Hartz IV und die Folgen

Auf dem Weg in eine andere Republik?

Christoph Butterwegge

Diese Publikation zitieren

Christoph Butterwegge, Hartz IV und die Folgen (2018), Beltz Juventa, 69469 Weinheim, ISBN: 9783779945086

5072
Accesses
187
Quotes

Beschreibung / Abstract

Durch die Hartz-Reformen ist Deutschland zu einer anderen Republik geworden. Denn dieses Gesetzespaket hat nicht bloß das Armutsrisiko von (Langzeit-)Arbeitslosen und ihren Familien erhöht, sondern auch einschüchternd und disziplinierend gewirkt. Belegschaften, Betriebsräte und Gewerkschaften wurden unter Druck gesetzt, Lohn- und Gehaltseinbußen sowie schlechtere Arbeitsbedingungen zu akzeptieren. Ein ausufernder Niedriglohnsektor gehörte ebenso zu den Folgen wie gesellschaftliche Entsolidarisierungstendenzen und größere soziale Kälte.

»Hartz IV« ist europaweit die berühmteste Chiffre für den Abbau sozialer Leistungen und gilt hierzulande als tiefste Zäsur in der Wohlfahrtsstaatsentwicklung nach 1945: Zum ersten Mal wurde damit eine für Millionen Menschen in Deutschland existenziell wichtige Lohnersatzleistung, die Arbeitslosenhilfe, faktisch abgeschafft und durch eine bloße Fürsorgeleistung, das Arbeitslosengeld II, ersetzt. Aber mehr als das: Durch die Agenda 2010 des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder, die Hartz-Reformen und besonders das am 1. Januar 2005 in Kraft getretene Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ist Deutschland zu einer anderen Republik geworden. Denn dieses Gesetzespaket hat nicht bloß das Armutsrisiko von (Langzeit-)Erwerbslosen und ihren Familien spürbar erhöht, sondern auch einschüchternd und disziplinierend auf viele Beschäftigte gewirkt. Ein ausufernder Niedriglohnsektor, der fast ein Viertel aller Beschäftigten umfasste, gehörte ebenso zu den Folgen wie Entdemokratisierungstendenzen und größere soziale Kälte.

Beschreibung

Prof. Dr. Christoph Butterwegge war bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2016 Hochschullehrer für Politikwissenschaft an der Universität zu Köln und 2017 Kandidat der Linkspartei bei der Bundespräsidentenwahl.

Inhaltsverzeichnis

  • BEGINN
  • Inhaltsverzeichnis
  • Einleitung
  • Kapitel 1: Wohlfahrtsstaatsentwicklung, Arbeitsmarktpolitik und Sozialreformen in der Weimarer Republik
  • 1.1 Die wichtigsten Sozialreformen im und nach dem Ersten Weltkrieg
  • 1.2 Hartz in Weimar – ein historisches Lehrstück
  • 1.3 Volkswirtschaft, Wohlfahrtsstaat und Demokratie am Ende
  • 1.4 Die Demontage der Arbeitslosenversicherung – ein Menetekel des Untergangs
  • Kapitel 2: Entstehungsgeschichte, theoretische Grundlagen und Rahmenbedingungen der rot-grünen Reformen
  • 2.1 Herausbildung, Bedeutung und Krise des keynesianischen Wohlfahrtsstaates in Westdeutschland
  • 2.2 Das sog. Lambsdorff-Papier als neoliberales Drehbuch für die soziale Demontage
  • 2.3 Die wiederholten Anläufe von CDU, CSU und FDP zur Abschaffung der Arbeitslosenhilfe
  • 2.4 Auflösung des „Reformstaus“ oder Verschärfung des Sozialabbaus durch die rot-grüne Koalition?
  • 2.5 Das sog. Schröder/Blair-Papier und der „aktivierende Staat“ als neues Leitbild der Bundesregierung
  • Kapitel 3: Die sog. Hartz-Kommission, ihre Reformmatrix und deren Umsetzung
  • 3.1 Von der aktiven zur „aktivierenden“ Arbeitsmarktpolitik
  • 3.2 Die dubiose Rolle der Bertelsmann Stiftung
  • 3.3 Peter Hartz und die Arbeit der von ihm geleiteten Kommission
  • 3.4 Die ersten drei Hartz-Gesetze und ihre Auswirkungen
  • Kapitel 4: Das rot-grüne Reformprogramm der Agenda 2010
  • 4.1 Vordenker und Wegbereiter der „Agenda“-Rede von Gerhard Schröder
  • 4.2 Kernaussagen und Argumentationslinien der Reformagenda
  • 4.3 Die innerparteiliche Durchsetzung und die parlamentarische Umsetzung der Agenda 2010
  • 4.4 Das „Agenda“-Jubiläum und die Streitfrage nach Erfolg oder Misserfolg der Reformpolitik
  • Kapitel 5: Hartz IV – das Herzstück der Reformagenda
  • 5.1 Inhalt und Ausgestaltung des Gesetzespaketes
  • 5.2 Eingliederungsvereinbarung, 1-Euro-Jobs und Sanktionen als Disziplinierungsmittel
  • 5.3 Der parlamentarische Schulterschluss von Koalition und Opposition
  • 5.4 Protestbewegung und Widerstand gegen Hartz IV
  • 5.5 Jobcenter-Chaos, politische Reaktionen und Sozialgerichtsklagen der Betroffenen
  • Kapitel 6: Auf dem Weg zu „Hartz V“ bzw. zu einem noch rigideren Armutsregime?
  • 6.1 Hartz-IV-Kontinuität und Modifikationen der Reform durch die zweite Große Koalition
  • 6.2 Die schwarz-gelbe Koalition und das Karlsruher Regelsatz-Urteil
  • 6.3 Das „Zukunftspaket“ von CDU, CSU und FDP: „Sparen“ auf dem Rücken von Armen
  • 6.4 Umsetzung des Bundesverfassungsgerichtsurteils oder Verschärfung von Hartz IV?
  • 6.5 Der Parteienkompromiss zur Hartz-IV-Neuordnung als politischer Kuhhandel auf Kosten der Betroffenen
  • 6.6 Peter Hartz in Paris: Lohndumping als Exportschlager und Armut trotz Mindestlohn?
  • 6.7 Die dritte Große Koalition: „Rechtsvereinfachung“ oder Verschlimmbesserung von Hartz IV?
  • Kapitel 7: Individuelle und gesellschaftliche Auswirkungen der Hartz-Gesetze
  • 7.1 Mit den Arbeitsmarktreformen verbundene Hoffnungen, Erwartungen und Befürchtungen
  • 7.2 Verringerung der Arbeitslosigkeit und/oder Vermehrung der Erwerbsarmut?
  • 7.3 Hauptleidtragende und Profiteure der Reformpolitik
  • 7.4 Lebensmitteltafeln, soziale Ausgrenzung und „neue Verhöhnung“ in der Hartz-IV-Gesellschaft
  • 7.5 Eine andere Republik: Demokratieabbau im Fürsorge-, Almosen- und Suppenküchenstaat
  • Kapitel 8: Hartz IV und seine „Nutznießer“ im Zerrspiegel der Massenmedien
  • 8.1 Das wechselhafte Medienimage der Arbeitsmarktreform
  • 8.2 Darstellung der Hartz-IV-Betroffenen als „Drückeberger“, „Faulenzer“ und „Sozialschmarotzer“
  • 8.3 Die neue Unterschicht, das „abgehängte Prekariat“ und die „Kultur der Armut“
  • 8.4 (Kinder-)Armut als Modethema im Mediendiskurs
  • Abkürzungsverzeichnis
  • Literaturauswahl

Ähnliche Titel

    Mehr von diesem Autor