsicht auch vom adaptiven Lesen. Auch auf empirischem Wege konnte der Nachweis erbracht werden, dass Leser die Entscheidung über die Lesestrategienutzung vor dem Hintergrund des Lesestoffs und des Leseziels treffen (Artelt, 2000). Im Nachtest wird sich zeigen, ob sich diese Thesen halten oder zugunsten einer anderen Erklärung verworfen werden muss. 176 6.3.4 Zusammenhang zwischen metakognitiven Strategie- Aktivitäten, Motivation und Vorwissen Gemäß den formulierten Hypothesen 4 und 5 wird erwartet, dass Personen mit höheren Motivations- und Vorwissenswerten beim hypertextuellen Lesen strategischer vorgehen. Daher wurde in weiteren Analysen überprüft, inwieweit die individuellen Kontrollvariablen Motivation und Vorwissen mit den strategischen Regulationsaktivitäten korrelieren. Wie Tabelle 27 zeigt, konnte für die Motivation weder im Prenoch im Haupttest eine bedeutsame Korrelation mit dem Strategieeinsatz ermittelt werden. Tabelle 27: Zusammenhang zwischen metakognitiv-strategische Regulationsaktivitäten und Motivation (N=23) Orientierung & Planung Suche & Bewerten Evaluation & Monitoring Verarbeitung Motivation Pretest .119 .332 .217 .453 Haupttest .624 .523 .543 .349 *. Spearman-Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed). Ein ähnlicher Befund liegt für das Vorwissen vor. Weder im Prenoch im Haupttest konnte eine bedeutsame Korrelation zwischen Vorwissen und dem Strategieeinsatz ermittelt werden. Tabelle 28: Zusammenhang zwischen metakognitiv-strategische Regulationsaktivitäten und Vorwissen (N=23) Orientierung & Planung Suche & Bewerten Evaluation & Monitoring Verarbeitung Vorwissen Pretest .132 .231 .145 .815 Haupttest .312 .229 .325 .786 *. Spearman-Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed). Damit wäre ein weiterer Beweis geliefert, dass für die Lesitungseinbüßen im Haupt-Test vor allem die Merkmale des Tests- und Arbeitsmaterials verantwortlich sind. 6.3.5 Zur Effektivität der Interventionsmaßnahme Nachdem zuvor festgestellt werden konnte, dass die EG, die an einer Interventionsmaßnahme teilgenommen haben, im Vergleich zu der KG bessere metakognitiv-strategische Aktivitäten aufweisen, soll nun an 177 dieser Stelle die Wirksamkeit promptbasierter metakognitiver Lernhilfen beim hypertextuellen Lesen überprüft werden. Es soll insgesamt die Frage geklärt werden, ob ein metakognitiv orientiertes Strategietraining das Lesen von Hypertexten signifikant optimiert. Ob sich größere experimentelle Effekte ergeben? Oder erzielen die trainierten Personen sogar schlechtere Leistungen? Gemäß der formulierten Hypothese wird sich zeigen, dass der promptbasierte Einsatz der metakognitiven Lernhilfen das metakognitive Strategie-Verhalten verbessert und eine Steigerung der Lernleistungen bewirkt. Die Experimentalgruppe wird daher ein strategischeres Lernverhalten realisieren und einen höheren Lernerfolg - besonders bei Fragen zum Inferenzwissen - erzielen. Für die Beurteilung des effektiv nachgewiesenen Effektes, wurde die nachstehende Formel herangezogen (MESOSworld, 2011): steht für die Differenz der Stichprobenmittelwerte. ist der Schätzwert für die Standardabweichung des Merkmals in der Population. Für die anschließende Klassifizierung des effektiv nachgewiesenen Effektes (schwach, mittel, stark) gelten die Richtwerte: e = .20: schwacher Effekt e = .50: mittlerer Effekt e = .80: starker Effekt Wie man aus der Tabelle 29 entnehmen kann, liegt hinsichtlich der metkognitiven Strategien Orientierung und Planung ein starker Effekt vor. In Bezug auf die Strategien Verarbeitung kann von einem mittleren Effekt gesprochen worden. Wobei die Werte für Evaluation und Monitoring eher schwach ausfallen. Für Suche und Bewerten blieben Effekte gänzlich aus. Tabelle 29: Effektiv nachgewiesener Effekt der metakognitiven Strategien in der EG Pretest - Haupttest Mittelwerte Std. Abweichung Pretest Haupttest Orientierung & Planung 59,34 72,77 17,32 .77 Verarbeitung 79 70,24 17,70 .49 Evaluation & Monitoring 8,52 9,5 4,13 .23 Suchen & Bewerten 0,94 1,9 0,95 1.01 178 Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Effektgröße entweder bescheiden ausgefallen ist oder eine geringe Transferdistanz besteht. Aus empirischen Studien geht hervor, dass nach dem Training die vermittelten Strategien erst dann spontan eingesetzt werden konnten, wenn die Regulation der jeweiligen Strategien im Training ausreichend gefördert wurde (Bannert 2007: 105). Geringe oder ausbleibende Effekte können demnach ein Indiz dafür sein, dass die Dauer der Fördermaßnahme nicht ausreichend war. Die Interventionsdauer ist wichtig und vielfach wird in der Forschungsliteratur das Ausbleiben von Trainingseffekten auf die Kurzfristigkeit der Intervention zurückgeführt (Haller et al., 1988). In diesem Fall würde keine Möglichkeit für eine ausreichende Einübung der Strategien sowie deren Automatisierung übrig bleiben (Friedrich und Mandl, 1992). 6.4 Zusammenfassung und Diskussion der Studie Das Ziel dieser empirischen Studie ist es, die Wirksamkeit promptbasierter metakognitiver Lernhilfen beim hypertextuellen Lesen zu überprüfen. Sie diente vor allem der Klärung der Frage, ob ein metakognitiv orientiertes Strategietraining das Lesen von Hypertexten signifikant optimieren kann. Zu diesem Zweck wurden die Werte der Experimental- und Kontrollgruppe miteinander verglichen. Und dabei konnte festgestellt werden, dass die EG im Vergleich zu der KG insgesamt bessere Leistungen erbringt und dass der Einsatz von Strategien zu einer verbesserten Arbeitsmethode bei der EG geführt hat. Im Vergleich zu der KG geht die EG viel strategischer in Bezug auf die durchgeführten Orientierungs-, Elaborations- und Evaluationsaktivitäten vor. In der Pretest-Phase stellte die Verarbeitung mit 68,08% die am meisten verwendete Strategie der EG dar, die metakognitiven Strategien Suchen und Bewerten sowie Evaluation und Monitoring wurden zu 50% eingesetzt, wobei die metakognitive Strategie der Orientierung und Planung wurde mit 45,9% am wenigsten eingesetzt wurde. Nach der Interventionsmaßnahme stellt die Verarbeitung mit 76,80% weiterhin die am meisten verwendete Strategie der EG dar. Evaluation und Monitoring nimmt mit 70% den zweiten Platz ein. Im Gegensatz zum Pretest jedoch wissen die Probanden der EG die metakognitive Strategie der Orientierung und Planung zu 67,80% einzusetzen. Lediglich der Einsatz der Strategie Suche und Bewerten weist einen Rückgang von 25% auf. Im Vergleich zum Pretest konnte die EG nach der Intervention in fast allen Bereichen eine deutliche Aufwertung verzeichnen. Lediglich hinsichtlich der Lösungsgüte bei Inferenzfragen lag ein Rückgang vor. Was 179 auf eine durch das Aufgaben- und Testmaterial hervorgerufene kognitive Überlastung zurückgeführt wurde. Eine ausgeprägte Beziehung bestand zwischen Fragen zum Faktenwissen und den Strategien Suche und Bewerten. Auch diese Befundlage untermauert die Annahme einer kognitiven Überbelastung. Bereits im Abschnitt 1.3.5 wurde im Rahmen des Modells der guten Informationsverarbeitung darauf hingewiesen, dass die Bearbeitung oder Nichtbearbeitung einer Aufgabe durch das Wissen um das Selbst und die eigene Fähigkeit gesteuert wird. Sollte der Lerner/ Leser feststellen, dass er einer Aufgabe nicht gewachsen ist, dann werden weitere Prozesse gar nicht aktiviert und die Aufgabe wird nicht bearbeitet. Scheinbar hat auch hier das Wissen um das Selbst zu einer realistischen Einschätzung der Aussichtslosigkeit längerer Anstrengung bei Fragen zum Inferenzwissen geführt, was ein Abbruch der Verarbeitungsprozesse beim Leser hervorrufen hat. In Anlehnung an dieser Befundlage kann folgendes festgestellt werden: Je mehr der Schwierigkeitsgrad des Aufgaben- und Testmaterials beim hypertextuellen Lesen zunimmt, desto mehr wird der Leser auf Strategien zugreifen, die der Herstellung lokaler Kohärenz dient. Je mehr der Schwierigkeitsgrad des Aufgaben- und Testmaterials dem Niveau des Lesers entspricht, desto mehr wird er auf Strategien zur Herstellung globaler Kohärenz zurückgreifen. Denn Strategieaktivitäten werden ja bekanntlich aufgaben- und situationsabhängig aktualisiert Ähnlich wie im Pretest konnte zwischen Interesse und Vorwissen keine bedeutsame Korrelation mit den strategischen Aktivitäten ermittelt werden. Ähnlich wie im Pretest kann sowohl das Browsen der EG sowie der KG im Sinne von Kuhlen (1991: 128ff) als gerichtetes Browsen mit Serendipity-Effekt klassifiziert werden. Denn auch in dieser Studie wird das gezielte Suchen durch themenirrelevante Informationen gestört. Was die Effektivität der Interventionsmaßnahme anbelangt, so lässt sich zusammenfassend sagen, dass die Effektgröße entweder bescheiden ausgefallen ist oder eine geringe Transferdistanz besteht. So konnte für die metkognitive Strategie Orientierung und Planung ein starker Effekt, für Verarbeitung ein mittlerer Effekt und für Evaluation und Monitoring ein schwacher Effekt nachgewiesen werden. Der ausbleibende Effekt für Suche und Bewerten kann mindestens auf zwei Ursachen Interventionsdauer und Inferenzprozesse zurückgeführt werden. Die Interventionsdauer ist wichtig. Vielfach wird in der Forschungsliteratur das Ausbleiben von Trainingseffekten auf die Kurzfristigkeit der Intervention zurückgeführt (Haller et al., 1988). In diesem Fall würde keine Möglichkeit für eine ausreichende Einübung der Strategien sowie deren Automatisierung übrig bleiben (Friedrich und Mandl, 1992). Aus empirischen Studien geht hervor, dass nach dem Training die vermittelten Strategien erst dann 180 spontan eingesetzt werden konnten, wenn die Regulation der jeweiligen Strategien im Training ausreichend gefördert wurde (Bannert 2007: 105). Geringe oder ausbleibende Effekte können demnach ein Indiz dafür sein, dass die Dauer der Fördermaßnahme nicht ausreichend war. Als Ursache für die leistungsmindernde Wirksamkeit werden häufig auch Interferenzprozesse angeführt, bei der neu zu lernende, anforderungsadäquate Strategien mit den suboptimalen, aber dennoch funktionierenden Strategien interferieren (Friedrich und Mandl, 1992; Hasselhorn, 1995). 181 7 Studie 3: Zur Nachhaltigkeit des Strategietrainings Diese Erhebung wurde einen Monat nach dem Haupttest durchgeführt. Insgesamt sollte dadurch festgestellt werden, ob die metakognitiven Lernhilfen von den Lernern eingesetzt und auf andere Aufgaben transferiert werden oder nicht. Mit anderen Worten sollte festgestellt werden, ob die Lerner der Experimentalgruppe auch nachhaltig in der Lage sind, ihr Lesen strategisch zu regulieren oder ob sie wieder ihren alten Strategiegewohnheiten verfallen. 7.1 Fragestellung und Hypothese Das Ziel dieser empirischen Studie ist es, die nachhaltige Wirksamkeit promptbasierter metakognitiver Lernhilfen beim hypertextuellen Lesen zu überprüfen. Bei den zu untersuchenden Fragestellungen ist zu beachten, dass sie den experimentellen Vergleich zweier Versuchsgruppen - Experimentalgruppe (EG) versus Kontrollgruppe (KG) hinsichtlich differentieller Effekte der durchgeführten metakognitiven Strategie- Aktivitäten beinhaltet. Es sollen insgesamt nachstehende Fragen und Teilfragen beantwortet werden. (1) In welchem Ausmaß zeigen die Lernenden der Experimental- und Kontrollgruppe (in)adäquate Lernstrategien? H1: Gerade weil es sich bei der anvisierten Zielgruppe um Erwachsene handelt, wird in Anlehnung an das bereits in Abschnitt 3.1.1 angesprochene Produktionsdefizit, von der Annahme ausgegangen, dass die Kontrollgruppe ihr hypertextuelles Lesen spontan nicht anforderungsadäquat kontrolliert und reguliert, obwohl sie über das notwendige metakognitive Strategiewissen und den erforderlichen Regulationsfertigkeiten verfügt, was auf ein Produktionsdefizit zurückzuführen ist. Die Experimentalgruppe hingegen wird deutlich bessere Regulationsfertigkeiten zeigen. (2) In welche Aufgaben können höhere Lernerfolge erzielt werden? H2: Auch in dieser Studie wird von der Annahme ausgegangen, dass Fragen zum Inferenzwissen mit einer höheren Lösungsgüte einhergehen als Fragen zum Faktenwissen. 182 (3) Welcher Zusammenhang besteht zwischen Lernerfolgskriterien (Faktenwissen/ Inferenzwissen) und metakognitive Strategie-Aktivitäten? H3: Gerade weil die EG in die Nutzung von Strategien eingeführt worden ist, wird ein starker Zusammenhang besonders zwischen Fragen zum Inferenzwissen und Einsatz metkognitiver Strategien erwartet. Denn Fragen zum Inferenzwissen sind vom Schwierigkeitsgrad her komplexer und setzen globale Kohärenz voraus. Um dies zu kompensieren wird die EG ihr hypertextuelles Lesen anforderungsadäquat kontrollieren und regulieren, indem sie verstärkt auf metakognitive Strategien zurückgreift. Fragen zum Faktenwissen hingegen sind weniger komplex und verlangen vom Leser gute lokale Kohärenz ab. Folglich wird die EG gerade bei Fragen zum Faktenwissen geringere metakognitiv-strategische Regulationsaktivitäten von sich zeigen. (4) Inwieweit hängt das strategische Vorgehen mit der Motivationslage der Lernenden zusammen? Geht ein hoher metakognitiver Strategie-Einsatz mit einer hohen Motivation einher? H4: Es wird erwartet, dass Personen, die höhere Motivationswerte aufweisen, beim hypertextuellen Lesen strategischer vorgehen. (5) Inwieweit hängt das strategische Vorgehen mit dem Vorwissen der Lernenden zusammen? Geht ein hoher metakognitiver Strategie-Einsatz mit einem hohen Vorwissen einher? H5: Es wird erwartet, dass Personen, die höhere Vorwissenswerte aufweisen, beim hypertextuellen Lesen strategischer vorgehen und folglich besser in der Lage sind, zielrelevante Informationen zu finden. (6) Kann ein metakognitiv orientiertes Strategietraining das Lesen von Hypertexten signifikant nachhaltig optimieren? Zeigen sich größere experimentelle Effekte gegenüber der KG? Oder erzielen die trainierten Personen sogar schlechtere Leistungen als die nicht trainierten Personen? H6: Es wird erwartet, dass der promptbasierte Einsatz der metakognitiven Lernhilfen auch nachhaltig das metakognitive Strategie-Verhalten verbessert und eine Steigerung der Lernleistungen bewirkt. Die Experimentalgruppe wird daher ein strategischeres Lernverhalten realisieren und höheren Lernerfolg - besonders bei Inferenzwissen-Fragen - erzielen. 183 7.2 Methoden In dieser Studie finden dieselben Methoden und Analyseverfahren Anwendung wie im Haupttest (Siehe unter Abschnitt 6.2). 7.2.1 Stichprobe, Design, Versuchsablauf und Materialien Die Stichprobe (N=46) setzte sich aus den Sprachlernern zusammen, die bereits am Haupttest teilgenommen haben (Siehe unter Abschnitt 6.2.1). Als Arbeitsmaterial wurde aus der Online Zeitung „Die Welt“ das Thema Handy-Strahlung ausgesucht. Modifiziert wurde das Arbeitsmaterial, indem themenrelevante Links miteinander verknüpft wurden. Das modifizierte Material bestand aus 11 Knoten, die über typisierte Links verfügbar waren und jeder Knoten konnte in einem neuen Fenster geöffnet werden. Auf diese Weise konnte eine Aufzeichnung der Logfiles gewährleistet werden. Abb. 16: Screenshot des Arbeitsmaterials „Handy-Strahlung“ Neben dem Arbeitsmaterial wurde gleichzeitig ein Leseverständnistest mit insgesamt 4 Items vorgegeben, die innerhalb einer begrenzten Zeit von 45 Minuten anhand des Arbeitsmaterials beantwortet werden mussten. 184 Die Arbeitsaktivität richtete sich nach demselben Muster wie in Studie 1 und 2 beschrieben. 7.3 Ergebnisse Die Ergebnisdarstellungen richten sich nach den in Abschnitt 7.1 aufgeführten Fragestellungen. Ähnlich wie im Haupttest spielen die Kennwerte Häufigkeit von Seitenaufrufen, Verweildauer auf den aufgerufenen Seiten sowie Rezeptionsverläufe eine wichtige Rolle und werden sowohl in dieser Studie als auch in den anderen Studien als objektbezogen betrachtet. Das heißt, nur die Kennwerte werden analysiert, die im Hinblick auf die jeweilige Aufgabenstellung inhaltlich relevant sind. Somit werden nur die Häufigkeit von relevanten Seitenaufrufen, Verweildauer auf relevanten Seiten herangezogen und die empirisch vorfindbaren Rezeptionsverläufe werden mit konstruierten idealen Rezeptionswegen verglichen. Ferner werden in den nachfolgenden Analysen aus Gründen der Übersichtlichkeit nur die absoluten Häufigkeiten erläutert. 7.3.1 Metakognitive Strategie-Aktivitäten und Lernerfolg Ausmaß (in)adäquater Lernstrategien bei den Lernenden der Experimental- und Kontrollgruppe Gemäß Hypothese 1 wird die Kontrollgruppe ihr hypertextuelles Lesen spontan nicht anforderungsadäquat kontrollieren und regulieren, obwohl sie über das notwendige metakognitive Strategiewissen und die erforderlichen Regulationsfertigkeiten verfügt, was auf ein Produktionsdefizit zurückzuführen ist. Die Experimentalgruppe hingegen wird deutlich bessere Regulationsfertigkeiten zeigen. Hinsichtlich der Strategie Orientierung und Planung hat die EG 219 Mal die für diese Studie vorgesehenen 11 Konten aufgesucht. 74,88% der Aufrufe gehen auf relevante Seiten, 25,12% gehen auf irrelevante Seiten zurück. Somit kann in der EG eine deutliche Leistungsverbesserung hinsichtlich des metakognitiven Strategieeinsatzes Orientierung und Planung im Vergleich zum Pretest festgestellt werden. Im Vergleich dazu haben die Probanden der KG insgesamt 247 Mal und damit deutlich weniger als die EG die Knoten aufgesucht. 66,4% der Aufrufe gehen auf relevante Seiten, 33,60% gehen auf irrelevante Seiten zurück. Somit schneidet die EG beim Einsatz der metakognitiven Strategie Orientierung und Planung nicht nur im Nachtest sondern in allen anderen vorangegangen Tests marginal besser ab als dies in der KG der Fall ist. 185 Tabelle 30: Seitenabrufe EG vs. KG (N=23) Seitenabruf Pretest Haupttest Nachtest EG EG KG EG KG Relevante Knoten 45,90% 67,08% 61,16% 74,88% 66,40% Irrelevante Knoten 54,10% 32,92% 38,84% 25,12% 33,60% Wie man aus der Tabelle 30 entnehmen kann. Haben sich die Leistungen der EG im Verlaufe der Testreihen stetig verbessert. Als Indiz für die metakognitive Strategie Suche und Bewerten wurde der Rezeptionsverlauf, das heißt die Reihenfolge, in der relevante Seiten aufgesucht worden sind, herangezogen. Die Probanden hätten idealerweise der Reihe nach den 2., 7., 6., 10., 5., 4., und 3. Knoten aufsuchen müssen. Die irrelevante Knoten 1, 8, 9 und 11 hätten überhaupt nicht aufgesucht werden müssen und wenn, dann zu einem viel späteren Zeitpunkt. Die Probanden haben der Reihe nach den 9. Knoten an der 1,6. Stelle, den 8. an der 1,87. Stelle, den 1. Knoten an der 1,95. Stelle, den 5. an der 2,04. Stelle, den 2. Knoten an der 3. Stelle, den 10. Knoten an der 3,08. Stelle, den 3. Knoten an der 3,21. Stelle, den 6. Knoten an der 3,26. Stelle, den 11. Knoten an der 3,78. Stelle, den 7. Knoten an der 3,87. Stelle und den 4. Knoten an der 4,04. Stelle. Demnach haben die Probanden der Reihe nach den 9., 8., 1., 5., 2., 10., 3., 6., 11., 7. und 4. Knoten aufgesucht, was sich vom idealen Rezeptionsverlauf weit differenziert. Auch im Vergleich zu den Leistungen der EG im Haupttest liegt hier ein Rückgang vor. Im Haupttest zeichnete sich vor allem die Merkmale des Aufgaben- und Testmaterials für die Leistungseinbüßen verantwortlich. Die Aufgaben- und Testmaterialien des Nachtests jedoch wurden auf dem Niveau des Haupttests gehalten. Somit spielen andere Faktoren für den Leistungsrückgang eine Rolle. Um Klärung zu schaffen, wurden daher die Werte der EG jene der Kontrollgruppe gegenübergestellt. Die Kontrollgruppe hat der Reihe nach den 1. Knoten an der 2,13. Stelle aufgesucht, den 2. Knoten an der 2,34. Stelle, den 3. Knoten an der 2,6. Stelle, den 6. Knoten an der 3,65. Stelle, den 5. Knoten an der 3,7. Stelle, den 4. Knoten an der 4,13. Stelle, den 8. Knoten an der 4,56. Stelle, den 10. Knoten an der 4,58. Stelle, den 7. Knoten an der 4,73. Stelle, den 9. Knoten an der 5,17. Stelle, und den 11. Knoten an der 6. Stelle. Demnach hat die KG der Reihe nach den 1., 2., 3., 6., 5., 4., 8., 10., 7., 9., und 11. Knoten aufgesucht. 186 Tabelle 31: Rezeptionsverlauf EG vs. KG (N=23) Knotenabruf Ideal 2 7 6 10 5 4 3 1 8 9 11 EG Real 1 2 3 6 5 4 8 10 7 9 11 KG Real 1 2 3 6 5 4 8 10 7 9 11 Wie aus der obigen Tabelle hervorgeht, weicht der Rezeptionsverlauf sowohl innerhalb der EG als auch KG von den Idealwerten ab. Vor der Interventionsmaßnahme bestand zwischen dem idealen und tatsächlichen Rezeptionsverlauf der EG eine Differenz von 0,65 Punkten. Nach der Interventionsmaßnahme betrug diese Differenz 1,3 Punkten. Also ein deutlicher Leistungsrückgang. Innerhalb der KG lag jedoch die Differenz zwischen dem idealen und tatsächlichen Rezeptionsverlauf höher wie in der EG bei 2,03 Punkten. Einen Monat nach der Interventionsmaßnahme wurde für die EG eine Differenz von 1,8 ermittelt. Innerhalb der KG lagen diese Werte bei 2,04. Somit scheidet die EG wiederum besser ab. Tabelle 32: Differenz zwischen idealer und tatsächlicher Rezeptionsverlauf EG vs. KG Pretest Haupttest Nachtest EG EG KG EG KG Differenz zwischen idealer & tatsächlicher Rezeptionsverlauf 0,65 Punkte 1,3 Punkte 2,03 Punkte 1,8 Punkte 2,04 Punkte Gerade weil die EG beim Einsatz der metakognitiven Strategie Suche und Bewerten bessere Leistungen erzielt hat als dies in der KG der Fall ist, müssen die Leistungseinbrüche der EG relativiert betrachtet werden. Aufgrund dieser Gegenüberstellung ist es vertretbar, wenn der Grund für die Leistungseinbüßen innerhalb der Interventionsmaßnahme gesucht wird. Gerade weil der Schwierigkeitsgrad des Aufgaben- und Testmaterials im Haupt- und Nachtest konstant gehalten wurde, so können kognitive Überbelastung nicht als Grund angeführt werden. Viel eher scheint hier die Dauer der Intervention eine Rolle zu spielen. Die Interventionsdauer ist wichtig. Vielfach wird in der Forschungsliteratur das Ausbleiben von Trainingseffekten auf die Kurzfristigkeit der Intervention zurückgeführt (Haller et al., 1988). In diesem Fall würde keine Möglichkeit für eine ausreichende Einübung der Strategien sowie deren Automatisierung übrig bleiben (Friedrich und Mandl, 1992). Im Verlauf dieser Studie wird sich zeigen, ob sich diese Annahme erhärtet oder verworfen werden muss. 187 Als Indiz für die metakognitive Strategie Evaluation und Monitoring wurde die Häufigkeit der abgerufenen Knoten herangezogen. Ein atomistischer Kennwert, der sich aus der Gesamtsumme relevanter Knoten, der richtigen Antwort auf Test-Items sowie der Anzahl der Probanden zusammensetzt. Wenn man bedenkt, dass die Gruppe aus 23 Personen besteht, so gilt die Summe 23 als Mindestmaßstab für den Seitenabruf. Nun konnte auf den 2., 3., 7. und 10. Knoten die Lösung von einem Test-Item, auf den 4. Knoten die Lösung von zwei Test-Items und auf dem 5. und 6. Knoten die Lösung von drei Test-Items vorgefunden werden. Die Summe der richtigen Lösungen einschließlich relevanter Knoten wäre 12. Die Anzahl der Probanden (23) multipliziert mit 12 ergibt die Summe 276 als idealen Kennwert für den Abruf relevanter Seiten. Für die Berechnung des Kennwerts irrelevanter Seiten wurde auf die gleiche Weise vorgegangen. Vier irrelevante Seiten multipliziert mit 23 ergibt die Summe 92. Vergleicht man nun die Idealwerte mit den realen Werten der EG in der dritten Studie, so wird man feststellen, dass die Probanden relevante Seiten 164 Mal (statt 276), und irrelevante Seiten 55 Mal (statt 92) aufgesucht haben. Die KG hat relevante Seiten ebenfalls 164 Mal (statt 276), und irrelevante Seiten 83 Mal (statt 161) also deutlich öfter als die EG aufgesucht. Mit anderen Worten hat die EG im Durchschnitt jeweils 5 Mal irrelevante Seiten abgerufen. Im Vergleich dazu hat die KG jeweils 21 Mal irrelevante Seiten aufgesucht. Somit ist die Schlussfolgerung zulässig, dass die EG beim Einsatz der metakognitiven Strategie Evaluation und Monitoring besser abgeschnitten hat als dies in der KG der Fall ist. Tabelle 33: Häufigkeit der Seitenabrufe EG vs. KG (N=23) Häufigkeit der Seitenabrufe Relevant Irrelevant Ideal 276 92 EG 164 55 KG 164 83 Als Kennwerte für die Verarbeitung wurde sowohl die Verweildauer auf (ir)relevante Knoten als auch die Rezeptionsgüte der Test-Items herangezogen. Die Probanden der EG haben für die Verarbeitung von 11 Knoten 854 Minuten gebraucht. Damit liegt die durchschnittliche Verarbeitungszeit für jeden Knoten bei 2,47 Minuten. 613 Minuten wurde für die Verarbeitung relevanter Knoten verwendet, was 71,78% der gesamten Lesezeit einnimmt. 241 Minuten der Gesamtlesezeit wurde für die Bearbeitung irrelevanter Knoten verwendet, was 28,22% der Gesamtlesezeit ausmacht. Im Vergleich dazu hat die KG im Haupttest für die Verarbeitung der 11 Knoten insgesamt 818 Minuten gebraucht und ver- 188 weilte damit im Durchschnitt 2,37 Minuten auf jeden Knoten. 536 Minuten also 65,50% der Gesamtlesezeit wurde für die Verarbeitung relevanter Knoten eingesetzt. 282 Minuten wurde für irrelevante Seiten verwendet, was 34,5% der Gesamtlesezeit ausmacht. Selbst einen Monat nach der Interventionsmaßnahme kann die EG hinsichtlich der Bearbeitung und Verweildauer auf relevanten Seiten gute Leistungen vorweisen. Auch im Gruppenvergleich schneidet die EG im Vergleich zur KG besser ab. Tabelle 34: Verarbeitungszeit EG vs. KG (N=23) Verarbeitungszeit Relevante Knoten Irrelevante Knoten Minute % Minute % EG 613 71,78 241 28,22 KG 536 65,50 282 34,50 Ein ähnliches Ergebnis liegt auch im Falle der Rezeptionsgüte vor, die als ein weiterer Indikator für die metakognitive Strategie der Verarbeitung herangezogen wurde. Bereits vor der Interventionsmaßnahme konnte anhand des Pretests festgestellt werden, dass sich die EG mit den Verarbeitungstechniken auskennt und diese zielrelevant einsetzt. Die Probanden konnten 81,88% der Gesamtnote erreichen. Im Haupttest liegt die Rezeptionsgüte der Test-Items innerhalb der EG bei 74%. Auf dem ersten Blick mag dieser Rückgang als ein Leistungseinbruch angesehen werden. Doch die Rezeptionsgüte der Test-Items innerhalb der KG liegt deutlich niedriger bei 66,55%. Im Nachtest liegen die Werte der EG bei 75,28% und die der KG bei 69,93%. Tabelle 35: Rezeptionsgüte im Gruppenvergleich Rezeptionsgüte Pretest Haupttest Nachtest EG EG KG EG KG 81,88% 74% 66,55% 75,28% 69,93% Gerade weil die EG im Vergleich zu der KG mehr als die Hälfte ihrer Lesezeit für die Bearbeitung relevanter Knoten verwendet und auch im Leseverständnistest besser abschneidet, kann dies als ein nachhaltiger Erfolg der Interventionsmaßnahme verbucht werden. Nun stellt sich die Frage, welche der metakognitiven Aktivitäten beim hypertextuellen Lesen innerhalb der EG und KG am meisten eingesetzt worden sind. Eine Analyse, der aus den Logfiles gewonnenen Daten zur 189 Häufigkeit von Seitenaufrufen, Verweildauer sowie Rezeptionsverläufe ergeben für die vier anvisierten Strategien folgende Werte: Tabelle 36: Metakognitive Strategie-Aktivität EG vs. KG in % (N=23) Pretest Haupttest Nachtest EG EG KG EG KG Orientierung & Planung 45,9% 67,80% 61,16% 74,88% 66,40% Suche & Bewerten 50% 25% 0% 25% 0% Evaluation & Monitoring 50% 70% 65% 75% 60% Verarbeitung 68,06% 76,80% 68,65% 71,66 65,5% Wie aus der Tabelle 36 hervorgeht, stellte die Verarbeitung mit 68,08% die am meisten verwendete Strategie der EG während der Pretest-Phase dar. Die metakognitiven Strategien Suchen und Bewerten sowie Evaluation und Monitoring wurden zu 50% eingesetzt. Die metakognitive Strategie der Orientierung und Planung wurde mit 45,9% am wenigsten eingesetzt. Nach der Interventionsmaßnahme stellt die Verarbeitung mit 76,80% weiterhin die am meisten verwendete Strategie der EG dar. Evaluation und Monitoring nimmt mit 70% den zweiten Platz ein. Im Gegensatz zum Pretest jedoch wissen die Probanden der EG die metakognitive Strategie der Orientierung und Planung zu 67,80% einzusetzen. Lediglich der Einsatz der Strategie Suche und Bewerten weist einen Rückgang von 25% auf. Einen Monat nach Abschluß der Interventionsmaßnahme stellt die Verarbeitung mit 71,66% weiterhin die am meisten verwendete Strategie der EG dar, gefolgt von Evaluation und Monitoring mit 75%. Mit 74,88% wissen die Probanden der EG von Orientierung und Planung Gebrauch zu machen, was bis dahin das beste Ergebnis für diese Kategorie an Strategie darstellt. Hinsichtlich der Strategie Suche und Bewerten können keine Zuwächse verzeichnet werden und die Performanz bleibt konstant wie im Haupttest bei 25%. Im Vergleich zu der EG liegen die Werte der KG hypothesenkonform entweder deutlich niedriger oder gleich bei 0% wie dies hinsichtlich der metakognitiven Strategie Suche und Bewerten der Fall ist. Dass die EG deutlich bessere Regulations- und Verarbeitungsfertigkeiten aufweist, und dies sogar einen Monat nach Abschluss der Interventionsmaßnahme beibehält, kann als ein nachhaltiger Erfolg der Interventionsmaßnahme gedeutet werden. Obwohl die Werte der EG im Vergleich zu der KG besser sind, so profitieren beide Gruppen vor allem von den Strategien Verarbeitung, gefolgt von Evaluation und Monitoring sowie Orientierung und Planung. 190 Die am wenigsten eingesetzter Strategie ist Suche und Bewerten. Dass beide Gruppen von denselben Strategien profitieren, kann ein Hinweis darauf sein, wie der iranische Leser sein Lesevorgang reguliert. 7.3.2 Prognose der Lösungsgüte anhand von Aufgaben Auch in dieser Studie wird von der Annahme ausgegangen, dass in der EG Fragen zum Inferenzwissen mit einer höheren Lösungsgüte einhergehen als Fragen zum Faktenwissen. Lag im Pretest die Lösungsgüte für Fragen zum Faktenwissen ein wenig höher als für Fragen zum Inferenzwissen, so konnte im Haupttest eine deutliche Aufwertung festgestellt werden, was die Performanz der EG hinsichtlich der Fragen zum Faktenwissen anbelangt. Bei Fragen zum Inferenzwissen hingegen lag entgegen der formulierten Hhypothese ein deutlicher Rückgang vor, was wie bereits zuvor erläutert auf kognitive Überbelastung zurückzuführen war. Denn Fragen zum Inferenzwissen verlangen vom Leser gute Fertigkeiten im Bereich der globalen Kohärenz ab, da sich die Antworten ja aus den Inhalten mehrerer Knoten zusammensetzen. Wenn nun zusätzlich zu dieser Komplexität sich noch das Niveau des Aufgaben- und Testmaterials ändert, so muss dies logischerweise zu Leistungseinbüßen führen. Im Nachtest wiederum kann die EG gute Leistungen bei Fragen zum Faktenwissen erzielen, beim Fragen zum Inferenzwissen kann eine Aufwertung im Vergleich zum Haupttest festgestellt werden. Tabelle 37: Prognose Lösungsgüte anhand von Aufgaben (N=23) Lösungsgüte Pretest Haupttest Nachtest Faktenwissen-Fragen 88,40% 88,90% 88,04% Inferenzwissen- Fragen 81,16% 60,15% 71,08 7.3.3 Prognose der Lernperformanz (Fakten-, Inferenzwissen) anhand metakognitiver Aktivität Gemäß Hypothese 3 wurde ein starker Zusammenhang besonders zwischen Fragen zum Inferenzwissen und Einsatz metkognitiver Strategien erwartet. Denn Fragen zum Inferenzwissen sind vom Schwierigkeitsgrad her komplexer und setzen globale Kohärenz voraus. Um dies zu kompensieren wird die EG ihr hypertextuelles Lesen anforderungsadäquat kontrollieren und regulieren, indem sie verstärkt auf metakognitive Strategien zurückgreift. Während in der Pretest-Phase metakognitive Regulati- 191 onsaktivitäten sehr stark mit Fragen zum Inferenzwissen korrelierten, konnte jedoch im Haupttest kein bedeutsamer Zusammenhang zwischen Fragen zum Inferenzwissen sowie metakognitive Strategien festgestellt werden. Und die Werte distanzieren sich weit von denen aus dem Pretest. Dies wurde mit der kognitiven Überbelastung begründet. Im Nachtest jedoch können erneut zwischen Fragen zum Inferenzwissen und den zwei metakognitiv-strategischen Regulationsaktivitäten Orientierung und Planung sowie Evaluation- und Monitoring ein bedeutsamer Zusammenhang festgestellt werden. Tabelle 38: Zusammenhang zwischen Fragen zum Inferenzwissen und metakognitiv-strategische Regulationsaktivitäten Orientierung & Planung Suche & Bewerten Evaluation & Monitoring Verarbeitung Inferenzwissen Pretest .01* .001* .06 .41 Haupttest .99 .94 .054 .81 Nachtest .007* .20 .000* .35 * Pearson-Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed). Gemäß Hypothese 3 wurden für Fragen zum Faktenwissen geringere metakognitiv-strategische Regulationsaktivitäten erwartet. Denn diese Fragen sind weniger komplex und verlangen vom Leser gute lokale Kohärenz und folglich weniger strategische Handlungen ab. Diese Hypothese wurde zwar in der ersten Studie bestätigt. Im Haupttest jedoch bestand vor allem eine ausgeprägte Beziehung zwischen Fragen zum Faktenwissen und der metakognitiv-strategischen Regulationsaktivitäten Suche und Bewerten. Obwohl zu anderen strategischen Aktivitäten keine nennenswerte Beziehung bestand, so konnte dennoch im Vergleich zum Pretest bessere Werte festgestellt werden. Im Nachtest wiederum kann sowohl zwischen Faktenwissen und metakognitiv strategische Aktivitäten sowie Verarbeitungsstrategien bedeutsame Zusammenhänge festgestellt werden. Tabelle 39: Zusammenhang zwischen Fragen zum Faktenwissen und metakognitiv-strategische Regulationsaktivitäten Orientierung & Planung Suche & Bewerten Evaluation & Monitoring Verarbeitung Faktenwissen Pretest .92 .13 .83 .69 Haupttest .49 .02* .37 .29 Nachtest .013* .037* .007* .005* * Pearson-Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed). 192 Wie erklärt sich nun diese Befundlage? Zwei Faktoren hatten sich im Haupttest geändert und waren für Leistungsrückgänge verantwortlich: Teilnahme der EG an einem Treatment Programm sowie Anstieg des Schwierigkeitsgrads des Aufgaben- und Testmaterials. Und es wurde die Vermutung aufgestellt, dass je mehr der Schwierigkeitsgrad des Aufgaben- und Testmaterials beim hypertextuellen Lesen zunimmt, desto mehr wird der Leser auf Strategien zugreifen, die der Herstellung lokaler Kohärenz dient. Je mehr der Schwierigkeitsgrad des Aufgaben- und Testmaterials dem Niveau des Lesers entspricht, desto mehr wird er auf Strategien zur Herstellung globaler Kohärenz zurückgreifen. Was in direktem Zusammenhang mit der Einsicht des Lerners in seiner Selbstwirksamkeit steht (Wenden, 1998: 520). In der Forschungslandschaft wurde früh erkannt, sollte der Lerner/ Leser feststellen, dass er einer Aufgabe nicht gewachsen ist, dann werden weitere Prozesse erst gar nicht aktiviert und die Aufgabe wird nicht bearbeitet. Außerdem werden metakognitive Strategieaktivitäten ja bekanntlich situationsangemessen aktualisiert. Fragen zum Faktenwissen wurden vor allem deshalb eher bearbeitet, weil sich der Lerner dieser Aufgabe gewachsen fühlte. Im Nachtest entsprach das Niveau der Test-Item und Aufgabenmaterialien dem Niveau aus dem Haupttest. Gerade weil der Schwierigkeitsgrad des Aufgaben- und Testmaterials dem Niveau des Lesers entspricht, desto mehr hätte die EG von Strategien zur Herstellung globaler Kohärenz Gebrauch müssen. Dies ist auch in der Tat der Fall: Besonders beim Fragen zum Inferenzwissen liegt ein hoch signifikanter Zusammenhang zu metkognitiven Regulationsaktivitäten Orientierung und Planung sowie Evaluation und Monitoring vor. Dass ebenfalls zwischen Fragen zum Faktenwissen sowie alle vier metakognitiven Strategien ein bedeutsamer Zusammenhang besteht, liegt daran, dass zwischen der Interventionsmaßnahme und dem Nachtest eine einmonatige Pause liegt. Eine gewisse Vergessensrate muss daher miteinkalkuliert werden. Und die EG wird vor allem auf Strategien zurückgreifen, dessen Abruf automatisiert ablaufen. Die iranischen Lerner scheinen besonders beim Abruf von Informationen auf lokaler Kohärenz versiert zu sein. 7.3.4 Zusammenhang zwischen metakognitiven Strategie- Aktivitäten, Motivation und Vorwissen Gemäß den formulierten Hypothesen 4 und 5 wird erwartet, dass Personen mit höheren Motivations- und Vorwissenswerten beim hypertextuellen Lesen strategischer vorgehen. Daher wurde in weiteren Analysen überprüft, inwieweit die individuellen Kontrollvariablen 193 Motivation und Vorwissen mit den strategischen Regulationsaktivitäten korrelieren. Wie Tabelle 40 zeigt, konnte für die Motivation weder im Prenoch im Hauptwie auch im Nachtest keine bedeutsame Korrelation mit dem Strategieeinsatz ermittelt werden. Tabelle 40: Zusammenhang zwischen metakognitiv-strategische Regulationsaktivitäten und Motivation (N=23) Orientierung & Planung Suche & Bewerten Evaluation & Monitoring Verarbeitung Motivation Pretest .119 .332 .217 .453 Haupttest .624 .523 .543 .349 Nachtest .379 .768 .369 .173 *. Spearman-Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed). Ein ähnlicher Befund liegt auch für das Vorwissen vor. Weder im Prenoch im Hauptsowie im Nachtest konnte keine bedeutsame Korrelation zwischen Vorwissen und dem Strategieeinsatz ermittelt werden. Tabelle 41: Zusammenhang zwischen metakognitiv-strategische Regulationsaktivitäten und Vorwissen (N=23) Orientierung & Planung Suche & Bewerten Evaluation & Monitoring Verarbeitung Vorwissen Pretest .132 .231 .145 .815 Haupttest .312 .229 .325 .786 Nachtest .441 .771 .385 .421 *. Spearman-Correlation is significant at the 0.05 level (2-tailed). 7.3.5 Zu den nachhaltigen Effekten der Interventionsmaßnahme Nachdem zuvor festgestellt werden konnte, dass die EG, die an einer Interventionsmaßnahme teilgenommen haben, im Vergleich zu der KG bessere metakognitiv-strategische Aktivitäten aufweisen, soll nun an dieser Stelle die nachhaltige Wirksamkeit promptbasierter metakognitiver Lernhilfen beim hypertextuellen Lesen einen Monat nach der Interventionsmaßnahme überprüft werden. Es soll insgesamt die Frage geklärt werden, ob ein metakognitiv orientiertes Strategietraining das Lesen von Hypertexten nachhaltig signifikant optimiert. Ob sich größere experimentelle Effekte ergeben? Oder erzielen die trainierten Personen sogar schlechtere Leistungen? 194 Gemäß der formulierten Hypothese wird sich zeigen, dass der promptbasierte Einsatz der metakognitiven Lernhilfen das metakognitive Strategie-Verhalten verbessert und eine Steigerung der Lernleistungen bewirkt. Die Experimentalgruppe wird daher ein strategischeres Lernverhalten realisieren und einen höheren Lernerfolg - besonders bei Fragen zum Inferenzwissen - erzielen. Berechnung des effektiv nachgewiesenen Effektes richtete sich nach demselben Muster wie im Abschnitt 6.3.5 beschrieben. Für die anschließende Klassifizierung des effektiv nachgewiesenen Effektes (schwach, mittel, stark) gelten die Richtwerte (MESOSworld, 2011): e = .20: schwacher; e = .50: mittlerer; e = .80: starker Effekt. In der Tabelle 42 sind die Werte für die metakognitive Strategie Orientierung und Planung aufgeführt worden. Nach der Intervention kann ein relativ starker Effektgröße von .77 verbucht. Auch einen Monat nach der Interventionsmaßnahme kann sich diese Effektgröße halten. Nur eine geringe Stagnation zeichnet sich ab. Tabelle 42: Nachgewiesener Effekt der Interventionsmaßnahme für die metakognitive Strategie Orientierung und Planung Mittelwerte Std. Abweichung Pretest Hauptest Orientierung & Planung 59,34 72,77 17,32 .77 Pretest Nachtest 59,34 72,32 18,22 .71 Hauptest Nachtest 72,77 72,32 17,93 - .02 Wie aus den Werten in der Tabelle 43 hervorgeht, hat die Interventionsmaßnahme nach der Interventionsmaßnahme keinen Einfluss auf den Einsatz der metakognitiven Strategien Suche und Bewerten gehabt. Zwischen Pretest und Hauptest liegt eine Stagnation von 100% vor. Zwischen Pretest und Nachtest beträgt die Stagnation 160%. Erst einen Monat später kann ein mittlerer Effekt verzeichnet werden. 195 Tabelle 43: Nachgewiesener Effekt der Interventionsmaßnahme für die metakognitive Strategie Suche und Bewerten Mittelwerte Std. Abweichung Pretest Hauptest Suche & Bewerten 0,94 1,9 0,95 1.01 Pretest Nachtest 0,94 2,36 0,85 1.67 Haupttest Nachtest 1,9 2,36 0,87 .52 Hatte die 10 stündige Interventionsmaßnahme auf den Einsatz der metakognitiven Strategie Evaluation und Monitoring nur eine geringe Transferdistanz von .23, bleiben einen Monat nach der Interventionsmaßnahme Effekte gänzlich aus, eine Stagnation von 30% kann zwischen Pretest und Nachtest verzeichnet werden. Diese Werte liegen zwischen Haupttest und Nachtest noch höher bei 53%. Tabelle 44: Nachgewiesener Effekt der Interventionsmaßnahme für die metakognitive Strategie Evaluation und Monitoring Mittelwerte Std. Abweichung Pretest Haupttest Evaluation & Monitoring 8,52 9,5 4,13 0,23 Pretest Nachtest 8,52 7,13 3,79 -0,3 Haupttest Nachtest 9,5 7,13 4,05 -0,58 Die Interventionsmaßnahme hatte auf den Einsatz der metakognitiven Strategie Verarbeitung fast einen mittleren Effekt von .49. Einen Monat nach der Interventionsmaßnahme bleiben auch hier Effekte gänzlich aus. 196 Tabelle 45: Nachgewiesener Effekt der Interventionsmaßnahme für die metakognitive Strategie Verarbeitung Mittelwerte Std. Abweichung Pretest Haupttest Verarbeitung 70,24 79 17,70 .49 Pretest Nachtest 70,24 69,77 18,75 -.02 Haupttest Nachtest 79 69,77 21,67 -.40 Bereits Hassan et al. (2005) haben in Ihrer Metaanalyse zur Effektivität von insgesamt 38 Strategieinterventionsstudien lediglich ein kurzfristig signifikanter Effekt der Fördermaßnahmen feststellen können. Das Ausbleiben von Effektgrößen kann vor allem auf die Dauer der Interventionsmaßnahem zurückgeführt werden. In diesem Fall liegt das Problem der Lerner nicht auf einem defizitären Strategiewissen, sondern ihr Problem muss im strategischen Handeln gesucht werden. Gerade weil die Regulation der jeweiligen Strategien nicht ausreichend gefördert worden sind, konnten die vermittelten Strategien auch nicht spontan eingesetzt werden. Denn der spontane Einsatz von Lern- und Erinnerungsstrategien hängt vom verfügbaren Wissen über solche Strategien sowie deren effektive Regulation und Überwachung ab (Vann und Abraham, 1990; Hasselhorn, 1992, Oxford et al., 2003; Anderson, 2005) 7.4 Zusammenfassung und Diskussion der Studie Das Ziel dieser empirischen Studie ist es, die nachhaltige Wirksamkeit promptbasierter metakognitiver Lernhilfen beim hypertextuellen Lesen zu überprüfen. Zu diesem Zweck wurden die Werte der Experimental- und Kontrollgruppe miteinander verglichen. Und dabei konnte festgestellt werden, dass die EG im Vergleich zu der KG insgesamt bessere Leistungen erbringt und dass der Einsatz von Strategien zu einer verbesserten Arbeitsmethode bei der EG geführt hat. Im Vergleich zu der KG geht die EG viel strategischer in Bezug auf die durchgeführten Orientierungs-, Elaborations- und Evaluationsaktivitäten vor. Einen Monat nach Abschluß der Interventionsmaßnahme stellt die Verarbeitung mit 71,66% weiterhin die am meisten verwendete Strategie der EG dar, gefolgt von Evaluation und Monitoring mit 75%. Mit 74,88% wissen die Probanden der EG von Orientierung und Planung Gebrauch zu machen, was bis 197 dahin das beste Ergebnis für diese Kategorie an Strategie darstellt. Hinsichtlich der Strategie Suche und Bewerten können keine Zuwächse verzeichnet werden und die Performanz bleibt konstant wie im Haupttest bei 25%. Obwohl die Werte der EG im Vergleich zu der KG besser sind, so profitieren beide Gruppen vor allem von den Strategien Verarbeitung, gefolgt von Evaluation und Monitoring sowie Orientierung und Planung. Die am wenigsten eingesetzter Strategie ist Suche und Bewerten. Dass beide Gruppen von denselben Strategien profitieren, kann ein Hinweis darauf sein, wie der iranische Leser sein Lesevorgang reguliert. Im Vergleich zum Pretest konnte die EG nach der Intervention in fast allen Bereichen eine deutliche Aufwertung verzeichnen. Lediglich hinsichtlich der Lösungsgüte bei Inferenzfragen lag ein Rückgang vor. Was auf eine durch das Aufgaben- und Testmaterial hervorgerufene kognitive Überlastung zurückgeführt wurde. Eine ausgeprägte Beziehung bestand zwischen Fragen zum Faktenwissen und den Strategien Suche und Bewerten. Auch diese Befundlage untermauert die Annahme einer kognitiven Überbelastung. Kompensiert wurde diese Überlastung, indem die Lerner verstärkt auf Strategien einsetzten, die der Herstellung lokaler Kohärenz diente. In Anlehnung an dieser Befundlage wurde die Hypothese aufgestellt: Je mehr der Schwierigkeitsgrad des Aufgaben- und Testmaterials beim hypertextuellen Lesen zunimmt, desto mehr wird der Leser auf Strategien zugreifen, die der Herstellung lokaler Kohärenz dient. Je mehr der Schwierigkeitsgrad des Aufgaben- und Testmaterials dem Niveau des Lesers entspricht, desto mehr wird er auf Strategien zur Herstellung globaler Kohärenz zurückgreifen. Denn Strategieaktivitäten werden ja bekanntlich aufgaben- und situationsabhängig aktualisiert. Im Nachtest wiederum kann sowohl zwischen Faktenwissen als auch Inferenzwissen und metakognitiv strategische Aktivitäten sowie Verarbeitungsstrategien bedeutsame Zusammenhänge festgestellt werden. Gerade weil der Schwierigkeitsgrad des Aufgaben- und Testmaterials dem Niveau des Lesers entspricht, desto mehr hätte die EG von Strategien zur Herstellung globaler Kohärenz Gebrauch müssen. Dies ist auch in der Tat der Fall: Besonders beim Fragen zum Inferenzwissen liegt ein hoch signifikanter Zusammenhang zu metkognitiven Regulationsaktivitäten Orientierung und Planung sowie Evaluation und Monitoring vor. Dass ebenfalls zwischen Fragen zum Faktenwissen sowie alle vier metakognitiven Strategien ein bedeutsamer Zusammenhang besteht, liegt daran, dass zwischen der Interventionsmaßnahme und dem Nachtest eine einmonatige Pause liegt. Eine gewisse Vergessensrate muss daher miteinkalkuliert werden. Und die EG wird vor allem auf Strategien zurückgreifen, dessen Abruf automatisiert ablaufen. Die iranischen Lerner scheinen besonders beim Abruf von Informationen auf lokaler Kohärenz versiert zu sein. 198 Ähnlich wie im Pretest und Haupttest konnte zwischen Interesse und Vorwissen keine bedeutsame Korrelation mit den strategischen Aktivitäten ermittelt werden. Ähnlich wie im Pretest und Haupttest kann sowohl das Browsen der EG sowie der KG im Sinne von Kuhlen (1991: 128ff) als gerichtetes Browsen mit Serendipity-Effekt klassifiziert werden. Denn auch in dieser Studie wird das gezielte Suchen durch themenirrelevante Informationen gestört. Die Analyse zur Effektivität der Interventionsstudien ergab jedoch lediglich ein kurzfristig signifikanter Effekt der Fördermaßnahmen. Das Ausbleiben nachhaltiger Trainingseffekten konnte auf die Kurzfristigkeit der Intervention zurückgeführt. Denn nur in diesem Fall würde keine Möglichkeit für eine ausreichende Einübung der Strategien sowie deren Automatisierung übrig bleiben (Friedrich und Mandl, 1992). Somit konnte aus empirischer Sicht die theoretisch attestierte Effektivität (meta)kognitiver Fördermaßnahmen nur zum Teil nachgewiesen werden. Und die Ergebnisse dieser Untersuchung widerspiegeln den derzeitigen Stand der Forschung, wonach die Frage der Nachhaltigkeit von Trainingsprogrammen nicht ganz geklärt ist. Zum Zeitpunkt der Durchführung dieser Arbeit zugrundeliegende Studien konnten nur vier Studien ausgemacht werden, die von Ansatz her unter der Kategorie direkte Trainingsmaßnahmen fallen, weil sie mit expliziter Lehre und Trainieren der Strategien einhergehen und Einsicht in den Einsatzmöglichkeiten von Strategien sowie ihren spezifischen Nutzen geben. Darunter können die Studien von Lin und Lehman (1999), Unz (2000), Astleitner (1997) sowie Bannert (2007) gezählt werden. Lin und Lehman unterwiesen ihre drei Experimentalgruppe in einer von insgesamt drei Lernpromptarten. Unz und Astleitner gaben ihren Probanden schriftliche Arbeitshilfen vor. Bei Bannert erfolgte die direkte Förderung unmittelbar vor der Lernphase. In einem 20-minütigen Training wurde die Bedeutung und Nutzung jeder metakognitiven Aktivität ausführlich erörtert. Während in der Studie von Lin und Lehman lernförderliche Effekte nur für sogenannte reason justification Prompts bei weiten Transferaufgaben festgestellt werden konnte, bleiben bei Unz und Astleitner Leistungssteigerungseffekte gänzlich aus. Lediglich bei Bannert wies die Experimentalgruppe sowohl metakognitivstrategisches Lernverhalten sowie bessere Leistungen im Anwendungswissen auf. Weiterhin wirkten sich eine optimale Planung und eine tiefgehende elaborative Verarbeitung leistungssteigernd aus. Nicht alle Probanden jedoch konnten die Lernhilfen adäquat umsetzen, wodurch die angenommene Hypothese widerlegt werden konnte, dass eine kurzfristige Trainingsmaßnahme zur Leistungssteigerung ausreicht. Einschleifende Nutzungsstrategien können sich beim Leser nur im Rahmen langfristiger Trainingsmaßnahmen einstellen. 199 8 Schlussfolgerung Das Ziel der vorliegenden Arbeit bestand darin, die Relevanz metakognitiver Strategien für das Lesen fremdsprachiger Hypertexte aufzudecken, indem erwachsenen Lernenden geeignete metakognitiv-strategische Unterstützungsformen angeboten werden. Dabei richtet sich der Blick des Lernförderungsprogramms auf die Behebung diagnostizierbarer Strategiedefizite sowohl im kognitiven Bereich der Informationsverarbeitung, als auch auf die exekutiven Strategien der Lernorganisation und Konzentrationssteuerung. In der Strategievermittlung fiel die Auswahl auf allgemeine/ inhaltsübergreifende Strategien, zumal sie sich über verschiedene Inhaltsbereiche hinweg wirksam einsetzen lassen. Auf diesem Weg sollte zugleich auch die theoretischen Konstrukte der Metakognitionsforschung einer empirischen Analyse unterzogen werden, um die theoretisch angenommenen kausalen Beziehungen zwischen den Konstrukten anhand experimenteller Vergleichsstudien aufzudecken. Damit verfolgte die vorliegende Arbeit eine psychologisch-wissenschaftliche bzw. grundlagenorientierte Perspektive. Bei der in der vorliegenden Arbeit eingesetzten Interventionsmaßnahme handelt es sich um ein Trainingsprogramm. Die Ziele eines Trainingsprogramms liegen in der nachhaltigen Optimierung der der Performanz zugrunde liegenden Kompetenz bzw. zugrunde liegenden Fähigkeiten und Fertigkeiten, die sich generell in höhere Transfereffekte niederschlagen müssen. Diese sind in zeitlichem Abstand und im Aufgabentransfer nachzuweisen. In der vorliegenden Arbeit standen ferner die Frage der Wirksamkeit des Trainingsprogramms und damit die Effektivität der Interventionsmaßnahme im Vordergrund. Eine Interventionsmaßnahme kann erst dann als effektiv bezeichnet werden, wenn sie nachweislich entweder als hinreichend intensiv bewertete Veränderungen auf ihre internen programmspezifischen Ziele hin erzeugt oder wenn sie sich ihren internen Zielen hinreichend annähert bzw. wenn sie - im Idealfall - diese erreicht. Diese Bedingungen konnte in der vorliegenden Arbeit nicht ganz erfüllt werden. Die Fördermaßnahmen konnten nur kurzfristig signifikante Effekte hinsichtlich dem Einsatz und Nutzen der Strategien Orientierung und Planung, Suche und Bewerten, Evaluation und Monitoring sowie Verarbeitung erzielen. Das Ausbleiben der erwünschten Effekte kann unter anderem auf die Dauer der Intervention zurückgeführt werden. Die Dauer der Intervention betrug 10 Stunden. Somit ist es durchaus möglich, dass der genannte Zeitraum nicht hinreichend war für die Einstellung eines Automatismus 200 in Bezug auf die Strategienutzung. Ursache für die leistungsmindernde Wirksamkeit könnten aber auch Interferenzprozesse sein, bei der neu zu lernende, anforderungsadäquate Strategien mit den suboptimalen, aber dennoch funktionierenden Strategien interferieren. Bereits im theoretischen Teil der Arbeit ist darauf hingewiesen worden, dass die prinzipielle Verfügbarkeit kognitiver, metakognitiver Komponenten nicht zwangsläufig eine aktuelle Nutzbarkeit strategischen Verhaltens hervorruft. Das Wissen wie, wann, wo Strategien einzusetzen sind, will gelernt sein. Obwohl die erwarteten Effekte nicht restlos erzielt worden sind, so liegt der Mehrwert der vorliegenden Arbeit in erster Linie darin, dass eine Untersuchung bezüglich der Effektivität metakognitiver Strategien für das Lesen fremdsprachiger Hypertexte durchgeführt und die vier Rezeptionsphasen nach Zink und Schnotz empirisch überprüft werden konnten. Ein weiterer Mehrwert der vorliegenden Untersuchung liegt in der Generierung von Indikatoren für Rezeptionskompetenz beim hypertextuellen Lesen anhand von Logfile-Daten. Eine wichtige Konsequenz, die insgesamt aus der Arbeit gezogen werden kann, ist, dass durch relativ kurzfristige Interventionsmaßnahmen sich nur einfache Lesestrategien vermitteln lassen. Komplexe Lesestrategien, die im Sinne einer exekutiven Kontrolle den situationsabhängigen Wechsel und die Kontrolle der eigenen Lernaktivitäten erfordern, sind kurzfristig schwer zu verändern. Jedenfalls konnte werde in dieser Studie noch in vergleichbaren Studien, wie sie im Abschnitt 7.4 erläutert worden sind, die aus theoretischer Sicht attestierte Effektivität kurzfristiger (meta)kognitiver Fördermaßnahmen im Falle von Produktionsdefiziten empirisch nur zum Teil nachgewiesen werden. Untersuchungen sollen sich daher zukünftig auf die Wirkungsfrage konzentrieren. Dafür sind Studien mit einem mehrfaktoriellen Design erforderlich, mit deren Hilfe erst die Identifizierung zentraler Mechanismen, die für die individuelle Leistungsdifferenzen beim strategischen Leseverhalten verantwortlich sind, stattfinden kann. In der vorliegenden Arbeit etwa wurde mit Texten gearbeitet, wo der Lerner ein Mindestmaß an Vorwissen mit sich brachte. In Arbeiten sollte jedoch der Frage nachgegangen werden, wie Strategien verwendet werden, wenn wenig bzw. kein Vorwissen vorliegt. In der vorliegenden Arbeit wurde nur die einfachste Hypertextstruktur berücksichtigt. Dieser Entscheidung lagen methodische Implikationen zugrunde. Wäre die Codalität und Modalität des Materials eingebunden worden, hätten man nicht differenzieren können, inwieweit die metakognitiven strategischen Aktivitäten von der Person selbst oder vom System und Material beeinflusst worden sind. Ferner wäre nicht absehbar, ob die sich eventuell einstellenden Lerneffekte auf das Medium oder auf das 201 metakognitive Strategietraining zurückgehen. Die Frage, inwiefern die Codalität und Modalität des Materials metakognitive strategische Aktivitäten bedingen, ist jedoch noch ungeklärt bzw. weitgehend unerforscht und bietet sich für weitere Forschungsarbeiten an. Es wäre interessant festzustellen, inwiefern verschiedene Informationscodierung und Modalität in Kombination mit metakognitiven Strategien das Lesen fremdsprachiger Hypertexte beeinflussen können. Ferner wurde in dieser Arbeit von den vier prototypischen Lesearten - das verstehende Lesen, das kritische Lesen, das reflexive Lesen, das involvierte Lesen - nur das verstehende Lesen berücksichtigt, zumal ja mit Sachtexten gearbeitet worden ist. Wie im theoretischen Teil erwähnt, wird das verstehende Lesen als eine sinnorientierte Informationsverarbeitung von Sachtexten verstanden, bei der leserseitiges Vorwissen und textseitige Informationen in Kombination zum Aufbau eines Situationsmodells beitragen. Dazu müssen kognitive Strategien wie Elaborations- und Organisationsstrategien, aber auch metakognitive Strategien der Verarbeitungsdiagnose und Kontrolle herangezogen werden. Es fragt sich daher, welche kognitiven und metakognitive Strategien bei den drei verbliebenen Lesearten auf den Plan gerufen werden. Obwohl die Werte der EG im Vergleich zu der KG besser sind, so profitieren beide Gruppen vor allem von den Strategien Verarbeitung, gefolgt von Evaluation und Monitoring sowie Orientierung und Planung. Die am wenigsten eingesetzter Strategie ist Suche und Bewerten. Dass beide Gruppen von denselben Strategien profitieren, kann ein Hinweis darauf sein, wie der iranische Leser sein Lesevorgang reguliert. Interessant wäre daher Studien, in denen die strategischen Aktivitäten von Lernern mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund erhoben werden. Ein Problem im Bereich der metakognitiven Strategieforschung ist immer noch die overt und covert Strategien und deren Erhebung. Es wäre lohnend die Eye-Tracking-Methoden einzusetzen, weil sie vermutlich als die einzige Methode wichtige Einblicke in ablaufende Prozesse gewähren, ohne beim Lerner eine kognitive Überbelastung herbeizuführen. 203 9 Literaturverzeichnis Afflerbach, P. (1990). The Influence of Prior Knowledge on Expert Readers' Main Idea Construction Strategies. Reading Research Quarterly, 25 (1), 31-46. Afflerbach, P./ Pearson, D. P./ Paris, S. G. (2008). Clarifying Differences Between Reading Skills and Reading Strategies. The Reading Teacher, 61 (5), 364-373. Alderson, J. C. (2005). Assessing reading. The Cambridge language assessment series. 5 th edition. Cambridge, UK: Cambridge University Press. Alexander, P. A./ Judy, J. E. 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Doch bei aller Euphorie neuartigen technologischen Entwicklungen gegenüber wird der Frage nach didaktisch sinnvollen Aufgaben für den Einsatz von unterschiedlichen Medienformaten und Anwendungen häu g zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Dieser Sammelband bietet Fremdsprachendidaktikern, Lehrkräften und allen Interessierten in fremdsprachlichen Aus- und Weiterbildungskontexten neben grundlegenden theoretischen Auseinandersetzungen mit Aufgabenkonzepten vielfältige forschungsbasierte Beispiele, wie technische Innovationen mit bewährten und neuartigen Aufgabenkonzepten verknüpft werden können. Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG Postfach 25 60 · D-72015 Tübingen · Fax (0 7071) 97 97-11 Internet: www.francke.de · E-Mail: info@francke.de Der Band stellt die Grundfragen, Grundkonzepte und Grundpositionen der Fremdsprachendidaktik unter Einbeziehung linguistischer, psycholinguistischer, lernpsychologischer und interkultureller Aspekte übersichtlich und anschaulich dar. Die zweite Auflage berücksichtigt die neuesten Entwicklungen in der Fremdsprachendidaktik, insbesondere die Mehrsprachigkeitsdidaktik und kognitive Aspekte der Sprachvermittlung. Zudem wurden die weiterführenden Literaturangaben aktualisiert und wesentlich erweitert. Jörg Roche Fremdsprachenerwerb - Fremdsprachendidaktik UTB 2691 basics 2., überarb. u. erw. Auflage 2008, 288 Seiten €[D] 16,90/ Sfr 31,00 ISBN 978-3-8252-2691-6